Pressestatement PK 04.09.2013

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Pressestatement Prof. Dr. med. W. Schlake
zur Pressekonferenz am 04.09.2013
Es gilt das gesprochene Wort.
Thesen
1. Die Krebsmedizin ist derzeit höchst innovativ. Es gibt in schneller Reihenfolge
fortschrittliche, gezielt das Individuum ansprechende zielgerichtete Krebstherapien. Diese
neuen Therapien beziehen die molekularen Mechanismen einer Krebserkrankung in die
Charakterisierung des Krebses mit ein. Der Nationale Krebsplan formuliert die Ansprüche an
das Gesundheitswesen in korrekter Weise.
2. Pathologen stellen nahezu jede definitive Krebsdiagnose. Insoweit sind sie bei der Etablierung
der erforderlichen molekularen Methoden zur Charakterisierung des Krebsgewebes besonders
gefordert. Sie haben als Krebsdiagnostiker hohe Vorleistungen erbracht und sind
flächendeckend bestens auf diese speziellen Aufgaben vorbereitet.
3. Aber: die Abwehrmechanismen des GKV-Systems sind zu hoch, die Reaktionszeiten zu lang.
Das System ist auf diese Herausforderungen nicht vorbereitet, sodass die Trägheit der
Entscheidungsgremien den Eindruck von Innovationsfeindlichkeit macht.
4. Konsequenz: die GKV-PatientInnen profitieren über lange Zeit nicht von den medizinischen
Möglichkeiten
5. Empfehlung: Umsetzung des Nationalen Krebsplans durch beschleunigte Beratung und
Beschlussfassung in der Krebsmedizin
Zu 1.
Die Krebsmedizin ist derzeit höchst innovativ. Das ist gut zumindest für einen Teil der ca. 500.000
Menschen, die jährlich neu an Krebs erkranken.
 Nach Jahrzehnten des Kampfes gegen den Krebs sind jetzt in schneller Reihenfolge
Biomarker-gestützte Diagnostik und wirkungsvolle individuelle Therapien erhältlich. Die
Überlebensraten steigen und die Rezidivraten sinken derzeit kontinuierlich.
 Bei Lungenkrebs sind nach langer Stagnation in einzelnen Fällen die Überlebensraten um
Jahre gestiegen.
 Bei Brustkrebs gibt es neben dem schon viele Jahre angewandten HER/2-neu-Test
Genexpressionstests, z.B. den EndoPredict-Test, an dem sich z.Zt. das ganze Dilemma der
Finanzierung eindrucksvoll verfolgen lässt. Zur Vermeidung unnützer Chemotherapien bei
Brustkrebs besteht hier für tausende Brustkrebspatientinnen die Chance, auf eine
Chemotherapie verzichten zu können
 Neue Darmkrebsmedikamente wirken bei 60 % der Erkrankten.
Hier kann viel persönliches Leiden vermieden, aber auch teure Chemotherapie eingespart werden. Die
Aussichten für Krebspatienten haben sich deutlich verbessert.
Zu 2.
Das Fachgebiet Pathologie ist auf diese Entwicklung bestens vorbereitet.
 Seit 2004 zählt die Molekularpathologie durch die Ergänzung der Weiterbildungsordnung zum
Handwerkszeug jedes angehenden Pathologen.
 Das Fachgebiet reagiert innerhalb weniger Monate auf die Ankündigung neuer Medikamente
durch die Etablierung neuer Testmethoden. Es wurde eine eigene Ringversuchsinstitution
„QuIP“ gegründet, die gemeinsam vom Bundesverband Deutscher Pathologen und der
Deutschen Gesellschaft für Pathologie getragen wird. Für jede Methode wird wegen der
Bedeutung für die PatientInnen ein Ringversuch zur Qualitätssicherung angeboten. Alles
wurde und wird freiwillig und ohne zusätzliche Vergütung entwickelt und durchgeführt,
obwohl Ringversuche z.T. erhebliche Kosten verursachen können.
 Als echtes transsektorales Fach kann die Pathologie sofort nach Verfügbarkeit sowohl den
stationären als auch den ambulanten Patienten gleichzeitig die Innovationen anbieten.
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 Der Bundesverband hat seit 15 Jahren den Aufbau einer flächendeckenden
Molekularpathologie als Schlüssel für die zukünftige Versorgung der PatientInnen gefordert
und gefördert. Dazu gehörten erhebliche Qualifizierungsanstrengungen und große
Investitionen. Der hochspezialisierte Fachverstand ist jetzt dezentral in den ca. 800 DKGzertifizierten Krebszentren vorhanden und in das Team der behandelnden Ärzte eingebunden.
 Die Anstrengung hat sich im Vergleich zu Europa gelohnt. Im Vergleich zu zentralisiert
ausgerichteten Ländern ist die Befundung doppelt so schnell und qualitätsgesichert.
Zu 3.
Die Abwehrmechanismen des GKV-Systems sind zu hoch, die Reaktionszeiten zu lang. Die
gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland ist auf das Tempo der medizinischen Innovation
nicht vorbereitet für die Biomarker-gestützte Diagnostik, die für neue Einsatzgebiete in einer raschen
Taktung verfügbar sein sollte. Die neue Geschwindigkeit passt aber nicht in das traditionell zähe
Verhandlungsprocedere im Bewertungsausschuss. Die Innovationen werden nach allen Regeln der
Abwehrkunst sowohl aus den DRGs in den Krankenhäusern, als auch aus dem EBM für den
ambulanten Bereich herausgehalten. Schwarze Peter sind in größerer Zahl im Umlauf. Die Strecke
zwischen Zurverfügungstehen und Anwendung der molekularen Methoden ist zu lang. Das Nachsehen
haben die gesetzlich versicherten PatientInnen. Die in der GKV vorwiegende Geisteshaltung ist
Unkenntnis und Furcht sowie betont monetäre Sichtweise:
 Trotz eines Jahrzehnts patientenfreundlichster Ergebnisse der Molekularpathologie gibt es
immer noch keine einzige molekularpathologische Ziffer im EBM. Die Pathologen müssen
sich mit unpassenden Ziffern aus einem fachfremden Kapitel behelfen.
 Zusätzliche bewusste Einschränkungen bisher schon bestehender Möglichkeiten sind im
Bewertungsausschuss für den 01.10.2013 beschlossen worden. Die entscheidenden
Gebührenziffern werden so umformuliert, dass wichtige diagnostische Bereiche auch nicht
mehr behelfsweise abgerechnet werden können.
 Die Untersuchung HER2 Fish zur Frage nach einer Überexpression dieses Gens
 Die Untersuchung EndoPredict zur Vermeidung unnötiger Chemotherapien
 Zusätzlich wird die Vergütung für diese drei Ziffern um 30 % abgewertet.
 Zur Deckelung der Zahl der zur Verfügung stehenden Pathologen wurde das Fachgebiet in die
Bedarfsplanung einbezogen und prompt überall gesperrt. Trotz der Pathologenknappheit
wegen des Zuwachses an Aufgaben. Beispiele zeigen die Folgen.
Zu 4.
GKV-Patienten profitieren über lange Zeit nicht von den medizinischen Möglichkeiten
 Zeitfenster von über 10 Jahren sind in der Patientenbehandlung untragbar. GKV-Patienten
werden mögliche Behandlungen vorenthalten und ihre bestehenden Chancen beschnitten.
 Hier entsteht eine echte zwei-Klassen-Medizin durch eine Verweigerungshaltung des GKVSystems. Terminvergabeprobleme erscheinen daneben banal.
 Selbst wenn es, wie im Fall EndoPredict, unter dem Strich auch zu großen Einsparungen
kommen könnte, ist keine Bewegungsfähigkeit des Spitzenverbandes gegeben.
Zu 5.
Empfehlung: Der Nationale Krebsplan formuliert im Handlungsfeld 3 „Sicherstellung einer effizienten
onkologischen Behandlung“ unter Ziel 10 „Alle Patienten erhalten einen fairen und schnellen Zugang
zu nachweislich wirksamen innovativen Krebstherapien“. Um diese guten Ansprüche nicht an der
Umsetzung scheitern zu lassen, ist erforderlich:
 Beschleunigte Beratung und Beschlussfassung in der Krebsmedizin, insbesondere im
Bewertungsausschuss
 Jede Zulassung von Krebsarzneimitteln durch den G-BA muss unmittelbar verbunden werden
mit der Finanzierung der zwingend dafür notwendigen Diagnostik (Companion Diagnostik)
 Abkehr von der monetären Betrachtung und Analyse des positiven Potentials der
individualisierten Krebsmedizin
 Herausnahme des transsektoralen Fachgebiets Pathologie aus der ambulanten Bedarfsplanung
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