9783938807729_Leseprobe

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Immunoassay-Optimierung für
verschiedene Probenmatrices
RHOMBOS
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Druck: dbusiness.de GmbH, Berlin
Printed in Germany
ISBN 978-3-938807-72-9
Immunoassay-Optimierung für
verschiedene Probenmatrices
DISSERTATION
der Fakultät für Chemie und Pharmazie
der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
zur Erlangung des Grades eines
Doktors der Naturwissenschaften
2007
vorgelegt von
Nina Dominique Käppel
RHOMBOS
Tag der mündlichen Prüfung:
Dekan:
Erster Berichterstatter:
Zweiter Berichterstatter:
9. November 2007
Prof. Dr. L. Wesemann
Prof. Dr. G. Gauglitz
Priv. Doz. U. Weimar
Danksagung
Für den erfolgreichen Abschluss der vorliegenden Arbeit schulde ich vielen
Menschen meinen herzlichen Dank.
An erster Stelle danke ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Günter
Gauglitz, der mir viel Geduld und Vertrauen entgegengebracht und mich in
schwierigen Situationen mit seiner Diskussionsbereitschaft und seinen
wertvollen Ratschlägen zum Weitermachen motiviert hat. Herrn Privatdozent
Dr. Udo Weimar gilt mein Dank für die Übernahme des Zweitgutachtens.
Herrn Professor Dr. Alfred Meixner danke ich für die Übernahme des
Vorsitzes der Promotionskommission. Herrn Professor Dr. Klaus Albert und
Herrn Professor Dr. Lars Wesemann danke ich für die Abnahme meiner
Prüfung.
Ich bedanke mich bei allen Projektpartnern, die ich über die letzten Jahre bei
Ihrer und meiner Arbeit begleiten durfte. Die vielen Einblicke in die
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in den verschiedenen Ländern und
Institutionen waren sehr interessant und motivierend. Besonders danke ich
Professor Dr. Marco Mascini und Dr. Sonia Centi für die Betreuung während
meines Aufenthaltes an der Universität von Florenz, bei dem die BiacorUntersuchungen entstanden sind, Frau Dr. Elisabeth Kremmer und Frau Dr.
Petra Krämer vom GSF in München für die Bereitstellung des ProcalcitoninAntikörpers und Peptids und der Firma Exbio in Prag für die Versorgung mit
verschiedenen Antikörpern und Antigenen.
Großen Dank schulde ich meinen Kollegen des Arbeitskreises Gauglitz,
speziell Goran Markovic und Jochen Mehne für die Unterstützung bei Messungen mit der Reflektometrischen Interferenz-Spektroskopie, Nina
Schweizer für die Rasterkraftmikroskopie-Aufnahmen und Karin Wöllner für
die Ellipsometrie-Messungen.
Besonderer Dank gilt Florian Pröll, der diese Arbeit mit seinen Ideen, seiner
Geduld und Erfahrung und vielen fruchtbaren Diskussionen immer wieder
vorangetrieben und bereichert hat und stets ein offenes Ohr für alle
anfallenden Probleme hatte. Auch seinen Eltern bin ich für Ihre liebevolle
Unterstützung und Förderung sehr dankbar.
Last but not least habe ich mich auf die Unterstützung meiner Eltern und
Schwestern immer verlassen können. Sie haben mich bestärkt, wenn ich
selbst an der erfolgreichen Fertigstellung meiner Doktorarbeit gezweifelt
habe. Zudem haben sie mir den Rücken freigehalten, damit ich mich ganz auf
meine wissenschaftliche Arbeit konzentrieren konnte. Ihnen möchte ich diese
Arbeit widmen.
5
6
Inhalt
1 Einleitung
9
2 Theoretischer Teil
13
2.1 Biochemische Grundlagen
13
2.1.1 Biologische Erkennungssysteme: Antikörper
13
2.1.2 Biologische Erkennungssysteme: Aptamere
18
2.1.3 Prinzip des Immunoassays
19
2.1.4 Matrixeffekte
23
2.1.5 Probenmatrix: Wasser
24
2.1.6 Probenmatrix: Lebensmittel (Milch)
25
2.1.7 Probenmatrix: Serum & Plasma
28
2.2 Optische Spektroskopie
32
2.2.1 Spektroskopische Grundlagen
32
2.2.2 Reflexion und Brechung von Licht
33
2.2.3 TIRF - Fluoreszenzanregung mit interner Totalreflexion
35
2.2.4 RIfS - Reflektometrische Interferenz-Spektroskopie
36
3 Materialien und Methoden
39
3.1 Verbrauchsmaterialien
39
3.1.1 Analyte, Derivate und Antikörper
39
3.1.2 Chemikalien
41
3.1.3 Lösungen
44
3.2 Methoden
45
3.2.1 Oberflächenchemie
45
3.2.2 Fluoreszenzmarkierung der Antikörper
47
3.2.3 Bindungshemmtest
47
3.2.4 Sandwich-Immunoassay
49
3.2.5 Messungen mit dem TIRF-Sensor und Datenauswertung
50
3.2.6 Messungen mit dem RIfS-Sensor und Datenauswertung
53
3.2.7 UV-Spektroskopie
54
7
Inhaltsverzeichnis
3.2.8 Rasterkraftmikroskopie (AFM)
55
3.2.9 Ellipsometrie
55
3.2.10 Top-Spot
56
4 Ergebnisse und Diskussion
57
4.1 Assayoptimierung anhand eines Modell-Assays für verschiedene
Probenmatrices
57
4.1.1 Charakterisierung der verwendeten Progesteron-Antikörper
57
4.1.2 Charakterisierung der Sensoroberfläche
59
4.1.3 Untersuchungen in der Probenmatrix Wasser
62
4.1.4 Untersuchungen in der Probenmatrix Milch
64
4.1.5 Untersuchungen in der Probenmatrix Serum
67
4.1.6 Vergleich der unterschiedlichen Matrices
69
4.2 Anwendungsbeispiele aus dem Bereich der Wasseranalytik
72
4.3 Anwendungsbeispiele aus dem Bereich der Lebensmittelanalytik
76
4.4 Anwendungsbeispiele aus dem Bereich der Humandiagnostik
78
4.4.1 Untersuchungen zum C-Reaktiven Protein
79
4.4.2 Untersuchungen zum Myoglobin
91
4.4.3 Untersuchungen zum Procalcitonin
94
4.4.4 Untersuchungen zum Prostata-spezifischen Antigen
97
4.5 Anwendungsbeispiele aus dem Bereich der Veterinärdiagnostik
103
5 Zusammenfassung und Ausblick
107
6 Literaturverzeichnis
111
7 Abbildungsverzeichnis
119
8 Tabellenverzeichnis
124
9 Anhang
125
9.1 Abkürzungen
125
9.2 Assaybedingungen
127
9.3 Akademische Lehrer
133
9.4 Lebenslauf
134
8
1
Einleitung
Motivation und Zielsetzung der Arbeit
Immunoassays sind heute kaum noch aus bioanalytischen und biochemischen Laboratorien wegzudenken. Sie werden für die Forschung, die
Lebensmittelüberwachung, das Umweltmonitoring und vor allem für
medizinische Fragestellungen entwickelt und eingesetzt.
Sie sind relativ einfach durchführbar, in der quantitativen und qualitativen
Aussage effektiv und in der Regel sehr spezifisch. Diese Spezifität lässt sich
auf den Einsatz von Antikörpern oder anderen Erkennungsstrukturen
zurückführen, die hochspezifisch ein spezielles Antigen in der Probe binden.
In der Praxis trifft man bei der Entwicklung und Durchführung von Immunoassays jedoch auf verschiedene Herausforderungen. So erhält man z.B.
unerwartete falsche Banden im Western Blot, die Leerwert-Kontrolle im
ELISA zeigt ein deutliches Signal oder der Proteinchip leuchtet flächendeckend. Weitere Störeffekte stellen unspezifische Bindungen, Kreuzreaktivitäten und Matrixeffekte dar. Die meisten dieser Effekte basieren auf direkter
Interaktion des Analyten, des Beschichtungs-Antikörpers oder des
Detektions-Antikörpers mit fremden Substanzen oder Oberflächen. Dies sind
nur einige der unerhofften Ergebnisse, die man von Zeit zu Zeit im
Laboralltag erhält. Dabei bedeutet jedes falsche Ergebnis Mehrarbeit, Folgekosten oder gar Fehldiagnosen mit entsprechenden Folgen für Patienten
oder Wirtschaft.
Die drei Haupteffekte für mögliche Störungen sollen im Folgenden näher
beleuchtet werden. Zunächst ist unspezifische Bindung ein wichtiger Faktor.
Hierbei erfolgt die Bindung an Substanzen, die neben dem Zielanalyt in der
Probe vorkommen, an Oberflächen oder an Spots aus immobilisierten
Antikörpern bei Proteinchips. Besonders stark davon betroffen sind hiervon
Immunoassays mit schlechter Blockierung der Oberfläche oder in problematischen Matrices, die z.B. starke Albuminanteile oder hohe Konzentrationen
endogener Störfaktoren enthalten (z.B. Serum, Blut). Neben der unspezifischen Bindung spielen auch Kreuzreaktivitäten eine wichtige Rolle. Mit
Kreuzreaktivität ist die Fähigkeit des Antikörpers gemeint, auch an andere
Strukturen als die des eigentlichen Zielanalyten zu binden. Oftmals handelt es
sich um Strukturen, die eine hohe Ähnlichkeit zum Analyten haben. Beispiele
hierfür sind Metabolite oder chemische Substanzen mit einer ähnlichen
molekularen Struktur. Auch Proteine mit einer zufälligen Ähnlichkeit oder
mit evolutionären Homologien der Aminosäuresequenz können kreuzreagie9
1 Einleitung
ren. Im Rahmen der Entwicklung eines Multianalyt-Assays sollten mögliche
kreuzreagierende Substanzen identifiziert und deren Kreuzreaktivität im
Experiment quantifiziert werden. Ist diese zwischen einzelnen Reaktionspartnern sehr hoch und lässt sie sich durch die Wahl der Assay-Bedingungen
nicht reduzieren, müssen diese ausgetauscht werden. Als ein weiterer
Störfaktor sollten Matrixeffekte berücksichtigt werden. Unter dem Begriff
Matrixeffekte versteht man die Summe der Störeffekte aller Komponenten,
die in einer Probe vorkommen und die die Messung des Zielanalyten
beeinflussen. Hierbei ist die genaue Ursache einer Störung nicht bekannt, sie
kann aber mit der Zusammensetzung der zu vermessenden Probe in
Verbindung gebracht werden. Für Matrixeffekte können Antikörper gegen
tierische Antikörper, endogene Störer oder Einflüsse der Viskosität, des pHWerts oder der Salzkonzentration verantwortlich sein. Es gibt auch
Störeffekte, die weitgehend auf medizinische und diagnostische Assays
beschränkt sind. Diese beruhen auf Faktoren, die in humanen Proben, wie
Blutplasma, Serum oder Gewebeproben zu finden sind (z.B. Albumine,
Lysozyme und Fibrinogen). Da die Ergebnisse von Assays in der
medizinischen Forschung oder auch der Diagnostik häufig die Basis für
spätere Therapien an Patienten bilden, können Störungen und damit falsche
Ergebnisse in derartigen Assays zu Fehlbehandlungen und somit zu besonders
schwerwiegenden Folgen führen.
Um die genannten Problemstellungen zu minimieren, bieten sich dem
Anwender verschiedene Ansätze. Die bekannteste Strategie, die aber aus den
verschiedenen Ursachen für die Störungen heraus nicht in allen Fällen zum
Ziel führen kann, ist die angepasste Blockierung. Hierfür gibt es hunderte mitunter eher als „kreativ“ denn als zielführend zu bezeichnende
Blockierungslösungen, die in der Literatur beschrieben sind. Je größer der
Analyt ist, desto einfacher kann die Blockierung sein. Kleinere Analyte
erfordern meist jedoch eine sehr gute Blockierung. Der Austausch bzw. die
Optimierung der Blockierung führt aber in sehr vielen Fällen alleine nicht
zum Ziel, da sie sich nur auf einen Teil der Störungen bei Immunoassays
auswirken kann. Ein weiterer Ansatz ist die Optimierung des Puffersystems.
Auch hier bietet sich dem Nutzer eine Vielzahl von Möglichkeiten und nicht
immer ist die richtige Auswahl an Salzen, pH-Bereich und weiteren
Parametern einfach. So können bestimmte Ionen den Ablauf einer
Antikörper-Antigen-Bindung verstärken, den einer anderen aber gleichzeitig
blockieren.
Die Erarbeitung eines optimalen Immunoassays erfordert somit viel
Erfahrung und intensive Arbeit, um alle möglichen störenden Effekte zu
10
1 Einleitung
minimieren. Vor diesem Hintergrund soll die vorliegende Arbeit die Problematik bei der Entwicklung eines Immunoassays nachvollziehen und die
Herausforderungen, die unterschiedliche Probenmatrices an das Assaydesign
stellen, beleuchten.
Hierfür soll zum einen anhand eines Modell-Assays zur Detektion von Progesteron die Durchführbarkeit in verschiedenen Probenmatrices (Wasser,
Milch, Serum) getestet, optimiert und verglichen werden, zum anderen sollen
zusätzliche, entsprechend der Matrix gewählte Parameter charakterisiert und
getestet werden. Hierfür müssen jeweils neue Immunoassays entwickelt
werden, die für den gewählten Analyten in der jeweiligen Matrix optimiert
und validiert werden sollen.
Die entwickelten Immunoassays sollen im Laufe der Arbeit charakterisiert
werden, um Aussagen über das Verhalten der Analyten bzw. der Erkennungsstrukturen an der Sensoroberfläche treffen zu können und den Einfluss
verschiedener Störfaktoren auf den jeweiligen Immunoassay zu untersuchen.
11
12
2
Theoretischer Teil
2.1
Biochemische Grundlagen
2.1.1 Biologische Erkennungssysteme: Antikörper
Antikörper sind Proteine, die zur Familie der γ-Globuline gehören. Sie sind
aus zwei schweren (H) und zwei leichten (L) Ketten aufgebaut. Sie spielen im
Immunsystem eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr. Ein Antikörper
erkennt und bindet mit den sogenannten variablen Enden der schweren und
leichten Kette einen definierten Strukturbereich auf der Oberfläche eines
Antigens (Epitop), der in der Größenordnung von 5-6 Aminosäuren oder 5-6
Monosaccharid-Einheiten liegt. Die beiden leichten Ketten bilden zusammen
mit dem oberhalb der Gelenkregion liegenden Anteil der schweren Ketten die
antigenbindende Fab-Region, welche enzymatisch mit Hilfe von Papain von
der darunterliegenden Fc-Region abgespalten werden kann.
Antikörper werden klassischer Weise aus dem Blut immunisierter Versuchstiere gewonnen, wobei man stets ein Gemisch aus verschiedenen
Antikörpermolekülen erhält, die gegen verschiedene Epitope gerichtet sind
(polyklonale Antikörper).
Abbildung 1:
Struktur des Immunglobulin G.
13
2 Theoretischer Teil
Die Herstellung einheitlicher Antikörpermoleküle, die lediglich ein Epitop
erkennen, ist durch die von Cesar Milstein und Georges Köhler 1975 publizierte Hybridoma-Technik möglich geworden [Köhler und Milstein (1975),
Gafre et al. (1977), Winter und Milstein (1991)]. Mit dieser zellbiologischen
Technik können monoklonale Antikörper hergestellt werden, deren Eigenschaften eine Reihe neuer Anwendungen in der Diagnostik, Therapie,
präparativen Biochemie und als Werkzeug im Rahmen gentechnischer
Arbeiten ermöglichen.
Monoklonale Antikörper werden von Hybridomzellen produziert, die durch
die In-vitro-Fusion von Zellen, die Antikörper produzieren (B-Zellen, d.h. BLymphozyten aus der Milz eines immunisierten Tieres, z.B. einer Maus), mit
Myelomzellen (permanente B-Zell-Tumorzellen) der gleichen Tierart
hergestellt werden.
Abbildung 2:
14
Hybridoma Technik: Produktion monoklonaler Antikörper
(Quelle: Folienserie des Fonds der Chemischen Industrie).
2 Theoretischer Teil
Bei der Fusion entstehen Zellen, die die wichtigsten Eigenschaften beider
Elternzellen enthalten:
a) die Antikörperproduktion der B-Zelle
b) die Unsterblichkeit der Tumorzelle.
Jede Hybridomzelle produziert kontinuierlich ein spezifisches Antikörpermolekül, das nur gegen ein einziges Epitop eines Antigens gerichtet ist.
Die Fusion beider Zellarten erfolgt innerhalb von wenigen Sekunden bei
sehr engem Zellkontakt in einem Polyethylenglykol enthaltenden Medium.
Jedoch ist die Fusion ein eher seltenes Ereignis (Hybridomzellen/Myelomzellen = 1/10.000). Aus diesem Grund müssen die entstandenen Hybridomzellen zunächst aus der Mischung von nicht-fusionierten B- und Myelomzellen sowie Hybridisierungsprodukten mehrerer Zellen gewonnen werden.
Während die nicht-fusionierten B-Lymphozyten und die falschen Hybridome (Hybridisierungsprodukte aus mehreren Zellen) nach wenigen Wochen
in Kultur von selbst absterben, liegt die Hauptaufgabe darin, die wenigen
Hybridomzellen von den zahlreichen Myelomzellen zu trennen, die beide eine
unbegrenzte Teilungsfähigkeit besitzen. Lediglich die entstandenen Hybridomzellen sollen weiter kultiviert werden, sie werden vereinzelt, teilen sich
und wachsen zu einem Klon heran, dessen Zellen alle denselben, nämlich
monoklonalen Antikörper produzieren.
Solche Antikörper sind bezüglich ihrer chemischen Struktur und damit auch
hinsichtlich ihrer immunologischen Spezifität, ihrer Bindungsfähigkeit
(Affinität) und ihrer Immunglobulinklasse identisch. Nach etwa 7-10 Tagen
werden die Kulturüberstände der verschiedenen Hybridomkulturen auf
Produktion und Spezifität von Antikörpern getestet.
Ein wesentlicher Vorteil von Hybridomzellen ist, dass sie monoklonale
Antikörper in Kultur ohne weitere Stimulierung durch das Antigen produzieren (konstitutive Produktion). Dieser Vorteil kommt besonders zum
Tragen, wenn therapeutisch anwendbare menschliche monoklonale Antikörper hergestellt werden, da die Immunisierung von Freiwilligen, die immer
mit Risiken verbunden ist, entfällt. Hinzu kommt, dass beim Einsatz
monoklonaler Antikörper für diagnostische und therapeutische Anwendungen
eine hohe Reproduzierbarkeit gegeben ist und ein aufwendiges Standardisierungsverfahren entfällt.
15
2 Theoretischer Teil
Monoklonale Antikörper
+ Antikörper gegen einzelne
Epitope, dadurch homogene
Antikörperfraktion
hohe Antigen- und Epitopspezifität
+ Konstante Affinitäts- und
Bindungseigenschaften
+
+
+
-
Polyklonale Antikörper
+ Hohe Affinität
+ Einfache Herstellung und
Gewinnung
+ Billiger Herstellungsprozess
- Heterogene Antikörperfraktion
- Geringer Gehalt an spezifischen
Antikörpern
Selektion spezifischer Merkmale
keine absolute
möglich
Epitopspezifität
Gewinnung unbegrenzter
- Zur Erzeugung werden große
Antikörpermengen in vitro,
Mengen des gereinigten
deshalb konstante ChargenAntigens benötigt
produktion
- Unterschied von Charge zu
Geringere Anforderung
Charge
bezüglich Antigenmenge und
Reinheitsgrad
- Reinigung mittels
Immunadsorption zur
Zeitintensive Herstellung,
Verbesserung der Spezifität
Charakterisierung und Reinigung
notwendig
Tabelle 1:
Vergleich konventioneller polyklonaler Antikörper mit monoklonalen
Antikörpern.
Antigen-Antikörper-Bindung
Die Erkennung und Bindung eines Antigens (Epitop) erfolgt mit den
variablen V-Domänen, dem obersten Teil der Fab-Regionen. Es können
gleichzeitig zwei identische Epitope gebunden werden, sofern dies sterisch
möglich ist. Diese Epitope können auf einem einzigen Antigen oder auch auf
zwei verschiedenen Antigenen liegen. Dies gilt weder für das IgM, das zehn
potentielle Antigenbindungsstellen aufweist (praktisch sind nur bis 5 Stellen
besetzbar), noch für das IgA, das vier Fab-Regionen besitzt. Wenn die
Epitope, welche gebunden sind, auf mehreren Antigenen liegen, werden diese
„kreuzvernetzt“.
16
2 Theoretischer Teil
Die Bindung eines Antigens an den Antikörper geschieht über die Ausbildung von vielen nicht-kovalenten Bindungen zwischen Antigen und Antikörper. Die intermolekularen Anziehungskräfte können nur wirken, wenn
Antigen und Antikörper sehr nahe aneinander liegen. Obwohl jede einzelne
beteiligte Bindungskraft für sich gesehen schwach ist (im Vergleich mit
kovalenten Bindungen), ergibt die Summe aller dieser schwachen Bindungen
eine beachtliche Bindungsenergie.
Van der Waals-Kräfte
Zusammensetzung aus der Keesom-Wechselwirkung zwischen zwei Dipolen, der DebyeWechselwirkung zwischen einem Dipol und
einem polarisierbaren Molekül und der londonsche Dispersionwechselwirkung.
Bindungsstärke: 0,5 - 5,0 kJ mol-1
Wasserstoffbrückenbindungen
Brückenbildung zwischen Wasserstoff- und
Sauerstoff- oder Stickstoffatomen von Antigen
und Antikörper.
Bindungsstärke: 12 - 30 kJ mol-1
Elektrostatische Kräfte
Entstehen, wenn sich positive und negative freie
Ladungen auf Antigen und Antikörper
gegenüber liegen.
Bindungsstärke: 20 kJ mol-1
Hydrophobe
Wechselwirkungen
Basieren auf einer Verdrängung von WasserMolekülen durch apolare, hydrophobe Gruppen
(aromatische Aminosäuren). Diese Bindungsart
kann bis zu 50% der Bindungskräfte ausmachen.
Bindungsstärke: bis zu 40 kJ mol-1
Tabelle 2:
Arten von intermolekularen Anziehungskräften.
Diese Kräfte können nur bei einer starken räumlichen Annäherung der
interagierenden Gruppen wirksam werden.
17
2 Theoretischer Teil
Thermodynamik der Antigen-Antikörper-Bindung
Die verschiedenen hochvariablen Schlaufen der Antikörperbindungstaschen
enthalten ungefähr 100 Aminosäurereste. Die Affinitäten reifer Antikörper für
natürliche Antigene (hauptsächlich immunogene organische Moleküle,
Proteine, Kohlenhydrate und Nucleinsäurefragmente) verteilen sich über
einen weiten Bereich von 104 bis 1014 M-1. Die ΔG0-Werte erreichen im
günstigsten Fall 19 kcal mol-1 [Portmann et al. (1975)].
Für Komplexe von Antikörpern mit organischen Molekülen wurden typische
Assoziationskonstanten (Ka) von 107,3±1,9 M-1 bestimmt. Dies entspricht einer
Gibbs-Bindungsenergie von -10±3 kcal mol-1.
Die Bindung in Antikörper-Protein-Komplexen ist stärker (Ka=108,9±1,7 M-1),
da Proteine die natürlichen Liganden von Antikörpern in vivo sind. Die
Bindungsstellen von Antikörpern für Proteine sind größer und flacher als die
für kleine organische Moleküle [Huston et al. (1996), Wilson et al. (1993),
Stanfield et al. (1995)].
Die Bindungskonstanten Ka können in zwei Geschwindigkeitskonstanten
zerlegt werden, in die der Bindung (k1) und der Freisetzung (k-1). Es gilt:
Ka=k1k-1-1. Für Antikörper liegt k1 etwa zwischen 105-108 M-1s-1 [Foote und
Eisen (1995), Roost et al. (1995)]. Die Bindung verläuft somit etwa 100-mal
langsamer als die Diffusion in Wasser, kann aber dennoch als sehr schnell
aufgefasst werden, da die Bindungstasche beim Bindungsprozess desolvatisiert und zu einem gewissen Ausmaß reorganisiert werden muss. k-1 liegt
typischerweise zwischen 10-3-10-4 s-1, so dass die Bindungskonstanten der
Antikörper-Antigen-Komplexe etwa 108-1012 M-1 betragen [Houk et al. (2003)].
2.1.2 Biologische Erkennungssysteme: Aptamere
Neben Antikörpern, die zu den bekanntesten molekularen Erkennungssystemen gehören und für ein breites Spektrum an Anwendungen genutzt
werden, gibt es Oligonukleotidsequenzen, die hoch spezifisch jede Art von
Zielmolekül erkennen können. Diese Oligonukleotidsequenzen, die unter dem
Namen Aptamer bekannt sind, entwickeln sich zu einer Molekülgruppe, die
alternativ zu Antikörpern in therapeutischen und diagnostischen Anwendungen eingesetzt werden können.
„Systematic Evolution of Ligands by EXponential enrichment“ (SELEX)
[Fitzwater und Polisky (1996), Tuerk und Gold (1990)] ist eine kombinatorisch chemische Methode, welche die Eigenschaft von einzelsträngigen
18
2 Theoretischer Teil
Nukleinsäuren (RNA, ssDNA) nutzt, diese zu stabilen 3-dimensionalen
Strukturen zu falten und somit in Analogie zu Antikörpern eine selektive und
hochaffine Bindung von Zielmolekülen ermöglicht.
Der Einsatz von Aptameren als biologisch aktiver Teil von Biosensoren
bietet gegenüber Antikörpern eine Reihe potentieller Vorteile. Aptamere
können mit hoher Genauigkeit und Reproduzierbarkeit durch automatisierte
Prozesse synthetisiert werden und ermöglichen eine relativ einfache,
kovalente Bindung von Reportermolekülen an definierten Stellen. Immobilisierte Aptamere können recycelt werden und gegen jegliche Art von
Zielmolekülen gerichtet sein (auch gegen toxische oder nicht immunogene
Proteine oder kleine organische Moleküle) [Gold et al. (1995)].
2.1.3 Prinzip des Immunoassays
Als Immunoassay bezeichnet man im Allgemeinen die Erkennung und damit
den Nachweis eines Analyten in einer flüssigen Phase durch die Bindung an
eine Erkennungsstruktur, z.B. einen Antikörper. Anstelle des Antikörpers
können auch Aptamere, Rezeptoren oder andere spezifische Erkennungsstrukturen eingesetzt werden. Je nach Konfiguration des Assays können
sowohl Antigen als auch Antikörper der nachzuweisende Analyt sein. Bei der
Durchführung von Immunoassays wird die hohe Spezifität und Bindungsstärke der Bindung zwischen Antigenen und Antikörpern genutzt.
Zu den bekanntesten Immunoassays zählt der ELISA (enzyme-linked
immunosorbent assay). Hierbei werden die Antikörper auf einem Trägermaterial immobilisiert und mit der Probe inkubiert. Ist dann in der Probe der
gesuchte Analyt vorhanden, binden ihn die Antikörper. Dabei wird eine von
Enzymen gesteuerte Reaktion ausgelöst, die zu einem sichtbaren
Farbniederschlag führt.
Es existieren eine Vielzahl an Fluoreszenz-basierten Biosensorplattformen
zur Durchführung von Einzel- und Multianalyt-Immunoassays. Hierbei
kommen verschiedene Techniken zum Einsatz. Viele der Systeme arbeiten
mit einem direkten Bindungsassay oder einem Sandwich-Immunoassay. Als
weitere Formate werden der kompetitive Immunoassay und der Verdrängungs-Immunoassay eingesetzt.
19
2 Theoretischer Teil
Direkter Immunoassay
Beim direkten Immunoassay wird in einem ersten Schritt der Antikörper auf
einer festen Phase, z.B. Mikrotiterplatte, immobilisiert. Nach einem
Waschschritt, bei dem ungebundene Antikörper entfernt werden, erfolgt die
Inkubation mit der Probe. Das in der Probe enthaltene Antigen bindet
spezifisch an den Antikörper. Anschließend erfolgt die Inkubation mit dem
Tracer, d.h. das markierte Antigen wird zugegeben und bindet an freie
Bindungsstellen des Antikörpers. Als Markierung können hier z.B. Enzyme,
Fluoreszenzfarbstoffe oder radioaktive Substanzen verwendet werden. Im
letzten Schritt erfolgt die Detektion des markierten Tracers. Hierbei erhält
man für eine hohe Antigenkonzentration in der Probe ein niedriges Signal,
und bei einer niedrigen Konzentration ein hohes Signal. Der Verlauf des
direkten Immunoassays ist in Abbildung 3 schematisch dargestellt.
Abbildung 3:
Direkter Immunoassay.
Verschiedene Einsatzgebiete des direkten Immunoassays können in der
nachfolgenden Literatur gefunden werden [Sapsford et al. (2001), Anderson
und Hartmann (1985)].
Sandwich-Immunoassay
Das Prinzip dieses Immunoassays basiert auf zwei spezifischen Antikörpern,
von denen der eine an einer festen Phase immobilisiert ist und als sekundär
oder Beschichtungs-Antikörper bezeichnet wird, während der zweite
Antikörper eine Markierung trägt und zur Detektion verwendet wird. Beide
20
2 Theoretischer Teil
Antikörper können gleichzeitig durch die Erkennung verschiedener Epitope
das Antigen binden.
In einem ersten Schritt wird eine Oberfläche, z.B. eine Mikrotiterplatte, mit
dem sekundären Antikörper beschichtet. Anschließend wird die beschichtete
Oberfläche mit der Probe, die das Antigen enthält inkubiert. In einem
weiteren Schritt wird der markierte Antikörper auf die Oberfläche gegeben
und kann an das dort gebundene Antigen binden. Anschließend erfolgt die
Detektion über die Markierung des zweiten Antikörpers. Als Markierung
können hier unter anderem Fluoreszenzfarbstoffe oder Enzyme dienen. Beim
Sandwich-Immunoassay entsteht ein Signal, das proportional zur Antigenkonzentration ist. Der Verlauf des Sandwich-Immunoassays ist in Abbildung
4 schematisch dargestellt.
Abbildung 4:
Sandwich-Immunoassay.
Das bekannteste Beispiel stellt der ELISA-Assay dar, verschiedene weitere
Einsatzgebiete des Sandwich-Immunoassays können in der nachfolgenden
Literatur gefunden werden [Plowman et al. (1999), Rowe et al. (1999), RoweTaitt et al. (2000)].
Kompetitiver Immunoassay
Beim kompetitiven Immunoassay kann entweder der Antikörper oder das
Antigen an der Oberfläche gebunden sein. In Abbildung 5 ist der schematische Verlauf des kompetitiven Immunoassays mit dem Antigen auf der
Oberfläche dargestellt. Hierbei wird in einem ersten Schritt die Oberfläche
mit dem Antigen oder einem entsprechenden Derivat beschichtet. In einem
zweiten Schritt erfolgt eine Vorinkubation der Probe. Im beschriebenen Fall
21
2 Theoretischer Teil
wird das Prinzip des Bindungshemmtestes verwendet. Hierbei wird zur Probe
ein markierter Antikörper gegeben. Dieser kann während der Inkubationszeit
vorhandenes Antigen in der Probe binden. Anschließend wird die vorinkubierte Probe auf die Oberfläche gegeben. Der Antikörper kann hier mit noch
freien Bindungsstellen an das immobilisierte Antigen binden. Dann erfolgt
die Detektion des Signals. Hierbei erhält man für eine hohe
Antigenkonzentration in der Probe ein niedriges Signal und bei einer
niedrigen Konzentration ein hohes Signal.
Abbildung 5:
Kompetitiver Immunoassay.
Verschiedene Einsatzgebiete des kompetitiven Immunoassays können in der
nachfolgenden Literatur gefunden werden [Tschmelak et al. (2006), Schult et
al. (1999), Brecht et al. (1998), Klotz et al. (1998)].
Verdrängungs-Immunoassay
Beim Verdrängungs-Immunoassay wird in einem ersten Schritt ein Antikörper an die Oberfläche gebunden. Dieser wird anschließend mit markiertem
Antigen abgesättigt. Fließt nun die Probe, die das nicht markierte Antigen
enthält über die Oberfläche, verdrängt dieses einen Teil des gebundenen
markierten Antigens von den Antikörpern. Anschließend erfolgt die
Detektion. Das Signal verhält sich hierbei umgekehrt proportional zur
Konzentration an Antigen in der Probe. Der Verlauf des VerdrängungsImmunoassays ist in Abbildung 6 schematisch dargestellt.
22
2 Theoretischer Teil
Abbildung 6:
Verdrängungs-Immunoassay.
Verschiedene Einsatzgebiete des kompetitiven Immunoassays können in der
nachfolgenden Literatur gefunden werden [Anderson et al. (2006), Holt et al.
(1999), Rabbany et al. (1998), Hinds et al. (1984)].
In der vorliegenden Arbeit wurden hauptsächlich der kompetitive Immunoassay und der Sandwich-Immunoassay eingesetzt. Gründe hierfür waren
zum einen die einfache Regeneration des verwendeten Immunoassays, da sich
der gebundene Antikörper bzw. der Antigen-Antikörper-Komplex leicht
entfernen lässt, ohne die Sensoroberfläche zu beschädigen. Zum anderen stellt
der kompetitive Immunoassay ein sehr einfaches und selektives Verfahren
dar, das auch eine komfortable Lösung für Multianalyt-Assays bietet. Der
Sandwich-Immunoassay wurde aufgrund seiner Sensitivität und dem hohen
Etablierungsgrad in Literatur und Praxis verwendet.
2.1.4 Matrixeffekte
Ein fundamentales Problem beim Messen biologischer Proben stellt die
extrem komplexe und variantenreiche Mischung von Proteinen, Kohlenhydraten, Lipiden, kleinen Moleküle und Salzen dar, aus denen sich die Probe
zusammensetzt. Den Effekt, der hierbei von den unterschiedlichen Komponenten auf das analytische System ausgeübt wird, bezeichnet man als
Matrixeffekt und kann das Ergebnis einer Messung schwerwiegend verändern
[Marx et al. (2006)]. Matrixeffekte können als Summe aller Effekte der
Komponenten eines Systems mit Ausnahme des Analyten selbst definiert
werden [Wood (1991)]. Dies schließt natürlich auch alle verwendeten
23
2 Theoretischer Teil
Reagenzien mit ein. Bei der Untersuchung von Matrixeffekten sollten die
folgenden Komponenten berücksichtigt werden:
• Effekte der Reagenzien
o Assay Puffer
o Monoklonale oder polyklonale Antikörper
o Markierung der Erkennungsstruktur
o Trennung der gebundenen Erkennungsstruktur von der freien
Fraktion (beim heterogenen Format)
• Effekte von Proteinen
o Eiweiß
o Rheumatoide Faktoren
o Lysozyme
o Komplementsysteme
o Endogene Hormon bindende Proteine
o Abnormale Formen endogen bindender Proteine
o Autoantikörper
• Mechanische Beeinträchtigung
• Nicht-spezifische Wechselwirkungen
• Hook-Effekt
Die Problematik ist ausführlich von Colin Selby [Selby (1999)] beschrieben.
2.1.5 Probenmatrix: Wasser
Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser wurde weltweit als eines der
wichtigsten Zukunftsthemen eingeordnet (WHO 2003; UN 2005). Um
Wasserresourcen zu schützen und um eine ständige Überwachung der
Wasserqualität zu gewährleisten, ist es notwendig, schnelle, sensitive, kostengünstige und einfach zu bedienende analytische Systeme zu entwickeln, die
eine Vielzahl kleiner organischer Schadstoffmoleküle im Wasser detektieren
können.
Sehr vielversprechend ist hierbei der Einsatz der sehr sensitiven immunochemischen Methoden, die bis in den ngL-1-Bereich arbeiten. Damit können
die festgelegten Grenzwerte problemlos kontrolliert werden. Im Trinkwasser
24
2 Theoretischer Teil
wurde z.B. für Pflanzenbehandlungsmittel unabhängig von deren Giftigkeit
ein einheitlicher Grenzwert von 0,1 µgL-1 festgelegt (Oktober 1989).
Im Rahmen der hier vorgestellten Arbeit sollen beispielhaft verschiedene
Immunoassays aus dem Bereich der Wasseranalytik vorgestellt und beurteilt
werden.
Hierfür wurden verschiedene Pestizide, Herbizide und Hormone gewählt,
die alle im Wasser gefunden werden können: Alachlor, Atrazin, Isoproturon,
Progesteron und Testosteron.
Alachlor wird zur selektiven Bekämpfung von Ungräsern und Samenunkräutern im Mais-, Sojabohnen-, Erdnuss-, Baumwoll-, Raps- und Sonnenblumenanbau eingesetzt. Das Herbizid mit systemischer Wirkung wird
überwiegend über den Boden aufgenommen, wobei es hauptsächlich über die
unteren Sprossteile in die Pflanze eindringt.
Atrazin gilt als eines der bekanntesten Herbizide und wurde vor allem im
Maisanbau eingesetzt. Atrazin gilt als schädlich für die Umwelt, vor allem für
Pflanzen, Wasserlebewesen und Bodenorganismen und wird als wassergefährdend nach WGK 2 eingestuft. Seit März 1991 ist zum Schutz des
Grundwassers die Anwendung von Atrazin verboten. Eine Kontamination im
Grundwasser wird jedoch noch auf Jahre hinaus nachweisbar sein.
Isoproturon wird als Phenylharnstoff-Herbizid gegen einjährige Gräser
sowie Unkräuter besonders in Getreidekulturen eingesetzt.
Progesteron und Testosteron sind Hormone, die z.B. im menschlichen
Körper vorkommen. Es sind endokrin wirksame Substanzen, die bei einer
erhöhten Aufnahme aus der Umwelt eine Störung des Hormonhaushaltes
verursachen können. Dies kann z.B. eine schädliche Wirkung auf die
Fortpflanzung, das Wachstum und die Entwicklung des Menschen und verschiedener Tierarten zur Folge haben.
2.1.6 Probenmatrix: Lebensmittel (Milch)
Neben der weit entwickelten und stark reglementierten Wasseranalytik hat
sich über die letzten Jahre auch die Analytik im Lebensmittelbereich stark
weiterentwickelt.
Hierbei liegt das Hauptaugenmerk nicht nur auf der Kontrolle der Inhaltsstoffe von z.B. Nahrungsmitteln und damit möglicher Schadstoffe im Endprodukt (z.B. Pestizide in Fruchtsaft), sondern auch in der Überwachung des
Herstellungsprozesses (z.B. das Fortschreiten des Gärprozesses).
25
2 Theoretischer Teil
In der vorliegenden Arbeit wurde an der Implementierung verschiedener
Immunoassays in Milch gearbeitet. Hauptaugenmerk lag hierbei auf der
Entwicklung eines Progesteronassays für die Milchproduktion. Der biologische Hintergrund und Ziel der Anwendung sind im Nachfolgenden kurz
beschrieben.
Die Rolle des Progesterons in der Milchproduktion
Oberstes Ziel moderner Milchkuhhaltung ist eine ertragreiche, effiziente
Milchproduktion. Wünschenswert ist, dass die Tiere täglich gemolken werden
können. Doch dafür müssen sie Milch produzieren und das geschieht
üblicherweise nur nach der Geburt eines Kalbs. Die industrielle Milchviehhaltung sorgt deshalb dafür, dass die Milchkühe regelmäßig trächtig werden,
um die Milchproduktion nicht zum Versiegen zu bringen. Dafür bedient sie
sich in der Regel künstlicher Besamung. Die erfolgreiche Besamung hängt
entscheidend vom Zyklus der Kuh ab. Nur wenn der Eisprung verlässlich
bestimmt ist, wird das Tier trächtig.
Derzeit bestimmt der Landwirt den Eisprung üblicherweise, indem er das
Verhalten der Kuh beobachtet. Allerdings liegen die Erfolgsquoten hierbei
lediglich zwischen 35-70 Prozent – und das bei einem vergleichsweise hohen
Aufwand für den Landwirt, da er in engem Kontakt zu den Kühen stehen
muss, um überhaupt eine Aussage zu dem Verhalten der Tiere machen zu
können. Angesichts der Tatsache, dass auf einem Bauernhof durchschnittlich
39 Kühe leben, ist der zeitliche Aufwand enorm.
Deutlich klarer lässt sich der richtige Zeitpunkt für die künstliche Besamung
durch das Hormon Progesteron bestimmen. Progesteron ist ein weibliches
Sexualhormon, das im Laufe des Sexualzyklus der Kuh gebildet wird und
bereits zur Diagnose des Eisprungs und damit des Besamungszeitpunkts
genutzt wird.
Abbildung 7 zeigt einen schematischen Verlauf des Sexualzyklus, der eine
Dauer von etwa 21 Tagen hat. Er lässt sich in vier Phasen unterteilen.
Während der Vorbrunst (Proöstrus) entwickelt sich einer der Follikel im
Eierstock. Der Östrus (Brunst) bezeichnet den Zyklusabschnitt, in dem die
Kuh begattungsbereit ist. Im Eierstock entsteht der sprungreife Follikel und
gegen Ende des Östrus erfolgt der Eisprung. Als Metöstrus bezeichnet man
die Zeit bis zum Abklingen aller Brunstsymptome. Im Eierstock bildet sich
aus den Follikelresten der Gelbkörper (Corpus luteum), der das Hormon
Progesteron bildet. Der Verlauf der letzten Phase des Zyklus, dem Diöstrus,
ist abhängig davon, ob eine Befruchtung der Eizelle erfolgt ist oder nicht.
26
2 Theoretischer Teil
Sexualzyklus der Milchkuh
Abbildung 7:
Schematische Darstellung des Sexualzykluses der Milchkuh.
Zunächst bildet sich am Eierstock der Gelbkörper zur vollen Blüte. Unter
der Wirkung des Progesterons bereitet sich die Gebärmutterschleimhaut auf
eine mögliche Schwangerschaft und Einnistung einer befruchteten Eizelle
vor. Kommt es zu keiner Schwangerschaft, beginnt der Gelbkörper nach der
Ovulation zu schrumpfen und produziert dabei immer weniger Progesteron.
Kommt es allerdings zur Einnistung eines befruchteten Eies, bildet sich aus
dem Corpus luteum der Trächtigkeitsgelbkörper (Corpus luteum graviditatis),
die Progesteronkonzentration in der Milch bleibt konstant.
Enzymimmunoassays (z.B. ELISA) bieten die Möglichkeit, die Konzentration an Progesteron vor Ort zu bestimmen. Hierbei wird meist eine Positiv/Negativ-Aussage getroffen, d.h. trächtig oder nicht-trächtig. Der Landwirt
kann die Milchproben auch an ein Labor schicken, das die genaue Konzentration des Progesterons bestimmt. Es gibt verschiedene Verfahren zur onlineDetektion des Progesterons, d.h. die Bestimmung findet parallel zum Melkvorgang statt. Sie zeigen aber meist eine schlechte Sensitivität oder sind zu
kompliziert zur Anwendung im Kuhstall.
Wünschenswert ist ein Analyseverfahren, das erstens eine kontinuierliche
Überwachung der Kuh ermöglicht, zweitens genau, zuverlässig, robust und
automatisch den Eisprung erkennt und drittens minimale oder keine
Laborarbeiten erfordert. Zusätzlich sollte das Verfahren leicht zu handhaben
sein, einen wirtschaftlichen Anschaffungspreis aufweisen und geringe
laufende Kosten nach sich ziehen.
27
2 Theoretischer Teil
2.1.7 Probenmatrix: Serum & Plasma
In der Human- sowie in der Veterinärmedizin werden Analysen fast ausschließlich unter Verwendung von Serum und Plasma durchgeführt.
Serum wird aus spontan geronnenen Vollblutproben gewonnen, während
Plasma durch den Zusatz von Antikoagulantien (EDTA, Zitrat, Oxalat,
Heparin) erhalten wird. Unterschiede zwischen Serum und Plasma sind im
Wesentlichen nur bei Kalium, anorganischem Phosphat, LDH und dem
Fibrinogen zu beobachten.
In der vorliegenden Arbeit wurden zum einen Parameter aus dem Bereich
der Humanmedizin untersucht. Der Schwerpunkt lag hierbei in der
Charakterisierung von Parametern aus den Bereichen Koagulationsstörung,
Entzündungen und Sepsis, Schilddrüsenstörungen und verschiedenen
Krebsarten. Zum anderen wurde der in Milch bereits implementierte
Progesteron-Assay in die Probenmatrix Serum übertragen, um auch hier
Aussagen über den Sexualzyklus bei Tieren zu treffen. Hierfür wurden
verschiedene Hundeseren untersucht.
Im Nachfolgenden sollen die einzelnen untersuchten Problemstellungen und
Parameter kurz beschrieben werden.
Humanmedizin
C-reaktives Protein (CRP)
CRP ist ein Akute-Phase-Protein und wird seit vielen Jahren als unspezifischer Entzündungsmarker verwendet. Es ist ein kohlenhydratfreies Protein,
das in der Leber gebildet wird.
Die CRP-Konzentration reagiert bei Entzündungen infektiöser und nichtinfektiöser Art, wobei die Reaktion schneller und deutlicher als bei anderen
Parametern ausfällt. CRP bindet an den eingedrungenen Fremdstoff und
aktiviert mit Makrophagen und dem Komplementsystem wichtige Schritte der
Immunabwehr. Da die Halbwertszeit mit 24 Stunden relativ kurz ist, machen
sich Veränderungen im entzündlichen Geschehen direkt in der CRPKonzentration bemerkbar.
Molekularbiologisch gesehen, handelt es sich bei dem Protein um einen
Vertreter der Pentraxin-Familie, die sich durch eine pentamerische Anordnung von identischen Untereinheiten auszeichnet. Beim CRP besteht jede
dieser Untereinheiten aus 206 Aminosäuren bei einem Gewicht von ca. 23
28
2 Theoretischer Teil
kD. Die fünf Monomere sind zyklisch angeordnet und über nicht kovalente
Bindungen verknüpft [Oliveira et al. (1979); Pepys und Hirschfield (2003)].
Abbildung 8:
Banddiagramm der Kristallstruktur des C-reaktiven Proteins.
[Quelle: Pepys et al. (2003)].
Das CRP wurde bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals beschrieben und erhielt seinen Namen, da es zusammen mit Calciumionen mit dem CPolysaccharid des Streptococcus pneumoniae reagiert und eine Präzipitation
hervorruft.
Referenzbereich in humanem Serum/Blut:
bis 18 Jahre
< 15 mg/L
über 18 Jahre
< 5,0 mg/L
Myoglobin
Myoglobin ist ein sauerstoffbindendes Protein mit einem Molekulargewicht
von ca. 17 kDa.
Abbildung 9:
Myoglobin-Molekül
(Quelle: David S.
Goodsell, The Scripps
Research Institute).
Abbildung 10: 3D-Struktur des
Myoglobins ohne Häm
[Quelle: Phillips (1980)].
29
2 Theoretischer Teil
Die Synthese des Myoglobins findet ausschließlich in der quergestreiften
Muskulatur statt, so dass in anderen Geweben kein Myoglobin nachweisbar
ist. Myoglobin dient als Sauerstoffspeicherprotein und bindet mit hoher
Affinität ein Molekül Sauerstoff pro Molekül. Die Halbwertszeit im Plasma
beträgt nur 10-20 Minuten, da es rasch durch glomeruläre Filtration eliminiert
wird.
Myoglobin wird zur Erkennung und Verlaufsbeobachtung eines Herzinfarkts, zur Erfolgskontrolle der Herzinfarktbehandlung, bei Skelettmuskelerkrankungen und als sportmedizinischer Test zur Leistungsbeurteilung
bestimmt.
Referenzbereich in humanem Serum/Blut:
Weiblicher Patient: 14-65 µg/L
Männlicher Patient: 17-105 µg/L
Procalcitonin (PCT)
PCT ist ein Protein aus 116 Aminosäuren, einem Molekulargewicht von
14,5 kDa und stellt das Prohormon von Calcitonin dar [Meisner (2000)].
Abbildung 11: Schematische Darstellung der Aminosäuresequenz von PCT
[Quelle: Meisner (2000)].
30
2 Theoretischer Teil
PCT stellt einen Diagnoseparameter zur Verfügung, der schwere bakterielle
Infektionen anzeigt und deren Komplikationen infolge systematischer
Inflammationen zuverlässig erkennt. PCT reagiert bei Sepsis, Schock und den
Symptomen einer schweren systematischen Inflammationsreaktion. Es
ermöglicht bei diesen Erkrankungen im Vergleich zu anderen Parametern eine
sichere Verlaufsbeurteilung.
Bei schweren bakteriellen Infektionen oder Multiorganversagen steigt der
Wert auf über 2 µg L-1 an und liegt häufig zwischen 10 - 100 µg L-1.
Referenzbereich in humanem Serum/Blut:
< 0,5 µg/L
Prostataspezifisches Antigen (PSA)
PSA ist ein organspezifisches Glykoprotein mit einem Molekulargewicht
von ca. 34 kDa. Es ist ein Sekretionsprodukt der Prostata und kommt in
unterschiedlichen Konzentrationen in normalem und malignem Prostatagewebe vor. Im Serum liegt PSA als Komplex mit α1-Antichymotrypsin vor.
Sowohl PSA, als auch saure Phosphatase können als Marker der Therapiekontrolle und des Rezidivs eines Prostatakarzinoms eingesetzt werden.
Referenzbereich in humanem Serum/Blut:
bis 40 Jahre
< 1,4 µg/L
über 40 Jahre
< 4,4 µg/L
Veterinärmedizin
Der Hund gehört im Gegensatz zur Kuh zu den diöstrischen Tieren, d.h. er
hat nur zwei Zyklen pro Jahr. Hierbei unterscheidet sich der Zyklus im
Verlauf nicht wesentlich von dem unter 2.1.6 beschriebenen Verlauf bei der
Kuh (Abbildung 7). Die Zyklusdauer beträgt jedoch 16-56 Wochen.
Über das Messen von Progesteron im Serum lässt sich nun entsprechend der
Messungen in der Kuhmilch der Verlauf des Zyklus charakterisieren und dies
kann dem Züchter Aufschluss über das Eintreten einer Schwangerschaft und
den erfolgreichen Verlauf dieser geben.
31
2 Theoretischer Teil
2.2
Optische Spektroskopie
2.2.1 Spektroskopische Grundlagen
Trifft Licht mit einer geeigneten Frequenz ν auf ein Molekül im Grundzustand so kann es absorbiert werden und das Molekül in einen angeregten
Zustand überführen. Das Molekül kann durch Lichtemission oder durch
andere Prozesse wieder in den Grundzustand zurückkehren. Die durch
Elektronenübergänge verursachten photophysikalischen Prozesse können im
Jablonski-Termschema zusammengefasst werden (Abbildung 12).
Absorption: Übergang vom Grundzustand in einen angeregten Zustand.
Innere Umwandlung (internal conversion, IC): Strahlungsloser isoenergetischer Übergang zwischen verschiedenen angeregten Elektronenzuständen
gleicher Spinmultiplizität. Durch thermische Äquilibrierung kann das
Molekül weiter in den Schwingungsgrundzustand relaxieren.
Fluoreszenz: Durch Abgabe elektromagnetischer Strahlung kann das
Molekül aus dem elektrisch angeregten Zustand S1 in die verschiedenen
Schwingungszustände des S0-Zustandes zurückkehren. Die freiwerdende
Strahlung ist aufgrund der strahlungslosen Energieverluste energieärmer als
die Anregung, also rotverschoben.
Interkombinationsübergang (intersystem crossing): Es findet ein
Übergang zwischen angeregten Zuständen unterschiedlicher Spinmultiplizität
statt und relaxiert meist weiter durch vibratorische Relaxation. Nach dem
Pauli-Prinzip ist dies ein verbotener Übergang, da er mit einer Spinumkehr
verbunden ist.
Phosphoreszenz: Emission elektromagnetischer Strahlung bei der Desaktivierung T1S0. Da der T1-Zustand energieärmer ist als der S1-Zustand,
erscheint Phosphoreszenzlicht gegenüber dem Fluoreszenzlicht rotverschoben.
Photoreaktion: Das Anregungslicht kann auch für eine chemische Reaktion
ausgenutzt werden. Dabei wird die aufgenommene Energie genutzt, um z.B.
Radikale zu bilden.
Resonante Energieübertragung: Die Energie der Fluoreszenzstrahlung
kann direkt auf ein benachbartes Molekül (Fluoreszenzlöscher, Quencher),
z.B. durch Stöße oder Dipol-Dipol-Wechselwirkungen übertragen werden,
wobei die Emission von Licht unterbleibt [Chance (1978)].
32
2 Theoretischer Teil
Abbildung 12: Jablonski-Termschema.
2.2.2 Reflexion und Brechung von Licht
Trifft ein Lichtstrahl unter einem Winkel α auf eine Grenzfläche zweier
Medien mit den Brechungsindices n1 und n2, wobei n2>n1 sei, so wird ein Teil
des Lichtes reflektiert und ein Teil transmittiert. Der transmittierte Teil wird
dabei gebrochen.
Abbildung 13: Reflexion und Brechung (Einfallswinkel α, Ausfallswinkel α‘, Grenzwinkel
αT, Winkel des gebrochenen Lichtstrahls β, Brechungsindices der zwei
Medien n1 und n2, Intensität des einfallenden Lichts I0, Intensität des
reflektierten Lichts Ir).
33
2 Theoretischer Teil
Reflexion
Für den reflektierten Teil des Lichtes ist der Einfallswinkel α gleich dem
Ausfallswinkel α‘. Die Reflektivität R der Grenzfläche ist nach Gleichung 1
das Verhältnis von der reflektierten Intensität Ir zur eingestrahlten Lichtintensität Ie.
R =
Ir
Ie
(Gleichung 1)
Das Reflexionsvermögen für die senkrecht bzw. parallel zur Einfallsebene
stehende Komponente des Lichtes kann unterschiedlich sein und hängt nach
den FRESNEL-Formeln (Gleichung 2 und 3) sowohl vom Einfallswinkel α,
von den Brechungsindizes n1 und n2 als auch von der Polarisation der
einfallenden Welle ab [Demtröder (2004)].
2
⎛ n cos α − n1 cos β ⎞
Rs = ⎜ 2
⎟
⎝ n1 cos α − n2 cos β ⎠
⎛ n cos α − n2 cos β ⎞
Rp = ⎜ 1
⎟
⎝ n2 cos α − n1 cos β ⎠
(Gleichung 2)
2
(Gleichung 3)
Brechung
Für den gebrochenen Teil des Lichtes gilt das Brechungsgesetz nach Snellius (Gleichung 4). Tritt ein Lichtstrahl von einem optisch dünneren Medium
(n1) in ein optisch dichteres Medium (n2), wird das Licht zum Einfallslot hin
gebrochen. Tritt das Licht hingegen von einem dichteren in ein dünneres
Medium ein, so wird es vom Einfallslot weg gebrochen, und zwar immer
stärker je schräger es einfällt bis schließlich nach dem Überschreiten des
Grenzwinkels αT Totalreflexion eintritt (Gleichung 5).
sin α n2
=
sin β n1
sin α T =
n2
sin90°
n1
(Gleichung 4)
(Gleichung 5)
Brechungsindex
Der Brechungsindex n eines Mediums ist das Verhältnis der Phasengeschwindigkeit c des Lichtes im Vakuum zur Phasengeschwindigkeit c‘ des
Lichtes im Medium (Gleichung 6). Dabei hängt n auch von der Wellenlänge
des Lichtes ab (Dispersion). Mikroskopisch betrachtet findet man, dass der
34
2 Theoretischer Teil
Brechungsindex eine komplexe Größe ist und außer von der Wellenlänge
auch noch stark von der Temperatur abhängig ist.
n=
c
c '(n)
(Gleichung 6)
2.2.3 TIRF - Fluoreszenzanregung mit interner Totalreflexion
Ein einfallender Lichtstrahl wird nach Überschreiten des Grenzwinkels αT
totalreflektiert (siehe Kapitel 2.2.2). Hierbei entsteht ein elektromagnetisches
Feld, das sogenannte „evaneszente Feld“, das über eine kurze Distanz in das
flüssige Medium eindringt und sich parallel zur Oberfläche der Einfallsebene
fortsetzt. Das evaneszente Feld ist im Stande fluoreszente Moleküle anzuregen, die sich nahe der Oberfläche befinden. Dieser Effekt wird als Beweis für
das Entstehen einer evaneszenten Welle gesehen [Wood (1934)].
Die Intensität des evaneszenten elektrischen Felds I(z) fällt exponentiell
senkrecht zur Einfallsebene mit der Distanz z ab:
I( z) = I0e−z / d
(Gleichung 7)
wobei
d=
−1 / 2
λ0 2
⎡n1 sin2 Θ − n22 ⎤
⎦
4π ⎣
für Einfallswinkel
Θ > Θc
(Gleichung 8)
und Wellenlängen im Vakuum
λ0 .
Die Eindringtiefe d ist unabhängig von der Polarisation des einfallenden
Lichts und nimmt mit ansteigendem Θ ab. Mit Ausnahme von Θ≅Θc (wo
d→∞), ist d in der Größenordnung von λ0 oder kleiner.
Die Intensität bei z=0, I0, hängt sowohl vom Einfallswinkel Θ als auch von
der Polarisation des einfallenden Strahls ab. I0 ist proportional zum Quadrat
der Amplitude des evaneszenten elektrischen Feldes E bei z=0.
Die Intensität des evaneszenten Feldes, das Fluorophore anregt, ist gegeben
durch ⏐E⏐2 [Carniglia et al. (1972)]. Im Allgemeinen ist der Energiefluss des
elektromagnetischen Feldes durch den Realteil des Poynting-Vektors
gegeben, S=(c/4π)E×H, wobei H das magnetische Feld ist. Für ein quer
verlaufendes Feld ist ⏐S⏐ proportional zu ⏐E⏐2. Für eine evaneszente Welle
ist ⏐S⏐ nicht proportional zu ⏐E⏐2.
35
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