Täterschaft und Teilnahme = Beteiligung (§§ 25 – 31 StGB) Begriffe: Täter, Mittäter, Nebentäter, mittelbarer Täter, Täter hinter dem Täter, Tatplan, Tatherrschaft, Beteiligung, Teilnehmer, Anstiftung, Anstifter, Kettenanstiftung, Beihilfe, psychische Beihilfe, Gehilfe, limitierte Akzessorietät, strafbarkeitsbegründend/strafbarkeitserhöhend, -mildernd oder -ausschließend, besondere persönliche Merkmale, eigene Schuld, bereit erklären, das Erbieten, Aufgeben, Abwenden, Verhindern, Freiwilligkeit, Ernsthaftigkeit 2 Ein Blick ins Gesetz • • • • • • • • § 25 I Alt. 1, 2 – Einzeltäter, mittelbarer Täter § 25 II - Mittäterschaft § 26 – Anstiftung § 27 – Beihilfe § 28 I, II Strafbarkeit des Beteiligten § 29 Nochmals: Strafbarkeit des Beteiligten § 30 Versuchte Teilnahme § 31 Rücktritt vom Versuch der Beteiligung 3 DD – Dualismus & Definitionen • Täter • Teilnehmer (Beide sind „Beteiligte“ – vgl. z. B. § 224 I Nr. 4) Legaldefinitionen: § 28 II: „ … für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer) …“ § 28 I: „ … Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) …“ 4 Alternative 1: z. B. OWiG • Einheitstäter: O und Ö = • § 14 OWiG (Was sind „OWis“? Vgl. § 1 OWiG (L!), früher: Übertretungen, §§ 360 ff. StGB (1871) – (L!) z. B. I Nr. 11: ruhestörender Lärm, grober Unfug, Nr. 13: Tierquälerei oder § 370 I Nr. 4: unbefugtes Fischen und Krebsen, Nr. 5: „Mundraub“ = „Nahrungs- und Genussmittel von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Verbrauche“ entwenden (von „oben nach unten“ und in der Ehe: straflos, vgl. aber § 223 II a. F.) 5 Alternative 2: z. B. ÖStGB • § 14 I OWiG: Beteiligen sich mehrere an einer Ordnungswidrigkeit, so handelt jeder von ihnen ordnungswidrig. (L!) • § 12 ÖStGB „Nicht nur der unmittelbare Täter begeht die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt“ = Täterdefinition = alle sind Täter = Einheitstäter (Differenzierung im Rahmen der Strafzumessung) 6 Vergleich • Dualismus (größere Exaktheit [im TB] = mehr Gerechtigkeit?) • Worauf kommt es bei einer Verurteilung an? • Schuldspruch und Strafausspruch • Täter – Anstifter – Gehilfe (Vgl. Strafe) • Nochmals sorgfältig lesen: § 26 ! Strafmilderung § 27 7 § 25 I • 1. Alt.: Alleintäter, typ. Täter (auch Nebentäter, d. h. Fälle, in denen Beteiligte unabhängig voneinander den Erfolg herbeiführen) • Streng genommen: in jeder Prüfung ist § 25 I zu nennen, aber: Was sonst, wenn nicht Täter? • 2. Alt: mittelbarer Täter (durch einen anderen) Werkzeug/Tatmittler/Defekt/Unterlegenheit 8 § 25 II • Mittäterschaft • Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (Definition Vorsatz?) • Arbeits-, Rollenteilung • Gemeinsamer Tatentschluss (vgl. Versuch) = gemeinsamer Tatplan • Gemeinsame Tatbestandsverwirklichung = gemeinsame Tatausführung 9 §§ 26, 27 • • • • Anstiftung (L!) und Beihilfe (L!) Teilnahme (schon begrifflich: woran?) Akzessorietät (Abhängigkeit) v. Haupttat (L!): vorsätzliche und rechtswidrige Tat (vgl. zur rewi Tat § 11 I Nr. 5) • Folge: fehlender Tatbestand (Suizid), fehlender Vorsatz (Fahrlässigkeit), fehlende Rechtswidrigkeit (Rechtfertigung) = keine Teilnahme 10 Man muss das Zeug dazu haben … Tauglichkeit zum Täter (vgl. § 316, §§ 11 f. FEV) • Vgl. Einteilung der Delikte: sog. Sonderdelikte • §§ 203 I, 266 a I, §§ 331 ff, 339 ff. • Erinnerung: § 340 (unecht SondD – Warum?), s. a. § 258a (Deliktsgruppe? Welche unechten Delikte kennen Sie noch?) • Fehlende Eigenschaft: max. Teilnehmer • … oder das Delikt sich eignen: Eigenhändigkeit: § 323a „sich“, §§ 153 ff., § 173, § 142, § 339 11 Abgrenzung TuT • Folge des Dualismus: Entscheidung, ob Täter o. Teilnehmer (Rengier: erhebliche Probleme, umstritten) – Könnte man sich mit einem Einheitstäter sparen … • Tatsächliches Geschehen vs. innere Haltung • Rein (extrem) objektiv: Verwirklichung des Tatbestandes (Problem: Mittelbarer Täter wäre kein Täter; allerdings ließe sich darin auch eine gesetzlich angeordnete Ausnahme sehen) • Rein (extrem) subjektiv: Täterwille (RGSt 74, 84 [Badewannenfall], Hartung, JZ 54, 430; BGHSt 18, 87) 12 Tatherrschaftslehre • Deskriptiv-definierend: Das vom Vorsatz (= Wi&Wo obj. TB) umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes • Handlungs- (§ 25 I 1. Alt), Wissens-, Willens-, Organisat.-Herrschaft (§ 25 I 2. Alt.) bzw. funktionelle Tatherrschaft (§ 25 II) • Täter als Zentralgestalt (planvoll = Tatplan) lenkend, mitgestaltend, hemmen/ablaufen • Teilnehmer als Randfigur ohne Tatherrschaft • Subjektiv: Wille o. fehlend. Wille zur Tatherrschaft 13 Subjektive „Theorie“ (RSpr) • Auch hier: Schlag- o. Stichworte (nicht Waffen!): • Täter ist, wer mit Täterwillen (animus auctoris) handelt, die Tat als eigene will („Mein Haus, mein Auto, meine Tat“?) • Teilnehmer, wer mit Teilnehmerwillen (animus socii) handelt, die Tat als fremde fördern o. veranlassen will (theoretisches Konzept einer expost-Betrachtung) – denn welcher Täter denkt in diesen Kategorien („Ich will diese Tat als fremde fördern …“)? 14 „Objektivierung“ • Wertende Gesamtbetrachtung (Vorteil: sämtliche Umstände des einzelnen Falles können berücksichtigt werden) • Parameter: Grad des Interesses am Taterfolg, Umfang an der Beteiligung, Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu • Daraus folgt: Vermischung/Vermengung/Kombination • Entscheidend bei Abgrenzung: § 25 II zu 27 • Gutachten: Täterschaft vor Teilnahme 15 Problem: Mittäter trotz Beitrag vor der Tat • Wann muss der Tatbeitrag (nicht Beihilfe!) geleistet werden? • Fortwirken während der Tat • Stärkeres Gewicht: Plus in der Vorbereitung • Klassiker: Beuteanteil und Schmiere stehen sowie der Bandenchef, mit oder ohne Mobiltelefon in der Oper o. ä • Warum hilft § 8 nicht? Was folgt aus § 8? 16 Alleintäterschaft, § 25 I 1. Alt. • * * Bedarf keiner weiteren Erläuterung 17 (§ 25 I 1. Alt.) NEBENTätersch. (§ 25 I 1. Alt.) • derselbe Erfolg • Fälle alternativer Kausalität (Vorsatz) • Fälle auf Fahrlässigkeit folgender Vorsatz (Waffe) • Fahrlässigkeit und Fahrlässigkeit • Täter hinter dem Täter 18 § 25 II • Mittäterschaft: Bewusstes und gewolltes Zusammenwirken, Arbeits-, Rollenteilung, gemeinsam: Tatentschluss u. Tatbestandsverwirklichung (s. o.) • Ausdrücklich/konkludent, einseitig: Beihilfe • Sukzessive Mittäterschaft möglich (während) • Zwischen Vollendung und Beendigung? (Dazu BGHSt 54, 69, 129, NStZ 08, 280; 09, 631; RR 14, 73 [L!]) • Objektiv: Tatbeitrag, Zurechnung, Arbeitsteilung z. B. Raub: A Gewalt, B Wegnahme 19 Einzelheiten: Tatplan • Wichtig, s. o., tauglicher Täter und Absichten (§§ 242, 249, 252, 263) ansonsten § 25 II (-), ebenso bzgl. § 18 (vgl. § 227), täterspezifische Qualifikationsmerkmale • Tatplan als Tatentschluss: Koinzidenzprinzip ... (muss bei Begehung noch vorhanden sein): Aussteigerfälle (Vorbereitung (§ 25 II [-], aber § 30 II bzw. Fortwirken), Versuchsstadium - § 24 II • Unbeachtlichkeit des Irrtums eines Mittäters, wenn weiteres Handeln i. R. des Tatplanes • Tatbezog. QualifikatMerkmale (Vorsatz = Tatplan) 20 Exzess eines Mittäters • Grundsätzlich keine Zurechnung (Tatplan), Ausnahme bei Gefährdungen und nahe liegendem Erfolgseintritt/Gleichgültigkeit/ Substitution durch gleichwertige Handlungen Tatplan: A, B: §§ 223, 25 II, Tat: B: + § 211 • Abzugrenzen von teilweiser Mittäterschaft: • A, B: § 212, B: subj. MM = § 211 • A, B: § 223, A: gef. Werkzeug = § 224 I Nr. 2 • BGHSt 11, 268 (s. Rengier, AT, § 44, Rz. 32 ff.) 21 Tatausführung • Zeitgleich, am Ort? Mitwirkung bei der Ausführg? • Objektiver, wesentlicher, fördernder (?) Tatbeitrag (Diskussion s. o.) • Wie wichtig ist das Auto, die Waffe … Wertung • Nochmals: Theorien „entstehen“ durch Fälle, auf die das Gesetz angewendet wird. Dessen Merkmale werden definiert. Darunter wird subsumiert. 22 Prüfung Einzeln oder zusammen? - Systematisch: Jeder Mittäter ist Täter, daher im Zweifel getrennt - Schwerpunkt bei einem Beteiligten: als Einzeltäter - Mehrere handeln wie eine Person: § 25 II - Zusammensetzung zu einer Tat (Arbeitsteilung): Einzeln, dann zusammen bzw. gleich zusammen - Abgrenzung Täterschaft-Teilnahme immer unter § 25 (II), nie unter § 27 (§ 26)! - Nie abstrakt prüfen (Tatplan enthält d. Wort Tat)! 23 § 25 I 2. Alt. • Durch einen anderen die Tat begehen – Werk des Hintermannes, Tatmittler, Werkzeug, Defekt • planvolles in den Händen Halten des Gesamtgeschehens kraft lenkenden Willens • Auch hier: Täterqualität, d. h. nicht bei eigenhändigen Delikten o. Sonderdelikten 24 Einzelne Konstellationen • Tatbestandslos (BGHSt 30, 363 [Raub-Mord]; 32, 38 [Siriusfall] Werkzeug gegen sich selbst – wichtig „einen (anderen) Menschen tötet“ vgl. § 26 [!], s. a. BGHSt 43, 177) • vorsatzlos/absichtslos (z. B. § 242) • rechtmäßig (z. B. §§ 112, 127 StPO) • schuldunfähig (Verbotsirrtum, unvermeidbar) – Anstiftung möglich! Freiverantwortliches Opfer? 25 Ausnahmen • Täter hinter dem Täter = zwei Täter • Mittelbare Täterschaft kraft organisatorischen Machtapparats • NS-Unrechtstaten und DDR-Unrecht • 1. Hierarchische Struktur, 2. Rechtsgelöstheit, 3. Fungibilität (Austauschbarkeit [Rädchen im Getriebe“]), 4. erhöhte, organisationsspezifische Tatgeneigtheit (a. A. Anstiftung, Mittäterschaft) • Rechtsprechung: auch in Wirtschaftsunternehmen – a. A. wohl h. M. • BGHSt 35, 347 (Katzenkönig): vermeid. VerbotsIrr. 26 Mittelbare Täterschaft und Irrtum • Grundlage: Es sind zwei Menschen beteiligt, so dass es zu Missverständnissen (Irrtum über das Werkzeug) kommen kann • Unbeachtlich: Anstiftung eines unerkennbar schuldlos Handelnden, vgl. § 26 StGB [L!] (Hintermann: Tatherrschaft ohne Willen dazu – unproblemat, v. a. weil SchuldUnfäh nicht HandlUnfäh meint) • Ebenso: Hintermann stellt sich SchuldUnfähigk vor, Werkzeug aber schuldfäh = Anstiftung (obj.) – Versuch der Tat in mittelbarer Täterschaft? Entscheid ist unmitt. Ansetzen 27 • Annahme der „Bösgläubigkeit“ des Vordermannes, z. B. § 164 StGB: H glaubt, V wisse, dass der Tatvorwurf gegen D falsch ist und bestimmt ihn zur Anzeige: § 25 I 2. Alt. (-), da nur Vorsatz bzgl. § 26 – aber §§ 164, 26 (-), weil keine vorsätzliche Haupttat. § 30 nur für Verbrechen = Gesetzeslücke, nicht unerträgl • Annahme der „Gutgläubigkeit“ (= vorsätzl.) – nach subj. Theorie: Täterschaft (Wille), TatherrschL (-) Folge: § 26 (Anstiftervorsatz als wesengleiches Minus – a. A. Verstoß gg § 1, Art. 103 II GG 28 • Anders §§ 160, 271: täterschaftliches Handeln geringer bestraft als Anstiftung (§§ 154, 348) mit Tatherrschaft Handelnder darf nicht schlechter gestellt werden, weil Werkzeug nicht gutglaubig war = Vertrauensschutz des Täters (Fall: Beulke, KK III, Rz. 531) • Objektverwechslung dch Werkzeug als aberratio ictus (h. M.) – die Tat geht fehl, also Versuch und Fahrlässigkeit (Strafrahmen) a. A.: bei Auswahlermessen des Werkzeugs ist dessen Irrtum unbeachtlich (error i. p. v. o.) 29 Vorschau: 11./12. November • Anstiftung und Beihilfe • Akzessorietät • Versuchte Teilnahme und Rücktritt 30