Referat Dipl.-Ing. Dr. techn. Siegfried Koller Der Ombudsmann an der Technischen Universität Graz: Die Wirklichkeit / die Umsetzung Erfahrungen aus 13 Monaten Tätigkeit „Und sollte es Probleme im Studienbetrieb geben, so steht Ihnen eine von uns freiwillig eingerichtete Ombudsstelle zur Verfügung“, mit diesen Worten anlässlich seiner Inaugurationsrede hat Altrektor Sünkel schon im Jahre 2004 diese Einrichtung verkündet. Es dauerte dann aber doch noch 8 Jahre, bis Rektor Kainz diese unabhängige Stelle dafür schuf und besetzte. Die Dienstleistung wurde dem Kollegialorgan Senat zur Aufgabenerfüllung im Rahmen der Beratungstätigkeit für Studierende und des Senates zur Verfügung gestellt. Der Senat brauchte dann noch ein halbes Jahr, bis die Aufgaben und Rechte der Ombudsstelle definiert waren und der Vorschlag des Rektors einer unabhängigen Person für diese Funktion angenommen wurde. Ein ombud (aus dem Schwedischen für „Vollmacht, Sachwalter, Treuhänder“) ist eine häufig ehrenamtliche Aufgabe einer Person, in einer Organisation oder in der Öffentlichkeit bei bestimmten Themen eine ungerechte Behandlung von Personengruppen zu verhindern. So gesehen bedeutet ein solches Amt eine unparteiische Vorgehensweise bei Streitfragen – unter Berücksichtigung der Interessen von Personen, deren Belange als Gruppe infolge eines fehlenden Sprachrohrs ansonsten wenig beachtet würden. In seiner Funktion ermöglicht der Ombudsmann, Streitfälle in verschiedensten Bereichen und ohne großen bürokratischen Aufwand zu schlichten. Dies geschieht durch: eine unabhängige Betrachtung des Streitfalles, Abwägung der von beiden Seiten vorgebrachten Argumente, Vergleich von Schaden, Aufwand und Kostenfaktoren, Erreichen einer zufriedenstellenden Lösung, oder Aussprechen einer empfohlenen Lösung für den entsprechenden Fall. Die Dienste eines Ombudsmanns sind kostenfrei. Sie können von jedermann in Anspruch genommen werden. In der Regel nimmt er Beschwerden im persönlichen Gespräch auf und prüft, ob die andere Seite rechtlich einwandfrei und fair gehandelt hat. Er sucht dann nach einer gerechten und von allen Seiten akzeptierten Lösung, die er in der Form von Empfehlungen ausspricht. Dies gelingt auch manchmal mit dem Mittel der Mediation, wenn von beiden Seiten Lösungs- oder Kompromissvorschläge akzeptiert werden. Ein Ombudsman für die Wissenschaft wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingerichtet. Er bearbeitet Fragen der guten wissenschaftlichen Praxis und des wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Er steht allen wissenschaftlich Tätigen offen, unabhängig von einer Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Auch an der TU Graz gibt es schon seit mehr als 6 Jahren eine „Commission for Scientific Integrity and Ethics“, die für Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens zuständig ist. Meine Stelle wurde in erster Linie für Studierende und ihre Probleme mit der Universität geschaffen. Dazu wurden die Aufgabenbereiche wie folgt definiert: Aufnahme von Kritik, Beschwerden und Anregungen von Studierenden und Weiterleitung an die zuständigen Stellen Zugangsregelungen, Aufnahmeverfahren an der Universität Allgemeine Studienangelegenheiten (Studienangebote, Studienwahl) Studienrechtliches (Universitätsgesetz, Verordnungen und Erlässe, Prüfungswesen) Studienbedingungen Studienwechsel Laufende Berichterstattung im nicht-öffentlichen Teil der Senatssitzungen. Jährlicher schriftlicher Bericht an den Senat. Der Ombudsmann ist in der Gestaltung seiner Dienste frei und an keinerlei Weisungen hinsichtlich des Arbeitsablaufes oder der Arbeitszeit gebunden. Somit konnte ich im März des vergangenen Jahres mit dieser Tätigkeit beginnen und ich möchte Ihnen nun kurz ein paar Anlassfälle schildern, die großteils positiv abgeschlossen werden konnten: Studierende bemängelten Defizite bei der Betreuung ihrer Masterarbeiten, das Mobbing zwischen studentischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen erforderte Gespräche mit Institutsmitgliedern und Vorstand der Organisationseinheit, die Rücknahme der Betreuungszusage einer Dissertation bedurfte der Suche nach Lösungsmöglichkeiten in Gesprächen mit Betroffenem und Betreuer. Weiters gab es immer wieder Beratungen bei Studienwechsel, zur Studienberechtigungsprüfung und bei letztmaligen Prüfungsantritten. Eine Studierende wurde nicht zum Studium zugelassen, weil sie das Aufnahmeverfahren versäumt hat. Die Frage „Wie sieht es aus mit dem Vorschlagsrecht der Kandidatin, des Kandidaten für Prüfer bei kommissionellen Prüfungen ?“ wird mein nächstes Thema mit den Studiendekanen sein. Das waren Routinefälle, einen besonderen möchte ich Ihnen nun schildern und ins Detail gehen: Am Ende des vergangenen Sommersemesters informierten mich Studierende über eine auffällige Lehrveranstaltung - das sind Lehrveranstaltungen mit besonders hohen Durchfallsraten, die damit einen Aufstau von Lehrveranstaltungsteilnehmern von mehreren Jahrgängen verursachen und zugleich auch zu vielen kommissionellen Prüfungen führen. Ich stellte dazu eine Prüfungshistorie und die Teilnehmerzahlen der auffälligen Lehrveranstaltung zusammen und informierte den betreffenden Studiendekan. Zum Jahresende kam es dann erneut zu einem Problem bei einer letzten Prüfungswiederholung der letzten Lehrveranstaltung eines BachelorStudierenden bei dieser auffälligen Lehrveranstaltung. Er war beim 4. und 5. Antritt zur schriftlichen Prüfung positiv, wurde aber jedesmal mündlich hinausgeprüft, obwohl laut Lehrveranstaltungsbeschreibung nur eine schriftliche Prüfung vorzusehen war. Die Prüfungskommission ließ sich nicht von Verfahrensmängel bei der Durchführung der kommissionellen Prüfung überzeugen und es wurde nur ein Kompromiss erzielt: Die kommissionellen Prüfungsantritte wurden für nichtig erklärt und der Studierende darf noch zweimal kommissionell antreten, wird aber dann schriftlich und mündlich geprüft. Dies führte zu einer generellen Diskussion über die Art der Prüfungen. Erfolgt die Prüfung über eine Vorlesung nur schriftlich, warum wird bei der 3. und damit kommissionellen Wiederholung auch noch mündlich geprüft, wenn das schriftliche Ergebnis schon positiv ist und der Studierende damit nachgewiesen hat, dass er mit dieser Leistung bei den ersten drei Antritten ja die Lehrveranstaltung positiv abgeschlossen hätte. Das ist meines Erachtens eine Ungleichbehandlung mit der Meinung, dass ein schon mehrmals negativ beurteilter Kandidat strenger geprüft werden soll. Bei nur schriftlich abzuhaltenden kommissionellen Prüfungen darf es nur dann zu einer zusätzlichen mündlichen Prüfung kommen, wenn dies im Interesse des bzw. der Studierenden steht, um damit die negative Beurteilung ausbessern zu können. Das wäre eine Regelung, die in einem Richtlinienkatalog aufzunehmen wäre, damit sie nicht wieder in Vergessenheit fällt, wie manche andere schon einmal getroffene Lösungen. Das brächte der TU Graz bestimmt Anerkennung und setzte ein Signal für die Kundenfreundlichkeit der Universität. Werte Damen und Herren, sie sehen, bei den Problemen der Studierenden bleibt es nicht selten nicht nur bei einem guten Rat, sondern manche Abläufe im Universitätsleben bedürfen auch klarerer Linien und objektiver Betrachtungen für korrekte Entscheidungen. In meiner 40-jährigen aktiven Dienstzeit an der TU Graz habe ich in zahlreichen Funktionen soviel Erfahrung sammeln können, dass mich nach meiner Versetzung in den Ruhestand dieser Umstand und Rektor Kainz dazu bewogen haben, der TU Graz und ihren Studierenden auf deren Weg vom Kunden zum Partner der TU Graz noch ein paar Jahre zu dienen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Graz, 30. April 2014