Horzinek / Schmidt / Lutz Krankheiten der Katze

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Horzinek / Schmidt / Lutz
Krankheiten der Katze
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Krankheiten der Katze
of Horzinek / Schmidt / Lutz
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11.8 Verletzungen
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A 33 Zwei U-Nähte umschlingen die Canini.
A 35 Röntgenaufnahme einer einseitigen Luxation der
Mandibula nach rostal.
nach hinten, weil dort der Processus retroarticularis
einen Widerstand darstellt.
A 34 Adaption des Hautlappens. Im Incisivusbereich
wurden zusätzliche Fixationsnähte um die Schneidezähne gelegt.
den Unterkiefer (A 34). Antibiotische Nachbehandlung (Suanatem®) ist empfehlenswert. Die Nähte
können nach 10–14 Tagen entfernt werden. In seltenen Fällen kann die Anheilung mehrere Wochen dauern, nach eigenen Erfahrungen ist dies nur in Fällen
mit Immundefizienz (virale Infekte) zu erwarten.
11.8.2 Kieferluxation
Die isolierte Kieferluxation kommt äußerst selten
vor, meistens handelt es sich um Kieferfrakturen oder
Frakturluxationen. Die Diagnose kann neben den
typischen klinischen Symptomen der elastischen
Fixation in abnormer Stellung (meist seitliche Verschiebung) vor allem durch die Röntgenaufnahme
gestellt werden. Von besonderer Bedeutung ist hier
die dorsoventrale Richtung, weil sich die Strukturen
nicht so stark überlagern. Die meist einseitigen Luxationen nach vorne (A 35) treten häufiger auf als die
11.8.3 Kieferfrakturen und Frakturluxationen
Pathogenese. Kiefer- und Schädelfrakturen kommen
bei der Katze außer bei Autounfällen oder (seltener)
Raufereien besonders nach Fensterstürzen vor. Unserer Erfahrung nach sind besonders der 2. bis 4. Stock
gefährlich, weil im 1. Stock die Höhe für ernste Verletzungen meist zu gering ist, andererseits über dem
4. Stockwerk die „Flugdauer“ so lang ist, dass die Katze weniger mit dem Kopf als nach der Orientierungsphase während des Fluges mit den Extremitäten aufkommt und daher Verletzungen der Extremitäten
sowie das thorakale Trauma im Vordergrund stehen
(s. Kap. 25.6.1).
Symptomatik. Symphysenfrakturen des Unterkiefers können leicht durch den Frakturspalt, der zwischen beiden mittleren Incisivi bis zur Unterlippe
reicht, erkannt werden (A 36). Die Mandibulahälften
sind mit oder ohne Krepitation gegeneinander verschieblich. Die Therapie besteht im Anlegen einer
Drahtschlinge in Achterform quer zwischen den Canini. Ist damit keine gute Fixation zu erzielen (Schlinge
rutscht über die Canini oder drückt diese zu eng
zueinander), so kann mit der subgingivalen Draht-
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11 Krankheiten der Mundhöhle, der Kiefer und der Zähne
schlingenmethode meist ein gutes Ergebnis erzielt
werden. Dazu wird der Cerclagendraht mittels einer
subgingival eingeführten, gebogenen Injektionsnadel
(A 37) um den Unterkieferknochen geführt und dann
hinter den Canini verdrillt (A 38 und 39). Nur bei
Trümmerfrakturen ist die Anfertigung einer Parapulpärstift-Composite-Brücke empfehlenswert (s.
26.9.1.2).
Frakturen des Corpus oder Ramus mandibulae sind
an der (zumeist aboralen und/oder seitlichen) Verlagerung des Unterkiefers erkennbar. Im Gegensatz zur
isolierten Luxation des Kiefergelenks sind diese Verlagerungen nicht dauerhaft reponierbar. Bedingt
durch die Zugkräfte der Kaumuskulatur, stellt sich die
Verlagerung sofort nach Reposition voll oder teilweise wieder ein. Krepitation ist aber nicht immer
feststellbar, subgingivale oder periartikuläre Hämatome sind ein wichtiger Hinweis auf die Frakturstelle.
Röntgenologische Diagnostik. In jedem Fall sind
sowohl dorso-ventrale als auch latero-laterale Auf-
nahmen herzustellen. Die häufig auftretenden Frakturen der Mandibula hinter den Canini sind meist
besonders gut in der seitlichen Aufnahme zu sehen
(A 40). Frakturen des Processus condylaris sowie
Frakturluxationen des Kiefergelenks sind in der dorso-ventralen Aufnahme sicherer zu erkennen (A 41),
weil die Gelenkwalze sich in ihrer vollen Breite ohne
Überprojektion darstellt. Die besonders häufig vorkommenden Lokalisationen bei Mandibulafrakturen
sind in A 42 dargestellt.
Therapie. Bei kooperativen Patienten kann der Kiefer in eher seltenen Fällen durch Zubinden des Fanges
mit einer gekreuzten Schlinge konservativ ruhiggestellt werden (A 43). Bei der operativen Therapie (s.
26.9.1.2) können Kieferfrakturen (A 44) durch Cerclagen, spezielle Drahtnähte, Platten, Bohrdrähte und
extrakutane Schienung fixiert werden. Bei letzterer
werden mehrere Bohrdrähte in den Kiefer eingebracht und die vorstehenden Enden mir Acrylat in
orthognather Stellung fixiert.
A 36 Symphysenfraktur des Unterkiefers.
A 37 Eine gebogene Injektionskanüle wird subgingival
am Knochen entlang eingeführt.
A 38 Stahldraht wird durch die Kanüle eingeführt. Die
Nadel wird vorsichtig herausgezogen, der Draht wird
dadurch um die Mandibula geschlungen.
A 39 Der Draht wird verdrillt, die Enden werden umgebogen. Nach 2–3 Wochen kann der Stahldraht entfernt
werden.
11.8 Verletzungen
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A 40 Röntgenaufnahme einer Mandibulafraktur knapp
hinter den Canini.
A 41 Röntgenaufnahme einer beidseitigen Fraktur des
medialen Anteils des Processus condylaris (am besten in
der dorso-ventralen Aufnahme sichtbar).
A 42 Häufig vorkommende Lokalisation von Kieferfrakturen.
A 43 Konservative Frakturbehandlung: Zubinden des
Fanges mit breitem Band.
Nach unseren Erfahrungen ist die nachstehend
beschriebene temporäre Verblockung der Kiefer in
den meisten Fällen für die tierärztliche Praxis
besonders empfehlenswert.
Parapulpärstift-Composite-Brücke nach Zetner:
Nach Reinigung und Desinfektion sowie der Versorgung von Schleimhautverletzungen wird der Unterkiefer mit einem Nadelhalter an den Canini erfasst
und reponiert (A 45). Von jetzt ab muss die Opera-
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11 Krankheiten der Mundhöhle, der Kiefer und der Zähne
A 44 Bilaterale Mandibulafraktur.
A 45 Nach Reposition Einbohren von parapulpären Stiften in die Canini.
A 46 Biegen der parapulpären Stifte.
A 47 Compositebrücke.
tion bei reponierten, geschlossenen Kiefern durchgeführt werden, um eine korrekte, orthognathe Kieferstellung zu erzielen (Ausnahme: Neumann-Variante,
s. später). Vor dem Bohren der parapulpären Kanäle
wird der Schmelz mit einem kleinen Rosenbohrer
(ISO Größe 008) angekörnt. Dazu teilt man den Caninus in der Längsrichtung gedanklich in 3 Teile und
bohrt im vorderen oder hinteren Drittel, um ein Verletzen der Pulpa zu vermeiden. Dann werden im
Oberkiefer- und Unterkiefercaninus an der markierten Stelle bei langsamer Umdrehungszahl (ca.
600/min) und Wasserkühlung die parapulpären
Kanäle mit dem entsprechenden Bohrer vorgebohrt.
Exakte zentrische Führung des Bohrers ist wichtig,
damit der Kanal nicht zu weit wird. Nach Trocknung
der Kanäle werden parapulpäre Stifte (TMS®, Fa.
Whaledent) eingedreht und etwas zueinander gebogen (A 46). Dann werden die Stifte mit lichthärtendem oder autopolymerisierendem Composite verblockt (A 47). Meistens werden beide Kieferhälften
auf diese rasche, einfache Weise fixiert. Die Ernährung mit flüssigem oder breiigem Futter erfolgt
mittels Plastikspritze über die Wangentasche (in sel-
tenen Fällen durch Infusionen). Nach 1–3 Wochen
werden die Brücken nach Dünnschleifen des Composites mit einer Zange abgenommen und die Parapulpärstifte nach Absetzen in Höhe der Schmelzoberfläche poliert (A 48). Ein kosmetisch besseres Resultat
ist erzielbar, wenn die Stifte herausgedreht und die
Löcher mit Composite gefüllt werden.
A 48 Abnahme der Compositebrücke nach 2 Wochen.
Orthognathe Kieferstellung.
11.10 Ernährung
Bei der Variante nach Neumann werden die Kiefer
in halboffener Stellung fixiert. Vorteil: Katzen können
flüssige und halbflüssige Nahrung selbst aufnehmen.
Nachteil: Geringste Verkantung bei der Fixation führt
zu Kiefersperre nach Abnahme der Brücke (Anisognathie), daher nur für den erfahrenen Behandler empfehlenswert.
Bei Behinderung der Nasenatmung (Epistaxis,
Palatoschisis mit Schwellung) ist mit der Anwendung
der geschlossenen Operationstechnik abzuwarten,
bis Nasenatmung möglich ist oder die Kiefer in halbgeschlossener Stellung zu fixieren.
Die Prognose ist meistens günstig. Eine genaue
Beschreibung dieser Methode ist in der Literatur und
im Videofilm zu finden.
331
11.10 Ernährung
So genannte Gaumenspalten kommen nach Fensterstürzen häufig vor. Nach Aufnahme flüssiger Nahrung
tritt diese bei den Nasenlöchern wieder aus. Die
meisten Gaumenspalten heilen unter antibiotischem
Schutz innerhalb von 1–3 Wochen spontan ohne
Komplikationen aus. Bei besonders großen Defekten
kann die Lücke nach Mobilisierung der Schleimhaut
und Anlegen von bilateralen Entlastungsschnitten
median verschlossen werden. Die Nasenöffnungen
müssen immer frei gehalten werden.
Unserer Erfahrung nach ist die Funktion des Immunsystems der wichtigste regulierende Faktor für die
Verhinderung von Plaque, Zahnstein, Gingivitis, Parodontitis und Stomatitis. Diese Funktion kann nicht
nur durch Infektionen (meist viraler Natur), sondern
auch durch falsche, unausgewogene Ernährung
gestört werden. Darüber hinaus kann die einseitige
Ernährung mit Innereien (Herz, Leber, Nieren)
und/oder Fleisch zu sekundärem alimentären Hyperparathyreoidismus führen, der zuerst an den Kieferknochen zur Entkalkung führt. Auch Hypervitaminose A wurde für vorzeitigen Verlust der Incisiven bei
der Katze verantwortlich gemacht. Bei jeder Mundhöhlensanierung der Katze sollte daher der Tierbesitzer über die artgerechte Ernährung von Katzen und
das richtige Ca/P-Verhältnis aufgeklärt werden.
In einer epidemiologischen Studie in den USA
konnte ein vermehrtes Auftreten von odontoklastischen Resorptionen bestimmter (nicht genannter)
Katzenalleinfutter und Snacks sowie der Aufnahme
von Milchprodukten statistisch zugeordnet werden,
während Katzen mit Gelegenheit zur Jagd unterdurchschnittlich häufig erkrankten. Eine Zuordnung
der Häufigkeit der FORL-Fälle zu bestimmten Futtereigenschaften wie z.B. Härte oder Zusammensetzung
war dagegen nicht möglich.
11.9
Weiterführende Literatur
11.8.4 Palatoschisis traumatica
Narkose
Als Narkotika für Eingriffe in der Mundhöhle können
empfohlen werden:
1. Medetomidin/Ketamin (Domitor®/Ketalar®): 80 µg
Medetomidin und 2,5 mg Ketamin/kg KM i.m.
2. Ketamin-Xylazin (Ketalar®, Rompun®).
Ketamin: 5 mg/kg KM i.m. und Xylazin: 2 mg/kg
KM i.m.
Bei Problemfällen (Alter, Herz-Kreislauf-Schwäche) oder für sehr kurz dauernde Narkosen kann
auch die intravenöse Applikation von 2,5 mg Ketamin und 1 mg Xylazin/kg KM empfohlen werden.
3. Inhalationsnarkose nach Einleitung mit Thiobarbituraten oder Ketamin-Xylazin-Narkose.
Besonders für Risikopatienten empfehlenswert.
Dubielzig, R.: Proliferative Dental and Gingival Diseases of
Dogs and Cats. J. Am. Anim. Hosp. Assoc. 18: 577–584
(1982).
Eisenmenger, E., Zetner, K.: Tierärztliche Zahnheilkunde. Paul
Parey, Berlin-Hamburg 1982.
Fahrenkrug, P.: Handbuch der Zahnbehandlung in der Kleintierpraxis. Albrecht, Aulendorf 1986.
Harvey, C.: Veterinary Dentristry. W.B. Saunders, Philadelphia
1985.
Holzworth, J.: Diseases of the Cat. W.B. Saunders, Philadelphia
1987.
Kraft, W., Dürr, U.M.: Katzenkrankheiten. Schaper, Hannover
1985.
Lane, J.G.: ENT and Oral Surgery of the Dog and Cat. Wright,
Bristol 1982.
Pfeifer, E.G., Kämpfer, M., Neu, H.: Die Behandlung der Chronischen Gingivitis der Katze. Der praktische Tierarzt 2:
29–32 (1988).
Zetner, K.: Tierzahnheilkunde. Videofilme. Fa. Heiland.
Zetner, K.: Die Behandlung von Kieferfrakturen der Katze mit
der Parapulpärstift Composite-Brücke. Kleintierpraxis 32
(1): 1–44 (1987).
Horzinek / Schmidt / Lutz
Krankheiten der Katze
880 pages, hb
publication 2005
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