Endodontische Grenzfälle und ihre therapeutischen Möglichkeiten mittels Nd:YAG-Laser i nt by ht opyrig C All eR ech te Qu Endodontische Grenzfälle und ihre therapeutischen Möglichkeiten mittels Nd:YAG-Laser – Ein Konzept für die tägliche Praxis? ANWENDUNG vo rbe ha lte n e ss e n z Thorsten Kuypers Schlüsselwörter Zusammenfassung Nd:YAG-Laser, Endodontie Die Möglichkeiten, die eine endodontische Behandlung mittels Nd:YAG-Laser zu bieten hat, sind hinlänglich bekannt. In diesen Fallberichten soll die Umsetzbarkeit in der täglichen Praxis beschrieben werden. In unserer Praxis werden Patienten, die unter einer erfolglosen endodontischen Behandlung leiden mittels Nd:YAG-Laser behandelt. Das Konzept der Behandlung ist die Revision der alten Wurzelfüllung, die erneute Aufbereitung der Wurzelkanäle und das Desinfizieren der Kanäle mittels Laser, um eine möglichst perfekte Keimreduktion der Kanäle zu erreichen und den pathologischen Prozess zu stoppen. Das Ziel ist die völlige Wiederherstellung der Funktion des Zahnes, die Schmerzfreiheit und eine Ausheilung der apicalen ostitis. Der Nd:YAG-Laser zeigt nicht nur in wissenschaftlichen Untersuchungen das erfolgreiche Vorgehen bei endodontischen Grenzfällen, sondern eignet sich auch für den Einsatz in der täglichen Praxis. Einleitung In der täglichen Praxis begegnen dem Zahnarzt immer wieder fehlgeschlagene endodontische Fälle. Mit dem klassischen Vorgehen bei einer Wurzelkanalbehandlung kommt man in der Regel auf eine Erfolgsquote von 80%2. Das bedeutet, dass ca. 20% aller endodontisch versorgten Zähne postoperativ Beschwerden verursachen. Es sind meist folgende Symptome zu erkennen: Schmerzen, insbesondere Aufbissbeschwerden, gegebenenfalls eine submuköse Schwellung, evtl. Lockerung des Zahnes und röntgenologisch eine mehr oder minder große Aufhellung meist an der Wurzelspitze. Bei einer Erhaltungswürdigkeit des Zahnes und der Motivation des Patienten, den Zahn retten zu wollen, gibt es zwei klassische Verfahren dies zu erreichen. Es bietet sich zunächst die Revision der alten Wurzelkanalfüllung an, woran anschließend die Kanäle erneut aufbereitet, gespült und mit medikamentösen Einlagen versehen werden. Hiernach wird eine erneute Wurzelkanalfüllung LaserZahnheilkunde 2005; 1/05: 37–42 gelegt.4 Das zweite, sehr weit verbreitete Verfahren ist die chirurgische Intervention in Form der Wurzelspitzenresektion.5 Um unseren Patienten einen chirurgischen Eingriff zu ersparen, wenden wir eine Kombination aus dem Vorgehen der Revision und der Sterilisation der Wurzelkanäle mittels Nd:YAG-Laser an. Hierdurch erreichen wir eine Keimreduktion in der Tiefe der Wurzeldentinschichten. Durch die besondere Eindringtiefe des Laserlichtes von ca. 1 mm, im Vergleich zu Spülungen von ca. 0,1 mm, haben wir entscheidende therapeutische Vorteile gegenüber den konventionellen Vorgehensweisen.1, 3, 6 Klinisches Vorgehen Das klinische Vorgehen richtet sich natürlich nach der Symptomatik des Patienten. In der Regel verläuft es aber immer nach den gleichen Prinzipien. In den meisten Fällen 37 ANWENDUNG Endodontische Grenzfälle und ihre therapeutischen Möglichkeiten mittels Nd:YAG-Laser Qu i nt by ht opyrig C All eR ech te vo rbe ha lte n e ss e n z Abb. 1 Ausgangssituation. Abb. 2 Situation 4 Monate nach WF mit beschriebenem Vorgehen. haben die Patienten starke Schmerzen, so dass ein schnelles Eingreifen notwendig wird. Da in der Terminplanung spontan meist keine ausreichend langen Termine für eine gründliche Revision der alten Wurzelkanalfüllung vorhanden sind, kümmern wir uns während dieses ersten Termins meist nur um die Diagnostik und Indikationsstellung, die Aufklärung über die verschiedenen Behandlungsformen und die Schmerzbehandlung. Haben wir per Anamnese, Röntgendiagnostik und klinischer Tests die Indikation für eine Revision der vorhandenen Wurzelfüllung festgestellt und zeigt sich der Patient nach Aufklärung über Kosten, Behandlungsalternativen und Risiken der Laserbehandlung motiviert, so sorgen wir für eine erste Beseitigung der akuten Schmerzen. Hierzu wird der zu behandelnde Zahn erneut trepaniert, die alte Wurzelkanalfüllung wird so gut es geht mittels Hand- oder Maschinenaufbereitung entfernt und der Zahn wird, wenn nötig, in aller Regel für zwei bis drei Tage offen belassen. Durch den Abfluss von Pus und die gleichzeitige Entlastung des Zahnes kann so eine schnelle Reduktion der Schmerzen erreicht werden. Beim nächsten Termin können wir nun die vollständige Revision der Wurzelfüllung vornehmen. Hierzu wenden wir ein maschinelles Aufbereitungssystem mit Nickel-TitanFeilen an. Wir verwenden den Motor EndoIT in Kombina- tion mit dem Feilensystem Flexmaster (Fa. VDW). Hierbei handelt es sich um ein System, das nach Crown- DownTechnik arbeitet und zum Schluss eine aufbereitete Arbeitslänge von mindestens ISO 35 gewährleistet. Die Bestimmung der Arbeitslänge wird entweder klassisch mittels Röntgenbild ermittelt, oder mittels endometrischer Längenbestimmung. Hierzu benutzen wir das Gerät Raypex (Fa. VDW). Sobald alle Kanäle auf Arbeitslänge mit mindestens ISO 35 aufbereitet, gespült und getrocknet sind, lasern wir jeden Kanal mit dem Nd:YAG-Laser. In unserer Praxis verwenden wir den Laser Fidelis Plus (Fa. Fotona). Es handelt sich hier um ein Kombinationsgerät bestehend aus einem Er:YAG-Laser und einem Nd:YAG-Laser. Folgendes Vorgehen wird angewandt: Nach vollständiger Aufbereitung der Kanäle wird jeder Wurzelkanal dreimal bestrahlt. Hierzu führen wir zunächst, ohne den Laser zu aktivieren, die flexible 200 μm Faser in den Kanal auf Arbeitslänge ein. Dann wird der Laser mit 1,5 Watt und 15 Hz aktiviert und die Faser in kreisenden Bewegungen unter Kontakt mit der Wurzelkanalwand von apikal nach koronal geführt. Jeder Kanal wird in einer Sitzung 3–4 mal in dieser Weise für ca. 6–8 Sekunden, je nach Länge des Kanals, bestrahlt. Im letzten Schritt wird der Zahn ohne eine medikamentöse Einlage bakteriendicht verschlossen. Dieses Vorgehen wenden wir je nach Schwere des pathologischen 38 LaserZahnheilkunde 2005; 1/05: 37–42 Endodontische Grenzfälle und ihre therapeutischen Möglichkeiten mittels Nd:YAG-Laser ANWENDUNG Qu i nt by ht opyrig C All eR ech te vo rbe ha lte n e ss e n z Abb. 4 Zustand 9 Monate nach Revision, Lasertherapie und neuer WF. Abb. 3 Ausgangssituation 36. Prozesses während 1–2 weiterer Termine an. Im letzten Termin wird direkt nach der Bestrahlung mittels Nd:YAGLaser die neue Wurzelfüllung eingebracht. Hierzu verwenden wir in der Regel N2 Sealer und Guttapercha Stifte. Bei bereits resizierten Zähnen, ohne Foramen physiologicum, kommen auch andere Wurzelfüller zum Einsatz. Mit dieser Vorgehensweise hatten wir bis jetzt fast immer Erfolg. Leider konnten wir bei einer Patientin, die von einem Kollegen überwiesen wurde, keine Schmerzfreiheit bei einem bereits resizierten Zahn erreichen. Die Laserbehandlung brachte trotz erfolgreicher Aufbereitung der Wurzelkanäle keinen Erfolg. Der Zahn wurde nach wenigen Wochen von dem überweisenden Kollegen entfernt. Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass unser Laser nicht die eingestellte Leistung in die Faser überleiten konnte, da die Linse am Auskoppelungsfenster getrübt war. Wir erhielten nur ca. 25% der eingestellten Leistung. Leider verlor die Patientin die Motivation zum Zahnerhalt und wartete die Reparatur des Lasers nicht ab. Bis auf diesen einen Misserfolg können wir aber auf eine Menge geglückter Behandlungen zurückblicken. Selbst bei Grenzfällen, wie z. B. mehrfach resizierten Zähnen oder auch bei Zähnen die nicht optimal aufzubereiten waren, hatten wir immer Erfolg mit der Lasertherapie. Im Folgenden sollen nun einige Fälle dokumentiert werden. LaserZahnheilkunde 2005; 1/05: 37–42 Falldokumentationen Fall 1 23-jährige Patientin mit akuten Schmerzen an 26. Man beachte die apikale Ostitis an der mesiobukkalen Wurzelspitze. Der Zahn ist heute endgültig versorgt, schmerzfrei und voll in Funktion. Die Röntgenkontrolle zeigt eine gute, fast abgeschlossene Ausheilung des apikalen Prozesses. Fall 2 31-jährige Patientin mit akuten Beschwerden an 36. Man beachte die ausgeprägte apikale Ostitis, die eine Wurzelspitzenresektion ausschloss. Die einzige Behandlungsalternative wäre die Extraktion gewesen. Man bedenke auch hier die umfassende Reossifikation, obwohl es nicht möglich war, an der Stufe in der mesiobukkalen Wurzel vorbei aufzubereiten. Eine ideale Aufbereitung bis zum Apex war nicht durchführbar, trotzdem kam es zu einem Ausheilen des pathologischen Prozesses, da die Desinfektion durch Laserbestrahlung über die zugänglichen Bereiche hinausging. Dieser Zahn wird momentan endgültig prothetisch versorgt. 39 ANWENDUNG Endodontische Grenzfälle und ihre therapeutischen Möglichkeiten mittels Nd:YAG-Laser Qu i nt by ht opyrig C All eR ech te vo rbe ha lte n e ss e n z Abb. 5 Austritt von Pus aus dem distalen Wurzelkanal 47 bei Entfernung der alten Wurzelfüllung. Abb. 6 Zustand 47 bei Revision der alten WF und Röntgenmessaufnahme. Abb. 7 Gute Darstellung und Zugänglichkeit der Wurzelkanäle ist unabdingbar. Abb. 8 Zustand bei Röntgenkontrolle 5 Monate nach Lasertherapie und neuer WF. Fall 3 21-jährige Patientin mit Beschwerden an einem erfolglos endodontisch behandelten Zahn 47. Auch hier kam es zur Ausheilung des pathologischen Prozesses. Der Zahn ist seit nunmehr 2 Jahren beschwerdefrei und voll in Funktion. Alle oben beschriebenen Fälle wurden auf die erwähnte Vorgehensweise behandelt. Die Praktikabilität dieser Vorgehensweise bietet auch in der täglichen Praxis eine weitere Option zur erfolgreichen Therapie von endodontischen Grenzfällen. Fall 4 34-jährige Patientin mit Beschwerden an 36. Dieser Zahn wurde bereits zweimal erfolglos resiziert. Es lag ein submuköser Abszess vor und der Zahn war mit Grad II gelockert. Die einzige Alternative zur Laserbehandlung war wieder die Extraktion. Die Patientin war nach 2 Sitzungen beschwerdefrei. Die Schwellung ging nach wenigen Tagen zurück. Glücklicherweise festigte sich der Zahn mit zunehmender Reossifikation wieder vollständig. Der Zahn ist seit ca. 18 Monaten prothetisch versorgt und voll in Funktion. Zusammenfassung 40 In unserer Praxis werden häufig Patienten vorstellig, die unter einer missglückten endodontischen Behandlung leiden und keine Motivation für einen chirurgischen Eingriff zeigen. Diese Patienten werden entweder von Kollegen überwiesen oder haben im Bekanntenkreis von der Möglichkeit einer Laserbehandlung gehört. Mit dem beschriebenen Vorgehen hatten wir bis jetzt, bis auf den oben beschriebenen Fall, immer Erfolg. Die Patienten konnten den Zahn schmerzfrei und funktionstüchtig erhalten, ein chirLaserZahnheilkunde 2005; 1/05: 37–42 Endodontische Grenzfälle und ihre therapeutischen Möglichkeiten mittels Nd:YAG-Laser ANWENDUNG Qu i nt by ht opyrig C All eR ech te vo rbe ha lte n e ss e n z Abb. 10 Zustand nach Röntgenkontrollaufnahme 6 Monate nach Abschluss der Revision und Lasertherapie. Abb. 9 Zustand während Revision der alten WF. Abb. 11 Lasereinstellungen. urgischer Eingriff konnte vermieden werden, die apikale Ostitis reossifizierte und die Zähne konnten endgültig versorgt werden. Das klinische Vorgehen eignet sich daher als weitere Behandlungsalternative bei endodontischen Komplikationen. Das Konzept der Laserbehandlung in Kombination mit einer Revision eignet sich auch für den Einsatz in der täglichen Praxis und erscheint uns auch unter wirtschaftlichen Aspekten durchaus praktikabel, da es sich einerseits um eine Privatleistung des Patienten handelt, die je nach Zeitaufwand vergütet wird, und andererseits die Patientenakzeptanz dieser Behandlung deutlich höher liegt, als bei der Wurzelspitzenresektion. Hierdurch können wir Patienten, die nicht von anderen Kollegen überwiesen wurden, sehr schnell an unsere Praxis binden und uns über eine erfolgreiche, moderne und angenehme Behandlung ein positives Praxisimage zulegen. LaserZahnheilkunde 2005; 1/05: 37–42 Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. Gutknecht N: Lasertherapie in der zahnärztlichen Praxis. Quintessenz, Berlin, 1999, 83–117 Kerekes K, Tronstad L: Long term results of endodon. Treatment performed with a standardized technique. J Endod., 1979; 5: 83–90 Moritz A: Laser in der Endodontie. Quintessenz 52; 2/2001: 153–161 Ketterl W: Stellungnahme der DGZMK „Revision“ www.dgzmk.de Löst C: Stellungnahme der DGZMK „Wurzelspitzenresektion“, www.dgzmk.de Gutknecht N: Der Einsatz des Nd:YAG Lasers bei der Behandlung endodontischer Problemfälle – eine Übersicht. Zeitschrift für Laserzahnheilkunde, 4/2004: 219–226 Korrespondenzadresse Thorsten Kuypers Neusser Strasse 600 50737 Köln Tel.: 0221 – 71500679 E-Mail: [email protected] 41 ANWENDUNG Endodontische Grenzfälle und ihre therapeutischen Möglichkeiten mittels Nd:YAG-Laser opyrig 42 t esfunctionz of the the periapical anatomy and to get back full se n treated tooth. This treatment with Nd:YAG Laser irradiation shows very good results in different studies1, 6 and is also practicable for the daily work in our practice. Our patients show good compliance because of the fact, that we are able to avoid the extraction of tooth or other surgery. And this helps us in getting a positive image of our practice. i Summary The possibilities of endodontic treatment with Nd:YAG Lasers are already well known. With these case reports we can show, that the treatment of complicated endodontic situations with Nd:YAG Laser can fit very well in our daily routine. In our practice, we treat a lot of patients with complicated Qu Key words: Laser supported endodontics, Nd:YAG Laser, root canal by ht Irradiation of infected root canals with Nd:YAG Laser – A concept for our daily work? C All econcept periapical endodontic situations. The is to remove Re chtroot canal and the old root canal filling, clean the infected ev orb of the get a Nd:YAG Laser supported root canal sterilisation eh alt of root canal. The goal of our treatment is the regeneration en n LaserZahnheilkunde 2005; 1/05: 37–42