Newsletter 01/2012 Rechtsunsicherheit für Gesellschafter und „Directors“ bei Limited-Gesellschaften In einem wegweisenden Urteil hat der BGH entschieden, dass deutsche Gerichte nicht für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten bei Limited-Gesellschaften zuständig sind. Der Beitrag beleuchtet das Urteil und seine Auswirkungen auf die Praxis. Der Fall: Eine nach englischem Recht gegründete Limited betrieb in Deutschland ein Sportstudio, während sie in England keine geschäftlichen Aktivitäten entfaltete. Der Gesellschaftsvertrag der Limited enthielt folgende Regelung: „Alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern sowie der Gesellschafter mit der Gesellschaft oder ihren Organen werden den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland zugewiesen“. Die Limited hatte zunächst zwei Gesellschafter, die beide jeweils als Geschäftsführer („Director“) tätig waren. Nachdem der eine von ihnen seinen Mitgesellschafter ohne dessen Mitwirkung per Gesellschafterbeschluss als Director abberief, klagte dieser vor deutschen Gerichten auf Feststellung der Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses. Das Urteil des BGH vom 12.07.2011 (II ZR 28/10 = NJW 2011, S. 3372) In seinem Urteil hat der BGH entschieden, dass für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten bei (EU-)ausländischen Gesellschaften ausschließlich die Gerichte des Gründungsstaates (in diesem Fall England) zuständig sind. Dies gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft – wie im vorliegenden Fall – allein in Deutschland wirtschaftlich aktiv ist und der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich eine Zuständigkeit deutscher Gerichte vorsieht. Klagen vor deutschen Gerichten sind demnach mangels internationaler Zuständigkeit von diesen als unzulässig abzuweisen. Die Konsequenzen: Das Urteil bedeutet für die Gesellschafter und „Directors“ der in Deutschland tätigen Limited-Gesellschaften ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit und Kosten. Der Gedanke an www.mbbconsult.de & www.bb-soz.de einen gesellschaftsrechtlichen Prozess vor britischen Gerichten dürfte für die meisten Rechtssuchenden abschreckend sein. Sie verfügen meist über keine Kontakte zu britischen Rechtsanwälten, die Funktionsweise britischer Gerichte ist ihnen unbekannt, und durch die internationale Gerichtskorrespondenz einschließlich Zustellungsverfahren stellen sich zwangsläufig unerwünschte zeitliche Verzögerungen ein. Hinzu kommt, dass nicht jeder Rechtssuchende gut genug Englisch spricht, um damit einen gesellschaftsrechtlichen Prozess führen zu können. Wie sich diese Hürden in der Praxis auswirken werden, ist noch nicht abzusehen. Denkbar ist, dass die Beteiligten versuchen werden, Fakten zu schaffen in dem Wissen, dass die jeweilige Gegenpartei kaum dagegen klagen wird. Das Urteil verdeutlicht einmal mehr, dass die Gesellschaftsform der Limited für einen Einsatz in Deutschland ungeeignet ist. Die seit Jahren mit Billigangeboten gelockten Unternehmer müssen spätestens jetzt feststellen, dass ihre Limited mit erheblich höheren Folgekosten (z. B. für die Erstellung von Jahresabschlüssen nach UK-GAAP auf Englisch, für die Unterhaltung eines „Registered Office“ etc.) einhergeht als ihnen dies seinerzeit von den Anbietern suggeriert wurde. Hinzu kommt jetzt, dass viele Limited-Gesellschafter faktisch keinen Rechtsschutz mehr genießen. Wer eine Haftungsbeschränkung wünscht, sollte sich deshalb für eine GmbH oder eine UG (haftungsbeschränkt) entscheiden und das Abenteuer „Limited“ meiden. Dr. Eike Knolle, MBA Rechtsanwalt Schwerpunkte: Gesellschaftsrecht (einschl. M&A), Unternehmenssanierung/-restrukturierung, Insolvenzrecht Tel. 069 – 24 75 215 30 [email protected] 15