Gemeindepsychiatrischer Verbund I Kinder und Jugendliche I Gerontopsychiatrie I Menschen mit einer psychischen Erkrankung I Suchthilfe I Betroffene I Angehörige I psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen I Arbeit und Beschäftigung I Gestaltung des Alltags I Suchtberatungsstellen I Wohnen I Versorgungsgebiete I psychosoziale Angebote I Handlungserfordernisse I Sozialraum I Selbsthilfe I Gemeindepsychiatrischer Verbund I Kinder und Jugendliche I Gerontopsychiatrie I Menschen mit einer psychischen Erkrankung I Suchthilfe I Betroffene I Angehörige I Kontakt- und Beratungsstellen I Arbeit und Beschäftigung I Gestaltung des Alltags I Suchtberatungsstellen I Wohnen I Versorgungsgebiete I psychosoziale Angebote I Handlungserfordernisse I Sozialraum I Selbsthilfe I Gemeindepsychiatrischer Verbund I Kinder und Jugendliche I Gerontopsychiatrie I Menschen mit einer psychischen Erkrankung I Suchthilfe I Betroffene I Angehörige I Kontakt- und Beratungsstellen I Arbeit und Beschäftigung I Gestaltung des Alltags I Suchtberatungsstellen I Wohnen I Versorgungsgebiete I psychosoziale Angebote I Handlungserfordernisse I Sozialraum I Selbsthilfe I Gemeindepsychiatrischer Verbund I Kinder und Jugendliche I Gerontopsychiatrie I Menschen mit einer psychischen Erkrankung I Suchthilfe I Betroffene I Angehörige I psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen I Arbeit und Beschäftigung I Sozialpsychiatrischer Dienst I Gestaltung des Alltags I Suchtberatungsstellen I Wohnen I Versorgungsgebiete I psychosoziale Angebote I Handlungserfordernisse I Sozialraum I Selbsthilfe I Gemeindepsychiatrischer Verbund I Kinder und Jugendliche I Gerontopsychiatrie I Menschen mit einer psychischen Erkrankung I Suchthilfe I Betroffene I Angehörige I psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen I Arbeit und Beschäftigung I Gestaltung des Alltags I Suchtberatungsstellen I psychosoziale Angebote I Handlungserfordernisse I Selbsthilfe I Gemeindepsychiatrischer Verbund I Kinder und Jugendliche I Gerontopsychiatrie I Menschen mit einer psychischen Erkrankung I Suchthilfe I Betroffene Angehörige Kontaktund Beratungsstellen I Wohnen I Arbeit und Beschäftigung I Gestaltung des Alltags I Suchtberatungsstellen Wohnen Versorgungsgebiete I psychosoziale Angebote I Handlungserfordernisse I Sozialraum I Gemeindepsychiatrischer Verbund Kinder und Jugendliche Zweiter Stadtpsychiatrieplan 2013 Teil B: Psychiatrische Versorgungsbereiche der Landeshauptstadt Dresden 140325_Deckblatt_psychatrieplan.indd 2 25.03.2014 13:32:48 Zweiter Stadtpsychiatrieplan 2013 Teil B: Psychiatrische Versorgungsbereiche der Landeshauptstadt Dresden Inhalt 1. Einleitung 1 2.5 Wohnen 43 2.5.1 Ambulant betreutes Wohnen (abW) 43 2. Erwachsene mit einer psychischen Erkrankung 3 2.5.2 Betreutes Wohnen in Familie 45 2.1 Ambulante medizinische Versorgung 3 2.5.3 Stationäres Wohnen in Außenwohngruppen und Wohnstätte 46 2.1.1 Hausärzte/-innen 3 2.5.4 Bewertung des Versorgungsstandes 49 2.1.2 Niedergelassene Fachärzte/-innen für Psychiatrie 3 2.5.5 Handlungserfordernisse 50 2.6 Autorenverzeichnis 52 2.1.3 Niedergelassene ärztliche und psychologische Psychotherapeuten/-innen 4 2.1.4 Medizinische Versorgungszentren (MVZ) 4 3. Kinder und Jugendliche mit einer psychischen Erkrankung 54 2.1.5 Sozialpsychiatrischer Dienst (SpDi) 5 3.1. Früherkennung und Frühförderung 54 2.1.6 Krisenversorgung 7 3.1.1. Frühförderstellen und Arbeitskreis Frühförderung 54 2.1.7 Ergotherapie 8 3.1.2. Frühe Hilfen in der Stadt Dresden 55 2.1.8 Ambulante Soziotherapie 8 3.2. Ambulante medizinische Versorgung 55 2.1.9 Ambulante Psychiatrische Pflege (APP) 9 3.2.1. Niedergelassene Fachärzte/-innen für Kinder- und Jugendmedizin 55 2.1.10 Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 10 3.2.2. Niedergelassene Fachärzte/-innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie 2.2 Klinische Versorgung 12 und -psychotherapie 55 2.2.1 Stationäre Versorgung 12 3.2.3. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-innen 56 2.2.2 Tagesklinik 13 3.2.4. Kinder und Jugendärztlicher Dienst der Stadt Dresden (KJÄD) 57 2.2.3 Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) 14 3.2.5. Kinder- und Jugendpsychiater/-innen im Öffentlichen 2.2.3.1 Früherkennungszentrum 15 Gesundheitsdienst 57 2.2.4 Patientenfürsprechende 16 3.2.6. Institutsambulanzen für Kinder- und Jugendpsychiatrie 58 2.2.5 Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 16 3.2.7. Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) 60 2.3 Gestaltung des Alltags und soziale Wiedereingliederung 18 3.2.8. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 60 2.3.1 Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen (PSKB) 18 3.3. Stationäre und teilstationäre medizinische Versorgung 61 2.3.2 Sozialtherapeutische Tagesstätte 23 3.3.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 63 2.3.3 Bewertung des Versorgungsstandes 24 3.4. Maßregelvollzugsbehandlung bei Minderjährigen bzw. 2.3.4 Handlungserfordernisse 27 Heranwachsenden 64 2.4 Arbeit und Beschäftigung 29 3.4.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 65 2.4.1 Prävention 30 3.5. Substanzstörungen bei Kindern und Jugendlichen 65 2.4.2 Berufliche Rehabilitation (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) 30 3.5.1. Entwicklung und Umsetzung von Suchtpräventionskonzepten 66 2.4.3 Zuverdienstfirmen 35 3.5.2. Beratung und Betreuung von Abhängigkeit bedrohter Kinder, 2.4.4 Unterstützung 37 Jugendlicher und junger Erwachsener sowie deren sozialem Umfeld 68 2.4.5 Spezialisierte Angebote 38 3.5.3. Fachberatung/Netzwerkarbeit mit angrenzenden Fachgebieten 69 2.4.6 Bewertung des Versorgungsstandes 38 3.5.4. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 69 2.4.7 Handlungserfordernisse 40 3.6. Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe 71 3.6.1. Erziehungsberatungsstellen 71 4.5. Umsetzung der Leitlinien 100 3.6.2. Angebote für Kinder psychisch kranker Eltern 72 4.6. Handlungserfordernisse 100 3.6.3. Besonderes Wohnangebot für junge Frauen 73 4.6.1. Unterarbeitsgruppe Gerontopsychiatrie 101 3.6.4. Schulintegrationshilfe Christliches Sozialwerk 74 4.7. Autorenverzeichnis 101 3.6.5. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 74 4.8. Eine Auswahl wichtiger Adressen 103 3.7. Schule und Ausbildung 75 4.8.1. Beratungsstellen für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige 103 3.7.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 77 4.8.2. Beratungsangebote für Seniorinnen und Senioren mit 3.8. Gemeinsame Aufgabe Kinderschutz 78 gerontopsychiatrischen und psychiatrischen Erkrankungen 3.9. Autorenverzeichnis 78 4.9. Anlage zur Statistik der BBT-Stellen in der Landeshauptstadt Dresden 4. Ältere Menschen mit einer psychischen Erkrankung 79 4.10. Ergebnisse der Bewertung des Standes der Gerontopsychiatrie in der 4.1. Beschreibung der Erkrankung 79 Landeshauptstadt Dresden durch die Mitglieder der AG Demenz 4.1.1. Die häufigsten psychischen Erkrankungen des Alters 79 (Anlage 2) 110 4.11. Literaturverzeichnis 113 (Anlage 1) 4.1.2. Spezifischer Hilfebedarf von Menschen mit gerontopsychiatrischen 107 109 Erkrankungen 81 4.2. Bericht zur Umsetzung des Stadtpsychiatrieplanes von 2000 81 5. Menschen mit einer Suchterkrankung 115 4.2.1. Prognosen und Aufgabenstellungen 81 5.1. Vorbemerkungen 115 5.2. Handlungsfeld Suchtprävention 116 4.2.2. Zur Entwicklung der ambulanten Betreuung und Versorgung der Menschen mit Demenz 83 5.2.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen 118 4.3. Versorgungsbereiche 85 5.3. Handlungsfeld Suchthilfe 120 4.3.1. Soziale Angebote 85 5.3.1. Suchtberatungs- und -behandlungsstellen (SBB) 120 4.3.1.1. Versorgungsstand 85 5.3.1.1. Niedrigschwelliger Kontakt 122 4.3.1.2. Bewertung des Versorgungsstandes 86 5.3.1.2. Beratung, Vermittlungs- und Motivationsarbeit 123 4.3.1.3. Handlungserfordernisse 87 5.3.1.3. Ambulante medizinische Rehabilitation 124 4.3.2. Angehörige 87 5.3.1.4. Psychosoziale Betreuung bei Wiedereingliederung in Arbeit, 4.3.2.1. Versorgungsstand 87 Sicherung der Abstinenz- und Arbeitsfähigkeit (Nachsorge) 4.3.2.2. Bewertung des Versorgungsstandes 88 5.3.1.5. Psychosoziale Betreuung bei Substitutionsgestützter Behandlung 4.3.2.3. Handlungserfordernisse 88 Opiatabhängiger 125 5.3.1.6. Angehörigenarbeit 126 4.3.3. BBT-Stellen: Beratung – Begegnung/Begleitung 125 – Tagesstrukturierung 89 5.3.1.7. Bewertung des Versorgungsstandes und 4.3.3.1. Versorgungsstand 90 Handlungsempfehlungen 127 4.3.3.2. Bewertung des Versorgungsstandes 91 5.3.2. Mobiler Suchtdienst (MSD) 130 4.3.3.3. Handlungserfordernisse 92 5.3.2.1. Bewertung des Versorgungsstandes und 4.3.4. Medizinische Versorgung 92 Handlungsempfehlungen 131 4.3.4.1. Versorgungsstand 92 5.3.3. Medizinische Versorgung 132 4.3.4.2. Bewertung des Versorgungsstandes 93 5.3.3.1. Ambulante medizinische Versorgung 132 4.3.4.3. Handlungserfordernisse 94 5.3.3.2. Stationäre medizinische Versorgung 133 4.3.5. Pflegerische Versorgung 94 5.3.3.3. Bewertung des Versorgungsstandes und 4.3.5.1. Niedrigschwellige Betreuung in der Landeshauptstadt Dresden 94 Handlungsempfehlungen 135 4.3.5.2. Ambulante Pflegedienste 95 5.3.4. Soziale Wiedereingliederung 137 4.3.5.3. Gerontopsychiatrische Tagespflege 96 5.3.4.1. Wohnhilfen 137 4.3.5.4. Stationäre Pflege und Kurzzeitpflege 97 5.3.4.2. Arbeits- und Beschäftigungsangebote und -projekte 138 4.4. Neue Bedarfslagen bei Menschen mit gerontopsychiatrischen 5.3.4.3. Bewertung des Versorgungsstandes und Erkrankungen 98 Handlungsempfehlungen 140 4.4.1. Alt gewordene Menschen mit einer psychischen Erkrankung 99 5.4. Selbsthilfegruppen 142 4.4.2. Gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen mit 5.4.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen 143 Migrationshintergrund 99 5.5. Institutionelle Arbeit (Koordination und Kooperation) 144 4.4.3. Gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen mit Behinderung 99 5.5.1. Handlungserfordernisse 145 5.6. Exkurs: Betreuung von Suchtmittel konsumierenden und substituierten Schwangeren und Eltern mit Kindern 147 5.6.1. Bewertung des Versorgungsstandes 147 5.6.2. Handlungserfordernisse 148 5.7. Umsetzung des ersten Stadtpsychiatrieplans und Aufgabenstellungen für die Zukunft 148 5.8. Autorenverzeichnis 150 5.9. Kontaktdaten der Einrichtungen und Angebote (Anlage 1) 151 5.10. Literaturverzeichnis 155 6. Selbsthilfe und Beteiligung von Betroffenen und Angehörigen 156 6.1. Selbsthilfeangebote in Dresden 156 6.2. Netzwerke/Kooperationen 158 6.3. Öffentlichkeitsarbeit 159 6.4. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse 159 6.5. Autorenverzeichnis 162 7. Fortschreibung 163 8. Abkürzungsverzeichnis 164 9. Abbildungsverzeichnis 166 10. Tabellenverzeichnis 167 11. Glossar 168 1. Einleitung Fortschreibung und Weiterentwicklung Als Maßnahme der Qualitätsplanung forderte der Zweite Sächsische Landespsychiatrieplan (LPP) von 2011 die Landkreise und kreisfreien Städte dazu auf, einen „regionalen bedarfsorientierten Psychiatrieplan zu erarbeiten und stetig fortzuschreiben“. (LPP 2011: 100) Aus diesem Grund, aber auch im Hinblick auf veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen und entsprechenden Weiterentwicklungsbedarf, wird der erste Psychiatrieplan von Dresden aus dem Jahr 2000 durch den hier vorliegenden Zweiten Stadtpsychiatrieplan fortgeschrieben. Die Federführung und Schlussredaktion oblag der Psychiatriekoordination. Unterstützt wurde sie durch eine Steuerungsgruppe. Die Kapitel der einzelnen Versorgungsbereiche wurden durch fachspezifische Arbeitsgruppen und in Rücksprache mit den Mitgliedern der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) von Dresden erarbeitet. Die verantwortlichen Autoren werden namentlich am Ende des jeweiligen Kapitels benannt. Die PSAG bestätigte den Entwurf des Stadtpsychiatrieplans in ihrer Sitzung am 14. Dezember 2012. Der Beschluss des Dresdner Stadtrates erfolgte am 8. Mai 2013. Geltungsbereich Der Landeshauptstadt Dresden obliegt die Daseinsvorsorge für Menschen, die aufgrund einer bestehenden oder drohenden psychischen Erkrankung in ihrer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt sind. Der Zweite Psychiatrieplan der Landeshauptstadt dient als Orientierungsrahmen für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Versorgung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Die Umsetzung der Maßnahmen und Ziele, einschließlich finanzieller und personeller Folgewirkungen, steht, soweit sie den städtischen Haushalt betreffen, unter dem Vorbehalt der Finanzierung im jeweiligen Einzelplan sowie der Stellenpläne. Auf die Gewährung von Zuwendungen besteht kein Rechtsanspruch. Die Bewilligungsbehörde entscheidet aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Aufbau Der Stadtpsychiatrieplan gliedert sich in zwei Teile: Im Teil A dem „Psychiatrieplan der Landeshauptstadt Dresden“ sind die wichtigsten Schlussfolgerungen über den momentanen Versorgungsstand und über die für die Zukunft notwendigen Schritte zur Weiterentwicklung gebündelt. Teil A fokussiert die Handlungsfelder der Kommune und stellt somit lediglich einen Ausschnitt des (gemeinde)psychiatrischen Versorgungssystems dar. Zu Beginn wird die Entwicklung der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung seit dem ersten Stadtpsychiatrieplan aus dem Jahr 2000 dargestellt (Kapitel 2). Zur besseren Einordnung der Bedeutung psychischer Erkrankungen erfolgt danach ein Überblick über die Epidemiologie psychischer Störungen (Kapitel 3). Im Anschluss wird die Struktur der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung der kommunal (mit)finanzierten Versorgungsbausteine in Dresden erläutert (Kapitel 4). Kapitel 5 stellt die kommunalen Steuerungsmöglichkeiten dar. Kapitel 6 und 7 befassen sich mit den vorhandenen Bedarfslagen in Dresden. Aufgrund fehlender 1 wissenschaftlich begründeter Bedarfsanalysen und einer noch nicht realisierten sachsenweiten Psychiatrieberichterstattung wurden hierzu die Akteurinnen und Akteure der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung um ihre Einschätzung der Bedarfslage gebeten. Ebenfalls befragt wurden andere soziale Einrichtungen, die mittelbar oder unmittelbar mit Menschen in einer seelischen Krise in Berührung kommen. Ein weiterer Anhaltspunkt zur Bedarfsanalyse waren die Grundprinzipien des Zweiten Sächsischen Landespsychiatrieplans. Abschließend werden die daraus abgeleiteten Handlungserfordernisse für die zukünftige gemeindepsychiatrische Entwicklung von Dresden zusammengefasst (Kapitel 8). Der hier vorliegende Teil B „Psychiatrische Versorgungsbereiche der Landeshauptstadt Dresden“ geht konkret auf die einzelnen Versorgungsbereiche in Dresden ein: Erwachsene Menschen mit psychischen Erkrankungen (Kapitel 1), Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen (Kapitel 2), Ältere Menschen mit psychischen Erkrankungen (Kapitel 3), Menschen mit einer Suchterkrankung (Kapitel 4) sowie die Selbsthilfe von Betroffenen und von Angehörigen (Kapitel 5). Jedes Kapitel ist nach der gleichen Struktur aufgebaut und beleuchtet zunächst den aktuellen Versorgungsstand mit den jeweiligen in Dresden zur Verfügung stehenden Angeboten. Darauf folgt eine Bewertung der Versorgungssituation unter Berücksichtigung der in Teil A benannten Grundprinzipien. 2 2. Erwachsene mit einer psychischen Erkrankung 2.1 Ambulante medizinische Versorgung 2.1.1 Hausärzte/-innen Die medizinische Versorgung über die Hausarztpraxis – in der Regel ein Arzt oder eine Ärztin für Allgemeinmedizin oder für Innere und Allgemeinmedizin – spielt eine wichtige Rolle beim frühzeitigen Erkennen und Behandeln psychischer Störungen. Häufig sind sie erste/-r Ansprechpartner/-in für Menschen mit einer psychischen Störung. Die Hausärzte/-innen sollten nach Früherkennung und Erstdiagnostik weitere psychiatrische und psychotherapeutische Hilfen einleiten und koordinieren. Sie sind auch wichtige Ansprechpartner/-innen, wenn es darum geht, eine eventuell bestehende Behandlungslücke zwischen dem Entlassen aus einer psychiatrischen Klinik und dem Übergang zur ambulanten psychotherapeutischen Weiterversorgung abzudecken – z. B. durch die Weiterverordnung von Medikamenten und Behandlungsempfehlungen. 2.1.2 Niedergelassene Fachärzte/-innen für Psychiatrie Die ambulante medizinische Versorgung von Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung erfolgt vorrangig durch niedergelassene Fachärzte/-innen für Psychiatrie. Die vertragsärztliche Bedarfsplanung obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS). Grundlage ist die Einteilung in Planungsbereiche. Um die bedarfsgerechte Versorgung zu bewerten, wird innerhalb der Planungsbereiche das Verhältnis von Einwohnerzahl und Facharzt/-in ermittelt. Die Ausführung der Bedarfsplanung obliegt dem Landesausschuss der Ärztinnen und Ärzte sowie den Krankenkassen. Bei einer Einwohnerzahl von 518.232 (Stand: 30.6.2010) ergibt sich auf der Basis vorliegender Bedarfsplanungszahlen ein Verhältnis von ca. 12.291 Einwohnerinnen und Einwohnern auf einen Facharzt oder eine Fachärztin1. Mit einem Versorgungsstand von 44,8 niedergelassenen Fachärzten/-innen gilt die Landeshauptstadt Dresden aktuell als überversorgt (106,2%). Das zu Grunde liegende Bemessungsverhältnis von Einwohner/-in auf einen Vertragsarzt bzw. eine Vertragsärztin entspricht allerdings dem Stand von 1990. Unter Berücksichtigung des Demografiefaktors und eines erhöhten Behandlungsbedarfs der über 60-Jährigen wurden seit Frühjahr 2011 zwei zusätzliche Stellen für den Planungsbereich Dresden geschaffen. Fachärzte und Fachärztinnen können ihre Niederlassung innerhalb des Planungsbereiches frei wählen. Sie sind zu keinen Hausbesuchen verpflichtet und müssen wöchentlich 20 Stunden persönliche Sprechstunden abhalten. 2009 wurden im Planungsbereich Dresden im Mittel 3.354,5 Fälle registriert. Auffällig ist eine starke Bündelung von Niederlassungen im Postleitzahlbereich 01309 (Stadtteile Blasewitz und Striesen). Die KVS arbeitet mit der Planungsgruppe „Nervenärzte“. Diese beinhaltet den: Facharzt (FA) für Nervenheilkunde, FA für Neurologie, FA für Neurologie und Psychiatrie, FA für Psychiatrie sowie den FA für Psychiatrie und Psychotherapie. Nicht eingeschlossen sind die ärztlichen Psychotherapeuten. 1 3 2.1.3 Niedergelassene ärztliche und psychologische Psychotherapeuten/-innen Psychotherapeutische Behandlung wird im Wesentlichen von approbierten ärztlichen und psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) von 1999 geleistet. Geregelt wird der Bedarf über die Bedarfsplanungs-Richtlinie (Richtlinie über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung). In einer Änderung dieser Richtlinie von 2010 wurde das Verhältnis zwischen psychologischen und ärztlichen Psychotherapeuten/-innen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-innen neu geregelt. Für Dresden ergibt sich vor dem Hintergrund bestehender Bedarfsplanungszahlen eine Überversorgung mit Therapeuten/-innen von 114,2%. Weitere mögliche Zulassungen von 16,0 Stellen werden aufgrund der Neuregelung lediglich im Bereich der „Kinder und Jugendliche betreuenden Psychotherapeuten“ genehmigt. Auffällig ist eine Bündelung von Niederlassungen im Postleitzahlbereich 01309 (Stadtteile Blasewitz und Striesen) und 01099 (Stadtteile Neustadt und Loschwitz). 2.1.4 Medizinische Versorgungszentren (MVZ) In einem Medizinischen Versorgungszentrum sind fachübergreifend im Arztregister eingetragene Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeuten/-innen als freiberufliche Vertragsärzte/-innen oder als Angestellte tätig. Die Versorgung erfolgt ähnlich einer Gemeinschaftspraxis, wobei mindestens zwei verschiedene Fachbereiche vertreten sein müssen. Durch das Zusammenarbeiten unterschiedlicher Fachgruppen soll eine ganzheitliche Behandlung und Betreuung der Patienten und Patientinnen ermöglicht werden. Ein MVZ kann von jedem Leistungserbringer gegründet werden, der zur medizinischen Versorgung gesetzlich versicherter Patienten und Patientinnen berechtigt ist. In Dresden existieren folgende Medizinische Versorgungszentren, die im Bereich Psychiatrie/Neurologie behandeln (Stand: Juni 2012): Medizinisches Versorgungszentrum am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus GmbH Fetscherstraße 74 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 58 32 97 www.mvzdresden.de Medizinisch-therapeutisches Versorgungszentrum Dresden gGmbH (MtVz) Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. im Gorbitzcenter Harthaer Straße 3 01169 Dresden Tel.: (03 51) 4 11 15 16 [email protected] www.ptv-sachsen.de Medizinisch-therapeutisches Versorgungszentrum - Neurologisch-psychiatrisches Gesundheitszentrum Dresden GmbH Wolfshügelstraße 20 01324 Dresden - Weißer Hirsch Tel.: (03 51) 2 68 35 63 www.npz-dresden.de 4 Neurologisch Medizinisches Versorgungszentrum Dresden Overbeckstraße 33 01139 Dresden Tel.: (03 51) 89 69 11 00 www.nmvz.de Nebenstelle Fetscherstraße 29 01307 Dresden Nebenstelle Radebeul Meißner Straße 128 01445 Radebeul Nebenstelle Alaunstraße 9 01099 Dresden Nebenstelle Markt 9 01477 Arnsdorf Nebenstelle Löbau Hartmannstraße 9 02708 Löbau Medizinisches Versorgungszentrum für Neurologie und Psychotherapie Dresden Sächsisches Krankenhaus Arnsdorf Großenhainer Straße 163 01129 Dresden Tel.: (03 51) 79 52 33 00 www.skh-arnsdorf.sachsen.de Integrierte klinische Geriatrie Medizinisches Versorgungszentrum in Dresden GmbH Kesselsdorfer Straße 90 01159 Dresden Tel.: (03 51) 41 40 00 www.igp-mvz.de 2.1.5 Dienststelle West Braunsdorfer Straße 13 01159 Dresden Tel.: (03 51) 4 88 53 62 Dienststelle Mitte Wormser Straße 25 01309 Dresden Tel.: (03 51) 4 95 21 24 Dienststelle Süd August-Bebel-Straße 29 01219 Dresden Tel.: (03 51) 4 77 74 40 Dienststelle Nord Große Meißner Straße 16 01097 Dresden Tel.: (03 51) 4 88 53 04 Sozialpsychiatrischer Dienst (SpDi) Der kommunale Sozialpsychiatrische Dienst ist als Abteilung des Gesundheitsamtes ein niedrigschwelliger, d. h. ein allen offenstehender und leicht zugänglicher, ambulanter Dienst für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und deren Umfeld. Er soll helfen stationäre Behandlung zu vermeiden und zu verkürzen, die Nachbehandlung sichern sowie die Lebensmöglichkeiten außerhalb einer stationären Einrichtung verbessern. Dem SpDi obliegt die Bereitstellung der Hilfen nach § 5 Abs. 1 bis 4 des „Sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten“ (SächsPsychKG) sowie die Beratung und Begleitung von Menschen mit einer psychischen oder Suchterkrankung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des „Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen“ (SächsGDG). Zu den Leistungsinhalten gehören: Beratung, Vermittlung und Begleitung bei sozialen Fragen durch Sozialarbeiter/-innen Vermittlung anderer psychosozialer Hilfsangebote Anonyme Beratung Einzelgespräche sowohl in der Dienststelle als auch beim Hausbesuch Begleitung zu Ämtern und Behörden Krisenintervention Gruppenangebote, die die Möglichkeit bieten, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen Ärztliche und psychologische Hilfe in Form von therapeutischen Gesprächen und medikamentöser Behandlung (bei Menschen mit schwerer chronischer psychischer Erkrankung) Erstellung von fachärztlichen Gutachten für Sozialleistungsträger, Gerichte und im Auftrag des Amtsärztlichen Dienstes Hoheitliche Aufgaben im Rahmen von Unterbringungen Beratung von Behörden und Institutionen 5 Die Sicherstellung der sozialräumlichen Arbeit erfolgt über ein Dienstnetz mit 4 Dienststellen, deren Versorgungsbereiche an die Versorgungsgebiete der psychiatrischen Kliniken angelehnt sind. Im Zuge der Umstrukturierung der Einzugsgebiete der psychiatrischen Kliniken wurde 2004 bei gleich bleibender Personalzahl von 5 auf 4 Dienststellen reduziert, um Öffnungszeiten, Vertretbarkeit und Sicherheitsaspekte besser abzusichern. SpDi Ortsämter Dienststellen West Altstadt (hier: Friedrichstadt, Wilsdruffer Vorstadt), Plauen, Cotta (entspricht Einzugsgebiet Krankenhaus Friedrichstadt und St.Marien-Krankenhaus südelbisch) Mitte Süd Abb. 1: Versorgungsgebiete des SpDi. Nord Einwohnerzahl = 145.820 EW Altstadt (hier: Innere Altstadt, Pirnaische Altstadt, Seevorstadt, Johannstadt Nord und Süd), Blasewitz (Blasewitz, Striesen Ost/Süd/West, Tolkewitz, Gruna), Loschwitz, Schönfeld-Weißig (entspricht Einzugsgebiet Universitätsklinikum und Krankhaus Neustadt nordelbisch) Leuben, Prohlis, Blasewitz (Seidnitz/Dobritz) (entspricht Einzugsgebiet Krankenhaus Neustadt südelbisch) = 139.743 EW Neustadt, Pieschen, Klotzsche (entspricht Einzugsgebiet St.-Marien-Krankenhaus nordelbisch) = 126.195 EW = 106.862 EW Tab. 1: Einzugsgebiete des SpDi. Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden Der SpDi ist fachärztlich geleitet und erfüllt hoheitliche Aufgaben (Unterbringung nach SächsPsychKG und Begutachtungen). Die Dienststellen des Sozialpsychiatrischen Dienstes sind multiprofessionell mit Fachärzten/-innen für Psychiatrie, Sozialarbeitern/-innen, Psychologinnen und Krankenschwestern besetzt. Die Ärzte und Ärztinnen verfügen über eine Behandlungsermächtigung. Dadurch wird die Möglichkeit der ambulanten Krisenintervention und der Behandlung von Menschen, die schwer psychisch erkrankt sind, im Sinne eines Home Treatment erleichtert. Der SpDi ist auch aufsuchend tätig. Etwa ein Drittel der Kontakte erfolgen als Hausbesuch. Für je 25.000 Einwohner/-innen kann maximal eine Vollzeitfachkraft (VzK) durch das Land Sachsen gefördert werden. Bei einer Einwohnerzahl von 518.620 (Stand: Juni 2011) ergeben sich für Dresden 20,74 förderfähige VzK. Tab. 2: Verteilung der Vollzeitkräfte auf die Dienststellen des SpDi. Stand 2011 SpDi - Dienststellen Vorhandene Personalstellen Förderfähige Vollzeitkräfte (VzK) bei 1:25.000 West 6,37 VzK 5,83 VzK Mitte 5,37 VzK 5,59 VzK Süd 5,5 VzK 4,27 VzK Nord 5,5 VzK 5,05 VzK 22,74 VzK 20,74 VzK Der Personalschlüssel berücksichtigt die Gesamteinwohnerzahl der Landkreise und kreisfreien Städte. Dementsprechend verändert er sich proportional mit dem Bevölkerungszuwachs oder rückgang. Während die Entwicklung für Sachsen insgesamt mit einem Schrumpfen und Altern der Bevölkerung charakterisiert ist, wird für Dresden ein Bevölkerungszuwachs von 2,4 Prozentpunkten auf 529.632 Einwohnerinnen und Einwohner für das Jahr 2020 prognostiziert. Daraus würden sich langfristig 21,18 förderfähige VzK ergeben. Mit der aktuellen Besetzung gelangt der SpDi zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen, aus fachlicher Sicht wäre für Dresden ein Schlüssel von 1 Fachkraft auf 20.000 EW erforderlich. Die Verortung als Abteilung des Gesundheitsamtes hat sich in den letzten 20 Jahren bewährt. Die Kommune kommt dadurch effektiv und flexibel ihrer Daseinsvorsorge für Bürger und Bürgerinnen mit einer schweren psychischen Erkrankung nach. Der SpDi nimmt eine zentrale vermittelnde Rolle im Versorgungssystem ein. Zunehmend werden Kriseninterventionen und fachliche Beratungen für 6 Angehörige, das weitere Umfeld und andere Institutionen erbracht. Wichtig für die oft langfristige Begleitung der Betroffenen sind eine hohe personelle Konstanz, kontinuierliche Weiterbildung und Supervision. Zur Abteilung SpDi gehören die Jugend- und Drogenberatungsstelle des Gesundheitsamtes und der psychosoziale Krisendienst, dies ermöglicht eine rasche störungsspezifische Intervention und trägt den Anforderungen immer komplexerer Fälle Rechnung. 2.1.6 Krisenversorgung Die nichtstationäre Notfallversorgung in akuten Krisensituationen erfordert hohe zeitliche und personelle Intensität. Tagsüber wird die Versorgung über die regulären Angebote und Beratungsdienste für Menschen mit einer psychischen Erkrankung abgedeckt. Eine ambulante Krisenberatung wird in Dresden ermöglicht durch: den Sozialpsychiatrischen Dienst innerhalb der Sprechzeiten Kontakt über Dienststelle West Braunsdorfer Straße 13 01159 Dresden Tel.: (03 51) 4 88 53 62 Montag und Freitag 8.30 - 12.00 Uhr Dienstag und Donnerstag 9.00 - 18.00 Uhr die Psychiatrischen Institutsambulanzen (siehe Kapitel 2.2.3.) Psychosozialer Krisendienst Georgenstraße 4 01097 Dresden Tel.: (03 51) 4 88 53 41 Telefonische Erreichbarkeit Montag bis Freitag 9.00 - 11.00 Uhr Sprechzeiten Montag bis Donnerstag 8.00 - 12.00 Uhr und 13.00 - 17.00 Uhr Freitag 8.00 - 14.00 Uhr und den Psychosozialen Krisendienst, einem Sachgebiet des SpDi des Gesundheitsamtes. Der psychosoziale Krisendienst bietet schnell und unkompliziert Beratung und Unterstützung in akuten Krisen- und Notsituationen für Frauen, Männer, Paare und Familien. Erstgespräche sind in der Regel innerhalb von 3 Tagen möglich. Die Beratung ist kostenfrei und auf Wunsch anonym. Die Beratung erfolgt bei: Krisen durch schwierige Lebensumstände akuten Belastungssituationen und bei Suizidgefährdung Partnerschafts- und Familienkonflikten Trennung und Scheidung Verlusterfahrungen Überforderungssituationen in Familie, Umfeld und Arbeit traumatischen Erfahrungen der Suche nach weiterführenden Angeboten Die telefonische Krisenberatung in Dresden erfolgt über: das Telefon des Vertrauens täglich zwischen 17.00 und 23.00 Uhr (auch an Wochenend- und Feiertagen) Tel.: (03 51) 8 04 16 16 die kostenfreie Telefonseelsorge 24-Stunden-Notruf Tel.: (08 00) 1 11 01 11 oder (08 00) 1 11 02 22 Die Möglichkeit einer 24-Stunden-Beratung und Betreuung für Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 17 Jahren und deren Familien ist durch den Kinder- und Jugendnotdienst Dresden gegeben: Rudolf-Bergander-Ring 43 01219 Dresden Tel.: (03 51) 2 75 40 04 oder (03 51) 2 75 36 63 7 Die Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen (siehe Kapitel 2.3.1.) können ebenfalls eine erste Anlaufstelle sein, insbesondere um sich über weiterführende Angebote beraten zu lassen. Integrierte Versorgung (IV) - plan-b Huttenstraße 4 01309 Dresden Tel.: (03 51) 45 69 41 00 [email protected] www.ptv-sachsen.de Seit Ende 2011 wird durch den Psychosozialen Trägerverein Sachsen e. V. (PTV) eine ambulante Krisenversorgung mit Rückzugshaus angeboten. Das Angebot besteht im Rahmen der integrierten Versorgung (IV). Diese beruht auf einem Vertrag mit verschiedenen Krankenkassen und dem Medizinisch-therapeutischen Versorgungszentrum Dresden gGmbH. Adressen von weiteren Unterstützungs- und Hilfsangeboten in Dresden sind im „Wegweiser für Krisen- und Notsituationen“ zu finden. 2.1.7 AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH AWO Sozialzentrum Dresden Prohlis Prohliser Allee 31 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 81 35 79 www.awo-sachsen.de Ergotherapie Ergotherapie als psychosozialer Therapieansatz hat die Aufgabe, den Patienten und Patientinnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und in Interaktion mit der Umwelt zu treten. Inhalte sind die Stabilisierung der Alltagskompetenzen, die Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung oder Kompensation krankheitsbedingt gestörter Funktionen und Fähigkeiten. Ziel ist größtmögliche Selbstständigkeit in Beruf, Schule und häuslichem Alltag. Die Maßnahmen der Ergotherapie können beinhalten: AWO SONNENSTEIN gGmbH Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Herzberger Straße 24/26 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 88 19 82 www.awo-sonnenstein.de Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Ambulantes Pflegezentrum Amalie-Dietrich-Platz 3 01169 Dresden Tel.: (03 51) 4 16 60 00/-65 www.ambulantes-pflegezentrum.de Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Ergotherapie „Seiltänzer“ Wormser Str. 16 - 18 01309 Dresden Tel.: (03 51) 3 14 46 24 [email protected] www.ptv-sachsen.de Verbesserung und Stabilisierung der psychischen Grundleistungsfunktionen wie Antrieb, Motivation, Belastbarkeit, Ausdauer, Flexibilität und Selbstständigkeit, Verbesserung eingeschränkter körperlicher Funktionen, Verbesserung der Körperwahrnehmung und Wahrnehmungsverarbeitung, Verbesserung der Realitätsbezogenheit, der Selbst- und Fremdwahrnehmung, Verbesserung des situationsgerechten Verhaltens, auch der sozio-emotionalen Kompetenz und Interaktionsfähigkeit, Verbesserung der kognitiven Funktionen. Eine Verordnung erfolgt über den behandelnden Arzt bzw. die behandelnde Ärztin nach § 38 der Heilmittelrichtlinie (Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung). Die Behandlung kann in Einzel- oder Gruppenbehandlung erfolgen. Ergotherapie wird in Dresden auch von privaten Anbietern/-innen angeboten. Die Arbeitstherapie, als ein Bereich der Ergotherapie, wird unter dem Punkt 2.4.2. des vorliegenden Psychiatrieplans erläutert. 2.1.8 Weitere Anbieter finden Sie im Internet sowie im örtlichen Telefonbuch. 8 Ambulante Soziotherapie Menschen mit schweren und chronischen psychischen Erkrankungen sind häufig nicht in der Lage, bestehende Behandlungs- und Hilfsangebote selbstständig in Anspruch zu nehmen. Wiederholte, kostenintensive Krankenhausaufnahmen sind die Folge. Das kann vermieden werden, wenn ein bedarfsorientiertes ambulantes Behandlungs- und Rehabilitationsangebot zur Verfügung steht. Die Soziotherapie soll und kann hier Abhilfe schaffen, indem die Patienten/-innen durch Motivation und strukturierte Trainingsmaßnahmen in die Lage versetzt werden, die erforderlichen Leistungen selbstständig in Anspruch zu nehmen. Die ambulante Soziotherapie wurde mit dem Gesundheitsreformgesetz 2000 im SGB V verankert, wird ärztlich verordnet und von Sozialpädagogen/-innen oder Krankenschwestern und Krankenpflegern mit einer psychiatrischen Zusatzausbildung erbracht. Sie bietet koordinierende und begleitende Unterstützung und Handlungsanleitung für Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung auf der Grundlage von definierten Therapiezielen. GESOP gemeinnützige GmbH Gasanstaltstraße 10 01237 Dresden Tel.: (03 51) 21 53 08 21 [email protected] www.gesop-dd.de Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Huttenstraße 4 01309 Dresden Tel.: (03 51) 3 12 58 21 [email protected] www.ptv-sachsen.de Ambulante Soziotherapie soll die Betroffenen in die Lage versetzen, die erforderlichen ärztlichen bzw. ärztlich verordneten Leistungen zu akzeptieren und diese selbstständig in Anspruch zu nehmen. Ziel ist es, immer wiederkehrende Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Die Leistungen werden im häuslichen Umfeld der Versicherten erbracht. Sie können als Motivations- (Antriebs-) relevantes Training Training zur handlungsrelevanten Willensbildung Anleitung zur Verbesserung der Krankheitswahrnehmung Koordinationsleistungen oder Hilfe in Krisensituationen erbracht werden. Grundlage für die Leistungserbringung ist eine genehmigte ärztliche Verordnung eines/-r Vertragsarztes/-ärztin für Psychiatrie oder Nervenheilkunde (mit Verordnungsgenehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung). Gleichzeitig besteht die Möglichkeit der Verordnung von drei Stunden Soziotherapie zur Indikationsstellung über die Hausarztpraxis (genehmigungsfrei). Je Krankheitsfall können bis zu 120 Stunden ambulante Soziotherapie innerhalb von drei Jahren verordnet werden. Die Therapieeinheit umfasst dabei 60 Minuten. Die Maßnahmen sind als Einzel- oder Gruppenmaßnahmen zu erbringen. Soziotherapie ist gemäß § 37a SGB V nur bei bestimmten schweren Krankheitsbildern verordnungsfähig, wenn der Patient oder die Patientin aufgrund der psychischen Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbstständig in Anspruch zu nehmen. Ambulante Soziotherapie ist adäquat zu der in der Richtlinie zur Soziotherapie formulierten Zielstellung wirksam und effektiv. Die vorher übliche stationäre Krankenhausbehandlung kann bei den durch Soziotherapie behandelten „Drehtür“-Patienten/-innen in ca. 80% der Fälle reduziert oder ganz vermieden werden. In Dresden stellen zurzeit zwei Leistungserbringer die Versorgung mit ambulanter Soziotherapie durch qualifizierte Fachkräfte sicher. 2.1.9 Striesener Pflegedienst des Psychosozialen Trägervereins Sachsen e. V. Huttenstraße 4 01309 Dresden Tel.: (03 51) 3 12 58 69 [email protected] www.ptv-sachsen.de Pharus med. GmbH Bautzner Landstraße 7 01324 Dresden Tel.: (03 51) 26 66 82 82 [email protected] www.pharus-med.de Ambulante Psychiatrische Pflege (APP) Das Angebot der ambulanten psychiatrischen Pflege ist eine von den Krankenkassen finanzierte und von Fachpflegepersonal erbrachte Leistung. Menschen mit psychischen Erkrankungen werden vorrangig nach einem stationären Aufenthalt in ihrem häuslichen Bereich unterstützt. Die APP kann auch als Verhinderungspflege verordnet werden, so dass ein stationärer Aufenthalt nicht notwendig wird. Die APP ist ein gemeindeorientiertes Versorgungsangebot. Sie soll dazu beitragen, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung ein würdiges, eigenständiges Leben in ihrem gewohnten Lebenszusammenhang führen können. Durch die Pflege vor Ort sollen das Umfeld beteiligt und die soziale Integration gewährleistet werden. Dazu gehört auch die Arbeit mit den Angehörigen, die in die Behandlung einbezogen und entlastet werden sollen. Die ambulante Pflege soll mit ihren flexiblen, aufsuchenden Angeboten Behandlungsabbrüchen vorbeugen. Die APP wird vom behandelnden Facharzt bzw. Fachärztin für Psychiatrie verordnet. Nach Diagnosesicherung durch eine/-n Facharzt/-ärztin ist sie auch durch Hausärzte/-innen verordnungsfähig. Sie kann für maximal vier Monate verordnet werden und wird in Absprache mit allen Beteiligten in maximal 14 Einheiten pro Woche im häuslichen Bereich des erkrankten Menschen durchgeführt. Die Frequenz der Einheiten ist abnehmend. Die Dokumentation beinhaltet den Behandlungsplan (von APP und behandelndem Arzt), Verlaufsberichte, etc. Hauptarbeitsinhalte der APP sind: Bewältigung von Krisensituationen / Krisenmanagement Krankheitsmanagement Entwicklung kompensatorischer Fähigkeiten ressourcen-/problemorientierte Planung Entwicklung kompensatorischer Hilfen, z. B. - Aktivierung / Training elementarer Verrichtungen / Fähigkeiten - Tagesstruktur 9 Psychoedukation Konfliktbewältigung Angehörigenarbeit Netzwerkarbeit In der Zukunft werden sicherlich auch Integrierte Versorgungsverträge, Strukturverträge u. ä. mit Krankenkassen für die Umsetzung der APP als integrierter Bestandteil der Versorgungsstruktur abgeschlossen. Das Team der APP besteht aus ausgebildeten Fachkrankenschwestern und -pflegern für Psychiatrie mit langjähriger Berufserfahrung. 2.1.10 Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Im ambulanten medizinischen Bereich ist eine Zunahme von Klienten/-innen mit fehlender Krankheitsund Behandlungseinsicht, mit Intelligenzminderung und behandlungsbedürftigen Verhaltensstörungen oder zusätzlicher Suchterkrankung sowie von Personen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung zu verzeichnen. Die niedergelassenen Fachärzte und Fachärztinnen nehmen einen zunehmenden Bedarf für Patienten und Patientinnen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, Angsterkrankung oder Panikstörung wahr – letzteres oft vor dem Hintergrund beruflicher Belastung. Der Zugang zur Behandlung und Betreuung durch den Sozialpsychiatrischen Dienst sowie zum Angebot des psychosozialen Krisendienstes ist niedrigschwellig gestaltet und kostenfrei, anonym und ohne Überweisung nutzbar. Dies gilt jedoch nicht für andere ambulante medizinische Angebote, die über Kassenleistungen finanziert werden. Lange Wartezeiten gibt es für die Behandlung durch ärztliche und psychologische Therapeuten/-innen. Besonders problematisch ist die Versorgung von Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung. Häufig entstehen Behandlungslücken, die auch vom Sozialpsychiatrischen Dienst aus Kapazitätsgründen nicht allumfassend überbrückt werden können. Das Prinzip „ambulant vor stationär“ wird infolgedessen häufig durchbrochen. Die Anzahl niedergelassener Fachärzte/-innen für Psychiatrie sowie die Zahl der ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten/-innen muss als nicht bedarfsgerecht bewertet werden. Unter anderem deshalb, weil die Finanzierungsbedingungen des SGB V einer fachgerechten ambulanten Versorgung speziell von Menschen, die chronisch psychisch erkrankt sind, oft entgegenstehen. Zudem erfordern die Problemlagen der Patientinnen und Patienten zunehmend ein multiprofessionelles Vorgehen, so dass die Kapazitäten niedergelassener Fachärzte/-innen und Psychotherapeuten/-innen allein in der Praxis nicht ausreichen. Dies zieht eine zunehmende Belastung des komplementären Bereichs nach sich. Das Angebot fachärztlicher ambulanter Versorgung muss dem Bedarf angepasst werden. Die Zusammenarbeit mit anderen Professionen und Anbietern ist zu intensivieren und die Etablierung sozialpsychiatrischer Schwerpunktpraxen zu prüfen. Diese Feststellung einer nicht bedarfsgerechten Versorgung durch niedergelassene Fachärzte/innen sowie durch ärztliche und psychologische Psychotherapeuten und Therapeutinnen steht im Gegensatz zur Berechnungsgrundlage der Kassenärztlichen Vereinigung, die von einer Überversorgung für Dresden ausgeht. (siehe Kapitel 2.1.2. und 2.1.3.) Aus diesem Grund ist es von großer Bedeutung, dass die Behandlungsermächtigung der Fachärzte/-innen im Sozialpsychiatrischen Dienst weiterhin erhalten bleibt, um eine aufsuchende, multiprofessionelle Behandlung von Menschen mit einer schweren chronischen psychischen Erkrankung zu gewährleisten. Dadurch wird eine wichtige Brücken- und Lotsenfunktion zwischen stationären und ambulanten Angeboten wahrgenommen. Die Multiprofessionalität und personelle Kontinuität der Fachkräfte im SpDi soll auch in Zukunft sichergestellt werden. Eine Erweiterung im Bereich der psychologischen Kapazitäten ist anzustreben. 10 Um den spezifischen Problemlagen der Klientel gerecht zu werden, ist eine ausgewogene Besetzung der Fachkraftstellen mit männlichem und weiblichem Personal anzustreben. Diese Forderung wird zunehmend umgesetzt. Die fallbezogene Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Fachärzten/-innen, den Dienststellen des Sozialpsychiatrischen Dienstes und den Trägern der freien Wohlfahrtspflege funktioniert in den einzelnen Versorgungsgebieten gut. Dennoch muss die Vernetzung mit Fach- und Hausärzten/-innen weiter verbessert werden. Hausärzte/-innen müssen besser über die vorhandenen psychiatrischen und psychosozialen Hilfsangebote in Dresden informiert werden. Nur dann können sie Anlaufstellen sein, um die oben angeführten Behandlungslücken, zum Beispiel über die Verordnung von Medikamenten, zu überbrücken. Bisher konnte kein niedergelassener Facharzt und keine niedergelassene Fachärztin zur Mitarbeit in der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft von Dresden gefunden werden. Vor allem in die weitere Ausgestaltung der gemeindepsychiatrischen Versorgungsstruktur müssen beide Arztgruppen stärker einbezogen werden. Für diensthabende Ärzte/-innen und Mitarbeiter/-innen des Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen ist eine gemeinsame Weiterbildung geplant. Regelmäßige Weiterbildungen zum Hilfesystem, über Unterstützungs- und Behandlungsmöglichkeiten sowie problemorientierte Fallbesprechungen sollen die Kooperation untereinander und das Verständnis für Menschen mit einer psychischen Erkrankung fördern. Die sozialräumliche Vernetzung, vor allem mit den nicht-psychiatrischen Strukturen, muss weiter ausgebaut werden. Für eine individuelle medizinische und sozialpädagogische Hilfeplanung ist eine enge und verbindliche Zusammenarbeit mit allen Helferinnen und Helfern, auch den Therapeuten und Therapeutinnen, und unter Einbeziehung der Leistungsträger notwendig. Bevor die Hilfsstruktur weiter aufgebaut wird, muss zunächst der Bedarf in einem Hilfeplanverfahren festgestellt werden. Erst dann können die Angebote passgerecht weiterentwickelt und eingesetzt werden. Aus Sicht der Fachärzte/-innen läuft die Vernetzung zwischen ambulanten und stationären Maßnahmen sowie zu den ambulanten Hilfsdiensten nicht optimal. Zur Verbesserung der Übergänge zwischen dem stationären und dem ambulanten Versorgungsbereich wird seit Mitte 2011 die Etablierung eines Entlassungsmanagements in Form von zwei Entlassungsformularen (aus dem ambulanten Bereich an die Klinik und von der Klinik an den ambulanten Bereich) erprobt. Ziel ist es, die weiteren Hilfsmaßnahmen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zwischen stationärer und ambulanter Versorgung besser zu vernetzen, zu planen und zu koordinieren. Umgekehrt soll auch der Übergang von ambulanter in stationäre Versorgung transparenter gestaltet werden. Sowohl für das Krankenhaus als auch für die ambulante Einrichtung soll erkennbar sein, welche Behandlung der Patient und die Patientin bereits erhalten, wo sie sich in Beratung befinden oder welche Behandlungsvereinbarungen vorliegen. Geplant ist die spätere Ausweitung des Entlassungsmanagements auf die niedergelassenen Hausärzte und Hausärztinnen. Um dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ gerecht werden zu können und den Patienten/-innen die Behandlung zukommen zu lassen, die bei gleicher Wirksamkeit am wenigsten einschneidend ist, ist der Ausbau von intensiven ambulanten und teilstationären Therapieangeboten zu fördern und, soweit möglich, Einfluss auf Entscheidungs- und Kostenträger (Kassenärztliche Vereinigungen, SMS, Gesetzliche Krankenversicherungen) zu nehmen. Dies gilt ebenso für die Etablierung einer psychiatrischen Akutbehandlung im häuslichen Umfeld („Home Treatment“). In der Nachsorge und zur Rückfallprophylaxe sind Soziotherapie, Ergotherapie und ambulante psychiatrische Pflege unabdingbar. Zur Nutzung von Synergieeffekten ist die Soziotherapie bereits jetzt in bestehende Strukturen integriert. Für die Realisierung eines bedarfsgerechten Angebotes sind jedoch die finanziellen und administrativen Rahmenbedingungen (Vergütungssatz Krankenkassen, Zulassungsverfahren, Genehmigungsverfahren) und die Zugangsvoraussetzungen immer noch ungenügend und somit entsprechend anzupassen und neu zu gestalten. 11 Als problematisch gestaltet sich die Betreuung und Begleitung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung, bei denen Hilfebedarf besteht, die aber aufgrund fehlender Krankheits- und Behandlungseinsicht nicht zur Mitwirkung fähig sind. Hier sind die Festlegungen der UNBehindertenrechtskonvention, die Daseinsvorsorge der Kommune und der Schutz von bedeutenden Rechtsgütern Dritter abzuwägen. Für die Begleitung der Betroffenen und den Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung sind ein hoher Personalaufwand und stabile Bezugspersonen unabdingbar. Im Interesse der Betroffenen sind die Suizidgefährdung und Gefahr der Chronifizierung bei psychischer Erkrankung, vor allem bei fehlender Behandlung, zu berücksichtigen. Vor allem im Hinblick auf die kürzlich erfolgten Entscheidungen von Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof sind hier klare gesetzliche Regelungen notwendig. 2.2 Klinische Versorgung 2.2.1 Stationäre Versorgung Die stationäre Versorgung stellt einen wichtigen Baustein der psychiatrischen Versorgung in Dresden dar. Gemäß § 2 SächsPsychKG und der Verordnung des „Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie zur Festlegung von Einzugsgebieten für die psychiatrische Krankenhausversorgung“ (PsychKHEinzugsgebietsVO, rechtsbereinigt 2005) sind psychiatrische Krankenhäuser und Abteilungen zur Vollversorgung eines festgelegten Einzugsgebietes verpflichtet. Bis zur Änderung der Einzugsgebietsverordnung 2002 war auch das Sächsische Krankenhaus Arnsdorf für die Versorgung von Dresdner Bürgerinnen und Bürgern zuständig und das Krankenhaus Friedrichstadt nur für Patienten/-innen aus dem Umland. Mittlerweile wird die Versorgungsverpflichtung für Dresden vollständig durch das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, das Städtische Krankenhaus Dresden-Neustadt, das St.-Marien-Krankenhaus Dresden und das Städtische Krankenhaus DresdenFriedrichstadt übernommen. Das Krankenhaus Arnsdorf, das Kreiskrankenhaus Pirna und das Städtische Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt haben die Versorgungsverpflichtung des Landkreises Sächsische Schweiz – Osterzgebirge untereinander aufgeteilt. Durch die Änderung der Einzugsgebiete konnte die wohnortnahe stationäre Versorgung in Dresden verbessert werden. Aktuell stehen 348 Plätze zur Verfügung. Das Universitätsklinikum nimmt neben der Vollversorgung zusätzliche überregionale Aufgaben wahr. Ab 2012 sollen die Betten in den sächsischen psychiatrischen Kliniken und Tageskliniken erhöht werden. Damit trägt der Krankenhausplanungssauschuss der stark gestiegenen Auslastung der Kliniken Rechnung. Abb. 2: Stationäre Fallzahlen in Dresden von 2008 bis 2010 Stationäre Fallzahlentwicklung 1500 1450 1431 1400 1350 1349 1300 1250 1200 1150 1235 1178 1144 1100 1011 1000 KH Friedrichstadt 12 1075 1059 1050 KH Neustadt KH St.-Marien Uniklinik 2008 2010 Die Ermittlung des Personalbedarfs erfolgt über die Psychiatrie-Personalverordnung von 1990 (Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie – PsychPV). Dafür werden die Patientinnen und Patienten in verschiedene Behandlungsbereiche eingeordnet: Allgemeine Psychiatrie, Abhängigkeitskranke, Gerontopsychiatrie. Im Raum Dresden wird die stationäre Versorgung durch folgende Einrichtungen übernommen: Bettenzahl Einzugsgebiet nach Stadtteilen bzw. Ortsämtern (OA) Einwohnerzahl (EW) Innere Altstadt Pirnaische Vorstadt Seevorstadt Johannstadt-Nord Johannstadt-Süd Blasewitz Striesen-Ost Striesen-Süd Striesen-West Tolkewitz/Seidnitz-Nord Gruna = 107.522 EW Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Fetscherstraße 74 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 58 27 60 www.psychiatrie.uniklinikum-dresden.de 76 Betten auf 4 Stationen (davon 15 auf beschützter Aufnahmestation), Städtisches Klinikum Dresden-Neustadt Heinrich-Cotta-Straße 12 01324 Dresden Tel.: (03 51) 8 56 69 02 www.khdn.de Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt Friedrichstraße 41 01067 Dresden Haus B, Erdgeschoss Tel.: (03 51) 4 80 13 51 www.khdf.de 78 Betten auf 5 Stationen OA Loschwitz Seidnitz/Dobritz OA Leuben OA Prohlis = 126.028 EW 80 Betten auf 4 Stationen Wilsdruffer Vs./Seevorstadt West Friedrichstadt OA Cotta Gompitz/Altfranken LK Weißeritzkreis zusammen mit Arnsdorf und Pirna = 93.811 EW St.-Marien-Krankenhaus Selliner Straße 29 01109 Dresden Tel.: (03 51) 8 83 22 31 www.stmarienkh-dd.de 100 Betten auf 6 Stationen OA Neustadt OA Pieschen OA Klotzsche OA Plauen = 178.204 EW zusätzlich 14 interdisziplinäre akutgeriatrische Betten Tab. 3: Bettenzahl und Einzugsgebiete der psychiatrischen Kliniken in Dresden. Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden Die Unterbringung auf Grundlage des § 63 des Strafgesetzbuches (StGB) im Maßregelvollzug für Straftäter mit einer psychischen Erkrankung erfolgt in der Klinik für forensische Psychiatrie des Sächsischen Krankenhauses Arnsdorf. 2.2.2 Tagesklinik Als Bindeglied zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich fungiert die Tagesklinik. Sie versorgt akutpsychiatrisch erkrankte Patientinnen und Patienten, die keiner vollstationären Behandlung bedürfen, für die eine ambulante Behandlung aber nicht ausreichend ist. Im Anschluss an den stationären Aufenthalt kann die Tagesklinik zudem zur Belastungserprobung und Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben dienen. Aus dem ambulanten Bereich heraus kann die Tagesklinik zusätzlich für eine intensivere Behandlung und in einer Krise in Anspruch genommen werden. Die Behandlung dauert in der Regel zwischen 2 und 12 Wochen. 13 Die Tageskliniken in Dresden unterscheiden sich hinsichtlich ihres therapeutischen Angebots: Platzzahl Therapeutisches Angebot Tagesklinik der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Fetscherstraße 74 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 58 27 60 Städtisches Klinikum Dresden-Neustadt Heinrich-Cotta-Straße 12 01324 Dresden Tel.: (03 51) 8 56 69 02 30 Schwerpunkte: Schizophrenien, Affektive Störungen und differentialdiagnostische Abklärung bei beginnenden Psychoseerkrankungen 20 Behandlungsangebote: Gruppenpsychotherapie, Psychotherapeutische Einzelgespräche Milieutherapie Sozialarbeit Kommunikative Bewegungstherapie Ergotherapie Musiktherapie Imaginationsgruppe Entspannungsverfahren Ernährungsberatung Psychoedukative Gruppen zu spezifischen Indikationen Biofeedback Lichttherapie Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt Friedrichstrasse 41 01067 Dresden Haus B, Erdgeschoss Tel.: (03 51) 4 80 13 51 20 St.-Marien-Krankenhaus Selliner Straße 29 01109 Dresden Tel.: (03 51) 8 83 22 31 25 Indikationsbereiche: Menschen mit biologisch verursachten Störungen: Schizophrenie, manisch-depressive Erkrankungen, schizoaffektive Störungen Menschen mit psychischen Erkrankungen, die multifaktoriell bedingt sind (Lebensgeschichte, Belastungen, Konflikte, Stress, biologische Verletzlichkeit) mit verschiedenen Symptomen und psychischen Störungen: Ängste, Zwänge, Depression, Abhängigkeiten, Persönlichkeitsstörungen, körperliche Symptome ohne erkennbare Ursache Tab. 4: Platzzahl der psychiatrischen Tageskliniken in Dresden 2.2.3 Psychiatrische Institutsambulanz (PIA) In der Psychiatrischen Institutsambulanz werden Patienten und Patientinnen behandelt, die aufgrund der Art, Schwere und Dauer ihrer psychischen Erkrankung ein besonders intensives und komplexes Angebot therapeutischer Hilfen benötigen. Dieses Therapieangebot wird durch ein multiprofessionelles Team erbracht, zu dem Fachärzte/-innen, psychologische Psychotherapeuten/-innen, Sozialarbeiter/innen, Pflegepersonal und Ergotherapeuten/-innen gehören. Die Hauptaufgabe der Institutsambulanz besteht darin, stationäre Behandlungen möglichst zu vermeiden bzw. zu verkürzen und die Lücke zwischen stationären Therapieangeboten und ambulanter Behandlung zu schließen. Die Behandlungsplanung wird gemeinsam mit den Patienten/-innen abgestimmt, wobei u. a. folgende Behandlungsziele verfolgt werden: 14 Symptomfreiheit bzw. -linderung Förderung der Behandlungseinsicht bzw. der Krankheitsakzeptanz und -bewältigung Alltagsbewältigung und Tagesstrukturierung soziale und berufliche Wiedereingliederung Förderung sozialer Kontakte und Kommunikationsfähigkeit Bewältigung von Krisen und Belastungen Umgang mit schwierigen Lebenssituationen Rückfallverhinderung Unterstützung von Angehörigen Folgende Psychiatrische Institutsambulanzen sind in Dresden tätig: Psychiatrische Institutsambulanz Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Fetscherstraße 74 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 58 27 97 Spezialambulanzen: Ambulanz für bipolare Störungen Universitäts-Gedächtnisambulanz Ambulanz für Tourette-Syndrom im Erwachsenenalter Ambulanz für psychotische Erkrankungen Ambulanz für Pharmakotherapie in der Schwangerschaft Ambulanz für depressive Erkrankungen Ambulanz für Abhängigkeitserkrankungen Psychiatrische Institutsambulanz Städtisches Klinikum Dresden-Neustadt Heinrich-Cotta-Straße 12 01324 Dresden Tel.: (03 51) 8 56 69 91 Es besteht eine Spezialsprechstunde für Patienten mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS), für die eine Überweisung vom niedergelassenen Facharzt erforderlich ist. Psychiatrische Institutsambulanz Städtisches Klinikum Dresden-Friedrichstadt Friedrichstrasse 41 01067 Dresden Haus B, Erdgeschoss Tel.: (03 51) 4 80 12 05 Neben der Einzeltherapie besteht die Möglichkeit zur Teilnahme an im Haus angebotenen Gruppentherapien aus den Bereichen Ergotherapie, Musiktherapie, Psychoedukation, Physiotherapie (Konditionstraining) und an psychotherapeutischen Gruppen. Psychiatrische Institutsambulanz St.-Marien-Krankenhaus Selliner Straße 29 01109 Dresden Tel.: (03 51) 8 83 22 31 Neben der persönlichen Einzelbehandlung in der PIA gibt es im Haus verschiedene gruppentherapeutische Möglichkeiten. Tab. 5: Ausrichtung der Psychiatrischen Institutsambulanzen in Dresden Art, Schwere und Dauer der Krankheit müssen den Kriterien nach § 118 SGB V entsprechen. Dazu gehören u. a. Psychosen, Depressionen, Manien, Bipolare Störungen, Demenzen und Persönlichkeitsstörungen. Ein Überweisungsschein, z. B. über die Hausarztpraxis, wird zu Beginn der Behandlung benötigt. Die Zuweisungen werden individuell geprüft. Die Kosten werden von den Krankenkassen getragen. 2.2.3.1 Früherkennungszentrum Seit 2009 existiert am Universitätsklinikum das Früherkennungszentrum für psychische Störungen „Dresden früh dran!“. Es richtet sich an Menschen im Alter zwischen 12 und 40 Jahren, die erste psychische Symptome (z. B. Veränderungen im Gefühlsleben, der Wahrnehmung, des Denkens und des Verhaltens) wahrnehmen und sich (noch) nicht in fachärztlicher Behandlung befinden. Ziel des Früherkennungszentrums ist es, Personen, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer psychischen Erkrankung haben, vorzeitig zu erkennen und zu behandeln. Das Angebot umfasst unverbindliche, kostenlose und anonyme Erstgespräche, Diagnostik und Beratung sowie eine Begleitung im weiteren Verlauf einer möglichen Behandlung. 15 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Präventionsambulanz für psychische Störungen - Früherkennungszentrum Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haus 25, Seiteneingang Süd Fetscherstraße 74 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 58 28 76 (Anrufbeantworter) www.ddfruehdran.de 2.2.4 Patientenfürsprechende Für Dresden sind drei Patientenfürsprechende in den vier psychiatrischen Kliniken und in den zwei sozialtherapeutischen Wohnstätten tätig. Grundlage für ihre Berufung ist § 4 des SächsPsychKG. Danach sind die Patientenfürsprechenden ehrenamtlich tätig und dürfen nicht in einer stationären psychiatrischen Einrichtung angestellt sein. Sie werden für maximal fünf Jahre bestellt und können das Amt nicht wiederholt ausüben. Die Höhe der Aufwandsentschädigung sowie die Rückerstattung von Weiterbildungskosten sind in der „Satzung der Landeshauptstadt Dresden über die Tätigkeit und Entschädigung von Patientenfürsprechenden“ von 2001 geregelt. Patientenfürsprechende sollten Psychiatrie-Erfahrene oder betroffene Bürger/-innen sein. Ihre Aufgabe ist die Vermittlung zwischen Patienten/-innen und Mitarbeitern/-innen der einzelnen Einrichtungen – sofern Bedarf vorhanden ist. Den Fürsprechenden sollen alle Bereiche der Einrichtung offen stehen. Stellen sie Mängel in der Betreuung fest, die nicht in einer angemessenen Zeit behoben werden, dann informieren sie die Leitung der Einrichtung, den Träger sowie die Besuchskommission2. Zur Unterstützung ihrer Arbeit erfolgen regelmäßige Besprechungen mit der Psychiatriekoordination und dem SpDi. Es besteht die Möglichkeit zur Fallberatung durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des SpDi und mindestens einmal im Jahr nehmen die Fürsprechenden an einer Fortbildungsveranstaltung teil. 2.2.5 Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Die Zunahme von Patienten und Patientinnen mit einer seelischen Krise im Sinne von Burn-out wird von den psychosomatischen Kliniken als eines der zentralen aktuellen Probleme beschrieben. Hier fehlt es im Rahmen der stationären Versorgung an ausreichend Frühdiagnostik, Prävention und rascher Intervention. Die Nachfragen der Krankenkassen sind immer dringender. Die Versorgungssituation wird in leichteren Fällen durch niedergelassene Psychotherapeuten/-innen sehr gut aufgefangen. Bei komplexeren Störungen mit Langzeitkrankschreibungen fehlen jedoch gute multimodale ambulante Behandlungskonzepte und teilstationäre Angebote. Versorgungslücken sind auch für den Bereich komplexer posttraumatischer Belastungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen und komplexer Angststörungen erkennbar. Als problematisch gestaltet sich aus Sicht des Universitätsklinikums vor allem die Versorgung von jüngeren Patientinnen und Patienten mit schweren emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen einhergehend mit schwerem selbstverletzendem Verhalten. Die Gleichstellung von Menschen mit psychischer Erkrankung und Menschen mit somatischer Erkrankung muss als nicht voll umfänglich realisiert gelten. Mit Blick auf die Ausstattung der psychiatrischen Krankenhäuser und Abteilungen scheint es in Deutschland, und so auch in Dresden, noch immer einen Rückstand gegenüber den somatischen Krankenhäusern und Abteilungen zu geben. Um diesen Die Besuchskommission wird durch das SMS berufen und besucht mindestens alle drei Jahre unangemeldet Krankenhäuser und andere stationäre psychiatrische Einrichtungen. Sie überprüft dabei, ob die Rechte der Patienten/-innen und Bewohner/-innen gewahrt und die Mindeststandards in der Betreuung und Behandlung eingehalten werden. 2 16 zu beheben sind beispielsweise Baumaßnahmen für das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus unbedingt erforderlich und gegenwärtig in Planung. Behandlungskontinuität im Sinne einer Wissensvermittlung und -nutzung („informational continuity“) sowie einer kohärenten Fortführung der begonnenen Therapie („management continuity“) wird weitestgehend gewährleistet. Sowohl bei Verlegungen zwischen einzelnen Stationen als auch bei einer Verlegung in die Tagesklinik oder die PIA. Behandlungskontinuität im Sinne einer kontinuierlichen und gegebenenfalls setting-übergreifenden Behandlung durch die gleichen Therapeuten/-innen („relational continuity“) ist trotz entsprechender Bemühungen sowohl im Rahmen der stationären Versorgung als auch im Rahmen der ambulanten Versorgung vor allem im ärztlichen, aber auch im psychologischpsychotherapeutischen Bereich, nicht ausreichend zu gewährleisten. In den Psychiatrischen Institutsambulanzen ist eine Behandlungskontinuität aufgrund wechselnder Personalbesetzung nicht immer gegeben. Ein hoher Standard der Hilfen liegt in weiten Bereichen der stationären und teilstationären Versorgung vor. Am Universitätsklinikum kann ein hoher Standard der Hilfen bei angemessener Personalausstattung in besonderem Umfang gewährleistet werden. Er ist allerdings, wie auch in den anderen Kliniken, durch die Folgen restriktiver Sparmaßnahmen gefährdet. Zudem entsprechen die baulichen Gegebenheiten nicht in allen Bereichen den Anforderungen. Die Prävalenz von Unterbringungen und unterbringungsähnlicher Maßnahmen ist von vielfältigen Faktoren abhängig. Sie kann z. B. durch einen geeigneten deeskalierenden Umgang mit aggressivem Patientenverhalten reduziert werden. Ein solcher erfordert neben einer entsprechenden Schulung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auch einen geeigneten institutionellen Rahmen. Vor diesem Hintergrund sind unter anderem am Universitätsklinikum vor allem die baulichen Gegebenheiten auf der Akutstation als kritisch zu bewerten; hier sind Maßnahmen dringend notwendig. Zur besseren Beurteilung der Situation fehlen aussagekräftige Statistiken über die Einsätze der Polizei am Wochenende. Die Zusammenarbeit aller Verfahrensbeteiligten wird positiv bewertet. Das Ordnungsamt wie auch der Sozialpsychiatrische Dienst prüfen regelhaft, ob weniger belastende Verfahren möglich sind. Das Prinzip der gemeindenahen Versorgung im stationären und teilstationären Bereich ist in Dresden insgesamt gut umgesetzt. Es besteht aber Bedarf an spezialisierten Angeboten für Patienten/-innen mit Doppeldiagnosen sowie Patienten/-innen mit schwerer emotional instabiler Persönlichkeitsstörung. Spezialisierte Angebote sollten in der stationären und ambulanten psychotherapeutischen Versorgung sektorenübergreifend ermöglicht und gefördert werden. Aus Kliniksicht führt die nicht bedarfsgerechte Versorgung mit niedergelassenen Psychiatern/-innen und Psychotherapeuten/-innen zu einem hohen Aufnahmedruck. Dies verhindert oft einen planvollen Übergang von der stationären Versorgung zurück in den ambulanten Bereich. Durch die langen Wartezeiten bei den niedergelassenen Fachärzten/-innen kommt es in den Institutsambulanzen zu einer jährlichen Fallzahlsteigerung. Diese wird begrenzt durch eingeschränkte personelle Möglichkeiten. Diese Feststellung von Seiten der Kliniken steht im Gegensatz zur Berechnungsgrundlage der Kassenärztlichen Vereinigung, die von einer Überversorgung mit niedergelassenen Fachärzten/-innen für Psychiatrie sowie niedergelassenen Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen in Dresden ausgeht. (siehe Kapitel 2.1.2. und 2.1.3.) Der niedrigschwellige Zugang zur stationären und teilstationären Klinikversorgung wird positiv bewertet. Angesichts der bestehenden Versorgungslücken im ambulanten Bereich besteht bundesweit die Forderung, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Versorgung in den PIAs zu erweitern. In Dresden trägt ein umfassendes Beratungs- und Behandlungsangebot dem Unterstützungsbedarf der Angehörigen Rechnung. Dazu zählen unter anderem die Angehörigengruppen an den psychiatrischen Kliniken. Das Inanspruchnahmeverhalten der Angehörigen, zum Beispiel von dementiell erkrankten Patientinnen und Patienten, entspricht jedoch nicht dem vorliegenden Bedarf. 17 Angehörige, Betroffene und ehemalige Patienten/-innen (i.S. eines Trialogs) sollen, soweit möglich und soweit von ihnen gewünscht, stärker in die stationäre Behandlung eingebunden werden, zum Beispiel über regelmäßige Möglichkeiten einer Angehörigenvisite oder über Psychoedukationskurse in den Kliniken. In den Kliniken soll verstärkt auf Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. den „Verein für Angehörige und Freunde psychisch Kranker e. V.“ hingewiesen werden. Die Sprechstunden der Patientenfürsprechenden werden nur spärlich genutzt. Themen waren vor allem Unstimmigkeiten der Patienten und Patientinnen untereinander oder Unzufriedenheit mit den Aufenthaltsbedingungen in der Klinik. Patienten/-innen, die regelmäßig stationär aufgenommen werden, scheuen sich vor einer Klärung von Problemen aus Angst, länger in der Klinik verbleiben zu müssen. Zudem gibt es in den Kliniken noch andere Ansprechpartner/-innen wie zum Beispiel die Seelsorger/innen. Sie sind öfter vor Ort und flexibler zu erreichen als die Patientenfürsprechenden. Zukünftig sollen sowohl die Patienten/-innen als auch die Mitarbeiter/-innen der Kliniken mit einem Flyer besser über die Tätigkeit der Patientenfürsprechenden aufgeklärt werden. 2.3 Gestaltung des Alltags und soziale Wiedereingliederung 2.3.1 Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen (PSKB) Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen halten ein niedrigschwelliges Angebot zur Beratung, Begleitung und Begegnung für erwachsene Menschen mit einer psychischen Erkrankung und Menschen, die von einer psychischen Erkrankung bedroht sind, deren Angehörige und andere Bezugspersonen sowie für Menschen in seelisch belastenden Lebenssituationen bereit. Das Angebot zur Beratung und Begegnung ist freiwillig, anonym und in der Regel wohnortnah etabliert. Es basiert auf einer Komm-Struktur. In der Begegnung mit anderen Betroffenen, mit Angehörigen, Professionellen und der interessierten Öffentlichkeit können soziale Kompetenzen neu geübt oder wieder erlangt werden, um einem häufigen, oft krankheitsbedingten Rückzug und der damit verbundenen sozialen Isolation entgegenzuwirken. Mit vielfältigen tagesstrukturierenden Einzel- und Gruppenangeboten soll die weitgehend eigenständige und selbstbestimmte Lebensführung unterstützt und gefördert beziehungsweise wieder neu erlernt werden. Innerhalb der gemeindepsychiatrischen Versorgung kommt der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle u. a. die Aufgabe zu, die individuellen Hilfebedarfe der Klientinnen und Klienten zu klären, geeignete Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen und diese Hilfen zugänglich zu machen. Der präventive Aspekt der PSKB dient dazu, Menschen, die sich in einer seelischen Krise befinden, vor dem Abgleiten in die psychische Erkrankung bzw. vor einer Chronifizierung derselben zu bewahren. Die Arbeit der PSKB orientiert sich am Bedarf der Hilfesuchenden unter Berücksichtigung der regionalen Bedingungen. Prinzipielle Zielstellungen der PSKB sind: niedrigschwellige Prävention Isolation und Verlust sozialer Kompetenzen der Betroffenen entgegenwirken drohende Chronifizierung von seelischer Behinderung und psychischer Erkrankung verhüten und vorbeugen vorhandene seelische Behinderung oder ihre Folgen beseitigen oder mildern Stärkung von Eigenverantwortung und Selbstbestimmung betroffener Menschen Vermittlung und Erhaltung der Kompetenz und Möglichkeit zur selbstständigen Lebensführung Förderung der Teilhabe betroffener Menschen am Leben in der Gemeinschaft – Förderung der Inklusion Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit 18 Aus dieser Zielstellung ergeben sich drei grundlegende Schwerpunkte der Angebotsstruktur der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle: Abb. 3: Aufgabenschwerpunkte der PSKB Im § 6 SächsPsychKG ist bestimmt, dass Landkreise und kreisfreie Städte zur Durchführung von Hilfen zur Bewältigung psychischer Krankheiten komplementäre psychiatrische Einrichtungen zu installieren haben. Die Aufgaben dieser Einrichtungen können Trägern der freien Wohlfahrtspflege oder gemeinnützigen Institutionen übertragen werden. Auf dieser Grundlage wurden in der Landeshauptstadt Dresden fünf Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstellen installiert, die sich auf fünf Träger der freien Wohlfahrtspflege und drei Versorgungsgebiete verteilen. Für jedes Gebiet existiert seit dem Jahr 2000 mit jeweils einem Träger eine Versorgungsvereinbarung, durch die die Bereitstellung und Durchführung der Hilfen sichergestellt wird. Der Träger im Versorgungsgebiet Süd erbringt seine Hilfen in Kooperation mit zwei weiteren freien Trägern. Gebiet Nord Mitte Süd Abb. 4: Versorgungsgebiete für die psychosoziale Versorgung in Dresden Träger Diakonisches Werk - Stadtmission Dresden e. V. (Diakonie) Ortsämter Neustadt, Pieschen, Klotzsche/nördliche Orte, Loschwitz/OS SchönfeldWeißig Einwohnerzahl = 158.416 EW Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. (PTV) Gemeindenahe sozialpsychiatrische Versorgung Dresden gemeinnützige GmbH (GESOP) Kooperationsverträge mit der AWO SONNENSTEIN gGmbH und dem Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. (DPBV) Altstadt, Blasewitz, Leuben Prohlis, Plauen, Cotta/westliche Ortschaften = 173.167 EW = 187.037 EW Tab. 6: Versorgungsgebiete für die psychosoziale Versorgung in Dresden. Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden. 19 Verteilung der Dresdner Bevölkerung auf die Versorgungsgebiete Nord 31% Süd 36% Die Anteile der Einwohner und Einwohnerinnen von Dresden verteilen sich gleichmäßig über die drei Versorgungsgebiete. Die Einteilung in verschiedene Versorgungsgebiete gewährleistet eine Träger- und Angebotsvielfalt und dient der Sicherstellung einer gemeindenahen Versorgung und Betreuung. Die Versorgungsgebiete unterscheiden sich in der Größe ihrer Fläche und damit in der Bevölkerungsdichte als auch in der soziodemografischen Struktur der Bevölkerungsgruppen. Zum Beispiel hat das Versorgungsgebiet Nord die größte Fläche, aber den geringsten Einwohner-Anteil. Im Folgenden werden die Versorgungsgebiete in Bezug auf Mitte 33% Abb. 5: Verteilung der Dresdner Bevölkerung auf die Versorgungsgebiete. Stand: 31.12.2010 ihre Altersstruktur die Verteilung der Einkommensquellen die Arbeitslosenquote sowie die Prognose für einen Bevölkerungszuwachs kurz beschrieben. Grundlage für die Daten ist der „4. Sozialatlas von Dresden“ mit dem Datenstand vom 31.12.2010. Die Zahlen sind im Verhältnis zur entsprechenden Einwohnergruppe von Dresden gerechnet. Das Versorgungsgebiet Nord zeichnet sich durch einen hohen Anteil von Einwohnern/-innen unter 25 Jahren und einen geringen Anteil der über 65-Jährigen aus. Während in der Äußeren Neustadt ein großer Zuwachs der Studentenschaft zu verzeichnen ist, besitzt die Albertstadt eine hohe Zuwachsrate (46%) in der Gruppe der unter 7-Jährigen. Ebenfalls hohe Zuwachsraten in dieser Altersgruppe finden sich im Versorgungsgebiet Mitte in der Inneren Altstadt mit 94,4% und in der Pirnaischen Vorstadt mit 45,2%. In Striesen-Ost ist die Gruppe der 0-17-Jährigen am größten und in Friedrichstadt ist jede/-r dritte Einwohner/-in unter 25 Jahren. Wie Abbildung 6 verdeutlicht, gibt es im Gebiet „Mitte“ neben einem hohen Anteil junger Einwohner/-innen den höchsten Anteil der über 65-Jährigen. In Johannstadt-Süd ist jede/-r zweite Einwohner/-in im Rentenalter. Das Versorgungsgebiet Süd verzeichnet den größten Anteil der unter 25-Jährigen. 40,4% dieser Altersgruppe leben in der Südvorstadt-Ost. In Löbtau zählt jede/-r Dritte zu dieser Gruppe. Abb. 6: Altersstruktur der Versorgungsgebiete. Stand: 31.12.2010, 4. Sozialatlas. 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Nord Mitte Süd u7 u18 u25 ü65 Das Versorgungsgebiet Süd hat den größten Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Bevölkerung von Dresden und den größten Anteil der Leistungsempfänger/-innen nach SGB XII. In den Stadtteilen Prohlis und Gorbitz bezieht jede/-r dritte Einwohner/-in Transferleistungen nach SGB II. In Gorbitz-Ost bezieht jedes zweite Kind Sozialgeld. Das Versorgungsgebiet Nord ist geprägt von einem hohen Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter sowie einer insgesamt niedrigen Arbeitslosenquote und Langzeitarbeitslosenzahl. Der Anteil aller Dresdner Empfänger/-innen von Grundsicherung nach SGB XII ist im Versorgungsgebiet Mitte im Vergleich mit allen anderen Einkommensquellen sehr hoch. In Friedrichstadt bezieht jede/-r Vierte Sozialleistungen. Sowohl die Arbeitslosenzahl als auch die Anzahl der Langzeitarbeitslosen ist im Süd-Gebiet am höchsten. Die Arbeitslosenquote liegt in Prohlis-Süd und Gorbitz-Süd mit 19% weit über dem gesamtstädtischen Durchschnitt von 8%. Jede/-r Fünfte ist in diesen Stadtteilen von Arbeitslosigkeit betroffen. In den Stadtteilen Cotta und Prohlis liegt zudem die Jugendarbeitslosigkeit bei 12%. 20 Abb. 7: Dargestellt wird der Anteil der gesamtstädtischen Einkommensquellen am Versorgungsgebiet. Stand: 31.12.2010, 4. Sozialatlas. 45% 40% Sozialversicherungspflichtig beschäftigt 35% 30% SGB II-Quote 25% Sozialgeldempfänger 20% 15% SGB XII Hilfe zum Lebensunterhalt 10% SGB XII Grundsicherung 5% 0% Nord Mitte Süd Der Stadtteil Johannstadt-Nord im Versorgungsgebiet Mitte weist im innerstädtischen Vergleich mit 43,4% die höchste Arbeitslosenquote auf. Abb. 8: Anteil der Arbeitslosen und Langezeitarbeitslosen in den Versorgungsgebieten. Stand: 31.12.2010, 4. Sozialatlas. 40% 40% 30% 31% 29% 29% Arbeitslosenzahl Langzeitarbeitslos Nord Mitte Süd Unterschiede zwischen den Versorgungsgebieten gibt es auch mit Blick auf den Bevölkerungszuwachs innerhalb der letzten fünf Jahre sowie bei der Prognose für einen Zuwachs bis zum Jahr 2020. Im Versorgungsgebiet Nord liegen beispielsweise mit der Äußeren Neustadt und Klotzsche zwei der drei bevölkerungsreichsten Dresdner Stadtteile. Die Albertstadt besitzt mit 26% die höchste Prognosequote für einen Einwohnerzuwachs bis zum Jahr 2020. Einen überproportionalen Zuwachs seit dem Jahr 2007 um mehr als das Dreifache des gesamtstädtischen Wachstums verzeichnen die Innere Altstadt (15,7%) und Friedrichstadt (10,6%) im Versorgungsgebiet Mitte. Im gleichen Gebiet erleben, bedingt durch Rückbau, die Plattenbaugebiete Tolkewitz/Seidnitz-Nord und Johannstadt-Süd einen starken Bevölkerungsrückgang. Ähnliches lässt sich im Versorgungsgebiet Süd für Niedersedlitz, Gorbitz-Süd und Nord sowie Kleinpestitz/Mockritz beobachten. In dem Gebiet liegen außerdem die Stadtteile mit der schlechtesten Prognose für einen Bevölkerungszuwachs bis 2020: Südvorstadt-Ost (-9,5%), Gorbitz-Ost (-9,4%) sowie Gorbitz-Nord/Neu-Omsewitz (-7,2%). Ein Vergleich der drei Versorgungsgebiete verdeutlicht die soziodemografischen Unterschiede zwischen den jeweiligen Bevölkerungsgruppen. Aus diesen Unterschieden ergeben sich spezifische Problemlagen, die in der Planung einer psychiatrischen sowie psychosozialen Versorgungsstruktur berücksichtigt werden müssen. Im Versorgungsgebiet Süd bündeln sich im Vergleich zu den anderen Gebieten mehrere soziale Brennpunkte. Das spiegelt sich unter anderem in einem erhöhten Hilfebedarf der Klientinnen und Klienten in den drei Kontakt- und Beratungsstellen vor Ort wider. Diese sozialräumlichen Differenzierungen sind bei der Planung von Fachkraftstellen zusätzlich zur Einwohnerzahl zu berücksichtigen. Eine Analyse, welche soziodemografischen und anderen Faktoren für die Angebotsplanung eine Rolle spielen, findet seit Ende 2011 in enger Zusammenarbeit zwischen Psychiatriekoordination und den freien Trägern statt. 21 Grundlage für die Analyse sind unter anderem die Sachberichte der PSKB an die Stadt Dresden. Darin dokumentieren die Einrichtungen jährlich ihre erbrachten Leistungen. Gefördert werden die PSKB durch das Land über die „Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zur Förderung sozialpsychiatrischer Hilfen, der Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe“ (Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe – RL-PsySu) sowie durch die Stadt Dresden über die „Richtlinie der Landeshauptstadt Dresden zur Förderung freier Träger und Selbsthilfegruppen in der Gesundheitshilfe und Gesundheitsförderung“ (Förderrichtlinie Gesundheitshilfe) des Gesundheitsamtes. Der Freistaat Sachsen empfiehlt pro 25.000 Einwohner/-innen eine Vollzeitkraft (VzK) pro psychosozialer Kontakt- und Beratungsstelle.3 Bei einer Einwohnerzahl von 518.620 (Stand: Juni 2011) ergibt sich für Dresden ein Bedarf von 20,74 VzK. Die Beratungsstellen für ältere Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung (BBT-Stelle, siehe Kapitel 4.3.3) werden ebenfalls über die oben genannten Richtlinien finanziert. Beide Beratungsstellen haben je 1,5 VzK. Diese Fachkräfte mit einbezogen ergibt mit Stand vom 01.01.2012 für Dresden eine Ausstattung mit 16,58 Vollzeitkräften für die psychiatrische und psychosoziale Versorgung. Alle Fachkräfte zusammen ergeben für Dresden eine Ausstattung mit 16,58 Vollzeitkräften für die psychiatrische und psychosoziale Versorgung. Um die Empfehlung des Landes zu erfüllen, fehlen aktuell noch vier Fachkraftstellen4. Das Versorgungsgebiet Süd übersteigt mit insgesamt 10 VzK rechnerisch die empfohlene Landesvorgabe um 2,52 Vollzeitkräfte. Unter Berücksichtigung der beschriebenen Bevölkerungsstruktur der Versorgungsgebiete wird mit diesem relativ höheren Anteil an Fachkraftstellen den komplexeren Bedarfslagen Rechnung getragen. Der Personalschlüssel für die psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen berücksichtigt die Gesamteinwohnerzahl der Landkreise und kreisfreien Städte. Dementsprechend verändert er sich proportional mit dem Bevölkerungszuwachs oder -rückgang. Während die Entwicklung für Sachsen insgesamt durch ein Schrumpfen und Altern der Bevölkerung charakterisiert ist, wird für Dresden ein Bevölkerungszuwachs von 2,4 Prozentpunkten auf 529.632 Einwohner und Einwohnerinnen für das Jahr 2020 prognostiziert. Daraus würde sich ein perspektivischer Bedarf von 21,18 VzK für die Dresdner PSKB ableiten. Gebiet Einwohnerzahl Nord 158.416 EW Mitte 173.167 EW Träger Diakonisches Werk - Stadtmission Dresden e. V. (Diakonie) Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. (PTV) Gemeindenahe sozialpsychiatrische Versorgung Dresden gemeinnützige GmbH (GESOP) 187.037 EW Süd zusätzliche Fachkräfte in zwei BBT-Stellen für ältere Menschen mit einer psychischen Erkrankung Kooperationsverträge mit der AWO SONNENSTEIN gGmbH und dem Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. (DPBV) AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. (DPBV) Vollzeitkräfte Förderfähige VzK bei 1:25.000 EW 3,50 VzK 6,33 VzK 3,08 VzK 6,93 VzK 3,00 VzK 2,00 VzK 2,00 VzK 7,48 VzK 1,5 VzK 1,5 VzK 16,58 VzK 20,74 VzK Tab. 7: Verteilung der Vollzeitkräfte auf PSKB und BBT. Stand: 30.06.2011 Vgl. Bewertungssystem zur Erfassung der Versorgungsdichte und Versorgungsqualität des gemeindepsychiatrischen Verbundes Teil Psychiatrie, in: Arbeitshilfe - Psychiatrie Suchthilfe, 1999. 4 Als Fachkraft gelten Mitarbeiter/-innen mit einem Abschluss in Heilpädagogik, Sozialpädagogik/Soziale Arbeit und als Fachkrankenpfleger/-in für Psychiatrie. 3 22 Anschriften der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen: Nord Diakonisches Werk – Stadtmission Dresden e. V. Alaunstraße 84 HH 01099 Dresden Tel.: (03 51) 8 04 66 06 [email protected] www.diakonie-dresden.de Mitte Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Naumannstraße 3a 01309 Dresden Tel.: (03 51) 65 69 00 86 [email protected] www.ptv-sachsen.de Süd GESOP gemeinnützige GmbH Michelangelostraße 11 01217 Dresden Tel.: (03 51) 43 70 82 20 [email protected] www.gesop-dd.de Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Amalie - Dietrich - Platz 3 01169 Dresden Tel.: (03 51) 4 16 60 40 [email protected] www.ambulantes-pflegezentrum.de AWO Sonnenstein gGmbH Herzberger Straße 24-26 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 88 19 82 [email protected] www.awo-sonnenstein.de Neben den psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen steht Menschen mit einer psychischen Erkrankung und deren Umfeld der Sozialpsychiatrische Dienst als beratende Anlaufstelle zur Verfügung. Der kommunale Sozialpsychiatrische Dienst (SpDi) ist eine Abteilung des Gesundheitsamtes und ein niedrigschwelliger, d. h. ein allen offenstehender und leicht zugänglicher, ambulanter Dienst. (Zur ausführlichen Erläuterung des Angebots, siehe Kapitel 2.1.5.) 2.3.2 Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Wormser Straße 18 01309 Dresden Tel.: (03 51) 4 59 84 99 [email protected] www.ptv-sachsen.de Sozialtherapeutische Tagesstätte Die Sozialtherapeutische Tagesstätte ist ein teilstationäres komplementäres Angebot der Eingliederungshilfe. Wichtige Parameter zur Ausgestaltung dieses Hilfsangebotes sind in dem entsprechenden Leistungstyp gemäß Anlage 1 zum sächsischen Rahmenvertrag von 2006 geregelt. Dieser Vertrag wurde gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII zwischen dem Kommunalen Sozialverband Sachsen und den Trägern der freien Wohlfahrtspflege unter Beteiligung des SMS geschlossen. Die Leistungstypen sind durch den spezifischen Hilfebedarf einer bestimmten Zielgruppe definiert. Zuständig für die Ermittlung des Hilfebedarfs ist der Sozialhilfeträger. Die Begutachtung erfolgt über das Gesundheitsamt. Die Sozialtherapeutische Tagesstätte hält ein verbindliches tagesstrukturierendes Beschäftigungsprogramm an allen fünf Tagen der Woche für mindestens sechs Stunden täglich für einen festen Personenkreis vor. Damit übernimmt sie eine wichtige Brückenfunktion zwischen der stationären medizinischen Behandlung und der Vermittlung in berufliche Regelangebote bzw. in Integrationsfirmen und unterstützt die soziale und berufliche Rehabilitation. Das Angebot richtet sich besonders an Menschen, die schwer chronisch psychisch krank sind und auch das Regelangebot einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) nicht, noch nicht, nicht mehr oder noch nicht wieder in Anspruch nehmen können. Mit Hilfe der Tagesstätte können die Menschen Fähigkeiten, die verloren oder verloren geglaubt waren, wieder erlangen. Sie können sich auf medizinische Therapien vorbereiten, eine selbstständige Lebensführung wieder erlernen und so am Leben in der Gemeinschaft teilhaben. Die Besucherinnen und Besucher der Tagesstätte werden in der Regel über Psychiatrische Kliniken, Amtsbetreuer/-innen und andere ambulante sowie komplementäre Einrichtungen vermittelt. Erforderlich für die Aufnahme sind ein Sozialhilfeantrag und ein medizinisches Gutachten des Gesundheitsamtes. 23 Leistungsträger können der Kommunale Sozialverband Sachsen, das Arbeitsamt oder das Sozialamt von Dresden sein. Die Sozialtherapeutische Tagesstätte des PTV hat eine mit dem Kommunalen Sozialverband vereinbarte Kapazität von 18 Plätzen. Der Personalschlüssel beträgt 1,0 Vollzeitkraft für 9 Besucher/innen. 2.3.3 Bewertung des Versorgungsstandes Die Gleichstellung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung mit Menschen mit einer somatischen Erkrankung ist in den gesetzlichen Regelungen weitestgehend erreicht. Im alltäglichen Leben sind Menschen mit einer psychischen Erkrankung dennoch häufig benachteiligt. Grund dafür sind Berührungsängste der Umwelt, die auf Unwissenheit und fehlenden Umgang mit psychischer Erkrankung zurückzuführen sind. Es fehlt an umfassender Beratung und Aufklärung nicht-betroffener Bürger/innen, beispielsweise durch Anti-Stigmatisierungs-Programme, um eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen – wie in der UN-Behindertenrechtskonvention gesetzlich festgeschrieben. Menschen, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht immer in der Lage sind, adäquat mitzuwirken, wird vorschnell (absichtliche) Verweigerung der Mithilfe unterstellt. Darauf erfolgt zu oft zeitnah die Leistungskürzung. Leistungsträger müssen erkennen, dass fehlende Mitwirkungsfähigkeit ein Symptom der psychischen Erkrankung sein kann. Bei somatisch erkrankten Menschen ist die eingeschränkte Fähigkeit zur Mitwirkung greifbarer. Um zur Mitwirkung zu motivieren, bedarf es weiterhin der Niedrigschwelligkeit professioneller Angebote sowie zugehender, motivierender Hilfen, die Hemmschwellen abbauen. Um die Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen, wiederherzustellen und Menschen mit einer psychischen Erkrankung schnell in ihr soziales Umfeld wieder einzugliedern, bedarf es auch in Kontakt- und Beratungsstellen und der Tagesstätte einer Kontinuität in der Behandlung und professionellen Begleitung und Betreuung. Kontinuität kann nur erreicht werden, wenn Mitarbeiter und Mitarbeiterinn langfristig und unter Sicherstellung der qualifikationsbezogenen entsprechenden Finanzierung eingestellt werden. Dies wird zukünftig auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der Angebote berücksichtigt werden. Um die im Landespsychiatrieplan empfohlene bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen, fehlen derzeit mindestens vier Fachkraftstellen in den Kontakt- und Beratungsstellen. Dadurch ist eine ausreichende Anzahl an Personal nicht immer gewährleistet, die Kapazitäten sind begrenzt. Betreuungskontinuität wird auch hier durch ein stimmiges Entlassungsmanagement zwischen stationärem und ambulantem Bereich gefördert. Im Idealfall gibt es ein Entlassungsgespräch mit Klient bzw. Klientin, Klinik und nachsorgender ambulanter Einrichtung – dies betrifft vor allem die Tagesstätte. Ein solches Gespräch findet momentan zu selten statt. Die Methode des Entlassungsmanagements befindet sich derzeit in der Erprobung zusammen mit den freien Trägern, dem Sozialpsychiatrischen Dienst und den psychiatrischen Kliniken. Die Angebote zur Alltagsgestaltung und sozialen Wiedereingliederung verfügen insgesamt über einen hohen Standard der Hilfen. Dennoch fehlt es für die PSKB an verbindlichen, aufeinander abgestimmten und ausformulierten Standards zur Ausführung der Hilfen sowie an einer regelmäßigen und transparenten Evaluation. Die dafür notwendige, belastbare und durch das Land gesetzlich geregelte Psychiatrieberichterstattung steht noch aus. Höhere qualitative sowie Evaluations- und Dokumentationsanforderungen müssen mit Sicherstellung von fachlichen, personellen, technischen und zeitlichen Ressourcen einhergehen. Die gemeindenahe Versorgung in Dresden ist mit einem breiten ambulanten Angebot gut etabliert. Gerade durch die Aufteilung des Stadtgebietes in drei Versorgungsgebiete kann eine sozialräumliche Versorgung gewährleistet werden. An dieser Stelle müssen aber auch die Probleme und Bruchstellen thematisiert werden, die sich aufgrund der Unterteilung in Versorgungsgebiete ergeben. Es muss geklärt werden, welche Bedeutung die drei Versorgungsgebiete haben, wie die Kooperation 24 untereinander organisiert werden soll und wer welche Aufgaben sowie Funktionen innerhalb der Gebiete übernimmt. Im Versorgungsgebiet Süd ist die Zusammenarbeit der drei Träger über eine Kooperationsvereinbarung geklärt und wird unter anderem in Form regelmäßiger Netzwerktreffen umgesetzt. Verbindliche Absprachen zwischen den drei Hauptträgern der Versorgungsgebiete müssen noch geschaffen werden. Weiterhin ist zu klären, ob die Träger in den Versorgungsgebieten für die Erfüllung ihrer Aufgaben ausreichend ausgestattet sind. Wie bereits erwähnt, werden die fachlichen Empfehlungen zum Personalschlüssel noch nicht erfüllt. Das größte Defizit im Verhältnis Fachkraft zu Einwohnerzahl besteht in den Versorgungsgebieten Mitte und Nord. Das Versorgungsgebiet Süd ist zwar mit einem Fachkraftschlüssel von ca. 1:25.000 gut aufgestellt, es besteht aber aufgrund der beschriebenen sozialen Problemlagen ein höherer Bedarf. Innerhalb der Versorgungsgebiete muss die sozialräumliche Vernetzung noch weiter ausgebaut werden. Dazu gehört das Nutzen externer, bereits vorhandener Ressourcen, zum Beispiel in Form von anderen Beratungs- und Begegnungsangeboten im Stadtteil. Statt eine psychiatrische Parallelwelt zu schaffen, muss die Inklusion die Integration im nicht-psychiatrischen Bereich ersetzen. Hier können stadtteilbezogene Projekte, von denen alle Bürgerinnen und Bürger profitieren, einen Beitrag leisten. Neben den kontinuierlichen Angeboten bieten die PSKB professionelle Einzelberatung und Beratungsprozesse hauptsächlich nach systemischem Ansatz an. Diese dienen häufig zur Überbrückung von Wartezeiten bis zum Beginn der Psychotherapie, bei Therapiepausen, bis zum Beginn beruflicher Wiedereingliederung oder in schwierigen Lebensabschnitten (Trennung, Tod eines Angehörigen, schwerwiegende medizinische Diagnosen). Zudem bietet das professionelle Beratungs- und familientherapeutische Angebot nicht selten eine Alternative zur intensiv beanspruchten ambulanten psychotherapeutischen Versorgung. Die Inanspruchnahme der PSKB hat in diesem Bereich immer weiter zugenommen. Die zunehmende Nutzung der PSKB und des Sozialpsychiatrischen Dienstes zur Überbrückung macht das Fehlen fließender Übergänge zwischen dem ambulanten und dem stationären Bereich deutlich. Die Übergänge und Schnittstellen müssen besser ausgebaut und enger miteinander verzahnt werden, um eine intensive psychiatrische und psychosoziale Betreuung zu gewährleisten. Generell ist in allen Bereichen eine Zunahme komplexer Problemlagen der Klienten und Klientinnen zu verzeichnen. Dazu gehört eine starke Bündelung von finanziellen, partnerschaftlichen und sozialen Belastungssituationen in Verbindung mit gesundheitlichen Einschränkungen. Zusätzliche Bedarfe bestehen vor allem für junge Menschen mit einer psychischen Erkrankung (unter 35 Jahren), Menschen mit psychischer Erkrankung und zusätzlicher geistiger Behinderung oder Menschen mit Doppeldiagnosen (psychische Erkrankung und Sucht). Es handelt sich dabei um spezifische Problemlagen und Anforderungen der Klienten/-innen, denen sich die Mitarbeiter/-innen der PSKB und des SpDi zunehmend stellen müssen. Vor allem der Unterstützungsbedarf bei verschiedenen behördlichen Angelegenheiten ist gestiegen und hat einen aufwendigeren und zeitintensiveren Beratungs- und Begleitungsbedarf zur Folge. Migrationsberatungsstellen schätzen ein, dass insbesondere die Anzahl alleinstehender, älterer und alter Migranten/-innen, die teilweise deutschsprachliche Defizite aufweisen, zunimmt und Hilfebedarfe künftig komplexer werden. Die Niedrigschwelligkeit der Hilfsangebote ist insofern gegeben, als dass alle psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen unkompliziert, kostenlos und anonym genutzt werden können. Dennoch werden die Beratungsangebote aufgrund von Vorurteilen und Selbststigmatisierungsprozessen trotz bestehenden Bedarfs von einem Großteil der Menschen mit psychischer Erkrankung noch nicht ausreichend in Anspruch genommen. Niedrigschwelligkeit bedarf zusätzlich eines breiten Wissens über die Angebotsstruktur und die Erreichbarkeit der Hilfen. Dies ist für Dresden noch nicht ausreichend umgesetzt. Betroffenen, Angehörigen sowie professionellen Helferinnen und Helfern aus anderen Fachbereichen fehlen verständliche und transparente Informationen über die Unterstützungsmöglichkeiten und Zugangswege. Auf der anderen Seite lässt sich die Weitergabe der Informationen an Dritte nur schwer bis gar nicht steuern. 25 Gemeint ist unter anderem die Weitergabe der Informationen über Hilfsangebote durch niedergelassene Hausärzte/-innen an die Patienten/-innen. Über eine gemeindenahe Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel in Form der Beteiligung an Stadtteilaktionen, können nützliche Synergien und Begegnungsmöglichkeiten entstehen. Diese gilt es, kontinuierlich auszubauen und zu festigen. Grundlage für einen Wechsel von einem institutionszentrierten zu einem personenzentrierten Versorgungssystem ist ein breites Spektrum an Hilfsangeboten, um differenzierte individuelle Unterstützung zu ermöglichen. Dies bedarf einer besseren und verbindlicheren Abstimmung der Angebote mit allen an der Versorgung beteiligten Akteurinnen und Akteuren. Vierteljährlich findet bereits ein trägerübergreifendes Treffen der Leiterinnen und Leiter aller Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen von Dresden statt. Außerdem arbeiten die Träger in der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft mit und nehmen regelmäßig an deren Sitzungen teil. Eine die Institutionen übergreifende Zusammenarbeit findet vor allem innerhalb der jeweiligen Versorgungsgebiete statt. Die Mitarbeiter/-innen der PSKB stehen im Kontakt mit dem jeweils zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienst und den sozialen Diensten der zuständigen Krankenhäuser. Es fehlt jedoch eine vertragliche Regelung zwischen den Leistungserbringern und der Landeshauptstadt Dresden über die Standards der Zusammenarbeit zur Optimierung der am individuellen Bedarf orientieren Hilfen. Die bisherigen Versorgungsverträge mit den Trägern der Versorgungsgebiete enthalten lediglich einen Hinweis auf die Verpflichtung zur Vernetzung. Die Planung und Steuerung der psychiatrischen Versorgung wird im Bereich der Kontakt- und Beratungsstellen sowie der Tagesstätte durch die Zuständigkeit unterschiedlicher Leistungsträger erschwert. Die Sicherung des Bestands der Kontakt- und Beratungsstellen ist sowohl vom Haushalt des Freistaates Sachsen als auch der Landeshauptstadt Dresden abhängig. Ein weiterer Schritt in Richtung personenzentrierte Versorgung ist das Etablieren von Hilfeplankonferenzen, an denen Klienten/-innen, Leistungserbringer und Leistungsträger beteiligt sind. Die regelmäßige Organisation von Hilfeplankonferenzen scheitert oft an fehlenden Kapazitäten und organisatorischen Problemen. Die fallbezogene Zusammenarbeit der Einrichtungen und Dienste untereinander funktioniert sehr gut. In der Kooperation mit nicht psychiatrisch ausgerichteten Einrichtungen gibt es noch Verbesserungsbedarf. Zum Beispiel mit dem Bereich der offenen Altenhilfe und ambulanten Pflegediensten, vor allem aber in der Zusammenarbeit mit niedergelassenen Fach- und Hausärzten/-innen. Seit Bestehen der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft ist es nicht gelungen, eine/-n niedergelassene/-n Vertreter/-in der Fachärzte/-innen als Mitglied zu gewinnen. Häufig fehlt es den Einrichtungen an den erforderlichen zeitlichen und personellen Ressourcen, um dem Vernetzungsbedarf gerecht zu werden. Die Versorgung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung kann und soll nicht ohne deren Beteiligung stattfinden. Alle Kontakt- und Beratungsstellen bieten Räumlichkeiten und fachliche Anleitung für Selbsthilfegruppen an. Betroffene sind ehrenamtlich tätig und bringen sich aktiv in die Gestaltung ein. Die Beteiligung und Mitarbeit der Betroffenen sollte als Qualitätskriterium festgeschrieben werden. Die Beschäftigung mit Genesungsbegleitern/-innen (EX-IN-Ausgebildete) sollte befördert werden. Das Hilfepotential der Angehörigen muss weiter anerkannt und gefördert werden. Die Kontakte mit den Angehörigen haben in allen Bereichen zugenommen. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Angehörigengruppen einen stärkeren Zulauf haben. Vielmehr geht es um spezielle, individuelle Nachfragen im Sinne einer Einzelberatung. Die Mitarbeiter/-innen leisten zusätzliche Aufklärungsarbeit, die anderweitig benötigte Kapazitäten bindet. Bedarfe gibt es vor allem bei der Arbeit mit Kindern und Geschwistern von Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Trialogische und generationenübergreifende Konzepte müssen entwickelt werden. 26 2.3.4 Handlungserfordernisse Um die Integration bzw. die Inklusion von Menschen mit einer psychischen Erkrankung in die Gemeinschaft zu fördern, bedarf es einer offensiven Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Besonders die Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen sind dazu angehalten, mit den Bewohnern und Bewohnerinnen und anderen Beratungsangeboten in den Stadtteilen in Kontakt zu treten. Unverzichtbar ist dabei die Kooperation mit den Ortsämtern oder den Stadtteilbüros. Das Nutzen bereits vorhandener Strukturen soll das Entstehen von Parallelstrukturen verhindern. Um fehlende Konzepte für junge Volljährige auszugleichen, sind beispielsweise Kooperationen mit Jugendhäusern oder der Jugendhilfe sowie der Schulsozialarbeit denkbar. Durch Vernetzung in den Stadtteilen kann mehr Toleranz geschaffen werden. Über die Kontakt- und Beratungsstellen müssen persönliche Begegnungen mit den Vermietern/-innen, dem Wohnumfeld und Bürgerinnen und Bürgern der Stadtteile initiiert werden. Ein positives Beispiel ist das Projekt „Freizeitpartner“ in Kooperation der drei Kontakt- und Beratungsstellen im Versorgungsgebiet Süd. Bewohner/-innen des Stadtteils und Besucher/-innen der PSKB unternehmen gemeinsame Freizeitaktivitäten. Durch Anti-Stigma-Maßnahmen müssen Fremd- und Selbststigmatisierung abgebaut werden, um mehr Akzeptanz für Beeinträchtigungen im Lebensalltag infolge einer psychischen Erkrankung zu erzeugen. Vor allem Medienvertreter/-innen müssen verstärkt für das Thema sensibilisiert werden. Die vorhandenen Strukturen und Angebote der gemeindepsychiatrischen Versorgung müssen breiter bekannt gemacht werden. Dies gilt sowohl für Menschen mit einer psychischen Erkrankung als auch für nicht-psychiatrische Dienste und Einrichtungen. Informationen über das Hilfesystem bedürfen einer Weitervermittlung an Hausärzte/-innen, andere Fachärzte/-innen und Behörden. Zusätzlich zum Sozialpsychiatrischen Dienst sollen die Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen eine „Lotsenfunktion“ auf diesem Gebiet einnehmen. Geplant sind die Veröffentlichung eines Faltblattes, in dem alle psychosozialen Angebote der Stadt Dresden aufgeführt werden, sowie die Gestaltung eines Internetauftritts zur Erläuterung der gemeindepsychiatrischen Struktur. Verantwortlich dafür ist die Unterarbeitsgruppe „Öffentlichkeitsarbeit“ der PSAG. Weitere Ansatzpunkte zur Wissensvermittlung sind die Beteiligung an der Fortbildung der Allgemeinmediziner/-innen und eine Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung von Sachsen, um die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes und die Bereitschaftsärzte/-innen von Dresden über die gemeindepsychiatrische Versorgung zu informieren und enger einzubinden. Das Einbeziehen von Angehörigen spielt eine bedeutende Rolle, wenn über den Umgang mit einer psychischen Erkrankung aufgeklärt und Stigmatisierungen verhindert werden sollen. Psychoedukationskurse für Angehörige und Trialoggruppen sind eine wichtige Unterstützungsmöglichkeit, um Vorbehalte im direkten sozialen Umfeld abzubauen. Dadurch können Angehörige, aufgrund von eigenem Wissen, positiv darauf einwirken Hilfen so früh wie möglich in Anspruch zu nehmen. Der Austausch innerhalb von Angehörigengruppen muss stärker gefördert werden. Angehörigenarbeit sollte dezentral organisiert und der Bedarf stadtweit beobachtet werden. Psychiatrie-Erfahrene sollen in die Betreuung und Versorgung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung einbezogen werden. Ein mögliches Qualitätsmerkmal in Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen kann die Beteiligung Betroffener als Genesungsbegleiter/-in sein. Durch Projekte wie „EX-IN“ (siehe Kapitel 6.4) werden Psychiatrie-Erfahrene dazu ausgebildet, in Forschung, Ausbildung sowie psychosozialen Einrichtungen unterstützend tätig zu werden – sowohl für andere Betroffene als auch für professionell Helfende. Zu klären wäre hier, ob die Mitarbeit zusätzlich zu der regulären Fachkraftbesetzung erfolgen soll bzw. kann. Zu klären ist ebenfalls die Aufnahme der Beschäftigung von ausgebildeten Genesungsbegleitern/-innen in die Qualitätsstandards einer PSKB. Ein anderes wichtiges Betätigungsfeld ist die Ausbildung der professionell Helfenden. Hier ist es ebenfalls wichtig, Betroffene frühzeitig mit einzubinden und ihre Erfahrungen mit einfließen zu lassen. Die Beteiligung 27 Psychiatrie-Erfahrener hat dabei das Potential, die Inhalte und Strukturen der Ausbildung von psychiatrischen Fachkräften zu verbessern und zu einem besseren Verstehen und einer besseren Wahrnehmung der Bedarfe von Nutzern/-innen psychiatrischer Dienste beizutragen. Zur Sicherstellung einer intensiven psychiatrischen und psychosozialen Betreuung mit Blick auf eine personenzentrierte Versorgung außerhalb des stationären Bereichs muss allen Beteiligten, vor allem den Leistungsträgern, klar sein, dass ambulante Versorgung nicht gleichzusetzen ist mit einem geringeren Aufwand an professioneller Begleitung und Betreuung. Ambulante Begleitung und Betreuung kann nicht automatisch zu einem geringeren Betreuungsschlüssel führen. Genauso bedeutet stationäre Versorgung nicht automatisch ein Mehr an Betreuung. Die Beachtung des individuellen Bedarfs spielt eine zentrale Rolle. Dieser individuelle Bedarf muss frühzeitig fachlich festgestellt werden. Individuelle Hilfe lässt sich nur durch eine flexible Stundenanzahl gestalten, mit der ein Wechsel zwischen intensiver und lockerer Betreuung – je nach aktuellem Hilfebedarf – möglich wird. Notwendig ist eine bessere Verzahnung im ambulanten Bereich. Wichtige Stichpunkte sind Hilfebedarfserfassung/ -ermittlung, Hilfeplankonferenzen und Fallsteuerung unter entsprechenden Bedingungen. Ein Entlassungsmanagement zur Informationsweitergabe aus dem stationären in den ambulanten Bereich und umgekehrt befindet sich seit 2011 in einer Erprobungsphase. Diese soll weiter intensiviert werden und auf den Bereich der niedergelassenen Fach- und Hausärzte/-innen ausgeweitet werden. Der aktuelle Bestand von fünf Kontakt- und Beratungsstellen in den Sozialräumen in Dresden ist beizubehalten. Für eine bedarfsgerechte Versorgung im Bereich der Beratungsstellen ist es erforderlich, die vier noch offenen Fachkraftstellen zu besetzen. Sie sollten mit Erweiterungen der Kompetenzen und der Initiierung von Projekten im Bereich der Kinder von Eltern mit einer psychischen Erkrankung sowie im Bereich Gerontopsychiatrie unterlegt sein. Dabei sind räumliche und sächliche Ressourcen zu berücksichtigen. Notwendig ist die Aufstockung der PSKB in den Versorgungsgebieten Nord und Mitte mit je einer Fachkraft für den gerontopsychiatrischen Bereich. Die PSKB sollen in der Lage sein, die niedrigschwellige Arbeit zur Versorgung älterer Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung zu übernehmen. Die Aufgaben für diese Stelle müssen klar und deutlich definiert werden. Anliegen ist vorwiegend die Weiterbildung anderer Akteure und Akteurinnen des Unterstützersystems sowie die Weichenstellung und Anbindung der Betroffenen an das weiterführende Versorgungssystem. Im Weiteren sind eine enge Vernetzung mit der offenen Altenhilfe und dem SpDi sowie die fachliche Weiterbildung der PSKBMitarbeiter/-innen erforderlich. Ab dem Jahr 2013 soll im Versorgungsgebiet Mitte die Übernahme einer Vollzeitfachkraft zur Unterstützung von Kindern, Jugendlichen, Eltern und Familien mit psychischen Belastungen oder Erkrankungen erfolgen. Dafür wird die „Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern mit psychischen Belastungen und Erkrankungen“ (KiElt) des Psychosozialen Trägerverein Sachsen e. V. (PTV) an die Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle angegliedert. Bisher wurde KiElt durch „Aktion Mensch“ (von 2007-2009) und das Jugendamt (von 2010-2012) als Projekt finanziert. (siehe Kapitel 3.6.2.) In den Folgejahren muss geprüft werden, inwieweit eine Implementierung ähnlicher Angebote in den Bereichen Nord und Süd erforderlich ist. Eine fachliche Begleitung der Planung der Fachkraftstellen erfolgt durch die PSAG von Dresden. Das Gesundheitsamt beantragt für den dringend erforderlichen bedarfsgerechten Ausbau der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen entsprechende Haushaltsmittel. Unter Berücksichtigung eines weiteren Bevölkerungszuwachses für Dresden ist langfristig ein steigender Bedarf in der Besetzung mit Fachkräften in den Kontakt- und Beratungsstellen einzuplanen. Um die Qualität der Hilfen von Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen auf einem hohen Niveau zu halten, müssen gemeinsame angebotsspezifische Qualitätsstandards, eine gemeinsame Qualitätsentwicklung und -sicherung formuliert und festgeschrieben werden. Dazu gehören unter anderem Sozialraum- und Ressourcenorientierung, die Absicherung der Besetzung der Beratungsstellen mit multiprofessionellen Fachkräften sowie die Sicherstellung der langfristigen Einstellung des Personals. Dies bedarf einer entsprechenden Entlohnung, fortlaufender Qualifizierung als auch Möglichkeiten zur Supervision etc. 28 Desweiteren muss auf Grundlage der jährlich zu erstellenden Sachberichte der PSKB und des SpDi eine Abstimmung darüber erfolgen, welche soziodemografischen sowie andere Faktoren der Nutzer/innen der Einrichtungen für die zukünftige Angebotsplanung eine Rolle spielen und regelmäßig analysiert werden müssen. Die dafür notwendige, belastbare und durch das Land gesetzlich geregelte Psychiatrieberichterstattung steht noch aus. Die geschlechterspezifische Betrachtung ist als allgemeine Rahmenbedingung in der niedrigschwelligen psychiatrischen Versorgung umzusetzen. Frauen und Männer zeigen unterschiedliche Prävalenzen in Bezug auf psychiatrische Krankheitsbilder und unterscheiden sich im Umgang mit der Krankheit und ihrer Bewältigung. Aus diesem Grund ist auf eine ausgewogene Besetzung der Beratungsstellen mit männlichen und weiblichen Fachkräften zu achten. Die Beratungsstellen sollen dort, wo es als sinnvoll erachtet wird, getrennte Gruppenangebote organisieren. Für eine zukünftige geschlechtergerechte Angebotsdifferenzierung sind weiterführende Daten über die Unterschiedlichkeit von Mann und Frau, unter anderem im Hinblick auf die Nutzung der Beratungsangebote, notwendig. Auf der Grundlage der Standards ist eine vertragliche Regelung zwischen den Leistungserbringern und der Stadt Dresden erforderlich, zur besseren und verbindlicheren Abstimmung der Angebote. Die bisherigen Versorgungsverträge (Stand: 2000, geändert 2002) zwischen der Landeshauptstadt Dresden und den Trägern der Versorgungsgebiete enthalten lediglich einen Hinweis auf die Verpflichtung zur Vernetzung und müssen überarbeitet werden. Sie sollen eine klare und konkrete Aufgabendefinition für die Träger beinhalten, die alle vier Lebensbereiche (Gesundheit, Alltagsgestaltung, Arbeiten, Wohnen) und alle Altersgruppen umfasst sowie zur Vernetzung und Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene (SpDi, Jugendamt, Sozialamt) und den Kliniken verpflichten. Innerhalb des Gemeindepsychiatrischen Verbundes erfolgt die Verständigung über einen weiteren Ausbau und die Formulierung gemeinsamer Qualitätsmerkmale der Leistungserbringung. Dazu gehört unter anderem das reguläre Vorstellen und Abstimmen über neue, nachhaltig gedachte Projekte. Die Plattform der Zusammenarbeit bietet weiterhin die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft. 2.4 Arbeit und Beschäftigung Bei Diagnose einer psychischen Erkrankung verändert sich oft das gesamte Lebensumfeld der Betroffenen. Umso wichtiger ist es, nach erfolgter Behandlung zu einem eigenen sozialen Umfeld zurück zu finden. Dabei spielt auch das Arbeitsleben eine große Rolle: Erprobung und Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit durch Teilhabe am beruflichen Leben, Vermeidung von Isolation zu Hause, Anerkennung der Ausbildung oder der Tätigkeit, die sich in guten Leistungen niederschlägt, und das Erreichen von Erfolgserlebnissen sind nur einige Komponenten, die von Betroffenen in diesem Zusammenhang geäußert werden. In Dresden gibt es vielfältige Hilfsangebote, wenn es darum geht, durch Ausbildung das eigene Selbstbewusstsein nach einer psychischen Erkrankung wieder zu stärken. Abb. 9: Angebote im Bereich Arbeit und Beschäftigung 29 2.4.1 Prävention Prävention im Sinne vorbeugender Strukturen und Maßnahmen bzw. eines Risikoschutzes vor Arbeitsplatzverlust durch psychische Erkrankung sind im Dresdner Raum ansatzweise vorzufinden. Maßnahmen zur Primärprävention, die zur Gesunderhaltung der Arbeitnehmer/-innen und damit dem Erhalt wertvoller Fachlichkeit und des Arbeitsplatzes dienen, werden aktuell vorrangig von den Unternehmen selbst initiiert und finanziert oft auch in Zusammenarbeit mit den gesetzlichen Krankenkassen. Der § 20 SGB V regelt u. a. die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen zur: primären Prävention betrieblichen Gesundheitsförderung Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren in Zusammenarbeit mit den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung Förderung von Selbsthilfegruppen und Organisationen, die gesundheitliche Prävention oder Rehabilitation zum Ziel haben Aufgrund der aktuellen Entwicklungen des Arbeitsmarktes mit weiter steigenden Anforderungen an die Arbeitnehmer/-innen in Bezug auf Flexibilität, Engagement und die Aufweichung von Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit sollten auch arbeitsbezogene Maßnahmen zur Sekundärprävention angeboten und gefördert werden. Tertiärprävention bei bestehendem Arbeitsverhältnis ist für Menschen mit einer psychischen Erkrankung kaum, und wenn dann nur im Nachgang einer Rehabilitationsmaßnahme, gewährleistet. Spezielle übergeordnete Angebote für Betroffene mit psychischen Erkrankungen in Unternehmen gibt es derzeit nicht. Arbeitgeber/-innen müssen jedoch bei der Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern/-innen mit einer psychischen Erkrankung langfristig unterstützt werden, damit der Arbeitsplatz erhalten bleiben kann. 2.4.2 Berufliche Rehabilitation (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) Werkstätten für behinderte Menschen bieten die Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen, die nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Im Rahmen des beruflichen Rehabilitationsprozesses nach §§ 136ff SGB IX und der Werkstättenverordnung (WVO) erhalten Menschen mit Behinderung entsprechend ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten eine berufliche Bildung. Sie nehmen ihrem Leistungsvermögen entsprechend am Arbeitsleben teil, können soziale Kontakte pflegen wie auch positive Erfahrung von Akzeptanz und Erfolg im Arbeitsleben machen. Ziel ist die Wiedereingliederung ins Arbeitsleben unter geschützten Bedingungen. In Werkstätten werden Aufträge für die Industrie und den Dienstleistungsbereich bearbeitet. Die Leistungen der Beschäftigten werden mit einem monatlichen Werkstattentgelt aus dem Arbeitsergebnis vergütet. Geschultes Fachpersonal begleitet den Ausbildungs- und Arbeitsprozess und steht bei Fragen und Problemen assistierend zur Seite. Es gibt begleitende Angebote zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung. Die Kosten für einen Werkstattplatz tragen der überörtliche Sozialhilfeträger, die Berufsgenossenschaften, die Deutsche Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit. Die Werkstätten folgender Leistungserbringer bieten Arbeitsplätze für Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung an: 30 CSW Christliches Sozialwerk Dresden gGmbH Evangelische Behindertenhilfe Dresden und Umland gGmbH Lebenshilfe Ortsverband Dresden e.V. – Inpuncto Werkstätten Cultus gGmbH der Landeshauptstadt Dresden Gut Gamig e.V. RPK Gut Gamig Straße des 17. Juni 25 Gebäude 103 B 01257 Dresden Tel.: (03 51) 32 31 26 70 www.gut-gamig.de Psychosozialer Trägerverein Sachsen e.V. Bärensteiner Straße 23-25 01277 Dresden Tel.: (03 51) 2 50 64 50 [email protected] www.ptv-sachsen.de Rehabilitation Psychisch Kranker (RPK) Einrichtungen zur Rehabilitation für Menschen mit einer psychischen Erkrankung bieten individuelle medizinisch-berufliche Rehabilitation für Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung und Menschen mit einer Behinderung aus der Hand eines multiprofessionellen Teams unter fachärztlicher Leitung an. Die Maßnahmen sind in erster Linie geeignet für Menschen mit Psychosen, aber auch für Menschen mit affektiven- oder Persönlichkeitsstörungen. Sie sind ungeeignet für Personen mit einer Suchterkrankung, ebenso für Personen, bei denen die ambulante fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung ausreichend ist. Übergeordnete Ziele sind die Verbesserung des Umgangs mit den Krankheitsfolgen sowie die Erprobung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben. Die Maßnahme wird ganztägig ambulant (als Pendler/-in) durchgeführt, nur im Einzelfall stationär. Die Integration der medizinischen Rehabilitation nach § 40 Abs. 1 SGB V und der beruflichen Rehabilitation nach § 35 SGB IX in einer Einrichtung ermöglicht die kontinuierliche Begleitung der Rehabilitationsteilnehmer/-innen über einen befristeten Zeitraum von maximal zwei Jahren. Sachsenweit gibt es insgesamt vier RPK-Einrichtungen. Belastungs- und Arbeitserprobung (BuA) Die Belastungs- und Arbeitserprobung ist eine Maßnahme, in der Menschen mit psychosozialen Einschränkungen und psychischen Erkrankungen beschäftigt werden, deren Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt nicht nachgefragt wird und bei denen Hemmnisse und Motivationsprobleme vorliegen (Menschen mit großen Vermittlungshemmnissen). Sie sind nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar und haben einen hohen Bedarf an individueller Unterstützung und Förderung. Auch Menschen mit Suchtmittelkonsum, die in der Lage sind, den grundlegenden Anforderungen der Maßnahme zu entsprechen, werden im Rahmen des Konzeptes integriert. Regionale Erhebungen in sozialpsychiatrischen Hilfsangeboten geben Hinweise darauf, dass für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen die Beschäftigungsbilanz dramatisch ausfällt. Maximal 10% dieser Personengruppe sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Voll- oder Teilzeit) beschäftigt. Rund 20% haben einen geschützten Arbeitsplatz in einer Werkstatt für behinderte Menschen und etwa 5% nutzen Angebote zum beruflichen Training bzw. zur beruflichen Rehabilitation. Hilfsangebote, die auch Tagesgestaltung und damit Beschäftigungsmöglichkeiten bieten, werden von rund 15% genutzt. Die andere Hälfte der Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung ist ohne jegliches Arbeits- und Beschäftigungsangebot von der Teilhabe am Arbeitsleben ausgeschlossen.5 Primäres Ziel der Belastungs- und Arbeitserprobung ist die Teilhabe am Arbeitsleben. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, sind zunächst Voraussetzungen wie die Schaffung einer eigenen Motivation zum Arbeiten, die Beseitigung von Vermittlungshemmnissen durch das Bewusstwerden, Verstehen und Bearbeiten individueller psychosozialer Problemlagen sowie das Erkennen und Stärken verbliebener Ressourcen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu schaffen. Die Dauer der Maßnahme beträgt insgesamt 12 Monate. Sie wird unterteilt in zwei Phasen: 1. Phase : Motivations- und Orientierungsphase (ca. drei Monate) 2. Phase : Erprobungs- und Belastungsphase (ca. neun Monate), deren letzter, etwa sechswöchiger Bestandteil die Ablösungsphase ist. Mittels arbeitsmarktnaher Aufgaben und Bedingungen werden neben dem Training der motorischen Fertigkeiten, der emotionalen und sozialen Fähigkeiten sowie der psychischen Belastbarkeit die Grundarbeitsfähigkeiten für eine erfolgreiche Integration auf dem Arbeitsmarkt ausgebildet. Dabei werden die Teilnehmer und Teilnehmerinnen intensiv und individuell sozialtherapeutisch und sozialpädagogisch betreut und aktuelle Problemlagen bearbeitet. Es finden Qualifikationstage zu unterschiedlichen Themen statt, die sich um das Feld Arbeit und Beschäftigung gruppieren und die Fähigkeiten zur (Wieder-) Aufnahme einer Tätigkeit verbessern. 5 AKTION PSYCHISCH KRANKE „Individuelle Wege ins Arbeitsleben“ 31 Gesetzliche Grundlagen: Die Belastungs- und Arbeitserprobung für Menschen mit einer psychischen Erkrankung (BuA) nach § 33 Abs. 4 SGB IX wird z. B. vom JobCenter Dresden im Rahmen der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten gemäß § 16d SGB II finanziert. Berufliches Trainingszentrum Dresden Friedrichstraße 24 01067 Dresden Tel.: (03 51) 88 82 60 [email protected] www.btz-dresden.de Berufliches Trainingszentrum (BTZ) Berufliche Trainingszentren sind Spezialeinrichtungen zur beruflichen Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Sie unterstützen bei der Abklärung realistischer beruflicher Perspektiven, der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt oder der Stabilisierung im Vorfeld einer Umschulung oder Ausbildung. Berufliche Trainingszentren haben das Ziel, praxisnahe Trainingsplätze zur Verfügung zu stellen und unter Berücksichtigung der psychosozialen Probleme den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu erreichen. Hierzu wird ein breit gefächertes Angebot an Methoden, Hilfs- und Förderangeboten genutzt, das speziell auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt ist. Gesetzliche Grundlagen: Die Förderung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. § 33 SGB IX erfolgt durch die in § 6/6a SGB IX genannten Rehabilitationsträger, wie zum Beispiel die Agentur für Arbeit, die Deutschen Rentenversicherungen oder die Berufsgenossenschaften. Das BTZ Dresden ist ein Geschäftsbereich der Berufsbildungswerk Sachsen GmbH und darüber hinaus eine anerkannte Einrichtung der beruflichen Rehabilitation nach § 35 Sozialgesetzbuch IX. Teilnehmer/-innen erhalten hier nach psychischer Erkrankung ein speziell auf ihre Leistungsfähigkeit zugeschnittenes berufliches Training und können ihr Wissen unter betriebsnahen Bedingungen in vier verschiedenen Trainingsbereichen (handwerklich-technischer, kaufmännisch-verwaltender, gestalterischer, hauswirtschaftlicher Bereich) auffrischen sowie neue Kenntnisse und Fähigkeiten dazu gewinnen. Ziel ist die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt. Die allmähliche Steigerung der beruflichen Anforderungen und begleitende Bearbeitung von psychosozialen Schwierigkeiten durch ein multiprofessionelles Team ermöglichen und unterstützen den (Wieder)Einstieg in das Berufsleben. Externe Praktika bieten die Möglichkeit, sich im Arbeitsleben zu erproben sowie gleichzeitig Perspektiven für eine spätere Übernahme in ein Arbeitsverhältnis zu besprechen. Beziehungskontinuität ist über den gesamten Reha-Prozess eine wesentliche und Erfolg sichernde Grundlage der Zusammenarbeit mit Teilnehmern/-innen. Aktuell liegt die Kapazität bei ca. 70 Plätzen. Jährlich erfolgt eine wissenschaftliche Evaluation der Leistungsqualität. Das BTZ Dresden ist Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Beruflicher Trainingszentren (BAG BTZ). Zur Erreichung der individuellen Ziele für jede/-n Einzelne/-n arbeitet das BTZ Dresden in einem standortübergreifenden Netzwerk mit Reha-Trägern, Kliniken, anderen Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und Arbeitgebern/-innen zusammen. Das Angebotsprofil des BTZ Dresden 32 Berufliches Training: individuelle Maßnahme mit dem Ziel, den direkten Einstieg in den Arbeitsmarkt im erlernten Beruf oder einer artverwandten Tätigkeit zu erreichen bzw. den aktuellen Arbeitsplatz zu erhalten (Dauer i.d.R. 11 Monate) Reha-Vorbereitungslehrgang: individuelles Angebot zur Stabilisierung und Vorbereitung auf eine anschließende Umschulung für Menschen mit einer klaren beruflichen Vorstellung (Dauer ca. 6 Monate). Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme: individuelle Maßnahme zur grundsätzlichen Berufserprobung und -orientierung mit dem Ziel der Aufnahme einer Berufsausbildung (Dauer ca. 11 Monate) Eignungsabklärung: individuelles Angebot zum Testen der Leistungsfähigkeit unter verschiedenen Anforderungen zur Feststellung der Eignung für Maßnahmen zur Beruflichen Rehabilitation (Dauer von 2 Wochen bis 3 Monate) Arbeitserprobung: individuelles Angebot, um in einem leidensgerechten Berufsbereich das aktuelle Potential und die Belastungsfähigkeit zu erproben und mit den Anforderungen des Arbeitsmarktes abzugleichen (Dauer i.d.R. 4 Wochen) Move: Gruppenangebot zur schnellen Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit mind. 6 Stunden Belastbarkeit und klaren Vorstellungen zur eigenen beruflichen Zukunft (Dauer: ca. 6 Monate) Berufsförderungswerk Dresden gemeinnützige GmbH Hellerhofstraße 35 01129 Dresden Tel.: (03 51) 8 54 80 www.bfw-dresden.de Berufsförderungswerk (BFW) Die Angebote der Berufsförderungswerke für berufliche Neuorientierung, Qualifizierung und Integration richten sich an Erwachsene, die ihren Beruf oder ihre Tätigkeit infolge Unfall oder Krankheit (auch psychische Erkrankungen) nicht mehr ausüben können. Das BFW-Profil ist deshalb auf die besonderen Anforderungen von Menschen mit gesundheitlichen Handicaps ausgerichtet. So wird parallel zur Qualifizierung eine psychologische, medizinische und sozialpädagogische Begleitung angeboten. Ziel ist es, den Teilnehmern/-innen eine gute Chance für den Neustart ins Arbeitsleben zu eröffnen und so eine nachhaltige Integration anzustreben. Dabei werden die Teilnehmer/-innen von Integrationsmanagern/innen unterstützt. Gesetzliche Grundlagen: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben prüfen und gewähren die in § 6/6a SGB IX benannten Rehabilitationsträger wie Deutsche Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit oder Berufsgenossenschaften und gesetzliche Unfallversicherungsträger. Das Jobcenter Dresden ist selbst kein Rehabilitationsträger, sondern lediglich in die Finanzierung der Rehabilitationsleistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit Dresden eingebunden. Die grundsätzlichen rechtlichen Grundlagen sind im SGB IX verankert, damit Menschen mit einer Behinderung, nach einer Erkrankung oder nach einem Unfall wieder zurück in den Arbeitsalltag und so ins aktive Leben der Gesellschaft finden. Zusätzlich hat jeder Rehabilitationsträger eigene Leistungsregelungen in den trägerspezifischen Sozialgesetzbüchern wie SGB III (Bundesagentur für Arbeit) oder SGB VI (Deutsche Rentenversicherung). Das BFW Dresden ist eine anerkannte Einrichtung für berufliche Rehabilitation nach § 35 Sozialgesetzbuch IX. Es ist Mitglied des Vereins „Die Deutschen Berufsförderungswerke e. V.“ Es kooperiert eng mit den genannten Reha-Trägern, mit Arbeitgebern/-innen der Region und natürlich auch mit anderen Einrichtungen im Reha-Bereich, u. a. mit Ärzten und Ärztinnen, Kliniken sowie dem Beruflichen Trainingszentrum Dresden. Angebotsprofil des BFW Dresden RehaAssessment: Individuelle Eignungsabklärung zur beruflichen Neuorientierung, Entwicklung einer Strategie für den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben. Reha-Vorbereitung: Vorbereitungslehrgänge erleichtern den Einstieg in die Qualifizierung durch Trainieren von Arbeits- und Lerntechniken, Auffrischen von Schulkenntnissen. Weitere Schwerpunkte sind kaufmännische und technische Grundlagen, Basiswissen in Englisch und Datenverarbeitung sowie das Prägen von Gesundheits- und Schlüsselkompetenzen. Überbetriebliche Qualifizierung: 2-jährige Ausbildung in über 20 Berufen in den Branchen Wirtschaft/Verwaltung, Handel/Dienstleistung, Elektronik, Informationstechnik, Konstruktion, Metalltechnik, Garten- und Landschaftsbau. Prüfung von der jeweils zuständigen Stelle, z. B. IHK Dresden. Betriebliche Qualifizierung: 2-jährige Ausbildung in Berufen des dualen Systems. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer absolvieren ihre Qualifizierung nach dem Vorbereitungslehrgang vom BFW Dresden begleitet in Berufsschulen und Unternehmen der Region. Diese Qualifizierung bietet das Berufsförderungswerk in Dresden und in den BFW-Regionalstellen Bautzen, Chemnitz und Cottbus an. Modulare Teilqualifizierung: Sie baut auf beruflichen Vorkenntnissen auf und strebt einen zeitnahen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben an. Inhalte und Dauer (max. 1 Jahr) orientieren sich am jeweiligen Bedarf. Modulares Integrationstraining MIT49+: Durch individuelle Beratung, Training und Qualifizierung bietet es speziell älteren Teilnehmern/-innen Chancen für eine Rückkehr ins Berufsleben. Case Management: Individuelle Maßnahmen zum Erhalt des Arbeitsplatzes. Die derzeit aktuelle Erfolgsbeobachtung vom 15.09.2011 zeigt, dass die Integrationsquoten der Absolventen und Absolventinnen des BFW Dresden bei 83% liegen. 33 Berufsbildungswerk Dresden Hellerhofstraße 21 01129 Dresden Tel.: (03 51) 8 43 76 75 [email protected] www.bbw-dresden.de Berufsbildungswerk (BBW) Berufsbildungswerke sind überregionale Einrichtungen zur beruflichen Erstausbildung von jungen Menschen mit Behinderung, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung auf besondere ausbildungsbegleitende Hilfen angewiesen sind. Zu diesem Zweck bieten BBW Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und Berufsausbildungen in anerkannten Ausbildungsberufen an. Zur Unterstützung stehen den Jugendlichen pädagogische, medizinische und psychologische Fachdienste zur Verfügung. Ziel ist die möglichst dauerhafte Eingliederung in Beruf, Arbeit und Gesellschaft. Gesetzliche Grundlagen: Die Förderung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfolgt über Rehabilitationsträger wie die Agentur für Arbeit, die Rentenversicherungen oder die Krankenkassen. Das BBW Dresden ist ein Geschäftsbereich der Berufsbildungswerk Sachsen GmbH und eine anerkannte Einrichtung der beruflichen Rehabilitation nach § 35 Sozialgesetzbuch IX. Es verfolgt ein ganzheitliches Konzept, das die Möglichkeit zum behindertengerechten Wohnen ebenso einschließt wie eine umfassende ärztliche und physiotherapeutische Betreuung sowie sozialpädagogische und psychologische Beratung. Die Kapazität des BBW Dresden liegt zurzeit bei 291 Plätzen in der Berufsausbildung, 64 Plätzen für die Berufsvorbereitung und 305 Plätzen im Wohnen. Die Bestehensquote der Absolventen/-innen liegt bei ca. 93%, die Vermittlungsquote bei ca. 80%. 2008 wurde das BBW Dresden von der IHK Dresden als hervorragender Ausbildungsbetrieb auszeichnet. Es ist Mitglied der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke“ (BAG BBW). Die Angebote des BBW Dresden Das BBW Dresden bietet Berufsausbildung und Maßnahmen der Berufsvorbereitung an. Es wird großen Wert auf die individuelle Förderung der jungen Menschen und Unterstützung bei der Persönlichkeitsentwicklung gelegt. Das BBW Dresden ist spezialisiert auf die Berufsausbildung und -vorbereitung von jungen Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Um den besonderen Bedürfnissen von jungen Menschen mit einer psychischen Erkrankung Rechnung zu tragen, leisten Mitarbeiter/-innen des Psychologischen Dienstes vielseitige Unterstützung. Sie beraten beispielsweise bei psychischen Problemen, machen Angebote zur Stressreduktion und Entspannung oder bieten psychologische und neuropsychologische Trainings an. Berufsausbildung Die Jugendlichen werden ausgebildet in staatlich anerkannten kammergeprüften Berufen der Berufsfelder: Elektrotechnik/Elektronik Informatik Bautechnik Drucktechnik Mechanik/Metalltechnik Wirtschaft/Verwaltung. Die Auszubildenden lernen im dualen Bildungssystem. Sie besuchen neben ihrer berufspraktischen Ausbildung die Berufsschulen der Stadt Dresden. Um Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt zu sammeln, finden Betriebspraktika während der Ausbildungszeit statt. Die Ausbildung dauert je nach Berufsabschluss zwischen 3 und 3 ½ Jahren. Berufsvorbereitung Berufsvorbereitende Maßnahmen sollen die persönliche und fachliche Eignung der Jugendlichen ermitteln, fördern und verbessern. Ziel der Berufsvorbereitung im BBW Dresden ist es, die Jugendlichen bis zu ihrer Ausbildungsreife zu betreuen. Im Mittelpunkt der Berufsvorbereitung stehen die Maßnahmen: Arbeitserprobung (Dauer 15 Arbeitstage) Eignungsabklärung (Dauer 49 Arbeitstage) Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB, Dauer i.d.R. 11 Monate, bis zu 18 Monate). 34 AT.Design Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Bärensteiner Straße 23-25 01277 Dresden Tel.: (03 51) 2 50 62 20 [email protected] www.arbeitstherapie-dresden.de www.ptv-sachsen.de Arbeitstherapie (Leistung der Krankenkassen) Die Arbeitstherapie ist ein Bereich der Ergotherapie (siehe Kapitel 2.1.7). Sie ist ein ambulantes medizinisches, verordnungspflichtiges Angebot nach § 32 SGB V. Arbeitstherapie als psychosozialer Therapieansatz unterstützt insbesondere im Handlungsfeld „Arbeit“ Menschen mit einer psychischen Erkrankung bzw. mit psychosozialen Problemen aller Altersstufen, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung konkret bedroht sind. Sie soll zur Gesundung und zu innerem Gleichgewicht beitragen und eine Chronifizierung verhindern. Zielstellung ist die Entwicklung, Verbesserung und der Erhalt der psychischen Grundleistungsfunktionen und Arbeitsfähigkeiten: Antrieb, Motivation, Ausdauer, Flexibilität, Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und Interaktionsfähigkeit. Weitere Ziele sind die Verbesserung der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten und die berufliche Rehabilitation. Zur Förderung und als Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben eröffnet Arbeitstherapie Menschen mit einer psychischen Erkrankung die Möglichkeit, ihr seelisches Befinden mittels beruflich orientierter Angebote zu verbessern. Die Arbeitstherapie bereitet auf ein Arbeitsverhältnis, auf eine Ausbildung oder eine Reha-Maßnahme vor. Therapeuten und Therapeutinnen begleiten und unterstützen die Teilnehmenden, sorgen für ein Gleichgewicht von Anregung und Belastung sowie für eine entspannte Arbeitssituation. Gesetzliche Grundlagen: Arbeitstherapie wird durch Krankenkassen, Unfallkassen, ggf. auch durch Patienten selber oder durch ein Persönliches Budget nach § 17 SGB IX finanziert. Nach dem „Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung“ (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) sowie nach den §§ 32 und 61 SGB V müssen Krankenversicherte eine Zuzahlung leisten. In der Dresdner Arbeitstherapie steht die Herstellung von edlen Holzkunstartikeln und kunsthandwerklichen Arbeiten aus Glas (Tiffany) im Vordergrund. Neben verschiedenen Büro- und Montagearbeiten bietet die Arbeitstherapie eine Einführung am PC sowie das Training kognitiver Funktionen an. Mit „ProAktiv“ und „ZERA“ werden auch zwei psychoedukative Gruppen zum Thema Krankheitsbewältigung bzw. Arbeit durchgeführt. Eine Jugendgruppe ist ausgerichtet auf die Kommunikations- und Interaktionsproblematik, die viele der jüngeren Patienten mitbringen. Die Zielgruppe dafür sind junge Menschen mit einer psychischen Erkrankung (in der Regel bis 26 Jahre). 2.4.3 Zuverdienstfirmen Zuverdienstfirmen dienen der Rehabilitation und Stabilisierung von Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen. Sie sind am Markt tätig und konkurrieren mit Firmen der gewerblichen Wirtschaft. Die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse gehören damit zum ersten Arbeitsmarkt. Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen erhalten im Rahmen von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen des Ersten Arbeitsmarktes eine ihrem Leistungsvermögen angepasste Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben. Da ein Anspruch auf Teilhabe am Arbeitsleben besteht, muss die Platzzahl in Zuverdienstfirmen dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Damit soll eine bedarfsgerechte und umfassende regionale Versorgung der Menschen mit einer psychischen Erkrankung gewährleistet werden. Zuverdienstfirmen haben das Ziel, eine personenzentrierte Tagesstrukturierung und Verdienstmöglichkeit anzubieten, um eine Erhaltung, Verbesserung oder (Wieder-)Herstellung der Erwerbsfähigkeit zu erreichen. Durch Zuverdienstfirmen können Wiedererkrankungen mit stationärem Aufenthalt vermieden oder deren Risiko verringert werden. Beschäftigungsverhältnisse in Zuverdienstfirmen bedürfen immer einer besonders intensiven Betreuung durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Dieser Betreuungsaufwand ist zu finanzieren. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt weniger als 15 Stunden. Die Tages- oder Wochenarbeitszeiten werden flexibel nach den Bedürfnissen der Beschäftigten und der Auftragslage der Firmen gestaltet. Längere Krankheitszeiten können dadurch kompensiert werden. 35 Gesetzliche Grundlage: Die Zuverdienstfirmen erhalten Zuwendungen nach der RL PsySu, um den Betreuungsaufwand für die Beschäftigten mit einer chronisch psychischen Erkrankung zu finanzieren. Zuverdienstfirmen in Dresden sind: Innovative Manufaktur gGmbH Tochter des Psychosozialen Trägervereins Sachsen e. V. Bärensteiner Straße 23 - 25 01277 Dresden Tel.: (03 51) 2 16 31 82 [email protected] www.ptv-sachsen.de Das Grundanliegen der „Innovativen Manufaktur gemeinnützigen GmbH“ (IMG) ist die Erhaltung, Verbesserung, Herstellung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit von Menschen mit einer psychischen Erkrankung, einer Behinderung oder von Menschen, die von einer Behinderung bedroht sind. Damit soll die Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer gesichert werden. Für die ca. 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist es wichtig, dass sie eine sinnvolle, wirtschaftlich notwendige Arbeit verrichten. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielseitig und die Arbeitszeiten können flexibel auf jede/-n Einzelne/-n abgestimmt werden. Durch die geringe Stundenzahl von unter 3 Stunden täglich oder auch nur drei Arbeitstage/Woche (mit 2,99 Stunden) sind die Mitarbeiter/-innen besser in der Lage, dem Leistungsdruck standzuhalten. Durch den individuellen Einsatz konnten die Lebensqualität erhöht und das Erkrankungsrisiko gesenkt werden. Die Mitarbeiter/-innen sind hochmotiviert und überdurchschnittlich qualifiziert. Sie arbeiten hier innerhalb einer unterstützten Lebensphase, zu der produktionsnahe Tätigkeiten und Dienstleistungen gehören. Bei Leistungsschwankungen und krankheitsbedingten Ausfällen, bei wiederholten und auch sehr langen Krankheitszeiten und bei Langzeitarbeitslosigkeit bietet die IMG eine Qualifizierung „Lernen im Arbeitsprozess“, gefördert durch den Europäischen Sozialfond, an. Durch Fachanleitung bzw. sozialpädagogische Betreuung erfolgen Kenntnisvermittlung und die Aktivierung vorhandenen Fachwissens in theoretischen sowie praktischen Übungen. Im Lehrplan sind 100 Stunden Unterricht festgesetzt: Einführungsphase zum Kennenlernen, Festlegung der Ziele, Erwartungen der Teilnehmer an das Projekt, Gruppenregeln erarbeiten Vermittlung von „Schlüsselqualifikationen“, verschüttete Stärken und positive Eigenschaften erkennen, Erarbeitung von systematischen Problemstrategien und Training von sozialen Kompetenzen Bewerbungstraining Grundlagenkenntnisse Hausmeisterdienste und Reinigung Grundlagenkenntnisse Malerarbeiten Grundlagenkenntnisse für Montagearbeiten (Zusammensetzung von Öldruckschaltern usw. ) Insgesamt werden pro Teilnehmer/-in während der Qualifikation ca. 600 Stunden in der Praxis im Montagebereich sowie Dienstleistungsbereich geleistet. Zugangsmöglichkeiten: Psychosozialer Trägerverein Sachsen e.V. Sozialpsychiatrischer Dienst des Gesundheitsamtes der Stadt Dresden Jobcenter der Stadt Dresden gerichtlich bestellte Betreuer niedergelassene Psychiater, Kliniken Betroffene aus der Stadt Dresden Die IMG leistet Dienste für Firmen beim: Montieren, Komplettieren, Verpacken in der firmeneigenen Montagehalle. Sie leistet außerdem Dienste für Haus und Garten: Rasen mähen, Winterdienst, Laubsammeln, Keller entrümpeln, kleinere Transporte, Hausmeistertätigkeiten. INTHIS – Diakoniewerkstatt Königsbrücker Landstraße 6a 01109 Dresden Tel.: (03 51) 8 88 19 33 36 Das Arbeitsprojekt INTHIS besteht seit 1994. Die Diakonie-Stadtmission Dresden betreibt dieses Projekt, um langzeitarbeitslosen Menschen mit einer Suchterkrankung einen Zugang auf den Arbeitsmarkt zu ermöglichen oder zu erleichtern und gleichzeitig die Rückfallgefahr zu verringern. In der Diakoniewerkstatt finden jährlich durchschnittlich 12 Personen nach Abschluss einer Entwöhnungsbehandlung eine befristete Beschäftigung im Sinne einer Belastungs- und Arbeitserprobung – zunächst für die Dauer eines Jahres auf Basis von Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II. Jedes Jahr gelingt die Vermittlung einiger Teilnehmer/-innen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Im INTHIS-Zuverdienstprojekt sind 8 arbeitslose oder berentete abstinente Menschen mit einer Suchterkrankung auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung angestellt. Sie können so ihre Fähigkeiten bei Reparatur- und Renovierungsarbeiten, Beräumungen oder Hausmeisterdiensten sinnvoll einsetzen und ihr Einkommen aufbessern. Für die Betreuung der Teilnehmer/-innen sind eine Sozialpädagogin als Projektleiterin und ein handwerklicher Anleiter zuständig. Sie koordinieren die Tätigkeit der Teilnehmer und Teilnehmerinnen, überwachen die Ausführung, entwerfen neue Projekte und führen Gruppensitzungen und Einzelfallhilfe durch. Mit den Suchtberatungsstellen in der Stadt Dresden besteht eine enge Zusammenarbeit. 2.4.4 AWO SONNENSTEIN gGmbH im Auftrag des Integrationsamtes Herzberger Straße 24/25 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 72 39 21 www.awo-sonnenstein.de Unterstützung Integrationsfachdienst (IFD) Der Integrationsfachdienst arbeitet im Auftrag des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen (Integrationsamt). Er berät, unterstützt und begleitet Menschen mit einer Behinderung oder von Behinderung bedrohte Menschen bei der Durchführung der Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Er berät bei allen Fragen im Zusammenhang mit der Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis, Eingliederung in das Arbeitsleben, der Sicherung des Arbeitsverhältnisses und der beruflichen Orientierung für Schulabgänger. Ziel der Arbeit ist die (möglichst dauerhafte) Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Beratungsangebot des IFD ist niedrigschwellig, anonym und kostenlos. Alle Daten jedweder Gespräche und Informationen unterliegen dem Sozialdatenschutz und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Die Beratungen können in der Beratungsstelle, aber auch vor Ort – z. B. in Betrieben, Schulen bzw. bei Hausbesuchen erfolgen. Auftraggeber sind neben dem Integrationsamt die Agenturen für Arbeit, die Jobcenter sowie die verschiedenen Rehabilitationsträger. Gesetzliche Grundlagen: Der Beratungs- und Betreuungsauftrag hat seine gesetzliche Grundlage in § 102 SGB IX (Aufgaben des Integrationsamtes). In Teil Zwei §§ 109 – 115 SGB IX sind die gesetzlichen Vorgaben zu Aufgaben und Adressaten und weitere Regelungen des Integrationsfachdienstes festgelegt. Weitere wichtige normative Grundlagen bilden zudem die Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) sowie das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG). Der IFD Dresden ist zuständig für die Arbeitsagenturbereiche Dresden und Pirna. Zusätzlich betreibt er den Fachdienst für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen für die Agenturbezirke Dresden, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Meißen. Angebotsprofil des IFD Dresden Der Integrationsfachdienst berät bei Fragen zur Behinderung und zum Schwerbehindertenrecht (bspw. Kündigungsschutz) zur Umsetzung auf einen anderen (geeigneteren) Arbeitsplatz zu Konflikten am Arbeitsplatz oder einer drohenden Kündigung zur Wiedereingliederung ins Arbeitsleben nach längerer Erkrankung zur Unterstützung bei der Beantragung von Zuschüssen zur Unterstützung bei der behindertengerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes Information zu Behinderungsarten und chronischen Krankheitsbildern zur Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz, bei Vorliegen einer Beauftragung der zuständigen Rehabilitationsträger unter erfolgsunabhängiger Finanzierung Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (Handlungsfeld1) Erstellen einer Potenzialanalyse zur Erfassung der Personal-, Sozial- und Methodenkompetenz 37 Einbindung aller Beteiligten in den Prozess der Berufsorientierung durch Etablierung eines Unterstützerkreises Organisation von Praxistagen vorwiegend in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes Gemeinsame Praxisauswertung und Fallberatung im Unterstützerkreis, Mitwirkung bei der Formulierung verbindlicher Ziele zwischen Schülerinnen und Schülern, deren gesetzlichen Vertretern und der Agentur für Arbeit Begleitung des Übergangs in das Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einschließlich der Erschließung und gegebenenfalls der Koordinierung anderer Fördermöglichkeiten sowie der Herbeiführung der rechtlichen Voraussetzungen (Schwerbehinderteneigenschaft), soweit dies im Einzelfall erforderlich ist 2.4.5 Helene-Maier-Stiftung Landgut Theisewitz Brösgener Str. 2 01731 Kreischa OT Theisewitz Tel.: (03 52 06) 25 00 www.helene-maier-stiftung.de Spezialisierte Angebote Helene-Maier-Stiftung Die Helene-Maier-Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Kreischa nahe der Landeshauptstadt Dresden. Die Stiftung wurde von Herrn Rudolf Presl (Unternehmensgruppe Klinik Bavaria) ins Leben gerufen und nahm 1996 ihre Tätigkeit auf dem Landgut Theisewitz auf. Die Helene-Maier-Stiftung erfüllt ihren satzungsmäßigen Zweck durch die Entwicklung und Bereitstellung von therapeutischen Programmen insbesondere für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen. Es ist das Ziel, auf Grundlage eines neuropsychologischen Konzeptes speziell auf diesen Personenkreis ausgerichtete Angebote zur beruflichen und sozialen Rehabilitation vorzuhalten und somit Teilhabechancen zu verbessern. Im Mittelpunkt aller Maßnahmen steht die Arbeit in den Werkstätten, im Übungsbüro sowie im Zweckbetrieb Landwirtschaft, der sich als regionaler Bio-Betrieb vor allem im Bereich des Obstbaus engagiert. Stiftungsprogramm: WAT – Wiedereingliederung in Arbeit oder Tätigkeit Programme für Leistungsträger: Stationäre erweiterte Belastungserprobung, Betreute Arbeitsplätze für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen Gesetzliche Grundlagen: § 26 und § 33 SGB IX 2.4.6 Bewertung des Versorgungsstandes Eine Gleichstellung in der beruflichen Integration von Menschen mit einer psychischen und Menschen mit einer somatischen Erkrankung wird durch irrationale Befürchtungen besonders auf Seiten der Arbeitgeber/-innen, bedingt durch fehlendes Wissen über psychische Erkrankungen, erschwert. Außerdem nehmen die bürokratischen Hürden bei der Beantragung von Hilfen weiter zu. Menschen mit psychischen Erkrankungen verfügen oftmals nicht über die dafür erforderlichen Fähigkeiten und können ihre Ansprüche nur begrenzt durchsetzen. Die vorhandenen Arbeitsangebote werden den Besonderheiten einer psychischen Erkrankung kaum gerecht. Zum Beispiel sind Arbeitsaufgaben in einer Werkstatt für behinderte Menschen zu wenig auf die Fähigkeiten von Menschen mit einer psychischen Erkrankung ausgerichtet. Sie tragen dadurch kaum zu ihrer Selbstverwirklichung oder einer Befriedigung durch Arbeit bei. Durch ausbleibende Finanzierung bei Erkrankung ist innerhalb der Werkstätten keine flexible Anpassung an eine phasenweise unterschiedliche Belastbarkeit der Patienten/-innen möglich. Es fehlt an Plätzen in Zuverdienstfirmen und damit an flexiblen und niedrigschwelligen Arbeitsmöglichkeiten, die entsprechend bezahlt werden. Es fehlen Möglichkeiten zur Halbtagsausbildung oder zur Unterstützung am Arbeitsplatz, wenn ein bestehendes Arbeitsverhältnis durch psychische Erkrankung gefährdet ist (z. B. Arbeitsassistenz oder Supported Employment). 38 Die Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden überwiegend ambulant erbracht. Die meisten Angebote von Arbeit und Beschäftigung befinden sich direkt in Dresden und sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Ausgehend vom heutigen Verständnis der Trennung von Wohnort und Arbeitsstätte ist dies positiv zu bewerten. Gemeindenah, also wohnortnah im engeren Sinne, und gleichmäßig über die Stadtteile verteilt sind sie nur in wenigen Fällen, da die Schaffung von Angeboten dieser Art nur ab einer gewissen Teilnehmerzahl sinnvoll ist. Insbesondere für Einrichtungen zur beruflichen Rehabilitation ist zur Erfüllung ihres Auftrages eine Konzentration an bestimmten, gegebenenfalls auch wohnortfernen Standorten erforderlich. Das betrifft insbesondere Berufsbildungswerke und Berufsförderungswerke, die daher auch Internatsplätze und ein 24-Stunden-Hilfsangebot vorhalten. Adaptionseinrichtungen für Menschen mit einer Suchterkrankung nach abgeschlossener medizinischer Rehabilitation sind bislang ausschließlich dezentrale stationäre Einrichtungen. Für sie gibt es derzeit keine ambulante Alternative. Im großstädtischen Ballungsraum wäre die mit der Adaption beabsichtigte soziale und berufliche Rehabilitation unter ambulanten Bedingungen durchaus möglich. Dazu sind Wohngruppen mit angemessener Betreuung (z. B. im Rahmen des ambulant betreuten Wohnens) und eine umfassende ambulante sozialpädagogische Begleitung für die Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich. Dieser Baustein kann das Hilfesystem wirksam ergänzen. Arbeits- und Beschäftigungsangebote können, bedingt durch gesetzlich geregelte Finanzierungswege, nicht kostenlos und anonym genutzt werden. Die Zugangsvoraussetzungen und -möglichkeiten sollten nach außen transparenter gestaltet und deutlicher kommuniziert werden. Die Trägerzuständigkeiten sind zwar klar geregelt, aber Verfahrenswege bleiben für Klienten und Klientinnen unklar und dadurch lange ergebnislos. Für den Betroffenen ist die Antragsstellung für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oft kompliziert, lang und damit – gerade auch aufgrund eigener Probleme – schwierig zu bewältigen. Hier entstehen Wartezeiten, die den Rehabilitationsprozess insgesamt verlängern und behindern. Auch das Wissen über bereits vorhandene Strukturen und Hilfsangebote ist noch nicht ausreichend auf die unterschiedlichen psychiatrischen sowie nicht-psychiatrischen Einrichtungen und Unternehmen verteilt. Vor allem das Konzept des „persönlichen Budgets“ nach § 17 SGB IX, als eine Form der Zugangsmöglichkeit, wird selten erfolgreich umgesetzt. Um ein personenzentriertes Versorgungssystem zu etablieren, ist ein stärkerer Fokus auf dieses Konzept und das der „Unterstützten Beschäftigung“ nötig. Zu wünschen ist eine vereinfachte, bedarfsorientierte, kurzfristig erreichbare und den spezifischen Bedürfnissen von Menschen mit einer psychischen Erkrankung angepasste Form der Subjektförderung (Persönliches Budget). Nötig sind flexiblere Regelungen und Verantwortungsübernahme durch Kostenträger. Die Betroffenen benötigen mehr Unterstützung bei Beantragung und Durchsetzung von RehaAnsprüchen. Eine wichtige Rolle in der beruflichen Rehabilitation spielt die Behandlungskontinuität. Ist diese nicht gewährleistet, können längere Wartezeiten entstehen, bis eine Maßnahme aufgenommen werden kann. Die Arbeits- und Beschäftigungsangebote in Dresden können zu einem großen Teil informationelle und personelle Kontinuität sicherstellen. Beides sind wichtige Erfolgsfaktoren für Integration und Inklusion. Ein stärkerer Fokus muss jedoch auf die Übergänge aus der Klinik in eine Rehabilitationsmaßnahme oder von einer Rehabilitationsmaßnahme in eine Werkstatt für behinderte Menschen gelegt werden. Um die Anschlüsse der Maßnahmen, die Übergänge zu den einzelnen Leistungsgebieten zu verbessern, müssen sich die Institutionen untereinander genauer abstimmen und sich über vorhandene Angebote regelmäßig austauschen. Auch aufgrund verschiedener Leistungsträger und -erbringer ist eine Kooperation und Vernetzung untereinander unabdingbar. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten der Leistungsträger erschweren unter anderem die Planung und Steuerung der Angebotsstruktur. Verbindliche Bedarfszahlen über die Mindestzahl an benötigten Plätzen – zum Beispiel für Zuverdienstprojekte – gibt es nicht. Ein regelmäßig stattfindendes Gremium ist die Unterarbeitsgruppe „Arbeit und Beschäftigung“ der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft der Landeshauptstadt Dresden. Die Leiterin der Unterarbeitsgruppe ist gleichzeitig berufenes Mitglied der PSAG. Niedergelassene Fachärzte/-innen müssen stärker in 39 die Zusammenarbeit einbezogen werden. Ihnen fehlt es häufig an Informationen über die Möglichkeiten des beruflichen Rehabilitationsprozesses. Die Stärkung der Selbstbestimmung („Empowerment“) ist notwendig. Menschen mit einer psychischen Erkrankung erleben sich in der (Arbeits-)Gesellschaft oftmals als hilflos und als unfähig, den an sie gestellten Anforderungen zu genügen. Teilweise werden Entscheidungen über ihren Rehabilitationsweg ohne sie oder über ihren Kopf hinweg getroffen. In anderen Fällen machen sich professionelle Helfer/-innen so unentbehrlich, dass ein Leben ohne sie kaum vorstellbar erscheint. Um dem entgegenzuwirken, wird in vielen Einrichtungen mit Arbeits-, Reha- und Beschäftigungsangeboten bereits mit systemischen Ansätzen und klientenzentriert gearbeitet. Der Klient bzw. die Klientin beeinflusst seine Rehabilitation, legt selbst seine Ziele fest und entscheidet mit über den Weg der Zielerreichung. Es werden Zielvereinbarungen geschlossen und mittels Zielerreichungsgesprächen deren Zwischenstand überprüft und reflektiert. Auch in Zukunft müssen Bedingungen geschaffen werden, damit Menschen mit einer psychischen Erkrankung noch mehr für sich selbst Verantwortung übernehmen, entscheiden und sorgen können sowie Abhängigkeit vom Helfersystem vermieden wird. Ebenso entscheidend ist das Unterstützungspotential der Angehörigen. Eine Rehabilitation bzw. eine Therapie ohne Einbeziehung der Familie und anderer Bezugspersonen ist schon deshalb weniger wirksam, weil damit der wichtigste Bereich außer Acht gelassen wurde, in dem sich das Leben der Klienten/-innen (nach der Rehabilitation bzw. nach der Therapie) vollzieht. Familienangehörige wirken stabilisierend auf die psychische Verfassung der Betroffenen; sie sind also ein gesundheitsfördernder Faktor. Angehörige unterstützen Menschen mit einer psychischen Erkrankung teilweise aufopferungsvoll, unter Aufgabe eigener Lebensinhalte. Sie leiden oftmals sehr unter der Erkrankung ihrer Familienangehörigen ebenso wie unter (psychodynamischen) Schuldzuweisungen. Während Menschen mit einer psychischen Erkrankung (in unterschiedlichem Maße) Hilfe zuteilwird, werden deren (gesunde) Angehörige oftmals allein gelassen. 2.4.7 Handlungserfordernisse Der Bedarf an Arbeitsplätzen in Werkstätten steigt auch für Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung. Aufgabe ist es, Teilhabemöglichkeiten außerhalb von Werkstätten zu schaffen, unter anderem auf Außenarbeitsplätzen als Brücke zum Ersten Arbeitsmarkt oder im Rahmen einer „Unterstützten Beschäftigung“ nach § 38a SGB IX. Zu prüfen bleibt, ob für Dresden ausreichend Plätze in Rehabilitationseinrichtungen für Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung vorhanden sind. Ausgehend von einer zu erwartenden Studie zu Arbeits- und Qualifizierungsprojekten für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und Menschen mit einer Suchterkrankung in Zuverdienstfirmen für Sachsen ist die Situation dieser Angebote in Dresden zu überprüfen und gegebenenfalls finanziell zu sichern. Begleitet wird die Studie von einer Arbeitsgruppe unter Leitung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz. Eine vereinfachte, bedarfsorientierte, kurzfristig erreichbare und den spezifischen Bedürfnissen von Menschen mit einer psychischen Erkrankung angepasste Form der Subjektförderung ist notwendig. Als Grundlage für die Umorientierung zu einem personenzentrierten Versorgungssystem werden insbesondere die rechtlich bindenden Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (Artikel 24 und 27) gesehen. Zur Ausgestaltung bedarfsgerechter und passender Leistungsangebote für eine Teilhabe am Arbeitsleben sowohl im Umfeld des Allgemeinen Arbeitsmarktes als auch betreuter/geschützter Beschäftigungsmöglichkeiten in entsprechenden Einrichtungen muss das Persönliche Budget nach § 17 SGB IX noch mehr als bisher als ein sinnvolles Instrument genutzt werden, um Personenzentrierung und Selbstbestimmung möglich zu machen. Als ein möglicher Ansatz zur Systemveränderung wird insbesondere die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Stufen der Arbeits-/Beschäftigungsmöglichkeiten gesehen. Ein weiteres daraus resultierendes Ziel soll das „Heraustreten“ aus Sondereinrichtungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen sein. 40 Notwendig sind flexiblere Beschäftigungsformen – zum Beispiel Teilzeitarbeitsplätze oder Halbtagsausbildungen – entsprechend den Fähigkeiten von Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Möglichkeiten der Unterstützung am Arbeitsplatz, z. B. durch Arbeitsassistenz, wenn ein bestehendes Arbeitsverhältnis durch psychische Erkrankung gefährdet ist, müssen geschaffen werden. Eine Form dessen ist Supported Employment bzw. Unterstützte Beschäftigung. Das Konzept beinhaltet die Unterstützung durch einen Job-Coach bei der direkten Integration im ersten Arbeitsmarkt. Arbeitsassistenz beinhaltet die langfristige Begleitung der Betriebe und der Arbeitnehmer/-innen, um den Arbeitsplatz zu erhalten. Nötig sind ebenfalls flexiblere Regelungen und Verantwortungsübernahme durch die Leistungsträger. Für diejenigen, für die eine Werkstatt oder eine Zuverdienstfirma (noch) nicht geeignet ist, können tagesstrukturierende und Beschäftigungsangebote einer Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstelle (zum Beispiel die Holzwerkstatt) im Zusammenwirken mit Ergo- bzw. Arbeitstherapie eine Alternative sein. Durch eine schrittweise Steigerung der Belastungsfähigkeit kann der Übergang in eine weiterführende Maßnahme erleichtert werden. Dies ist aber nur bei angemessener Personalausstattung umsetzbar. Beim Schaffen von neuen Arbeitsplätzen sollte den Ressourcen von Beschäftigten mit einer psychischen Erkrankung Rechnung getragen werden und sollten die Arbeitsaufgaben im Rahmen der Arbeitszeit zu realisieren sein. Um das Gelingen von beruflicher Rehabilitation zu erreichen, ist es notwendig, die Unternehmen in der Region mit einzubeziehen. So sollten Gremien der Wirtschaft (auf politischer Ebene) genutzt und für das Thema „Arbeit und Psyche“ sensibilisiert werden. Beispielsweise könnte ein Pool von potentiellen Mitarbeitern/-innen (ähnlich einer Zeitarbeitsfirma) über eine „Nachbetreuungsstelle“ vorgehalten werden. Eine Firma hat somit die Möglichkeit, unkompliziert die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin zu prüfen. Ein regionaler Verbund der Leistungserbringer bei der Erschließung und Akquise von Arbeits- und Betreuungsplätzen bietet zudem die Chance, personenzentrierte Eingliederungen passgenau gestalten zu können. Das Gespräch mit in Dresden ansässigen Unternehmen, den zukünftigen Arbeitgebern/-innen, muss gesucht werden. Es bedarf einer offensiven Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, damit Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder Menschen, die davon bedroht sind, wieder ins Arbeitsleben zurückkehren können oder gar nicht erst ausscheiden müssen. Zusätzlich spielen präventive Maßnahmen am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle, um einer psychischen Belastung vorzubeugen. Neben einer Aufklärung über die Erkrankung ist auch das Informieren über das bereits vorhandene Hilfsangebot notwendig. Um für den einzelnen mehr Transparenz in Angebote und Zuständigkeiten zu bringen, wäre eine neutrale Beratung sinnvoll. Beispielgebend sind hier die „Dresdner Bildungsbahnen“ zu nennen, die eine Beratung und Orientierung im Bereich der Bildung geben. Durch die Unterarbeitsgruppe „Arbeit und Beschäftigung“ wird ein entsprechendes Faltblatt erarbeitet, in dem die Angebotsstruktur im Bereich Arbeit und Beschäftigung dargestellt ist. Die Betroffenen müssen bei der Beantragung und Durchsetzung von Rehabilitationsansprüchen stärker unterstützt werden. Wartezeiten zwischen einzelnen Maßnahmen können durch eine frühzeitige multiprofessionelle Betreuung, die gemeinsam mit den Betroffenen Perspektiven entwickelt, reduziert bzw. vermieden werden. Das heißt beispielsweise aus der medizinischen Rehabilitation heraus Übergänge und Wege zu planen, Trägerkontakte zu aktivieren und dabei jeweils die regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Hierfür wäre eine Lotsenfunktion – ähnlich der Berufshelfer/-innen der Berufsgenossenschaft bzw. ein/-e Ansprechpartner/-in zur Steuerung des Gesamtprozesses – hilfreich. Der „Lotse“ kennt den oder die Betroffene/-n von Anfang an und kann den Rehabilitationsprozess professionell begleiten. Er kann den Prozess gut steuern und helfend bzw. unterstützend eingreifen. In schwierigen Situationen kann er gegebenenfalls sofort intervenieren und somit auch Kosten minimieren. Als weiteres Entwicklungsziel ist die Schaffung von Möglichkeiten eines durchgängigen Fallmanagements zu formulieren, wenn psychische Erkrankung absehbar zu einem Bruch in der 41 Erwerbsbiografie führt. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn aufgrund einer nicht vorliegenden Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung keine Einschaltung des Integrationsfachdienstes erfolgen kann. Für eine Ermittlung der individuellen Bedarfslagen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Betroffenen ist der Ausbau der Nutzung und Entwicklung von Assessments hilfreich, die auch zur Evaluation laufender Integrationsmaßnahmen Einsatz finden können. Um den Menschen mit einer psychischen Erkrankung in seiner Selbstbestimmung zu stärken, darf er nur in dem Maße beraten und begleitet werden, wie es tatsächlich nötig ist. Das Helfersystem muss sich zurücknehmen, sobald es möglich ist. Dazu ist u. a. die Einbindung von Freunden, (ehemaligen) Kollegen/-innen, Familie und anderen Bezugspersonen in das Helfersystem notwendig. Entscheidungen über den rehabilitativen Weg müssen in der Hand der Betroffenen bleiben. Dazu sind Behandlungsverträge und -vereinbarungen ein gutes funktionales Mittel. Anzustreben ist eine verstärkte Individualisierung und Flexibilisierung des Rehabilitations- und Hilfesystems, ein stärker systemisches Arbeiten der Leistungserbringer und ein Abbau bürokratischer Hürden bei der Reha- und Hilfebeantragung. Im Prozess der Wiedereingliederung von Rehabilitanden in den Arbeitsprozess sollte immer die Person im Mittelpunkt stehen. Im Fall einer Krise sollten Ansprechpartner/-innen bekannt sein. Selbsthilfegruppen können im Prozess der Rückführung in den Arbeitsmarkt ebenso eine wegweisende Funktion übernehmen. Die Anbieter von Arbeits-, Rehabilitations- und Beschäftigungsmöglichkeiten arbeiten mit interessierten Angehörigen gern und eng zusammen. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben (einschließlich der Finanzierung) kann diese Beziehungsarbeit oft nur zusätzlich und unentgeltlich erbracht werden. Anzustreben ist eine Finanzierung von Angehörigenarbeit dort, wo sie noch nicht Bestandteil der Rehabilitation ist. Systemische Therapie sollte regelmäßig Bestandteil der Behandlung sein. Die Unterstützung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung durch ihre Angehörigen muss gesellschaftlich mehr anerkannt werden. Zur Umsetzung dieser Handlungserfordernisse sind eine enge Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den zuständigen Leistungsträgern (Arbeitsamt, Rententräger, KSV) und die Entwicklung geeigneter Angebote erforderlich. Die PSAG bzw. deren Unterarbeitsgruppe „Arbeit und Beschäftigung“ kann hier vermittelnd, fachlich beratend und konzeptionell unterstützend tätig werden. 42 2.5 Wohnen Vorübergehend kann es für Menschen mit einer psychischen Erkrankung nötig sein, in einem geschützten Umfeld zu leben und zu wohnen. Die betreuten Wohnformen sind entsprechend dem unterschiedlichen Hilfebedarf aufgebaut. Hilfen zur Selbstversorgung, zur Aufnahme und Gestaltung sozialer Beziehungen sowie zur Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben werden in unterschiedlicher Intensität erbracht. In Sachsen und Dresden gibt es ein abgestuftes dreigliedriges System bestehend aus sozialtherapeutischen Wohnstätten, Außenwohngruppen und aufsuchend ambulant betreutem Wohnen. Dieses Angebot wird in Dresden ergänzt durch betreutes Wohnen in Familien. Der Bedarf an betreuten Wohnformen ist kontinuierlich und regional zu überprüfen. Steigendem Bedarf ist durch Ausbau weniger institutionalisierter Wohnformen zu begegnen. (LPP 2011: 54) Wichtige Parameter zur Ausgestaltung der Hilfen sind in den Leistungstypen gemäß Anlage 1 zum sächsischen Rahmenvertrag von 2006 geregelt. Dieser Vertrag wurde gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII zwischen dem Kommunalen Sozialverband Sachsen und den Trägern der freien Wohlfahrtspflege unter Beteiligung des SMS geschlossen. Die Leistungstypen sind durch den spezifischen Hilfebedarf einer bestimmten Zielgruppe definiert. Zuständig für die Ermittlung des Hilfebedarfs und die Zuordnung zur Hilfebedarfsgruppe ist der KSV als überörtlicher Sozialhilfeträger. Die Angebote zum betreuten Wohnen sind Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die Rahmenbedingungen für eine gelingende Inklusion zu schaffen. Sofern der oder die Berechtigte nicht selbst durch den Einsatz von Einkommen und Vermögen zur Finanzierung der Betreuungsleistungen in der Lage ist, besteht gemäß § 54 SGB XII in Verbindung mit § 55 SGB IX im Rahmen der Eingliederungshilfe die Möglichkeit der Unterstützung durch den Sozialhilfeträger. Gemäß § 13 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (SächsAGSGB ) ist der Kommunale Sozialverband Sachsen u. a. für die Gewährung von teilstationären und stationären Leistungen sowie das ambulant betreute Wohnen für die Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen zuständig. Im Einzelfall kann für Personen ab vollendetem 18. Lebensjahr bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, in begründeten Einzelfällen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, auch eine Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers nach § 35a SGB VIII gegeben sein. Für die über 65-Jährigen ist das Sozialamt Dresden als örtlicher Sozialhilfeträger zuständig. 2.5.1 Ambulant betreutes Wohnen (abW) Das ambulant betreute Wohnen ist ein sozialpädagogisch begleitender Dienst, der Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung vorrangig in ihren Wohnungen aufsucht und begleitet. Die zum selbstständigen Leben in der Gemeinschaft erforderlichen individuellen Hilfen werden unter dem Aspekt „Hilfe zur Selbsthilfe“ gemeinsam in einem Hilfeplan festgelegt. Art und Umfang der Leistung richtet sich nach einem fachärztlich begutachteten Hilfebedarf. Die Begutachtung erfolgt über den SpDi oder den Medizinisch Pädagogischen Dienst (MPD) des KSV. In der Richtlinie zum ambulant betreuten Wohnen ist die Betreuung im Einzelwohnen mit einem Personalschlüssel von 1:12 bemessen. Laut Landespsychiatrieplan liegt die Messziffer für Sachsen aktuell bei 0,4 Plätzen je 1.000 Einwohner/-innen. (Vgl. LPP 2011: 58) Aufgenommen werden Menschen mit einer psychischen Erkrankung, die: bereits in einer eigenen Wohnung leben bzw. zukünftig leben werden stationärer Behandlung nicht mehr bedürfen, aber noch nicht ohne Begleitung in eigener Wohnung leben können aus einer sozialtherapeutischen Wohnstätte oder Außenwohngruppe in eine eigene Wohnung ziehen werden. 43 Auf der Grundlage eines Bezugsbetreuersystems werden folgende allgemeingültigen Ziele angestrebt: Erhalt und Förderung der Selbstständigkeit in der eigenen Wohnung Integration in die Gesellschaft Annahme und Umgang mit der Erkrankung Förderung der Kontakt- und Entscheidungsfähigkeit Bewältigung von Konflikten und Stresssituationen Fähigkeit zum Aufbau und Erhalt tragfähiger und stabiler Beziehungen. Für eine erfolgreiche Betreuung ist die Motivation der Antragsteller/-innen, das Leben eigenständig zu gestalten, von entscheidender Bedeutung. Nach Kostenzusage erfolgt im Rahmen der Fallsteuerung die gemeinsame Erstellung eines Hilfeplanes. Der Leistungserbringer bietet eine kontinuierliche Unterstützung im Sinne der Fallsteuerung u. a. in folgenden Bereichen an: Durchsetzung materieller und sozialer Rechte Inanspruchnahme fach-, haus-, nervenärztlicher und psychologischer Leistungen Selbstversorgung Einzelgespräche als Möglichkeit der seelischen Entlastung Training kommunikativer Fähigkeiten Tagesgestaltung, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben Arbeitssuche bzw. Beschäftigung Gruppenarbeit Zusammenarbeit mit Angehörigen. Betreuungsphilosophie: Achtung des Willens und der Persönlichkeit der Klienten/-innen Achtung und Wahrung der Intimsphäre Hilfe zur Selbsthilfe; gemeinsames Handeln bestimmt die Betreuung Klientenzentrierte Betreuung Möglichkeit der Beschwerde Gewährleistung des Datenschutzes Ressourcenorientierte Betreuung Leistungserbringer von ambulant betreutem Wohnen und vorhandene Plätze in Dresden: Tab. 8: Träger und Platzzahlen des ambulant betreuten Wohnens. Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden Versorgungsgebiet Leistungserbringer Einwohnerzahl Plätze Messziffer in Sachen 40:100.000 EW Nord Diakonisches Werk - Stadtmission Dresden e. V. (Diakonie) 158.416 EW 60 63 Mitte Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. (PTV) 173.167 EW 70 69 Süd Gemeindenahe sozialpsychiatrische Versorgung Dresden gemeinnützige GmbH (GESOP) 187.037 EW 60 75 Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. (DPBV) 35 6 Gut Gamig e. V. 231 44 207 Die Kapazitäten des abW für Menschen mit Suchterkrankungen sind hier nicht berücksichtigt. Im Gegensatz zum stationären Bereich ist Dresden im innersächsischen Vergleich mit Plätzen der ambulanten Betreuung gut ausgestattet. In Dresden liegt der Fokus schon immer, im Sinne einer gemeindenahen Versorgung, auf flexiblen ambulanten Wohnangeboten, um dadurch den stationären Bedarf zu verringern. Erweiterungen werden nach individuell festgestelltem Bedarf beantragt und nach Prüfung durch das Sozialamt befürwortet und durch den KSV bestätigt. Abstimmungen zum Bedarf erfolgen in Gesprächen zwischen der Abteilung Sozialplanung des Sozialamtes, dem Gesundheitsamt und den Leistungserbringern. Angebote für Menschen, die chronisch psychisch erkrankt sind, müssen von der PSAG bestätigt werden. Anbieter für ambulant betreutes Wohnen in Dresden: Nord Diakonie Alaunstraße 84 HH 01099 Dresden Tel.: (03 51) 8 04 67 08 [email protected] www.diakonie-dresden.de Mitte PTV Gabelsbergerstraße 27a 01309 Dresden Tel.: (03 51) 4 40 03 29 [email protected] www.ptv-sachsen.de Süd GESOP gemeinnützige GmbH Michelangelostraße 11 01217 Dresden Tel.: (03 51) 43 70 82 27 [email protected] www.gesop-dd.de 2.5.2 GESOP gemeinnützige GmbH Gasanstaltstr. 10 01237 Dresden Tel.: (03 51) 21 53 08 51 [email protected] www.gesop-dd.de DPBV Amalie-Dietrich-Platz 3 01169 Dresden Tel.: (03 51) 4 16 60 42 [email protected] www.ambulantes-pflegezentrum.de Gut Gamig e. V. Gamig Nr. 2 01809 Dohna Tel.: (03 52 9) 50 58 32 Betreutes Wohnen in Familie Im betreuten Wohnen in Familien nehmen Familien oder Lebens- bzw. Wohngemeinschaften einen Menschen mit seelischer Erkrankung in ihr Lebensfeld auf und lassen ihn am alltäglichen Leben teilhaben. Es dient vor allem der Vermeidung und Verkürzung eines stationären Wohnens z. B. in einer sozialtherapeutischen Wohnstätte. Vorteil ist dabei das Eingebunden sein in ein privates soziales Beziehungsnetz, in einen natürlich gewachsenen Alltag, und die Möglichkeit eines Zuhauses außerhalb professioneller Angebotsstrukturen. Bedingung ist die Bereitstellung eines eigenen Zimmers oder Appartements durch die Familie und die Zurverfügungstellung von Zeit. Die Gastfamilien erhalten eine monatliche Aufwandsentschädigung und eine Pauschale für Unterkunft und Verpflegung. Die Familien werden durch ein Fach-Team regelmäßig begleitet und unterstützt. Bisher fehlt die Finanzierung der Öffentlichkeitsarbeit, Akquise und der unabdingbaren Anbahnungsphase zur Vermittlung. Gesetzliche Grundlagen: Zwischen der Gastfamilie, dem Kommunalen Sozialverband Sachsen, dem Leistungsträger und dem Gastbewohner/der Gastbewohnerin wird eine Vereinbarung geschlossen. Die Gastfamilie erhält ein monatliches Betreuungsgeld, anteilige Miete und eine Pauschale für Unterkunft und Verpflegung. 45 2.5.3 Stationäres Wohnen in Außenwohngruppen und Wohnstätte Das Angebot „stationäres Wohnen“ unterliegt verschiedenen gesetzlichen Grundlagen, was die räumliche und sächliche Ausstattung, inhaltliche Arbeit, Finanzierung, Kooperation u. ä. betrifft: SGB VIII (Betreuung junger Volljähriger) SGB XII (Eingliederungshilfe) das Heimgesetz. Die Wohnstätte für Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung muss dem „Netzplan des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zu sozialtherapeutischen Wohnstätten für chronisch psychisch kranke Menschen“ sowie den „Empfehlungen des SMS zur baulichen Gestaltung (Planungsempfehlungen Wohnstätten)“ entsprechen. Finanziert wurden Investitionen dieser Angebote bisher nach RL-PsySu anteilig durch das Land Sachsen (85%) und den Leistungserbringer (15%). Entsprechend einem Erlass von Seiten des SMS vom 11. August 2010 ist zukünftig eine Förderung von Investitionskosten nur möglich, wenn sich die Kommune an der Finanzierung beteiligt. Die Förderung des Freistaates erfolgt maximal in Höhe des Kommunalanteils. Daneben ist für Außenwohngruppen und sozialtherapeutische Wohnstätten das „Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz“ (WBVG) anzuwenden. Es ist anzuwenden u. a. auf Verträge mit volljährigen Menschen mit einer Behinderung, wenn ihnen Wohnraum überlassen wird und Pflege- oder Betreuungsleistungen erbracht werden. Außenwohngruppe (AWG) Außenwohngruppen sind ein Wohn- und Betreuungsangebot für Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Sie sind das Bindeglied zwischen stationärer Unterbringung in einer Sozialtherapeutischen Wohnstätte und ambulanten Eingliederungshilfen und Wohnformen. Außenwohngruppen sind Teile der sozialtherapeutischen Wohnstätten. Sie sind organisatorisch und fachlich an die soziale und therapeutische Infrastruktur der sozialtherapeutischen Wohnstätte angebunden. Aufgenommen werden erwachsene Menschen mit einer psychischen Erkrankung, die über eine Selbstständigkeit und Stabilität verfügen, die die umfassende Betreuung in einer Sozialtherapeutischen Wohnstätte nicht mehr erfordert oder erwachsene Menschen, die bisher in einer ambulanten Wohnform lebten, aber einen erhöhten individuellen Hilfebedarf haben. Das Angebot kann auch von Menschen wahrgenommen werden, die bisher keine dieser Hilfen beansprucht haben. Der Betreuungsschlüssel liegt nach Maßgabe des KSV bei einer Betreuerin oder einem Betreuer für 6 Bewohner/-innen. Die Betreuung der Bewohner/-innen vor Ort findet in der Regel nachmittags und in den frühen Abendstunden statt. Nachts besteht eine telefonische Rufbereitschaft des Nachtdienstes der Wohnstätte. Voraussetzungen für eine Aufnahme sind: ein fachärztliches Gutachten (i.d.R. Formblatt A) eine schriftliche Zusage der Kostenübernahme durch den Leistungsträger bei einer Pflegebedürftigkeit, die nicht vordergründig ist, die Kostenübernahmeerklärung der Kranken- bzw. Pflegekasse für einen Pflegdienst der Nachweis über eine private Haftpflichtversicherung der Abschluss eines Wohn- und Betreuungsvertrages mit dem Leistungserbringer. Ziel ist es, ein weitgehend selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft ohne Ausgrenzung zu ermöglichen. Die Außenwohngruppe bietet den Bewohnern/-innen eine Chance zur Erprobung oder (weiteren) Stärkung der Verselbstständigung mit dem Ziel eines Wechsels in eine Wohnform mit weniger Betreuung. Die Unterstützung des Einzelnen richtet sich nach dessen individuellen Voraussetzungen und Fähigkeiten. 46 Die Standorte der Außenwohngruppen sind: Tab. 9: Träger und Platzkapazitäten für Außenwohngruppen Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden Versorgungsgebiet Einwohnerzahl Mitte 173.167 EW Leistungserbringer Plätze Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. (PTV) 11 Zwinglistraße 52 01277 Dresden seit 6.3.2007 Süd 187.037 EW Naumannstraße 3a 01309 Dresden seit 1.7.2005 Gemeindenahe sozialpsychiatrische Versorgung Dresden gemeinnützige GmbH (GESOP) Hochschulstraße 28/30 01069 Dresden seit Februar 2012 Klopstockstraße 50 01157 Dresden seit November 2011 9 8 8 36 Im innersächsischen Vergleich hat Dresden die niedrigste Anzahl von Außenwohngruppen-Plätzen. Chemnitz besitzt 31 Plätze und Leipzig zählt 52 (Stand: 31.12.2009). In Dresden wird das Angebot erbracht durch: GESOP gemeinnützige GmbH Außenwohngruppe I Hochschulstraße 30 01069 Dresden Tel.: (03 51) 50 14 01 84 [email protected] www.gesop-dd.de Außenwohngruppe II Klopstockstraße 50 (Hinterhaus) 01157 Dresden Tel.: (03 51) 31 62 79 16 [email protected] www.gesop-dd.de Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Außenwohngruppe I Naumannstraße 3a 01309 Dresden Tel.: (03 51) 3 13 94 84 [email protected] www.ptv-sachsen.de Außenwohngruppe II Zwinglistraße 52 01277 Dresden Tel.: (03 51) 31 40 39 99 [email protected] www.ptv-sachsen.de 47 GESOP gemeinnützige GmbH Schweizer Straße 12 01069 Dresden Tel.: (03 51) 21 39 17 17 [email protected] www.gesop-dd.de Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Gabelsbergerstraße 27a – 29 01309 Dresden Tel.: (03 51) 44 00 30 [email protected] www.ptv-sachsen.de Sozialtherapeutische Wohnstätten (WST) Das Angebot der Sozialtherapeutischen Wohnstätte beinhaltet die Unterstützung und Begleitung von Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung in folgenden Bereichen: Förderung eines angemessenen Umgangs mit der Krankheit Förderung der sozialen Kompetenz (Kontaktfähigkeit, Konfliktfähigkeit etc.) Training zum eigenständigen Leben Anleitung zur Tagesstrukturierung und sinnvollen Freizeitgestaltung Förderung eines realistischen und positiven Selbstbildes. Aufgenommen werden Personen ab dem 18. bis zum 65. Lebensjahr. Die Bewohner/-innen können über das 65. Lebensjahr hinaus in der Einrichtung bleiben, wenn die Betreuung in der Wohnstätte ihrem Hilfebedarf entspricht. Es werden Einzel- und Gruppenangebote durchgeführt. Die Betreuung erfolgt rund um die Uhr. Menschen, bei denen eine geistige Behinderung, eine Suchterkrankung oder eine gerontopsychiatrische Erkrankung im Vordergrund steht, werden nicht aufgenommen. Menschen mit einer Doppeldiagnose (Psychose und Sucht) können betreut werden, wenn die Betroffenen über einen längeren Zeitraum clean bzw. trocken sind, dies bleiben wollen und ihre Suchterkrankung bereits therapeutisch behandelt wurde. Die Bewohner/-innen werden derzeit in den Hilfebedarfsgruppen: Wohnen in der Wohnstätte mit interner Tagesstruktur Wohnen in der Wohnstätte mit externer Tagesstruktur Wohnen in der Außenwohngruppe mit interner Tagesstruktur und Wohnen in der Außenwohngruppe mit externer Tagesstruktur betreut. In der Stadt Dresden gibt es zurzeit zwei Sozialtherapeutische Wohnstätten. Die Wohnstätten haben eine Kapazität von insgesamt 66 Plätzen. In einer Wohnstätte wird ein Krisenzimmer (für Bewohner/innen der Außenwohngruppe) vorgehalten. Eine dritte Wohnstätte ist seit 2006 in Planung. In Dresden werden durch folgende Träger Wohnstätten bereitgehalten: Plätze Bedarf* 30:100.000 EW Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. (PTV) 36 52 187.037 EW Gemeindenahe sozialpsychiatrische Versorgung Dresden gemeinnützige GmbH (GESOP) 30 56 158.416 EW In Planung Diakonisches Werk Stadtmission Dresden e. V. (Diakonie) Dresden Klotzsche 32: 12 geschützte Plätze nach § 1906 BGB 20 offene Plätze für Menschen mit Doppeldiagnose 47 66 (98) 155 Versorgungsgebiet Einwohnerzahl Mitte 173.167 EW Süd Nord Leistungserbringer *laut sächsischem „Netzplan sozialtherapeutischer Wohnstätten für chronisch psychisch kranke Menschen“ Tab. 10: Träger und Platzkapazitäten der Wohnstätten, Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden 48 2.5.4 Bewertung des Versorgungsstandes Der Bedarf an Wohnplätzen in der stationären gemeindepsychiatrischen Versorgung ist durch die zwei Wohnstätten nicht ausreichend gedeckt. Dadurch ist nicht gewährleistet, dass Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung und stationärem Hilfebedarf in Dresden wohnen bleiben können. Deshalb gibt es seit 2006 Aktivitäten für eine dritte Wohnstätte. Ein darüber hinausgehender Ausbau an Plätzen ist nicht vorgesehen. Ambulante Angebote sollen stattdessen bedarfsgerecht weiter ausgebaut und finanziert werden. Für Menschen mit körperlichem Hilfebedarf soll ein an den individuellen Bedarfen und Ressourcen ausgerichtetes ambulantes Hilfsangebot möglich sein. Dazu sind oft flankierende Maßnahmen notwendig und eine konsequente Fallsteuerung unabdingbar. Innerhalb der Wohnstätten hat die Gruppe der alt gewordenen Menschen mit einer psychischen Erkrankung deutlich zugenommen. Eine adäquate Betreuung, vor allem in der pflegerischen medizinischen Versorgung, kann in den Einrichtungen nur unzureichend oder gar nicht durchgeführt werden, da das benötigte Krankenpflegepersonal in einer sozialtherapeutischen Wohnstätte nicht zwingend vorgehalten wird. Zudem hat diese Personengruppe andere Bedürfnisse, auf die mit anderen Konzepten als denen zur Motivation und Aktivierung reagiert oder eingegangen werden muss. Betreuungsanfragen von jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren nehmen ebenfalls verstärkt zu. Diese Personen kommen zum Teil aus Einrichtungen der Jugendhilfe und benötigen neben der sozialtherapeutischen Begleitung oft erzieherische Hilfen. Zum Teil liegt bei diesem Personenkreis zusätzlich eine Suchterkrankung vor. Der dadurch erhöhte Betreuungsbedarf wird derzeit nicht finanziert. Vordergründig fehlen spezielle Wohn- und tagesstrukturierende Betreuungsangebote, die auf die speziellen Themen junger Erwachsener, beispielsweise im Bereich Ausbildung und Beschäftigung, eingehen können. Einen Bedarf gibt es zusätzlich im Bereich der geschützten Unterbringung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Bereich der Wohnformen für Menschen mit Doppeldiagnosen aus dem Bereich Psychiatrie und Sucht. Diese Patienten und Patientinnen konnten bisher nur außerhalb von Dresden oder Sachsen untergebracht werden. Das führte häufig zum Abbruch der oft wenigen sozialen Kontakte. Die Unterbringung in der Wohnstätte ist bei einer Verbindung aus psychischer Erkrankung und Alkoholabhängigkeit oft problematisch, da ein striktes Alkoholverbot nicht bei allen Bewohnern/innen erforderlich und im Einzelfall daher nur schwer umzusetzen ist. Bezüglich illegaler Drogen sind Kontrollen und Hausordnung besser umsetzbar. Hier ist ein Ausbau der Vernetzung mit der Suchthilfe nötig – gerade in Bezug auf nicht abstinenzfähige Alkoholiker. In den Sozialtherapeutischen Wohnstätten in Dresden leben Menschen mit verschiedenen Störungs- und Krankheitsbildern. Spezialisierte Angebote für die oben genannten Bedarfsgruppen fehlen noch. Oft werden Wohnstätten als schnelle Lösung benutzt, wenn das Wohnen zu Hause nicht mehr möglich ist. In den letzten Jahren ist die Tendenz zu erkennen, dass Menschen mit einer schweren chronischen psychischen Erkrankung im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, die bisher von ihren Angehörigen (vor allem Eltern) betreut wurden, verstärkt Aufnahme in stationäre Wohnformen suchen. Durch eine vermehrte Aufnahme von männlichen Klienten ist ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis im Personal besonders wichtig geworden. Dies kann in den Wohnstätten zum Großteil gewährleistet werden. Nicht alle Klienten und Klientinnen, die einen ganztägigen und/oder intensiven Hilfebedarf haben, möchten stationär betreut werden. Doch die Suche nach eigenem Wohnraum wird durch die Erkrankung und damit einhergehender Stigmatisierung sowie geringem eigenem Einkommen erschwert. Es fehlt ein tolerantes Wohnumfeld, das für die Aufnahme von Menschen mit einer psychischen Erkrankung offen ist. Je später die Klienten/-innen in eigene Räumlichkeiten umziehen können, desto größer wird die Gefahr einer Hospitalisierung innerhalb der Wohnstätte. 49 Hospitalisierung kann auch durch fehlende Anreize zur Veränderung und Ängsten vor Veränderung bei den Bewohnern/-innen entstehen. Dem ist konzeptionell und in Absprache mit dem Kostenträger entgegen zu wirken. Auch die Angebote des ambulant betreuten Wohnens sind häufig mit dem Problem, geeigneten Wohnraum zu finden, und fehlender Akzeptanz für Menschen mit psychischer Erkrankung konfrontiert. Ängste und Vorbehalte in der Nachbarschaft und bei Vermietern/-innen stellen zunehmend ein Hindernis für die erfolgreiche Arbeit dar. Die erforderliche enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Nervenärzten/-innen ist aufgrund geringer Kapazität ebenfalls schwierig. Im abW nimmt die Zahl der jüngeren Antragsteller/-innen zwischen 20 und 30 Jahren zu. Hauptproblem sind hier oft die fehlende Berufsausbildung, Schulden, Verhaltensauffälligkeiten und Suchtmittelkonsum. Gestiegen ist auch der Anteil der ALG II-Empfänger/-innen und der Empfänger/-innen einer Erwerbsunfähigkeitsrente oder Grundsicherung. Für diese Bedarfsgruppe fehlt es an niedrigschwelligen Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Zugenommen haben Anträge auf ambulant betreutes Wohnen von Menschen mit einem so genannten „Vermüllungssyndrom“. Da dieses Störungsbild nicht klassisch im ICD-10 zu finden ist, werden die Anträge vom KSV oft nicht bewilligt, obwohl der Hilfebedarf groß ist. Die Kontaktaufnahme zum abW oder dem SpDi geschieht meist über Sozialarbeiter/-innen des Sozialamtes oder der Wohnungsgenossenschaften. Oft steht den Betroffenen schon eine Zwangsräumung bevor, so dass sie von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Werden Klienten und Klientinnen betreut, die mit ihren Kindern in einem Haushalt leben, bedarf es der Einbeziehung des Jugendamtes bzw. der Inanspruchnahme einer Familienhilfe. Leben die Kinder in Pflegefamilien oder anderen Einrichtungen der Jugendhilfe, kann es auch Inhalt des ambulant betreuten Wohnens sein, den Kontakt zu den Kindern bzw. der Pflegefamilie herzustellen und die Beziehung unter geschützten Bedingungen zu pflegen. Auf diesem Gebiet ist die Kooperation weiter zu vertiefen. Insgesamt besteht im Bereich Wohnen eine erhebliche Lücke in der Versorgung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung, die stark verhaltensauffällig und nicht in der Lage sind, sich an Regeln zu halten und mitzuwirken. Diese Personen lehnen das Angebot einer betreuten Wohnform häufig ab oder verlieren bedingt durch wiederholte Regelverstöße umgehend ihren Wohnplatz. Oft ist dieses krankheitsuneinsichtige Verhalten Grund dafür, dass die Betroffenen nicht zu kontinuierlicher ärztlicher Behandlung motiviert werden können. Es kommt wegen des auffälligen, teils belästigenden oder bedrohlichen, Verhaltens zum Wohnungsverlust. Da in diesen Fällen nicht zwingend eine unmittelbare oder erhebliche Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt, die eine Unterbringung rechtfertigen würde, werden die Betroffenen in Übergangswohnheimen aufgenommen. Dort ist eine adäquate Betreuung aufgrund des Personalschlüssels nicht zu leisten. Ein steigender Versorgungsbedarf besteht für Menschen mit einer geistigen Behinderung und psychischen Auffälligkeiten sowie für Menschen mit einer Autismusspektrumstörung, insbesondere in der Betreuung durch ambulantes Wohnen. 2.5.5 Handlungserfordernisse Um die Vorbehalte gegenüber Menschen mit einer psychischen Erkrankung weiter abzubauen, müssen die betreuten Wohnformen stärker in den jeweiligen Stadtteil integriert werden. Dies kann geschehen über die Einbindung von ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in den Wohnstätten, zum Beispiel als Freizeitpartner/-in für die Bewohner/-innen. Auch Angebote, die zur Inklusion beitragen und einer Abgrenzung der Wohnstätte von der Gemeinde entgegenwirken, sollten finanziert werden, z. B. Etablierung einer Fahrradwerkstatt (Zuverdienst) oder Räumlichkeiten in den Wohnstätten, die von Außenstehenden genutzt werden können. 50 Das Einbeziehen von Angehörigen spielt eine bedeutende Rolle bei der Verbesserung der Integration von Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Die Arbeit mit den Angehörigen sollte weniger als bisher institutionalisiert ablaufen, sondern Teil der individuellen Betreuung sein. Dies ist eine Ressource, muss aber von den Kostenträgern auch als höherer Aufwand in der Betreuung berücksichtigt werden. Psychoedukationskurse für Angehörige sind eine wichtige Maßnahme, um Verständnis zu erzeugen und innerfamiliäre Konflikte aufzulösen oder ihnen vorzubeugen. Bestätigung durch die Angehörigen ist ein wichtiger Faktor, um die Klienten/-innen auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit zu bestärken und zu motivieren. Die Angehörigenarbeit muss deshalb als Teil der individuellen Betreuung anerkannt und sowohl als Ressource als auch als höherer Betreuungsaufwand berücksichtigt werden. Um Hospitalisierung in stationären Wohnformen zu vermeiden, wäre es sinnvoll, die Wohnstätte zur Stabilisierung für einen begrenzten Zeitraum zu nutzen, um in dieser Zeit ein der individuellen Situation des Betroffenen entsprechendes Angebot zu etablieren. Damit würde auch der Situation Rechnung getragen, dass die Wohnstätten oft als schnelle Lösung genutzt werden, wenn das Wohnen zu Hause nicht mehr funktioniert. Gleiches gilt für die Außenwohngruppen. Ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis beim Personal muss beibehalten werden. Die Zusammenarbeit mit therapeutischen Angeboten, die sich mit geschlechtsspezifischen Themen auseinandersetzen, ist zu initiieren. Mit der Errichtung der geplanten dritten sozialtherapeutischen Wohnstätte, durch das Diakonische Werk - Stadtmission Dresden e. V., wird die Versorgungssituation in Dresden deutlich verbessert und durch die Einbeziehung von Plätzen zur Unterbringung nach BGB wird eine wohnortnahe Hilfe ermöglicht. Zusätzlich sollen Plätze für Patienten/-innen mit einer Doppeldiagnose (Sucht und Psychose) geschaffen werden. Dennoch wird der vom Land empfohlene Bedarf an stationären Wohnheimplätzen noch nicht ausreichend gedeckt. Der Bedarf an weiteren 57 Plätzen soll nicht über eine vierte Wohnstätte gedeckt werden. Geplant ist ein Ausbau von Wohnformen, die weniger institutionalisiert sind. Zukünftiges Ziel für Dresden ist der Ausbau alternativer Wohnformen, um dadurch das Einbinden in die Gemeindestruktur zu stärken und zu erleichtern. Der Wohnverbund beispielsweise ermöglicht das Leben im Wohngebiet und ermöglicht das Wohnen in eigener Wohnung in dichtem räumlichen Bezug zu Nachbarn, die ähnliche Gesundheitsprobleme bewältigen müssen. So werden im Wohnverbund auf einer Etage mehrere Einzelwohnungen angeboten. Das erleichtert zum einen selbstbestimmte Kontakte zu Nachbarn und gegenseitige Unterstützung untereinander, zum anderen aber auch das autonome Wohnen in eigenem und eigen gestaltetem Lebensraum. Durch die räumliche Nähe ist zudem eine intensive und bedarfsgerechte professionelle Unterstützung effektiver zu realisieren; es entfallen Wegeund Wartezeiten. Die Betreuung und Begleitung erfolgt individuell, zeitlich und inhaltlich entsprechend dem im Hilfeplan festgeschriebenen Bedarf. Hier sollen verstärkt kleinere Wohnangebote mit intensiver Betreuung im ambulanten Sektor geschaffen werden. Dafür sind flexiblere Finanzierungsmodelle erforderlich. Die Zeit in der Wohnstätte kann unter anderem dazu genutzt werden, zukünftige Mitbewohner/-innen für eine therapeutische Wohngemeinschaft zu finden. Wohngemeinschaften können auch durch das ambulant betreute Wohnen unterstützt begleitet werden. Durch die Einrichtung von Wohngemeinschaften und Außenwohngruppen in Mietwohnungen kann bei sinkendem Hilfebedarf eine Integration in den Sozialraum erfolgen. Dafür muss die Akzeptanz in dem potenziellen Wohnumfeld verbessert werden. Bei der Suche nach geeignetem und finanzierbarem Wohnraum ist die Unterstützung der Landeshauptstadt Dresden erforderlich, ggf. über Belegungsrechte. Bedarf (besonders auch für AWG-Plätze) besteht vor allem im Versorgungsgebiet Dresden-Nord. Denkbar sind auch Projekte, in denen mehrere Wohnungen zur Eigenanmietung zur Verfügung stehen und die Betreuung durch das ambulant betreute Wohnen angeschlossen ist. Hier bestehen aktuell oft Finanzierungsprobleme. 51 Spezifische kleinteilige Wohnprojekte sollten geschaffen werden für: junge Menschen mit einer psychischen Erkrankung und einem erzieherischen Hilfebedarf Menschen über 65 Jahre mit einer psychischen Erkrankung (Einbeziehung des örtlichen Sozialhilfeträgers) Menschen mit einer psychischen Erkrankung und Pflegebedarf Aufgrund des zum Teil schweren und chronischen Verlaufs psychischer Erkrankungen ist aber auch damit zu rechnen, dass ein Teil der Betroffenen über Jahre oder sogar dauerhaft stationärer Wohnformen bedarf. „Betreutes Wohnen in Familien“ kann eine Möglichkeit des individuellen langfristigen Hilfsangebotes sein. Dieses Projekt sollte zudem stärker beworben und weiter ausgebaut sowie begleitend wissenschaftlich evaluiert werden. Es bietet die Möglichkeit, mit Nicht-Betroffenen in einer Gemeinschaft zu leben und darüber am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Um den unterschiedlichen Bedarfsgruppen, die momentan in den Wohnstätten leben, gerecht zu werden, ist eine entsprechende Qualifizierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie eine Anpassung der Betreuungskonzepte nötig. Im Sozialamt wird die Leistungsstruktur der Wohnungslosenhilfe gegenwärtig weiterentwickelt. Personen mit psychischen Auffälligkeiten, die einem Übergangswohnheim zugewiesen wurden, sollen motiviert werden, an einem Hilfeplan mitzuarbeiten. In den Maßnahmekatalog des Hilfeplans kann zum Beispiel die Förderung einer Krankheitseinsicht oder der Umgang mit einer Suchtproblematik aufgenommen werden, um die Überleitung in andere Hilfesysteme zu öffnen. Für einen nachhaltig erfolgreichen Übergang aus der Wohnstätte in die Außenwohngruppe oder in ein ambulantes Setting ist es notwendig, in diesen Übergangszeiten den Betreuungsschlüssel flexibel zu gestalten und ihn dem aktuellen Hilfebedarf anzupassen. Ein vorübergehend höherer Bedarf muss vom Kostenträger finanziert werden. Übergänge zwischen Betreuungsformen sollten, wenn möglich, immer durch Bezugspersonen erfolgen, die dem Klienten bzw. der Klientin bereits vertraut sind. Die Flexibilisierung des Betreuungsschlüssels sollte auch für Betroffene gelten, die außerhalb von stationärer Betreuung auf einen Platz in einer Wohnstätte oder einer Außenwohngruppe warten. Eine verstärkte Nutzung des persönlichen Budgets in diesem Rahmen ist anzustreben. Damit Hilfesuchende nicht gezwungen sind in, eine andere Region umzuziehen, sollten Hilfen grundsätzlich unabhängig von Wartelisten im Bedarfsfall sofort zur Verfügung stehen. Die Vermittlung passender Hilfen ist nur durch die konsequente und fachlich fundierte Fallsteuerung nach Ermittlung des Bedarfs und der Ressourcen des Betroffenen möglich. Hierin wird eine zukünftige Aufgabe des SpDi gesehen. 2.6 Autorenverzeichnis Redaktionelle und inhaltliche Überarbeitung: Dr. Franziska Darmstadt, Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Cordula Cordts, Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Für Zuarbeiten danken wir folgenden Vertreterinnen und Vertretern psychosozialer und psychiatrischer Einrichtungen: Ambulante medizinische und klinische Versorgung: Kay Herklotz, Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Diana Liebig, GESOP gemeinnützige GmbH PD Dr. Matthias Schützwohl, Universitätsklinikum Dresden Dr. Franziska Darmstadt, Sozialpsychiatrischer Dienst Dresden 52 Arbeit und Beschäftigung: Franka Bruckner, Berufliches Trainingszentrum Dresden Katrin Dunst, Berufsförderungswerk Dresden Katja Frühauf, RPK Gut Gamig Kerstin Germar, Innovative Manufaktur gGmbH Bettina Hockauf, Jobcenter Dresden Holger Krähenberg, Arbeitstherapie, Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Henning Reichel, Diakonisches Werk – Stadtmission Dresden e. V. Stephan Schulze, Helene-Maier-Stiftung Ulrike Wyzisk, Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Tagesstruktur und Wohnen: Susa Rühle, GESOP gemeinnützige GmbH Karin Enke, GESOP gemeinnützige GmbH Gabriele Regner, GESOP gemeinnützige GmbH Sylke Sander, GESOP gemeinnützige GmbH Friedhard Wendler, Diakonisches Werk – Stadtmission Dresden e. V. Armin Heer, Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Karen Heller, Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Carola Küfner, Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Ina Bogisch, Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Andrea Keller, Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Helge Thied, AWO Sonnenstein gGmbH Nicole Erxner, Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Ulrike Wyzisk, Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt 53 3. Kinder und Jugendliche mit einer psychischen Erkrankung „Der Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie umfasst Diagnostik und Behandlung sowie Rehabilitation und Prävention psychischer Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Das Versorgungssystem für psychisch erkrankte Minderjährige besteht neben ambulanten, stationären, teilstationären und komplementären psychiatrischen Hilfeanbietern aus Institutionen und Einrichtungen der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe sowie weiteren Rehabilitations- und Sozialhilfeträgern. Überschneidungen mit benachbarten Fachgebieten wie Pädiatrie und zu den Bereichen der Sozial- und Heilpädagogik sind bei der Planung und Ausgestaltung der Versorgung Rechnung zu tragen.“ (LPP 2011: 63) Die Vernetzung und Kooperation der verschiedenen Hilfeanbieter ist die Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Versorgungssystem. Das medizinische Betreuungsangebot für Minderjährige mit einer psychischen Erkrankung besteht aus ambulanten, teilstationären und stationären Einrichtungen. Der Komplementärbereich wird von Einrichtungen der öffentlichen und freien Jugendhilfe, der Sozialhilfe und anderen Leistungsträgern abgedeckt. Somit ergibt sich eine Finanzierung nach SGB V, SGB VIII und SGB XII. Mit dem „Psychosozialen Arbeitskreis für Kinder und Jugendliche“ (eine Unterarbeitsgruppe der PSAG) und dem „Arbeitskreis Frühförderung“ des Sozialamtes haben sich Gremien bewährt, in denen am Versorgungssystem beteiligte Institutionen die Möglichkeit nutzen, auf aktuelle Probleme aufmerksam zu machen und ihre Vorschläge in die Gesundheits-, Sozial- und Jugendhilfeplanung einzubringen. Dabei wird auch darauf geachtet, die Sächsische Bildungsagentur in den Arbeitsprozess einzubinden, um die Reintegration von Kindern und Jugendlichen mit psychischer Erkrankung in den schulischen Bereich besser zu sichern. Es wird angestrebt, Kooperationsvereinbarungen als verbindliche Arbeitsgrundlage zwischen den einzelnen Institutionen abzuschließen. 3.1. Früherkennung und Frühförderung 3.1.1. Frühförderstellen und Arbeitskreis Frühförderung In Dresden erbringen vier interdisziplinäre Frühförderstellen – davon eine Frühförderstelle für hörgeschädigte Kinder – nach § 55 Abs. 2 Nr. 2, § 56 SGB IX, der Frühförderungsverordnung aufgrund § 32 Nr. 1 SGB IX und § 54 Abs. 1 S1, 1, HS SGB XII Leistungen der Früherkennung und Frühförderung für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder vor Schuleintritt in ambulant mobiler Form. Der Schwerpunkt liegt auf der Erbringung von Komplexleistungen. Pädagogische und therapeutische Fachkräfte sowie Diplompsychologen arbeiten interdisziplinär zusammen. Die Indikation wird von einem Facharzt bzw. einer Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin gestellt. Gemäß § 4 der „Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder“ (Frühförderverordnung) erbringen die Sozialpädiatrischen Zentren des Städtischen Krankenhauses Dresden-Neustadt und des Universitätsklinikums heilpädagogische Frühförderung in ambulanter Form bei Kindern, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung nicht von 54 interdisziplinären Frühförderstellen behandelt werden können. Für jedes Kind wird ein jährlich zu aktualisierender Förderplan erstellt. In dem vom Sozialamt geleiteten „Arbeitskreis Frühförderung“ arbeiten Akteure aus dem Sozialamt, dem Kinder- und Jugendärztlichen Dienst, dem Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen, dem Jugendamt, den Frühförderstellen, dem Sozialpädiatrischen Zentrum des Krankenhauses Dresden-Neustadt, dem Sozialpädiatrischen Zentrum des Universitätsklinikums und der Sächsischen Bildungsagentur Regionalstelle Dresden in einem Netzwerk zusammen, um die Qualität der Frühförderarbeit zu sichern und weiter zu entwickeln. Die Frühförderleistungen sind seit 2008 kontinuierlich gestiegen, was mit den steigenden Geburtenzahlen korreliert. 3.1.2. Frühe Hilfen in der Stadt Dresden In Dresden gibt es eine Vielzahl von Projekten und Beratungsangeboten zum Thema „Frühe Hilfen“. Mit Begrüßungsbesuchen, Familienpaten, Familienzentren, Angeboten zur Entwicklungsförderung für Säuglinge und Kleinkinder stehen freie Träger, Vereine und städtische Einrichtungen in der Prävention psychosozialer Konflikte für Familien zur Verfügung. 3.2. Ambulante medizinische Versorgung 3.2.1. Niedergelassene Fachärzte/-innen für Kinder- und Jugendmedizin Die Fachärzte/-innen für Kinder- und Jugendmedizin sind oft die ersten Ansprechpartner/-innen für Eltern, aber auch Jugendliche bei Problemen in der Entwicklung, in der Familie, bei Trennungen und Konflikten, bei Lernstörungen, Schulängsten und Misshandlungen jeglicher Art, aber auch bei sexuellen Problemen oder Unsicherheiten in der sexuellen Identität. Bei Kindern unter 6 Jahren müssen die Kinderärzte/-innen das Leid oft am Verhalten der Kinder erkennen. Kinder über 6 Jahre nutzen auch spontan die Gelegenheit, einen Missstand verbal kund zu tun, wenn man sie gut kennt. Durch die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen können die niedergelassenen Fachärzte/-innen die Entwicklung der Kinder kontinuierlich erfassen. Sie bemerken Verhaltensbesonderheiten, kennen die familiären Strukturen und leiten erforderliche diagnostische und therapeutische Maßnahmen ein. Die Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes wurde kontinuierlich ausgebaut. Eine noch bessere Vernetzung ist aber besonders im Rahmen des Kinderschutzprogramms erforderlich. Als sehr hilfreich zur Abschätzung einer Kindeswohlgefährdung erleben die Kinderärzte und Kinderärztinnen die Möglichkeit, eine „insoweit erfahrene Fachkraft“ (siehe Abschnitt 3.8) zu Rate zu ziehen. Bezüglich der Vermittlung von Hilfen wird der Wunsch nach einer zentralen Krisenstelle geäußert, die auf einen Anruf hin weitere Maßnahmen anbietet und koordiniert. Im „ADHS-Netzwerk Dresden und Ostsachsen e. V.“ arbeiten Kinderärzte/-innen, Kinder- und Jugendpsychiater/-innen, Psychologen/-innen, Pädagogen/-innen und Ergotherapeuten/-innen zusammen, um besonders für Kinder mit ADHS und deren Familien bessere Betreuungsmöglichkeiten zu schaffen. Es handelt sich um einen regionalen Ableger des bundesweiten Netzwerkes „Zentrales ADHS-Netz“. Im Freistaat Sachsen war 2009 ein/-e Kinderarzt/-ärztin für 1500 Minderjährige kassenärztlich zugelassen. Nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen ist die Versorgung in der Stadt Dresden gesichert. 3.2.2. Niedergelassene Fachärzte/-innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Für die gemeindenahe ambulante Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen mit einer psychischen Erkrankung bis zum 21. Lebensjahr fühlen sich in erster Linie die in der Stadt niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie verantwortlich. 55 Da es sich bei der Gruppe der Fachärzte/-innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie um eine zahlenmäßig kleine Facharztgruppe handelt, ist sie derzeit nicht von der bundesweit geltenden vertragsärztlichen Bedarfsplanung erfasst und gibt es aktuell in Deutschland keine Zulassungsbeschränkungen. In Dresden waren am 01.11.2011 neun Fachärzte/-innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung tätig. Acht von ihnen arbeiten in eigener Praxis, ein Fachkollege ist vertragsarztrechtlich angestellt. Von den acht Niedergelassenen haben zwei Ärzte eine Doppelzulassung. Sie sind sowohl als Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie als auch als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie bzw. psychotherapeutisch tätiger Arzt zugelassen. Die vorgenannten neun Vertragsärzte/-innen erfüllen jeweils einen vollen Versorgungsauftrag, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die beiden doppelt Zugelassenen aufgrund der Spezifik ihrer Zulassungen im Fach der Kinder- und Jugendpsychiatrie letztlich nur anteilmäßig tätig werden. Zwei Ärzte der genannten Fachgruppe arbeiten überwiegend psychotherapeutisch. Das Leistungsspektrum der jeweiligen Kollegen und Kolleginnen und ihrer Praxen gestaltet sich sehr unterschiedlich. Einen wesentlichen Beitrag zur flächendeckenden Grundversorgung, auch außerhalb der Stadtgrenzen, leisten die zwei sozialpsychiatrischen Praxen, deren insgesamt drei Ärzte jeweils die Ermächtigung zur Sozialpsychiatrie besitzen. Deren multiprofessionelle Therapeutenteams bieten ein umfassendes Diagnostik- und Behandlungsangebot an, welches den komplexen Interventionsaufträgen bei der Betreuung minderjähriger Kinder und Jugendlicher und ihrer Familien bzw. Bezugssysteme besonders gut entspricht. Drei weitere Ärzte arbeiten in ihren Niederlassungen überwiegend psychotherapeutisch. Im Gegensatz zum Jahr 2000, in dem es lediglich zwei niedergelassene Kolleginnen gab, ist somit eine deutliche Verbesserung erreicht. Trotzdem ist das vorhandene Angebot in der Stadt Dresden nach wie vor als nicht ausreichend einzuschätzen. Eine Verkürzung der Wartezeiten vor einer Erstkonsultation bei einer Fachärztin oder einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie würde erheblich dazu beitragen, dass persönliche, familiäre und schulische Belastungs- und Konfliktsituationen zeitnah geklärt werden können und Störungen sich nicht entwickeln oder nicht verfestigen. Geforderte Prinzipien wie Prävention vor Therapie, Lernen vor Krankenbehandlung und Ressourcenaktivierung vor krankheitsdefiniertem Diagnostikprozess setzen einen besonderen Grad an Vernetzung mit benachbarten Fachgebieten, insbesondere der Pädiatrie, aber auch mit anderen betreuenden Institutionen und Helfersystemen wie Kindergarten, Schule und Jugendhilfe voraus, um realisiert werden zu können. Ein weiterer Ausbau ambulanter sozialpsychiatrischer Angebote für eine adäquate Betreuung psychisch erkrankter oder in ihrer Entwicklung beeinträchtigter bzw. bedrohter Menschen unter 21 Jahren ist zu fordern. 3.2.3. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-innen Psychologische Psychotherapeuten/-innen, psychotherapeutisch tätige Ärzte/-innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-innen werden bedarfsplanerisch gemeinsam erfasst. Im Planungsbereich der Stadt Dresden ist statistisch gesehen ein/-e Psychotherapeut/-in für 2.731 Einwohner/-innen vorgesehen. In Dresden sind 36,2 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-innen niedergelassen (Stand: 01.10.2011). Im Jahr 2012 werden es voraussichtlich 39 Therapeutinnen und Therapeuten sein. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag in der therapeutischen Versorgungslandschaft und arbeiten eng mit Kinder- und Jugendärzten/-innen sowie Kinder- und Jugendpsychiatern/-innen zusammen. 56 3.2.4. Kinder und Jugendärztlicher Dienst der Stadt Dresden (KJÄD) Kinder- und Jugendärztlicher Dienst Haus des Kindes Dürerstraße 88 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 47 96 55 [email protected] Der Kinder- und Jugendärztliche Dienst des Gesundheitsamtes übernimmt sozialpädiatrische Aufgaben zum Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Dazu zählen die Untersuchung und Beratung von Kindern, vorzugsweise aufsuchend (im Kindergarten, in der Schule), subsidiär und sozialkompensatorisch. Gesundheitsförderung und Prävention sind dabei wesentliche Prinzipien. Darüber hinaus werden pflegerisch-therapeutische Aufgaben für Kinder mit einer Behinderung und vielfältige Begutachtungen vor allem im Rahmen der Sozialgesetze wahrgenommen. Das Angebot der Entwicklungsförderung für Säuglinge und Kleinkinder steht allen Familien offen. Die Arbeit wird durch gesetzliche Vorgaben und landesweite sowie kommunale Richtlinien bestimmt. Die settingbezogene kinder- und jugendärztliche Arbeit bietet die Möglichkeit, niedrigschwellig psychosoziale Risiken wahrzunehmen, Screeninguntersuchungen durchzuführen und betroffenen Kindern, Jugendlichen und deren Eltern Hilfsangebote zu empfehlen. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes arbeiten dabei eng mit den Fachkräften der Kindereinrichtungen zusammen. Sie entscheiden bei Entwicklungsauffälligkeiten oder sozialen Problemen der Kinder gemeinsam über Beratungs- und andere Hilfsangebote für die Familien. Zugleich wird der Kinderschutz als kooperative Aufgabe sichergestellt. Die Abteilung arbeitet in drei Fachbereichen: Kinder- und jugendärztliche Aufgaben Kinder- und jugendpsychiatrische Aufgaben (siehe nachfolgend „Kinder- und Jugendpsychiater/innen im Öffentlichen Gesundheitsdienst“) Kinder- und jugendzahnärztliche Aufgaben (Jugendzahnklinik) Die dezentrale Lage der Beratungsstellen und ihre Nähe zu sozialen Brennpunkten sind bürgernah und für niedrigschwellige Hilfen notwendig. Perspektivisch werden sich die Anforderungen erhöhen, da die Anzahl von Kindern und damit die Untersuchungszahlen steigen werden: Prognose Untersuchungszahlen 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 Kita-Untersuchungen 3.908 3.976 4.398 4550 4600 Einschulungsuntersuchungen 4.233 4.522 4.743 4.500 4.900 Schuluntersuchungen 7.170 6.959 7.751 8.400 8.600 Gesamt 15.311 15.457 16.892 17.450 18.100 (Quelle: Gesundheitsberichterstattung des KJÄD) Lebendgeborene Veränderung zum Schuljahr 2002/03 Veränderung zum Vorjahr Tab. 11: Verlauf der Untersuchungszahlen und Anzahl der Kinder in Dresden 2002/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 4.307 4.619 4.773 4.698 5.128 +19% 5.489 +27% 5.551 +29% 5.720 +33% 5.775 +34% +7,2% +3,3% -1,6% +9,2% +7,0% +1,1% +3,0% +1,0% 11/12 (Quelle: Monatszahlen der Kommunalen Statistikstelle) 3.2.5. Kinder- und Jugendpsychiater/-innen im Öffentlichen Gesundheitsdienst In Dresden arbeiten drei von fünf kommunalen Erziehungsberatungsstellen in gemeinsamer Trägerschaft von Gesundheitsamt und Jugendamt. Die Kinder- und Jugendpsychiaterinnen, Psychologinnen, Sozialpädagoginnen und Mitarbeiterinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Gesundheitsamtes arbeiten hier mit den Fachkräften des Jugendamtes in multiprofessionellen Teams eng zusammen. Somit ist ein effizientes und hoch qualifiziertes Betreuungsangebot vorhanden. 57 Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Familien mit kinderpsychiatrischer Besetzung: August-Bebel-Str. 29 01219 Dresden Tel.: (03 51) 4 77 74 14 Dürerstr. 88 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 88 82 61 und 4 88 82 62 Bautzner Str. 125 01109 Dresden Tel.: (03 51) 4 88 84 51 Die Unterstützungsangebote der Beratungsstellen reichen von der Einleitung integrativer und therapeutischer Maßnahmen über die medizinische Behandlung, psychologische und sozialpädagogische Begleitung und Beratung, vor allem auch im Sinne einer perspektivischen Weichenstellung, bis hin zur Beratung im sozialen Umfeld. Zum Aufgabenbereich gehört die Erstellung von Gutachten für Sozialund Jugendhilfeträger, Schulen und andere Leistungsträger. Besonders bei Gutachten zur Feststellung des Eingliederungshilfebedarfs nach § 35a SGB VIII (vorhandene oder drohende seelische Behinderung) und zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs sind sie aktiv in den Entscheidungsprozess eingebunden. Die Kolleginnen des Gesundheitsamtes gehören dem Kinder- und Jugendärztlichen Dienst an. Sie übernehmen präventive, diagnostische und therapeutische Aufgaben. Im Rahmen einer kassenärztlichen Ermächtigung tragen sie zur Absicherung der kinderpsychiatrischen Versorgung in der Stadt Dresden bei. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur psychosozialen Grundversorgung. Es erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Kollegen und Kolleginnen und den Kliniken. Die Einbindung in den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst ermöglicht einen regen Fachaustausch mit den Kinder- und Jugendärzten/-innen der Stadtverwaltung Dresden. Ziel ist es, Verhaltensprobleme und Entwicklungsverzögerungen von Kindern und Jugendlichen möglichst frühzeitig zu erkennen, familiäre Konflikte zu bearbeiten sowie geeignete Hilfen zu installieren oder zu vermitteln. In Zeiten der Zunahme besonders komplexer Fälle leisten die Kolleginnen und Kollegen in den Beratungsstellen auch als Vermittler an den Schnittstellen der Helfersysteme eine wichtige Arbeit und können beratend im Hilfeplanprozess mitwirken. Sie sind stabile Ansprechpartner/-innen für die jeweils zugehörigen Mitarbeiter/-innen der Stadtteilsozialdienste geworden. Die regelmäßige Teilnahme an Hilfeplansitzungen und Helferkonferenzen wie auch gemeinsame Weiterbildungen sind Ausdruck der gewachsenen Zusammenarbeit und haben deutlich zum besseren gegenseitigen Verständnis beigetragen. Das Beratungsangebot der Beratungsstellen wird als niedrigschwelliges Angebot sowohl von Familien als auch von Institutionen gern angenommen. Im Jahr 2011 wurden in den drei kommunalen Beratungsstellen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes insgesamt 856 Kinder und Jugendliche betreut. Die größte Patientengruppe stellen Kinder im Grundschulalter dar gefolgt von Kindern im Vorschulalter. 66% der Kinder und Jugendlichen sind Jungen, 59% haben getrennt lebende Eltern. Die statistischen Angaben der Mitarbeiter/-innen des Jugend- und des Gesundheitsamtes werden zurzeit noch nicht zusammen geführt. Zum Zeitpunkt der Erstellung des ersten Stadtpsychiatrieplans 2000 waren noch fünf Kinderpsychiaterinnen in den Beratungsstellen tätig. Leider sind die zwei aus Altersgründen frei gewordenen Stellen mangels Bewerbern und Bewerberinnen nicht wieder besetzt worden. Der seit 1993 bestehende Kooperationsvertrag zwischen Jugendamt und Gesundheitsamt, der die Arbeit in den Beratungsstellen regelt, wird derzeit überarbeitet. 3.2.6. Institutsambulanzen für Kinder- und Jugendpsychiatrie Die psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) sind im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich ein wesentliches ambulantes Behandlungsangebot, um stationäre Maßnahmen auf ein medizinisch notwendiges Maß beschränken zu können. Gemäß § 118 SGB V ist es für jene Patientinnen und Patienten vorgesehen, die aufgrund ihrer Erkrankung (Schwere, Dauer) oder ihres Lebensumfeldes (fehlende niedergelassene Ärzte und Therapeuten in Wohnortnähe) eine krankenhausnahe Behandlung benötigen. Institutsambulanzen haben ebenfalls eine nachsorgende Funktion im Sinne einer ambulanten Weiterbehandlung. Sie können eine langfristige, kontinuierliche Behandlung gewährleisten. Eine PIA 58 bietet Krisenintervention an und hat damit auch die Möglichkeit, koordinierend tätig zu werden (weiterreichende gemeindenahe Hilfen, in enger Zusammenarbeit mit Eltern, Familie, Schulen, freien Trägern, Jugendämtern und Jugendhilfeeinrichtungen, z. B. im Rahmen der Hilfeplanung). Für die Stadt Dresden gibt es mittlerweile zwei Institutsambulanzen, die an die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Sächsischen Krankenhauses Arnsdorf und an das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden angegliedert sind. Die Institutsambulanz in Radebeul wurde 2007 eröffnet, und seit 2009 erfolgt der kontinuierliche Ausbau der Institutsambulanz am Universitätsklinikum. Der Ausbau der Institutsambulanz des Universitätsklinikums beinhaltet die Entwicklung von Spezialambulanzen für AD(H)S, Ticstörungen, Zwangserkrankungen, Essstörungen, Traumafolgestörungen und Autismusspektrumsstörungen. Dabei werden in der Spezialambulanz für Autismusspektrumsstörungen (Trägerwechsel der Autismusambulanz im April 2011 vom St.-MarienKrankenhaus an das Universitätsklinikum) auch die Behandlung und Erstdiagnostik für Erwachsene und Eingliederungshilfeleistungen angeboten. Durch die überregionale Wirksamkeit der Autismusambulanz entstehen sehr lange Wartezeiten für die Betroffenen. Für Dresden sind folgende PIAs tätig: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Ambulanz Schubertstraße 42 01309 Dresden Sächsisches Krankenhaus Arnsdorf Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Ambulanz Hufelandstraße 15 01477 Arnsdorf Außenstelle Radebeul Augustusweg 112 01445 Radebeul Städtisches Klinikum Dresden-Neustadt Ambulanz (Schwerpunkt Eltern) Heinrich-Cotta-Straße 12 01324 Dresden mit Spezialambulanzen für ADHS Essstörungen Tic- und Zwangsstörungen Traumafolgestörungen Autismusspektrumsstörungen - Behandlungsschwerpunkte: psychologische Beratung, Psychotherapie, medikamentöse Behandlung soziales Kompetenztraining als Gruppentherapie sozialpädagogische Beratung - Behandlung und Hilfsangebote bei: der Bewältigung akuter familiärer Konfliktsituationen Schulproblemen psychosozial komplexen Problemlagen mit hohem Behandlungsaufwand Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Störungen des Sozialverhaltens Suchtproblematiken Entwicklungs- und psychotischen Störungen Depressionen In der Elternambulanz wird psychotherapeutisch an der persönlichen Bindungserfahrung und deren Weitergabe an die eigenen Kinder gearbeitet. Es wird erforscht, wie das alte Beziehungsmuster aussieht und wodurch es aktiviert wird. Mittels verschiedener therapeutischer Angebote wird daran gearbeitet, aus dem alten dysfunktionalen Beziehungskreislauf auszutreten und neue – selbstbestimmte – Erlebnisweisen und Beziehungsformen aufzubauen. Tab. 12: Ausrichtung der PIAs im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie Die Möglichkeit, Patienten/-innen mit komplexem Hilfebedarf nach stationärer Behandlung noch einige Zeit nachzubetreuen oder in den Spezialsprechstunden vorzustellen, bedeutet eine Erweiterung des Betreuungsangebotes. Die Grundversorgung ist schwerpunktmäßig weiterhin bei den niedergelassenen Kollegen/-innen und in den Beratungsstellen verankert. Die Patienten/-innen und ihre Angehörigen, die oftmals aus sozial schwachen Familien kommen, begrüßen wohnortnahe Angebote. 59 3.2.7. Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) Sozialpädiatrisches Zentrum Dresden-Neustadt Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt Industriestraße 40 01129 Dresden Sozialpädiatrisches Zentrum der Kinderklinik Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Arnoldstr. 18d 01307 Dresden Sozialpädiatrische Zentren sind kinderärztlich geleitete ambulante Einrichtungen, in denen Kinderärzte/innen, Psychologen/-innen, Krankengymnasten/-innen, Ergotherapeuten/-innen, Logopäden/-innen, Musiktherapeuten/-innen, Heilpädagogen/-innen und Sozialarbeiter/-innen sowie Krankenschwestern/Krankenpfleger auf der Grundlage des § 119 SGB V interdisziplinär zusammenarbeiten. Ihre vordergründige Aufgabe besteht in der Früherkennung und Behandlung von Entwicklungsstörungen, schweren und mehrfachen Behinderungen bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen im sensorischen, motorischen, sprachlichen, intellektuellen und psychischen Bereich sowie in der Betreuung von Patienten und Patientinnen mit kinderneurologischen Erkrankungen (Epilepsien, Hemiparesen, Schädel-HirnTraumen usw.) und mehrfachen Behinderungen. Des Weiteren werden Patienten/-innen mit sekundären Verhaltensauffälligkeiten bei Behinderungen und Entwicklungsverzögerungen sowie bei chronischen Erkrankungen behandelt. Komplexe oder umschriebene Störungen der geistigen Entwicklung sowie Verhaltensstörungen im Kindergarten- und Grundschulalter stellen einen Schwerpunkt des interdisziplinären Behandlungssettings dar. Von zentraler Bedeutung dabei sind die begleitende Elternberatung, die psychosoziale Integration der Patienten/innen und das Aufdecken von Ressourcen. Für eine Betreuung im Sozialpädiatrischen Zentrum ist eine Überweisung durch einen Facharzt oder eine Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin oder für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie notwendig. Die enge Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Therapeuten und Therapeutinnen, anderen ambulanten und stationären Einrichtungen sowie vielfältigen Komplementäreinrichtungen (Kindergärten, Schulen, Frühförderstellen, Jugendämtern usw.) wurde ausgebaut. Die Komplexbehandlung für Kinder von 0 bis 6 Jahren ist entsprechend der Rahmenvereinbarung des Freistaates Sachsen möglich geworden. Damit ist es für eine spezielle Klientel möglich, den Förder- und Behandlungsplan mit therapeutischen und heilpädagogischen Leistungen in einer Hand zu belassen. Das Sozialpädiatrische Zentrum des Krankenhauses Dresden-Neustadt ist entsprechend den Qualitätskriterien der „Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e. V.“ (DGSPJ) zertifiziert. 3.2.8. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Die gemeindenahe Versorgung durch ambulante medizinische Angebote in der Stadt Dresden ist positiv zu bewerten. Besonders hervorzuheben ist die dezentrale Verteilung der Erziehungsberatungsstellen. Der Zugang zu den Beratungsstellen ist für Ratsuchende niedrigschwellig gestaltet. Es ist außerdem festzustellen, dass die im Sächsischen Landespsychiatrieplan von 2011 empfohlene Etablierung von Kinder- und Jugendpsychiatern/-innen im öffentlichen Gesundheitsdienst in der Stadt Dresden bereits seit vielen Jahren realisiert ist und sich bewährt hat. Die Zahl der niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiater/-innen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-innen hat seit dem ersten Stadtpsychiatrieplan 2000 stetig zugenommen. Das ambulante Versorgungsnetz wurde immer weiter ausgebaut, um die stationäre Behandlung zu reduzieren. Dadurch haben sich die Wartezeiten für eine kinderpsychiatrische fachärztliche Konsultation erheblich verkürzt. Trotz dieser guten ambulanten Versorgungsstrukturen kann in speziellen Fällen nicht immer eine bedarfsgerechte gemeindenahe Versorgung durch niedergelassene Fachärzte/-innen bzw. Psychotherapeuten/-innen sichergestellt werden. Perspektivisch ist es deshalb wichtig, dass die Institutsambulanzen auch weiterhin eine adäquate fachärztliche Versorgung unter Berücksichtigung der Regelungen nach § 118 SGB V gewährleisten können. 60 Psychiatrische Institutsambulanzen sind in vorhandene Sozialraumstrukturen und Hilfesysteme (vor allem Jugendhilfe, Schulen, Kindertages- und Berufsbildungseinrichtungen) so einzubinden, dass Hilfsangebote bedarfsgerecht koordiniert werden können und eine erfolgreiche Integration der Patientinnen und Patienten gelingen kann. Die geschaffenen Spezialambulanzen des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus erweitern das bisherige Betreuungsangebot im Sinne einer individuellen und personenzentrierten Hilfegewährung. Dennoch sind für einige Bereiche, zum Beispiel die Teilleistungsstörungen, Behandlungslücken festzustellen. Für diese Patientengruppen bedarf es auch gesonderter Angebote der Beschulung. Kinder und Jugendliche mit einer Dyskalkulie (Rechenschwäche) erhalten aber im Schulsystem keine bedarfsgerechte Unterstützung, da das Sächsische Schulgesetz und die einzelnen Schulverordnungen dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht berücksichtigen. Der Wunsch der Eltern nach ergotherapeutischer Übungsbehandlung oder außerschulischer Lerntherapie ist nachvollziehbar, doch ist hier auf die Verantwortung des Systems Schule zu verweisen und die Sensibilisierung des Lehrkörpers verstärkt zu fordern. Des Weiteren ist den Schulen kompetentes Fachpersonal zuzuweisen. Ambulante Angebote sind aus fachärztlicher Sicht dem sich verändernden Bedarf anzupassen (sowohl im Umfang der Angebote als auch bezüglich der notwendigen Spezialisierungen). Weiter auszubauen sind familientherapeutische Angebote, die über einen längeren Zeitraum mit wöchentlichen oder 14-tägigen Sitzungen die Interaktion von Eltern und Kindern therapeutisch bearbeiten. Solche Angebote können sehr wirksam sein, um positive familiäre Beziehungen zu stabilisieren, benötigen aber eine hohe Personalkapazität und spezielle Weiterbildungen. Ziel ist es, die Etablierung psychischer Störungen zu verhindern bzw. Chronifizierung vorzubeugen. Abstimmungsbedarf ist besonders erforderlich, wenn Hilfeleistungen sowohl nach SGB V, als auch nach SGB VIII oder SGB XII erforderlich sind. Die unterschiedlichen Leistungsträger haben häufig unterschiedliche Ansichten über die Art der Hilfegewährung und die Dauer der Hilfeleistung. Kinder und Jugendliche mit einer psychischen Störung haben präventiv und rehabilitativ Anspruch auf Eingliederungshilfeleistung nach § 35a SGB VIII. Das Einbringen kinder- und jugendpsychiatrischer Fachkompetenz in den Prozess muss weiter verfolgt werden. Für die Kinder- und Jugendpsychiater/-innen im öffentlichen Gesundheitsdienst hat Gremienarbeit einen hohen Stellenwert. Dazu gehören die Leitung und Organisation des „Psychosozialen Arbeitskreises für Kinder und Jugendliche“ als Unterarbeitsgruppe der PSAG, regelmäßige Zusammenkünfte zwischen Kinderpsychiatrie, Jugendhilfe und Schule, aktive Mitarbeit im ADHS-Netzwerk und „Arbeitskreis Frühförderung“. Leider ist die lange angestrebte Kooperationsvereinbarung zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jugendhilfe und Schule aus Kapazitätsgründen nicht zum Abschluss gebracht worden. Die enge Kooperation zwischen Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie in den kommunalen Erziehungsberatungsstellen ist überregional beispielgebend, sollte beibehalten und den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden. „Hilfen aus einer Hand“ sind sowohl für die Ratsuchenden als auch die Leistungsträger die effektivste Methode. 3.3. Stationäre und teilstationäre medizinische Versorgung Der § 39 SGB V regelt die stationäre kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung in Kliniken und Tageskliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Kinder und Jugendliche, bei denen eine vollstationäre Behandlung nicht angezeigt ist, haben durch das teilstationäre Behandlungsangebot in einer Tagesklinik die Möglichkeit, trotz Behandlung in ihrem gewohnten sozialen Umfeld verbleiben zu können. Beide für die Stadt Dresden arbeitenden Kliniken behandeln Patienten und Patientinnen mit allen kinder- und jugendpsychiatrischen Störungsbildern und haben sich zusätzlich auf verschiedene Krankheitsbilder spezialisiert (u. a. Essstörungen und Suchterkrankungen). Sowohl zur vollstationären als auch zur teilstationären Behandlung gehören eine umfassende kinderpsychiatrische Diagnostik, die 61 fachärztliche Versorgung und ggf. medikamentöse Behandlung, eine begleitende Psychotherapie und verschiedene individuelle Förderungen (z. B. Ergotherapie, Logopädie) sowie der Besuch der Klinikschule. Darüber hinaus werden Helferkonferenzen mit Eltern, Schulen, Jugendhilfe und anderen an der Hilfe beteiligten Institutionen durchgeführt. Ziel der Zusammenarbeit ist es, vorhandene Ressourcen zu erkennen, zu aktivieren und gegebenenfalls zusätzliche Hilfen zu installieren, um eine erfolgreiche Reintegration in den Alltag zu ermöglichen. Die schulische Wiedereingliederung von Schülerinnen und Schülern mit einer seelischen Erkrankung, die stationär bzw. teilstationär behandelt wurden, stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Es fehlen integrative schulische Angebote und Konzepte für Schüler/-innen mit einer psychischen Erkrankung, die nicht mehr stationär behandlungsbedürftig sind, aber aufgrund ihres Störungsbildes den sozialen Anforderungen des Schulalltages nicht gerecht werden und somit oft nicht entsprechend ihrer Begabung gefördert werden können. Entwicklung der stationären Behandlungsplätze im Versorgungsbereich Dresden: 1993 1998 2011 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie Schubertstraße 42 01309 Dresden 16 22 30 Sächsisches Krankenhaus Arnsdorf Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Hufelandstraße 15 01477 Arnsdorf 65 45 57 inklusive Maßregelvollzug 12, Suchtstation 10 Einzugsgebiet nach Stadtteilen bzw. Ortsämtern (OA) Altstadt Blasewitz Cotta Leuben Prohlis Südvorstadt Für Dresden: Klotzsche Loschwitz Neustadt Pieschen Einwohnerzahl (EW) = 43.216 minderjährige EW = 25.533 minderjährige EW zusätzlich Kreise Kamenz, Sächsische Schweiz, Weißeritzkreis Teile der Kreise Meißen, RiesaGroßenhain und Bautzen Tab. 13: Stationäre Behandlungsplätze für Kinder und Jugendliche. Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden Die Zahl der stationären Plätze im Universitätsklinikum hat sich deutlich erhöht. Sie gliedert sich wie folgt auf: Stationäre Behandlungsplätze im Universitätsklinikum Station für Patienten/-innen mit Essstörungen 11 Offene Kinder- und Jugendstation 11 Akut- und Krisenstation 8 Mit der Eröffnung der Akutstation im Dezember 2001 ist es möglich geworden, Kinder und Jugendliche, die akut psychisch erkrankt sind, unter Bedingungen mit Freiheitsentzug zu behandeln. Für diese Station besteht eine Aufnahmeverpflichtung für alle Dresdner Patienten/-innen, die auf der linken Elbseite leben. Die offenen Stationen und die Tageskliniken haben keine speziellen Einzugsbereiche und nehmen Patienten/-innen überregional auf. Stationäre Behandlungsplätze im Sächsischen Krankenhaus Arnsdorf Kinderstation 13 Jugendstation 12 Akutstation 10 Suchtstation 10 Jugendmaßregelvollzug 12 62 Alle Gebäude der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Sächsischen Krankenhauses Arnsdorf wurden saniert. Die Kinderstation konnte 2009 ein komplett saniertes und renoviertes Gebäude beziehen. Die Tagesklinik ist 2010 in ein teilsaniertes und renoviertes Gebäude umgezogen. Somit haben sich die räumlichen Bedingungen für die Behandlung der Patienten erheblich verbessert. Neben Betroffenen aus dem Umland werden Dresdner Patienten und Patientinnen versorgt, die rechts der Elbe wohnen. Obgleich sich die Zahl der stationären Plätze (ohne Maßregelvollzug und Suchtstation) gegenüber 1998 verringert hat, konnte eine Verbesserung der Behandlung Minderjährigerer mit einer psychischen Erkrankung erzielt werden. Entsprechend dem Grundprinzip, Hilfen zur Behandlung psychischer Störungen möglichst ambulant oder teilstationär zu erbringen, sind 2005 die Tagesklinik Arnsdorf und 2007 die Institutsambulanz sowie die Tagesklinik Radebeul hinzugekommen. Die Jugendmaßregelvollzugsstation ist 2005 eröffnet worden. Sie hat ein überregionales Einzugsgebiet. Für Suchtpatienten/-innen wurden 10 Behandlungsplätze geschaffen. Teilstationäre Behandlungsplätze Uniklinikum Die Zahl der teilstationären Behandlungsplätze im Uniklinikum ist gleich geblieben. Tagesklinik 12 Familientagesklinik 6 Familientagesklinik für Patienten/-innen mit Essstörungen 2 Teilstationäre Behandlungsplätze Krankenhaus Arnsdorf Tagesklinik Radebeul 10 Tagesklinik Arnsdorf 10 Tagesklinik Kamenz 10 1989 gab es nur drei tagesklinische Plätze, die in eine Station integriert waren und von Dresdner Patienten/-innen nicht in Anspruch genommen wurden. Die Tageskliniken in Radebeul und Arnsdorf bieten teilstationäre Betreuungsmöglichkeiten auch für jüngere Kinder an. Es existieren Wartelisten, um einen Aufnahmetermin zu erhalten. Wenn eine solche Behandlungsoption besteht, ist sie im Sinne einer alltagsnahen Therapie zu favorisieren. 3.3.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Die Steuerung der stationären und teilstationären Versorgungsangebote erfolgt auf Landesebene. Das begrenzt die kommunale Einflussmöglichkeit auf Veränderungen. Gleichwohl ist die Erweiterung des fachlichen Austauschs zwischen den Kliniken, dem ambulanten Versorgungssystem und den kommunalen Netzwerken zu begrüßen. Nur so wird es möglich sein, dem veränderten Bedarf Rechnung zu tragen. Um adäquate und bedarfsgerechte Hilfe anzubieten, müssen die Angebote bzw. Behandlungskonzepte der Kliniken flexibel gestaltet werden. Dazu gehört auch der Umgang mit der Altersgrenze von 18 Jahren für Behandlungsangebote in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Diese erschwert es z. T., für Jugendliche, die kurz vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres stehen, einen Klinikplatz zu finden. Ein Fachaustausch zwischen den Institutionen soll dazu beitragen, für die jeweiligen Arbeitsbereiche und Arbeitsaufträge der Hilfesysteme zu sensibilisieren und damit eine Zusammenarbeit zu erleichtern. Darüber hinaus sollten die Kliniken stärker in die Erarbeitung von Hilfeplänen einbezogen werden. Eine effektivere Vernetzung zwischen den verschiedenen Hilfesystemen soll auch dazu beitragen, dass geeignete nach-stationäre Maßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden. Von der Uniklinik wird als besonders problematisch angesehen, dass Patienten und Patientinnen mit schweren Störungen des Sozialverhaltens häufig nicht zeitnah in Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht werden können. Das sehr problematische Verhalten dieser Kinder und Jugendlichen 63 beeinträchtigt das therapeutische Setting der anderen Kinder und gefährdet den Behandlungserfolg. Hier muss gemeinsam mit dem Jugendamt nach Lösungen gesucht werden. Die Arbeitsgruppe „Kooperation Jugendamt – Gesundheitsamt – Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie“, die aus Vertreterinnen und Vertretern der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Dresden, dem Jugendamt (Abteilung Allgemeiner Sozialer Dienst) und dem Gesundheitsamt (Kinder- und Jugendpsychiaterinnen im öffentlichen Gesundheitsdienst) besteht, erarbeitet zurzeit eine Kooperationsvereinbarung zwischen ihren Institutionen. Die Vereinbarung soll helfen, Abstimmung bei der Versorgung von Familien mit komplexem Hilfebedarf zu effektivieren, Handlungsabläufe zu vereinfachen und mehr Transparenz herzustellen. Als sehr positiv ist die 2004 geschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen dem Uniklinikum, der Jugendhilfe und dem Familiengericht zu bewerten. Diese schreibt vor, dass vor Aufnahme nach § 1631 BGB eine gemeinsame Fallkonferenz mit den Eltern durchgeführt wird, in der der richterliche Beschluss und die ärztliche Stellungnahme vorbereitet werden. Die schulische Wiedereingliederung von Schülern mit seelischer Erkrankung, die stationär bzw. teilstationär behandelt wurden, stellt eine besondere Herausforderung dar. Es fehlen integrative schulische Angebote und Konzepte für Schüler, die nicht mehr stationär oder teilstationär behandlungsbedürftig sind, aber aufgrund ihrer Erkrankung den sozialen Anforderungen des Schulalltages nicht gerecht werden und somit oft nicht entsprechend ihrer Begabung gefördert werden können. Dazu gehören auch Ersatzschulen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe. Diese fehlen derzeit in Dresden (und in Sachsen). Dies führt dazu, dass Minderjährige mit einer psychischen Erkrankung und einem entsprechenden pädagogischen Förderbedarf in anderen Bundesländern fremdplatziert werden. In Gesprächen mit der Bildungsagentur wird auf die Sächsische Landesgesetzgebung verwiesen. Im Sinne des übergeordneten Zieles, stationäre Behandlungen im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken, ist es notwendig, auch über geeignete Präventionsmaßnahmen zu beraten, die eine zunehmende Ausweitung psychischer Erkrankungen in dieser Altersgruppe verhindern können. Die Einhaltung der Psychiatrie-Personalverordnung als qualitative Voraussetzung ist für eine adäquate Behandlung sicherzustellen. Niedergelassene Fachärzte/-innen wünschen sich zudem kürzere Wartezeiten für Erstgespräche vor einem Klinikaufenthalt. 3.4. Maßregelvollzugsbehandlung bei Minderjährigen bzw. Heranwachsenden Gemäß § 7 Abs.1 Jugendgerichtsgesetz (JGG) kann eine freiheitsentziehende Unterbringung nach §§ 63, 64 Strafgesetzbuch (StGB) in einem psychiatrischen Krankenhaus gegenüber Minderjährigen bzw. Heranwachsenden angeordnet werden. Die Anordnung zur Unterbringung erfolgt durch die zuständigen Strafgerichte. Der Vollzug dieser Anordnung unterliegt in Sachsen dem „Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten“ (SächsPsychKG). Die Behandlung der Patientinnen und Patienten ist an den aktuellen Landespsychiatrieplan angelehnt. In der Region Dresden verfügt die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Sächsischen Krankenhauses Arnsdorf über einen Jugendmaßregelvollzug (JMRV) mit einer Kapazität von 12 Plätzen. Der JMRV am Standort Arnsdorf ist so ausgebaut, dass er im Wesentlichen den therapeutischen und baulich-sicherheitstechnischen Anforderungen zur Besserung und Sicherung der untergebrachten Patientinnen und Patienten entspricht. Die Qualität der Maßregelvollzugsbehandlung sowie die Sicherheit des Vollzuges werden durch die Umsetzung der „Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie“ (Psychiatrie-Personalverordnung - Psych-PV) sichergestellt. Ein Ausbau bzw. Umbau des JMRV hinsichtlich einer bedarfsorientierten Anpassung der Behandlungsanforderungen wird regelmäßig überprüft. 64 Mit Beginn der Unterbringung eines jugendlichen/heranwachsenden Patienten oder einer Patientin wird eine individuelle Behandlungskonzeption entwickelt, die sich an der gesetzlichen Grundlage zu Freiheitsentziehenden Maßregeln nach § 63 StGB oder § 64 StGB orientiert. Die Konzeption gibt einen Rahmen für die gesamte Behandlungszeit vor und berücksichtigt insbesondere Sicherheitsanforderungen und therapeutische sowie pädagogische Erfordernisse bis hin zur Entlassungsperspektive. Die Eingangskonzeption unterliegt einer stetigen Überprüfung und ggf. Evaluierung während des Behandlungsverlaufes. 3.4.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Durch regelmäßige fachspezifische Fort- und Weiterbildungen der Mitarbeiter/-innen ist die Qualität der Behandlung auch in Zukunft abzusichern. Durch entsprechende, insbesondere bauliche Maßnahmen sind optimale Vollzugs- und Behandlungsbedingungen sicherzustellen, die den therapeutischen und baulich-sicherheitstechnischen Standards bestmöglich gerecht werden. Zur Sicherung und Verbesserung der Qualität der Maßregelvollzugsbehandlung sind ein einheitliches Dokumentationssystem für den Maßregelvollzug in Sachsen zu implementieren und eine wissenschaftliche Begleitung sicherzustellen. 3.5. Substanzstörungen bei Kindern und Jugendlichen In der Regel kommen Kinder und Jugendliche in der Phase der späten Kindheit das erste Mal mit psychoaktiven Substanzen (Tabak, Alkohol, Cannabis, Synthetika usw.) in Berührung. Dabei entwickeln und erlernen sie teils bewusst, teils unbewusst gesundheitsbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen. Dieser Lebensabschnitt stellt eine entscheidende sensible Phase im Erwerb sowohl kontrollierter Konsumgewohnheiten als auch missbräuchlicher und süchtiger Verhaltensweisen dar. Motive für den Konsum können sehr vielfältig sein, u. a.: Demonstration der Vorwegnahme des Erwachsenenalters Protestverhalten gegenüber den Eltern und/oder gesellschaftlichen Wertvorstellungen Grenzerfahrungen und Grenzüberschreitungen Entspannung und damit im Zusammenhang stehende Genusserlebnisse Problembewältigungsverhalten/Flucht aus der Realität Neugier, Probierverhalten Werte und Normen innerhalb der Peergroup Das Erlernen eines altersentsprechenden verantwortungsvollen Umganges mit psychoaktiven Substanzen ist eine wichtige Entwicklungsaufgabe des Kindes- und Jugendalters. Das Lebensalter, in dem diese Entwicklungsaufgabe zu bewältigen ist, hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte immer weiter nach vorn verschoben. In dieser Lebensphase sind aber auch andere wichtige Entwicklungsaufgaben (z. B. Auseinandersetzung mit der eigenen Identität/Geschlechterrolle, Entwicklung der sexuellen Orientierung, Abgrenzung von den Eltern/Übernahme von Eigenverantwortung) zu bewältigen. Kinder und Jugendliche sind viel früher gefordert, zur Bewältigung dieser Aufgaben stabile Emotions- und Verhaltensregulationen zu entwickeln. Der Umgang mit psychoaktiven Substanzen stellt ein pädagogisches Lern- und Erfahrungsfeld dar. Der Konsum ist für die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen ein vorübergehendes, auf die Adoleszenz beschränktes Entwicklungsphänomen. Für Kinder und Jugendliche, die diese Fähigkeiten nicht entwickeln können, bedarf es früher, zielgerichteter und effektiver Hilfen. Betrachtet man Sucht als Ergebnis eines multifaktoriellen Bedingungsgefüges, spielen neben der Substanz gleichermaßen die Person sowie das Umfeld bzw. die Umwelt eine Rolle. Ein problematischer 65 Substanzkonsum tritt dann ein, wenn er sehr früh und sehr exzessiv einsetzt und mit anderen problematischen Verhaltensweisen im Kindes- und Jugendalter im Zusammenhang steht. Somit bekommt der Konsum eine Funktion von dahinterliegenden, nicht bewältigten Entwicklungsschritten. Als Folge kommt es zu Einschränkungen von Verhaltensalternativen bei Problemen und Anforderungen. Die Hilfen für Kinder und Jugendliche, die Suchtmittel konsumieren und an einer Sucht erkrankt sind, müssen frühzeitig in die Entwicklung einer möglichen Abhängigkeitserkrankung eingreifen. Dabei stehen drei Hilfesysteme im Mittelpunkt: die Jugendhilfe, die Suchthilfe und die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Angebote der ambulanten Suchthilfe stehen grundsätzlich auch jungen Menschen mit einer Suchterkrankung zur Verfügung. Hier sei auf das Kapitel 5.3.1 „Suchtberatungs- und Behandlungsstellen“ dieses Stadtpsychiatrieplans verwiesen. Die Suchtberatungsstellen übernehmen dabei die Aufgabe der Kontakt- und Motivationsphase und der Nachsorge. Minderjährigen fällt es aus unterschiedlichsten Gründen sehr schwer, diese Angebote zu nutzen. Derzeit gibt es in Dresden mit der Jugend- und Drogenberatungsstelle ein kinder- und jugendspezifisches Angebot speziell mit dem Schwerpunkt auf illegale Drogen. Aus den Tätigkeitsschwerpunkten der Jugend- und Drogenberatungsstelle ergeben sich inhaltlich drei Arbeitsbereiche: 1. Entwicklung und Umsetzung von Suchtpräventionskonzepten 2. Beratung und Betreuung von Abhängigkeit bedrohter Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener sowie deren Umfeld (z. B. Eltern, Familien, Partner, Multiplikatoren) 3. Fachberatung/Netzwerkarbeit mit den angrenzenden Systemen der Jugendhilfe, Gesundheitsund Sozialhilfe und der Justiz zur Entwicklung und Koordination der Hilfen für suchtmittelkonsumierende Kinder und Jugendliche in Dresden 3.5.1. Entwicklung und Umsetzung von Suchtpräventionskonzepten Beschreibung Zielgruppe Ziele Beschreibung 66 a) Enriko (Frühinterventionsprojekt) / Informationsgespräche im Rahmen des erzieherischen Jugendarrestes Beschreibung: Vermittlung von Wissen über Wirkweisen von Drogen und Mechanismen, die zur Abhängigkeit führen Information über mögliche Folgeerkrankungen im Zusammenhang mit Substanzkonsum (z. B. Drogenpsychosen) Diskussion über eigene Einstellungen zu legalen und illegalen Drogen „Wege aus der Sucht“ Angebote und Inhalte der Suchthilfe Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren, die wegen des Konsums von illegalen Drogen erstmals strafrechtlich auffällig geworden sind, speziell „riskant konsumierende Personen“ mit gelegentlichem oder schädlichem Konsum / im Jugendarrest einsitzende Jugendliche selbstkritische Reflexion des eigenen Konsumverhaltens fördern eine realistisch(er)e Einschätzung des eigenen Risikos ermöglichen Wahrnehmung suchtgefährdender Situationen und Lebensumstände schärfen Möglichkeiten zur Änderung problematischem Konsumverhaltens eröffnen Abbau von Vorurteilen gegenüber dem Suchthilfesystem fördern, um bei problematischem Konsumverhalten frühzeitig auf angebotene Hilfen zurückzugreifen. b) Frühintervention bei akuter Drogenintoxikation Der Jugendliche wird spätestens drei Tage nach Einlieferung in ein Krankenhaus im Rahmen einer Drogenintoxikatin von einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin der Jugend- und Drogen- beratungsstelle zu einem Erstgespräch aufgesucht. Bei diesem Kontakt soll die Motivation des Jugendlichen gestärkt werden, seinen Substanzkonsum kritisch zu prüfen. Darüber hinaus kann Unterstützung bei einer gewollten Veränderung des Umgangs mit illegalen Drogen angeboten werden. Gleichzeitig wird den Eltern des Jugendlichen ein Beratungsangebot unterbreitet. Abschließend werden bei einem erkennbaren Hilfebedarf weiterführende Angebote mit den Beteiligten erörtert und eingeleitet. Zielgruppe Ziele Beschreibung Jugendliche bis 18 Jahre, die wegen des übermäßigen Konsums von illegalen Drogen in ein Krankenhaus eingeliefert wurden und akutmedizinisch behandelt werden. Vermeidung der Wiederholung einer Drogenintoxikation Erlernen von Risikokompetenz Informationsgewinnung bezüglich Abhängigkeitserkrankungen Kontakt zum Hilfesystem aufbauen c) Präventionsveranstaltungen für Jugendliche Die Jugendlichen sollen in einer ca. dreistündigen Veranstaltung in eine Diskussion über eigene Einstellungen zu legalen und illegalen Drogen kommen. Es wird Wissen über Wirkweisen von Drogen und Mechanismen, die zur Abhängigkeit führen, vermittelt. Weiterhin wird die rechtliche Situation erläutert. Zielgruppe Gruppen von Jugendlichen, die an der Thematik „Sucht und Drogen“ interessiert sind, bevorzugt Jugendgruppen, die über spezifische Risikomerkmale verfügen (selektive Prävention). Ziele Förderung der selbstkritischen Reflexion des eigenen Konsumverhaltens eine realistisch(er)e Einschätzung des eigenen Risikos ermöglichen Wahrnehmung von Hochrisikosituationen im Zusammenhang mit schwierigen Lebensumständen schärfen Möglichkeiten zur Änderung des problematischen Konsumverhaltens eröffnen Abbau von Vorurteilen gegenüber dem Suchthilfesystem fördern, um bei problematischem Konsumverhalten frühzeitig auf angebotene Hilfen zurückzugreifen. Beschreibung Zielgruppe Ziele d) Weiterbildungsveranstaltungen für Multiplikatoren Gruppenveranstaltung von ca. drei Stunden. Vermittlung von grundlegendem Wissen über Sucht und Drogen mit dem Transfer in die eigene berufliche Praxis. Dabei sollen der Austausch von unterschiedlichen Sichtweisen gefördert und unterschiedliche fachliche Kompetenzen vom Suchthilfesystem und den jeweils anderen Professionen gebündelt werden. Multiplikatoren, die beruflich oder ehrenamtlich mit drogenkonsumierenden Jugendlichen Kontakt haben (z. B. Lehrer/-innen, Sozialarbeiter/-innen, Erzieher/-innen, Ausbilder/-innen, Ärzte/-innen, medizinisches Personal) bzw. Auszubildende in diesen Berufsgruppen. Sucht, Abhängigkeit, Drogen – Begriffsbestimmung und Zusammenhänge Drogen – Geschichte, kulturelle Aspekte, Wirkweisen Faktoren zur Suchtentstehung Gründe für Drogenkonsum von Jugendlichen Interventionsmöglichkeit als Multiplikator rechtliche Rahmenbedingungen 67 3.5.2. Beratung und Betreuung von Abhängigkeit bedrohter Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener sowie deren sozialem Umfeld Beschreibung a) „HaLT – Hart am Limit in Dresden“ – Alkoholprävention bei Kindern und Jugendlichen HaLT ist ein Suchtpräventionsprojekt, das aus zwei unterschiedlichen Bausteinen besteht, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken. Im reaktiven Baustein wird Kindern und Jugendlichen, die in Folge exzessiven Alkoholkonsums mit einer Alkoholintoxikation stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen, das Angebot einer Kurzintervention unterbreitet. Diese beinhaltet ein Beratungsgespräch mit dem Kind bzw. Jugendlichen, ein Beratungsgespräch mit den Eltern, den „Risiko-Check“ (Gruppenangebot) sowie ein gemeinsames Abschluss- bzw. Auswertungsgespräch. Im proaktiven Teil wird auf kommunaler Ebene durch Informationen und Prävention ein eigenverantwortlicher und risikoarmer Alkoholkonsum unter Jugendlichen und zugleich die Einhaltung des Jugendschutzes bei Festveranstaltungen, in Gaststätten und dem Handel gefördert. Über breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit soll die Bevölkerung zum verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol sensibilisiert werden. Zielgruppe Während der reaktive Baustein vorwiegend die Zielgruppe der riskant Alkohol konsumierenden Kinder und Jugendlichen anspricht, wendet sich der proaktive Baustein vorwiegend an Erwachsene. Ziele Ziel der niedrigschwelligen, zeitlich begrenzten Frühintervention (reaktiver Baustein) soll sein, die Kinder und Jugendlichen zur Reflexion ihrer Konsumgewohnheiten anzuregen und sie dabei zu unterstützen, einen verantwortungsvollen, nicht selbstschädigenden Umgang mit Alkohol zu erlernen. Ergänzend zu diesem Ansatz im Bereich der indizierten Prävention steht eine kommunal verankerte Präventionsstrategie mit dem Ziel, Alkoholexzesse und schädlichen Alkoholkonsum im Vorfeld zu verhindern (proaktiver Baustein). Beschreibung Zielgruppe Jugendliche mit einem problematischen Substanzkonsum, insbesondere bei riskantem bzw. missbräuchlichem Konsummuster, ohne dass eine Abhängigkeit vorliegen muss. Jugendliche mit vornehmlicher Fremdmotivation durch Eltern und/oder Helfersystem Jugendliche im Alter von 14 – 17 Jahren Ziele Erhebung des Hilfebedarfes Aufbau einer tragfähigen Beratungsbeziehung Anregung zur Selbstreflexion und Verantwortungsübernahme für das eigene Verhalten und eigene Entscheidungen Belastungssituationen für eine mögliche manifeste Abhängigkeitserkrankung und individuelle Ressourcen herausarbeiten Schwellenängste für weiterführende Behandlungsangebote senken und Zugangswege erschließen (Jugendhilfe, Suchthilfe, medizinisch-therapeutische Angebote) Beschreibung Zielgruppe Ziele 68 b) „Clearing Spezial“ – spezifisches Angebot für Minderjährige Ausgehend von dem Erklärungsmodell „Suchtdreieck“ werden mit dem Jugendlichen persönliche Bedingungsgefüge für eine mögliche/drohende oder bestehende Suchterkrankung in insgesamt fünf Beratungsgesprächen erarbeitet. Dabei finden zwei Termine mit der Familie und dem Helfersystem und vier Termine im Sinne eines strukturierten Beratungsangebotes mit dem Jugendlichen statt. c) „Candis“ – Beratungsangebot für Cannabiskonsumenten Die „Candis“-Therapie besteht aus 10 Behandlungseinheiten speziell für Cannabiskonsumenten. Jugendliche ab 16 Jahre und junge Erwachsene mit problematischem Cannabiskonsum Erkennen von Problemen im Zusammenhang mit dem Cannabiskonsum Akzeptanz der Therapie und regelmäßige Teilnahme an der Behandlung Abstinenz als Behandlungsziel anstreben Einstellung des Cannabiskonsums Aufrechterhaltung der Abstinenz mit Hilfe von rückfallprophylaktischen Maßnahmen Lernen, psychische und soziale Probleme adäquat und effizient ohne Drogenkonsum zu lösen Die weiteren Angebote im Rahmen der Beratung und Betreuung von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und deren sozialem Umfeld erfolgen analog dem Leistungsspektrum der Dresdner Suchtberatungs- und Behandlungsstellen. 3.5.3. Fachberatung/Netzwerkarbeit mit angrenzenden Fachgebieten Die Jugend- und Drogenberatungsstelle versteht sich nicht nur als Beratungsstelle für Konsumenten, sondern auch als Koordinations- und Fachstelle für Sucht in der Stadtverwaltung Dresden. Für Projekte, Institutionen und Fachkräfte, die mit jugendlichen Drogenkonsumenten arbeiten (u. a. aus Suchthilfe, ambulanter/stationärer Jugendhilfe, Jugendberufshilfe, Sozialhilfe) wird Fach- und Ressourcenwissen zur Verfügung gestellt. In diesem Zusammenhang wurde mit den auf diesem Gebiet tätigen Trägern eine „Kooperationsvereinbarung Drogenhilfe“ der Stadt Dresden zur Qualitätssicherung der Versorgung in der Stadt Dresden gemeinsam entwickelt und verabschiedet. Abb. 10: Netzwerkarbeit im Bereich „Suchthilfe“ für Kinder und Jugendliche 3.5.4. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Jugendliche mit problematischem Suchtmittelkonsum werden in unterschiedlichen Hilfesystemen auffällig (z. B. Schule/Ausbildung, Jugendhilfe, Justiz, medizinische Grundversorgung, Suchthilfe). Deshalb kommt der Vernetzung/Zusammenarbeit der verschiedenen Institutionen eine hohe Bedeutung für den Erfolg von Beratungs-, Betreuungs- und Behandlungsprozessen zu. Nach dem Landessuchthilfeplan Sachsen sollen die Suchtberatungsstellen dabei die Aufgabe der Kontakt- und Motivationsphase und teilweise der Nachsorge übernehmen. Da den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Suchtproblemen in der ambulanten Suchthilfe zu wenig Rechnung getragen werden konnte, wurde mit der Jugend- und Drogenberatungsstelle der Stadt Dresden ein kinder- und jugendspezifisches Angebot speziell mit dem Schwerpunkt auf 69 illegale Drogen installiert. Die Hilfesysteme, die zu den Jugendlichen und/oder dem familiären System Kontakt haben, schätzen den Handlungs- und Hilfebedarf aber oftmals nur aus der Sicht ihrer jeweiligen Profession heraus ein. Laut Jahresstatistik kommen die unter 18-Jährigen kaum in der JDB an. Notwendig ist die Konzipierung weiterer spezialisierter Angebote im ambulanten, stationären und komplementären Bereich. Dabei sind folgende Besonderheiten im Zusammenhang mit der Altersstruktur zu berücksichtigen: Der Beratungs- und Behandlungswunsch geht in der Regel vom Familiensystem und nicht vom konsumierenden Jugendlichen aus. Daher sind hier systemische Beratungskonzepte vorzuhalten. Neben der substanzbezogenen Störung treten sehr häufig familiäre Konflikte auf. Auch hier ist die Einbeziehung der Familie als Gesamtsystem in den Beratungs- und Behandlungsprozess wichtig. Entsprechende kinder- und jugendsuchtspezifische Behandlungsangebote müssen aufgrund des Alters ein wesentlich höheres Maß an pädagogischer Förderung beinhalten. Schulische und/oder berufsvorbereitende Maßnahmen sind flankierend vorzuhalten. Kinder und Jugendliche, die Suchtmittel missbrauchen und davon abhängig sind, weisen ein hohes Maß an komorbiden Störungen auf. Vor dem Hintergrund eines biopsychosozialen, entwicklungsorientierten Modells als Grundlage für die Entwicklung einer substanzbezogenen Störung ist die frühzeitige Einleitung einer kinder- und jugendpsychiatrischen suchtspezifischen Diagnostik und Therapie angezeigt. Somit erfordert die Behandlung neben suchtspezifischem auch entwicklungspsychologisches/psychopathologisches Wissen des Kindes- und Jugendalters. Die Hilfen für Kinder und Jugendliche mit einer Suchterkrankung und für Kinder und Jugendliche, die davon gefährdet sind, müssen frühzeitig in die Entwicklung und Dynamik einer Suchtentstehung eingreifen. Ziel dabei ist, den negativen Auswirkungen des Suchtmittelkonsums auf die schulische, berufliche und soziale Entwicklung sowie möglichen schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken und Folgeschäden und der Verfestigung des Suchtverhaltens entgegenzuwirken. Im Mittelpunkt stehen hier insbesondere drei Hilfesysteme: die Jugendhilfe, die Suchthilfe und die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Arbeit mit jugendlichen Suchtmittelkonsumenten fordert aufgrund oben genannter möglicher negativer Auswirkungen des Konsumverhaltens und des noch sehr jungen Alters der Konsumenten eine stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit und Vernetzung des Hilfesystems. Dabei ist eine integrative Vernetzung des Hilfesystems von hoher Bedeutung für den Behandlungserfolg. Folgende Schwerpunktsetzungen sind hervorzuheben: 1. 2. 3. 4. 5. Frühintervention durch verbesserte Zugänge zu Kindern und Jugendlichen mit Suchtmittelmissbrauch und Suchterkrankung Voraussetzungsfreie und niedrigschwellige Hilfegewährung Zeitnahe Bereitstellung von Hilfen Wohnortnähe der Hilfen Verbesserung der Qualifikation professioneller Bezugspersonen für den Bereich der Substanzstörungen Zusammengefasst ergeben sich aus dem oben genannten folgende Handlungsstrategien: 1. Analyse der Gesamtsituation hinsichtlich der Erfassung problematisch konsumierender Minderjähriger 2. Ableitung von sich daraus ergebenden Bedarfen / spezialisierten Angeboten 70 3. 4. 5. 6. 7. Schlüssige aufeinander abgestimmte Gesamtkonzepte hinsichtlich der Arbeit mit minderjährigen Suchtmittelkonsumenten sowohl in der Sucht- und Drogenhilfe als auch in den angrenzenden Arbeitsfeldern / gemeinsames „Leitbild“ / Grundverständnis der Arbeit – systemische Sichtweise und davon abgeleitete Arbeitsstrategien Fortschreibung der Kooperationsvereinbarung Drogenhilfe der Stadt Dresden speziell hinsichtlich der Problemlagen konsumierender Minderjähriger Absicherung der sächlichen und finanziellen/personellen Ressourcen für entsprechende spezialisierte Angebote Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe, Suchthilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie Verbesserung der Koordination/Vernetzung der an den Hilfen beteiligten Institutionen/Klärung des Case-Managements 3.6. Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe „Auf der Grundlage des SGB VIII umfasst die Kinder- und Jugendhilfe Leistungen und Aufgaben zugunsten junger Menschen und deren Familien, die insbesondere auch Eingliederungshilfen für seelisch behinderte oder von seelischer Behinderung bedrohte Kinder und Jugendliche vorsehen. Die Jugendhilfe ist auch dann zuständig, wenn Minderjährige in Krankheitssituationen spezifischer Hilfen bedürfen. Tangiert ist der Leistungsbereich nach § 35a SGB VIII (Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche).“ (LPP 2011: 68) Die gesetzliche Grundlage für die Erziehungs- und Familienberatung bilden der § 28 SGB VIII in Verbindung mit den §§ 5,17,18,35a und dem § 41 SGB VIII. Eltern von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen oder psychosozialen Auffälligkeiten sind hohen Belastungen ausgesetzt und häufig auf unterstützende Maßnahmen der Jugendhilfe angewiesen. Die örtlichen Träger der Jugendhilfe sorgen für die bedarfsgerechte Bereitstellung von Angeboten. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jugendamtes prüfen den Hilfebedarf im Einzelfall und legen die Art und den Umfang der geeigneten Hilfe fest. In diesem Prozess kann die Kinder- und Jugendpsychiatrie klärend und beratend mitwirken. 3.6.1. Erziehungsberatungsstellen Dresden verfügt über ein personell gut ausgebautes, dezentrales Netz von zehn Erziehungsberatungsstellen (fünf kommunale und fünf in freier Trägerschaft). Die Beratungsstellen sichern einen niedrigschwelligen Zugang, befinden sich in den Sozialräumen und sind für die Klienten/-innen gut erreichbar. Kurze Wege wirken sich günstig auf eine regelmäßige Annahme von Beratungsterminen aus. Es ist auch nicht außer Acht zu lassen, dass die sozial schwachen Familien nicht immer die finanziellen Mittel haben, sich einen Fahrausweis zu kaufen. Eine der Beratungsstellen bietet neben der Erziehungsberatung fachlich spezialisierte Unterstützung für Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt an und leistet fachdienstliche Aufgaben in diesem Kontext. In drei kommunalen Beratungsstellen (siehe Kapitel 3.2.5. „Kinder- und Jugendpsychiater/-innen im öffentlichen Gesundheitsdienst“) ist im Rahmen eines Kooperationsvertrages die unmittelbare Zusammenarbeit mit Fachärztinnen und anderen Fachkräften des Gesundheitsamtes der Stadt Dresden möglich. Der Kooperationsvertrag zwischen Jugendamt und Gesundheitsamt wurde wegweisend im Dezember 1993 unterzeichnet und wird aktuell überarbeitet. Hierbei muss angemerkt werden, dass dank engagierter Mitarbeiter/-innen des Geschäftsbereiches Gesundheit und Soziales in Dresden moderne Betreuungsstrukturen etabliert wurden, die nicht nur für Sachsen Modellcharakter haben. Adressen der Erziehungsberatungsstellen: Kommunale Beratungsstellen für Kinder, Jugendliche und Familien: August-Bebel-Straße 29, Tel.: (03 51) 4 77 74 14 Bautzner Straße 125, Tel.: (03 51) 4 88 84 51 71 Braunsdorfer Straße 13, Tel.: (03 51) 4 88 57 81 Burgenlandstraße 19, Tel.: (03 51) 2 57 10 43 Dürerstraße 88, Tel.: (03 51) 4 88 82 61 und 4 88 82 62 Beratungsstellen in freier Trägerschaft: Evangelische Beratungsstelle Dresden Diakonisches Werk - Stadtmission Dresden e. V. Schneebergstraße 27 01277 Dresden Tel.: (03 51) 31 50 20 [email protected] www.diakonie-dresden.de Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erziehende Verbund Sozialpädagogischer Projekte e. V. (VSP) Spreewalder Straße 1 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 81 32 68 www.spreewalder1.vsp-dresden.de Beratung für Kinder, Jugendliche und Eltern Deutscher Kinderschutzbund Dresden e. V. und Outlaw gGmbH Beratungsstelle in Pieschen (BiP) Bürgerstraße 75 01127 Dresden Tel.: (03 51) 8 58 81 53 www.kinderschutzbund-dresden.de und www.outlaw-jugendhilfe.de „Ausweg“ - Erziehungsberatungsstelle AWO Kinder und Jugendhilfe gGmbH Hüblerstr. 3 01309 Dresden Tel.: (03 51) 3 10 02 21 [email protected] www.ausweg-beratung.de Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien Malwina e. V. Louisenstr. 54 01099 Dresden Tel.: (03 51) 2 15 21 90 www.malwina-ev.de 3.6.2. Beratungsstelle KiElt Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Naumannstraße 3a 01309 Dresden Tel.: (03 51) 44 03 99 67 [email protected] www.ptv-sachsen.de 72 Angebote für Kinder psychisch kranker Eltern Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern mit psychischen Belastungen und Erkrankungen (KiElt) Die Beratungsstelle KiElt bietet Kindern, Jugendlichen, Eltern und Familien mit psychischen Belastungen oder Erkrankungen vielfältige Unterstützung an. Weitere Bezugspersonen wie Großeltern, Freunde, Nachbarn können sich ebenfalls an die Mitarbeiter wenden. Zum Angebot gehören unter anderem systemische Einzel-, Paar- und Familienberatung, Erziehungsberatung sowie soziales Kompetenztraining und Psychoedukation. Das Team besteht aus Sozial- und Heilpädagoginnen mit therapeutischer Zusatzausbildung und beraterischer Qualifikation. Das Angebot ist kostenfrei. Bisher wurde KiElt durch „Aktion Mensch“ (von 2007-2009) und das Jugendamt (von 2010-2012) als Projekt finanziert. Ab dem Jahr 2013 wird die Beratungsstelle in die Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle des PTV integriert und über die Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe finanziert. a casa Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Grunaer Straße 35 01069 Dresden Tel.: (03 51) 4 41 79 82 [email protected] www.ptv-sachsen.de a casa – ambulante Hilfen für Kinder, Jugendliche und Familien a casa richtet sich insbesondere an: Familien, in denen die Eltern psychisch belastet oder erkrankt sind Kinder, Jugendliche und junge Volljährige mit seelischen Belastungen oder Erkrankungen Ziel ist die Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenzen und Unterstützung bei der Gestaltung eines krankheitsangemessenen Familienalltags sowie bei der Bewältigung von kindlichen Entwicklungsstörungen. Weiterhin erfahren die Klienten und Klientinnen Unterstützung bei der Bewältigung der psychischen Erkrankung sowie psychische Entlastung und Stabilisierung. Kinder und Jugendliche erhalten Unterstützung bei der Persönlichkeitsentwicklung, Verselbstständigung, Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie Einbindung in schulische und berufliche Strukturen und soziale Netzwerke. Die Hilfe wird ambulant geleistet. Der Leistungsanspruch wird auf Grundlage des SGB VIII beantragt. Die Kosten übernimmt beim Vorliegen eines entsprechenden Hilfebedarfes in der Regel das zuständige Jugendamt. Es erfolgt immer eine Einzelfallprüfung. Der Hilfebedarf und der zeitliche Umfang der Leistung werden bei einem Hilfeplangespräch durch das Jugendamt festgelegt. Der Hilfebedarf wird in regelmäßigen Hilfeplangesprächen immer wieder überprüft und angepasst. Sozialtherapeutische Wohngemeinschaft für psychisch kranke Mütter/Väter und ihre Kindern Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Grunaer Str. 41 01069 Dresden Tel.: (03 51) 2 08 67 41 [email protected] www.ptv-sachsen.de Sozialtherapeutische Wohngemeinschaft für Mütter/Väter und ihre Kinder (MuKi) Das Angebot ist eine gemeinsame Wohnform für Schwangere, Mütter oder Väter mit einer psychischen Erkrankung, die das Personensorgerecht für ihr Kind ausüben, allein für ein eigenes oder mehrere eigene Kinder zu sorgen haben, ein Mindestmaß an Versorgung für sich und ihr Kind selbst leisten können oder in einer Krise Hilfe und Unterstützung benötigen. Die Bewohner/-innen erhalten bei Bedarf rund um die Uhr Beratung, praktische Unterstützung und Anleitung bei der Alltagsbewältigung. Die Mütter, Väter sowie Schwangeren werden hauptverantwortlich von einer Bezugsperson betreut. Eine Psychologin im Haus ergänzt das Team mit spezifischen Angeboten. Die Kinder besuchen wenn möglich ab dem ersten Lebensjahr eine umliegende Kindertageseinrichtung. Für die Aufnahme der Mütter und Väter ist ein Mindestalter von 16 Jahren erforderlich. Es steht Wohnraum für bis zu 8 Schwangere, Mütter oder Väter mit ihren Kindern zur Verfügung. Das Jugendamt gewährt das Hilfsangebot auf der Grundlage des § 19 SGB VIII. Es erfolgt immer eine Einzelfallprüfung. Das Jugendamt prüft in Abhängigkeit vom Einkommen, ob von den Müttern/Vätern eine Kostenbeteiligung erwartet wird. 3.6.3. Auguszt & Jetter GmbH Königsbrücker Straße 68 01099 Dresden Tel.: (03 51) 56 35 59 13 [email protected] www.auguszt-jetter.de Besonderes Wohnangebot für junge Frauen „Carla“ – Jugendwohngemeinschaft für junge Frauen mit einer Essstörung Die Jugendwohngemeinschaft befindet sich in Trägerschaft der „Auguszt & Jetter Gesellschaft für innovative Sozialarbeit BR“ und bietet vier Plätze für Eingliederungshilfe gemäß §§ 27, 34, 35a, 41 SGB VIII für junge Frauen im Alter von 16 bis 21 Jahren mit diagnostizierter Anorexia/Bulimia nervosa an. Aufnahmevoraussetzung ist eine abgeschlossene Therapie und nachsorgende Anbindung an eine Klinik bzw. einen niedergelassenen Facharzt oder eine Fachärztin und Psychotherapeuten/-in. Eine enge Kooperation erfolgt mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik Carl-Gustav Carus. In der Wohngemeinschaft sollen junge Frauen mit einer Essstörung nach stationärer bzw. teilstationärer oder intensiv-ambulanter Behandlung schrittweise ihre Selbstständigkeit wiederfinden sowie soziale und Alltagskompetenzen neu erlernen. 73 Die Kostenübernahme erfolgt auf Antrag durch das Jugendamt oder das Sozialamt der Landeshauptstadt Dresden. Gegebenenfalls ist eine einkommensabhängige Kostenbeteiligung erforderlich. 3.6.4. CSW – Christliches Sozialwerk gGmbH Friedrichstraße 24a 011067 Dresden Tel.: (03 51) 4 81 22 10 Mobil: (01 73) 5 99 53 06 [email protected] www.christliches–sozialwerk-ggmbh.de Schulintegrationshilfe Christliches Sozialwerk In besonderen Fällen können Kinder mit psychischen Störungen und komplexen Problemlagen, die sich trotz intensiver schulischer Unterstützung in den Schulalltag nicht integrieren lassen, im Rahmen von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII, Unterstützung durch die Jugendhilfe erfahren. Schulintegrationshelfer/-innen haben die Aufgabe, dem Kind in Krisensituationen beizustehen bzw. diese zu vermeiden sowie zum Beziehungsaufbau und Abbau von Ängsten beizutragen. Es erfolgt eine sehr enge Zusammenarbeit mit der Schule und den Behindertenpädagogen/-innen oder Psychologen/-innen. Integrationshilfe versteht sich als eine Maßnahme in einem Gesamtkonzept therapeutischer und pädagogischer Bemühungen. 3.6.5. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Das Ziel der zeitnahen Prüfung der Hilfegewährung muss weiter im Auge behalten werden. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit komplexen Problemlagen bedarf es einer sehr guten Abstimmung des Helfersystems sowie verbindlicher Absprachen. Leider konnte eine geplante Kooperationsvereinbarung zwischen Kliniken, der ambulanten Kinder- und Jugendpsychiatrie, dem Jugendamt und der Sächsischen Bildungsagentur nicht realisiert werden. In den letzten Jahren hat sich jedoch die Zusammenarbeit zwischen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Jugendhilfe in der Stadt Dresden deutlich verbessert. Durch die enge Kooperation zwischen Jugendamt und Gesundheitsamt in den kommunalen Erziehungsberatungsstellen und Bemühungen der Kliniken konnten gegenseitige Vorurteile weiter abgebaut werden. Die Kooperationsvereinbarung zwischen der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums und dem Jugendamt im Verfahren zur Prüfung der geschlossenen Unterbringung nach § 1631 BGB hat sich bewährt. Die Zunahme von Fällen mit komplexem Hilfebedarf wird alle Beteiligten auch in den nächsten Jahren vor hohe Herausforderungen stellen. Deshalb ist die enge Kooperation zwischen Jugendhilfe und Gesundheitswesen auch zukünftig professionell erforderlich. Es ist wünschenswert, dass das Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie bei der Jugendhilfeplanung mit einbezogen wird. Der psychosoziale Arbeitskreis für Kinder und Jugendliche könnte als beratendes Gremium wesentlich mehr von der Jugendhilfe genutzt werden. Grundsätzlich ist die enge Kooperation zwischen Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie unabdingbar. Gemeinsame Weiterbildungen und Fachtage sollten regelmäßig stattfinden, um unter anderem die Hilfen nach § 35a SGB VIII transparenter zu gestalten. Regelmäßige Qualifizierungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Jugendhilfe auf dem Gebiet der Psychiatrie sind nötig, um entsprechende fachliche Methodik angemessen einzusetzen und notwendigen Behandlungsbedarf zu erkennen. Ein besseres Verständnis der Situation kann auch durch Fallkonferenzen gefördert werden. Es wäre wünschenswert, wenn in den kommunalen Beratungsstellen mit Beteiligung des Gesundheitsamtes eine gemeinsame Statistik erfolgen könnte. Bisher werden die Grunddaten von den einzelnen Fachämtern getrennt abgefragt. Darin spiegelt sich die enge Zusammenarbeit nicht exakt wider. Allgemein fehlt es an gültigen Standards zur Qualität der Hilfen der Komplementäreinrichtungen. Kooperationsprobleme entstehen nicht selten durch unterschiedliche Auffassungen von angemessener Unterstützung bezüglich Hilfeformen und Methoden. Dementsprechend ist eine Evaluierung der Angebote teilweise intransparent oder nicht vorhanden. Eine gemeinsame Statistik aller Erziehungsberatungsstellen mit Einbeziehung der Daten des Gesundheitsamtes ist für die Bedarfserhebung und Planung von Versorgungsstrukturen erforderlich. 74 Im Bereich der Beratungsangebote ist ein wachsender Bedarf in der Versorgung von Kindern mit Eltern, die psychisch erkrankt sind, zu verzeichnen. Ambulant betreutes Wohnen nach §§ 53/54 SGB XII sowie §§ 55/58 SGB IX richtet sich mit seinem Angebot an erwachsene Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung. Kinder werden dementsprechend nicht betreut. Ausnahme bilden mitunter Klienten/-innen, die selbst Kinder haben. Wohnen diese mit dem Betroffenen in einem Haushalt, bedarf es unter Umständen der Einbeziehung des Jugendamtes bzw. der Inanspruchnahme einer Familienhilfe. Leben die Kinder in Pflegefamilien etc., kann es auch Inhalt des Ambulant betreuten Wohnens sein, den Kontakt zu den Kindern bzw. der Pflegefamilie herzustellen und die Beziehung unter geschützten Bedingungen zu pflegen. Auch im Bereich der Wohnangebote und Angebote zur Tagesstrukturierung für Jugendliche gibt es Defizite. Hier fehlen zum Beispiel Wohngemeinschaften mit spezifischem Betreuungsangebot. Schwierig gestaltet sich die Hilfevermittlung für Kinder und Jugendliche, wenn sowohl Eingliederungshilfeleistungen nach SGB XII als auch Hilfen zur Erziehung nach SGB VIII erforderlich sind. Vor Einleitung von Hilfsmaßnahmen ist eine Abstimmung von Jugend- und Sozialhilfeträger zur Abgrenzung zwischen dem Bedarf an Hilfen zur Erziehung nach SGB VIII und dem Bedarf an Eingliederungshilfeleistungen nach SGB XII erforderlich. Die erforderliche Abstimmung darf auf keinen Fall zu einer Verzögerung der Hilfegewährung führen. Neben dem Ausbau der komplementären Angebote muss das Zurückgreifen auf familiäre Ressourcen verstärkt ausgebaut werden. Wenn sowohl die Patienten und die Patientinnen als auch die Eltern die Hilfen ablehnen, gibt es keine alternativen Unterstützungsmöglichkeiten. Vor allem die Eltern müssen über Angebotsstruktur als auch Erkrankungshintergründe besser aufgeklärt und in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt werden, um positiv auf die Behandlungsbereitschaft der Kinder und Jugendlichen einwirken zu können. Wenn (v. a. alleinerziehende) Eltern mit einer psychischen Erkrankung stationär behandelt werden müssen, durchlaufen Kinder ab vollendetem 1. Lebensjahr wechselnde Bereitschaftspflegen, erleben Abbrüche. Es gibt keine Angebote, die das – ggf. von der psychischen Erkrankung der Eltern beeinflusste – Kind bei wiederkehrenden stationären Aufenthalten kontinuierlich versorgen und gleichzeitig eine Stabilisierung der Eltern-Kind-Beziehung unterstützen. 3.7. Schule und Ausbildung Eine wesentliche Aufgabe der gesundheitlichen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen besteht in der Zusammenarbeit mit dem Schulsystem. Kinder mit psychischen Störungen sind per Gesetz Kindern mit körperlichen Erkrankungen gleichgestellt und alle Kinder sind entsprechend ihrer Leistungsmöglichkeiten zu fördern. Die praktische Umsetzung erweist sich als schwierig. Die aktuellen Möglichkeiten der Schulen, dem individuellen Förder- und Betreuungsbedarf einzelner Schülerinnen und Schüler ausreichend Rechnung zu tragen, sind häufig sehr begrenzt. Selbst die Ressourcen der Förderschulen E (Förderschwerpunkt sozial-emotionale Entwicklung) sind nicht mehr ausreichend, um alle Kinder angemessen zu beschulen. Mit enormen Schwierigkeiten verbunden ist die Etablierung individueller Beschulungsmöglichkeiten bei Kindern mit komplexen Problemlagen. Das Schulgesetz bietet für diese Klientel nichts an. Derzeit gibt es weder in Dresden noch in Sachsen insgesamt Ersatzschulen in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe. Das führt dazu, dass Kinder, die sich nicht an die Strukturen eines Förderschultyps anpassen können, mangels eines angemessenen Beschulungsangebotes in Kombination mit einer stationären Maßnahme der Jugendhilfe außerhalb Sachsens untergebracht werden müssen. Dies ist diskriminierend und entspricht weder der Gleichbehandlung von körperlicher und psychischer Erkrankung noch der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung. Auch vor dem Hintergrund des bereits am 13.12.2006 von Deutschland unterzeichneten „Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ und dem am 01.01.2009 in Kraft getretenen Ratifikationsgesetz, das unseren Staat zur Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems verpflichtet, in dem die 75 Befriedigung besonderer Bedürfnisse einzelner Kinder ohne jegliche Aussonderung erfüllt wird, ist dies eine ganz und gar inakzeptable Praxis. Erschreckend ist auch die in Einzelfällen von Schulleitern/-innen verhängte Ordnungsmaßnahme, Schülerinnen und Schüler für einen Zeitraum von bis zu 4 Wochen vom Unterricht zu suspendieren, ohne dass die Schüler/-innen in dieser Zeit pädagogisch oder therapeutisch begleitet werden und ohne, dass ihre weitere Schulperspektive ausreichend geklärt wird. Die im Sächsischen Schulgesetz geforderte amtsärztliche Beteiligung am Feststellungsverfahren für den Förderbedarf E (emotional-soziale Entwicklung) wird in Dresden durch die drei am Gesundheitsamt tätigen Fachärztinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie realisiert. Die Kenntnis der Schullandschaft, unter anderem durch regelmäßige sozialpädagogische Hospitationen und Absprachen mit den Klassenlehrern im Einvernehmen mit den Sorgeberechtigten, wirkt sich günstig auf die Entscheidungsfindung und Beratung aus. Leider muss konstatiert werden, dass solche wichtigen und lebensprägenden Entscheidungen wie die über einen Förderschulbedarf aus Kapazitätsgründen überwiegend ohne schulpsychologische Diagnostik erfolgen. Für Dresden wie für Sachsen ist insgesamt festzustellen, dass die Kapazität an Schulpsychologen/-innen bei Weitem nicht ausreicht. In ganz Sachsen gibt es 30 Schulpsychologen/innen. Die Zuständigkeit eines Psychologen bzw. einer Psychologin für 50 Schulen und durchschnittlich 14.530 Schüler/-innen in Sachsen ist völlig unterdimensioniert und liegt außerdem deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, in dem 1 Schulpsychologe/-in 9.000 Schüler/-innen betreut. Lange Wartezeiten sowie der vorgeschriebene Weg über die Schulleitung erschweren die Inanspruchnahme erheblich. Der Abbau der schulpsychologischen Kapazität wirkt sich nachhaltig negativ auf die Versorgungslage im Bildungsbereich aus. Verbesserungswürdig ist auch der Umgang mit Teilleistungsstörungen, die häufige Komorbiditäten von psychiatrischen Krankheitsbildern darstellen. In der schulischen Praxis werden sie unterschiedlich erkannt und gefördert. Für Lese- und Rechtschreibschwächen haben sich die Diagnostikverfahren der Schulen bewährt. Außerdem besteht eine Richtlinie für den Umgang mit dieser Störung. Für die Dyskalkulie existiert hingegen keine Richtlinie, da diese Störung vom Staatsministerium für Kultus und Sport (SMKS) nicht als Teilleistungsschwäche anerkannt wird. Die Ausbildung der Lehrer/-innen für den Umgang mit der Störung ist ungenügend und es wird generell auf eine außerschulische Förderung verwiesen. Den Eltern wird geraten, Antrag auf Eingliederungshilfe nach SGB VIII zu stellen. Dabei wird die Verantwortung generell auf die Jugendhilfe übertragen. Eine Klärung auf Landesebene ist dringend anzumahnen. Eine sehr positive Entwicklung ist hinsichtlich des Umgangs mit und der Förderung von Kindern mit ADHS zu verzeichnen. Kontinuierliche Weiterbildung hat sich ausgezahlt. Die praktische Umsetzung könnte bei mehr Personalkapazität sicher noch verbessert werden. Einzelfallbezogene differenzierte Förderangebote für überdurchschnittlich begabte Kinder und Jugendliche sollten auch in den Regelschulen noch intensiver etabliert werden. CSW-Christliches Sozialwerk gGmbH Regionalverwaltung Dresden Friedrichstr. 24a 01067 Dresden Tel.: (03 51) 48 12 20 www.christliches-sozialwerk-ggmbh.de Für Kinder, deren schulisches Lernen nur durch eine Einzelbegleitung ermöglicht werden kann, die mit pädagogischer und psychologischer Fachlichkeit präzise auf den individuellen Bedarf des Einzelfall zugeschnitten ist, wird in Dresden vom Christlichen Sozialwerk sehr kompetente Schulintegrationshilfe angeboten. Aufgrund fehlender (schul-)gesetzlicher Grundlagen beteiligt sich die Bildungsagentur aber nicht an den Kosten, so dass diese Hilfe ausschließlich aus Jugendhilfemitteln finanziert werden muss. Als Hilfsangebot für schulverweigernde oder vom Hauptschulabschluss gefährdete Jugendliche sind Projekte wie „Die Zweite Chance“ und „Produktives Lernen“ sehr zu begrüßen. In ihrem Rahmen können die Jugendlichen stark praxisorientierte Lernformen mit alternativen Bewertungssystemen an zum Teil außerschulischen Lernorten erleben. Im Projekt „Zweite Chance“ werden die Jugendlichen darüber hinaus individuell sozialpädagogisch und/oder psychologisch betreut, da in der Regel eine sehr schwierige soziale Gesamtsituation besteht. 76 Die 2. Chance - Schulverweigerung Koordinierungsstelle 2. Chance Verbund Dresden Ost Herzberger Straße 22 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 04 70 14 oder (03 51) 2 04 70 15 [email protected] Die Finanzierung beider Projekte ist aufgrund der Nutzung von Fördermitteln allerdings zeitlich befristet und läuft im Jahr 2013 aus. Solange das Schulsystem keine grundlegende Strukturveränderung vollzogen hat, sollten diese Angebote einen festen und finanziell gesicherten Platz im Maßnahmekatalog der Bildungsagentur bekommen und auf jüngere Schülerinnen und Schüler ausgeweitet werden. Zielgruppe sind Schüler/-innen ab dem Alter von 12 Jahren bis maximal zum Beginn der letzten Klassenstufe, die eine Mittelschule, eine Förderschule oder eine andere Schulform besuchen, auf der der Erwerb eines Hauptschulabschlusses möglich ist, ihren Schulabschluss belegbar durch aktive oder passive Schulverweigerung gefährden und berufsschulpflichtige Schüler/-innen in einer beruflichen Schule, an der der Hauptschulabschluss erworben werden kann. Das erklärte Ziel ist die (Re-)Integration der Schüler und Schülerinnen in das Regelschulsystem. Dieses Vorhaben wird bis zum Jahr 2013 vom „Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ (BMFSFJ) und dem Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. Kofinanziert wird das Projekt durch das Jugendamt der Stadt Dresden und aus Eigenmitteln der Träger: INT – Gesellschaft zur Förderung der beruflichen und sozialen Integration mbH, Sächsisches Umschulungsund Fortbildungswerk Dresden e. V. (SUFW). Projekt „Produktives Lernen“ 121. Mittelschule „Johann Georg Palitzsch“ Hepkestr. 26 01309 Dresden Tel.: (03 51) 25 02 01 26 [email protected] www.sn.schule.de/~ms121dd Zielgruppe sind Mittelschüler/-innen der 7. oder 8. Klasse, deren Schulabschluss trotz zahlreicher Bemühungen akut gefährdet ist. Ziel sind die Erreichung des Hauptschulabschlusses und eine individuelle Berufsorientierung. Die Schülerinnen und Schüler werden an zwei Tagen der Woche in der Schule unterrichtet. An drei Tagen lernen sie in einem Praxisunternehmen. Das Projekt wird bis zum Jahr 2013 aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union finanziert. Projektträger ist das Berliner Institut für Produktives Lernen in Europa, Karl-SchraderStr. 6, 10781 Berlin. 3.7.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Die Angebote des Schulsystems für die Beschulung von Kindern mit psychischen Störungen entsprechen nicht den Anforderungen. Die gesetzlich fixierte Gleichstellung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung muss konsequent umgesetzt werden. Erste Einschränkungen entstehen bereits nach dem Schuleintritt durch getrennte Leistungsträger. Auch Kinder mit komplexen Problemlagen haben ein Recht auf eine gemeindenahe und personenzentrierte Versorgung. Dazu muss es eine Beschulungsmöglichkeit vor Ort geben. Der Bedarf an integrierten Beschulungsformen wird über Gremien und Arbeitsgruppen an das Kultusministerium herangetragen. Der Ausbau schulpsychologischer Kapazität ist zwingend erforderlich. Beim immer häufiger geäußerten Wunsch nach Integrationshelfern im Rahmen von Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII entsteht der Eindruck, dass die Verantwortung für eine gelingende Beschulung zunehmend in die Jugendhilfe verlagert wird. Um Kindern eine inklusive Bildung zu ermöglichen, muss das Schulsystem eine einheitliche Gesamtverantwortung einschließlich einer einheitlichen Finanzierungsverantwortung für alle Lernenden übernehmen. Die Ressourcen müssen so flexibel zugeteilt werden, dass dem individuellen Bedarf aller Kinder entsprochen werden kann, ohne dass andere Leistungsträger herangezogen werden müssen. (vgl. Erstes Diskussionspapier des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zu inklusiver Bildung vom 25.03.2011). Starre Schulformen müssen endlich aufgebrochen und individuelle Beschulungsformen ermöglicht werden. 77 Auf kommunaler Ebene könnte eine engere und strukturiertere Kooperation zwischen der Schule bzw. der Schulverwaltung und der Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe wie auch mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie dazu beitragen, die Schulentwicklungsplanung im Sinne einer Inklusionsentwicklungsplanung neu auszurichten (vgl. ebd.). 3.8. Gemeinsame Aufgabe Kinderschutz Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Familiäre Systeme, in denen psychisch auffällige Kinder oder Jugendliche oder auch Eltern leben, benötigen häufig besondere Unterstützung. Im „Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen“ (Bundeskinderschutzgesetz), das am 01.01.2012 in Kraft getreten ist, werden unter Artikel 1 im „Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz“ § 3 (2) alle Berufsgruppen aufgezählt, die im Sinne eines qualifizierten Kinderschutzes zusammenarbeiten müssen. Zur Förderung des gesunden Aufwachsens von Kindern und zum Schutz vor Kindeswohlgefährdungen wurde im Jahr 2007 in Sachsen das „Netzwerk für präventiven Kinderschutz“ (jetzt „Forum Kinderschutz“) gegründet. Dessen „Basiselement“ ist die „Schaffung verbindlich agierender Kooperationsstrukturen aller kommunal verorteten Professionen mit Lebensweltbezug zu Kindern und Jugendlichen in allen Gebietskörperschaften“ (Specht 2010). Eine Kooperationsvereinbarung wurde z. B. zwischen dem Jugendamt, dem Schulverwaltungsamt und der Sächsischen Bildungsagentur Regionalstelle Dresden abgeschlossen. Die „Handlungsempfehlung bei Kindeswohlgefährdung“ ist 2011 unter Federführung des Gesundheitsamtes in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und dem Projekt „Hinsehen – Erkennen - Handeln“ überarbeitet und aktualisiert worden. Zielgruppen der Handlungsempfehlung sind primär ärztliche Praxen sowie andere Netzwerkpartner/-innen der Stadt Dresden. Das informative Internetportal „Kinderschutz“ wird durch die Netzwerkkoordinatoren in Zusammenarbeit mit den Netzwerkpartnern/-innen aktualisiert und erweitert. Darüber hinaus haben sich Mitarbeiterinnen zur „insoweit erfahrenen Fachkraft“ nach § 8a SGB VIII qualifiziert, die von anderen Institutionen bei der Gefährdungsabschätzung des Kindeswohles herangezogen werden können und auch zur begleitenden Fachberatung zur Verfügung stehen. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Umsetzung des § 8a SGB VIII geleistet. 3.9. Autorenverzeichnis Dipl.-Med. Renate Weber, Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien Dipl.-Päd. Karin Wehner, Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien Dipl.-Psych. Simone Külbel, Jugend- und Drogenberatungsstelle Für Zuarbeiten danken wir den Vertreterinnen folgender Institutionen: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Sächsisches Krankenhaus Arnsdorf, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Sozialpädiatrisches Zentrum Dresden-Neustadt Kinder- und Jugendärztlicher Dienst der Landeshauptstadt Dresden Kassenärztliche Vereinigung Jugendamt der Landeshauptstadt Dresden Sozialamt der Landeshauptstadt Dresden Dr. med. Bärbel Hirsch, niedergelassene Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin Stefanie Preuß, niedergelassene Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie 78 4. Ältere Menschen mit einer psychischen Erkrankung 4.1. Beschreibung der Erkrankung 4.1.1. Die häufigsten psychischen Erkrankungen des Alters Die wachsenden Aufgaben in der Versorgung alter Menschen mit einer psychischen Erkrankung beruhen auf den Erfolgen der modernen Medizin und den verbesserten sozioökonomischen Verhältnissen. Seit 1840 steigt die Lebenserwartung in jedem Jahrzehnt um zweieinhalb Jahre an. (Vgl. Christensen 2009) 2005 lebten in Deutschland 3,7 Millionen 80-Jährige und Ältere, 2020 werden es fast 6 Millionen Menschen in diesem Alter sein und 2050 bereits 10 Millionen. Bei einem Viertel der über 65-Jährigen liegen psychische Störungen vor und 40% dieser Erkrankungen zeigen eine klinisch relevante und behandlungsbedürftige Manifestation. Der absolute und relative Zuwachs an älteren Menschen und ihr erhöhtes Morbiditätsrisiko machen eine zunehmende und auf das Alter spezialisierte Versorgung dieser Bevölkerungsgruppe notwendig. Die Erfordernisse eines gerontopsychiatrischen Behandlungssettings sind individuell zu definieren, unter Berücksichtigung der psychischen Erkrankungen des Einzelnen und der meist vorhandenen altersassoziierten Beeinträchtigungen (z. B. durch geriatrische Syndrome). Ebenso muss der individuelle biopsychosoziale Lebenskontext des Betroffenen in die Behandlungsplanung eingehen, einschließlich seiner eigenen Ressourcen und der seines Umfelds. Die meisten Betroffenen werden von ihren Familien oder professionellen Diensten unterstützt. Zu bedenken ist aber auch die massive Zunahme von Singlehaushalten alter Menschen, meist Frauen. Die ärztliche Versorgung erfolgt in der überwiegenden Mehrzahl durch die Hausärzte/-innen. Menschen über 60 Jahren stellen einen nicht geringen Teil der psychiatrischen Notfallvorstellungen dar. Schließlich ist festzuhalten, dass die Möglichkeiten einer Psychotherapie bei älteren Patienten/-innen auch in der Kommune nahezu nicht verfügbar sind. (Vgl. Melchinger 2011) Die häufigsten psychischen Störungen des höheren Lebensalters sind Demenzen und Depressionen, wobei die Demenz eine deutliche Altersabhängigkeit zeigt. Die Prävalenz der Demenz steigt mit zunehmendem Alter steil an: von etwas mehr als 1% zwischen dem 65. und 69. Lebensjahr bis auf mehr als 30% jenseits des 90. Lebensjahres. Bis zum 90. Lebensjahr gilt die Faustregel der Verdoppelung des Risikos nach Intervallen von 5 Jahren. Nach diesem Zeitpunkt scheint sich die Kurve des Zuwachses abzuflachen, bildet vielleicht sogar nach dem 95. Lebensjahr ein Plateau. Das bedeutet, dass ein sehr langes Leben nicht zwangsläufig in eine Demenz münden muss. In Deutschland muss man von mehr als 200.000 Neuerkrankungen pro Jahr und einem Krankenbestand von 1,3 Millionen Demenzerkrankten ausgehen. (Vgl. Demenz-Report 2011) Die Demenz ist gekennzeichnet durch ausgeprägte Einbußen in den Leistungen der höheren Hirnfunktionen sowie des Verhaltens und den daraus resultierenden Beeinträchtigungen in der individuellen Alltagsbewältigung. Die Ursachen sind vielfältig, am häufigsten ist die Alzheimerdemenz gefolgt von der vaskulären Demenz und der Parkinsondemenz. (Vgl. ebd.) Der Verlauf ist chronisch fortschreitend und von einer steigenden und hohen Pflegebedürftigkeit im Erkrankungsverlauf begleitet. 79 Depressive Störungen im Alter treten in Querschnittsuntersuchungen mit einer Prävalenz von 2-4% für schwere (majore) Depressionen und mit einer Prävalenz von 10% für leichte (minore) depressive Störungen auf. (Vgl. Beyer 2007) Die Zahlen sind deutlich höher, wenn man die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen untersucht: dort betragen schwere Depressionen 12-14%. (Vgl. ebd.) Im Gegensatz zu demenziellen Erkrankungen weisen depressive Störungen keine Zunahme der Neuerkrankungen im Alter auf. Die überwiegende Anzahl depressiv erkrankter alter Menschen sind Patienten/-innen mit rezidivierendem Erkrankungsverlauf. Nur etwa 30% erleiden ihre erste depressive Episode im höheren Lebensalter. Beiden gemeinsam ist es, dass die affektiven Symptome mit Niedergeschlagenheit und Antriebsarmut die Bewältigung des individuellen Alltags erheblich erschweren und bestehende Begleiterkrankungen, wie Hypertonus, Diabetes oder koronare Herzkrankheiten verschlechtern können. (Vgl. ebd.; Davidson 2010) Die Komorbidität depressiver Erkrankungen mit Angst (Vgl. Byers 2010) und kognitiven Symptomen (Vgl. Sanders 2011) ist sehr hoch im Alter und kann zu dauerhaften Einbußen in der Alltagsbewältigung der Patienten und Patientinnen führen. Sie erfordern eine spezialisierte Expertise und ein komplexes Behandlungssetting mit auch wohnortnahen und aufsuchenden Therapien zum Alltagstraining. Insbesondere die kognitiven Störungen persistieren im alten depressiven Patienten/-innen auch nach Remission der affektiven Symptome und können die Funktionalität erheblich beeinträchtigen. (Vgl. Crocco 2010; Yen 2011) Für alte Menschen besteht in Deutschland ein wesentlich höheres Suizidrisiko als für die jüngeren (Vgl. Schmidtke 2008), wobei depressive Erkrankungen häufig als Ursache für Suizidversuche und Suizide im Alter identifiziert werden können. Nahezu die Hälfte aller älteren Menschen klagt primär über Schlafstörungen, die besonders im höheren Lebensalter als klinisches Indiz für schwerere Erkrankungen gewertet werden müssen, wobei unter den psychiatrischen Risikofaktoren vor allem depressive Störungen zu nennen sind. (Vgl. Staedt 2007; Fok 2010) Lange Zeit wurde die Bedeutung der Angststörungen unterschätzt, für die eine Prävalenz von bis zu 12% nachgewiesen worden ist. (Vgl. Byers 2010; Weyerer 2007) Die hohe Komorbidität mit der Depression und die erhebliche Verschlechterung von Schmerzsyndromen sowie internistischer Erkrankungen, wie Herzerkrankungen, Diabetes und Hypertonus, machen die Notwendigkeit kompetenter Behandlungsteams für Angsterkrankungen im gerontopsychiatrischen Patienten/-innen sehr deutlich. Suchterkrankungen des älteren Menschen werden in epidemiologischen Studien eher unterschätzt, da sie zum einen selten explizit von Ärzten/-innen und Therapeuten/-innen exploriert werden und sie auch selten Gegenstand von Dissimulationsstrategien sind. Es gibt eine hohe Komorbidität zwischen Depressionen im Alter und schädlichem Gebrauch von Alkohol bis hin zur Alkoholabhängigkeit. (Vgl. Diakonie 2008; Gum 2008) Ein Alkoholmissbrauch wird bei 10 bis 20%, eine Alkoholabhängigkeit bei 2 bis 3% der älteren Männer angenommen. (Vgl. Weyerer 2007) Während Frauen deutlich seltener eine Alkoholproblematik zeigen, findet sich bei ihnen häufiger eine regelmäßige Einnahme von Tranquilizern. Im Heimbereich muss eine deutliche Verdichtung der Suchtproblematik verzeichnet werden. Im Gegensatz zu unipolaren Depressionen sind bipolare Störungen in höheren Altersgruppen in einer Prävalenz unter 1% angegeben. Allerdings nehmen Patienten/-innen mit bipolaren Störungen etwa viermal häufiger psychiatrische Dienste in Anspruch als unipolar depressive Ältere. Das Erkrankungsrisiko für Schizophrenie scheint vor dem 40. Lebensjahr 3- bis 4fach so hoch zu sein wie zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Nach dem 60. Lebensjahr ist das Risiko hingegen äußerst gering. Bei knapp 5% dieser Altersgruppe treten dagegen paranoide Syndrome auf, die sehr häufig zu einem entscheidenden sozialen Rückzug und einer Vernachlässigung ihrer körperlichen Gesundheit führen. Die Prävalenz für das Delir wird je nach Art der untersuchten Einrichtung zwischen 10% und über 50% angegeben. Ein besonderes Problem stellt die unzureichende Kenntnis der Therapeutinnen und Therapeuten von diesem Krankheitsbild dar, die dazu führt, dass insbesondere die Patienten/-innen mit nicht-agitierten Delirsyndromen übersehen werden und diese eine hohe Mortalität aufweisen. (Vgl. Inouye 2006) Das Erkennen deliranter Syndrome ist umso wichtiger, als dass sie häufig die ersten und nicht ganz selten auch die einzigen Zeichen einer schweren anderen körperlichen Erkrankung sind. (Vgl. Ramaswamy 2011) Der Anteil der Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung in Altenheimen und Pflegeheimen wird unterschiedlich hoch geschätzt. Es gibt Zahlen, die besagen, dass bis zu 75% der 80 Bewohnerinnen und Bewohner chronisch psychisch erkrankt sind, insbesondere sind zu nennen Depressionen und Demenzen. Depressive Symptome treten ja nach Studie bei 40% bis 50% der untersuchten Bewohner/-innen auf, davon waren 15% bis 20% im Ausmaß einer schweren depressiven Erkrankung. Nach dem GEK-Pflegereport von 2008 liegt die Prävalenz der Demenz bei 50-70%. (Vgl. Rothgang 2008) Schizophrene und wahnhafte Erkrankungen werden bei 10% angegeben. Während dieser Anteil konstant bleibt, nehmen affektive und besonders organische psychische Störungen (Demenzen und Delire) kontinuierlich zu. Die überwiegende Mehrheit der Bewohner/-innen muss ärztlich im Heim besucht werden. Eigene Heimärzte/-innen sind mit weniger als 5% selten tätig, begleitende Versorgung durch Krankenhausärzte/-innen (Psychiatrische Institutsambulanzen) mit lediglich bis zu 10% ebenfalls. (Vgl. Hallauer 2005) Die Konsequenz, die sich aus der wachsenden Zahl von Menschen, die gerontopsychiatrisch erkrankt sind, ergibt, ist die, dass die Zuordnung von Ressourcen im Gesundheitswesen für diese sichtbare Entwicklung angemessen vorgehalten werden muss. Es bedarf zusätzlich einer hervorragenden Vernetzung vorhandener Strukturen zur individualisierten Behandlung gerontopsychiatrischer Patienten/-innen. 4.1.2. Spezifischer Hilfebedarf von Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen Alte Menschen mit einer psychischen Erkrankung zeigen bedingt durch ihr höheres Lebensalter ein erhöhtes Krankheitsrisiko und eine verlängerte Krankheitsdauer, Stoffwechselstörungen, Multimorbidität und Nebenwirkungen von Medikamenten. Mit dem höheren Lebensalter verbinden sich psychosoziale Schwierigkeiten wie Einsamkeit und fehlende Lebensperspektive insbesondere durch Verlusterlebnisse. Der überwiegende Teil der Erkrankten ist bedingt durch körperliche Immobilität nicht in der Lage, Einrichtungen und Dienste selbst aufzusuchen und persönliche Ansprüche im System der Sozialleistungen geltend zu machen. Immer häufiger ergeben sich daraus Probleme im sozialen Umfeld, wie z. B. Unterversorgung mit Dingen des täglichen Bedarfs, Weglauftendenzen, Vermüllung, drohender Wohnungsverlust. Eine diagnostische Zuordnung psychischer Störungen, bedingt durch das Zusammenspiel von körperlichen und seelischen Faktoren, wird im Alter immer schwieriger. Symptome unterschiedlicher Krankheitsbilder fließen ineinander. Es besteht die Gefahr, die Erkrankung als „Alterserscheinung“ einbzw. herabzustufen. Die komplexen gesundheitlichen Probleme erfordern speziell darauf abgestimmte Lösungen und müssen für die Betroffenen leicht zugänglich sein. Behandlungs- und Betreuungskonzepte müssen individuell angepasst, langfristig angelegt und multiprofessionell ausgerichtet sein. Das kann gesichert werden auf der fachlichen Grundlage des personenzentrierten Ansatzes. Tom Kitwood geht dabei von der Grundüberlegung aus, dass jeder Mensch mit Demenz eine einzigartige Persönlichkeit bleibt. Nach seiner Definition ist Person sein: „ ... ein Stand oder Status, der dem einzelnen Menschen im Kontext von Beziehung und sozialem Sein von anderen verliehen wird. Er impliziert Anerkennung, Respekt und Vertrauen.“ (Kitwood 2004: 27) Im Mittelpunkt dieser Sichtweise steht der einzelne Mensch mit seiner individuellen Biografie, aktuellen Gefühlen und tieferliegenden Grundbedürfnissen. Eine angemessene medizinische Versorgung und soziale Unterstützung muss sich auf diese Bedingungen einstellen. Die Versorgung muss zwischen den einzelnen Hilfeanbietern vernetzt und koordiniert werden. 4.2. Bericht zur Umsetzung des Stadtpsychiatrieplanes von 2000 4.2.1. Prognosen und Aufgabenstellungen Die im Stadtpsychiatrieplan von 2000 getroffenen Prognosen zur zahlenmäßigen Entwicklung der Menschen mit gerontopsychiatrischen Krankheiten werden inzwischen übertroffen. Das Wachstum der Einwohner/-innen der Landeshauptstadt hat 2010 die Gesamtzahl von 517.186 erreicht. Zurzeit geht 81 man von 530.300 Dresdnerinnen und Dresdnern für das Jahr 2025 6 aus. Dadurch erhöht sich die zu erwartende Anzahl der Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen. Folgt man epidemiologischen Studien (vgl. Kapitel 3.1.), leiden in der Landeshauptstadt Dresden 28.628 (Stand: jeweils Juni 2010) Menschen ab 65 Jahren an einer psychischen Störung. Bei 11.451 dieser Personengruppe, das sind 40%, ist die Störung behandlungsbedürftig. Wie hoch der Anteil der Personen ist, die tatsächlich Hilfe suchen, bzw. erhalten, ist nicht repräsentativ belegt. 8.100 Menschen sind in Dresden an Demenzen erkrankt. Jährlich muss mit einem Zuwachs von prognostiziert 1.250 demenziellen Neuerkrankungen gerechnet werden. Dies ist ein Grund für die intensive Auseinandersetzung mit der ambulanten Betreuung und Versorgung dieser Bedarfsgruppe. Seit 2000 ist die Zunahme von gerontopsychiatrischen Erkrankungen auch in stationären Pflegeeinrichtungen zu beobachten. Ca. 75% der Bewohnerschaft leidet an chronischen psychiatrischen Erkrankungen. Für die Landeshauptstadt Dresden übersetzt bedeutet das, dass 4.147 Heimbewohner/-innen psychisch erkrankt sind. Davon sind 2.000 bis 3.000 ältere Menschen in Heimen demenziell erkrankt. Knapp 2.000 haben depressive Symptome; bis 400 schwere depressive Erkrankungen. Diese Krankheiten können in einer Person auch kombiniert auftreten. Es ist zu unterstellen, dass eine Vielzahl von Pflegeheimen auf diese Krankheitsbilder eingeht und nach entsprechenden Betreuungs- und Versorgungskonzepten arbeitet. Im Unterschied dazu werden entsprechende Versorgungskonzepte im ambulanten Bereich als präventiver Sektor vermisst. Von einer höheren Fachlichkeit wird erwartet, dass eine Aufnahme in Pflegeeinrichtungen vermieden oder verzögert werden kann. In allen Bereichen besteht ein hoher Weiterbildungsbedarf. Alte Menschen mit einer psychischen Erkrankung wurden im Jahr 2000 auf Forderung der PSAG in den Stadtpsychiatrieplan aufgenommen. Begründet wurde das mit Missverständnissen und ernsthaften Versorgungsdefiziten, die sich aus der Zuständigkeit unterschiedlicher Leistungsträger ergaben. Für die Belange der gerontopsychiatrischen Patienten/-innen war je nach Bedarfslage die Altenhilfe, Geriatrie oder Gerontopsychiatrie verantwortlich. Zur Verbesserung der Versorgung in der Gerontopsychiatrie formulierte der Stadtpsychiatrieplan große Erwartungen an die Verbesserung der Pflegeleistungen und die bedarfsgerechte Ausgestaltung der ambulanten sowie stationären medizinischen Versorgung. Außerdem wurde der Kommunale Sozialverband (KSV) kritisiert, weil er die Finanzierung des ambulant betreuten Wohnens und der sozialtherapeutischen Wohnstätten für Menschen ab dem 65. Lebensjahr mit der Begründung, dass ab diesem Alter die Pflegebedürftigkeit überwiegen würde, ablehnen wollte. Um die unterschiedlichen Zuständigkeiten zu überwinden, empfahl der Stadtpsychiatrieplan im Jahr 2000, ein gerontopsychiatrisches Verbundsystem zu schaffen. Mit ihm sollten die therapeutischen Maßnahmen durch entsprechende Kooperation den Bedürfnissen der Betroffenen angepasst werden. Ein Case Manager sollte die Hilfen abstimmen, der Übergang von der institutions-orientierten zur personenzentrierten Versorgung bewältigt werden. Wenn sich auch an der differenzierten Zuständigkeit unterschiedlicher Leistungsträger in der Versorgung von Menschen mit gerontopsychiatrischen Krankheiten bis heute nichts geändert hat, haben sich doch Veränderungen bei den Leistungen der jeweils zuständigen Träger ergeben. Teilweise lassen sich auch Änderungen in ihren Handlungsweisen feststellen. Mit der Einführung der niedrigschwelligen Betreuungsangebote nach § 45b und c SGB XI konnte 2003 eine Verbesserung für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz erreicht werden, zu denen Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen gehören. Im Jahr 2008 wurden mit dem „Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung“ (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz) weitere leistungsrechtliche Verbesserungen und qualitätssichernde Maßnahmen eingeführt 7. Noch weiterreichende Verbesserungen werden von der geplanten Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs erhofft. Die Berücksichtigung gerontopsychiatrischer Erkrankungen bei der Bemessung der Pflegestufe ist eine Grundvoraussetzung für eine adäquate Personalausstattung in den Einrichtungen und Diensten der Altenhilfe. 6 7 82 Landeshauptstadt Dresden, Kommunale Statistikstelle - Bevölkerungsprognose 2010 Eine ausführliche Darstellung enthält der „Fachplan Seniorenarbeit und Altenhilfe der Landeshauptstadt Dresden“ vom August 2011 Die Angebotsstruktur in der gerontopsychiatrischen Versorgung konnte im Vergleich zum Jahr 2000 grundsätzlich erhalten werden. Die Angebote selbst haben sich weiter entwickelt. Ausgebaut wurden die ambulanten Angebote im sozialen Bereich vorrangig über die Seniorenarbeit und Altenhilfe. Neu hinzugekommen sind Unterstützungsangebote in der eigenen Häuslichkeit (z. B. durch den Begleitetes Wohnen e. V.), gerontopsychiatrische Fachabteilungen in den Krankenhäusern und eine Gedächtnisambulanz am Universitätsklinikum Dresden. Im Jahr 2009 erfolgte eine Kapazitätserweiterung der BBTStellen (siehe Kapitel 3.3.3) von einer Vollzeitstelle auf 1,5 Vollzeitstellen je BBT-Stelle. Finanziell werden die BBT-Stellen über die Landesrichtlinie Psychiatrie/Sucht und das Gesundheitsamt gefördert. Ergänzend dazu fördert das Sozialamt in eigener Zuständigkeit die Gerontopsychiatrische Tagespflege (im Jahr 2011 in Höhe von 19.835 Euro) sowie den Auf- und Ausbau niedrigschwelliger Betreuungsangebote für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (im Jahr 2011 in Höhe von 3.045 Euro). Die Infrastruktur ist dennoch nicht ausreichend. So gibt es z. B. keine gerontopsychiatrische Tagesklinik und kaum Angebote für jüngere Menschen mit demenzieller Erkrankung. Vielfach wirken die Angebote solitär. Die kritisierte Leistungsgewährung des KSV kann seit 2006 mit der Übertragung der Zuständigkeit für Menschen ab dem 65. Lebensjahr auf den örtlichen Sozialhilfeträger schrittweise überwunden werden, wie das nachfolgende Kapitel zeigt. 4.2.2. Zur Entwicklung der ambulanten Betreuung und Versorgung der Menschen mit Demenz Aufgrund der demografischen Entwicklung wurde Demenz im ersten Stadtpsychiatrieplan zum Schwerpunktthema in der Gerontopsychiatrie erklärt. Zahlenmäßig nimmt Demenz auch heute nach der Depression den zweiten Platz ein. Eine effektive Versorgung der Menschen mit Demenz verlangt im Versorgungsprozess die Beteiligung mehrerer Leistungsträger und -anbieter. Das Sozialamt bemüht sich seit 2005, die unterschiedlichen Zuständigkeiten durch Vernetzung von Krankenkassen, Pflegekassen und Leistungserbringern mit dem Sozialamt zu überwinden. Leider sahen die Krankenkassen damals keine Notwendigkeit, sich in ein Netzwerk einzubringen. Sie verwiesen auf ihre leistungsrechtliche Mitwirkung durch die Bereitstellung der Leistungen nach SGB V, die abschließend geregelt sind und jedem Versicherten zustünden. Die Aktivitäten des Sozialamtes beschränkten sich deshalb in den Folgejahren auf die Ausarbeitung eines Verfahrens, mit dem anspruchsberechtigten Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen der Zugang zu Eingliederungsleistungen nach SGB XII8 regelhaft ermöglicht werden soll. Das Regelverfahren ist interdisziplinär und auf eine trägerübergreifende Zusammenarbeit nach den Prinzipien des Case Managements ausgerichtet. Es unterstützt maßgeblich das Prinzip ambulant vor stationär durch eine individuelle Fallsteuerung. Das Modellprojekt „Neuorganisation der Angebote für Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen“ wurde durch das Sozialamt gefördert. Arbeitsgruppe Demenz Im Jahr 2005 wurde für die Planung und Steuerung des Vorhabens auf der Altenhilfekonferenz der Landeshauptstadt Dresden eine „Arbeitsgruppe Demenz“ gegründet, zu der Unterarbeitsgruppen entstanden sind. Neben der Psychiatriekoordination wirkt das Sozialamt mit Vertretungen aus der Sozialplanung, der offenen Altenhilfe und der Eingliederungshilfe mit. In der Arbeitsgruppe sind ambulante und stationäre Leistungserbringer, Krankenhäuser mit Vollversorgungsauftrag, das Uniklinikum und die Geriatrische Rehaklinik Dresden-Löbtau vertreten. Eine wirkungsvolle Unterstützung war die Vertretung aus dem Seniorenbeirat. Inzwischen wird die Arbeitsgruppe durch den Sozialpsychiatrischen Dienst und die Evangelische Hochschule Dresden verstärkt. Personell gibt es eine Vernetzung zur Alzheimer Gesellschaft. Die Arbeit konzentriert sich aus oben genannten Gründen auf kommunale Leistungen und die Zusammenarbeit mit den in der Arbeitsgruppe vertretenen Einrichtungen. Seit 2007 hat sich vor dem Hintergrund des Demenzprojektes eine gute Kooperation mit den Krankenhäusern entwickelt. 8 Das Sozialamt folgt damit der Orientierungshilfe für die Feststellungen der Träger der Sozialhilfe zur Ermittlung der Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB XII i. V. m. der Eingliederungshilfe-Verordnung (EHVO) mit Hinweisen zu Schnittstellen zu anderen Sozialleistungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (Vgl. BAGüS 2007). 83 Wegweiser Demenz und Pflegestammtisch Ein erstes Ergebnis konnte mit dem „Demenz – Wegweiser“ auf der Seniorenkonferenz 2007 vorgestellt werden. Seitdem wird der Wegweiser regelmäßig aktualisiert und hat einen hervorragenden Platz in der Öffentlichkeitsarbeit eingenommen. Pflegerische Aspekte werden mit der Öffentlichkeit beim Pflegestammtisch erörtert, der gemeinsam mit der AOK PLUS veranstaltet wird. Die Vorbereitung erfolgt interdisziplinär. Das Thema Demenz bzw. Gerontopsychiatrie spielt auch hier eine wiederkehrende Rolle. Eingliederungsleistung im SGB XII – ein Baustein In der Arbeitsgruppe Demenz wurde eine Übersicht über Diagnostik, Hilfebedarfe, Ziele von Hilfen und Interventionen bei demenziellen Erkrankungen nach den sieben Stadien der Demenz nach Reisberg ausgearbeitet. Dabei wurde nach medizinischen, pflegerischen und sozialpädagogischen Fachbereichen differenziert. Es wurde deutlich, dass der Hilfebedarf im Krankheitsverlauf unterschiedliche Lebensbereiche betrifft. Stehen am Anfang Aufklärung, Information und Beratung zur Krankheit und deren Bewältigung im Vordergrund, treten nach der vierten Phase die Teilhabeleistungen der Eingliederungshilfe zunehmend hinter pflegerische Hilfen zurück. Voraussetzung für einen optimalen Verlauf ist jedoch eine adäquate medizinische Behandlung von Beginn an. Zielstellung ist es, die Hilfen auf der Einzelfallebene und Systemebene in der Landeshauptstadt Dresden zu organisieren. Da sowohl medizinischer als auch sozialpädagogischer Hilfebedarf bei Betroffenen und ihren Angehörigen entsteht, noch bevor Pflegebedürftigkeit eintritt, sind die Hilfen für Menschen mit demenzieller Erkrankung bereits im Altenhilfenetz der Landeshauptstadt Dresden verortet. Über zwei BBT-Stellen gelingt die Vernetzung in den gemeindepsychiatrischen Verbund. Neben diesen niedrigschwelligen Angeboten sind im Einzelfall umfangreichere sozialpädagogische Hilfen erforderlich. Diese sollen als Eingliederungsleistungen nach SGB XII für anspruchsberechtigte Menschen gewährt werden. Als Grundlage für entsprechende Leistungsvereinbarungen konnte dafür im Jahr 2009 eine Leistungsbeschreibung erarbeitet werden. Die praktische Einführung der Gewährung von Eingliederungsleistungen, für die der örtliche Sozialhilfeträger für Menschen ab 65 Jahren zuständig ist, soll 2012 folgen. Das Regelverfahren wird als Case-Management-Prozess verstanden und organisiert. Das Sozialamt der Landeshauptstadt Dresden hat dafür mit einem zertifizierten Grund- und Aufbaukurs für die Beschäftigten des Sozialamtes eine fachliche Grundlage geschaffen. Die Eingliederungshilfe nach SGB XII ist ein Baustein bei individuellem Bedarf und erfüllten Anspruchsvoraussetzungen auf Leistungen nach §§ 53 ff. SGB XII. Voraussetzungen sind eine Diagnose Demenz nach ICD-10 (Diagnoseschlüssel: F00-F04; G30.0, G30.9, G20) und ein Gutachten bzw. Erhebungsbogen. Der Sozialpsychiatrische Dienst hat die Erstellung der erforderlichen amtsärztlichen Gutachten zugesagt. Ebenso wird die Gedächtnisambulanz des Universitätsklinikums nach Überweisung durch den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin tätig. Das für den Sozialhilfeträger erforderliche ärztliche Zeugnis liegt vor und wurde in der AG Demenz abgestimmt. Die medizinische Diagnostik wird um eine sozialpädagogische Diagnostik ergänzt. Die Gewährung der Leistung nach SGB XII verlangt eine Einkommens- und Vermögensprüfung, die das zuständige Sachgebiet im Sozialamt im Rahmen der Antragsbearbeitung vornimmt. Dazu gehört auch die Prüfung des Leistungsanspruchs nach §§ 53 SGB XII selbst. Bei Bewilligung der Leistung werden ein Gesamtplan und ein Förderplan erstellt. Die Leistungserbringung wird subsidiär durch Leistungserbringer in freier Trägerschaft erbracht. Der Sozialhilfeträger wird über die Eingliederungsleistung nur entscheiden, wenn auch ein Behandlungsplan vorliegt.9 Zentrale Position der offenen Altenhilfe Das beabsichtigte Regelverfahren ist in die sozialräumliche Arbeit der Altenhilfe in der Landeshauptstadt Dresden integriert. Für die Organisation der Hilfen sowohl auf der Einzelfall- als auch auf der Systemebene wird die kommunale offene Altenhilfe eine zentrale Position einnehmen. Der weitere Ausbau der sozialraumorientierten Altenhilfe bildet dafür eine außerordentlich wichtige Basis. Für die beabsichtigte personenzentrierte Versorgung über Case Management wurde durch die CaseManagement-Ausbildung der Beschäftigten im Sozialamt nach den Standards der „Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management“ (DGCC) eine grundlegende fachliche Voraussetzung geschaffen. 9 84 Hier folgt das Sozialamt den Regelungen analog der Komplexleistung Frühförderung nach § 30 SGB IX. Im Altenhilfenetz stehen den Menschen, die demenziell erkrankt sind, und ihren Angehörigen in der Landeshauptstadt Dresden neben den kommunalen Sozialarbeitern/-innen Fachkräfte in den Seniorenberatungsstellen, Beratung-Begegnungs-Tagesstruktur-Stellen (BBT-Stellen) und Schwerpunktbegegnungsstätten zur Information und Beratung zur Verfügung. Geschultes Personal steht darüber hinaus in den Seniorenbegegnungsstätten ohne Schwerpunkt bereit. Die Einrichtungen werden durch das Sozialamt bzw. das Gesundheitsamt (BBT-Stellen) bezuschusst. Die Leistungserbringer der Altenhilfe und die kommunale Sozialarbeit sind sehr gut vernetzt. Ihre Netzwerkarbeit gründet sich auf gemeinsam erarbeitete Standards und Leistungsbeschreibungen für die fallbezogene Zusammenarbeit. Das Beratungsangebot der Pflegekassen, die Gedächtnisambulanz des Uniklinikums und Selbsthilfegruppen ergänzen diese Angebote. In der Altenhilfe finden sich in regelmäßigen Fachplanungsgremien die Akteure und Akteurinnen auf Ortsamtsebene zusammen. Sie analysieren die Angebote im Ortsamt und unterbreiten Vorschläge zur Verbesserung, die in die strategische Fachplanung einfließen. Im „Fachplan Seniorenarbeit und Altenhilfe 2010“ wird dem Thema „Demenz“ ein Kapitel gewidmet. Die fachlichen und organisatorischen Regelungen zur Demenz werden beispielhaft für die Entwicklung des gerontopsychiatrischen Hilfenetzes sein. Das heißt, dass im Anschluss der Transfer auf die anderen Krankheitsbilder geprüft wird. 4.3. Versorgungsbereiche Die Landeshauptstadt Dresden verfügt über vielfältige Hilfen für Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen, die dem unterschiedlichen Bedarf im Krankheitsverlauf Rechnung tragen: soziale Unterstützung, Unterstützung der Angehörigen, BBT-Stellen, medizinische Versorgung, pflegerische Versorgung. 4.3.1. Soziale Angebote Wie im vorangegangen Kapitel dargestellt, nimmt die Offene Altenhilfe eine zentrale Position im gerontopsychiatrischen Netzwerk ein. Der Zugang zu Hilfen erfolgt in erheblichem Umfang über Einrichtungen der Seniorenarbeit und Altenhilfe. In seinem Hilfenetz werden umfangreiche soziale Angebote vorgehalten. 4.3.1.1. Versorgungsstand Information und Beratung erhalten Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung und deren Angehörige in den miteinander vernetzten elf Anlaufstellen der kommunalen Sozialarbeit für Senioren/innen und deren Angehörige, in den sechs Seniorenberatungsstellen, den neun SchwerpunktSeniorenbegegnungsstätten sowie in den zwei BBT-Stellen. Neben der allgemeinen Beratung erfolgt eine Vermittlung in bedarfsgerechte Angebote bzw. Unterstützung im Einzelfall durch Fallmanagement, auch nach der Methode des Case Management. Beratung und Unterstützung erfolgt in begrenztem Umfang durch den Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes, der über vier regionale Stellen verfügt, sowie über die fünf Kontakt- und 85 Beratungsstellen für Menschen mit einer chronisch psychischen Erkrankung (siehe Kapitel 2.3.1.) in den gemeindepsychiatrischen Versorgungsgebieten. Die Pflegeberatung durch Pflegekassen greift in der Fläche noch ungenügend, insbesondere in der fachspezialisierten Beratung zu gerontopsychiatrischen Erkrankungen. Angebote der Begegnung und Betätigung können Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung wie nicht erkrankte ältere und alte Menschen im Seniorenarbeits- und Altenhilfesystem nutzen, z. B. sozialräumlich differenzierte Angebote in Seniorenbegegnungsstätten (Gedächtnistraining, tagesstrukturierende Angebote). Sie erhalten damit einen niedrigschwelligen Zugang zum Hilfesystem und können bei Bedarf in weitere Hilfen vermittelt werden. Speziell für das Krankheitsbild greifen niedrigschwellige Betreuungsangebote nach SGB XI für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz von Trägern, Seniorenbegleitung bzw. Pflegediensten (siehe Kapitel 4.3.5.1) und in Tagespflegen (siehe Kapitel 4.3.5.3). Im Bereich Wohnen gelten uneingeschränkt alle Anforderungen, die an das Wohnen im Alter gestellt werden, z. B. ambulante Unterstützungsleistungen wie haushaltsnahe Dienstleistungen, Essen auf Rädern, Hausnotruf. Näheres ist im „Fachplan Seniorenarbeit und Altenhilfe der Landeshauptstadt Dresden“ dargestellt. Seit 2000 sind in Dresden hinzugekommen: Ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen, Zwei Demenz-Wohngemeinschaften, Wohnen in vollstationären Pflegeeinrichtungen mit Betreuung durch Alltagsbegleitung für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz nach § 87b SGB XI. 4.3.1.2. Bewertung des Versorgungsstandes Die sozialen Angebote sind differenziert und weitestgehend wohnortnah bzw. in zugehender Form vorhanden. Insbesondere für die Beratung und Unterstützung können die Zugänge für Betroffene und Angehörige sehr niedrigschwellig sein. Voraussetzung dafür ist insbesondere die Kenntnis der Anlaufstellen für Seniorenberatung. Sozialräumlich differenzierte Angebote, die von der Kommune finanziert werden, sind in der Regel mit nur geringen Unkosten für die Nutzerschaft verbunden. Sie werden von Fachkräften vorgehalten. Es kann davon ausgegangen werden, dass, sofern sich der Betroffene selbst zur Nutzung entschließt, der Zugang jederzeit möglich ist. Anders verhält es sich bei der Inanspruchnahme von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten und Tagespflege nach SGB XI. Die Leistungen nach SGB XI an den Pflegeversicherten unterliegen einer Kostendeckelung. Die vollständige Kostendeckung aus eigenem Einkommen ist teilweise nicht möglich bzw. auch vom Betroffenen nicht gewollt. Die Kostenübernahme der ergänzenden Leistung nach SGB XII wird oft nicht beantragt. Insofern ist eine Unterversorgung nicht auszuschließen. Für den Bereich Wohnen bedarf es einer weiteren Entwicklung differenzierter Wohnangebote, z. B. ambulanter wie stationärer Demenz-Wohngruppen. Der konkrete Bedarf für die gerontopsychiatrische Klientel ist noch zu ermitteln. Die gute Infrastruktur der sozialen Angebote darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für das selbstständige Wohnen von Menschen, die gerontopsychiatrisch erkrankt sind, (speziell in SingleHaushalten) in der eigenen Häuslichkeit natürliche und personenbezogene Grenzen gibt. Grundsätzlich sollte die ambulante Betreuung Vorrang vor der stationären Versorgung haben. Der Erhalt der Lebensqualität in Kombination mit fiskalischen Vorteilen für die Betroffenen, die Angehörigen und die Gesellschaft sind wichtige Gründe dafür. Erst wenn alle Möglichkeiten der ambulanten Versorgung im Einzelfall ausgeschöpft sind, sind stationäre Wohnarrangements in Betracht zu ziehen. 86 4.3.1.3. Handlungserfordernisse Aufgrund der sozialraumorientierten Arbeit in der Altenhilfe kann es gelingen, Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes Altern trotz psychischer Erkrankung zu gewährleisten, passgenaue Hilfearrangements (Verknüpfung von Sozialraumressourcen mit individuellen Ressourcen) zu konstruieren und die verfügbaren, aber zu begrenzenden finanziellen Ressourcen effizient und verteilungsgerecht zu nutzen. Basis ist die finanzielle und personelle Sicherstellung des Beratungssystems der Seniorenarbeit und Altenhilfe eingebettet in die konsequente Umsetzung des Konzeptes der sozialraumorientierten Seniorenarbeit und Altenhilfe. Die Steuerungsfunktion übernimmt das Sozialamt; konkret auf der Einzelfallebene die Kommunale Sozialarbeit. Auf Einzelfallebene ist die Einführung von Case Management für entsprechende Fälle, für alle anderen ein umfassendes Fallmanagement sicherzustellen. Für den Personenkreis der pflegebedürftigen Menschen mit einer psychischen Erkrankung muss der Zugang zu Hilfen in zunehmendem Maße und frühzeitig über die Pflegeberatung der Pflegekassen und ein individuelles Fallmanagement erfolgen. Dazu ist zwingend der Ausbau der professionellen Pflegeberatung in Verantwortung der Pflegekassen und des PflegeNetzes Dresden fortzusetzen. So können die kommunal finanzierten Ressourcen zugunsten der Defizite in der bedarfsgerechten sozialpädagogischen Beratung und Unterstützung für Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen erschlossen werden. Die Versorgungsstrukturen sind zu einem bedarfsgerechten Versorgungsnetzwerk weiterzuentwickeln. Ausgehend vom Netzwerk der Seniorenarbeit und Altenhilfe sind solitäre gerontopsychiatrische Angebote zu einem kooperativen Informations- und Unterstützungsnetzwerk zusammenzuführen und fortzuentwickeln. Zum PflegeNetz Dresden sind entsprechende Schnittstellen zu gestalten, die insbesondere seitens der Pflegekassen aktiv auszugestalten sind. Eine zielgruppenorientierte Öffentlichkeitsarbeit zur Vermittlung von Infrastruktur und Fachinhalten sowie die Gewährleistung verlässlicher Informationswege müssen die Prozesse begleiten. Zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung ist ein Krisenmanagement zur Gewährleistung der schnellen und wirksamen Unterstützung in Krisen durch die jeweils zuständigen Stellen aufzubauen. Außerdem ist ein Überleitungsmanagement zwischen den Versorgungsbereichen zu erarbeiten und umzusetzen. Zur bedarfsgerechten Weiterentwicklung der Angebotsstruktur sind konkrete Ansätze vorhanden: Ausbau spezifischer Betreuungsangebote insbesondere für alt gewordene Menschen mit einer psychischen Erkrankung, zielgruppenspezifischer Ausbau von ambulant betreutem Wohnen bzw. ambulant mobilen Diensten, Entwicklung differenzierter Wohnformen für Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung, Ausbau und konzeptionelle Verankerung der fachlich fundierten Betreuung in stationären Pflegeheimen. 4.3.2. Angehörige 4.3.2.1. Versorgungsstand In Kapitel 4.1. wurden grundlegende Ergebnisse epidemiologischer Studien dargestellt. Das Festgestellte lässt sich auch für Dresden in der Arbeit der BBT-Stellen bestätigen. Über 70% der Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung werden von ihren Angehörigen zu Hause betreut und gepflegt. Diese sind damit besonderen physischen, psychischen, sozialen und oft auch finanziellen Belastungen ausgesetzt. Pflegende Angehörige bedürfen daher umfassender Informationen, Beratung, Unterstützung, Begleitung und Entlastung. 87 Abb. 11: Bedarfslagen unterstützender Angehöriger © Ch. Dumke: Anforderungen und Bedarfslagen unterstützenden Angehöriger 4.3.2.2. Bewertung des Versorgungsstandes In der Kommune Dresden gibt es eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten der Beratung, Betreuung und Begleitung von Angehörigen. Trotzdem ist es für sie nicht leicht, zeitnah die richtigen Ansprechpartner zu finden. Neben einer differenzierten fachspezifischen Beratung zu gerontopsychiatrischen Erkrankungen spielt die allgemeine soziale Beratung eine große Rolle, dies schnittstellenübergreifend zwischen Medizin, Sozialer Arbeit und Pflege, sowohl ambulant als auch stationär. Eine weitere intensive Öffentlichkeitsarbeit sowie Schulungsmöglichkeiten können die Situation mittelfristig weiterverbessern. 4.3.2.3. Handlungserfordernisse Handlungsansätze sollten im Sinne der Betroffenen geprägt sein von Überlegungen, wie Normalität, Individualität, Integration, Teilhabe und die Kontinuität der Lebensführung. (Vgl. BMFSFJ, 2002: 19) Eine Beteiligung der Betroffenen und ihrer Angehörigen selbst an Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen sollte, wo irgend möglich, gefördert und unterstützt werden. In der Landeshauptstadt gibt es eine Vielzahl an Beratungsmöglichkeiten durch Pflegekassen, kommunale Beratungsstellen, Beratung bei den Wohlfahrtsverbänden, Vereinen oder Selbsthilfeorganisationen. Aufgrund von Unkenntnis sowie verschiedener Hemmschwellen werden diese z. T. nicht oder zu spät in Anspruch genommen. An einer frühzeitigen Inanspruchnahme ist weiter zu arbeiten, z. B. durch eine regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit und die Nutzung unterschiedlicher Medien. Ziel muss es sein, ein bedarfsgerechtes Angebot von gerontopsychiatrisch ausgerichteten Informations-, Beratungsund Kontaktangeboten wohnortnah vorzuhalten. Die behandelnden Hausärzte/-innen sind in der Versorgung als Lotsen zu sehen. Sie sollten die Erkrankten und ihre Angehörigen an Fachärzte/-inne und entsprechende Einrichtungen zur Diagnostik verweisen sowie Kenntnis von Betreuungsangeboten haben und in diese vermitteln. Eine Hilfe ist dabei der Senioren- und der Demenzratgeber der Stadt Dresden. Arzthelferinnen sollten speziell zum Thema Demenz geschult sein, um frühzeitig Informationen geben zu können. In den BBT-Stellen der Stadt gibt es für Angehörige die Möglichkeit, sich umfassend über Krankheitsbilder und die damit verbundenen Veränderungen zu informieren, um im Einzelfall individuelle und passgenaue Problemlösungen und geeignete Unterstützungsmöglichkeiten zu finden. Die Seniorenberatungsstellen und Schwerpunktbegegnungsstätten, die Alzheimer Gesellschaft Dresden e. V. und der Sozialpsychiatrische Dienst fungieren ebenso als erste Ansprechpartner und vermitteln gezielt in 88 individuelle und passgenaue Angebote. Niedrigschwellige Beratungs- und Betreuungsangebote sind besonders als Einstiegsmöglichkeit in ein professionelles Hilfesystem bekannt zu machen und zu nutzen. Schulungen für Angehörige zum Umgang mit den Erkrankten, welche u. a. von der Pflegekasse nach § 45 SGB XI und/oder nach § 37 SGB XI angeboten werden, können zu einer Verbesserung und Stabilisierung der Versorgungssituation beitragen. Der Austausch unter Angehörigen in Angehörigenselbsthilfegruppen kann außerdem in schwierigen Alltagssituationen als wertvolle Entlastungsmöglichkeit gesehen werden. Er bietet eine Plattform für Austausch und Hilfe. Initiatoren müssen gezielt beim Aufbau und der Etablierung von Angehörigengruppen durch die Kommune unterstützt werden. Pflegende Angehörige sollten im Umgang mit Menschen mit Demenz bzw. anderen gerontopsychiatrischen Erkrankungen speziell geschult werden, um sich in spezifischen Problemlagen wie veränderten oder herausfordernden Verhaltensweisen sicher und kompetent zu verhalten. Schulungsangebote und Psychoedukation für Angehörige sind in Zusammenarbeit mit Pflegekassen, Trägern und Selbsthilfeorganisationen zeitnah zu ermöglichen. Vorliegende Rahmenvereinbarungen mit verschiedenen Krankenkassen sollten weiter bekannt gemacht und in Anspruch genommen werden. Ein umfassendes System an niedrigschwelligen und flexiblen Entlastungsangeboten, wie es Betreuungsgruppen oder Einzelbetreuung durch Helferinnenkreise in der Häuslichkeit darstellen, sind in Dresden flächendeckend zu etablieren und vorzuhalten. Wohnortnähe sollte angestrebt werden. Eine dauerhafte Betreuung von Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung durch Angehörige kann nur durch die Bündelung verschiedener Angebote realisiert werden. Angehörige brauchen für die Findung und Koordination der Leistungen Unterstützung durch einen festen Ansprechpartner, eine Vertrauensperson. Aufsuchende Strukturen sind zu fördern. Es zeigen sich gute Erfolge, was den Einstieg in professionelle Hilfesysteme angeht und die Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten erleichtert. Sozialleistungsanbieter und Verantwortliche sollten regional und sozialräumlich vernetzt tätig werden. Erfahrungen aus verschiedenen Modellprojekten belegen, dass durch Vernetzung eine effizientere Koordination, Kooperation und Kommunikation möglich ist. Von Lerneffekten in Netzwerken profitieren alle Beteiligten. Dies gilt es auszubauen. 4.3.3. BBT-Stellen: Beratung – Begegnung/Begleitung – Tagesstrukturierung Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Amalie-Dietrich-Platz 3, 01169 Dresden Tel.: (03 51) 4 16 60 25 www.ambulantes-pflegezentrum.de Die BBT-Stelle ist ein niedrigschwelliges Beratungs- und Betreuungsangebot für Senioren und Seniorinnen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung, die allein oder mit Angehörigen in ihrer eigenen Wohnung leben. Durch die BBT-Stellen erfolgt eine stadtweite Aufklärung, Anleitung und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema psychische Erkrankungen und Demenz im Alter. AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH Herzberger Straße 2 - 4, 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 89 16 15 www.awo-in-sachsen.de In persönlichen Gesprächen und Beratungen informieren die BBT-Stellen Klienten/-innen und deren Angehörige über vorhandene Betreuungs- und Hilfsmöglichkeiten für Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung im Stadtgebiet von Dresden. Beratungsinhalte sind u. a. Fragen zum jeweiligen Krankheitsbild, zur medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Versorgung, zum Pflegeweiterentwicklungsgesetz, zur Angebotsstruktur für spezielle Leistungen (Schwerpunkt Demenz), zur Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, zum Betreuungsrecht, zu Begutachtungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen (MDK) und Kontaktangebote zum Aufbau sozialer Netze. Das Beratungsangebot der BBT-Stellen versucht, Überforderungen bei Angehörigen zu vermeiden, indem auf vorhandene Leistungsangebote und auf mögliche Unterstützungsmöglichkeiten hingewiesen, bei der Beantragung unterstützt bzw. zu diesen vermittelt wird. Auch für behandelnde (Fach-)Ärzte/-innen, Kur- und Rehabilitationskliniken, dem Sozialpsychiatrischen Dienst, Krankenhäuser (insbesondere psychiatrische Stationen) und soziale Einrichtungen bieten die BBT-Stellen durch ihre kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit einen Anlaufpunkt für spezialisierte Beratung. Bei komplexen Problemen und umfangreichem Unterstützungsbedarf wird durch die BBT-Stellen eine individuelle und regelmäßige Einzelbetreuung initialisiert. 89 Im Vordergrund dieser Betreuung steht die Suche und Motivation zur Inanspruchnahme von notwendigen Hilfen und Unterstützungsangeboten anhand von Zielen, die gemeinsam mit Klientin oder Klient, Angehörigen oder gesetzlichen Betreuern/-innen entwickelt werden. Dazu gehören die Integration in aktivierende Angebote, Absicherung der medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Betreuung, Beratung der Angehörigen / Betreuer/-innen zum Krankheitsbild sowie Möglichkeiten zum Erhalt von Fähigkeiten und Ressourcen der Klienten und Klientinnen. Die BBT-Stellen sind neben der Koordination der hinzugezogenen Leistungsanbieter und Kontrolle der erbrachten Leistungen inhaltlich für die Beratung der Klienten/-innen und Angehörigen, für die Krisenintervention, für Biografie- und Erinnerungsarbeit sowie für die Schaffung von bzw. Einbindung in tagesstrukturierende Maßnahmen (z. B. Durchführung von speziellen Gruppenangeboten, Inanspruchnahme von Angeboten im jeweiligen Stadtteil) zuständig. Durch Klärung der häuslichen Situation und vorhandene Unterstützung leiten die BBT-Stellen ärztliche Versorgung und Behandlungen in die Wege, führen an eine Pflege und Versorgung durch andere Leistungserbringer (z. B. Pflegedienste) heran und kümmern sich um angemessene und sichere Wohnund Lebensverhältnisse (z. B. Beseitigung von Gefahrenquellen). Bezogen auf die verschiedenen Probleme und Aspekte und der dafür „zuständigen“ Dienstleister müssen die BBT-Stellen je nach Notwendigkeit intervenieren, delegieren oder auch koordinieren. Detaillierte Kenntnisse zu psychiatrischen, physiologischen und patho-physiologischen Veränderungen sind notwendig, um zeitnah psychiatrische und somatische Veränderungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Dies ist bei betroffenen Senioren und Seniorinnen unerlässlich, da sie selbst mitunter aufgrund ihrer Erkrankung nicht ausreichend für ihre körperlichen Belange sorgen können bzw. in Krisensituationen nicht immer adäquat reagieren können. Die Kommunikation mit den Klienten/-innen hat in diesem Prozess einen besonderen Stellenwert. Ausreichende Kenntnisse über verbale und nonverbale Kommunikationsarten sind unerlässlich. Der Umgang mit den Betroffenen gestaltet sich aufgrund kognitiver Defizite und fehlendem Vertrauen im Verlauf der Erkrankung oft schwierig und belastend. Der Arbeit der Mitarbeiter/-innen sind dadurch Grenzen gesetzt. Durch jahrelange Fort- und Weiterbildungen haben sich die BBT-Stellen auf diese Herausforderungen spezialisiert und haben sich aufgrund dieser Fachlichkeit in Dresden etabliert. Um die Versorgung besonders von alleinlebenden Seniorinnen und Senioren in der eigenen häuslichen Umgebung zu sichern und die Teilhabe in der Gemeinschaft zu ermöglichen, arbeiten die BBTStellen übergreifend mit verschiedenen Leistungserbringern und Institutionen zusammen und fungieren als Vermittler bei Problemen und Konflikten zwischen den Betroffenen und dem komplementären Versorgungssystem. Die BBT-Stellen agieren genau an dieser Stelle als Vermittler zwischen den unterschiedlichen Hilfs- und Finanzierungsmöglichkeiten zur Unterstützung von alten Menschen der genannten Zielgruppe (u. a. zwischen dem Bereich Altenhilfe und Pflege, zwischen Sozialamt und Gesundheitsamt). Für Senioren/-innen, die trotz des Alters und vorhandener Erkrankungen noch allein in ihrer Wohnung leben, bieten die von den BBT-Stellen angebotenen Begegnungsangebote wie Gedächtnistraining, Spiele-Nachmittag, die Gestaltung von Festen und Organisation von Ausfahrten einen aktivierenden Ausgleich zum „allein zu Hause sein“ an. Das Zusammensein mit Anderen beugt der Vereinsamung in der häuslichen Umgebung vor. 4.3.3.1. Versorgungsstand In der Landeshauptstadt Dresden gibt es derzeit zwei BBT-Stellen mit je 1,5 Vollzeitfachkräften (VzK), die im Dresdner Osten und Westen angesiedelt sind. Die Träger sind die AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH und der Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Die Mitarbeiterinnen verfügen über langjährige Erfahrungen und spezielle Fachkenntnisse im Umgang mit dieser besonderen Zielgruppe. Die Räumlichkeiten sind gut ausgestattet, verkehrsgünstig gelegen und barrierefrei zugänglich. Die Klientenstruktur spiegelt die epidemiologisch zu erwartende Verteilung der gerontopsychiatrischen Erkrankungen in Dresden wider. Weitere statistische Daten sind der Anlage 1 zu entnehmen. 90 Abb. 12: Krankheitsverteilung der Klienten/-innen der Einzelbetreuung der BBT-Stelle und des Projektes Ambulant Betreutes Wohnen für gerontopsychiatrisch erkrankte Senioren in Trägerschaft des Dresdner Pflegeund Betreuungsverein e. V. im Jahr 2010 (gesamt 47 Klienten/-innen; Mischformen= Demenz + Depression) PersönlichkeitsBipolare störung; 2% Störung; 4% Mischform; 17% Krankheitsverteilung Depression; 28% unbekannt; 2% Schizophrenie; 13% Demenz; 34% 4.3.3.2. Bewertung des Versorgungsstandes Die beiden BBT-Stellen verzeichnen seit Jahren einen Anstieg komplexer immer schwieriger werdender Problemlagen. Die Fallzahlen der Einzelfallhilfe nehmen zu, die Einzelfallhilfe selbst wird immer umfangreicher. Diese Problematik wird durch die demografische Entwicklung noch verschärft. Die BBT-Stellen bilden gegenwärtig ein Auffangbecken für Klienten/-innen, für die vorhandene Hilfsangebote bisher nicht zugänglich sind oder die außerstande sind, sich selbst Hilfen zu organisieren; da sie den Hilfebedarf aufgrund ihrer Erkrankung oft auch nicht selbst erkennen. Obwohl sich die Versorgung der Betroffenen in den letzten Jahren weiterentwickelt hat und auch Verbesserungen erreicht wurden, bestehen weiterhin Probleme bei der Umsetzung des auf den Einzelnen abgestimmten Betreuungsprozesses. Vorhandene Hilfen werden oft erst sehr spät in Anspruch genommen, eine Versorgung zu Hause ist dann oftmals auf längere Sicht nicht mehr möglich. Die Studie zur Versorgung Demenzkranker in Sachsen (BIADEM), welche von der TU Dresden durchgeführt wurde, bestätigt dies.10 Es bestehen nicht genügend Angebote im medizinischen Bereich (Fachärzte/-innen). Hausärzte/innen als Weichensteller/-innen kennen die vorhandenen Versorgungsstrukturen nicht ausreichend bzw. haben Probleme mit der Budgetierung von Leistungen. Verkürzte Verweildauern in den Kliniken verhindern die medizinische Aufarbeitung von Erkrankungen. Für die ambulante Versorgung fehlen weitere Leistungen wie z. B. die gerontopsychiatrische Pflege. Es gibt zu lange Wartezeiten bei der Aufnahme in betreute Wohnformen bzw. in spezialisierte Einrichtungen. Beim Angebot der Tagespflege gelten oft zu eng gesteckte Aufnahmekriterien (Nichtaufnahme bei Weglauftendenz und möglichen Aggressionen). Die Begutachtung für die Inanspruchnahme zusätzlicher Betreuungsleistungen schließt psychische Erkrankungen im Alter, außer Demenz, nur selten ein. Es fehlen spezialisierte Erholungseinrichtungen, auch für betreuende Angehörige. Wohnungsvermieter/-innen tolerieren z. T. auffällig werdende ältere Mieter und Mieterinnen nicht und kündigen die Mietverträge. Fehlende Vernetzung und Kooperation zwischen den einzelnen Leistungserbringern erschweren eine optimale Versorgung zusätzlich. Die Beratung und Unterstützung sollte wohnortnah und personenbezogen erfolgen. Bei der Zunahme der Fallzahlen ist es aber für das gegenwärtig zur Verfügung stehende Personal nicht mehr möglich, allen Anfragen gerecht zu werden. Teile der Stadt können nicht erreicht werden. 10 BIADEM-Studie: Behandlungsbedürfnis und Inanspruchnahmeverhalten bei Demenzerkrankungen 91 4.3.3.3. Handlungserfordernisse Bei Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung handelt es sich um einen speziellen Personenkreis, in dem neben psychiatrischen Krankheitsbildern auch somatische Erkrankungen verstärkt auftreten und soziale Kompetenzen erhalten werden müssen. Im Rahmen einer funktionierenden gemeinwesenorientierten Versorgung bedarf es daher differenzierter wohnortnaher Versorgungsangebote sowohl für alt gewordene Menschen mit einer psychischen Erkrankung, Menschen mit Neuerkrankungen im Alter als auch für die gerontopsychiatrisch Erkrankten. Hierbei ist eine enge Vernetzung zwischen den Angeboten der Altenhilfe, des Sozialpsychiatrischen Dienstes, der PSKB und der BBT-Stellen weiterhin erforderlich. Zukünftig nehmen die BBT-Stellen folgende Aufgaben wahr: Sie sind Beratungsstelle für Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung und für ihre Angehörigen in Dresden. Sie agieren als Anbieter von Regelleistungen für unterschiedliche Leistungsträger. Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit, Beratung von Institutionen Als Beratungsstelle und Anbieter von Regelleistungen nehmen die BBT-Stellen folgende Aufgaben wahr: Beratungen von gerontopsychiatrisch Erkrankten und ihren Angehörigen vorwiegend durch aufsuchende Sozialarbeit Vermittlung in das wohnortnahe Hilfesystem Krisenintervention Einzelfallarbeit auf der Grundlage von Case Management durch Erbringen von Regelleistungen (Vereinbarung nach SGB XII) Gruppenarbeit durch Durchführung von Gruppenangeboten, auch für besondere Bedarfsgruppen (z. B. für jüngere Menschen mit einer demenziellen Erkrankung, ältere Menschen mit Migrationshintergrund) Notwendig ist die Aufstockung der PSKB in den Versorgungsgebieten Nord und Mitte mit je einer Fachkraft zum Ausbau der Kompetenzen im Bereich der Gerontopsychiatrie. Die PSKB sollen in der Lage sein, die niedrigschwellige Arbeit zur Versorgung älterer Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung zu übernehmen. Anliegen ist vorwiegend die Weiterbildung der anderen Akteurinnen und Akteure des Unterstützersystems sowie die Weichenstellung und Anbindung der Betroffenen an das weiterführende Versorgungssystem. Im Weiteren sind eine enge Vernetzung mit der offenen Altenhilfe und dem SpDi sowie die fachliche Weiterbildung der PSKB-Mitarbeiter/-innen erforderlich. 4.3.4. Medizinische Versorgung 4.3.4.1. Versorgungsstand Die ambulante medizinische Versorgung von gerontopsychiatrischen Patientinnen und Patienten erfolgt in der Regel über die Hausärzte/-innen in Abstimmung mit den jeweiligen Fachärzten/-innen. Bei den meisten Betroffenen bestehen neben den psychiatrischen Störungen noch weitere (geriatrische) Erkrankungen. Im stationären Bereich werden dazu zunehmend Abteilungen für Altersmedizin geschaffen, in denen verschiedene Fachgebiete (v.a. Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie) zusammenarbeiten. Diagnostisch handelt es sich bei gerontopsychiatrischen Patienten/-innen neben Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind, um alt gewordene Menschen mit einer chronischen psychischen 92 Erkrankung (alle Diagnosen), Menschen mit affektiven Erkrankungen im Alter oder bei körperlichen Erkrankungen (z.B. Tumoren), Personen mit psychischen bzw. psychotischen Störungen bei hirnorganischen Erkrankungen, ältere Patienten/-innen mit traumatisch bedingten Störungen, Sucht- oder Angsterkrankungen. Dabei sind die alt gewordenen chronisch psychisch kranken Menschen in der Regel primär im Bereich der Hilfen der Erwachsenenpsychiatrie integriert und werden weiter begleitet. Neben den niedergelassenen Haus- und Fachärzten/-innen erfolgt die Diagnostik und Behandlung in den Psychiatrischen Institutsambulanzen und der Gedächtnissprechstunde am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus. Einbezogen in die Betreuung werden Pflegedienste, die Strukturen der Altenhilfe, die BBT-Stellen und der Sozialpsychiatrische Dienst. Stationäre Behandlungen erfolgen v.a. bei unklaren Fällen zur Diagnostik, bei schweren Verhaltensstörungen, akuten Verwirrtheitszuständen, rascher Verschlechterung oder schwerer psychiatrischer Symptomatik. Im Krankenhaus Dresden-Neustadt gibt es das Angebot einer speziellen gerontopsychiatrischen Station. In den anderen psychiatrischen Kliniken werden gerontopsychiatrische Patienten/-innen im Rahmen des Versorgungsauftrags behandelt. Die Kliniken berichten über einen Anstieg der Fallzahlen. Das Universitätsklinikum verfügt außerdem über eine multiprofessionell geführte akutgeriatrische Station. Internisten/-innen, Neurologen/-innen und Psychiater/-innen arbeiten fachübergreifend zusammen, um die Seniorinnen und Senioren ganzheitlich behandeln zu können. 4.3.4.2. Bewertung des Versorgungsstandes Die Betreuung alt gewordener Menschen mit chronisch psychischer Erkrankung wird häufig durch den zunehmenden Bedarf an Pflege oder Mitbehandlung durch andere Fachärzte/-innen aufgrund von fehlenden Hausbesuchskapazitäten, störungsbedingt verminderter Krankheits- und Behandlungseinsicht und Mitwirkungsfähigkeit schwierig. Hier erreichen die Hilfsmöglichkeiten durch offene Altenhilfe und Sozialpsychiatrischen Dienst zunehmend ihre Kapazitätsgrenzen. Einzelfallbezogen werden aktuell durch die Kliniken, SpDi, BBT-Stellen oder offene Altenhilfe unter Einbeziehung von Ressourcen in den Familien oder im sozialen Umfeld ganz individuelle Behandlungsund Betreuungssettings vermittelt. Spezifische ambulante Betreuungsangebote sind aktuell nicht ausreichend. Bedarf besteht weiterhin an effektiver und frühzeitiger Diagnostik vor allem bei Erkrankungen, die erst später symptomatisch werden. Psychiatrische Begleiterkrankungen bei körperlichen Gebrechen werden oft nicht rechtzeitig erkannt und behandelt. Neben Depressionen und Angststörungen werden v. a. Suchterkrankungen im Alter und die zunehmende suizidale Gefährdung nicht oder erst spät erkannt. Spezielle psychotherapeutische Angebote für Menschen, die gerontopsychiatrisch erkrankt sind, vor allem mit der Möglichkeit von Hausbesuchen, gibt es nicht. Die Vernetzung zwischen ambulanten und stationären Angeboten wird auch von den niedergelassenen Nervenärzten/-innen und Psychotherapeuten/-innen als nicht ausreichend eingeschätzt. Dabei ist bereits jetzt eine Zunahme der Behandlungen älterer Menschen in allen Bereichen der medizinischen Versorgung zu verzeichnen. 93 4.3.4.3. Handlungserfordernisse Notwendig sind die Weiterbildung des Hilfenetzes im Bereich gerontopsychiatrischer Erkrankungen, deren Diagnostik und Behandlung. Hierbei sind vor allem auch ambulante Pflegedienste und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Alten- und Pflegeheimen einzubeziehen. Die ärztliche Betreuung in den Einrichtungen muss verbessert werden. Es müssen medizinischärztliche und psychotherapeutische Angebote mit aufsuchenden Kapazitäten geschaffen werden. Aus Sicht der Kliniken werden kurzfristige Unterbringungsmöglichkeiten für Patienten/-innen, die über noch keine ausreichende Struktur im ambulanten Bereich verfügen, angemahnt, damit diese nicht immer wieder auf psychiatrischen Akutstationen eingewiesen werden müssen. Zur Prävention und Linderung der Folgen psychischer Störungen im Alter sind begleitend zur Optimierung der medizinischen Versorgung eine Aktivierung der Sozialräume, die Initiierung generationsübergreifender Projekte, die Selbstwertstabilisierung durch sinnstiftende Tätigkeit und psychotherapeutische Angebote für ältere Menschen wichtig. Im Rahmen der zu gründenden Unterarbeitsgruppe der PSAG für den Bereich Gerontopsychiatrie sollen die Vernetzung und Abstimmung zwischen den Angeboten, Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung verbessert werden. 4.3.5. Pflegerische Versorgung 4.3.5.1. Niedrigschwellige Betreuung in der Landeshauptstadt Dresden Versorgungsstand Seit 2003 erfolgt systematisch der Aufbau niedrigschwelliger Betreuungsangebote für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz in der Landeshauptstadt Dresden. Sie dienen Menschen mit einem erheblichen Bedarf an Aktivierung, Beaufsichtigung und Betreuung in Gruppen oder im häuslichen Bereich sowie insbesondere zur Entlastung und Unterstützung pflegender Angehöriger. Die Anerkennung einer Pflegestufe ist dabei unerheblich. Die Zuordnung zum Personenkreis obliegt der Pflegekasse auf der Basis eines Screenings des MDK. In der Regel nutzen Menschen mit einer gerontopsychiatrischen und psychischen Erkrankung sowie Menschen mit einer geistigen Behinderung das Angebot. Die Pflegekassen beteiligen sich bei vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen an den Kosten für die Nutzung entsprechender qualitätsgesicherter Angebote. Bis Juni 2008 waren dies bis zu 460 Euro pro Kalenderjahr. Seit Juli 2008 haben Leistungsberechtigte Anspruch auf einen monatlichen Grundbetrag von 100 Euro bzw. einen erhöhten Betrag von 200 Euro. Voraussetzung für die Abrechnung der Leistungserbringung mit den Pflegekassen ist, dass es sich um ein anerkanntes Angebot handelt. Die Anerkennung erfolgt auf der Grundlage der „Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Anerkennung der niedrigschwelligen Betreuungsangebote“ nach § 45b Abs. 3 SGB XI vom 10. Juli 2003, rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2009. Niedrigschwellige Betreuungsangebote durch zugelassene Pflegedienste und teilstationäre Pflegeeinrichtungen gelten als anerkannt. Derzeit gibt es in Dresden über 28 anerkannte niedrigschwellige Angebote insbesondere für Menschen mit einer demenziellen Erkrankung, die sich auf das gesamte Stadtgebiet verteilen. 7 davon wurden durch das Sozialamt in den Jahren 2005 bis 2010 mit insgesamt 152.000 Euro gefördert. Eine Übersicht über niedrigschwellige Angebote von Pflegediensten gibt es nicht. Eine ausführliche Darstellung findet sich im „Fachplan Seniorenarbeit und Altenhilfe“. 94 Bewertung des Versorgungsstandes Bis zum Sommer 2008 war die Angebotsentwicklung vor dem dargestellten Hintergrund eher zögerlich. Mit dem verbesserten Leistungsumfang der Pflegeversicherung sind eine deutliche Beschleunigung der Entwicklung eines flächendeckenden Angebotsnetzes und eine verbesserte Versorgung der Zielgruppe eingetreten. Die Angebotsstruktur niedrigschwelliger Betreuungsangebote für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz kann als sozialräumlich ausdifferenziert und bedarfsgerecht eingeschätzt werden. Das Nutzungsverhalten ist aufgrund einer nicht ausreichenden Datenlage nicht bewertbar. Aus der Praxis wird insbesondere von Schwierigkeiten beim Hol- und Bringservice zu Gruppenangeboten berichtet. Handlungserfordernisse Auf- und Ausbau der Angebote durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen, insbesondere Einbindung in vorhandene Strukturen. Erarbeitung und Umsetzung von Qualitätsstandards, u. a. Impulsgabe zur Gründung eines Arbeitskreises „niedrigschwellige Betreuungsangebote“ auf Akteursebene mit den Zielen der Qualifizierung der Angebote, einer sozialraumorientierten Vernetzung und der Schaffung von Fachaustauschmöglichkeiten. Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere Informationen zu Angeboten in allen Stadien der Demenz sowie über Entlastungsangebote für Angehörige, milieuspezifische Aufbereitung von Informationen. 4.3.5.2. Ambulante Pflegedienste Versorgungsstand Derzeit arbeiten 93 Pflegedienste im Stadtgebiet. Eine territoriale Gliederung in Versorgungsgebiete existiert nicht. Ein Pflegedienst in Trägerschaft des Psychosozialen Trägervereins Sachsen e. V. (PTV) ist für psychiatrische Pflege nach SGB V zugelassen. Die Einschätzung der Versorgungslage von Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung durch die Pflegedienste selbst11 ist sehr differenziert. Insbesondere die Versorgung von alleinlebenden Patienten und Patientinnen wurde als verbesserungsbedürftig eingeschätzt. Des Weiteren besteht ein Mangel an Pflegefachpersonal, der Auswirkungen auf die Versorgung der Menschen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung hat. Nach Einschätzung der Pflegedienste nutzten Erkrankte zu spät pflegerische bzw. niedrigschwellige Angebote, da die Hemmschwelle der Inanspruchnahme von Leistungen hoch sei. Bewertung des Versorgungsstandes In der Landeshauptstadt Dresden gibt es eine flächendeckende Versorgung mit ambulanten Pflegediensten. Pflegedienste, die psychiatrische Pflege anbieten, sind nicht ausreichend vorhanden. Die Pflegedienste schätzen die pflegerische Versorgung der Zielgruppe im Spektrum von „ausreichend“ bis „nicht ausreichend“ ein. Handlungserfordernisse Ausbau der psychiatrischen Pflege sowie der gerontopsychiatrischen Fachkraftqualifizierung in ambulanten Pflegediensten, Verknüpfung von verschiedenen Angeboten (z. B. ambulante Pflege und Tagespflege) zu einem persönlichen Arrangement, welches bedarfsgerecht und zugleich effizient ist, Verbesserung der Schnittstellen zwischen Krankenhäusern und Pflege (insbesondere Beratung der Betroffenen und Angehörigen im Krankenhaus, Entlassungs- bzw. Überleitungsmanagement), Verbesserung der Schnittstellen zwischen Haus- bzw. Fachärzten/-innen, Angehörigen und Pflegedienst sowie dem Sozialpsychiatrischen Dienst, Ausbau von helfenden Strukturen (z. B. Bundesfreiwilligendienst, geschultes Ehrenamt). 11 Abfrage der Pflegedienste durch das Sozialamt im Sommer 2011 95 4.3.5.3. Gerontopsychiatrische Tagespflege Versorgungsstand Die Gerontopsychiatrische Tagespflege ist ein teilstationäres Angebot für Senioren/-innen mit einer gerontopsychiatrischen Erkrankung, z. B. mit Demenz, Angststörung oder Depression. Tendenziell sind eher früh an Demenz erkrankte Klienten und Klientinnen zu verzeichnen, d.h. immer jüngere Personen sind auf Hilfe angewiesen. Gerontopsychiatrische Tagespflege AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH Herzberger Straße 2 - 4, 01239 Dresden Tel.: (03 51) 2 89 16 16 www.awo-in-sachsen.de Die Gerontopsychiatrische Tagespflege bietet sowohl Betroffenen als auch Angehörigen die Chance, so lange wie möglich in der vertrauten Häuslichkeit zu verbleiben. Daneben wirkt sie entlastend für die pflegenden Angehörigen. Die Tagespflege bietet den Gästen neben Aufenthalt, Pflege, Betreuung und Verpflegung des Weiteren die Möglichkeit der Tagesstrukturierung mit dem Ziel, individuelle Fähigkeiten zu erhalten und den fortschreitenden Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Die Therapieangebote werden individuell auf den einzelnen Klienten und die einzelne Klientin zugeschnitten, was durch das breit gefächerte Angebot gut realisierbar ist. Die individuelle Betreuung der Betroffenen wird sowohl durch Pflegefachkräfte als auch durch Ergotherapeuten/-innen ermöglicht. Durch dieses ergotherapeutische Angebot werden vor allem lebenspraktische Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt und gefördert. Sie dienen der Verbesserung der Lebenssituation, dem Zurechtfinden im Lebensalltag sowie im sozialen Umfeld. Für pflegende Angehörige bietet die Gerontopsychiatrische Tagespflege Angehörigennachmittage als Austauschmöglichkeit in der Einrichtung an. Derzeit gibt es in Dresden eine Gerontopsychiatrische Tagespflege mit einer Kapazität von 16 Plätzen. Sie ist vor allem deshalb eine Einmaligkeit, weil sie aus einem Modellprojekt entstanden ist und in Modellfinanzierung durch das Sozialamt bis 2012 weitergeführt wird. Abb. 13: Krankheitsverteilung in der Gerontopsychiatrischen Tagespflege Dresden-Prohlis Schizophrenie 4% Angstneurose 3% unbekannte Diagnose 21% Krankheitsverteilung in der gerontopsychiatrischen Tagespflege Alzheimer 48% Depression 24% Quelle: AWO Soziale Dienste gGmbH, Gerontopsychiatrische Tagespflege Dresden-Prohlis Im Jahr 2011 waren 50 Gäste in der Gerontopsychiatrischen Tagespflege. Die Verweildauer dieser Klienten/-innen betrug im Durchschnitt 1 Jahr, 5 Monate, 5 Tage. Das Durchschnittsalter betrug 74,4 Jahre. Aufgrund der wachsenden Nachfrage und der begrenzten Aufnahmemöglichkeiten konnte insbesondere im Jahr 2010 nicht jedem/-r Interessenten/-in die erforderliche Betreuung angeboten werden. (Vgl. AWO Sachsen 2010) 96 Bewertung des Versorgungsstandes Die Gerontopsychiatrische Tagespflege schließt eine Versorgungslücke in der therapeutischen Versorgung von Menschen mit einer Demenzerkrankung. Die Angebote sind darauf ausgerichtet, den Betroffenen möglichst lange ein Leben in dem bisher vertrauten Umfeld der eigenen Wohnung zu ermöglichen und somit auch die vertrauten sozialen Beziehungen zu erhalten. Mit der Gerontopsychiatrischen Tagespflege gelingt es, der Vereinsamung und Isolation der Betroffenen entgegenzuwirken, indem diese auf Gleichaltrige treffen. Außerdem gelingt eine Tagesstrukturierung, die dem Betroffenen Stabilität und Sicherheit verschafft. Durch das Annehmen jeder einzelnen Persönlichkeit mit ihrer speziellen Erkrankung und unter Beachtung der biografischen Erfahrungen, ist es den Klientinnen und Klienten möglich, das Gefühl der Sicherheit wiederzuerlangen. Neben der Tagesstrukturierung und den bereits bestehenden Leitlinien des pflegerischtherapeutischen Handelns ermöglicht das systemische Vorgehen innerhalb der Wochenstruktur eine umfassende und tiefgreifende Aktivierung der vorhandenen Erfahrungen und Erinnerungen der Klienten/-innen. Das methodische Vorgehen kann individuell an jeden Gast angepasst werden, um damit Ressourcen bestmöglich zu erhalten und zu fördern. Durch Gruppen- und Einzelangebote der Ergotherapie erfahren die Betroffenen individuelle Anregung und Förderung der noch vorhandenen geistigen, physischen und sozialen Fähigkeiten. Dabei werden ergo-, bewegungs- und musiktherapeutische Elemente eingesetzt. Die therapeutischen Angebote dienen der positiven Selbsterfahrung und der Freude am gemeinsamen Tun. Sie setzen sich zusammen aus: Handlungserfordernisse Bewegungstherapie und Tanz, Musiktherapie als emotionaler Ausgleich, Sozialtherapie mit Anregung zu Gesprächen, Milieutherapie mit der Gestaltung einer lebendigen und warmen Umgebung, Biografiearbeit, um individuell auf den Betroffenen eingehen zu können, Ergotherapie mit dem Training lebenspraktischer Kompetenzen wie Kochen und Backen, Gedächtnistraining mit dem Ziel der Erhaltung und Belebung kognitiver Fähigkeiten, Freies Gestalten wie Malen, Arbeiten mit Märchen, Rollenspiel. Für die Zukunft sind folgende Veränderungen anzustreben: bedarfsgerechter Ausbau der Angebote für das gesamte Stadtgebiet Erweiterung der Öffnungszeiten auf das Wochenende, zur Gewährleistung des sachgerechten Umgangs mit Begleiterscheinungen wie Aggressivität und Weglauftendenzen weitere Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung für das Thema / die Krankheit Demenz auf der einen Seite, und zum anderen Senkung der Hemmschwelle, dieses Angebot wahrzunehmen (bei pflegenden Angehörigen) – die Gerontopsychiatrische Tagespflege als Möglichkeit / Chance für die Angehörigen: „Zeit für sich haben“ zu können, eigenen Interessen nachgehen zu können, Weiterbildung der Fachkräfte / Ergotherapie in bewegungs- und musiktherapeutischen Angeboten usw. 4.3.5.4. Stationäre Pflege und Kurzzeitpflege Versorgungsstand Der aktuelle Versorgungsstand wird als gut bewertet. Bewohner/-innen, die gerontopsychiatrisch erkrankt sind, werden fachgerecht versorgt (Erinnerungsarbeit, Orientierungsförderung in Pflege, Umfeld und Alltag sowie Realitätsorientierungstraining bei Bewohnern/-innen, bei denen dies noch möglich ist). Seit 01.07.2008 haben stationäre Pflegeeinrichtungen nach § 87b SGB XI Anspruch auf Vereinbarung leistungsgerechter Zuschläge zur Pflegevergütung für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung der pflegebedürftigen Heimbewohner und Heimbewohnerinnen mit erheblichem Bedarf an allgemeiner 97 Beaufsichtigung und Betreuung. Die Leistungserbringung erfolgt über zusätzliches und sozialversicherungspflichtig beschäftigtes Betreuungspersonal mit entsprechender Qualifizierung. Das Einrichtungspersonal wird entsprechend fort- und weitergebildet. Die Cultus gGmbH bietet z. B. Weiterbildungsmöglichkeiten auch zur Nutzung für andere Einrichtungen an. Präventiv pflegerische Maßnahmen werden dem Krankheitsverlauf angepasst. Entsprechend der Biografie erkennt man bei vielen Betroffenen ein starkes Interesse an der Gartenarbeit bzw. zur Arbeit im Freien. Ein Ausbau von entsprechenden Grünanlagen, welche auch im Winter bepflanzt werden können (z. B. Gewächshäuser), erscheint bei geeigneten Mitteln sinnvoll. Die ärztliche präventive Versorgung ist teilweise unzureichend (fehlende Medikation bzw. Polypharmazie, teilweise keine fachärztliche Betreuung vor der Heimaufnahme). In den Einrichtungen wird durch eine aktivierende und ganzheitliche Pflege die Gesundheit im Rahmen der einzelnen Bewohnermöglichkeiten gefördert. Die Gesundheitsförderung der Mitarbeiterschaft ist ausbaufähig. Bewertung des Versorgungsstandes Es besteht die Hypothese, dass alte Menschen mit demenzieller Erkrankung aufgrund nicht ausreichender Kenntnisse über ambulante und teilstationäre Angebote zu schnell in stationären Pflegeeinrichtungen untergebracht werden. Dies sollte nicht gesellschaftliches Normativ sein. Mit Fortschreiten der Demenz können die Bewohner/-innen ihre eigenen Defizite nicht mehr bewältigen. Das Personenmanagement muss sich flexibel nach den Krankheitsprozessen richten. Es ist eine fehlende Aufklärung im familiären Umfeld bezüglich des Krankheitsbildes wahrzunehmen. Nach wie vor gibt es zeitweise Schwierigkeiten im Umgang mit den an Demenz erkrankten Bewohnern/-innen in den integrativ geführten Wohnbereichen. Die Betreuungsangebote in den Einrichtungen müssen sich inhaltlich bereits jetzt auf die nachfolgende Bewohnergeneration einstellen. Reine Bastelarbeiten sind dann nicht mehr Abbild mehr der Lebenswelt der zukünftigen Zielgruppe. Es ist eine Anpassung der Freizeitaktivitäten und der Möglichkeiten der Beschäftigung erforderlich. Handlungserfordernisse bessere Aufklärung über die Möglichkeiten und Grenzen im Vorfeld (Häuslichkeit) und direkt vor dem Heimeinzug somatische und psychiatrische Ausrichtung der Pflege und Betreuung in stationären Einrichtungen fortwährende Schulungen für Mitarbeiter/-innen und Angehörige (ggf. Vernetzung der Träger) Betreuungs- und Beschäftigungsangebote für Bewohner/-innen mit leichter bis mittlerer Demenz anpassen spezielle Betreuung für Menschen mit psychischer Erkrankung ohne Demenz Pflegekassen sollten individualisierte Personaleinsatzkonzepte der Einrichtungen, vor dem Hintergrund des entsprechenden Pflegekonzeptes, finanziell honorieren. So ist eine bessere Personalausstattung möglich. Verbesserung der Facharztbetreuung Besondere Herausforderungen im Bereich der Kurzzeitpflege? Die Transparenz auf allen Seiten muss im Vorfeld der Aufnahme verbessert werden. Z. B. enthalten Entlassungsbriefe aus dem Krankenhaus bislang häufig keine für die Kurzzeitpflege wichtige Angaben oder sie sind pflegefachlich nicht differenziert genug. Hinzu kommen Unklarheiten aufgrund unterschiedlicher Bewertungen der Situation durch die Angehörigen und die Pflegefachkraft. Auch bei der Kurzzeitpflege können Kriterien wie herausforderndes Verhalten, Aggressivität und Weglauftendenz eine Aufnahme verhindern. Hier bedarf es spezieller Konzepte und Strategien, um dem abzuhelfen. 4.4. Neue Bedarfslagen bei Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen Seit dem letzten Stadtpsychiatrieplan haben sich bei alt gewordenen Menschen mit psychischen Erkrankungen neue Bedarfslagen herauskristallisiert, die künftig in der Einzelfallhilfe und bei der Entwicklung des Versorgungsnetzes zu berücksichtigen sind. 98 4.4.1. Alt gewordene Menschen mit einer psychischen Erkrankung Bei alt gewordenen Menschen mit einer psychischen Erkrankung wird das Erreichen entsprechender Hilfen bei zunehmender körperlicher Erkrankung und Immobilität problematisch. Hier erreichen die Hilfsmöglichkeiten durch die Kommunale Sozialarbeit bzw. Sozialarbeit freier Träger und den Sozialpsychiatrischen Dienst zunehmend Kapazitätsgrenzen. Oft ist die Behandlung der psychiatrischen Störung durch Hausärzte/-innen nur begrenzt möglich. Viele Fachärzte und Fachärztinnen behandeln nicht im Hausbesuch. Einzelfallbezogen werden aktuell, unter Einbeziehung von Ressourcen in den Familien oder im sozialen Umfeld, mit dem SpDi, den BBT-Stellen bzw. Sozialarbeit der Altenhilfe ganz individuelle Behandlungs- und Betreuungssettings entwickelt. Spezifische ambulante Betreuungsangebote sind aktuell nicht ausreichend. Bedarf besteht neben der effektiven Diagnostik und Behandlung vor allem an Gesprächen, Aufklärung (Antistigma / Thema Scham), speziellen psychotherapeutischen Angeboten für ältere Menschen sowie an Weiterbildungen des Hilfenetzes und Aktivierung der Sozialräume. Eine Verbesserung kann über die Aktivierung der Sozialräume, generationsübergreifende Projekte, Einbeziehung von Betroffenen o. ä. erreicht werden. Hierbei müssen die Angebote der Seniorenarbeit und Altenhilfe und des SpDi als Lotsen fungieren. Wichtig sind Angebote zur Selbstwertstabilisierung durch sinnstiftende Tätigkeit. Dem Thema Suizidalität im Alter muss durch Sensibilisierung der Akteure und Akteurinnen sowie Maßnahmen gegen Vereinsamung begegnet werden. 4.4.2. Gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen mit Migrationshintergrund Die Personengruppe der älteren und alten Menschen mit ausländischer Herkunft wurde im „Fachplan Seniorenarbeit und Altenhilfe“ 2010 beleuchtet. Für diesen Personenkreis mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen gibt es keine Datenlage zu Prävalenz bzw. besonderen Bedarfen. Migrationsberatungsstellen schätzen ein, dass insbesondere die Anzahl von Einzelfällen alleinstehender, älterer und alter Migranten/-innen, die teilweise deutschsprachliche Defizite aufweisen, zunimmt und Hilfebedarfe künftig komplexer werden. Anforderungen an eine kultursensible Arbeit sind in besonderem Maße notwendig. 4.4.3. Gerontopsychiatrisch erkrankte Menschen mit Behinderung Auch der Personenkreis der älteren und alten Menschen mit Behinderung wird im „Fachplan Seniorenarbeit und Altenhilfe“ 2010 beschrieben. Daten zu Prävalenz und Inzidenz gerontopsychiatrischer Erkrankungen der speziellen Gruppe liegen für Dresden nicht vor. Die besondere Spezifik der alt gewordenen Menschen mit psychischer Erkrankung, mit geistiger oder körperlichen Behinderung sowie Menschen mit Behinderungen, die im Alter psychisch erkrankt sind, ist im Einzelfall zu beachten und in Unterstützungsarrangements mit passgenauen Hilfen zu berücksichtigen. Die Praxis reflektiert in diesem Feld noch Entwicklungspotenziale. So ist die Versorgungssituation der alt gewordenen Bewohnerschaft in sozialtherapeutischen Wohnstätten teilweise nicht bedarfsgerecht. 99 4.5. Umsetzung der Leitlinien Im Teil A, Kapitel 7, werden die Leitlinien der psychiatrischen Betreuung und Versorgung in Dresden dargestellt. Der gegenwärtige Stand der konkreten Umsetzung in der Gerontopsychiatrie in der Landeshauptstadt wurde durch die Mitglieder der AG Demenz bewertet. Bei einigen Leitlinien ist die Wahrnehmung der AG-Mitglieder bzw. die der repräsentierten unterschiedlichen Bereiche in Bezug auf die Umsetzung polarisiert, bei anderen einstimmig. Einstimmig positiv bewertet wurden beispielsweise die Kooperation verschiedener Bereiche, die Stärkung der Selbstbestimmung und die geschlechterspezifische Differenzierung. Die meisten Differenzen gab es bei der Bewertung zur gesetzlichen Gleichstellung von Menschen mit psychischer Erkrankung mit Menschen mit somatischer Erkrankung sowie zur möglichst ambulanten Hilfegewährung. Die vollständigen Ergebnisse sind in Anlage 2 dargestellt. Die Umsetzung der Leitlinien lässt sich wie folgt zusammenfassen: Was wurde erreicht? Generell sind Fortschritte in der Entwicklung der Gerontopsychiatrie in Dresden wahrnehmbar. Defizite werden in der Gleichstellung alter Menschen mit psychischer Erkrankung mit alten Menschen, die somatisch erkrankt sind, gesehen. Dies spiegelt sich insbesondere durch unzureichende Zugänge zu Hilfen, begrenzte Teilhabemöglichkeiten und durch die Behandlungsdiskontinuität wider. Geleistete Hilfen sind in der Regel hoch standardisiert, sollten jedoch präventiver wirken und frühzeitiger einsetzen. Zwangsmaßnahmen werden in zunehmendem Maße vermieden und durch Alternativen, wie z. B. gezielte Bewegungs- und Beschäftigungsangebote oder Validation, ersetzt. Wie findet die Versorgung statt? Eine positive Entwicklung zeichnet sich in der gemeindenahen Versorgung ab, die sich durch sozialräumliche Vernetzung zunehmend zu einem Versorgungssystem entwickelt. Defizite werden insbesondere in der Zusammenarbeit mit Hausärzten/-innen erlebt. Hemmnisse sind vor allem fehlende Regelungen und Verbindlichkeiten auf Systemebene. Sofern im Einzelfall ausreichende ambulante Hilfen sichergestellt sind, erfolgt in der Regel eine wirksame Verzögerung des Einsatzes stationärer Hilfen. Niedrigschwellige Zugänge sind durch unzureichende Kenntnisse von Professionellen und Nichtprofessionellen nicht immer gewährleistet. In der Regel wird in der Gerontopsychiatrie personenzentriert und geschlechterdifferenziert gearbeitet. Wer ist an der Versorgung beteiligt? Generell wird die Beteiligung der nicht-psychiatrischen Einrichtungen an der gerontopsychiatrischen Betreuung und Versorgung als gut eingeschätzt. Hier greifen insbesondere die vernetzten Strukturen der Seniorenarbeit und Altenhilfe. Der Grad der Selbstbestimmung alter Menschen mit psychischer Erkrankung kann aufgrund fehlender Daten nicht objektiv eingeschätzt werden. Das Hilfepotential der Angehörigen wird trotz der hohen Belastung als gut bewertet. Es besteht teilweise mangelnde Aufklärung bei insgesamt verbesserten Informationszugängen. 4.6. Handlungserfordernisse Gerontopsychiatrische Fälle haben einen komplexen Hilfebedarf, für den unterschiedliche Leistungsträger zuständig sind. Insofern hat sich die Situation seit 2000 nicht geändert. Die Stärkung der Selbstbestimmung der Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung ist ein zentrales Grundprinzip der Arbeit und Qualitätskriterium. Es leiten sich folgende Handlungserfordernisse ab: Erarbeitung von Informationsmaterial und Dokumentationen zur gerontopsychiatrischen Betreuung und Versorgung für eine zielgruppendifferenzierte Öffentlichkeitsarbeit Fortschreibung des Demenz-Wegweisers als Wegweiser für Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung und deren Angehörige Schaffung einer Unterarbeitsgruppe Gerontopsychiatrie der PSAG zur Weiterentwicklung und Vernetzung der gerontopsychiatrischen Versorgungsstruktur 100 finanzielle Förderung und fachliche Begleitung von Selbsthilfeprojekten und bürgerschaftlichem Engagement, die das Ziel der Verbesserung der Betreuung und Versorgung von Menschen mit gerontopsychiatrischer Erkrankung haben Einführung des Regelverfahrens zur Hilfegewährung nach SGB XII für demenziell erkrankte Menschen und Transfer auf alle gerontopsychiatrische Krankheitsbilder 4.6.1. Unterarbeitsgruppe Gerontopsychiatrie Der Landespsychiatrieplan misst der „Vernetzung der unterschiedlichen Angebotsformen im Bereich der Gerontopsychiatrie – wie in der Versorgung psychisch Kranker generell“ eine besondere Bedeutung zu. (LPP 2011: 81) Dabei sollen keine neuen „Monostrukturen“ geschaffen werden, sondern diese gerontopsychiatrischen Angebote im geriatrischen Versorgungsnetzwerk eingebunden sein. Der Deutsche Verein nimmt in seiner Stellungnahme zur Unterstützung und Betreuung von Menschen mit demenzieller Erkrankung vor Ort den Netzwerkgedanken auch auf, ist in seinen Ausführungen aber sehr pflege- und demenzlastig und berücksichtigt weniger das ganze Spektrum der Gerontopsychiatrie. Gerontopsychiatrie umfasst sowohl demenzielle Erkrankungen als auch psychische Erkrankungen im Alter sowie alt gewordenen Menschen mit einer psychiatrischen Erkrankung. Der Hilfebedarf der Betroffenen beruht auf einer psychischen Erkrankung. Zusätzlich sind die geriatrischen Phänomene bedeutsam, Strukturen der Altenhilfe und der medizinischen geriatrischen Versorgung und Pflege sind eng zu verbinden. Nach SächsPsychKG § 7 Abs. 1 ist die PSAG als beratendes Gremium in den Fragen der psychiatrischen Versorgung einzurichten. Bereits heute arbeiten in der PSAG auch Vertreter und Vertreterinnen aus dem Bereich der Gerontopsychiatrie mit. In Zukunft sollen die vorhandenen Strukturen der PSAG genutzt und eine ständige Unterarbeitsgruppe (UAG) „Gerontopsychiatrie“ eingerichtet werden, in der die Akteure und Akteurinnen im Bereich Gerontopsychiatrie zusammenarbeiten und sich enger vernetzen. Hierbei ist es Aufgabe der PSAG, konkrete zu bearbeitende Aufgaben zu benennen. Diese UAG kann sowohl in der PSAG als auch im Bereich der Altenhilfestrukturen Themen der gerontopsychiatrischen Versorgung einsteuern. In der UAG sollten Vertreter/-innen des Altenhilfesystems des Sozialamtes, der Sozialplanung, der medizinischen Bereiche (Kliniken, Rehabilitationseinrichtungen, Haus- und möglichst Fachärzte/-innen), der Pflege, der BBT-Stellen, des SpDi, der Angehörigen- und Betroffenenvertretungen, Gesundheitsförderung/WHO und der Leistungsträger beteiligt sein. Hier können die gewünschten und erforderlichen Standards und Qualitätsimpulse für die gerontopsychiatrische Versorgung erarbeitet werden. Über die PSAG ist die Verbindung zu den übrigen psychiatrischen Strukturen, die immer auch die Versorgung älterer psychisch kranker Menschen mit leisten werden, gewährleistet. Wichtig wäre eine der PSAG ähnliche Struktur der Altenhilfe, in die aus der UAG die speziellen gerontopsychiatrischen Belange und Vorschläge eingebracht werden und durch die, die lokal bzw. sozialräumlich arbeitenden Netzwerke gesteuert werden. 4.7. Autorenverzeichnis Mathias Aegerter, Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Matthias Beine, Cultus gGmbH Michaela Bergholz, Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Dr. Susanne Cordts, Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Dr. Franziska Darmstadt, Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Christiane Dumke, Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit, Dresden 101 Prof. Dr. med. Vjera Holthoff, Universitätsklinikum Dresden Annett Lohse, Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Rita Schawohl, AWO Sachsen Soziale Dienste gemeinnützige GmbH Andrea Steuerlein, Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Martina Wallmann, AWO Sachsen Soziale Dienste gemeinnützige GmbH 102 4.8. Eine Auswahl wichtiger Adressen Die Angebote für Senioren/-innen, Menschen mit gerontopsychiatrischen Erkrankungen und ihre Angehörigen werden durch das Sozialamt der Landeshauptstadt Dresden regelmäßig als Wegweiser veröffentlicht: Herbstzeit – Ein Wegweiser für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige, 7. aktualisierte Auflage, Januar 2012 Diagnose Demenz – Ein Wegweiser für Erkrankte und ihre Angehörigen, 2. aktualisierte Auflage, Januar 2010 4.8.1. Beratungsstellen für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Altstadt Sachgebietsleitung Sitz: Junghansstraße 2, 01277 Dresden, Zimmer 133 Ansprechpartnerin: Andrea Steuerlein Telefon: (03 51) 4 88 48 75 E-Mail: [email protected] Internet: www.dresden.de/senioren Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Theaterstraße 11 – 13, 01067 Dresden Ansprechpartnerin/Ansprechpartner: Steffi Böhme Telefon: (03 51) 4 88 60 92 E-Mail: [email protected] Oliver Drillisch Telefon: (03 51) 4 88 60 95 E-Mail: [email protected] Caritas Seniorenberatung Träger: Caritasverband für Dresden e. V. Sitz: Am See 11, 01067 Dresden Ansprechpartnerinnen: : Ulrike Duschek, Dagmar Lehmann Telefon: (03 51) 4 96 21 78 Internet: www.caritas-dresden.de Begegnungszentrum Johann Träger: DRK Kreisverband Dresden e. V. Sitz: Striesener Straße 39, 01307 Dresden Ansprechpartnerin: Claudia Görlach Telefon: (03 51) 4 46 76 23 Internet: www.drk-dresden.de Neustadt Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Hoyerswerdaer Straße 3, 01099 Dresden Ansprechpartnerin: Gudrun Kabisch Telefon: (03 51) 4 88 66 89 E-Mail: [email protected] 103 Beratungsstelle für Senioren und deren Angehörige Träger: Diakonisches Werk – Stadtmission Dresden e. V. Sitz: Glacisstraße 44, 01099 Dresden Ansprechpartnerin: Angelika Fohry Telefon: (03 51) 8 17 23 21 Internet: www.diakonie-dresden.de Pieschen Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Bürgerstraße 63, 01127 Dresden Ansprechpartnerin: Ingrid Arnold Telefon: (03 51) 4 88 55 19 E-Mail: [email protected] Seniorenbegegnungsstätte Trachenberge Träger: Volkssolidarität Dresden e. V. Sitz: Trachenberger Straße 6, 01129 Dresden Ansprechpartnerinnen: Birgit Claus Telefon: (03 51) 5 01 04 25 Internet: www.volkssoli-dresden.de Seniorenzentrum Impuls Träger: DRK-Kreisverband Dresden e. V. Sitz: Bürgerstraße 6, 01127 Dresden Ansprechpartnerin: Adrienne Höfgen Telefon: (03 51) 84 72 26 78 Internet: www.drk-dresden.de Klotzsche, Weixdorf, Langebrück und Schönborn Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Kieler Straße 52, 01109 Dresden Ansprechpartnerin: Dagmar Hoffmann Telefon: (03 51) 4 88 65 53 E-Mail: [email protected] Beratungsstelle für Senioren und deren Angehörige Träger: Diakonisches Werk – Stadtmission Dresden e. V. Sitz: Königsbrücker Landstraße 6, 01109 Dresden Ansprechpartnerin: Helga Laskowski Telefon: (03 51) 8 80 42 87 Internet: www.diakonie-dresden.de Seniorenbegegnungsstätte Klotzsche Träger: Volkssolidarität Dresden e. V. Sitz: Sagarder Weg 5, 01109 Dresden Ansprechpartner: Frank Dzingel Telefon: (03 51) 8 80 63 45 Internet: www.volkssoli-dresden.de 104 Loschwitz und Schönfeld-Weißig Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Grundstraße 3, 01326 Dresden Ansprechpartnerin: Heike Winkler Telefon: (03 51) 4 88 85 54 E-Mail: [email protected] Seniorenbegegnungsstätte Bülowh Träger: Ökumenische Diakonie – Sozialstation Dresden Bülowh e. V. Sitz: Pillnitzer Landstraße 12, 01326 Dresden Ansprechpartnerinnen: Anja Klemm, Karolin Göhl Telefon: (03 51) 2 68 89 88 Internet: www.buelowh.de Blasewitz Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Naumannstraße 5, 01309 Dresden Ansprechpartnerinnen: Margit Woyack Telefon: (03 51) 4 88 86 14 E-Mail: [email protected] Seniorenbegegnungsstätte Träger: Ökumenische Seniorenhilfe Dresden e.V. Sitz: Wittenberger Straße 83, 01277 Dresden Ansprechpartnerin: Steffi Möhle Telefon: (03 51) 3 40 08 76 Internet: www.seniorenhilfe-dresden.de Leuben Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Hertzstraße 23, 01257 Dresden Ansprechpartnerinnen: Astrid Michalk Telefon: (03 51) 4 88 81 44 E-Mail: [email protected] Claudia Schneider Telefon: (03 51) 4 88 81 45 E-Mail: [email protected] Seniorenbegegnungsstätte Laubegast Träger: Volkssolidarität Dresden e. V. Sitz: Laubegaster Ufer 22, 01279 Dresden Ansprechpartnerinnen/Ansprechpartner: Gabriele Heyne, Anita Köhler, Telefon: (03 51) 5 01 05 25 Internet: www.volkssoli-dresden.de 105 Prohlis Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Prohliser Allee 10, 01239 Dresden Ansprechpartnerin: Matthias Aegerter Telefon: (03 51) 4 88 83 68 E-Mail: [email protected] Beratungsstelle für Senioren und Angehörige Träger: AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH Sitz: Herzberger Straße 2 - 4, 01239 Dresden Ansprechpartnerinnen: Martina Wallmann, Maria Schellenberger Telefon: (03 51) 2 89 16 13 Internet: www.awo-in-sachsen.de Seniorenbegegnungsstätte Dresden-Prohlis Träger: AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH Sitz: Prohliser Allee 31, 01239 Dresden Ansprechpartnerin: Kathleen Steglich Telefon: (03 51) 3 23 05 60 Internet: www.awo-in-sachsen.de Plauen Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige Sitz: Nöthnitzer Straße 2, 01187 Dresden Ansprechpartnerin: Christine Franke Telefon: (03 51) 4 88 69 09 E-Mail: [email protected] Seniorenbegegnungsstätte „Nürnberger Ei“ Träger: Volkssolidarität Dresden e. V. Sitz: Nürnberger Straße 45, 01187 Dresden Ansprechpartnerinnen: Gisela Konschake, Ulrike Haußwald Telefon: (03 51) 4 71 93 66 Internet: www.volkssoli-dresden.de Cotta, Cossebaude, Oberwartha, Altfranken, Gombitz und Mobschatz Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige (Cotta) Sitz: Lübecker Straße 121, 01157 Dresden Ansprechpartnerinnen: Birgit Wagner Telefon: (03 51) 4 88 57 09 E-Mail: [email protected] Margitta Ullrich Telefon: (03 51) 4 88 57 18 E-Mail: [email protected] Sozialer Dienst für Seniorinnen, Senioren und deren Angehörige (Gorbitz) Sitz: Leutewitzer Ring 7, 01169 Dresden Ansprechpartnerin: Carmen Michler Telefon: (03 51) 79 66 57 14 E-Mail: [email protected] 106 Seniorenberatungsstelle Träger: Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Sitz: Amalie-Dietrich-Platz 3, 01169 Dresden Ansprechpartnerinnen: Manuela Dinger, Iris Haubold Telefon: (03 51) 4 10 89 43 Internet: www.ambulantes-pflegezentrum.de Seniorenbegegnungsstätte Dresden-Löbtau Träger: AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH Sitz: Hainsberger Straße 2, 01159 Dresden Ansprechpartnerin: Petra Höhle Telefon: (03 51) 4 13 54 71 Internet: www.awo-in-sachsen.de Soziale Beratungsstelle/Seniorenberatungsstelle (Cossebaude) Träger: ASB Dresden und Kamenz gGmbH Sitz: Dresdner Straße 3, 01156 Dresden Ansprechpartnerin: Hannelore Seltmann Telefon: (03 51) 4 18 22 18 Internet: www.asb-dresden-kamenz.de 4.8.2. Beratungsangebote für Seniorinnen und Senioren mit gerontopsychiatrischen und psychiatrischen Erkrankungen Neustadt Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Beratungsangebot für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und deren Angehörige. Für eine Beratung bitte telefonisch einen Beratungstermin vereinbaren. Träger: Diakonisches Werk – Stadtmission Dresden e. V. Sitz: Alaunstraße 84, 01099 Dresden Telefon: (03 51) 8 04 66 06 Internet: www.diakonie-dresden.de Blasewitz Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Beratungs- und Begegnungsangebot sowie Gruppenangebote für Menschen mit einer psychischen Erkrankung, deren Angehörige und weitere Bezugspersonen. Vermittlung zu spezifischen Fachdiensten bzw. weiterführenden Hilfsangeboten Träger: Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Sitz: Naumannstraße 3a, 01309 Dresden Telefon: (03 51) 65 69 00 86 Internet: www.ptv-sachsen.de Sozialamt Dresden - Pflegeleistungen Sitz: Junghansstraße 2, 01277 Dresden Telefon: (03 51) 4 88 48 39 Prohlis BBT-Stelle Träger: AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH Sitz: Herzberger Straße 2 - 4, 01239 Dresden Telefon: (03 51) 2 89 16 15 Internet: www.awo-in-sachsen.de 107 Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Beratung und Begegnung für psychisch kranke Menschen sowie deren Angehörige und Bezugspersonen Beratung bei sozialen und sozialrechtlichen Problemen Vermittlung von Hilfsangeboten u. a. Träger: AWO SONNENSTEIN gGmbH Sitz: Herzberger Straße 24/26, 01239 Dresden Telefon: (03 51) 2 88 19 82 Internet: www.awo-sonnenstein.de Plauen Cotta, Cossebaude, Oberwartha, Altfranken, Gompitz und Mobschatz Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Beratung und Begleitung, Wohnformen, Tagesstruktur aktive Freizeitgestaltung (Ausflüge, sportliche Aktivitäten), gemeinsame Gestaltung von Festen und Feiern Gemeinschaft erleben mit und ohne Krankheit kreative Kurse und Veranstaltungen Hilfe und Unterstützung bei amtlichen Angelegenheiten Einzel- und Familienberatung, psychosoziale Beratung und Gespräche Träger: GESOP gemeinnützige GmbH Sitz: Michelangelostraße 11, 01217 Dresden Telefon: (03 51) 43 70 82 20 Internet: www.gesop-dresden.de BBT-Stelle Träger: Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Sitz: Amalie-Dietrich-Platz 3, 01169 Dresden Telefon: (03 51) 4 16 60 25 Internet: www.ambulantes-pflegezentrum.de Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Beratung und Begegnung für chronisch psychisch kranke Menschen und Menschen in Krisensituationen sowie deren Angehörige und Bezugspersonen verschiedene Einzel- und Gruppenangebote zur Tagesgestaltung und Aktivierung, z. B. Kochgruppe, Spiel-Runde, Kegeln, Bowling Träger: Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Sitz: Amalie-Dietrich-Platz 3, 01169 Dresden Telefon: (03 51) 4 16 60 40 Internet: www.ambulantes-pflegezentrum.de 108 4.9. Anlage zur Statistik der BBT-Stellen in der Landeshauptstadt Dresden (Anlage 1) Es gibt keine vom Leistungsträger vorgegebene Statistikerfassung. Eine Vergleichbarkeit der Daten ist aus diesem Grunde nicht möglich. Statistik der BBT-Stelle der AWO Soziale Dienste gGmbH in Dresden Prohlis 2008 2009 2010 Hausbesuche 766 802 536 Beratungen in der Beratungsstelle 425 398 389 telefonische Beratungen 1.616 1.737 1.123 Kontakte zu anderen Einrichtungen 164 133 258 Gremienarbeit 43 43 43 Organisation/Dienstberatungen/Fallbesprechungen 12 12 49 Tab. 14: Statistik der BBT-Stelle der AWO Soziale Dienste gGmbH in Dresden Prohlis Statistik der BBT-Stelle des Dresdner Pflege- und Betreuungsvereins e. V. in Dresden Gorbitz 2008 2009 2010 Hausbesuche Klientenberatung in der Einrichtung* 631 nicht erfasst 530 36 583 29 Angehörigen-/Betreuerberatung* Klientenzahlen Einzelbetreuung** 94 33 56 42 47 33 Klientenzahlen Gruppenbetreuung*** im Vorfeld abgesagte Hausbesuche 30 nicht erfasst 36 81 32 47 Zutritt zur Wohnung verweigert nicht erfasst 15 17 Tab. 15: Statistik der BBT-Stelle des Dresdner Pflege- und Betreuungsvereins e.V. in Dresden Gorbitz * Beratungsgespräche Ø 1 – 1,5 h mit vorheriger Anmeldung ** Betreuungsintensität und Zeiten in Einzelbetreuung sehr unterschiedlich; 1 x monatlich bis zu 2 x wöchentlich; 30 min – 3 h je nach Beratungs- und Betreuungsinhalt; zusätzlich Wegezeit 15 min – 60 min *** 3 Gruppenangebote wöchentlich (Begegnungsnachmittag, Spielenachmittag, Gedächtnistraining); individuelle Gespräche nach Bedarf erfolgen im Rahmen der Angebote 2010 Krankheitsverteilung in den Gruppenangeboten Schizophrenie 6% unbekannt 13% Demenz 25% Depression 56% Abb. 14: Krankheitsverteilung der Klienten in den Gruppenangeboten der BBT-Stelle im Jahr 2010 (gesamt 32 Klienten) 109 4.10. Ergebnisse der Bewertung des Standes der Gerontopsychiatrie in der Landeshauptstadt Dresden durch die Mitglieder der AG Demenz (Anlage 2) Der gegenwärtige Stand der Gerontopsychiatrie in der Landeshauptstadt Dresden wurde durch die Mitglieder der AG Demenz entsprechend den Leitlinien des Entwurfes des Landespsychiatrieplanes bewertet (Stand 16. Mai 2011). Die Bewertung erfolgte mittels Punkten der 3 am besten umgesetzten Grundsätze, 3 mit dem größten Handlungsbedarf, 3 Grundsätze, "über die man nicht reden muss, weil sie gut umgesetzt sind". Mehrfachnennungen waren möglich. Bei einigen Leitlinien ist die Wahrnehmung der AG-Mitglieder in Bezug auf die Umsetzung polarisiert, bei anderen einstimmig. Was wurde erreicht? Grundsatz 1: gesetzliche Gleichstellung psychisch erkrankter Menschen mit somatisch erkrankten Menschen Stand: sehr unterschiedliche Wahrnehmung durch die Mitglieder der AG Demenz bzw. durch die repräsentierten unterschiedlichen Bereiche: von sehr gut (Pflege) über gut (Ärzte) bis zu große Defizite (Seniorenarbeit/Altenhilfe, Alzheimer Gesellschaft Dresden e. V.) gesetzliche Gleichstellung vorhanden bei unzureichender Umsetzung in der Praxis Zugang zur Gerontopsychiatrie aus zwei Säulen (1. alt gewordene psychisch erkrankte Menschen; 2. im Alter psychisch erkrankte Menschen) Teilhabe teilweise nicht gewährleistet derzeit Erstellung einer EU-Studie unter Beteiligung des Universitätsklinikums, deren Ergebnisse nach Vorlage für Dresden nutzbar sind Handlungserfordernisse: verbesserte Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel der Information und der Akzeptanz Teilhabe sicherstellen Umsetzung des Grundsatzes ambulant vor stationär, insbesondere auch im leistungsrechtlichen Hinblick Grundsatz 7: Behandlungskontinuität Stand: einheitliche Einschätzung der AG Demenz: Umsetzung in allen Bereichen noch ungenügend einstimmige Wahrnehmung hoher Verantwortung der Ärzte, die zum Teil nicht wahrgenommen wird mangelnde Prävention unzureichende Fallsteuerung teilweise personelle Diskontinuität der Betreuungspersonen, vor allem im Bereich Pflege zu schnelle Aufnahme in eine stationäre Pflegeeinrichtung Handlungserfordernisse: Identifikation eines sehr hohen Handlungsbedarfes, insbesondere auch im medizinischen und pflegerischen Bereich Sicherstellung von frühzeitiger Prävention Übergänge personenzentriert gestalten (Überleitungsmanagement) Sicherstellung der Fallsteuerung (z. B. über Hausärzte und Team) frühzeitige Konfrontation mit Behandlungskontinuität Schulung von Angehörigen, Hausärzten u. a. (nicht durch Pflegeberatung) Umsetzung des sozialraumorientierten Ansatzes der Arbeit Grundsatz 10: hoher Standard der Hilfen Stand: mehrheitliche Einschätzung der AG Demenz: Umsetzung insbesondere im Bereich der Pflege noch nicht zufriedenstellend hohe Standards vorhanden Handlungserfordernisse: 110 Stärkung der Prävention Sicherstellung frühzeitiger Hilfen und Behandlungskontinuität Wie findet die Versorgung statt? Grundsatz 11: Vermeidung von Zwangsmaßnahmen Stand: kaum Differenzstandpunkte bei der Bewertung innerhalb der AG Demenz größter Fortschritt im Vergleich mit dem Stand zur Zeit der Wende Anwendung aus der Sicht der Seniorenarbeit und Altenhilfe relativ wenig; sofern notwendig, sehr konsequent positiver Effekt/Erfolg von Weiterbildungen Alternativen werden geprüft richterliche Prüfung als gut wahrgenommen Handlungserfordernisse: Erfolg sicherstellen durch kontinuierliche Weiterbildungen Grundsatz 2: gemeindenahe Versorgung Stand: überwiegend einheitliche positive Bewertung vom Grunde her sehr gutes Versorgungssystem bzw. -strukturen regionale Anlaufstellen, insbesondere Verteilung der BBT-Stellen, zu gering Handlungserfordernisse: Entwicklung flächendeckender gerontopsychiatrischer Angebote, die eine bedarfsgerechte Betreuung und Versorgung im Einzelfall gewährleistet Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit Grundsatz 3: möglichst ambulante Hilfegewährung Stand: polarisierte Einschätzung einerseits der einzelnen Bereiche und andererseits auch innerhalb der einzelnen Bereiche aus insbesondere medizinischer Sicht: Möglichkeiten unzureichend (z. B. notwendige hochfrequente Konsultation/Behandlung nicht möglich); oft zu später Behandlungsbeginn (Folge: Heimaufnahme) sofern ausreichende ambulante Hilfen im Einzelfall sichergestellt sind, erfolgt wirksame Verzögerung des Einsatzes von stationären Hilfen bzw. verzögerte Heimaufnahme teilweise fehlende Informationen über Hilfen/Angebote Handlungserfordernisse: Fortbildung für Ärzte (gerontopsychiatrische Inhalte und Informationen zu Komplementärleistungen) Weiterbildungsangebote für Angehörige Schulung der öffentlichen Einrichtungen sowie der Öffentlichkeit Grundsatz 4: niedrigschwelliger Versorgungszugang Stand: differenzierte Einschätzung: gut (Zugang vorhanden) bis schlecht (Umsetzung); niedrigschwellige Zugänge vorhanden; oft zu späte Nutzung gute Wirkung des Demenz-Wegweisers wahrnehmbar dennoch teilweise fehlendes Wissen bezüglich Hilfen und Angeboten bei Professionellen und Nichtprofessionellen Handlungserfordernisse: Fortbildung für Ärzte (gerontopsychiatrische Inhalte und Informationen zu Komplementärleistungen) Schulung, Information, Aufklärung der Angehörigen Schulung der öffentlichen Einrichtungen sowie der Öffentlichkeit Gestaltung der Schnittstellen in der Öffentlichkeitsarbeit der Seniorenarbeit/Altenhilfe und der Gerontopsychiatrie 111 Grundsatz 5: personenzentriertes Versorgungssystem Stand: differenzierte Einschätzung der einzelnen Bereiche (medizinisch: guter Stand; sozialpädagogisch: sehr gut; pflegerisch: Defizite) weitgehend umgesetzt im Bereich Pflege fehlt teilweise Personenzentriertheit als Qualitätsstandard Handlungserfordernisse: Verbesserung der Rahmenbedingungen für personenzentrierte Hilfen nachhaltige Sicherstellung der Personenzentriertheit Einführung von Case Management Teilhabe aller Prozessbeteiligten an der Hilfeplanung Grundsatz 6: Kooperation verschiedener Bereiche Stand: einstimmige Wahrnehmung von Defiziten gute Kooperation wahrnehmbar, mit Ausnahme zu Hausärzten, obgleich ihnen eine Schlüsselfunktion bei Versorgung und Betreuung zukommt Kooperation im Einzelfall meist sehr gut fehlende Regelungen und Verbindlichkeiten auf Systemebene Handlungserfordernisse: Stärkung der Rolle des Hausarztes durch nachhaltige Umsetzung des Hausarztprinzips (Hausarzt als Koordinator des Prozesses) Herstellung von Verbindlichkeiten auf Systemebene weitere Umsetzung des Konzeptes der sozialraumorientierten Seniorenarbeit und Altenhilfe Grundsatz 12: geschlechterspezifische Differenzierung Stand: Wahrnehmung von keinen bis kaum Defiziten hinreichend geschlechterspezifisch differenziert Handlungserfordernisse: derzeit keine Grundsatz 13: Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung Stand: einstimmig positive Wahrnehmung, insbesondere im medizinischen und sozialpädagogischen Bereich Sozialraumansatz als sehr gut eingeschätzt Kooperation als Basis für Erfolg noch nicht optimal entwickelt Handlungserfordernisse: Entwicklung verbindlicher Kooperation Wer ist an der Versorgung beteiligt? Grundsatz 8: Stärkung der Selbstbestimmung Stand: keine Differenzstandpunkte guter Stand (Betroffene waren nicht anwesend!) Handlungserfordernisse: keine identifiziert Grundsatz 9: Hilfepotenzial der Angehörigen Stand: überwiegend einstimmige Einschätzung eines guten Standes; Dissonanz im medizinischen Bereich unterschiedliche Kompetenz der Angehörigen teilweise mangelnde Aufklärung bei insgesamt verbesserten Informationszugängen teilweise Überforderung der Angehörigen (u. a. auch eigene Fehlwahrnehmung), gute Beratungsangebote und Angehörigengruppen Handlungserfordernisse: 112 Sicherstellung von Aufklärung Angehöriger zum entsprechenden Krankheitsbild gezielte Öffentlichkeitsarbeit, weitere Verbesserung der Informationszugänge Unterstützungsangebote und Ermöglichung des Zugangs Einbeziehung der Angehörigen in Hilfeplanung Die Beteiligung der nicht-psychiatrischen Einrichtungen wird als gut eingeschätzt. Hier greifen insbesondere die vernetzten Strukturen der Seniorenarbeit und Altenhilfe. 4.11. Literaturverzeichnis AWO Sachsen Soziale Dienste gGmbH (2010): Sachbericht 2010. Gerontopsychiatrische Tagespflege. Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (2011): Demenz-Report. Beyer, J.L. (2007): Managing depression in geriatric populations. In: Ann Clin Psychiatry, 19(4):221238. Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe – BAGüS (2007): Orientierungshilfe für die Feststellungen der Träger der Sozialhilfe zur Ermittlung der Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB XII i. V. m. der Eingliederungshilfe-Verordnung (EHVO) mit Hinweisen zu Schnittstellen zu anderen Sozialleistungen. Byers, A.L. et al. (2010): High Occurrence of mood and anxiety disorders among older adults. In: Arch Gen Psychiatry; 67(5):489-496. Christensen, K. et al. (2009): Ageing populations: the challenges ahead. In: Lancet; 374:1196-1208. Crocco, E.A. et al. 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Mio. 70.000 100.000-300.000 5.000-15.000 Tab. 16: Daten zur Prävalenz ausgewählter Suchtprobleme in Deutschland und Sachsen Quelle: DHS 2010 Zur Erklärung der Entstehung von Abhängigkeitserkrankungen wird von einem multifaktoriellen Bedingungsgefüge ausgegangen. Danach gibt es für die Entstehung einer Abhängigkeitserkrankung nicht nur eine Ursache, sondern mehrdimensionale Einflussfaktoren ausgehend: vom Suchtmittel der Person und vom sozialen Umfeld. So vielfältig die Ursachen einer Suchterkrankung und die mit diesem Krankheitsbild verbundenen komplexen Problemlagen sind, so individuell ist letztlich der Hilfebedarf für jeden Einzelnen. Dies erfordert ebenso differenzierte wie vernetzte Angebote auf den Ebenen Prävention Beratung, Behandlung und Rehabilitation Überlebenshilfe, Schadensreduzierung und Repression. Auf diese Ebenen stützt sich auch der 1. Sächsische Drogen- und Suchtbericht mit dem Ziel, „das Netz an Angeboten zur Beratung, Intervention sowie Überlebens- und Ausstiegshilfen zu sichern und um zielgruppenspezifische Angebote zu erweitern“ (SMS 2009: 13). 115 Die Erarbeitung des Kapitels “Menschen mit einer Suchterkrankung“ im vorliegenden Stadtpsychiatrieplan soll ebenfalls dazu beitragen, dieses Ziel zu verfolgen. Durch die Beschreibung der vorhandenen Versorgungsstruktur wird auf Standards aber auch auf Bedarfe und Defizite in der Stadt Dresden aufmerksam gemacht. Im Sinne einer effektiven und vor allem auch nachhaltig wirksamen Gesamtstrategie zur Drogen- und Suchtbekämpfung in der Stadt Dresden werden Handlungsempfehlungen formuliert, die helfen sollen, das Versorgungsnetz weiter zu festigen und zu verbessern. Eine ausführliche Zusammenstellung der Kontaktdaten zu den beschriebenen Angeboten und Einrichtungen enthält die Anlage 1. 5.2. Handlungsfeld Suchtprävention Beschreibung Suchtprävention umfasst alle Maßnahmen, die vor der vollen Ausprägung einer Suchterkrankung einsetzen. Eine umfassende Prävention beinhaltet nach Gordon (1983) drei Ansatzpunkte (Vgl. Gordon 1983): universelle Prävention: massenkommunikative Maßnahmen zur Information, Aufklärung und Motivierung der Allgemeinbevölkerung oder spezifischer Teilgruppen selektive Prävention: Maßnahmen für Personengruppen mit spezifischen Risikomerkmalen mit dem Ziel, riskanten Suchtmittelkonsum zu verhindern indizierte Prävention: Maßnahmen, die sich an Personen richten, die bereits ein manifestes Risikoverhalten aufweisen und einem erhöhten Suchtrisiko ausgesetzt sind Zielgruppe Ziele Leistungen Kinder, Jugendliche und Erwachsene Multiplikatoren (Erzieher/-innen, Lehrer/-innen, Schulsozialarbeiter/-innen, Eltern, Peers, Mitarbeiter/-innen der Kinder- und Jugendhilfe sowie andere Bereiche) Institutionen, Einrichtungen und Betriebe Schaffung eines Problembewusstseins und Interesses an Themen der Gesundheitserziehung und förderung Stärkung der individuellen Kompetenzen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, positive Beeinflussung der Lebenszusammenhänge Erwachsener (z. B. im Rahmen betrieblicher Suchtprävention) Früherkennung und Verhütung von Gefährdungen Fort- und Weiterbildung von Multiplikatoren Weitergabe und Bereitstellung von aktuellem Informationswissen und -material Vernetzung und Kooperation Suchtprävention arbeitet zielorientiert und zielgruppenspezifisch. Bei der Definition der Ziele und der Wahl geeigneter Maßnahmen zu deren Erreichung müssen daher die Situation und die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe sehr genau berücksichtigt werden. In der Stadt Dresden werden folgende Maßnahmen angeboten: Einzelveranstaltungen: - Vorträge, Elternabende, Aktionen, Seminare Projektangebote: - Lebenskompetenzprogramme in Kindertagesstätten und Schulen, Maßnahmen zum präventiven Kinderschutz, das Projekt „HaLT – Hart am LimiT“, Aktionswochen, „Klasse 2000“, „Peer-Projekt zur Punktnüchternheit im Straßenverkehr“, indizierte Präventionsangebote in Kliniken u. a. Schulung und Beratung von Multiplikatoren: - v. a. durch die ansässigen Suchtberatungs- und Behandlungsstellen, die Fachstelle für Suchtprävention im Direktionsbezirk Dresden sowie die Sächsische Bildungsagentur Beratung von Bezugspersonen und Angehörigen Präventionsberatung von Organisationen, Institutionen und Betrieben Erstellung und Bereitstellung von Informationsmaterial Koordination und Kooperation: 116 - Aufbau von Kooperationsbeziehungen und Abstimmung der suchtpräventiven Arbeit im Arbeitskreis „Suchtprävention Dresden“ 117 5.2.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen Grundprinzip Bewertung des Versorgungsstandes Handlungsempfehlungen 1 Gleichstellung psychisch und somatisch erkrankter Menschen Finanzierung der Präventionsmaßnahmen über Gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) unter- zentral über die Kommune zu steuern 2 3 gemeindenahe Versorgung ambulant vor stationär durch Settingansatz gewährleistet keine Bedeutung für Prävention 4 niedrigschwelliger Zugang 5 Umorientierung zu personenzentriertem Versorgungssystem 6 Kooperation Arbeitskreis Suchtprävention als steuerndes Fachgremium vorhanden Umsetzung von Kooperationsvereinbarungen nicht ausreichend gesichert Kooperationsvereinbarungen mit konkreten Zielbestimmungen unterlegen Zusammenarbeit mit Bildungsagentur stärken 7 Förderung der Kontinuität zumeist Projektfinanzierung mit begrenzter Laufzeit – danach können mühevoll aufgebaute Strukturen nicht mehr fortgeführt werden – Bedarfe werden geschaffen, jedoch nicht langfristig bedient keine Projekte sondern stabile finanzielle Strukturen für vorhandene Angebote schaffen 8 Stärken der Selbstbestimmung 9 Hilfepotenzial der Angehörigen Maßnahmen zur Lebenskompetenzförderung sind v. a. im Kita- und Schulbereich vielfältig vorhanden Multiplikatorenschulung findet punktuell statt ressourcenorientierte und ganzheitliche Beachtung der sozialen Lebenswelt (z. B. Einbeziehung des Familiensystems) erfolgt noch unzureichend gesellschaftlicher Auftrag -Verantwortung füreinander übernehmen - wird nicht wahrgenommen 10 Qualitätsentwicklung und -sicherung Qualitätszirkel und Evaluation fehlen Kritik: oftmals erfolgt ein Übertragen von Modellprojekten auf andere Strukturen/Ebenen - hier passen die Gegebenheiten nicht, das Projekt droht zu scheitern 11 Zwangsmaßnahmen vermeiden 12 geschlechtsspezifische Differenzierung der Angebote Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung Prinzip im psychiatrischen Kontext auf Suchtprävention nicht anwendbar - jedoch ist in Gruppenkontexten (z. B. in Schule, Kita usw.) eine persönliche Abwehr des Themas auf Seiten einzelner Personen nicht vermeidbar geschlechtersensible Angebote sind unzureichend vorhanden 13 118 schiedlich bei psychischen und somatischen Erkrankungen geregelt keine vollständige Übersicht zu vorhandenen Angeboten Unklarheiten in Bezug auf Zuständigkeiten im Unterstützungssystem Präventionsangebote meist nur für Jugendliche, weitere Ziel-/Altersgruppen nicht im Fokus passgenaue Hilfen und Unterstützungsangebote anbieten ggf. Weitervermittlung Arbeitskreis, Facharbeitsgemeinschaften und Netzwerke sind strukturell vorhanden, jedoch müssen die strategischen Ziele kontinuierlich inhaltlich weiterentwickelt werden Lebensweltbezug herstellen, Transfer in den Alltag sichern Transparenz bei Angebotsvielfalt schaffen Koordinierungsstelle für Suchtprävention einrichten Koordinierungsstelle für Suchtprävention einrichten (Welche Angebote werden durch wen an welcher Stelle vorgehalten?) Maßnahmen sind vor deren Implementierung auf Ressourcenorientierung, Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit zu prüfen es sind ausreichende finanzielle und zeitliche Mittel zur Verfügung zu stellen, um Qualitätssicherung durchzuführen vor Implementierung von Modellprojekten anderer Regionen sind die Rahmenbedingungen kritisch zu hinterfragen akzeptierender, sensibler Umgang mit Widerstand und Abwehr grundlegende Motivationsarbeit, eine aufgeschlossene Haltung anzunehmen Beachtung des geschlechtsspezifischen Umgangs mit Suchtmitteln und der unterschiedlichen Hintergründe für Suchtverhalten Steuerung über eine einzurichtende Koordinierungsstelle für Suchtprävention Finanzen, Richtlinien sind konzertiert zu implementieren In der Landeshauptstadt Dresden sind im Bereich Suchtprävention eine Vielzahl von Angeboten und Anbietern vorhanden. Eine zentrale Aufgabe wird sein, die Verteilung der Präventionsangebote in Abhängigkeit von Anbieter, Zielgruppe, Erreichbarkeit, Präventionsform (indiziert, selektiv, universell) an veränderte Bedarfe anzupassen und umzusteuern. Dazu ist es notwendig, alle vorhandenen Angebote in der Stadt Dresden zu erheben und auszuwerten. Ein weiterer Schwerpunkt wird dem Thema Qualitätsentwicklung und -sicherung zukommen. Grundlage hierfür bilden die von der DHS veröffentlichten Qualitätsanforderungen in der Suchtprävention, die u. a. Ziele und Settings von Suchtprävention beschreiben sowie Kerninhalte für die Bereiche Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität formulieren (siehe Hallmann, Holterhoff-Schulte, Merfert-Diete, 2007). 119 5.3. Handlungsfeld Suchthilfe 5.3.1. Suchtberatungs- und -behandlungsstellen (SBB) In den zurückliegenden Jahren hat sich in Dresden ein eigenständiges und differenziertes Suchthilfesystem entwickelt. Einen großen Stellenwert nehmen hierbei die ambulanten Suchtberatungs- und behandlungsstellen ein. Sie sind für eine Vielzahl von Menschen erste Anlaufpunkte in der Auseinandersetzung mit und der Bewältigung von Suchtproblemen. Die Angebote der SBB zur Beratung sind niedrigschwellig im Sinne eines bedingungsfreien (kostenfrei nutzbaren, nicht antragsbewehrten, verkehrsgünstig erreichbaren, anonymen) Leistungsangebots. Zu den Aufgaben der SBB zählen neben Aktivitäten auf präventivem Gebiet insbesondere die: Stabilisierung aufgenommener Kontakte umfassende Beratung Diagnostik und Indikationsstellung unter Mitwirkung von Ärzten/-innen, Psychologen/-innen, Sozialpädagogen/-innen, Sozialarbeitern/-innen Motivationsklärung und Motivierung für eine Leistung zur Teilhabe Einbeziehung von Bezugspersonen begleitende Hilfen im sozialen Umfeld (z. B. Sicherung des Arbeitsplatzes) Krisenintervention Vorbereitung und Vermittlung ambulanter oder stationärer Leistungen zur Rehabilitation Einbeziehung und Unterstützung von Selbsthilfeaktivitäten sowie Vermittlung in Selbsthilfegruppen.12 Die SBB erfüllen mit diesem Spektrum einen wichtigen gesundheitlichen Auftrag der Daseinsvorund -fürsorge. Im sächsischen Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten (SächsPsychKG) vom 16.06.1994 werden Menschen mit einer Suchterkrankung den Menschen mit einer psychischen Erkrankung gleichgestellt. Nach § 6 dieses Gesetzes sind die kreisfreien Städte im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit für die Gewährung von Hilfen für diesen Personenkreis und deren Koordination zuständig und haben Suchtberatungs- und -behandlungsstellen zu installieren. Der § 16a des SGB II weist der Landeshauptstadt Dresden einen gesetzlichen Auftrag für die Suchtberatung zu. Die Aufgaben dieser Beratungsstellen können Trägern der freien Wohlfahrtspflege oder gemeinnützigen Institutionen übertragen werden. Dresden weit stehen fünf anerkannte SBB in freier Trägerschaft und eine SBB des Gesundheitsamtes zur Verfügung. Die gegenwärtigen Adressen sind der Anlage 1 zu entnehmen: SBB des Caritasverbandes für Dresden e. V. SBB des Diakonischen Werkes - Stadtmission Dresden e. V. (in Dresden-Mitte und DresdenNeustadt) SBB der GESOP gemeinnützige GmbH SBB HORIZONT der Suchtzentrum Leipzig gGmbH und die Jugend- und Drogenberatungsstelle des Gesundheitsamtes Dresden Die SBB werden durch das Land über die „Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales zur Förderung sozialpsychiatrischer Hilfen, der Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe“ (Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe – RL-PsySu) sowie durch das Gesundheitsamt der Stadt Dresden über die „Richtlinie der Landeshauptstadt Dresden zur Förderung von Suchtberatungs- und -behandlungsstellen in freier Trägerschaft“ (Förderrichtlinie SBB) vom 16. Juni 1994 gefördert. Seit 2005 finanziert das Sozialamt die Suchtberatung für langzeitarbeitslose erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 16a SGB II über eine Zuwendung. Grundlage der Bemessung der Zuwendung ist der prozentuale Anteil der Klienten/-innen im ALG-II-Bezug an der Gesamtzahl der Klienten/-innen der Suchtberatung im Vorjahr.13 12 13 120 Vgl.: Vereinbarung „Abhängigkeitserkrankungen“, abrufbar unter www.dhs.de (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.). Detaillierte Informationen zur Finanzierung der Suchthilfe unter Teil A, Kapitel 5.2. Mit den Trägern der SBB wurden „Versorgungsvereinbarungen zur Bereitstellung von Hilfen und Betreuungs- und Behandlungsangeboten für Suchtgefährdete, Suchtmittelabhängige und Angehörige sowie von Angeboten zur Suchtprävention in der Landeshauptstadt Dresden“ abgeschlossen. Die flankierenden Eingliederungsleistungen nach § 16a SGB II in Verbindung mit § 17 SGB II müssen hier ggf. noch eingearbeitet werden. Entscheidend für eine qualitativ hochwertige Arbeit in den SBB ist die hinreichende Ausstattung mit Fachkräften. Fachlich angemessen ist hier ein Versorgungsgrad von einer Fachkraft pro 20.000 Einwohnern und Einwohnerinnen (SLS 2011:11). Nach RL-PsySu wird derzeit eine Vollzeitfachkraft pro 25.000 Einwohnern und Einwohnerinnen gefördert. Das bundesdeutsche Versorgungsniveau liegt bei 1:15.000, die Empfehlung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. beläuft sich auf einen Versorgungsschlüssel von 1:10.000 (DHS Jahrbuch Sucht 2007: 148). Dresden hält derzeit vor: Vorgehaltene Vollzeitkräfte (VzK) geförderte VzK bei 1:25.000 EW Caritas Diakonisches Werk - Stadtmission Dresden e. V. (Diakonie) Träger der SBB 3,65 VzK 3,65 VzK SBB I SBB II 4,00 VzK 3,00 VzK 4,00 VzK 3,00 VzK GESOP gemeinnützige GmbH Suchtzentrum Leipzig (SZL) 3,5 VzK 4,0 VzK 3,5 VzK 4,0 VzK 18,15 VzK 18,15 VzK 8,05 VzK 2,58 VzK 26,2 VzK 20,73 VzK 1:19.795 1:25.054 Stadtverwaltung Dresden, Gesundheitsamt Jugend- und Drogenberatungsstelle Dresden (JDB) Erreichter Fachkraftschlüssel bei einer Einwohnerzahl von 518.620 Tab. 17: Verteilung der Vollzeitkräfte der SBB. Stand: 30.06.2011, Kommunale Statistikstelle Dresden Wie die Übersicht zeigt, erfüllt Dresden mit den geförderten VzK den vom Land geforderten Fachkraftschlüssel 1:25.000. Perspektivisch ist von zunehmenden Bedarfen aufgrund neuer Suchtformen und steigender Bevölkerungszahlen auszugehen. Die vom Land nicht geförderten zusätzlich vorgehaltenen Fachkräfte in der JDB leisten nur teilweise Beratungstätigkeit, da einige von ihnen schwerpunktmäßig für Präventionsarbeit zuständig sind (siehe Kapitel 3.5: Substanzstörungen bei Kindern und Jugendlichen). Die Suchtberatungs- und -behandlungsstellen verteilen sich gleichmäßig über das Stadtgebiet. Um für die Betroffenen einen anonymen Zugang zu gewährleisten, besteht keine sozialräumliche Einteilung in Versorgungsgebiete. Laut dem Jahresbericht der Suchtkrankenhilfe und Suchtprävention der Landeshauptstadt Dresden konnten im Jahr 2010 durch die SBB über 3.700 Menschen mit suchtspezifischen Problemen betreut werden. Über 76% hatten dabei den ersten Kontakt zu den ambulanten Einrichtungen. Der häufigste Grund, eine SBB aufzusuchen, ist mit 56% ein eigenes Alkoholproblem. Jede/-r sechste Klient/-in (15%) nimmt als Angehöriger oder Bezugsperson Hilfe in Anspruch. Probleme im Bereich der illegalen Drogen stellen mit 23% im sachsenweiten Vergleich (17%) ein überdurchschnittlich hohes Beratungsanliegen in den Dresdner SBB dar. 121 Medikamente; 1% Abb. 15: Betreuungsgrund in den Dresdner SBB im Jahr 2010 Medienkonsum; 1% illegale Drogen; 23% Spielverhalten; 3% Alkohol; 56% Angehörige; 15% Tabak; 1% Quelle: Landeshauptstadt Dresden: Jahresbericht der Suchtkrankenhilfe und Suchtprävention 2010 5.3.1.1. Niedrigschwelliger Kontakt Beschreibung Zielgruppe Ziele Leistungen 122 Niedrigschwellige Kontakte dienen der Sicherung des sozialen, psychischen und physischen Überlebens der Betroffenen. Sie werden oft mit dem Begriff der Schadensminimierung (harm reduction) in Zusammenhang gebracht – einem Konzept, das die Reduzierung der mit dem Substanzkonsum bzw. süchtigem Verhalten verbundenen Gefahren zum Ziel hat. Hierunter fallen alle Maßnahmen, die soziale, psychische oder somatische Risiken senken, ohne dass sie unmittelbar bzw. unbedingt zur Substanzfreiheit beitragen müssen. Menschen mit einer Suchterkrankung und davon gefährdete Menschen, die aktuell keine eindeutige Motivation zur Änderung ihres Konsumverhaltens haben Menschen, die lebenspraktische und suchtspezifische Hilfen benötigen Sicherung des Überlebens Gewährung von Akuthilfen Informationsvermittlung Anbindung an das Hilfesystem (Abbau von Hemmschwellen) soziale und gesundheitliche Stabilisierung Aufbau von Tagesstruktur Aufenthaltsangebote mit lebenspraktischer Hilfe: - Infocafé der Jugend- und Drogenberatungsstelle Dresden (Spritzentausch, Basisversorgung wie Duschen, Essen, Wäsche waschen, Aufnahme sozialer Kontakte) aufsuchende Maßnahmen der Betreuung und Beratung: - Beratung in Haft- und Justizvollzugsanstalten durch Mitarbeiter/-innen der Suchtberatungsstellen der Diakonie-Stadtmission Dresden - Beratung in anderen medizinischen oder (psycho-)sozialen Versorgungsbereichen - Hausbesuche (bei entsprechender Indikation) tagesstrukturierende und Freizeitangebote: - Angebot „frei Zeit“ (gemeinsames Frühstück und anschließende Vormittagsgestaltung) der Suchtberatungsstellen der Diakonie-Stadtmission Dresden - Freizeitbeschäftigung im Rahmen von Hobbygruppe, Gartengruppe, Kellerwerkstatt oder Wandergruppe der SBB des Caritasverbandes Dresden e. V. - „Trocken“-Frühstück der SBB der GESOP gemeinnützige GmbH (Möglichkeit des gemeinsamen Austauschs und zum Aufbau abstinenzstützender Sozialkontakte) - Frühstückstreff der SBB HORIZONT - Begegnungsabend in der Zionskirche (Möglichkeit des Austauschs) durch die Suchtberatungsstellen der Diakonie-Stadtmission Dresden und Selbsthilfegruppen Vermittlung von Übernachtungsangeboten und anderen strukturell notwendigen und weiterführenden Hilfen Krisenintervention und Notfallhilfe „Drink-Less-Programme“ (Reduzierung der Trinkmenge, Punktabstinenz) 5.3.1.2. Beratung, Vermittlungs- und Motivationsarbeit Beschreibung Zielgruppe Professionelle Beratung in Abgrenzung zur alltäglichen Beratung ist eine wissenschaftlich fundierte Entwicklungs- und Lebenshilfe. Beratung setzt voraus, dass ein Beratungsbedarf besteht und dieser gefordert wird oder erarbeitet werden kann. Beratung reicht von Informationsvermittlung, Aufklärung, Orientierung, Sensibilisierung, Motivierung bis hin zur qualifizierten Unterstützung bei der Bearbeitung von Suchtproblemen. Darüber hinaus stellt die Beratung eine unabdingbare Voraussetzung für jede Behandlung im Sinne einer Clearingfunktion dar. Die Beratung in den Dresdner SBB ist kostenfrei nutzbar. Alle Mitarbeiter/-innen unterliegen der Schweigepflicht. Viele von ihnen haben eine spezielle suchttherapeutische Ausbildung absolviert, um fachlich qualifizierte Hilfe anbieten zu können. Die Beratungstätigkeit kann in Form von Einzel-, Paaroder Familiengesprächen und Gruppen durchgeführt werden. alle Menschen mit persönlichem oder anonymem Informations- und/oder Beratungs- sowie Unterstützungsbedarf Bezugspersonen und Angehörige Multiplikatoren Ziele Sensibilisierung gegenüber den Themen Suchtmittelmissbrauch, -abhängigkeit und süchtige Verhaltensweisen Kontaktaufnahme und Beziehungsaufbau im Rahmen des Hilfesystems Erhebung des Hilfebedarfs Informationsgewinn und Aufbau positiver Orientierung auf Abstinenz bzw. risikoarmen Konsum Aufbau von Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft im Sinne der Beförderung des Prozesses von Fremd- zu Eigenmotivation und Eigenverantwortung Therapievermittlung und -vorbereitung Erhalt von und Befähigung zu autonomer Lebensgestaltung Leistungen Clearing: - Erstinformation der Klienten/-innen - Klärung der Problemstellung / Erörterung des Hilfebedarfs - Anamneseerhebung und Diagnostik - Motivations- und Indikationsklärung für weiterführende Hilfen (Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlung) - Krisenintervention - Erstellung eines Beratungsplanes - ggf. Vermittlung in andere Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe - Angehörigenberatung individuelle Beratung und Informationsseminar: - Gruppenarbeit zur Informationsvermittlung - Einzelberatung - Aufbau von Veränderungs- und Behandlungsmotivation Vermittlung in und Begleitung während einer Entwöhnungsbehandlung: - psychosoziale Begutachtung im Rahmen des Antrags zur medizinischen Rehabilitation (Sozialbericht) - Entscheidungshilfe bei der Auswahl der Therapieform (ambulant/stationär oder kombiniert), der Einrichtung sowie Hilfe bei deren Beantragung - Vermittlung in und Begleitung während einer Entgiftungsbehandlung - Behandlungsvorbereitung sowie Vorbereitung nachsorgender Maßnahmen 123 Beratung von ehrenamtlichen Helfern/-innen und Selbsthilfegruppen für Menschen mit einer Suchterkrankung und davon bedrohte Betreuung von Inhaftierten außerhalb der Justizvollzugsanstalt (JVA) 5.3.1.3. Ambulante medizinische Rehabilitation Beschreibung In der Landeshauptstadt Dresden werden von den meisten SBB Leistungen zur ambulanten medizinischen Rehabilitation (auch Entwöhnungsbehandlung oder Suchttherapie genannt) angeboten. Gemäß den Richtlinien der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2006 stellt die ambulante Rehabilitation einen interdisziplinären Arbeitsansatz dar, bei dem aufeinander abgestimmte sozialtherapeutische, psychotherapeutische und medizinische Maßnahmen zum Einsatz kommen. Die Durchführung erfolgt auf der Grundlage eines von den Leistungsträgern (Rentenversicherungen, Krankenkassen) fachlich anerkannten Behandlungskonzeptes mit zusätzlichem Personal in den SBB. Zielgruppe Menschen mit einer Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder Drogen sowie Menschen, die unter Spielsucht leiden, bei denen: - eine ambulante Behandlung Erfolg versprechend erscheint, - dem sozialen Umfeld eine stabilisierende und unterstützende Funktion zukommt, - eine stabile Wohnsituation vorhanden ist, - erkennbar ist, dass die Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit, zur regelmäßigen Teilnahme und zur Einhaltung des Therapieplans in Bezug auf die Anforderungen einer ambulanten Entwöhnung vorhanden ist, - die Bereitschaft und Möglichkeit vorhanden ist, unter ambulanten Bedingungen abstinent zu leben, - ausreichend Motivation vorhanden ist. (Vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 2006: 28) Angehörige und Personen des sozialen Umfelds im Rahmen der Therapie der Rehabilitanden Ziele Leistungen 124 Erarbeitung und Stabilisierung von Abstinenz-, Behandlungs- und Veränderungsmotivation Erwerb von Strategien zur Aufrechterhaltung einer zufriedenen Abstinenz Aufbau aktiver Lebensorientierung Aufbau von Lebensperspektiven Verbesserung des Selbstwertgefühls und der Fähigkeit zur Selbstkontrolle Wiederherstellung bzw. Erhaltung der Erwerbsfähigkeit Wiedereingliederung, Aufbau und/oder Stabilisierung des sozialen Bezugsrahmens Bearbeitung und Lösung von individuellen körperlichen, seelischen und sozialen Problemen und Störungen Durchführung der ambulanten Rehabilitation im Rahmen der einrichtungsspezifischen Anerkennung gemäß den Empfehlungen der Spitzenverbände der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger für die ambulante medizinische Rehabilitation Sucht in Form von: - Gruppen- und Einzeltherapie - Angehörigenarbeit (Paar- und Familiengespräche) - Seminaren und indikativen Gruppenangeboten Kombitherapie (6-8 Wochen stationär, 6-12 Monate ambulant) 5.3.1.4. Psychosoziale Betreuung bei Wiedereingliederung in Arbeit, Sicherung der Abstinenzund Arbeitsfähigkeit (Nachsorge) Beschreibung Zielgruppe Ziele Leistungen Nach Abschluss einer medizinischen Rehabilitation besteht für die Klienten und Klientinnen die Möglichkeit, eine ambulante Nachsorgebehandlung in Anspruch zu nehmen. Diese umfasst alle Angebote, die das Erreichte sichern sollen. Die Nachsorge kann in Form von Einzelgesprächen und/oder in Nachsorgegruppen stattfinden. Alle Dresdner Suchtberatungsstellen halten entsprechende Angebote bereit. Klienten/-innen, die eine Entwöhnungsbehandlung beendet haben Sicherung der bisher erbrachten medizinischen, psychosozialen und beruflichen Eingliederungsleistungen Gewährleistung einer stabilen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben Sicherung des Therapieerfolges Rückfallprävention und -bearbeitung Erhalt der Arbeitsfähigkeit Förderung der Teilnahme an Selbsthilfegruppen individuelle Begleitung und Unterstützung bei der Bewältigung des Lebensalltags und der Beziehungs- und Belastungserfahrungen am Arbeitsplatz Vermittlung weiterer sozialer Hilfen wie Schuldnerberatung oder Selbsthilfegruppen Erarbeitung sicherer Strategien zur Rückfallprophylaxe individuelle Rückfallbearbeitung Unterstützung bei der Erarbeitung eines Krisenplanes unter Einbezug des sozialen Netzwerkes Bearbeitung von Paar- und Familienproblemen Gruppenangebote (Nachsorgegruppen, Cleangruppe) 5.3.1.5. Psychosoziale Betreuung bei Substitutionsgestützter Behandlung Opiatabhängiger Beschreibung Die Behandlung unter Einbeziehung einer Substitution bezieht sich auf die orale Verabreichung von legalen Substanzersatz-Medikamenten (in Deutschland: v. a. Methadon, Levomethadon und Buprenorphin), die geeignet sind, Entzugserscheinungen zu verhindern und das körperliche Verlangen nach Opiaten oder anderen Substanzen einzudämmen. Substitution allein stellt jedoch noch keine ausreichende Behandlung dar. Erst im Zusammenwirken dieses ärztlichen Behandlungsangebotes mit psychosozialer Betreuung (PSB)14 entsteht ein komplexes und integratives Betreuungsangebot, welches es ermöglicht, weiter gefasste Ziele zu erreichen. Im Rahmen eines solchen Konzeptes ist eine Substitution zulässig und als Krankenbehandlung im Sinne des § 27 SGB V für die Gesetzlichen Krankenkassen abrechenbar. Die Finanzierung bezieht sich jedoch ausschließlich auf die ärztliche Behandlung. Die PSB wird von den SBB bisher ohne entsprechende Vergütung erbracht. PSB wird in Dresden von drei SBB (JDB, SBB HORIZONT, Therapieverbund SBB Diakonie Dresden-Mitte und Dresden-Neustadt) angeboten. Sie ist Bestandteil eines umfassenden Therapiekonzeptes und dient neben der medikamentösen Behandlung insbesondere der Stabilisierung in den Bereichen Gesundheit, Finanzen, soziale Absicherung, Beziehungen, Arbeit, Schule, Freizeit, strafrechtliche Situation und Konsumverhalten. Entsprechende Qualitätsstandards zur Durchführung der Psychosozialen Betreuung bei Substitution werden in den Beratungsstellen vorgehalten. Zur Sicherung dieser, zur Vernetzung der SBB untereinander sowie mit den behandelnden Ärzten/-innen hat sich in Dresden der Qualitätszirkel „Psychosoziale Betreuung bei Substitution“ gebildet. Als Synonym wird auch der Begriff Psychosoziale Begleitung genutzt. Die Autoren/-innen haben sich auf die Verwendung des Terminus Psychosoziale Betreuung festgelegt, da dieser in den relevanten Richtlinien und Verordnungen zunehmend verwendet wird. Die PSB steht in keinem Zusammenhang mit einer rechtlichen Betreuung. 14 125 Zielgruppe manifest Opiatabhängige in der vertragsärztlichen Versorgung, bei denen eine Linderung bzw. Verbesserung der sozialen, psychischen und gesundheitlichen Situation mit Hilfe einer solchen Behandlung und Betreuung zu erwarten ist Ziele Verbesserung bzw. Stabilisierung des Gesundheitszustandes Drogenabstinenz sowie Beigebrauchsfreiheit soziale Wiedereingliederung (finanzielle Absicherung, Schuldenregulierung, Klärung der rechtlichen Situation, Vermittlung in andere Dienste, Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt) Leistungen Erstellung eines Behandlungsvertrages regelmäßige Fortschreibung des Hilfebedarfs in den verschiedenen Lebensbereichen individuelle Unterstützung beim Verfolgen der planbaren Ziele der Klienten Reflexion des Konsummusters Unterstützung bei der Entwicklung kommunikativer und sozialer Kompetenzen im Bedarfsfall Vermittlung in Entgiftungsbehandlung bei Beikonsum 5.3.1.6. Angehörigenarbeit Beschreibung Zielgruppe 126 Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit in den SBB liegt in der Begleitung der oftmals Co-abhängigen Angehörigen. Nicht selten sind sie es, welche die Beratungsstellen als erstes aufsuchen und von Überforderung, Erschöpfung, Scham und Verzweiflung berichten. Sie erzählen davon, dass sie nicht mehr wissen, wie sie sich gegenüber ihren betroffenen Partner/-innen, Freunden/-innen, Kollegen/-innen oder Kindern verhalten sollen und in ständiger Sorge leben. Schließlich kann es auch soweit kommen, dass das Leben der Angehörigen ebenfalls ganz durch die Sucht beherrscht wird. Um aus diesem Kreislauf wieder herauszufinden, sich selbst zu stärken und der betroffenen Person ein hilfreiches Gegenüber zu sein, halten die SBB entsprechende Angebote vor. Ein oft vergessenes und schwieriges Feld liegt in der Unterstützung der Kinder von Eltern mit einer Suchterkrankung (siehe 5.6 Exkurs: Betreuung von Suchtmittel konsumierenden und substituierten Schwangeren und Eltern mit Kindern). Angehörige von suchtgefährdeten oder/und Menschen mit einer Suchterkrankung Bezugspersonen wie Arbeitskollegen/-innen, Freunde/-innen, Lehrer/-innen Ziele Information und Aufklärung über Missbrauch und Abhängigkeit Reflexion des co-abhängigen Verhaltens (Aufheben der Isolation, Entlastung) Unterstützung bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten Vermittlung in weiterführende therapeutische Hilfen Leistungen Informationsveranstaltungen Einzelberatung und Angehörigenseminare (Austausch) Vermittlung in entsprechende Selbsthilfegruppen spezielle Angebote für Kinder (z. B. Projekt „Trampolin“ in der Jugend- und Drogenberatungsstelle Dresden) 5.3.1.7. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen 1 Grundprinzip Bewertung des Versorgungsstandes Handlungsempfehlungen Gleichstellung psychisch und somatisch erkrankter Menschen Substitution gemäß SGB V: ist ärztliches Behandlungsangebot, Finanzierung durch GKV geregelt; die für die Substitution notwendige PSB halten die SBB vor, hier ist die Finanzierung keine Leistungspflicht der GKV, es erfolgt ausschließlich Finanzierung über Land/Kommune Nachsorge: Kosten werden bei erfolgreich abgeschlossener stationärer Entwöhnungsbehandlung als med. Reha-Leistung vom Rentenversicherungsträger(RV) übernommen, Kostenübernahme bei Leistungsträger GKV individuell SBB sind in der Stadt Dresden gut erreichbar, das betrifft Beratung/Betreuung/Nachsorge und ambulante Rehabilitation ambulante Rehabilitation ermöglicht Behandlung im sozialen Umfeld unter Beibehaltung der Arbeit Substitution: wird nur durch eine Arztpraxis angeboten, PSB wird von vier SBB angeboten ambulante Angebote für Menschen mit stoffungebundenen Süchten (Kaufsucht, OnlineSpielsucht usw.) sind unzureichend zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit der PSB schaffen 2 gemeindenahe Versorgung 3 ambulant vor stationär Suchthilfesystem ist gut aufeinander abgestimmt alle Angebote (für Einzelne und Gruppen) werden im ambulanten Setting vorgehalten ambulante Hilfen der Beratungsstellen führen indikationsspezifisch zu entsprechenden Behandlungsangeboten multiprofessionelle Teams befördern adäquate, indikationsbezogene Hilfeprozesse 4 niedrigschwelliger Zugang Hilfen, die nicht antragsbewehrt und anonym sind, ermöglichen einen niedrigschwelligen und frühen Zugang zu Suchtberatung gute Erreichbarkeit der Hilfen im Rahmen einer Komm-Struktur es fehlen jedoch Angebote im Rahmen einer Geh-Struktur für schwer erreichbare Menschen mit einer Suchterkrankung (z.B. Klienten/-innen mit Doppeldiagnosen oder sozialen Phobien) sowie derzeit nicht therapiefähige Betroffene flexible Termingestaltung möglich, erweiterte Öffnungszeiten für Berufstätige, Wohnortnähe gewährleistet Bekanntmachung der Angebote über Öffentlichkeitsarbeit, Flyer, Präsentationen im öffentlichem Raum Substitution: aufgrund der hohen Qualitätsstandards des Bundesausschusses der Ärztekammer ist ein niedrigschwelliger Zugang nicht empfehlenswert, die Vorstellung in einer SBB zur Einleitung eines Clearingprozesses ist jedoch jederzeit möglich Klärung der einheitlichen Kostenregelung bei Verantwortlichkeit der GKV Erhalt und Ausbau der Versorgungsstruktur (Absicherung der Beratungsarbeit durch Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen) Verbesserung des Versorgungsschlüssels durch Förderung von mehr Fachkräften mehr niedergelassene Ärzte/-innen für substitutionsgestützte Therapie, Aufbau qualifizierter Substitutionsambulanz Ausbau und Schaffung von Angeboten in den SBB speziell für Menschen mit stoffungebundenen Suchterkrankungen differenziertes Suchthilfesystem erhalten Vernetzung zur ambulanten/stationären medizinischen Versorgung verbessern Case-Management und Hilfeplan für trägerübergreifende Hilfen ausbauen spezifische ambulante Angebote für alte Menschen schaffen Klienten/-innen mit Migrationshintergrund stärker berücksichtigen Durchführung einer Bedarfsanalyse zur Entwicklung niedrigschwelliger Kontaktund Hilfeangebote im Rahmen einer Gehstruktur (z.B. Streetwork) für derzeit nicht therapiefähige sowie schwer erreichbare Menschen mit einer Suchterkrankung (aufsuchende Hilfen) 127 5 Umorientierung zu personenzentriertem Versorgungssystem 6 Kooperation 7 Förderung der Kontinuität 8 Stärken der Selbstbestimmung 9 10 128 institutions- und trägerübergreifende Hilfen sind vorhanden, bei zunehmend schwerwiegenderen Störungsbildern müssen diese Angebote erweitert und spezifiziert werden Behandlungsangebote als Einzelfallberatung möglich, dadurch individueller Behandlungsplan Substitution, PSB: in gegenseitiger Abstimmung zwischen Patient/-in, Arzt/Ärztin und SBB werden individuelle Behandlungspläne erarbeitet und regelmäßig fortgeschrieben, dreimonatige Fallbesprechung in der Arztpraxis gemeinsam mit Patient/-in, Arzt/Ärztin und Mitarbeiter/-in der SBB SBB als zentrale Kompetenzstellen Sucht gute Kooperationsbeziehungen der SBB zu psychiatrischen Krankenhäusern, Einrichtungen der Suchtselbsthilfe (KISS), einzelnen niedergelassenen Fachärzten/-innen und Psychotherapeuten/innen Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Arbeitsagentur durch „Handakte Sucht“ gut geregelt Zusammenarbeit zwischen SBB und Jugendhilfe wird von Seiten der Jugendhilfe sehr unterschiedlich gehandhabt Kooperationsvereinbarung „Drogenhilfe Dresden“ und Qualitätszirkel (Substitution, Kindeswohl) vorhanden langfristige Anbindung für Klienten/-innen zur Verhaltensänderung ist im Suchthilfesystem möglich Förderung der beruflichen und sozialen Wiedereingliederung, Rückfallprophylaxetraining und Freizeitangebote werden angeboten Substitution: regelmäßig (alle 3 Monate) Fallberatung in der Arztpraxis Motivationsarbeit in SBB hilft bei Entwicklung von Eigenmotivation und Selbstbestimmung durch Einbeziehung der Klienten/-innen in Erarbeitung des Behandlungsplanes und Selbsthilfegruppen gewährleistet Selbstbestimmung wird durch Einstellen des Dogenkonsums erst möglich institutions- und trägerübergreifende Hilfen über Hilfeplankonferenzen erweitern und ausbauen, betrifft v. a. Menschen mit multiplem Hilfebedarf (z. B. junge Menschen mit antisozialer Persönlichkeitsakzentuierung) für ambulante/stationäre Reha flexiblere Übergänge schaffen (Zuständigkeit liegt beim RV) Angebot PSB in unmittelbarer Nähe der Substitutionspraxis schaffen, z. B. einen Raum direkt in der Substitutionspraxis bereitstellen Kooperation mit der ambulanten allgemeinärztlichen und zur stationären allgemeinmedizinischen Versorgung ausbauen und intensivieren gesicherte Kooperation mit entsprechenden „Ärztelisten“ schaffen Kooperation mit Jugendämtern erscheint verbesserungswürdig Vernetzung der Arbeit seitens der Jobcenter verbessern Hilfepotenzial der Angehörigen Hilfen für Angehörige werden vorgehalten Einbezug erfolgt regelmäßig in Beratungs- und Therapieprozesse Selbsthilfegruppen für Angehörige von Drogen konsumierenden Klienten schaffen spezifische Angebote für Kinder (Geschwister oder eigene Kinder der Betroffenen) schaffen Qualitätsentwicklung- und sicherung hoher Standard der erbrachten Leistungen durch hohes Ausbildungsniveau der Suchtfachkräfte wurde bislang durch die Richtlinie Psychiatrie/Sucht gefördert ebenso Förderung von regelmäßiger Aus- und Weiterbildungen und externer Supervisionen für alle SBB durch Abrechnung / Epikrisen bei Leistungsträger und Dokumentation gewährleistet Substitution, PSB: Durchführung gemäß den aktuellen Empfehlungen der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. einrichtungsinterne Qualitätskriterien der Jugend- und Drogenberatungsstelle halbjährliche Qualitätszirkel der SBB Umsetzung zu entwickelnder Kriterien für die Prozess- und Ergebnisqualität Entwicklung einrichtungsinterner Qualitätskriterien für alle SBB Finanzierung der Hilfen ohne antragsbewehrte Modelle absichern Absicherung des Fachkraftschlüssels unmittelbare Absprachen mit Substitutionsarzt/-ärztin durch räumliche Nähe schaffen 11 Zwangsmaßnahmen vermeiden 12 geschlechtsspezifische Differenzierung der Angebote 13 Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung Nutzung des einheitlichen Dokumentationssystem Bado-K jährliche Berichterstattung (standardisierter Jahresbericht SBB) guter Ausbau der Beratungshilfen in „Komm-Struktur“ fördert die Aktivierung der Klienten/-innen aufsuchende Hilfen werden durch die SBB indikationsspezifisch erbracht geschlechtsspezifische Angebote sind vorhanden individuelle Behandlungspläne berücksichtigen Geschlechtsspezifik einer Überzahl männlicher Klienten gegenüber stehen weit mehr weibliche als männliche Beraterinnen Gesundheitsamt (Suchtbeauftragte) als zentrale Koordinations- und Steuerungsinstanz Gremien auf städtischer (PSAG, UAG „Sucht“) und Landesebene steuern die städtische Suchthilfearbeit für weitere geschlechtsspezifische Angebote sind personelle Voraussetzungen zu schaffen Planung und Steuerung der Hilfsangebote über die Richtlinie Psychiatrie/Sucht erhalten und verbessern (z. B. Überarbeitung des Punktekataloges) Darstellung der Qualitätsentwicklung und Methoden der Eigenevaluation in den Konzeptionen der SBB sowie deren verbindliche Aufnahme in die städtischen Versorgungsvereinbarungen 129 5.3.2. Mobiler Suchtdienst (MSD) Beschreibung Der Mobile Suchtdienst ist ein Fachdienst für sozial benachteiligte, chronisch mehrfachgeschädigte Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung (CMA). Er ist an die Abteilung Integration und Eingliederungsleistungen (Sachgebiet Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten) des Sozialamtes angebunden und derzeit mit 3 Fachkräften besetzt. Der MSD ist überwiegend aufsuchend tätig, bietet jedoch auch Sprechzeiten im Amt an. Im Jahr 2010 verzeichnete er insgesamt 88 Neuaufnahmen. 42 Klienten/-innen befanden sich in kontinuierlicher Betreuung und 114 Angehörigenberatungen wurden durchgeführt. Zielgruppe erwerbsunfähige Menschen in eigenem Wohnraum mit primärer Suchterkrankung bzw. der Verdachtsdiagnose CMA (chronisch mehrfachgeschädigte Alkoholabhängigkeitskranke) sowie weiteren multikomplexen Problemen deren Angehörige Ziele Beseitigung von Notsituationen und Herstellen eines bedarfsgerechten Hilfenetzwerkes im Einzelfall für unterversorgte Menschen mit einer Suchterkrankung, die chronisch mehrfach geschädigt sind, mit dem Ziel der Integration in vorhandene Hilfestrukturen und Vermeidung von Wohnungslosigkeit sowie Verwahrlosung Befähigung zur Selbsthilfe Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen Leistungen 130 Information, Aufklärung und Beratung von Menschen mit primärer Suchterkrankung und deren Angehörigen Krisenintervention unter Beachtung gesetzlicher Grundlagen Einzelfallhilfe – Einsatz von Case Management - Erheben des Hilfebedarfes - Aktivierung und Unterstützung vorhandener Ressourcen - Vermittlung, Koordinierung und Implementierung von weiteren erforderlichen sozialen Hilfen - Organisation, Leitung und Auswertung von Fallgesprächen - Sicherstellen gesetzlicher Ansprüche - Sicherstellen einer kontinuierlichen medizinischen Versorgung Unterstützungsleistungen - persönliche Unterstützung bei Wohnungsproblemen und der Lebensbewältigung - Training sozialer Fertigkeiten - Begleitung zu Ämtern, Behörden und Institutionen - Strukturierung des Lebensalltages - Entwickeln von Problemlösungsstrategien 5.3.2.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen 2 Grundprinzip Gleichstellung psychisch und somatisch erkrankter Menschen gemeindenahe Versorgung 3 ambulant vor stationär 4 niedrigschwelliger Zugang 5 6 Umorientierung zu personenzentriertem Versorgungssystem Kooperation 7 8 Förderung der Kontinuität Stärken der Selbstbestimmung Motivationsarbeit 9 Hilfepotential der Angehörigen Ressourcen der Hilfebedürftigen werden im Assessment erfragt 10 Qualitätssicherung Fortbildung Case Management regelmäßige Fortbildungen regelmäßige Supervision 11 Zwangsmaßnahmen vermeiden 12 geschlechterspezifische Differenzierung der Angebote Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung 1 13 Bewertung des Versorgungsstandes oftmals Stigmatisierung bei Leistungsträgern und im medizinischen Versorgungsbereich MSD ist zentralisiert MSD leistet aufsuchende Sozialarbeit (im Sozialraum tätig) bei Anzeige (durch Dritte) einer Notlage in der eigenen Häuslichkeit Versorgungsstruktur unzureichend Handlungsempfehlungen Abbau von Desintegration durch Aufklärung MSD ist im Rahmen einer Krisenintervention bzw. Erstkonsultation (Clearing) für alle Personenkreise tätig (SGB II; SGB XII; Rente) MSD leistet aufsuchende Sozialarbeit (im Sozialraum tätig) Case Management als Handlungsansatz differenzierte aufsuchende Angebote im Versorgungsnetz schaffen (z. B. amb. betreutes Wohnen nach § 53 SGB XII für nichtabstinente Hilfebedürftige) Kooperation zu SBB Kooperation zur allgemein- und fachärztlichen Versorgung verbessern MSD ist für männliche und weibliche Hilfebedürftige tätig MSD setzt sich ausschließlich aus weiblichen Beschäftigten zusammen Steuerungsgruppe § 16a SGB II MSD dezentralisieren differenzierte aufsuchende Angebote im Versorgungsnetz schaffen (z. B. ambulant betreutes Wohnen nach § 53 SGB XII für nichtabstinente Hilfebedürftige) Aufbau und Bedienen von Netzwerken in der Gemeinde personelle Aufstockung Entwickeln von Qualitätsstandards für MSD Verbesserung der Steuerung für den Rechtskreis SGB II mit einer eigenen AG Sucht SGB II notwendig 131 5.3.3. Medizinische Versorgung Niedergelassene Ärzte und Ärztinnen sind vielfach erste Anlaufstelle für Abhängigkeitskranke bzw. gefährdete. Blutwerte, Allgemeinzustand, körperliche und seelische Erkrankungen usw. können den Hausarzt bzw. die Hausärztin auf eine Suchtmittelproblematik aufmerksam machen und entsprechende Interventionen anstoßen. Eine Überweisung zu Fachärzten/-innen (für Suchtmedizin/Psychiatrie und Psychotherapie/Neurologie und Psychiatrie) ist angezeigt. Hier kann es bei Bedarf zu einer medikamentösen Behandlung von z. B. affektiven Störungen oder auch Suchtdruck kommen und die ambulante therapeutische Behandlung durchgeführt werden. Die Phase der Entgiftung (auch Entzugsbehandlung genannt) findet in den Entgiftungsstationen der psychiatrischen Kliniken, aber auch in den Allgemeinkrankenhäusern (unter Umständen zunächst unerkannt) statt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann diese auch ambulant durchgeführt werden. In der gesamten Phase der Behandlung spielen die SBB im Rahmen der psychosozialen Begleitung eine wesentliche Rolle. Sie sollten die Klienten und Klientinnen beratend und motivierend begleiten und mit dem medizinischen Versorgungssystem in Kontakt stehen. Eine entsprechend enge Zusammenarbeit mit regelmäßigen Arbeitstreffen besteht zwischen den SBB mit dem Städtischen Krankenhaus Dresden-Neustadt sowie dem Universitätsklinikum. Im Anschluss an die Entgiftungsbehandlung soll sich bei entsprechender Motivation des Abhängigkeitskranken eine erforderliche Entwöhnungsbehandlung anschließen. Diese kann entweder ambulant (siehe Kapitel 4.3.1.) oder stationär durchgeführt werden. 5.3.3.1. Ambulante medizinische Versorgung Beschreibung Zielgruppe Ziele Leistungsinhalte 132 Die ambulante medizinische Versorgung im Sinne der Früherkennung und Behandlung von Komorbidität, ambulanter Entgiftung sowie Substitutionsbehandlung ist in einem bedarfsorientierten kommunalen Suchthilfenetz ein wesentlicher Bestandteil. Fließende bzw. flexible Übergänge zwischen ambulanter, teilstationärer und stationärer Behandlung sollten möglich sein. Personen mit substanzbezogenen Störungen Opiatabhängige nach erfolglosen Abstinenztherapien Substanzabhängige (die sich noch nicht in der chronischen Phase befinden), die eine Entgiftung nach medizinischer Abklärung auf ambulantem Wege durchführen können Herstellung und Aufrechterhaltung des Kontakts zu nicht oder nur schwer erreichbaren Substanzabhängigen Information über Risiken und Vermeidung von Infektionen (Hepatitis, HIV) und anderen Erkrankungen Früherkennung von Krankheiten ärztliche und pflegerische Behandlung zur Minderung gesundheitlicher Folgeschäden Sicherung des Überlebens und Stabilisierung der Gesundheit Wiederherstellung der (Betäubungsmittel-)Abstinenz Durchführung medizinischer Basisversorgung und notwendiger Untersuchungen individuelle Beratung zum HIV-Antikörpertest, Hepatitis-Test Substitutionsbehandlung ambulante Entgiftungsbehandlung (mit Unterstützung von Medikamenten und Suchtakupunktur) bei niedergelassenen Ärzten/-innen oder unter Anleitung eines Arztes bzw. einer Ärztin in der Beratungsstelle medizinische und therapeutische Behandlung in Institutsambulanzen 5.3.3.2. Stationäre medizinische Versorgung Beschreibung Zielgruppe Ziele Leistungen Die stationäre medizinische Versorgung stellt einen wichtigen Teil im Suchthilfesystem dar. Suchtspezifische Krankenhausbehandlungen erfolgen voll- oder teilstationär. Unterschieden wird hierbei im Wesentlichen zwischen einer reinen Detoxikation und einer qualifizierten Entgiftungsbehandlung (siehe Punkt a). Letztere kann aufgrund der dazu notwendigen Personalstruktur nur von psychiatrischen Abteilungen/Kliniken durchgeführt werden. Entgiftungsbehandlungen dauern, indikationsbezogen, von wenigen Tagen bis zu drei Wochen. Während der Behandlung wird das Suchtmittel abgesetzt. Der Patient oder die Patientin steht in dieser Zeit unter ständiger ärztlicher Behandlung und pflegerischer Betreuung. Eine qualifizierte Entgiftungsbehandlung zeichnet sich dadurch aus, dass die Entgiftung von motivierenden und psychosozialen Leistungen begleitet wird. Insbesondere werden die Motivation zu einer abstinenten Lebensweise und die Bereitschaft zu einer Entwöhnungsbehandlung (siehe Punkt b) gefördert. a) Entgiftung Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung, bei denen aufgrund einer Toleranzentwicklung bei Substanzabsetzung mit relevanten Entzugserscheinungen zu rechnen ist (z. B. komatöse Zustände, Delir, Krampfanfälle) sowie mit erheblichen psychiatrischen Komplikationen (z. B. Derealisation und Depersonalisation im Benzodiazepinentzug) Suchtmittelabstinenz Motivation zur Inanspruchnahme suchtspezifischer Hilfen Überwindung des körperlichen Entzugssyndroms und Wiederherstellung der körperlichen und psychischen Leistungsfähigkeit (Erwerbsfähigkeit) Behandlung der durch das Suchtmittel verursachten somatischen Erkrankungen Notfallbehandlung (z. B. Unfälle durch Suchtmittelmissbrauch) ärztliche Behandlung unter Einbeziehung entzugserleichternder medizinischer Verfahren Gruppen- und Einzelgespräche Beschäftigungstherapie und Freizeitbeschäftigung Vorstellung von SBB und Selbsthilfegruppen Neben der S1-Regelbehandlung (auch qualifizierte Entgiftungs- und Motivationsbehandlung genannt) halten die psychiatrischen Kliniken mit suchttherapeutischer Station noch weitere Angebote für ihre Patienten/-innen bereit. Nach der Psychiatrie-Personalverordnung sind dies die: S2: Intensivbehandlung Abhängigkeitskranker inkl. Behandlung Drogenabhängiger (Delirbehandlung, Krisenbewältigung) S3: rehabilitative Behandlung inkl. Entwöhnungsbehandlung S4: langandauernde Behandlung schwer- und mehrfachgeschädigter Abhängigkeitskranker S5: Psychotherapie Abhängigkeitskranker S6: tagesklinische Behandlung Auch gibt es in Dresden die Möglichkeit zur stationären Behandlung von Essstörungen (Universitätsklinikum Dresden). Zielgruppe b) Stationäre medizinische Rehabilitation Menschen mit einer Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten oder Drogen sowie Menschen, die unter Verhaltenssüchten (Spielsucht, Ess-Brech-Sucht) leiden, bei denen: - schwere Störungen auf seelischem, körperlichem oder sozialem Gebiet bestehen, die den Erfolg einer ambulante Rehabilitation in Frage stellen, - die Herausnahme aus dem pathogenen sozialen Umfeld erforderlich ist, um den Rehabilitationserfolg zu sichern, - spezifische Leistungen zur Vorbereitung einer beruflichen Wiedereingliederung notwendig sind, 133 - keine stabile Wohnsituation vorhanden ist, - erkennbar ist, dass die Fähigkeit zur aktiven Mitarbeit, zur regelmäßigen Teilnahme und zur Einhaltung des Therapieplans in Bezug auf die Anforderungen einer ambulanten Entwöhnung nicht vorhanden ist, - die Bereitschaft und Möglichkeit nicht gegeben ist, während einer ambulanten Entwöhnung abstinent zu leben. (Vgl. BAR 2006: 28). Angehörige und Personen des sozialen Umfeldes im Rahmen der Therapie der Rehabilitanden Ziele Leistungen Erarbeitung und Stabilisierung von Abstinenz-, Behandlungs- und Veränderungsmotivation Behebung oder Ausgleich von körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen möglichst dauerhafte Erhaltung bzw. Erreichung der Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft Stationäre Entwöhnungsbehandlungen werden in speziellen Fachkliniken durchgeführt. In Sachsen stehen für den Bereich illegale Drogen, Alkohol, Medikamente, pathologisches Glücksspiel / Internetsucht entsprechende Suchtfachkliniken mit ausreichenden Therapieplätzen zur Verfügung.15 Die stationäre Behandlung dauert in Abhängigkeit von der Indikationsstellung i. d. R. zwischen 3 und 9 Monaten, bei Bedarf schließt sich eine Adaptionsbehandlung zur Unterstützung der Re-Integration an. Die Kosten der Entwöhnungsbehandlung trägt entweder der zuständige Rentenversicherungsträger oder auch die Krankenkasse bzw. der Sozialhilfeträger. Zu den therapeutischen Standardangeboten bei der Rehabilitation gehören neben der ärztlichen Behandlung insbesondere Gruppen- und Einzeltherapie Angehörigenarbeit (Paar- und Familiengespräche) Seminare und indikative Gruppenangebote nonverbale Therapieformen (Kunst- und Musiktherapie) Arbeits- und Beschäftigungstherapie Sport- und Bewegungstherapie 15 Eine Übersicht über vorhandene Suchtfachkliniken in Sachsen bietet das Adressverzeichnis “Wege aus der Sucht” der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V. unter www.suchthilfe-sachsen.de. In Dresden existieren keine entsprechenden Einrichtungen. 134 5.3.3.3. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen Grundprinzip Bewertung des Versorgungsstandes Handlungsempfehlungen 1 Gleichstellung psychisch und somatisch erkrankter Menschen Versorgung der chronischen Abhängigkeitskranken und CMA-Patienten/innen z. B. in den Hausarztpraxen nicht ausreichend bzw. ablehnend mangelndes suchtmedizinisches Wissen bei den Hausärzten/-innen zu wenig suchtmedizinisch ausgebildete Ärzte/-innen und Fachärzte/-innen oftmals Stigmatisierung von Betroffenen suchtspezifische Fortbildung des medizinischen Personals 2 gemeindenahe Versorgung 3 ambulant vor stationär keine qualifizierte Entzugsbehandlung in städtischen Krankenhäusern für Drogenabhängige wenig S2-S5-Behandlungen in den städtischen Krankenhäusern angeboten wenig niedergelassene Psychiater/-innen mit suchtmedizinischem Wissen bei stationärem Psychotherapiebedarf lange Wartezeiten Substitution wird nur durch eine Arztpraxis geleistet keine Angebote für Menschen mit einer Suchterkrankung mit Doppeldiagnosen oder schweren Persönlichkeitsstörungen vorhanden keine teilstationären Angebote (S6 / Tagesklinik) für die Rehabilitation vorhanden ambulante Reha wird durch vier SBB angeboten, aber nicht für Jugendliche unter 18 Jahren lange Wartezeiten bei weiterführendem psychotherapeutischem Bedarf (zur Sicherung des Behandlungserfolgs) 4 5 niedrigschwelliger Zugang Umorientierung zu personenzentriertem Versorgungssystem in Arztpraxen, Krankenhäusern und Kliniken nicht möglich wird durch unterschiedliche Leistungsträger in der Behandlungskette erschwert 6 Kooperation zur Vermeidung von „Drehtüreffekten“: gemeinsame QZ Fachärzte/-innen (z. B. Gynäkologen, Zahnärzte) und Hebammen mit suchtmedizinischem Wissen ausstatten gesicherte Kooperation mit entsprechenden „Ärztelisten“ schaffen Vernetzung mit Hausärzten/-innen und Fachärzten/-innen befördern 7 Förderung der Kontinuität innerhalb der PSAG durch Informationsgruppen der SBB in den Krankenhäusern gemeinsame Qualitätszirkel (QZ) zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen fehlen Kooperation zwischen psychiatrischen Kliniken und SBB gut geregelt wenig Kooperationsmöglichkeiten mit niedergelassenen Ärzten/-innen durch Leistungsträger (GKV und DRV) gegeben 8 9 Stärken der Selbstbestimmung Hilfepotenzial der Angehörigen Einbeziehung der Angehörigen in der ambulanten und stationären Rehabili- Psychoedukation sowie regelmäßige Angehörigen- und Familiengespräche sind durchzuführen S1-Regelbehandlung für Drogenabhängige sowie für unter 18-Jährige einführen die S2-S5-Behandlung ist auszubauen Verkürzung der Wartezeiten bei psychiatrischer Mitbehandlung Erhöhung der Aufnahmekapazität im stationären psychotherapeutischen Bereich mehr niedergelassene Ärzte für Substitutionstherapie gezielte Angebote für Doppeldiagnose-Patienten/-innen schaffen Aufbau einer Tagesklinik für Abhängigkeitskranke ambulante/teilstationäre Suchttherapie für unter 18-Jährige ist anzubieten (Leistungsträger: Jugendhilfe / GKV) Substitutionsambulanz aufbauen bei Bedarf schnellere Vorstellung bei niedergelassenen Psychotherapeuten/-innen, um z. B. eine erneute Klinikeinlieferung zu vermeiden flexible Übergänge zwischen ambulanten und stationären Settings schaffen keine weiteren finanziellen Kürzungen, die sich auf Dauer und Qualität der medizinischen Behandlung/Rehabilitation auswirken, da auch so „Drehtüreffekte“ bzw. keine nachhaltige Wirkung 135 10 Qualitätssicherung 11 12 Zwangsmaßnahmen vermeiden geschlechtsspezifische Differenzierung der Angebote 13 Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung 136 tation vorhanden, jedoch unzureichend über GKV und DRV nicht vorhanden 5.3.4. Soziale Wiedereingliederung Eine Suchterkrankung geht oft mit erheblichen gesundheitlichen Schädigungen, Vernachlässigung der Selbstfürsorge und zunehmendem sozialen Rückzug einher. Wichtige soziale, berufliche oder FreizeitAktivitäten werden aufgrund des Suchtmittelkonsums aufgegeben oder eingeschränkt. Bei langjähriger Abhängigkeit und/oder ausgeprägter Suchtproblematik fallen die psychischen, physischen und sozialen Schädigungen umso massiver aus. Im Zuge der medizinisch-therapeutischen Behandlung einer Suchterkrankung stehen die Entwicklung, Erprobung und Verankerung suchtmittelfreier Handlungsweisen im Lebensalltag und -umfeld des Betroffenen im Vordergrund. Um diese Ziele realisieren zu können, ist oft eine drastische Umgestaltung von bisherigen Lebensgewohnheiten und -bedingungen notwendig. Fast immer erfordert diese Neuorientierung ein Umdenken des Betroffenen hin zu mehr Übernahme von Eigenaktivität, Selbstverantwortung und gesundheitsbewusstem Handeln. Ein Teil der Menschen mit Suchterkrankung benötigt während der Motivations-, Behandlungs- und Nachsorgephase daher zusätzliche Unterstützung. Hier setzen Maßnahmen zur sozialen Wiedereingliederung an. Diese „werden auf vielfältige Weise geleistet: als Unterstützung bei der Freizeitgestaltung und dem Aufbau von Beziehungen, als Betreutes Wohnen und wohnungssichernde Hilfe, als Vermittlung und begleitende Beratung und Betreuung in schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen, als Vermittlung und begleitende Beratung und Betreuung in Arbeit und Beschäftigung, als Krisenintervention und Rückfallprophylaxe“ (Türk/Kröger 1999: 60). Ziele der Integrationsmaßnahmen sind dabei, die Klienten/-innen zu motivieren und zu unterstützen, sich mit den Anforderungen des Alltags auseinander zu setzten und sie konstruktiv zu bewältigen. In diesem Handlungsfeld kommt dem Case Management als einer Arbeitsform für die einrichtungsübergreifende Beratung und Betreuung eine sehr bedeutsame Rolle zu. 5.3.4.1. Wohnhilfen Beschreibung Zielgruppe Wohnhilfen für Menschen mit einer Abhängigkeitserkranung bieten Unterstützung bei der Bewältigung alltäglich notwendiger Belange, Tagesstrukturierung und soziale Einbindung mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Sie umfassen Angebote im Spektrum von Notschlafstellen, Motivationswohnen bis hin zu verschiedenen Formen des betreuten Wohnens in der Nachsorge. abhängig vom jeweiligen Angebot Ziele in Abhängigkeit vom jeweiligen Angebot Festigung der Abstinenz Stärkung der Therapiemotivation Stabilisierung nach erfolgter Behandlung und Reintegration in ein selbstständiges Leben (Alltagsstrukturierung, Wohnen, Beschäftigung) Training sozialer Kompetenzen und Erlernen eines Umgangs mit der Suchterkrankung im Alltag Unterstützung/Betreuung/Begleitung chronisch Abhängiger zur Stabilisierung und Vermeidung eines weiteren sozialen Abstiegs und/oder gesundheitlicher Schäden Leistungen 1. stationäre Angebote Wohngruppe „T 6“ der RaSop gGmbH - für Menschen mit einer Suchterkrankung und Verhaltensauffälligkeiten nach Entzugsbehandlung oder abgebrochener Therapie im Alter von 14 bis 27 Jahren, auch mit Doppeldiagnose - 5 Plätze Wohngruppe „L 26“ der RaSop gGmbH - für Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 17 und 27 Jahren nach erfolgreich abgeschlossener Entwöhnungstherapie oder auch Adaptionsbehandlung - 5 Plätze 137 Wohnprojekt „Ufer“ der Suchtzentrum Leipzig gGmbH - für nicht abstinente, chronisch mehrfachgeschädigte Männer und Frauen mit einer Abhängigkeitserkrankung aller Altersgruppen, die nicht in der Lage sind, selbstständig zu leben - 28 Plätze Übernachtungs- und Notunterkunft „Anker“ der Suchtzentrum Leipzig gGmbH - das Angebot richtet sich u. a. auch an wohnungslose alkoholkranke Männer und Frauen, bei denen in unterschiedlicher Ausprägung Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags bestehen 2. ambulante Angebote ambulante Eingliederungshilfe der RaSop gGmbH - für junge Menschen im Alter von 17 bis 27 Jahren nach erfolgreich absolvierter Entwöhnungsbehandlung (Drogen oder Alkohol), auch mit Doppeldiagnose - Betreuung im eigenen oder angemieteten Wohnraum der RaSop ambulante Eingliederungshilfe für junge Familien der RaSop gGmbH - für Väter und Mütter nach erfolgreich abgeschlossener Entzugsbehandlung im Alter von 16 bis 27 Jahren mit ihren Kindern ambulant betreutes Wohnen der Suchtzentrum Leipzig gGmbH - für abstinent lebende und abstinenzorientierte Menschen - 24 Betreuungsplätze ambulant betreutes Einzelwohnen für Menschen mit einer chronischen psychischen Erkrankung oder Doppeldiagnose (psychische Erkrankung und Suchterkrankung) der GESOP gemeinnützige GmbH - Voraussetzung: Abstinenzfähigkeit und -motivation vorhanden 5.3.4.2. Arbeits- und Beschäftigungsangebote und -projekte Beschreibung Zielgruppe 138 Arbeit bzw. Beschäftigung ist ein wichtiger Faktor für eine zufriedene Lebensweise aufgrund der Sinngebung, der sozialen Einbindung und der tagesstrukturierenden Funktion. 51,6% der Menschen mit Suchterkrankung in den sächsischen Beratungsstellen sind arbeitslos, 14,9% sind berentet oder sonstige Nichterwerbspersonen und nur 33,5% gehen einer Erwerbsarbeit nach. (Vgl. Pfeiffer-Gerschel 2010) Zum Teil wurde der Arbeitsplatz durch den Suchtmittelkonsum verloren, zum Teil begann der exzessive Konsum erst in Folge des Arbeitsplatzverlustes. Fortgesetzter Suchtmittelkonsum wiederum ist ein ernstes Vermittlungshemmnis bei dem Versuch der Wiedererlangung einer Arbeitsstelle. Qualifizierte Arbeits- und Beschäftigungsprojekte können für Betroffene ein Anreiz sein, das Suchtproblem zu bearbeiten und zu bewältigen, um wieder eine berufliche Perspektive zu finden. Häufig muss aufgrund der langen Arbeitslosigkeit und der körperlichen Konsumfolgen das Arbeiten erst wieder erlernt werden (Ausdauer, Konzentration, Leistungsfähigkeit, Teamfähigkeit). In manchen Fällen ist eine Umschulung notwendig, weil ein offener Umgang mit Alkohol oder körperliche Anforderung des jeweiligen Berufs für den Betroffenen nicht mehr zumutbar sind. Nach erfolgreicher Bearbeitung des Suchtproblems hat Arbeit bzw. Beschäftigung eine sehr wichtige stabilisierende Funktion für die Fortdauer der Abstinenz. Damit Arbeits- und Beschäftigungsprojekte wirksam sein können, ist die Einhaltung spezifischer Qualitätsstandards unbedingt erforderlich. Aus diesem Grund haben die Leiterinnen und Leiter der Dresdner Suchtberatungsstellen allgemeine Qualitätsanforderungen an Arbeitsprojekte für Menschen mit Suchterkrankung formuliert. Hierzu gehören beispielsweise transparente Rückfallbearbeitungskonzepte, individuelle Vereinbarungen zur parallelen Bearbeitung der Suchtmittelproblematik und das Abstinenzgebot am Arbeitsplatz. Bei Nicht-Einhaltung dieser Anforderungen kann ein Beschäftigungsprojekt die Konsumphase verlängern und die Behandlungsmotivation reduzieren oder zu einem Rückfall führen. abhängig vom jeweiligen Angebot Ziele Leistungen abhängig vom jeweiligen Angebot Unterstützung bei der erfolgreichen Bewältigung des Suchtmittelproblems Heranführung an den 1. Arbeitsmarkt Verhinderung weiterer sozialer und körperlicher Folgeschäden 1. Beschäftigungsprojekte für Menschen mit einer Suchterkrankung nach erfolgreicher Entwöhnungsbehandlung - für abstinent lebende Menschen mit Suchterkrankung nach Entwöhnungsbehandlung - zur Stabilisierung der Abstinenz - zur Unterstützung der Wiedereingliederung in den 1. Arbeitsmarkt - Alkohol- und Drogenverbot am Arbeitsplatz - verbindliche Regelungen bei Rückfällen - Projektbetreuer mit suchtspezifischem Erfahrungshintergrund - Arbeitsgelegenheiten (1,75€-Job) – Anbieter derzeit nur INTHIS-Diakoniewerkstatt mit 12 Plätzen - geringfügige Beschäftigung – Anbieter derzeit nur INTHIS mit ca. 8 Plätzen 2. Beschäftigungsprojekte für Menschen mit einer Suchterkrankung in der Motivationsphase - für Betroffene mit Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Suchtmittelkonsum - für Betroffene in Therapievorbereitungszeit - zur Klärung/Erlangung der Ausbildungs-/Arbeitsfähigkeit - zur Tagesstrukturierung und Aufrechterhaltung der Kontakte zur SBB - zur Stabilisierung und Vorbereitung einer Entwöhnungsbehandlung - Alkohol- und Drogenverbot am Arbeitsplatz - Projektbetreuer mit suchtspezifischem Erfahrungshintergrund - Arbeitsgelegenheiten (1,75€-Job) - Personen aus dieser Gruppe werden von dem Jobcenter in das INTHIS Projekt (siehe unter Punkt 1.) vermittelt 3. Beschäftigungsprojekte zur Problemdiagnostik - für Kunden des Jobcenters mit offensichtlichem oder vermutetem Suchtproblem, die keine Problemeinsicht haben und eine Vermittlung in das Suchthilfesystem ablehnen - zur Erprobung der Auswirkung des Suchtmittelkonsums auf die Arbeitsfähigkeit - zur Herstellung von Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft - zur Heranführung an das Suchthilfesystem - Alkohol- und Drogenverbot am Arbeitsplatz - Projektbetreuer/-in mit suchtspezifischem Erfahrungshintergrund - Arbeitsgelegenheiten (1,75€-Job) 4. Beschäftigungsprojekte für konsumierende Menschen mit einer Suchterkrankung - für (im öffentlichen Raum) konsumierende Menschen mit Suchterkrankung ohne Behandlungsbereitschaft - zur Heranführung an das Suchthilfesystem - zur Tagesstrukturierung und Reduzierung der Konsummenge - zur gesundheitlichen Stabilisierung und Feststellung der Arbeitsfähigkeit - Beschäftigung mit leichten Tätigkeiten auch bei einer Intoxikation bis zu 1 Promille - Aufwandsentschädigung wird täglich nach der Arbeit bar ausgezahlt - Projektbetreuer/-in mit suchtspezifischem Erfahrungshintergrund - Arbeitsgelegenheiten – in Dresden bisher keine Projektförderung 5. Umschulung und berufliche Wiedereingliederungsleistungen - für abstinent lebende Menschen mit einer Suchterkrankung (nach einer Entwöhnungsbehandlung), die keine Ausbildung haben, in ihrem bisherigen Beruf nicht mehr arbeiten können oder schwer vermittelbar sind - zur Wiedereingliederung in den 1. Arbeitsmarkt - Ausbildung, Umschulung, Weiterbildung - anteilige Förderung der Lohnkosten bei einem zukünftigen Arbeitgeber - durch Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke, Integrationsämter (Integrationsprojekte), Werkstätten 139 5.3.4.3. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen Grundprinzip Bewertung des Versorgungsstandes Handlungsempfehlungen 1 Gleichstellung psychisch und somatisch erkrankter Menschen Werkstattplätze nicht vorhanden – sind auf Arbeitsgelegenheiten (AGH) angewiesen („nur“) Suchterkrankung ist oft Ausschlusskriterium für Aufnahme in Wohnprojekte Werkstattplätze für stärker beeinträchtigte Betroffene könnten sinnvoll sein konzeptionelle Überarbeitung/Erweiterung/Öffnung von Wohnprojekten 2 gemeindenahe Versorgung neue finanzielle Grundlage für Arbeitsprojekte (für jede Zielgruppe s. o. Leistungen) schaffen Erweiterung der Versorgungsstruktur von Wohnformen, z. B.: - Einrichtung für abstinente CMA-Suchtkranke sowie für nichtabstinente pflegebedürftige CMA-Patienten/-innen schaffen - Erhöhung der Aufnahmekapazität von abW (z. B. im Wohnverbund oder Familien der GESOP gemeinnützige GmbH) - betreutes Wohnen für Substituierte (Eltern mit Kindern) - Klärung der Kostenübernahme für Drogenscreenings (insb. bei Jugendlichen und Mutter-Kind Wohnen) - Absicherung der Finanzierung des stationär betreuten Wohnens im Drogenbereich - Betreuung junger psychisch und suchterkrankter Menschen mit tagesstrukturierenden Angeboten ermöglichen - Aufbau der geplanten Sozialtherapeutischen Wohnstätte in Dresden-Klotzsche (u. a. mit Konzept für erwachsene Menschen mit Doppeldiagnose Sucht und Psychose) 3 ambulant vor stationär 4 niedrigschwelliger Zugang Arbeiten: es gibt zu wenige Arbeitsprojekte für Menschen mit einer Suchterkrankung: - DD hält nur ein Projekt für abstinente Menschen mit Alkoholabhängigkeit vor, dessen Finanzierung bedroht ist - keine Arbeitsprojekte für Drogen konsumierende (bzw. drogencleane) Jugendliche - keine Arbeitsprojekte für Substituierte Wohnen: es gibt zu wenige Wohnformen für Menschen mit einer Suchterkrankung: - keine „trockene“ CMA-Einrichtung in DD (alle außerhalb mit langen Anfahrtswegen) - keine Pflegeeinrichtung für nichttrockene CMA-Patienten/-innen - zu wenige Plätze im ambulant betreuten Wohnen (abW) - keine Wohnprojekte für Substituierte, die im Behandlungskontext stehen - Kostenübernahme von Drogenscreenings im stationären/ambulanten Wohnen und bei Elternschaft ungeklärt, aber als Kontrollmechanismus wichtig - spezielle Angebote für junge Menschen mit einer psychischen und Suchterkrankung sind unzureichend - Versorgungslücke im abW für Menschen mit Doppeldiagnose bezüglich Arbeit nicht relevant dem Prinzip ambulant vor stationär wird im Bereich Wohnen nicht Rechnung getragen (zu wenige Angebote, andere Prioritätensetzung von Leistungsträgern?) Arbeitsprojekte im Drogenbereich und für konsumierende Menschen mit einer Suchterkrankung fehlen z. T. komplizierte, langwierige Beantragungswege und -zeiten, Unklarheiten der Zuständigkeit von Leistungsträgern bei der Wiedereingliederung in Arbeit 5 Umorientierung zu personenzentriertem Versorgungssystem Arbeitsprojekte für Menschen mit einer Suchterkrankung genügen zumeist den Qualitätskriterien nicht Arbeitsprojekte nach den o. g. Zielgruppen (unter Leistungen) einrichten 6 Kooperation vorhanden zwischen Anbietern von Arbeitsprojekten und Jobcenter; SBB werden nur teilweise informiert Verbesserung der Zusammenarbeit auch durch Gremientreffen zwischen Jobcenter und SBB 140 Verbesserung des Prestiges ambulanter Hilfen zur Sicherung der Finanzierung Arbeitsprojekte im Drogenbereich und für konsumierende Menschen mit einer Suchterkrankung einrichten Beschäftigungsprojekte mit Zuverdienstmöglichkeit einrichten Vereinfachung von Beantragungswegen 7 Förderung der Kontinuität 8 Stärken der Selbstbestimmung im Bedarfsfall zwischen Anbietern von Wohnformen und Suchthilfesystem vorhanden INTHIS bietet geeignete Arbeitsgelegenheiten und vermittelt auf den 1. Arbeitsmarkt abhängig von Finanzierung Einbezug der SBB und Gesundheitsbehörden (Begutachtung) durch gezielte Klientenvermittlung Finanzierung der Projekte von INTHIS erhalten und eher auf Arbeitsgelegenheiten für andere Zielgruppen ausbauen Sicherung der Finanzierung, Erschließung neuer Fördermittel Arbeit stärkt die innere Motivation und die finanziellen Möglichkeiten eines selbstbestimmten Lebens Ziel aller Wohnformen ist die Befähigung zur gleichberechtigten, selbstbestimmten und aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bei Arbeit nicht relevant Ausbau von Arbeitsangeboten für Menschen mit einer Suchterkrankung sollten von allen Anbietern und den Leistungsträgern berücksichtigt werden Ausbau von Wohnformen für hilfebedürftige Menschen mit einer Suchterkrankung 9 Hilfepotenzial der Angehörigen 10 Qualitätssicherung 11 Zwangsmaßnahmen vermeiden formulierte Qualitätsstandards sind für Arbeitsprojekte und Wohnformen vorhanden bei Arbeit und Wohnen nicht relevant 12 geschlechtsspezifische Differenzierung der Angebote bisher gibt es weniger Arbeitsgelegenheiten für betroffene Frauen als für Männer geschlechtsspezifische Wohnformen gibt es in DD nicht Einrichtung geschlechtsspezifischer Arbeitsgelegenheiten Einrichtung geschlechtsspezifischer Wohnformen gegenwärtig nicht relevant 13 Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung für den Bereich Arbeit erfolgt dies über das Jobcenter stärkere Einbeziehung der Suchtberatungsstellen 141 5.4. Selbsthilfegruppen Beschreibung Zielgruppe 142 Neben den ambulanten und stationären (professionellen) Beratungs-/Behandlungs-, und Betreuungsangeboten fungiert die Selbsthilfe als gleichwertige dritte Säule im System der Suchthilfe. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag bei der Motivation zur Veränderung und Stützung der Abstinenz von Betroffenen. In Dresden existieren derzeit ca. 30 Gruppen. Neben der dominierenden Zahl von Selbsthilfegruppen für alkoholbedingte Abhängigkeitserkrankungen etablieren sich zunehmend SHG für andere Abhängigkeitserkrankungen bzw. für spezielle Zielgruppen. Die Vermittlung in die Gruppen erfolgt über die Suchtberatungsstellen und die Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen KISS in Dresden (siehe Kapitel 6). Letztere gibt einen Flyer heraus, der in öffentlichen Einrichtungen ausliegt. Aber auch Kliniken bauen den Besuch einer Selbsthilfegruppe in die Entgiftungs- bzw. Entwöhnungsbehandlung ein. Die Selbsthilfegruppen werden finanziell von den Krankenkassen, Rentenversicherungen und der Landeshauptstadt Dresden unterstützt und finden Hilfe und Beratung in den Suchtberatungsstellen. So werden beispielsweise geeignete Räume zur Verfügung gestellt oder Gruppenverantwortliche qualifiziert. Wichtig hierbei ist, dass die Autonomie der Gruppen gewahrt wird. Klienten/-innen der Beratungsstellen Bezugspersonen und Angehörige von Betroffenen Ziele Leistungen Förderung individueller Kompetenzen zur Bewältigung der Abhängigkeitsproblematik Erleichterung der privaten und beruflichen (Wieder-)Eingliederung Aufbau und Unterstützung der Abstinenzkultur Förderung der Selbstständigkeit Erstkontakt, Beratung und Motivation zur Inanspruchnahme von Hilfen Eröffnung des Zugangs zu einem abstinenten sozialen Umfeld Befriedigung des Bedürfnisses nach Verständnis Austausch mit anderen betroffenen Menschen über Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit der Suchterkrankung Angehörigengruppen enge Zusammenarbeit mit professionellen Angeboten 5.4.1. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungsempfehlungen Grundprinzip Bewertung des Versorgungsstandes Handlungsempfehlungen 1 Gleichstellung psychisch und somatisch erkrankter Menschen Struktur der Begleitung von SHG durch die KISS sollte weiter erhalten und bei Bedarf ausgebaut werden 2 gemeindenahe Versorgung Finanzierung ist bei Menschen mit einer Suchterkrankung anders geregelt als bei somatisch erkrankten Menschen (SHG von Suchtkranken werden zusätzlich von Krankenkassen gefördert) wird von der KISS gut gemanagt SHG sind gut verteilt und in allen Stadtgebieten gut erreichbar 3 ambulant vor stationär 4 niedrigschwelliger Zugang 5 6 Umorientierung zu personenzentriertem Versorgungssystem Kooperation 7 Förderung der Kontinuität 8 Stärken der Selbstbestimmung Gruppen sind selbstbestimmt SHG lebt von ehrenamtlicher Arbeit, wird durch die Bürgerstiftung honoriert wenig Mitspracherecht im „professionellen“ Hilfesystem z. B. als krisenerfahrene Mitarbeiter 9 10 Hilfepotenzial der Angehörigen Qualitätssicherung es gibt Gruppen speziell für Angehörige es besteht ständiger Kontakt zu den SBB SHG für Eltern drogenkonsumierender Jugendlicher einrichten Angebote für Fallgespräche und Problembesprechungen bereithalten 11 12 Zwangsmaßnahmen vermeiden geschlechtsspezifische Differenzierung der Angebote Gruppen sind autonom spezielle Gruppen für Männer fehlen es gibt eine Gruppe nur für Frauen 13 Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung über KISS gut gewährleistet die Gruppen in ihrer Selbstständigkeit ermutigen und wertschätzen Schaffung von Rahmenbedingungen für neue, geschlechtsspezifische Gruppengründungen Unterstützung gewährleisten Erhaltung und Unterstützung der KISS SHG dienen der Stabilisierung der Abstinenz und reduzieren so das Risiko von wiederholten stationären Aufenthalten Flyer mit Treffpunkten sind weit gestreut, die Treffpunkte sind gut erreichbar Zugang ist unterschiedlich geregelt (vorheriges therapeutisches Einzelgespräch oder jeder kann kommen, die Gruppe ist autonom) spezielle Zielgruppen wie Menschen mit Drogenproblematik, Medien- oder Onlinespielsucht sind unterrepräsentiert SHG kooperieren mit Entgiftungsstationen und Entwöhnungskliniken und stellen ihre Angebote vor SHG werden von den SBB unterstützt (Podium für den Austausch, Fallgespräche etc.) SHG treffen sich wöchentlich (Angehörige einmal im Monat) Unterstützung bei der Suche nach Treffpunkten (Räumen) gewährleisten Öffnung der Gruppen für Interessierte aus der Gemeinde (z. B. durch einen „Tag der offenen Tür“) Zugangshindernisse abbauen Zugang vereinheitlichen Schaffung von Rahmenbedingungen für neue Gruppengründungen Unterstützung gewährleisten als Betroffenenvertretung mit in Hilfeplankonferenzen einbeziehen Rahmenbedingungen für verlässliches Angebot erhalten Unterstützung bei Wechsel von Verantwortlichkeiten bereithalten Unterstützung durch SBB und KISS muss gewährleistet sein System der Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit ausbauen stärkerer Einbezug von Vertretern aus der Selbsthilfe in die Struktur des „professionellen“ Suchthilfesystems (z. B. in die Betreuung) 143 5.5. Institutionelle Arbeit (Koordination und Kooperation) Beschreibung Zielgruppe Die Arbeit der Suchthilfe erfordert in einem sehr hohen Maße eine enge institutionelle Kooperation. Die Vernetzung unterschiedlicher Arbeitsfelder, Professionen und Hilfestrukturen ist notwendig, damit differenzierte Hilfeprozesse durch rechtzeitige und angemessene Interventionen möglich sind. Sie trägt ebenso dazu bei, dass vorhandene Ressourcen besser genutzt und finanzielle Aufwendungen gering gehalten werden können. Auch die Mitwirkung bei sozialpolitischen Meinungsbildungen in der Öffentlichkeit und bei Entscheidungsträgern auf städtischer, Landes- und Verbandsebene gehört zu diesem Aufgabenbereich. Mit einer qualifizierten Öffentlichkeitsarbeit können Betroffene, (psycho-)soziale Dienste, medizinische Einrichtungen, weitere Kooperationspartner und auch die Medien erreicht werden. alle im Wirkungskreis der Suchthilfe tätigen Institutionen und Dienste sowie Kooperationspartner und Leistungsträger Öffentlichkeit Entscheidungsträger in Verwaltung und Politik Ziele effiziente Versorgung der Betroffenen durch aktuelle Information über das kooperierende Feld bedarfsgerechte Koordination der Versorgungsdienste Bedarfsfeststellung und Bedarfsplanung Weiterentwicklung hoher Fachlichkeit und effektiver Vernetzung Qualitätssicherung und -kontrolle konzeptionelle Weiterentwicklung der Angebote Interessenvertretung Vermittlung qualitativ hochwertiger Informationen an Klientel, Fach- und allgemeine Öffentlichkeit Abstimmung mit und zwischen den Trägern und Einrichtungen der Suchthilfe sowie vorhandener Arbeitskreise, Gremien und Zirkel Leistungen Beratung der Leiter/-innen der SBB Unterarbeitsgruppe „Sucht“ der PSAG Arbeitskreis „Illegale Drogen Dresden“ (Kooperationsvereinbarung „Drogenhilfe Dresden“) Arbeitskreis „Suchtprävention Dresden“ Qualitätszirkel der SBB („Psychosoziale Betreuung bei Substitution“ und „Kindeswohlsicherung in der Arbeit mit Suchtkranken“) Erfahrungsaustausch mit Kliniken Schulungen für Mitarbeiter/-innen des Jobcenters zur bestehenden Handakte Suchtberatung Facharbeitsgemeinschaft Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz trägerspezifische Fachausschüsse Fachausschüsse der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. Fachausschuss Psychiatrie/Sucht der Stadtliga jährliche Berichterstellung zu Entwicklungen im Bereich der Suchtkrankenhilfe und Suchtprävention der Stadt Dresden durch die Suchtbeauftragte Initiierung und Durchführung von Fachtagungen Gremienarbeit Nutzung eines einheitlichen Dokumentationssystems (Bado-K) zur Qualitätskontrolle 144 5.5.1. Handlungserfordernisse Grundprinzip Bewertung des Versorgungsstandes Handlungsempfehlungen 1 Gleichstellung psychisch und somatisch erkrankter Menschen durch Vernetzung werden Diagnosen nicht getrennt, sondern gleichgestellt Steuerung auf administrativer Ebene notwendig, um zu klären, wann spezifische Projekte/Hilfen notwendig sind und wann übergreifende 2 gemeindenahe Versorgung gemeindenahe Vernetzung in der Praxis effizienter (betrifft insbes. Bereiche wie Wohnen, Arbeit, gerichtlich/sozialpädagogisch Betreuung, Jugendhilfe usw.) Strukturen waren in der Vergangenheit in einigen Bereichen bereits besser entwickelt (z.B. stationäres Wohnen für Doppeldiagnose-Patienten/-innen, Arbeit- und Beschäftigungsmaßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene) durch gute Vernetzung werden langwierige stationäre Behandlungen vermieden bzw. verkürzt durch gute Kooperationen wird für Betroffene der Zugang zum Hilfesystem erleichtert und verbindlicher je besser Kooperation und Vernetzung umgesetzt werden, umso besser können individuelle Hilfepläne im Sinne der Klienten erstellt werden dies wird realisiert durch Hilfeplangespräche, Fallkonferenzen, Fallsteuerungs- und Übergabegespräche vorhandene Strukturen sind zu halten und qualitativ weiterzuentwickeln bereits vorhanden gewesene Strukturen sind wieder aufzubauen 3 ambulant vor stationär Kooperation zwischen Suchthilfe und stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen sowie Krankenhäusern ist zu verbessern diese Kooperation ist im Sinne der Patienten/-innen weiter auszubauen 4 niedrigschwelliger Zugang 5 Umorientierung zu personenzentriertem Versorgungssystem 6 Kooperation Arbeitskreise und Gremien sind vielfältig vorhanden Kooperation erfolgt im weiteren Sinne, da viele Kooperationspartner der Sucht in ihren überregionalen Trägern fest verankert sind aufzubauen und weiterzuentwickeln sind Gremien mit Suchthilfe und Leistungsträgern wie Jugendamt (Jugendberufshilfe), Jobcenter, Sozialamt, Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern 7 8 Förderung der Kontinuität Stärken der Selbstbestimmung Arbeitskreise und Gremien treffen sich regelmäßig je besser Kooperation erfolgt, umso besser ist die Eigenverantwortung der Klienten/-innen einschätzbar und kann als Grundlage dienen und gefördert werden dies erfolgt gegenwärtig ebenfalls über Hilfepläne, Fallkonferenzen und Fallsteuerungsgespräche Überprüfung der Zeit- und Teilnehmerstruktur 9 Hilfepotenzial der Angehörigen durch gute Kooperationsbeziehungen wird Angehörigen ebenso der Zugang zum Hilfesystem erleichtert 10 Qualitätssicherung Unterstützung von Leistungsträgern bei der Fachaufsicht zur Einhaltung von Standards bei vorausgehender Vernetzung und Gremienarbeit Kooperationsvereinbarung Jugendhilfe/Suchthilfe/Gesundheitshilfe ist anzustreben 11 Zwangsmaßnahmen vermeiden Kooperationsvereinbarung „Drogenhilfe Dresden“ legt Qualitätsstandards fest Jugend- und Drogenberatungsstelle unterstützt Jugendamt bei Fachaufsicht für suchtspezifische Jugendhilfen Qualitätssicherung gemeindenah ist effizienter überprüfbar durch gute Kooperation/Vernetzung können und konnten Zwangsmaßnahmen vermieden werden 12 geschlechtsspezifische Differenzie- geschlechtsspezifische Angebote sind untereinander bekannt und vernetzt, nur so ist indivi- Aktualisierung sollte laufend erfolgen institutions- und trägerübergreifende Hilfen, welche über Hilfeplankonferenzen gesteuert werden, sind zu erweitern und auszubauen (dies v. a. bei Menschen mit multiplen Problemlagen) Verbesserung im Bereich Kinder- und Jugendhilfe notwendig 145 13 146 rung der Angebote Planung und Steuerung in regionaler Verantwortung duelle Weitervermittlung möglich durch Suchtbeauftragte/r gewährleistet Suchtbeauftragtenstelle weiter sichern und stärken 5.6. Exkurs: Betreuung von Suchtmittel konsumierenden und substituierten Schwangeren und Eltern mit Kindern Beschreibung Zielgruppe Bei Suchtmittel konsumierenden und substituierten Schwangeren und Eltern sind die versorgenden Verhaltensweisen aufgrund des Substanzmittelkonsums erheblichen Schwankungen unterlegen oder gestört. Die Sicherung des Kindeswohls erfordert ein besonders aufmerksames und präzises Vorgehen aller beteiligten Helfer. Neben der Bearbeitung der Suchtproblematik muss insbesondere der Schutz der Kinder durch multiprofessionelle Zusammenarbeit mit dem zuständigen Stadtteilsozialdienst des Jugendamtes und medizinischen Diensten abgesichert werden. Frühzeitige fachgerechte Interventionen dienen, neben der Unterstützung der Eltern, zum einen dem erforderlichen Schutz der Kinder und zum anderen dem Vorbeugen späterer Fehlentwicklungen. Mitunter müssen zeitnahe Entscheidungen über die Notwendigkeit oder Nichterforderlichkeit der Inobhutnahme der Kinder getroffen werden. Suchtmittel konsumierende Schwangere und Eltern substituierte Schwangere und Eltern Kinder Suchtmittel konsumierender und substituierter Eltern Ziele Verhinderung von Zwangsmaßnahmen Schutz des ungeborenen Lebens und Sicherung des Kindeswohls Unterstützung bei der Bewältigung der elterlichen Abhängigkeitserkrankung Unterstützung bei der (Wieder)Herstellung der elterlichen Erziehungsfähigkeit Stärkung der Kinder auf ihrem Lebensweg Leistungen Beratung, Vermittlung, Motivationsarbeit Vermittlung und Begleitung in medizinische Rehabilitation (Entwöhnungsbehandlung) psychosoziale Betreuung bei Substitution Angehörigenarbeit 2010 Projekt „Trampolin“ (Gruppenangebot für Kinder aus suchtbelasteten Familien der Jugendund Drogenberatungsstelle) 5.6.1. Bewertung des Versorgungsstandes 1. Es ist eine deutliche Zunahme der Zielgruppe zu verzeichnen. Die Betreuungsprozesse sind langwierig sowie hochkomplex und erfordern aufgrund der Elternschaften besondere Konstanz. Nur durch eindeutige Absprachen unter den Helfern/-innen und Transparenz gegenüber den Betroffenen lassen sich Persönlichkeitsentwicklungen begleiten und das Kindeswohl sichern. Bei gleichbleibenden Mitteln besteht die Gefahr, dass erforderliche Leistungen nicht mehr qualitätsgerecht (zeitnah, regelmäßige Termine, regelmäßige multiprofessionelle Absprachen, Vehemenz, Kontaktsicherung, gegenseitige Teilnahme an kollegialen Fallberatungen) er-bracht werden können. 2. Absprachen zwischen Sucht-, Jugend- und Gesundheitshilfe sind erschwert durch unterschiedliche persönliche Einstellungen und Blickrichtungen der Helfer/-innen zum Thema Sucht generell zum Suchtverhalten von Eltern zu den notwendigen medizinischen Interventionen zum würdevollen Umgang mit der Klientel zu den Rückkopplungseffekten auf die betroffenen Kinder und schließlich zu dem entsprechenden Hilfebedarf dieser Familien 3. Das Projekt „Trampolin“ für Kinder von Eltern mit einer Suchterkrankung erfordert eine zusätzliche ausreichende personelle Absicherung der bisherigen Aufgabenbereiche, welche derzeit nicht gegeben ist. 4. Es gibt in Dresden keine Möglichkeit zum betreuten Wohnen von substituierten Eltern. Substitution ist eine anerkannte Behandlungsform, falls andere therapeutische Maßnahmen (noch) nicht greifen. 147 Betreutes Wohnen empfiehlt sich nach genauerer Prüfung, ob die Eltern (teilweise oder überwiegend) erziehungsfähig sind bzw. sich zur Betreuung bereit erklären. 5.6.2. Handlungserfordernisse Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Suchthilfe und Stadtteilsozialdiensten der Stadt Dresden durch Informationsrunden und suchtspezifische Weiterbildungen Erarbeitung eines Kooperationsvertrages von Jugend-, Sucht- und Gesundheitshilfe über Vorgehensweisen im Umgang mit Drogen konsumierenden Eltern (Standards der gegenseitigen Einbeziehung: Wer? Was? Wann?) Prüfung der personellen Situation der Helfer/-innen auch im Hinblick auf die ausreichende Versorgung von Suchtberatern mit Ausrichtung auf die spezielle Klientel Bereitstellung von Drogentests durch die Jugendhilfe Aufbau einer betreuten Wohnmöglichkeit für substituierte Eltern mit Kindern bei einem Träger mit Erfahrungen im Bereich der Sucht- und Doppeldiagnosen Weiterbildungen voneinander füreinander Bildung von themen- oder professionsbezogenen Qualitätszirkeln regelmäßige Durchführung des Projektes „Trampolin“ bei ausreichender Absicherung der bisherigen Tätigkeiten 5.7. Umsetzung des ersten Stadtpsychiatrieplans und Aufgabenstellungen für die Zukunft Das im ersten Stadtpsychiatrieplan formulierte gesamtgesellschaftliche Ziel einer Reduzierung des Alkoholkonsums und der dadurch bedingten Gesundheitsschäden ist nicht in zufriedenstellendem Maß erreicht worden. Laut DHS ist der pro Kopf Verbrauch an reinem Alkohol je Einwohner/-in in Deutschland von 10,5 Liter (Jahr 2000) auf 9,7 Liter (Jahr 2009) nur leicht gesunken (Vgl. DHS 2011). Demgegenüber ist in Dresden die Gesamtzahl der betreuten Klienten und Klientinnen in den Suchtberatungsstellen deutlich gestiegen. Wie nachfolgende Tabelle verdeutlicht, betrifft dieser Anstieg alle Formen der Abhängigkeit: Stadt Dresden Gesamtzahl Klienten/-innen Jahr 2010 Differenz 3296 3775 + 479 davon Angehörige 874 559 - 315 davon Betroffene 2422 3216 + 794 - Alkohol 1900 2121 + 221 - Medikamente 21 22 +1 - pathologisches Spielen 15 120 + 119 - Essstörungen 29 8 - 21 - Illegale Drogen 432 851 + 419 - davon Cannabis 163 292 + 129 - davon Stimulantien (Ecstasy) 166 323 + 157 - davon Kokain 45 19 - 26 - davon Opioide 56 193 + 137 - davon sonstige Drogen Tab. 18: Entwicklung betreuter Klienten in den SBB 2000 und 2010 im Vergleich Jahr 2000 2 24 + 22 - problematischer Mediengebrauch nicht erfasst 42 + 42 - Tabak nicht erfasst 32 + 32 - Sonstige Betroffene 25 20 -5 Zudem hat sich die Altersverteilung der betroffenen Klientinnen und Klienten verändert. Lag früher der Altersgipfel zwischen 40-45 Jahren, so gibt es heute zwei Altersgipfel: zwischen 20-25 Jahren und zwischen 45-50 Jahren. In abgeschwächter Form ist diese Häufung jüngerer Klienten/-innen auch erkennbar, wenn nur Personen mit Alkoholproblemen betrachtet werden (SLS 2011: 7). Die Bedarfe 148 von jüngeren Betroffenen mit einer Suchterkrankung sind wesentlich höher, da sie in ihrem jungen Leben weniger soziale Kompetenzen und Strukturen aufbauen konnten als ältere Klienten/-innen. Bereits im ersten Stadtpsychiatrieplan wurde ein Fachkraftschlüssel von 36 VzK (in Anlehnung an den bundesdeutschen Durchschnitt von 1:15.000) empfohlen und die damalige Besetzung der SBB mit Fachkräften als „Minimalbesetzung mit begrenzter Wirkungsmöglichkeit“ beschrieben. An dieser Minimalbesetzung hat sich seitdem nichts verändert. Auch vor dem Hintergrund perspektivisch steigender Bedarfe ist es unabdingbar, zumindest den von der SLS empfohlenen Versorgungsschlüssel von 1:20.000 zu erreichen. Im Bereich der Suchtprävention wurden die Anstrengungen mit Hilfe von Projekten für spezifische Zielgruppen intensiviert. Durch die Form der Projektfinanzierung entsteht jedoch das Problem, dass während der Projektlaufzeit mühevoll Strukturen und Kontakte aufgebaut werden, die dann wieder zur Disposition stehen. Notwendig sind die Schaffung stabiler finanzieller Strukturen sowie die Umsetzung qualitätssichernder Maßnahmen. Eine Erweiterung der Konzepte der SBB durch niedrigschwellige Angebote ist erfolgt. Alle SBB haben entsprechende Begegnungs- und/ oder Beschäftigungsangebote eingerichtet (siehe Kapitel 4.3.1.1). Zusätzliche Bedarfe für schwer erreichbare sowie derzeit nicht therapiefähige Menschen mit einer Suchterkrankung im Sinne aufsuchender sozialraumorientierter Sozialarbeit sind zu ermitteln. Wird deutlich, dass Handlungsbedarf vorliegt, sind entsprechende Konzepte zu erarbeiten und mit zusätzlichem Personal umzusetzen. Keinesfalls darf die Versorgung dieser Personengruppe auf Kosten der Betroffenen erfolgen, die bereits den Weg in eine SBB gefunden haben. Für aufsuchende Suchthilfe wurde der mobile Suchtdienst des Sozialamtes eingerichtet. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen betreuen erwerbsunfähige Menschen in eigenem Wohnraum (Vgl. 5.3.2.). Viele der betreuten chronisch mehrfachgeschädigten Menschen mit Suchterkrankung sind nicht abstinenzwillig oder -fähig. Für diese Klientengruppe fehlen unverändert Hilfen im Bereich Wohnen (ambulant und stationär). Auch die allgemein- und fachärztliche Versorgung ist nach wie vor nicht zufriedenstellend. Eine Verbesserung des Dienstes ist unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips sozialräumlich anzustreben. Es fehlen außerdem Beschäftigungsprojekte für konsumierende Menschen mit einer Suchterkrankung. Im Bereich der ambulanten medizinischen Versorgung ist die Zusammenarbeit der niedergelassenen Ärzte/-innen mit den Suchtberatungsstellen nach wie vor mangelhaft. Es fehlt bei den Ärzten und Ärztinnen an Wissen über das suchtmedizinische Versorgungssystem, häufig werden die Betroffenen zu spät in das Suchthilfesystem vermittelt und zum Teil persistieren Vorurteile gegenüber Betroffenen. Besonders chronisch mehrfachgeschädigte Menschen mit einer Suchterkrankung haben es schwer, überhaupt als Patienten/-innen angenommen zu werden. Im Bereich der Substitutionsbehandlung herrscht eine akute fachärztliche Unterversorgung. Substitutionsbehandlung wird derzeit nur von einer Arztpraxis geleistet und auch hier ist der Fortbestand gefährdet. Angestrebt wird der Aufbau einer qualifizierten Substitutionsambulanz. Die fachärztliche psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung ist wegen oftmals langer Wartezeiten nicht zufriedenstellend. Hier fehlt es z. T. an suchtspezifischen Angeboten. Alle psychiatrischen Kliniken in Dresden haben sich inzwischen besser auf Menschen mit Suchterkrankung eingestellt. Zwei Kliniken haben eine eigene Station für die qualifizierte Entgiftung (S1Regelbehandlung) eingerichtet. Teilweise herrschen aber immer noch lange Wartezeiten. In der Regel nicht durchgeführt werden S2-S6 Behandlungen. Hierfür sollten die notwendigen Rahmenbedingungen 149 geschaffen werden. Zudem fehlt es in Dresden an Angeboten zur Durchführung qualifizierter Entgiftungsbehandlung für Menschen mit einer Drogenabhängigkeit und für Minderjährige. Im Bereich der Suchtfachkliniken wurden in Sachsen neue Einrichtungen zur stationären Entwöhnungsbehandlung für Menschen mit einer Drogenabhängigkeit geschaffen. Die Versorgung ist jetzt sowohl für Menschen mit einer Abhängigkeit von Alkohol als auch von Drogen ausreichend. Noch auszubauen sind Angebote für Patienten/-innen mit Doppeldiagnosen (neben der Sucht mindestens eine weitere psychische Erkrankung) und jüngere Menschen mit Drogenabhängigkeit. Die Mehrzahl der Dresdner SBB bietet ambulante Rehabilitation an, allerdings nicht für Minderjährige. Im Stadtgebiet besteht ein gut ausgebautes Netz von Selbsthilfegruppen. Im Bereich Drogen, Medien- und Onlinespielsucht gibt es Ausbaubedarf. Eine Überarbeitung der finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen ist bezüglich notwendiger Hilfen für konsumierende oder substituierte Eltern sowie für Kinder von Betroffenen erforderlich. Die Hilfsangebote im Bereich Wohnen und Beschäftigung sind um Wohnformen und ein Beschäftigungsangebot für jüngere Menschen mit einer Suchterkrankung sowie ein Angebot zum ambulant betreuten Wohnen für abstinent lebende Betroffene erweitert worden. Die Zusammenarbeit zwischen dem Jobcenter Dresden und den Suchtberatungsstellen wurde mit einer Handakte formell geregelt. Eine Unterversorgung besteht nach wie vor in folgenden Bereichen: ambulant betreutes Wohnen für abstinent lebende Menschen mit einer Suchterkrankung ambulant betreutes Wohnen für Betroffene mit einer Doppeldiagnose Wohnstätte für Betroffene mit einer Doppeldiagnose betreutes Wohnen für Substituierte (Eltern mit Kindern) Wohnstätte in Dresden für chronisch mehrfachgeschädigte abstinente Menschen mit einer Suchterkrankung betreute Wohnform für chronisch mehrfachgeschädigte nicht abstinente Menschen mit einer Suchterkrankung Pflegeeinrichtung für chronisch mehrfachgeschädigte nicht abstinente Menschen mit einer Suchterkrankung mehr Plätze im Bereich Beschäftigung für abstinent lebende Menschen mit einer Suchterkrankung Beschäftigungsprojekte für Menschen mit einer Suchterkrankung in der Motivationsphase Beschäftigungsprojekte zur Problemdiagnostik Beschäftigungsprojekte für konsumierende Menschen mit einer Suchterkrankung Die Einrichtung und Fortführung von Hilfen im Bereich Wohnen und Beschäftigung scheitert häufig an den finanziellen Rahmenbedingungen. Hier sind zusätzliche Anstrengungen notwendig. 5.8. Autorenverzeichnis Ferse, Dr. Kristin: Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Hänsch, Katrin: Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Hoffmann, Barbara: Suchtberatungs- und Behandlungsstelle Dresden-Mitte des Diakonischen Werkes Stadtmission Dresden e.V. Jugend- und Drogenberatungsstelle: Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Maatz, Anja: Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Müller-Merkel, Peter: Suchtberatungs- und Behandlungsstelle des Caritasverbandes für Dresden e.V. Runge, Karin: Suchtberatungs- und Behandlungsstelle Dresden-Neustadt des Diakonischen Werkes Stadtmission Dresden e.V. Wolff, Katrin: Integrative Suchtberatungs- und Behandlungsstelle der GESOP gemeinnützige GmbH Wolfram, Dr. Nicole: Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt 150 5.9. Kontaktdaten der Einrichtungen und Angebote (Anlage 1) genannte Angebote und Einrichtungen zum Kapitel 5.2. Handlungsfeld Suchtprävention Projekt „HaLT - Hart am LimiT“ in Dresden Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Abteilung Sozialpsychiatrischer Dienst Richard-Wagner-Str. 17, 01219 Dresden Telefon: 4 88 53 57 „Klasse 2000“ und „Peer-Projekt zur Punktnüchternheit im Straßenverkehr“ Fachstelle für Suchtprävention im Direktionsbezirk Dresden Glacisstraße 26, 01099 Dresden Telefon: 8 03 20 30/31 www.suchtpraevention-sachsen.de Sächsische Bildungsagentur Großenhainer Straße 92, 01127 Dresden Telefon: 8 43 94 67 Arbeitskreis Suchtprävention Dresden Kontakt über die Suchtbeauftragte Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Richard-Wagner-Str. 17, 01219 Dresden Telefon: 4 88 53 58 genannte Angebote und Einrichtungen zum Kapitel 5.3. Handlungsfeld Suchthilfe Suchtberatungs- und -behandlungsstellen (SBB) SBB des Caritasverbandes für Dresden e. V. Görlitzer Straße 18, 01099 Dresden Telefon: 8 04 38 04 www.caritas-suchtberatung-dresden.de SBB Dresden-Neustadt des Diakonischen Werkes - Stadtmission Dresden e. V. Glacisstraße 42, 01099 Dresden Telefon: 8 17 24 00 www.diakonie-dresden.de SBB Dresden-Mitte des Diakonischen Werkes - Stadtmission Dresden e.V. Fetscherstraße 10, 01307 Dresden Telefon: 4 46 89 77 Integrative SBB der GESOP gemeinnützige GmbH Gasanstaltstraße 10, 01237 Dresden Telefon: 21 53 08 30 www.gesop-dresden.de SBB HORIZONT des Suchtzentrum Leipzig gGmbH Kesselsdorfer Straße 2, 01159 Dresden Telefon: 4 20 77 38 www.suchtzentrum.de Jugend- und Drogenberatungsstelle des Gesundheitsamtes der Landeshauptstadt Dresden Richard-Wagner-Str. 17, 01219 Dresden Telefon: 4 88 53 71 www.drogenberatung-dresden.de 151 Mobiler Suchtdienst (MSD) Medizinische Versorgung Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Abteilung Integration und Eingliederungsleistungen Sachgebiet Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten Junghansstraße 2, 01277 Dresden Telefon: 4 88 49 87/89 und 4 88 49 95 Substitutionsbehandlung Dr. med. Rita Meinhardt Kamenzer Straße 23, 01099 Dresden Telefon: 25 09 47 20 Psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) Adresse Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ambulanz für Abhängigkeitserkrankungen Fetscherstraße 74, 01307 Dresden, Haus 25 Telefon: 4 58 27 97 Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik Essstörungsambulanz Fetscherstraße 74, 01307 Dresden, Haus 18 Telefon: 4 58 70 87 Angebotsspektrum ambulante Beratung bei Problemen mit Alkohol und Beruhigungsmitteln Technische Universität Dresden Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie / Professur für Suchtforschung Raucherambulanz Chemnitzer Straße 46, 01187 Dresden Telefon: 46 33 98 00 Rauchfrei-Programm in Gruppentherapie-Sitzungen Technische Universität Dresden Institutsambulanz für Forschung und Lehre in Klinischer Psychologie und Psychotherapie Hohe Straße 53, 01187 Dresden Telefon: 46 33 69 57 diagnostische Hilfe und psychotherapeutische Behandlung bei: Suchtproblemen (Nikotinabhängigkeit, Alkohol- und Medikamentenmissbrauch, Cannabisabhängigkeit) Essstörungen (tagesklinisches Konzept) St.-Marien-Krankenhaus Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Psychiatrische Institutsambulanz Selliner Straße 29, 01109 Dresden Telefon: 8 83 22 31 Das interdisziplinäre Therapieangebot bestehend aus: medizinischer und pflegerischer Behandlung psychologischer Therapie (Einzel- und Gruppentherapie) sozialpädagogischen Angeboten Kunst- und Bewegungstherapie sowie Ergo- und Physiotherapie richtet sich u. a. auch an Suchtpatienten mit Komorbidität reguläres Behandlungsangebot psychiatrischer Institutsambulanzen Städtisches Krankenhaus DresdenNeustadt Psychiatrische Institutsambulanz Heinrich-Cotta-Straße 12, 01324 Dresden Telefon: 8 56 69 91 Städtisches Krankenhaus DresdenFriedrichstadt Psychiatrische Institutsambulanz Friedrichstraße 41, 01067 Dresden, Haus B Telefon: 4 80 12 05 152 ambulante Behandlung für Betroffene mit Anorexie, Bulimie und Adipositas Behandlung u. a. auch von Suchterkrankungen mit den Schwerpunkten: medikamentöse und psychotherapeutische Behandlung (Schwerpunkt Verhaltenstherapie) soziotherapeutische Maßnahmen Training der Aktivitäten des täglichen Lebens Einrichtungen zur qualifizierten Entgiftungsbehandlung Adresse Angebotsspektrum Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Suchtschwerpunktstation PSY-S3 Fetscherstraße 74, 01307 Dresden Telefon: 4 58 26 63 St.-Marien-Krankenhaus Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Selliner Straße 29, 01109 Dresden Telefon: 8 83 22 21 Entgiftungsbehandlung mit suchtspezifischen Angeboten (Vorstellung von Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen, Kontaktgruppe, Genusstraining) Städtisches Krankenhaus DresdenFriedrichstadt Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Friedrichstraße 41, 01067 Dresden, Telefon: 4 80 13 51 Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt Zentrum für Psychische Gesundheit Weißer Hirsch/Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie P 5 Suchtstation Heinrich-Cotta-Straße 12, 01324 Dresden Telefon: 8 56 69 02 Entgiftungsbehandlung mit suchtspezifischen Angeboten Soziale Wiedereingliederung qualifizierte Entgiftungs- und Motivationsbehandlung (S1-Regelbehandlung) bei Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit ambulante Nachbehandlung bei Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit werden durchgeführt: qualifizierte Entgiftungs- und Motivationsbehandlung (S1) Intensivbehandlung (S2) Therapie Schwer- und Mehrfachkranker (S4) Psychotherapie bei komorbiden neurotischen oder Persönlichkeitsstörungen (S5) Wohnhilfen Radebeuler Sozialprojekte gGmbH Leipziger Straße 26, 01127 Dresden www.rasop.org Stationäre Eingliederungshilfe: WG „Mutter mit Kind T6“ Torgauer Straße 6, 01127 Dresden Telefon: 8 11 26 78 WG „L26“ Leipziger Straße 26, 01127 Dresden Telefon: 8 31 46 52 Ambulante Eingliederungshilfe Torgauer Straße 6, 01127 Dresden Telefon: 811 26 68 Leipziger Straße 26, 01127 Dresden Telefon: 8 31 46 52 Ambulante Eingliederungshilfe für junge Familien Leipziger Straße 26, 01127 Dresden Telefon: 8 31 46 52 SZL Suchtzentrum gGmbH Plautstraße 18, 04179 Leipzig www.suchtzentrum.de Wohnprojekt „Ufer“ Emerich-Ambros-Ufer 59, 01159 Dresden Telefon: 4 24 44 86 Ambulant betreutes Wohnen Burgkstraße 28, 01159 Dresden Telefon: 42 76 34 10 und (0 15 20)4 23 06 76 153 GESOP gemeinnützige GmbH Ambulant Betreutes Einzelwohnen Michelangelostraße 11, 01217 Dresden Telefon: 43 70 82 27 Arbeitsprojekte INTHIS – Diakoniewerkstatt Königsbrücker Landstraße 6a, 01109 Dresden Telefon: 8 88 19 33 Institutionelle Arbeit Kinder aus suchtbelasteten Familien 154 Informationen und Kontakte zu den Arbeitskreisen, Gremien, Fachausschüssen und Qualitätszirkeln über Suchtbeauftragte Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Richard-Wagner-Str. 17, 01219 Dresden Telefon: 4 88 53 58 Projekt „Trampolin“ Jugend- und Drogenberatungsstelle des Gesundheitsamtes der Landeshauptstadt Dresden Richard-Wagner-Str. 17, 01219 Dresden Telefon: 4 88 53 71 www.drogenberatung-dresden.de 5.10. Literaturverzeichnis Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2006): Arbeitshilfe für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen. Schriftenreihe der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, Heft 12. Frankfurt am Main. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) (2011): Jahrbuch Sucht 2011. Hamm: Neuland Verlag. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) (2007): Jahrbuch Sucht 2007. Hamm: Neuland Verlag. Gesundheitsamt der Landeshauptstadt Dresden (2011): Jahresbericht 2010. Entwicklungen im Bereich der Suchtkrankenhilfe und Suchtprävention der Stadt Dresden. Dresden. Gordon, R. (1983): An Operational Classification of Disease Prevention. In: Public Health Report, 98:107-109. Hallmann, H.-J., Holterhoff-Schulte, J., Merfert-Diete, C. (2007): Qualitätsanforderungen in der Suchtprävention. Hamm: DHS. Küfner, H. (2010): Epidemiologie des Substanzkonsums und der Suchterkrankungen in Deutschland. In: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, Heft 53, S. 271-283. Pfeiffer-Gerschel, T./Kipke, I./Steppan, M. (2010): Deutsche Suchthilfestatistik 2009. Tabellenband Sachsen. München: Institut für Therapieforschung (IFT). Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V. (SLS) (2010): Wege aus der Sucht. Suchtkrankenhilfe im Freistaat Sachsen. Dresden. Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V. (SLS) (2011): Sucht 2010. Bericht der ambulanten Suchtkrankenhilfe in Sachsen. Dresden. Sächsisches Staatsministerium für Soziales (2009): 1. Sächsischer Drogen- und Suchtbericht. Dresden. Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger bei der Akutbehandlung (Entzugsbehandlung) und medizinischen Rehabilitation (Entwöhnungsbehandlung) Abhängigkeitskranker – Vereinbarung „Abhängigkeitserkrankungen“ vom 04. Mai 2001, abrufbar unter www.dhs.de. Türk, D./Kröger, C. (1999): Leistungsbeschreibung für ambulante Beratungs- und Behandlungsstellen der Suchtkrankenhilfe. In: Information zur Suchtkrankenhilfe, 1/1999. Hamm: DHS. 155 6. Selbsthilfe und Beteiligung von Betroffenen und Angehörigen Immer mehr Menschen nutzen die Möglichkeit, sich bei gesundheitlichen, seelischen und sozialen Belastungen gegenseitig zu helfen. Selbsthilfegruppen entstehen, weil Menschen aus eigener Kraft und zusammen mit anderen ihre Lebenssituation verbessern wollen. Die Mitarbeit in einer solchen Gruppe fördert die Eigenständigkeit und das Selbstvertrauen eines jeden Mitglieds. 6.1. Selbsthilfeangebote in Dresden In Selbsthilfegruppen schließen sich Menschen mit gleicher Problembetroffenheit außerhalb ihrer alltäglichen Beziehungen zusammen, um sich gegenseitig bei der Bewältigung ihrer oft schwierigen Lebenssituation zu unterstützen. Es handelt sich um freiwillige, selbstorganisierte Zusammenschlüsse von Betroffenen oder deren Angehörigen. Durch die gemeinsame Arbeit in den regelmäßigen Treffen werden die Teilnehmenden sozusagen Experten und Expertinnen in eigener Sache, wodurch professionelle Hilfe gezielter und gegebenenfalls kritischer in Anspruch genommen werden kann. Dabei geht es nicht um Ersatz professioneller medizinischer oder therapeutischer Behandlung, sondern um deren wirkungsvolle Ergänzung. Im Bereich psychischer Erkrankungen hat sich in Dresden ein breites Selbsthilfespektrum entwickelt. In der „Dresdner Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen“ (KISS) sind 27 Gruppen für psychische Erkrankungen registriert, davon drei Angehörigengruppen und eine Trialoggruppe. Sozialamt Abteilung Allgemeine Verwaltung/Grundsatz Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen Dresden (KISS) Ehrlichstraße 3 01067 Dresden Tel.: (03 51) 2 06 19 85 E-Mail: [email protected] 156 Dresdner Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KISS) Die „Dresdner Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen“ bietet kostenlose Beratung und Unterstützung rund um das Thema gesundheitliche und soziale Selbsthilfe an. Wer Kontakt sucht zu Selbsthilfegruppen und -vereinigungen vor Ort sowie überregional oder wer selbst eine Gruppe gründen möchte, findet bei den Mitarbeitern/-innen der Informationsstelle Rat und Unterstützung. Selbsthilfegruppen erhalten Unterstützung zu allen inhaltlichen und organisatorischen Fragen und auch Begleitung in schwierigen Gruppenphasen. Es gibt Selbsthilfeangebote zu den Themen: Angsterkrankung, Bipolare Störung, Depression und Postpartale Depression, Stimmenhören, Borderline-Syndrom, Psychosebetroffene, Sozialphobie, Zwangserkrankungen sowie psychische Erkrankungen allgemein. Weiterhin gibt es Selbsthilfegruppen zu folgenden psychischen Problemlagen: Mobbing, Messie, Co-Abhängigkeit, Hochsensibilität, Burnout, Trauerbewältigung, Angehörige nach Suizid, Verlassene Eltern. Häufige Anfragen gibt es auch zu den Themen Trennung/Scheidung und Beziehungsprobleme, jedoch sind beide Selbsthilfegruppen zu diesen Themen aufgelöst. Die Nachfragenden können dann in die Fachberatungsstellen vermittelt und über die Möglichkeit der Unterstützung bei einer Gruppengründung durch KISS informiert werden. Selbsthilfegruppen von Menschen mit einer psychischen Erkrankung werden durch die Mitarbeiter/innen der Psychosozialen Kontakt- und Beratungsstellen der AWO Sonnenstein, der Diakonie, der GESOP gemeinnützige GmbH und des Psychosozialen Trägervereins Sachsen e. V. unterstützt. Es werden Räume für die Gruppentreffen und teilweise auch professionelle Begleitung der Gruppenarbeit zur Verfügung gestellt. Die KISS vermittelt interessierte Betroffene in Gruppen oder andere geeignete Hilfsangebote, stellt ebenfalls Räume für Gruppentreffen bereit und bietet Starthilfe für neue Gruppen. Durch ehrenamtliche „In-Gang-Setzer/-innen“, die von der KISS eingesetzt werden, wurden die Selbsthilfegruppen „Psychosebetroffene“, „Depression 50 plus“ und „Verlassene Eltern“ in der Gründungsphase begleitet. Einige Selbsthilfegruppen organisieren Kreativangebote bzw. bieten diese ihren Mitgliedern regelmäßig an (z. B. „Malwini“ und „Die Wölfe“). Das ist eine wertvolle Lebenshilfe für viele Menschen mit einer psychischen Erkrankung, die in der kreativen Auseinandersetzung mit ihren Lebensthemen einen Weg zur Problembewältigung gefunden haben. SAD – Selbsthilfe Aktiv mit Depression c/o Jörg Freiershausen Holbeinstraße 46 01307 Dresden Tel.: (03 51) 4 59 02 56 (ab 18:00 Uhr) [email protected] www.sad-dresden.de Selbsthilfe Aktiv mit Depression – SAD Die Selbsthilfegruppe „Selbsthilfe Aktiv mit Depression“ wurde im Jahr 2003 durch 3 Betroffene ins Leben gerufen, die sich im Laufe ihrer Psychotherapie kennen lernten und sich seit 1998 immer wieder regelmäßig trafen. Es zeigte sich, dass der regelmäßige Austausch über die Erkrankung, aber auch gemeinsame Aktivitäten Betroffenen bei der Bewältigung der Erkrankung im Alltag helfen können. SAD ist eine offene Selbsthilfegruppe für Betroffene mit folgenden Zielen: Etablierung eines geschützten Ortes für den Informationsaustausch über etablierte Behandlungsmöglichkeiten sowie zur gegenseitigen Unterstützung. Information der Öffentlichkeit über die Erkrankung zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen. Engagement als Interessenvertreter in Politik und Gesellschaft für die Belange der Betroffenen und Angehörigen, um so eine Lobby für diese zu schaffen. An den Gruppentreffen nehmen je nach Bedarf 6 bis max. 15 Personen im Alter zwischen 20 und 70 Jahren teil. Es kann jeder ohne Voranmeldung teilnehmen, der die nachfolgend genannten Grundsätze der Gruppe akzeptiert. Die SHG bietet keinen Ersatz für die notwendige Behandlung der Erkrankungen durch Ärzte/innen und Psychologen/-innen an. Jeder ist für sein Handeln und Tun selbst verantwortlich. Die Gruppe verfolgt keine politischen oder religiösen Interessen. Die Persönlichkeitsrechte eines jeden sowie seine Entscheidungen werden akzeptiert. Über die Inhalte der Gruppentreffen wird Stillschweigen bewahrt. Angebote der SAD: Regelmäßige Gruppentreffen am 2. und 4. Donnerstag im Monat in einem geschützten Umfeld Telefonische oder persönliche Einzelberatung für Betroffene und Angehörige Verleih von Büchern und weiterer Informationsmaterialien Vorträge zum Thema für öffentliche Veranstaltungen Die Situation der Selbsthilfegruppen im Bereich der Suchthilfe wird im Kapitel 5.4. erläutert. Eine wichtige Anlaufstelle für Angehörigen von Menschen mit einer psychischen Erkrankung stellt der Angehörigenverein dar: Angehörige und Freunde psychisch Kranker e. V. Dresden (APK) Der Verein "Angehörige und Freunde psychisch Kranker e. V. Dresden" besteht seit 1990. Er ist Mitglied im Landes- und im Bundesverband Angehöriger psychisch Kranker, arbeitet jedoch autonom. Die Mitglieder sind Eltern, Partner/-innen, Geschwister und Kinder von Menschen mit einer psychischen Erkrankung. In der Krise sind Angehörige häufig die nächsten Bezugspersonen für die Betroffenen, fühlen sich aber oft überfordert und alleingelassen. Das wesentliche Anliegen besteht deshalb darin, Angehörigen 157 Angehörige und Freunde psychisch Kranker e. V. Alaunstraße 84/HH 01099 Dresden Tel.: (03 51) 2 06 32 66 [email protected] www.apk-dresden.de einen Raum zu schaffen, über ihre Nöte und Ängste, ihre Hilflosigkeit, Isolation oder Schuldgefühle zu sprechen und in der Einzelberatung oder in der Gruppe Mitgefühl und Hilfe zu erfahren. Außerdem sollen die Situation für die Betroffenen und ihre Angehörigen verbessert, ihre Ressourcen gestärkt und insbesondere Vorurteile und Diskriminierung abgebaut werden. Inhalte der Arbeit sind: Einzelberatung Kontakte in der Gruppe Durchführung von Veranstaltungen gruppenübergreifend und für Interessierte Schwerpunkte der Einzel- und Gruppenberatung sind: Aufhebung der Isolation (Identifikation, Relativierung und Abgrenzung) Entlastung (über Erzählen unter verständnisvollen Zuhörern) Informationen über psychiatrische Hilfen und Versorgung Familiäre Probleme bei fehlender Behandlungsbereitschaft der betroffenen Familienmitglieder Unzureichende Kommunikation zwischen Angehörigen und Professionellen während der psychiatrischen Behandlung Finanzielle Absicherung der Betroffenen Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit einer psychischen Erkrankung 6.2. Netzwerke/Kooperationen Selbsthilfenetzwerk für seelische Gesundheit in Sachsen Freiberger Straße 31 Raum 402 01067 Dresden Tel.: (0351) 49 76 98 29 E-Mail: [email protected] Dresdner Bündnis gegen Depression e. V. Prof. Dr. med. Burkhard Jabs (1. Vorsitzender) Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Städtischen Krankenhauses Dresden-Neustadt Heinrich-Cotta-Str. 12 01324 Dresden Tel.: (03 51) 8 56 69 01 E-Mail: [email protected] www.sad-dresden.de 158 Selbsthilfenetzwerk für seelische Gesundheit in Sachsen Durch das „Selbsthilfenetzwerk für seelische Gesundheit in Sachsen“ wird nach dem Grundsatz der Autonomie und Unabhängigkeit eine Vernetzung der Selbsthilfegruppen im psychischen Bereich angestrebt. Die Initiative des Netzwerkes zielt auf regelmäßige Kontakte und gemeinsame Aktivitäten zur Verbesserung der Lebenssituation Betroffener ab. Das Netzwerk befindet sich noch in der Aufbauphase. Das Selbsthilfenetzwerk ist ein freiwilliger und unabhängiger Zusammenschluss von Selbsthilfegruppenvertretern/-innen und gründete sich 2006 als sächsische Landesorganisation des „Bundesverbandes Psychiatrie-Erfahrener e. V.“ (BPE), welcher seit 1992 bundesweit Selbsthilfegruppen verbindet. Hier steht die Wahrnehmung und Akzeptanz von seelischen Krisen als natürliche Bestandteile des Lebens und als Möglichkeit zur Reifung und Heilung neben dem medizinischen Krankheitsbegriff und wie dieser zur Diskussion. Es ist das Anliegen, dass die Erfahrungen Betroffener sowohl bei den professionell Helfenden als auch in Forschung und Politik geachtet und berücksichtigt werden. Menschen aus psychosozialen Selbsthilfegruppen sollen ins Gespräch kommen können, um darüber hinaus gemeinsam zu erreichen, dass alle Menschen, die so oder so mit dem Thema Psychiatrie zu tun haben (müssen), gleichberechtigt zusammenarbeiten. Dresdner Bündnis gegen Depression e. V. Das „Dresdner Bündnis gegen Depression e. V.“ wurde im Jahr 2004 gegründet. Es ist ein unabhängiger, gemeinnütziger Verein für an Depression Erkrankte, Angehörige, Experten/-innen und in der Versorgung tätige Personen und Institutionen mit dem Ziel, die Situation der Betroffenen zu verbessern. Erreicht werden soll dies durch öffentlichkeitswirksame Aktionen zur Aufklärung über das Krankheitsbild und die Zusammenarbeit von Betroffenen und der „Fachwelt“. Mit dem „Lauf gegen Depression“ und dem „Informationstag gegen Depression“ leistet das Bündnis in der Stadt Dresden einen wertvollen Beitrag zur Enttabuisierung der Erkrankung. Im Jahr 2011 übernahm Frau Staatsministerin Christine Claus die Schirmherrschaft. Das Dresdner Bündnis arbeitet als unabhängiges regionales Bündnis unter dem Dach des „Deutschen Bündnisses gegen Depression e. V.“. Knapp 70 Regionen und Städte (Stand Februar 2011) engagieren sich deutschlandweit auf lokaler Ebene für die Aufklärung der Öffentlichkeit über Depressionen und eine Verbesserung der Versorgungsstruktur. Die Bündniszentrale in Leipzig verfolgt das Ziel, optimale Voraussetzungen für die regionalen Aktivitäten zu schaffen, stellt Materialien zur Verfügung und steht den Bündnismitgliedern beratend zur Seite. Innerhalb der einzelnen Bündnisse arbeiten unterschiedlichste Institutionen und Personen zusammen, die primär oder sekundär in die Versorgung von Menschen mit einer depressiven Erkrankung eingebunden sind. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit gewährleistet eine hohe Akzeptanz und breite Wirksamkeit des Aktionsprogramms auf lokaler Ebene. 6.3. Öffentlichkeitsarbeit In der Broschüre der Landeshauptstadt Dresden „Wegweiser zu gesundheitlichen und sozialen Gruppen“ (5. Auflage vom November 2011) werden die konkreten Selbsthilfeangebote vor Ort und die Zugangswege zu ihnen veröffentlicht. Die Broschüre ist auch im Internet unter www.dresden.de abrufbar. Jährlich organisiert die KISS den Dresdner Selbsthilfetag. Selbsthilfegruppen erhalten hier eine Plattform zur Vorstellung ihrer Arbeit. 6.4. Bewertung des Versorgungsstandes und Handlungserfordernisse Wichtig für die Zukunft ist vor allem die Förderung inklusiver Projekte (wie z. B. das MalLokal e.V. oder auch Projekte für Frauen oder Männer), die alle Bürger/-innen nutzen können. Die Selbsthilfegruppen signalisieren Bedarf an geeigneten Räumlichkeiten für kreative Arbeiten, in denen ausreichend Platz zum Malen, Töpfern, Aufbewahren von Malutensilien usw. vorhanden ist. Diese Räume könnten gemeinschaftlich genutzt werden. Geeignete Räumlichkeiten sind aus den Fördermitteln für eine Selbsthilfegruppe nicht bezahlbar. Wünschenswert ist außerdem die Förderung selbstbestimmter Begegnungsmöglichkeiten zum Thema seelische Gesundheit, z. B. in Form eines Selbsthilfe-Kulturhauses, vergleichbar der Durchblickvilla in Leipzig. Signifikant hoch sind Nachfragen Betroffener nach Gruppenangeboten zu den Themen Depression, Sozialphobie, Bipolare Störung und Burnout. Die Arbeitsfähigkeit der KISS auf hohem Niveau muss weiterhin gewährleistet werden. Voraussetzung für inklusive und selbstbestimmte Projekte ist eine gemeinsame Planung aller Beteiligten bzw. Interessierten von Anfang an. Bewertung der Versorgungssituation aus Sicht des „Selbsthilfenetzwerkes für seelische Gesundheit in Sachsen“: Die Gleichstellung von Menschen, unabhängig davon ob sie psychiatrisch und/oder somatisch oder gar nicht diagnostiziert wurden, ist noch nicht erreicht. Das liegt unter anderem daran, dass für Menschen mit einer psychiatrischen Diagnose die Möglichkeit zur „Unterbringung“ und Zwangsbehandlung gesetzlich geregelt wurde. Es ist erforderlich nach gewaltfreien Alternativen und neuen Konzepten der zwangsfreien Behandlung, auch ohne Medikation, zu suchen. Das Hauptanliegen muss sein, Vertrauen zu ermöglichen. Einer gemeindenahen Versorgung wird am besten durch Begegnungsstätten Rechnung getragen, die allen Menschen eines Ortes bzw. einer Gemeinde zur Verfügung stehen. Diese Begegnungsstätten sollen leicht zugänglich sein, indem sie auch anonyme Beratung anbieten und kostenfrei genutzt werden können. Spezielle Kontakt- und Beratungsstellen werden von den Klientinnen und Klienten unter Umständen nicht als niedrigschwellig empfunden. Die Hemmschwelle kann in dem Moment entstehen, indem die Bezeichnung „Psychosoziale“ Kontakt- und Beratungsstelle verwendet wird oder wenn die Besucher/-innen namentlich erfasst werden. Zusätzlich zu den vorhandenen PSKB sollten bereits bestehende Beratungsangebote anderer Einrichtungen, die allen Menschen offen stehen, genutzt werden können. Für einige Einrichtungen ist es glücklicherweise schon jetzt selbstverständlich auch für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung Hilfestellung zu geben. In der gemeindenahen Versorgung ist den ambulanten Hilfeformen ein Vorrang gegenüber den stationären Hilfen einzuräumen. Lange Wartezeiten, bei der ambulanten Psychotherapie und vor allem 159 fehlende Alternativen zu Kliniken, verhindern dies oft. Die bisher einzige Alternative, das plan-b des Psychosozialen Trägervereins Sachsen e. V. (siehe Kapitel 2.1.6.), wird hoffentlich bald von allen Krankenkassen unterstützt und durch passende weitere Hilfen ergänzt. Um das Versorgungssystem in Dresden von einem institutsorientierten in ein personenzentriertes System weiterzuentwickeln, müssen regelmäßige Hilfeplankonferenzen etabliert werden. Hilfeplankonferenzen müssten, um möglich zu werden, bei allen daran beteiligten Berufsgruppen, mit zum Tätigkeitsbild gehören. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen müssen in Aus- und Weiterbildung entsprechend geschult werden. Selbstverständlich sollte sein, dass die Person, die im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, dort nicht allein gelassen wird. Hilfeplankonferenzen werden dann als hilfreich erlebt, wenn alle Beteiligten mit ihren Anliegen so zu Wort kommen, dass sie verstanden werden. Um Verständnisproblemen vorzubeugen, sollte von vornherein an „Dolmetscher/-innen“ gedacht werden. Für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung sollte der Dolmetscher oder die Dolmetscherin eine Vertrauensperson sein, die sich, unter anderem aufgrund eigener Erfahrung, einfühlen und die Situation verstehen kann. Es ist notwendig, die hilfesuchende Person vorab über alle zur Verfügung stehenden Optionen in Kenntnis zu setzen. Nur dann kann ein gemeinsames Gespräch entstehen und eine selbstbestimmte Entscheidung getroffen werden. Auch das Persönliche Budget sollte ganz selbstverständlich mit in den Kreis der Organisationsmöglichkeiten von Hilfe aufgenommen werden. Es sollte möglich sein, dass Menschen einerseits über das Persönliche Budget passende Hilfen bekommen und andererseits krisenerfahrene Menschen diese Hilfe leisten können. Ein "hoher Standard der Hilfen" wird vor allem mit Mitmenschlichkeit erreicht bzw. "hohe Qualität der Hilfen" wird mit praktischen Weiterbildungen, welche die Selbstwahrnehmung der Helfenden schulen und Selbsterfahrung ermöglichen, sichergestellt . Dadurch kann auch die Vermeidung von Zwangsmaßnahmen möglicher werden. In der Kooperation der psychiatrischen Versorgung ist auch die Kooperation mit Selbsthilfeinitiativen (auch im Angehörigenbereich) notwendig. Dazu gehört auch der gemeinsame ("trialogische") Aufbau einer regelmäßigen (mehrmals im Jahr bis monatlich stattfindenden) Gesprächsmöglichkeit, wo neue Ideen für alternative Hilfsmöglichkeiten oder zur Verbesserung bereits vorhandener Hilfen von Anfang an gemeinsam entwickelt werden können. Ein weiteres Ziel ist es, einander kennenzulernen und versuchen einander zu verstehen und voneinander zu lernen. Eine transparente Dokumentation der Gespräche zwischen Arzt oder Ärztin und Patient/-in, kann ebenfalls zur Verbesserung der Verständigung führen. Wird gleich alles gemeinsam mit den Klienten/innen aufgeschrieben – als "Verständigungs-Therapie" – kann das Geschehene besser nachvollzogen werden. Auch das kann weiter helfen bei (gemeinsamer) Reifung und Heilung. Auch könnte die Möglichkeit bestehen, diese Dokumente nach der Aufbewahrungspflicht von 10 Jahren als Heilungsgeschichte mit nach Hause zu nehmen. In jedem Fall muss auch jetzt schon dafür Sorge getragen werden, dass allen Patienten/-innen die ihnen rechtlich zustehende Akteneinsicht ohne weitere Umstände ermöglicht wird. Zur regelmäßigen, planmäßigen Mitsprachemöglichkeit und zur Zusammenarbeit sollten ebenfalls Behandlungsvereinbarungen, Patientenverfügungen und das schon erwähnte persönliche Budget gehören. Aus Sicht des Netzwerkes gehört der Einsatz von Patientenfürsprechenden nur dann dazu, wenn sie für die Patienten/-innen so zu sprechen sind und für sie sprechen dürfen und können, dass deren Selbstbestimmung nicht noch mehr eingeschränkt wird. Fürsprechende sollten entsprechend geschult werden und Supervision haben dürfen wie auch und besonders (gesetzliche) Betreuer und Betreuerinnen, die dem Betreuten treu sein dürfen und können sollten bzw. vertrauenswürdig sein müssen. 160 Um den gleichberechtigten Umgang miteinander sicherzustellen, fehlt es in Dresden an einer "Unabhängigen Beschwerdestelle Psychiatrie". Diese sollte gemeinsam aufgebaut und mit Mitarbeitern/-innen "trialogisch" besetzt werden, die dort nicht nur ehrenamtlich tätig sind. Es fehlt insgesamt an wirklich selbstbestimmten Arbeitsplätzen und Arbeitsinhalten im Selbsthilfebereich und an allen bereits genannten Mitarbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung. Der Einsatz von Genesungsbegleitern/-innen mit einer „EX-IN“-Ausbildung (siehe unten) bzw. einer „peer to peer“-Ausbildung und der Einsatz der Absolventen/-innen sollte nicht nur auf die PSKB beschränkt sein, sondern auch selbstbestimmte Arbeitsplätze und Arbeitsinhalte im Selbsthilfebereich ermöglichen und Mitarbeit von Hilfeplanung bis Hilfe beim Helfen für professionell Helfende. Ziel soll sein, dass multiprofessionelle Teams nicht mehr ohne gleichberechtigte krisenerfahrene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu denken sind. Die entsprechende Ausbildung sollte als Aus- und Weiterbildung sowie Umschulung für alle Bereiche im Gesundheits- und Sozialwesen einschließlich Verwaltung geplant werden. Also nicht „nur“ für Genesungsbegleiter/-innen, sondern auch für hauswirtschaftliche Hilfen und einen Begleitservice füreinander bis hin zur Dozententätigkeit im Rahmen der Ausbildung zukünftiger professionell Helfender, die irgendwann auch das als Qualitätsmerkmal haben sollte, wie auch die Mitbestimmung bei den Ausbildungsinhalten bis hinein in eine selbstbestimmte Forschung. GESOP gemeinnützige GmbH Gasanstaltstraße 10 01237 Dresden Tel.: (03 51) 21 53 08 60 [email protected] www.gesop-dd.de Exkurs über die EX-IN-Ausbildung EX-IN – Eine Ausbildung für Psychiatrie-Erfahrene EX-IN bedeutet Experienced – Involvement (Erfahrung einbeziehen) und wurde im Rahmen eines Europäischen Pilotprojekts 2005 - 2007 entwickelt. Ziel ist eine Qualifizierung von PsychiatrieErfahrenen (Menschen, die eine schwere psychische Krise durchlebt haben) zu Genesungsbegleitern/innen bzw. Mitarbeitern/-innen in psychiatrischen Diensten oder als Dozenten und Dozentinnen für Lehre und Forschung. Die Beteiligung von durch Erfahrung qualifizierten Experten und Expertinnen soll dazu beitragen, das Wissen über psychische Gesundheit zu verbessern, die Ausbildung und die Kenntnisse psychiatrischer Fachkräfte zu ergänzen und schließlich die Angebote von psychosozialen Einrichtungen und psychiatrischen Diensten weiter zu verbessern, um besser auf den Bedarf ihrer Nutzer/-innen einzugehen und zu ihrer Genesung beizutragen. Bei EX-IN werden die Erfahrungen und die Erkenntnisse von Psychiatrie-Erfahrenen in den Mittelpunkt gestellt. "Expertenwissen aus Erfahrung" trägt bei zu: einem erweiterten Verständnis psychischer Störungen neuem Wissen über genesungsfördernde Faktoren in der Psychiatrie der Entwicklung neuer Methoden und umfassender Inhalte in der Fachkräfteausbildung innovativen Angeboten psychiatrischer Dienste Qualitätssicherung psychosozialer Einrichtungen Für Sachsen wird die Ausbildung in Dresden seit 2012 angeboten. Künftige EX-INler und EXINlerinnen sollen in den verschiedenen Einrichtungen der sozialpsychiatrischen Versorgung Praktika und nach der Ausbildung Arbeitsplätze finden. EX-IN in Sachsen wird unterstützt von der „Sächsischen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e. V.“. Eine gleichberechtigte, multiprofessionelle Zusammenarbeit ist ohne die Beteiligung der Angehörigen nicht denkbar. Gerade für Angehörige muss noch mehr Aufklärungs- und AntistigmatisierungsArbeit geleistet werden. Denn oft fällt den Angehörigen der Umgang mit einer psychischen Erkrankung schwerer, als den Betroffenen selbst. Neben einem weiteren Ausbau von Projekten wie „Betreutes Wohnen in Familie“, sollten die natürlich gewachsenen Familien, die ein betroffenes Mitglied haben, intensiver unterstützt werden. 161 Bewertung der Versorgungssituation für die Angehörigen: Die Kontakte mit den Angehörigen haben in allen Bereichen zugenommen. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Angehörigengruppen einen stärkeren Zulauf haben. Vielmehr geht es um spezielle, individuelle Nachfragen im Sinne einer Einzelberatung. Die Mitarbeiter/-innen der einzelnen Angebote leisten zusätzliche Aufklärungsarbeit, die anderweitig benötigte Kapazitäten bindet. Aufgabe ist es deshalb, den Austausch innerhalb der Angehörigengruppen stärker zu fördern und psychoedukative Angebote auch außerhalb anzubieten. Zur Unterstützung und Hilfe von Angehörigen fehlt es in Dresden an Angeboten zur Psychoedukation speziell für Angehörige in den Kliniken – unabhängig von der Diagnose und auf Wunsch auch bei wiederholtem Klinikaufenthalt des Familienmitglieds. Ein stärkeres Zugehen des Klinikpersonals auf den Angehörigen ist dafür unerlässlich. Um das Familienmitglied besser begleiten zu können, sollten, trotz Schweigepflicht, regelmäßige Angehörigenvisiten oder Angehörigen- und Familiengespräche in der Klinik stattfinden. Auch der Hinweis auf Angehörigengruppen bzw. den Angehörigenverein in den Kliniken ist bisher unzureichend umgesetzt. Angebote zur qualitätsgerechten Psychoedukation und Beratung bzw. Entlastung speziell für Angehörige auf allen Ebenen (Klinik, Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen) – unabhängig von der Diagnose – sind zu etablieren und auszubauen. Für viele Angehörige ergeben sich bei der stationären Aufnahme ihres erkrankten Familienmitgliedes viele Fragen, für deren Beantwortung in der hektischen Klinikroutine kaum Raum bleibt. Der Gesprächs- und Unterstützungsbedarf ist aber enorm und kann von den Behandlern und Behandlerinnen nicht geleistet werden. Ein Angebot auf Augenhöhe, von Betroffenen zu Betroffenen („Peer-to-Peer“) würde diese Lücke schließen helfen. Geschulte Angehörige könnten zu bestimmten Zeiten ratsuchenden Angehörigen zur Verfügung stehen. Sie kennen die Sorgen und Nöte aus eigener Erfahrung, sind aber in deren Verarbeitung bereits ein Stück weiter. Um umfassende Informationen und spezifische Lösungen für jeden Einzelnen besser zu ermöglichen, ist eine starke Vernetzung aller Angehörigengruppen in Dresden von Trägern, Kliniken oder Vereinen notwendig. Wünschenswert ist eine jährlich stattfindende Veranstaltung zur seelischen Gesundheit. Das Zusammenfassen von Eltern und Geschwistern in einer Angehörigengruppe wird dem spezifischen Hilfebedarf nur bedingt gerecht. Es besteht ein hoher Bedarf an ausdifferenzierten Gruppenangeboten, der aufgrund fehlender personeller und organisatorischer Ressourcen nicht durch den Angehörigenverein allein gedeckt werden kann. Notwendig ist die Unterstützung der Gruppen in Form von Schulungen und methodischem Anleiten der Leiterinnen und Leiter. Hier ist eine Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen der Betroffenen denkbar. 6.5. Autorenverzeichnis Redaktionelle Überarbeitung: Dr. Franziska Darmstadt, Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Cordula Cordts, Landeshauptstadt Dresden, Gesundheitsamt Für Zuarbeiten danken wir folgenden Vertreterinnen und Vertretern: Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen (KISS), Landeshauptstadt Dresden, Sozialamt Selbsthilfenetzwerk für Seelische Gesundheit in Sachsen Verein für Angehörige und Freunde psychisch Kranker e. V. Diana Liebig, GESOP gemeinnützige GmbH 162 7. Fortschreibung Die Handlungserfordernisse geben die Orientierung für die zukünftige Weiterentwicklung des Gemeindepsychiatrieverbundes Dresden vor. Die Umsetzung bedarf einer kontinuierlichen Zusammenarbeit aller an der psychiatrischen Versorgung beteiligter Akteurinnen und Akteure. Die Prioritätensetzung obliegt dabei den einzelnen Fachbereichen in enger Abstimmung und unter Einbindung der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft und der Psychiatriekoordinatorin. Nach einem Zeitraum von ca. fünf Jahren ist eine erste Bewertung des Fortschritts – in Form einer Fortschreibung von Teil A des Stadtpsychiatrieplans – geplant. Teil B „Psychiatrische Versorgungsbereiche der Landeshauptstadt Dresden“ bedarf einer regelmäßigen redaktionellen Überprüfung und Aktualisierung der dargestellten Angebotsstruktur in Dresden. 163 8. Abkürzungsverzeichnis abW APP ASD AWG Bado-K BAGüS BBT BBW BFW BGB BMFSFJ BTZ BuA BWF CMA EHVO EW DGCC DGSPJ DHS DPBV GKV ICD-10 IFD IMG JDB JGG JMRV JVA KiElt KISS KJÄD KSV KVS LHD MDK MPD MSD MuKi MVZ 164 ambulant betreutes Wohnen Ambulante Psychiatrische Pflege Allgemeiner Sozialer Dienst Außenwohngruppe Basisdokumentation im komplementären Bereich Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Beratung-Begegnung/Begleitung-Tagesstrukturierung (Beratungsstelle für ältere Menschen mit einer psychischen Erkrankung) Berufsbildungswerk Berufsförderungswerk Bürgerliches Gesetzbuch Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Berufliches Trainingszentrum Belastungs- und Arbeitserprobung Betreutes Wohnen in Familie Chronisch mehrfach Abhängigkeitskranke Eingliederungshilfeverordnung Einwohner/-in Deutsche Gesellschaft für Care und Case Management Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e. V. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. Dresdner Pflege- und Betreuungsverein e. V. Gesetzliche Krankenversicherungen Internationale Klassifikation der Krankheiten Integrationsfachdienst Innovative Manufaktur gGmbH Jugend- und Drogenberatungsstelle (Dresden) Jugendgerichtsgesetz Jugendmaßregelvollzug Justizvollzugsanstalt Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern mit psychischen Belastungen und Erkrankungen Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen Dresden Kinder- und Jugendärztlicher Dienst Kommunaler Sozialverband Kassenärztliche Vereinigung Sachsen Landeshauptstadt Dresden Medizinischer Dienst der Krankenversicherungen Medizinisch Pädagogischer Dienst Mobiler Suchtdienst Sozialtherapeutische Wohngemeinschaft für Mütter/Väter und ihre Kinder Medizinisches Versorgungszentrum OA PIA PSAG PSB PSKB PsychThG PTV Psych-PV RaSop RL-PsySu RPK RV SBB SGB SHG SLS SMKS SMS SpDi SPZ StGB SächsAGSGB SächsGDG SächsPsychKG UAG UN BRK VzK WfbM WHO WST WVO Ortsamt Psychiatrische Institutsambulanz Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Betreuungsangebote Psychosoziale Kontakt- und Beratungsstelle Psychotherapeutengesetz Psychosozialer Trägerverein Sachsen e. V. Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung) Radebeuler Sozialprojekte gGmbH Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe Rehabilitation Psychisch Kranker Rentenversicherung(-sträger) Suchtberatungs- und -behandlungsstellen Sozialgesetzbuch Selbsthilfegruppe Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. Sächsisches Staatsministerium für Kultus und Sport Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Sozialpsychiatrischer Dienst Sozialpädiatrisches Zentrum Strafgesetzbuch Sächsisches Gesetz zur Ausführung des Sozialgesetzbuches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen Sächsisches Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten Unterarbeitsgruppe Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN Behindertenrechtskonvention) Vollzeitfachkraft Werkstatt für behinderte Menschen Weltgesundheitsorganisation (Sozialtherapeutische) Wohnstätte Werkstättenverordnung 165 9. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Versorgungsgebiete des SpDi. Abb. 2: Stationäre Fallzahlen in Dresden von 2008 bis 2010 Abb. 3: Aufgabenschwerpunkte der PSKB 6 Abb. 10: Netzwerkarbeit im Bereich „Suchthilfe“ für Kinder und Jugendliche 69 Abb. 11: Bedarfslagen unterstützender Angehöriger 88 12 19 Abb. 12: Krankheitsverteilung der Klienten/-innen der Einzelbetreuung der Abb. 4: Versorgungsgebiete für die psychosoziale Versorgung in Dresden 19 BBT-Stelle und des Projektes Ambulant Betreutes Wohnen für gerontopsychiatrisch erkrankte Senioren in Trägerschaft des Dresdner Abb. 5: Verteilung der Dresdner Bevölkerung auf die Versorgungsgebiete. 20 Pflege- und Betreuungsverein e. V. im Jahr 2010 (gesamt 47 Klienten/-innen; Mischformen= Demenz + Depression) Abb. 6: Altersstruktur der Versorgungsgebiete. 91 20 Abb. 13: Krankheitsverteilung in der Gerontopsychiatrischen Tagespflege Abb. 7: Dargestellt wird der Anteil der gesamtstädtischen Einkommensquellen am Versorgungsgebiet. Dresden-Prohlis 96 21 Abb. 14: Krankheitsverteilung der Klienten in den Gruppenangeboten der Abb. 8: Anteil der Arbeitslosen und Langezeitarbeitslosen in den Versorgungsgebieten. Abb. 9: Angebote im Bereich Arbeit und Beschäftigung 166 BBT-Stelle im Jahr 2010 (gesamt 32 Klienten) 109 Abb. 15: Betreuungsgrund in den Dresdner SBB im Jahr 2010 122 21 29 10. Tabellenverzeichnis Tab. 1: Einzugsgebiete des SpDi. 6 Tab. 11: Verlauf der Untersuchungszahlen und Anzahl der Kinder in Dresden Tab. 2: Verteilung der Vollzeitkräfte auf die Dienststellen des SpDi. 57 6 Tab. 12: Ausrichtung der PIAs im Bereich der Kinder- und Tab. 3: Bettenzahl und Einzugsgebiete der psychiatrischen Kliniken in Dresden. Tab. 4: Platzzahl der psychiatrischen Tageskliniken in Dresden Jugendpsychiatrie 59 Tab. 13: Stationäre Behandlungsplätze für Kinder und Jugendliche. 62 13 14 Tab. 14: Statistik der BBT-Stelle der AWO Soziale Dienste gGmbH in Tab. 5: Ausrichtung der Psychiatrischen Institutsambulanzen in Dresden 15 Dresden Prohlis Tab. 6: Versorgungsgebiete für die psychosoziale Versorgung in Dresden. 19 Tab. 15: Statistik der BBT-Stelle des Dresdner Pflege- und Betreuungsvereins e.V. in Dresden Gorbitz Tab. 7: Verteilung der Vollzeitkräfte auf PSKB und BBT. 109 109 22 Tab. 16: Daten zur Prävalenz ausgewählter Suchtprobleme in Deutschland Tab. 8: Träger und Platzzahlen des ambulant betreuten Wohnens. 44 und Sachsen 115 Tab. 9: Träger und Platzkapazitäten für Außenwohngruppen. 47 Tab. 17: Verteilung der Vollzeitkräfte der SBB. 121 Tab. 10: Träger und Platzkapazitäten der Wohnstätten. 48 Tab. 18: Entwicklung betreuter Klienten in den SBB 2000 und 2010 im Vergleich 148 167 11. Glossar Case Management "Case Management [...] ist zu einer methodischen Neuorientierung in der Sozialen Arbeit und im Gesundheitswesen geworden. [...] Case Management soll Fachkräfte im Sozial- und Gesundheitswesen befähigen, unter komplexen Bedingungen Hilfemöglichkeiten abzustimmen und die vorhandenen institutionellen Ressourcen im Gemeinwesen oder Arbeitsfeld koordinierend heranzuziehen. Aufgabe ist es, ein zielgerichtetes System von Zusammenarbeit zu organisieren, zu kontrollieren und auszuwerten, das am konkreten Unterstützungsbedarf der einzelnen Person ausgerichtet ist und an deren Herstellung die betroffene Person konkret beteiligt wird. Nicht die Qualitäten als Berater/-in allein sind gefragt, sondern die als Moderatoren mit Letztverantwortung, die im Prozess der Hilfe die Bedürfnisse der Klienten einschätzen, die die Planung und Sicherung der Bereitstellung medizinischer und sozialer Dienstleistungen koordinieren, die Prioritäten setzen und ggf. zukünftig Standards erarbeiten bzw. festlegen und für ihre Einhaltung sorgen. Ziel ist eine Qualitätsgewährleistung, die untrennbar verknüpft ist mit der Sicherung von Konsumentenrechten. Relevant im Case Management ist die Unterscheidung von Fallmanagement (Optimierung der Hilfe im konkreten Fall) und Systemmanagement (Optimierung der Versorgung im Zuständigkeitsbereich). Die Übergänge von Systemmanagement zum Care Management sind fließend." (Nach der Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management, www.dgc.de) Doppeldiagnose Der Begriff Doppeldiagnose bezeichnet das gemeinsame Auftreten eines Missbrauchs oder einer Abhängigkeit von einer oder mehreren psychotropen Substanzen und mindestens einer anderen psychischen Störung. Epidemiologie Die Epidemiologie befasst sich mit der Verbreitung und dem Verlauf von Krankheiten und deren verursachenden Faktoren in der Bevölkerung. Gerontopsychiatrie Die Gerontopsychiatrie beschäftigt sich mit älteren Menschen mit psychischen Störungen - in der Regel ab ca. dem 64. Lebensjahr. ICD-10 Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM), ist die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland. Seit dem 1. Januar 2012 ist die ICD-10-GM Version 2012 anzuwenden. Komorbidität Bezeichnet das gemeinsame Auftreten von psychischen Störungen verschiedener Störungskategorien. Epidemiologische Studien zeigen, dass mindestens ein Drittel der Allgemeinbevölkerung die diagnostischen Kriterien für mehr als eine psychische Störung erfüllt. Mortalität PSAG 168 Ausmaß der Todesfälle im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung oder zu einzelnen Altersklassen. Als zentrales Steuerungsinstrument auf kommunaler Ebene nach § 7 Abs.1 SächsPsychKG wurde bereits 1993 die Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PSAG) in Dresden als beratendes Gremium für den Beigeordneten für Soziales gegründet. Die PSAG tagt fünfmal im Jahr und beschäftigt sich mit Fragen der psychiatrischen Versorgung. Sie festigt die Zusammenarbeit von örtlichen Einrichtungen und Diensten bei der Abstimmung ihrer Leistungsangebote. Sie erarbeitet Empfehlungen zur Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung und initiiert eine aufklärende Öffentlichkeitsarbeit, um die Bürgerinnen und Bürger über seelische Gesundheit, psychische Erkrankungen und Hilfen zu informieren und Vorurteile abzubauen. Die PSAG setzt sich aktuell aus 20 Vertreterinnen und Vertretern aller Bereiche der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung zusammen. Vor grundlegenden Veränderungen in der Versorgungsstruktur ist die fachliche Stellungnahme der PSAG einzuholen. Spezielle Themen werden in zusätzlichen Unterarbeitsgruppen weiterbearbeitet. In diesen können Experten und Akteure mitwirken, die keine Mitglieder der PSAG sind. Zu den ständigen Arbeitsgruppen gehören der „Psychosoziale Arbeitskreis Kinder und Jugendliche“ (Kinder-PSAG), die UAG „Öffentlichkeitsarbeit“ und die UAG „Arbeit und Beschäftigung“. Siehe dazu auch Teil A des Stadtpsychiatrieplans „Psychiatrieplan der Landeshauptstadt Dresden“. Prävalenz Häufigkeit des Vorkommens eines Symptoms bzw. einer Störung/Krankheit in einer definierten Population in einem bestimmten Zeitraum. 169 www.dresden.de/seelische-gesundheit Impressum Herausgeberin Landeshauptstadt Dresden Die Oberbürgermeisterin Gesundheitsamt Psychiatriekoordination Telefon (0351) 4 88 53 61 Telefax (0351) 4 88 53 63 E-Mail [email protected] Büro der Oberbürgermeisterin Abteilung Öffentlichkeitsarbeit Telefon (03 51) 4 88 23 90 Telefax (03 51) 4 88 22 38 E-Mail [email protected] Postfach 12 00 20 01001 Dresden www.dresden.de Zentraler Behördenruf 115 – Wir lieben Fragen Endredaktion: Dr. Franziska Darmstadt, Cordula Cordts, Karin Wehner März 2014 Kein Zugang für elektronisch signierte und verschlüsselte Dokumente. Verfahrensanträge oder Schriftsätze können elektronisch, insbesondere per E-Mail, nicht rechtswirksam eingereicht werden. Dieses Informationsmaterial ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Landeshauptstadt Dresden. Es darf nicht zur Wahlwerbung benutzt werden. Parteien können es jedoch zur Unterrichtung ihrer Mitglieder verwenden. 140325_Deckblatt_psychatrieplan.indd 3 25.03.2014 13:32:48