Richtlinien psychosoziale Betreuung von uniformierten Mitarbeitern

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Richtlinien
psychosoziale Betreuung
von uniformierten
Mitarbeitern
ISBN 978-90-78273-12-7 / NUR 740
Richtlinien
psychosoziale Betreuung
von uniformierten
Mitarbeitern
Teilnehmende Organisationen
Impact ist das niederländische
Forschungs- und Beratungszentrum
für psychosoziale Betreuung nach
traumatischen Ereignissen. Ziel
von Impact ist die Förderung
hochwertiger und adäquat
organisierter psychosozialer
Betreuung nach traumatischen
Ereignissen. Zu den Aufgaben
von Impact gehört das
Zusammenführen von Erfahrungen
mit wissenschaftlichen Erkenntnissen,
die verständliche Vermittlung
entsprechenden Wissens, dessen
Bereitstellung für verschiedene
Zielgruppen sowie die Förderung der
Zusammenarbeit von sämtlichen
beteiligten Akteuren. Impact
arbeitet aber auch daran, Menschen
besser auf traumatische Ereignisse
vorzubereiten und möchte der
psychosozialen Betreuung einen
festen Platz auf der Agenda
von Krisenmanagern zuweisen.
Impact ist Partner von Arq, einer
niederländischen Vereinigung von
Experten für psychische Traumen.
Impact
Niederländisches Forschungsund Beratungszentrum für
psychosoziale Betreuung
nach traumatischen Ereignissen
Nienoord 5
NL- 1112 XE Diemen
T +31 (0)20 660 1901
www.impact.arq.org
[email protected]
Präambel
psychosoziale Betreuung
von uniformierten
Mitarbeitern
Europäische Richtlinien
2
Impressum
Diese Preambel wurde von der Europäischen Kommission gefördert - DG Environment, N° 070401/2009/540414/SUB/A4 - EUTOPA-IP.
Konzeption
Impact, Niederländisches Forschungs- und Beratungszentrum für psychosoziale Betreuung nach traumatischen Ereignissen.
Autor
Nils Burger, MSc, Policy Analyst für Forschung und Entwicklung bei Impact
Endredaktion
Hans te Brake, PhD, Senior Policy Analyst für Forschung und Entwicklung bei Impact
Magda Rooze, MA/MBA, Senior-Ratgeberin und Beauftragte für EU Angelegenheiten), Impact/Arq
Design
Burobraak, Amsterdam
Druck
Wheel Printing, Katwijk
Veröffentlichung
Januar 2012
© 2012 IMPACT, PARTNER IN ARQ
Die Verwendung des Inhalts dieser Richtlinien als Erklärung oder unterstützendes Argument in Artikeln, Büchern und wissenschaftlichen Arbeiten
ist unter der Voraussetzung gestattet, dass die Quelle eindeutig erwähnt wird..
Diese Publikation kann bei Impact, dem niederländischen Forschungs- und Beratungszentrum für psychosoziale Betreuung nach traumatischen
Ereignissen, bestellt werden.
Nienoord 5
1112 XE Diemen
Niederlande
+31 20 660 1901.
E-mail: [email protected].
Diese Zusammenfassung ist ebenso wie die vollständigen Richtlinien in niederländischer Sprache als PDF auf der Website von Impact per Download
zugänglich: www.impact.arq.org
Präambel Einführung
3
Einführung
In einer Reihe von Berufen besteht ein erhöhtes Risiko, mit potenziell traumatischen Ereignissen in Berührung zu kommen.1 In diesem Zusammenhang wird oftmals das Militär als Beispiel
angeführt, doch auch für Polizisten und Feuerwehrleute besteht ein erhöhtes Risiko, sich plötzlich mit unerwarteten, intensiven, ja gewalttätigen Ereignissen auseinandersetzen zu müssen.
Zur Verbesserung der psychosozialen Unterstützung für Mitarbeiter in Uniform wurde in den
Niederlanden eine Reihe von Richtlinien entwickelt (siehe beigefügtes Dokument). Der Zweck
der vorliegenden Präambel besteht darin, diesen Richtlinien zur Psychosozialen Betreuung
von uniformierten Mitarbeitern (nachstehend als „die Richtlinien“ bezeichnet) auch auf europäischer Ebene Geltung zu verschaffen.
Warum europäische Richtlinien?
Die Regierung der Niederlande, uniformierte Dienstleister2 (USOs) und Beauftragte für die psychische Gesundheit von Mitarbeitern – diese Stellen bzw. diese Personengruppe empfinden
die Notwendigkeit klar definierter Standards zum Thema psychosoziale Betreuung nach traumatischen Zwischenfällen. Deshalb wurden auf Beweisen basierende, fachbereichsübergreifende Richtlinien zur psychosozialen Betreuung von uniformierten Mitarbeitern entwickelt3.
Diese Richtlinien beschreiben die Art und Weise, wie uniformierte Dienstleister eine optimale
psychosoziale Betreuung für ihre Mitarbeiter leisten können. Im Mittelpunkt steht hierbei das
Prinzip des Peer Support (d. h. Betroffene helfen Betroffenen).
„Warum europäische Richtlinien?“ fragt man hier vielleicht. Zunächst ist festzustellen, dass
insgesamt nur wenige Richtlinien zur psychosozialen Betreuung von uniformierten Mitarbeitern vorliegen4. Darüber hinaus gab es bislang keinen systematischen, auf Beweisen basierenden Überblick von Empfehlungen für einen wirksamen Einsatz des Peer Support-Prinzips.
Gleichzeitig besteht international der Wunsch nach mehr (beweisbasiertem) anwendbarem
Wissen.
Zweck und Struktur der Präambel
Die in den Niederlanden entwickelten Richtlinien entstanden z. T. aus den in diesem Land
herrschenden Verhältnissen heraus. Die vorliegende Präambel gibt eine überblicksartige
Darstellung des internationalen Konsens und der Diskussionen über Richtlinien zur psychosozialen Betreuung von uniformierten Mitarbeitern. Besondere Aufmerksamkeit erhält hierbei
der Peer Support kurz nach Eintreten eines potenziell traumatischen Ereignisses. Wir hoffen,
dass sich die Richtlinie als Einheit stiftender Entwurf für Länder erweist, die selbst vorhaben,
1
Impact/Trimbos, 2007; Impact, 2008
Insbesondere die niederländische Polizei, Feuerwehr, Kranken-, Militär- und Rettungspersonal.
Impact, 2010
4 Es wurden zwei (einigermaßen) vergleichbare Richtlinien entwickelt: die eine vom Australian Centre for Posttraumatic Mental Health (unter
Verwendung der Delphi-Methode wurden Richtlinien im Zusammenhang mit verschiedenen Problemen zum Thema Peer Support entwickelt), die
andere im Vereinigten Königreich: die NICE-Richtlinien („NICE“ steht für „National Institute for Health und Clinical Excellence“).
2
3
4
Präambel Einführung
(zusätzliche) Richtlinien zu entwickeln, die sich in ihren spezifischen nationalen Kontext einfügen. Darüber hinaus ist die Präambel auch Ausgangspunkt für eine breitere Entwicklung auf
dem Weg zu einer allgemein anerkannten, europäischen Richtlinie.
Nach einer Erklärung zur Entstehung der Synthese stellen wir die Kernthemen vor, hinsichtlich
derer ein Konsens herrscht, aber auch jene, um die die Diskussion kreist. Schließlich wird auch
eine Reihe allgemeiner Schlussfolgerungen formuliert. Wir möchten an dieser Stelle darauf
hinweisen, dass ein optimales Verständnis der Präambel möglich ist, wenn man sie mit der
Zusammenfassung der Richtlinien liest.
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
5
Die Richtlinien aus
europäischer Sicht
Methode
Grundlagen der Richtlinien: Beweis, Erfahrung und Konsens
Die niederländischen Richtlinien basieren auf folgenden Prinzipien:
1 Beweise: wissenschaftliche (Literatur-)Recherchetätigkeit
2 Erfahrung: Empirisch begründete Erkenntnisse aus Diskussionen mit Fokusgruppen im Verein
mit dem praxisbasierten Wissen der 33 Mitglieder der Fachausschüsse
3 Konsens: Durch Zusammenführen sämtlicher Akteure in verschiedenen Fachausschüssen
wurde ein Konsens zu den zentralen Themen erzielt
Eine detailliertere Diskussion der Methodologie findet sich in der ausführlichen Zusammenfassung.
Welche zusätzliche Recherchetätigkeit erfolgte für die Präambel?
Zum Verständnis der Relevanz und der Unterstützung für die Richtlinien in einem europäischen
Kontext gelangten drei Methoden zur Anwendung: eine internationale Konferenz, ein unter
Experten verteilter Fragebogen sowie eine Durchsicht vorhandener Literatur. Im September
2010 fand die Amsterdamer Konferenz statt, an der 25 Experten aus zehn Ländern teilnahmen. Miteinander kommentierte man dort die Richtlinien und erörterte deren Anwendbarkeit
im jeweiligen nationalen Kontext. Darüber hinaus gaben Experten, denen eine Teilnahme
an der Konferenz nicht möglich war, ihr Feedback in Form eines Fragebogens ab.5 Zudem
hatten alle zu Rate gezogenen Experten (Teilnehmer wie Nichtteilnehmer an der Konferenz)
die Gelegenheit, ihr Feedback zum Entwurf der Präambel abzugeben.6 Drittens erfolgte eine
ausgiebige Durchsicht vorhandener Literatur mit dem Ziel einer Bewertung der Beweisbasis der Richtlinien. Dabei wurden drei Datenbanken7 durchsucht und damit mehr als 3.600
Publikationen, in denen die eingegebenen Suchbegriffe entweder im Titel oder im Abstract
vorkamen.8 Zwei unabhängige Prüfer lasen die Abstracts durch und beurteilten dann die Relevanz der Publikationen für die Entwicklung der Richtlinien.9 Waren sich die Prüfer über die
Relevanz uneins, wurde ein dritter Prüfer zu Rate gezogen. Auf Basis dieser Methode wurden
5
Es wurden 18 Experten befragt (einige Konferenzteilnehmer sowie sämtliche Experten, die nicht an daran teilnehmen konnten). 17 Experten gaben
ihren Input durch Beantwortung von Multiple-Choice-Fragen und Begründung der eigenen Antworten in Form schriftlicher Erläuterungen.
Die unten erwähnten Personen nahmen entweder an der Konferenz teil und/oder füllten den Fragebogen aus. Im Dezember 2011 bat man die
Experten um Feedback zur Präambel. Alle Fachleute, die hierzu ihr Feedback abgaben, halten diese für eine solide Zusammenfassung des international bestehenden Konsens sowie der Diskussionen über Richtlinien für die psychosoziale Betreuung von Mitarbeitern in Uniform.
7 PubMed, PsycINFO und Embase.
8 Unter Verwendung von Suchbegriffen, die mit dem Thema Dienstleister in Uniform, Kontakt mit potenziell schockierenden Ereignissen, Einsätzen
und Handlungen, Ergebnismessungen in Zusammenhang mit Funktionieren und Nichteinsatzfähigkeit sowie eine Kombination aus diesen Begriffen. Die Suche konzentrierte sich vor allem auf Publikationen aus der Zeit zwischen Januar 1995 und Mai 2010.
9 Es gab folgende Aufnahmekriterien: 1) System/Prozess: mindestens eine Aktivität in Zusammenhang mit Prävention, Entdeckung (Exposition,
Prävalenz, Symptome), Linderung oder Besserung; 2) Ergebnisse: mindestens eine in Zusammenhang mit Gesundheit stehende Auswirkung (potenzieller) Exposition; 3) (sorgfältige) Untersuchung der Wirksamkeit; 4) Kontext: Dienstleister in Uniform.
6
6
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
199 Publikationen ausgewählt. Diese wurden dann auf Grundlage des Themas/der Themen
kategorisiert, auf das/die sie sich hauptsächlich bezogen.10
Die Mehrheit der betreffenden Publikationen behandelt die Ursachen psychischer Traumen
(29 %), Symptome psychischer Traumen (20 %) sowie das verstärkte Vorkommen psychischer
Traumen (20 %). Weniger als die Hälfte der Artikel untersucht, welche Maßnahmen ergriffen
werden können, um die Symptome psychischer Traumen im Vorfeld zu verhindern oder zu
heilen. Prävention, Behandlungsmethoden (z. B. Augenbewegungs-Desensibilisierung und
Neuordnung, im Englischen mit „EMDR“ abgekürzt) und die Rolle des Debriefing stehen bei
weitem am häufigsten im Mittelpunkt der Forschung. Lediglich fünf Publikationen behandeln speziell das Thema Peer Support – was darauf hindeutet, dass es sich hier um einen
besonders vernachlässigten Forschungsbereich handelt. Darüber hinaus lohnt der Hinweis
auf die Tatsache, dass sich die Literatur überwiegend auf Militärpersonal (53 %) konzentriert.
Am zweithäufigsten ist die Polizei Gegenstand entsprechender Untersuchungen (13 %) gefolgt von Rettungspersonal im Allgemeinen11 (11 %), medizinischem Notfallpersonal/Sanitäter
(10 %) und Feuerwehrleuten (6 %).
Kernthemen
Auf Basis der Durchsicht vorhandener Literatur, der Konferenz und des Fragebogens widmet
sich der vorliegende Abschnitt vor allem dem Konsens und der Diskussion im Zusammenhang
mit der Anwendung der niederländischen Richtlinien im internationalen Kontext. Die drei
von Mrazek & Haggerty12 bei der psychosozialen Betreuung nach Schockereignissen unterschiedenen Phasen (Vorbereitung, Peer Support und Monitoring sowie Übergabe an professionelle Betreuung) fungierte als Ordnungsprinzip für die Kernthemen.
Vorbereitung: Auswahl und Verantwortlichkeiten des Arbeitgebers
Mitarbeiterauswahl als Methode zur Prävention psychosozialer Traumen
Ausgehend von der Phase der Vorbereitung haben Konferenz, Durchsicht vorhandener Literatur und Expertenausschuss dazu beigetragen, Probleme herauszuarbeiten, die im internationalen Kontext von besonderem Interesse sind. Eines dieser Probleme ist die Auswahl
der Mitarbeiter. Nach Expertenauffassung ist es in gewissem Maß möglich, psychosoziale
Risiken zu reduzieren, die sich aus potenziellen Schockereignissen ergeben, wenn man für
die uniformierte Tätigkeit Mitarbeiter auswählt, die über eine relativ große Widerstandskraft verfügen und die vergleichsweise stressresistent sind.13 Darüber hinaus wird auch
regelmäßig erwähnt, dass Menschen einen Beruf ergreifen, in dem sich potenzielle Schockereignisse so häufen, dass bei ihnen eine Traumatisierung wahrscheinlicher wird.14 Leider gibt
es keine ausreichend präzisen Instrumente zur Empfehlung von Screenings auf ‚psychische
Anfälligkeit‘.15Aus der Literatur geht jedoch in einem allgemeineren Sinne hervor, dass es
10
NB: eine Publikation kann sich mehr als einem Thema widmen. Im Schnitt wurden jeder Publikation 1,2 Themen zugewiesen.
Medizinisches Notfallpersonal, Feuerwehrleute und Polizei
Mrazek & Haggerty, 1994
13 Beachtenswert: Nur 12,5 % des Expertenausschusses war der Meinung, dass es möglich sei, das psychosoziale Risiko nach Schockerlebnissen
ausschließlich durch Selektion zu senken.
14 Paton, 2005
15 Rona et al., 2006; Jones et al., 2003; Wesseley, 2005; Heslegrave und Colvin 1998.
11
12
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
7
sehr schwer ist, präzise vorherzusagen, wer nach einem potenziell schockierenden Ereignis
ein psychosoziales Trauma entwickelt und wer nicht. Unter Berücksichtigung dieser Tatsache
liegen gewisse Möglichkeiten eventuell in der Prävention psychosozialer Traumen durch
Trainings/Schulungen und Stress-Briefings vor dem Einsatz.16
Vorbereitung und Verantwortlichkeiten des Arbeitgebers
Ein weiteres Problem: die Verantwortung des Arbeitgebers sowohl bei der Vorbereitung uniformierter Mitarbeiter auf potenziell traumatische Ereignisse als auch bei der Betreuung nach
Eintreten eines solchen Ereignisses. Man ist sich allgemein einig, dass, wie auch in den Richtlinien angedeutet, Arbeitgeber mitverantwortlich sind, wenn es darum geht, Mitarbeiter
auf potenzielle Schockereignisse vorzubereiten. Geschehen kann dies beispielsweise durch
Bereitstellung psychologischer Informationen17, durch Einnehmen einer aufmerksamen Beobachtungshaltung (welche Reaktionen sind normal, wann besteht Anlass zur Besorgnis?) und
durch Förderung von adäquatem Verhalten, wenn nach Hilfe gesucht wird.
Einigkeit besteht darüber hinaus auch hinsichtlich der Tatsache, dass Arbeitgeber allgemeine Verantwortung für die psychosoziale Betreuung ihrer Mitarbeiter tragen18. In mehreren
Ländern ist die Verantwortung der betreffenden Organisation in gewissem Umfang gesetzlich
geregelt. Das Thema psychosoziale Betreuung findet sich auch in der europäischen Arbeitsgesetzgebung wieder. Die Rechtsgrundlagen sind allerdings von Land zu Land stark verschieden und scheinen allgemein nicht ausreichend, um adäquate psychosoziale Betreuung
zu gewährleisten. Zudem betonen mehrere Experten, psychosoziale Betreuung sei auch eine
moralische Verantwortung der betreffenden Unternehmen. Alles in allem ist die überwiegende Mehrheit der Personen, die den Fragebogen beantworteten – nämlich 88,2 % – (völlig)
mit der Aussage einverstanden, ein formalisierter Peer Support gehöre in das Tätigkeitsfeld
Uniformierter eingearbeitet und die entsprechende Initiative läge in der Verantwortung des
Arbeitgebers.19
Das dritte Argument – jenseits rechtlicher und moralischer Erwägungen – lautet, dass ein
Arbeitgeber kostengünstiger arbeiten kann, wenn Prävention und psychosoziale Betreuung
die gebührende Aufmerksamkeit erhalten. Es gibt nur sehr wenige Untersuchungen zu den
Kosten, die Mitarbeiter generieren, welche infolge traumatischer Ereignisse nicht mehr arbeitsfähig sind.20 Auf Grundlage vorliegender Recherche-Ergebnisse und von Experten- Erwartungen können die Kosten in der Tat beträchtlich sein und sich in medizinischen Aufwendungen,
Produktivitätseinbußen und zusätzlicher Zeit niederschlagen, die Führungskräfte investieren
müssen, um sich mit den verschiedensten Problemen auseinanderzusetzen, die mit dem
Rückgang der Mitarbeiterleistung einhergehen. Gar nicht zu reden von den Kosten (finanzieller Natur, aber auch mit Blick auf die Lebensqualität), die für Personen entstehen, die solche
Traumen erleben. Aber auch der Gesellschaft entstehen Kosten. Viele Experten sind der Auffassung, dass das finanzielle Risiko, das mit psychischen Traumen einhergeht,
16
Sharpley et al., 2008; Deahl et al., 2000.
Die psychologischen Informationen sind darauf ausgerichtet, das praktische Selbstbewusstsein von Arbeitnehmern in Uniform durch SichEingestehen und Anerkennung der gemachten Erfahrung zu steigern.
18 Der Expertenausschuss war sich darin einig, dass der Arbeitgeber in gewissem Umfang für die psychosoziale Betreuung mitverantwortlich ist
19 Keiner der Befragten widerspricht dieser Aussage.
20 Einzige hervorhebenswerte Ausnahme: Haagsma et al., 2011.
17
8
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
von den Arbeitgebern nicht ausreichend gewürdigt wird – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass nicht ausreichend viele wirksame Initiativen ergriffen werden.21
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die Kombination aus rechtlich verbriefter und moralischer
Verantwortung zusammen mit ökonomischen Argumenten aber nicht ausreichend, um Mitarbeiter zu schützen. Wir hoffen, dass die Richtlinien aufgrund ihrer empirischen Grundlagen
und praktischen Anwendbarkeit hier als zusätzlicher Anreiz fungieren.
Organisierter Peer Support
Peer Support in Bezug auf andere Formen der Unterstützung und organisatorischen Instrumenten
Das Vorhandensein einer unterstützenden Umgebung spielt bei der Stärkung der Widerstandsfähigkeit uniformierter Mitarbeiter eine Schlüsselrolle.22 Die Richtlinien konzentrieren ihre
Aufmerksamkeit vor allem darauf, wie dieser Kontext von den uniformierten Mitarbeitern
selbst zur Verfügung gestellt werden kann. Was bedeutet, dass die Aufgabenstellung von
„organisiertem Peer Support“ darin besteht, Kollegen zu unterstützen, die ein schockierendes
Ereignis erlebt
Im Einklang mit dem aktuellen Forschungsstand und den Richtlinien sind sich die Experten
der Amsterdamer Konferenz darin einig, dass Peer Support eine sehr wichtige Methode des
Signalisierens psychosozialer Probleme und möglicherweise auch der Förderung der Widerstandsfähigkeit darstellt. Hinsichtlich der empirischen Grundlagen gibt es nur geringfügige
Forschungen zu Bedeutung und Wirkung von Peer Support. Die systematische Durchsicht
vorhandener Literatur dokumentiert dies recht eindrucksvoll: fünf Artikel (von insgesamt
3.600) widmen sich explizit dem Thema Peer Support.
Ein Aspekt, unter dem die vorhandene Literatur einen wertvollen Fundus darstellt, ist die
Tatsache, dass sie einige interessante Vorteile/Stärken von Peer Support (im Vergleich zu
professioneller Betreuung) nennt. In Uniform tätige Personen sind soziologisch tendenzmäßig
eine geschlossene Ingroup, bei der das Heranziehen professioneller psychologischer Hilfe
als Schwäche, Feigheit oder Unfähigkeit zur effektiven Ausübung seiner Tätigkeit ausgelegt
werden kann. Im Gegensatz dazu gelten beruflich mit Psychologie tätige Personen als Outgroup, die die Kultur uniformierter Dienstleister (USOs) nicht verstehen.23 Innerhalb dieser komplizierten Rahmenbedingungen stellt Peer Support in USOs eine leicht verfügbare Hilfe dar,
ohne die mancher Mitarbeiter in Uniform sich die Symptome erst dann eingestehen würde,
wenn sie bereits sehr intensiv sind. Mehr noch: Peer Support kann auch eine Präventivwirkung
auf die Entwicklung traumatischer Symptome entfalten.24 Um es mit Levenson und Dwyer zu
sagen: „Peer Support in einer Krise erleichtert die psychische Verarbeitung und Trauer und
macht es Notfalldienstmitarbeitern möglich, wirksam mit tragischen Ereignissen umzugehen,
um ihre Arbeit weiterhin effizient und zufrieden durchführen zu können.“25
Neben Peer Support gibt es aber auch noch andere soziale Bindungen, die beim SupportProzess eine Rolle spielen. Mehrere Studien untersuchten, wer die wichtigsten Menschen im
21
EUTOPA-IP Amsterdam Konferenz, 2010.
CREST, 2003; Impact/Trimbos, 2007; Forbes et al., 2007.
23 Dowling et al., 2005; Levenson und Dwyer, 2003.
24 Ryan und MacLochlainn, 1995; Dowling et al., 2005; Levenson und Dwyer, 2003.
25 Levenson and Dwyer, 2003.
22
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
9
Umfeld einer Person sind, die kurz zuvor ein schockierendes Ereignis erlebte. De Soir26 fand
heraus, dass gleich nach dem Ereignis zunächst einer der Kollegen, gefolgt von der Familie und dann der Vorgesetzte als wichtig angesehen wird.27 Nach mehreren Wochen entwickelte sich der Vorgesetzte zur wichtigsten Person, gefolgt von Familie, und an dritter Stelle die
Kollegen. Ein weiteres Beispiel: Recherche mit Truppen im Feldeinsatz. Die Ergebnisse zeigen,
dass Militärpersonal, das über ein privates Umfeld verfügt, relativ stabil und weniger anfällig
für psychische Traumen ist.
Dies unterstreicht die Tatsache, dass Peers (also Gleichartige, andere Betroffene) wichtig für
Mitarbeiter in Uniform sind, die soeben ein potenziell traumatisches Ereignis erlebten – andere
Menschen sind aber ebenfalls wichtig. Die per Fragebogen und auf der Amsterdamer Konferenz zu Rate gezogenen Experten könnten sich hier nicht einiger sein: beinahe alle Experten
sind der Überzeugung, dass neben Kollegen auch Vorgesetzte, Familie und Sozialarbeiter
wichtig sin
Eine unter diesem Gesichtspunkt besonders interessante Kategorie ist Religion. Alle Experten
sind sich einig, dass ihr bei der psychosozialen Betreuung eine wichtige Rolle zukommt.28
Deutschland ist das vielleicht deutlichste Beispiel, wo dies auch entsprechend umgesetzt wird:
die psychosoziale Betreuung in Deutschland erfolgt durch Notfallgeistliche. Und auch auf
Auslandsmissionen begleitet ein Notfallgeistlicher die uniformierte Gruppe. Einen Peer Support jedoch, wie er in den Richtlinien beschrieben wird, gibt es erst seit kurzem.
Erweitern wir unsere Perspektive und betrachten noch weitere Alternativen zur direkten interpersonellen Betreuung, zeigt die Literatur, dass es noch andere Variablen gibt, die das psychosoziale Wohlbefinden uniformierter Mitarbeiter, die kurz zuvor ein potenziell traumatisches
Ereignis erlebten, beeinflussen können. Zu diesen Variablen zählen u. a.:
• Organisationskultur / Glaubensstrukturen von Mitarbeitergruppen: Experten und die
Literatur berichten von großen Unterschieden bei der Akzeptanz von Peer Support durch
uniformierte Mitarbeiter sowie der Akzeptanz der Tatsache, dass sich ein Ereignis auf
psychosozialer Ebene traumatisch auswirken könnte.29 Von Unterschieden zwischen einzelnen Organisationen, z. B. zwischen Feuerwehr und Militär, wird ebenso berichtet wie
von Unterschieden zwischen einzelnen Ländern.
• Gruppenzusammenhalt und Vertrauen unter Kollegen:30 dieser Themenbereich erörtert
Fragen wie z. B. „Fühlen Sie sich unter Ihren direkten Kollegen körperlich wie seelisch
sicher?“ „Können Sie sich auf direkte Kollegen verlassen und von diesen Unterstützung
erhalten?“
• Leadership und die Rolle von Führungskräften: die Literatur thematisiert im Allgemeinen
auch Formen von Leadership / Management (z. B. hierarchisches Leadership im Gegensatz zu befähigendem/coachendem Leadership) und untersucht v. a. die Frage, was
Vorgesetzte bei potenziell schockierenden Ereignissen tun.31
26
PM Publikationsjahr
Menschen, die kurz zuvor (im Laufe der vorherigen Woche) ein potenziell traumatisches Ereignis erlebten, sollten (mittels eines Fragebogens)
beantworten, wer sie am stärksten unterstützt. Dieselbe Frage wurde drei Monate später erneut gestellt.
28 100 % der Befragten nannten Religiosität als Faktor, der Betroffene psychosozial unterstützen kann.
29 Dowling et al., 2005; Levenson und Dwyer, 2003.
30 Svensson & Fridlund, 2008; Brailey, 2007.
31 Castro, 2009
27
10
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
Diese Variablen lassen sich als Abstand-Nehmen vom konkreten, potenziell traumatischen
Ereignis ansehen; hier wird betrachtet, welche organisatorischen Variablen – oft als berufliche
Stressoren beschrieben – die Entwicklung psychosozialer Traumen beeinflussen.
Auch dieser Bereich ist wenig erforscht. Es gibt daher nur wenige konkrete Beweise über das
Ausmaß, in dem diese Variablen/Instrumente hilfreich bei der Senkung von durch Traumen
verursachten Stresssymptomen sind; die Auswirkungen von Gruppenzusammenhalt wurden
bislang vielleicht am intensivsten untersucht. Für die Zukunft sollten diese Instrumente/Variablen näher untersucht werden, z. B. mit Blick auf ihre Wirkung und darauf, in welcher Form
sie sich am besten umsetzen lassen.
Peer Support und sein Umfang
Die Aufgaben des Peer Support gemäß Auflistung in den Richtlinien sind nach Überzeugung
der teilnehmenden Experten wichtige Aufgaben, die von den Peer Support Leistenden in
jedem Land wahrgenommen werden sollten. Hierzu zählen:
1 Bereitstellung praktischer Unterstützung;
2 Anregen eines gesunden Genesungsprozesses;
3 Früherkennung möglicher (psychosozialer) Probleme und rechtzeitige Übergabe an entsprechend geschultes Personal;
4 Monitoring des Genesungsprozesses;
5 Aktivierung des sozialen Netzwerkes;
6 Aufmerksamkeit für (negative) Reaktionen aus dem Umfeld.
Zunächst einmal sollte hier erwähnt werden, dass die aktuelle Situation in den verschiedenen
Mitgliedsstaaten nicht oder nur teilweise im Einklang mit diesen Aufgaben steht: Peer Support
gibt es nicht in jedem EU-Mitgliedsstaat, zumindest nicht bei allen Einheiten, die in Uniform
Dienst leisten. Zweitens sind die Richtlinien mit Blick auf die Festlegung von Aufgaben explizit
so gestaltet, dass sie keine therapeutischen Aufgaben enthalten. Denn Therapie, so heißt es
in den Richtlinien, ist etwas, das nur von einem professionellen Therapeuten geleistet werden
sollte. Lässt man uniformierte Mitarbeiter an ihren Kollegen eine (und sei es auch nur leichte)
Therapie durchführen, kann es zu einer Verschlimmerung des Traumas führen, weil Mitarbeiter in Uniform nicht ausreichend geschult und erfahren sind, um Therapien durchzuführen.
In mehreren Ländern wird eine therapeutische Komponente des Peer Support praktiziert, z.
B. in Dänemark, aber auch in Kanada. Das kanadische Programm mit dem Titel Operational Stress Injury Social Support (OSISS) leistet vertraulichen Peer Support und soziale Betreuung für Veteranen und deren Familien, die infolge eines Militäreinsatzes unter bestimmten
Stressstörungen leiden. Die wenigsten Experten halten diese therapeutische Komponente
für wünschenswert,32 wodurch allerdings nicht ausgedrückt werden soll, dass Experten der
Meinung seien, Peer Support sei eine Form der Sorge um das seelische Wohl von Patienten:
die meisten Personen, die den Fragebogen beantwortet haben, gehen (völlig) konform mit
der Aussage, dass Peer Support zur Vermeidung seiner Erhebung zum medizinischen Prob-
32
40% of the respondents in the digital board believes that peer supporters should do more than detection, alerting, advice for referral and long-term
monitoring.
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
11
lem nicht als eine Form der Sorge um die seelische Gesundheit des Betreffenden dargestellt
werden sollte. Darüber hinaus glauben 81% derjenigen, die den Fragebogen beantworteten,
nicht, dass Peer Support Leistende imstande sein sollten, Aufgaben von psychologischem
Fachpersonal wahrzunehmen.
Betrachtet man hier die Literatur, zeigt sich eine ähnliche, wenn auch eher implizite Diskussion
über die Erhebung des Peer Supports zum medizinischen Problem. Einerseits gibt es Autoren,
die die Aufgaben des Peer Support weitgehend so beschreiben wie die Richtlinien.33 Dowling
et al. z. B. forschten zu den Aufgaben von Peer Support Leistenden im „Police Department“ der
Stadt und des Bundesstaates New York und kamen zu dem Schluss: „die Rolle [der Peer Support Leistenden] besteht darin, Screenings durchzuführen, zu unterstützen und als Brücke zu
professioneller Hilfe zu fungieren“’.34 Andererseits gibt es aber auch Forscher, die Peer Support
als Teil oder leichte Form professioneller psychologischer Betreuungsarbeit betrachten.35 So
beschreibt z. B. Linton, dass er „ein Team einsetze, dass sowohl aus psychologischem Fachwie auch aus Peer Support-Personal“ besteht, wenn er die Technik des Critical Incident Stress
Management (CISM) anwendet. 36
Die Auswirkungen verschiedener Formen des Peer Support wurden noch nicht genügend
erforscht, um eindeutig behaupten zu können, dass eine Therapie, die Peer Support Leistende
übernehmen, negative bzw. positive Wirkung zeitigt.37 Es besteht allerdings ein Konsens –
sowohl bei den Forschungsergebnissen als auch unter Experten –, dass sämtliche in den Richtlinien erwähnten Aufgaben des Peer Support wirklich von Bedeutung sind. Aufgrund seines
begrenzten Umfangs könnte man die Behauptung wagen, es handle sich um eine „narrensichere“ Form des Peer Supports, die sich nach Auffassung einiger Experten noch um eine
therapeutische Komponente erweitern ließe.
Zum Leisten von Peer Support erforderliches Wissen und Erfahrung
Wer sollte Peer Support leisten? Diese Frage wird von Land zu Land sehr verschieden beantwortet. Auch hier erweisen sich die Richtlinien als gemeinsamer Nenner, auf den sich in
einigen Ländern zusätzliche Kompetenzen/Anforderungen aufbauen lassen. In der Literatur38 und bei den Experten der Amsterdamer Konferenz standen/stehen für Menschen, die in
Zukunft einmal Peer Support leisten wollen, folgende Auswahlkriterien im Mittelpunkt:
• Akzeptanz, Respekt und Vertrauen bei Anderen;
• robuste, energetische Persönlichkeit;
• Fähigkeit zum Zuhören, Empathie und allgemein stark ausgeprägte interpersonelle Fähigkeiten
Es gibt allerdings einige Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Wichtig ist z. B. die
Auswahl von Peer Support Leistenden, die selbst traumatische Symptome aufweisen (Anwendung der Methode des „verwundeten Heilers“). In Kanada muss Personen, die Peer Support leisten, eine Krankheit diagnostiziert worden sein, die eine gewisse Beziehung zu ihrem
33
Hattingh, 2002; Dowling et al., 2005;
Dowling et al., 2005: 870.
35 Linton, 1995; Ryan K, MacLochlainn, 1995.
36 Linton, 1995.
37 Die vorhandene Literatur unterscheidet oftmals nicht explizit zwischen therapeutischem und nicht-therapeutischem Einsatz von Peer Support.
38 Castro, 2009
34
12
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
Einsatz aufweist wie z. B. Depression, Sucht oder Angststörung. Ihr Genesungsprozess sollte
auf einem guten Wege, Symptomfreiheit aber noch nicht gegeben sein. Es wird davon ausgegangen, dass die Tatsache, selbst eine Krankheit zu haben, Peer Support Leistenden dabei
hilft, ihre Kollegen besser zu verstehen und ihnen damit auch wirksamer helfen zu können.
In anderen Ländern wie Deutschland und Dänemark gelangt dieser Ansatz allerdings nicht
zur Anwendung. Einer der Gründe: es hatten sich Komplikationen ergeben, weil Peer Support Leistende sich mit ihrem eigenen Trauma auseinandersetzen mussten, da während der
Peer-Support-Gespräche etwas in ihnen ausgelöst wurde. Weiterer möglicher Grund für den
Verzicht auf den Einsatz der Methode des verwundeten Heilers: man geht davon aus, dass
Peer Support Leistende (in den therapeutischen Behandlungsprozess) persönlich nicht zu stark
involviert werden möchten.
Im Einklang mit den Richtlinien erhalten Peer Support Leistende immer die eine oder andere
Form von Training. Die Menge an Training weicht aber von Land zu Land stark ab. In Belgien
und Frankreich z. B. erhalten bei der Feuerwehr Peer Support Leistende eine achttätige Schulung sowie vier Vor-Ort-Aufenthalte (residential periods) à 3 Tagen39. Im Gegensatz dazu sind
in den Niederlanden bei der Polizei zwei Tage Training gängig; pro Jahr wird noch ein weiterer Schulungstag zur Auffrischung dazugegeben. Weiteres Beispiel: Nordrhein-Westfalen,
wo die Berufsfeuerwehr eine zweitägige Grundschulung sowie achteinhalb Tage Schulung in
psychosozialer Betreuung erhalten.
Insgesamt sind 75,1% der Personen, die den Fragebogen beantwortet haben, (völlig) mit
Auswahl, Training, Schulung und der Rolle der Organisation gemäß Beschreibung in den
Richtlinien einverstanden.40 Ihrer Meinung nach handelt es sich hierbei um sorgfältig abgewogene Empfehlungen. Es werden Vorschläge mit Blick auf Screenings auf frühere Traumen
und angemessenes Training von Personen darauf gemacht, was sie „im Einsatz“ erwarten
können.
Einsatz professioneller Betreuung
Überweisen an professionelle Betreuun
Personen, die Peer Support leisten, spielen zusammen mit der Unternehmensleitung, direkten Kollegen und Familie/Freunden eine wichtige Rolle beim rechtzeitigen Erkennen und
dem Überweisen von Mitarbeitern, die klare Anzeichen für verzögerte Genesung aufweisen,
an professionelle Hilfe. Die Experten und eine Durchsicht der vorhandenen Literatur unterstützen die Richtlinien in dieser Hinsicht voll und ganz. Gleichzeitig aber rührt das Problem
des Überweisens an das des Umfanges, den Peer Support haben sollte. Die Richtlinien schlagen eine strikte Trennung zwischen Support (der u. a. von Kollegen in Form von Peer Support geleistet werden sollte) und Behandlung (den nur professionelles Personal leisten sollte)
vor. Eine entsprechende Trennung ist in den Niederlanden gang und gäbe, was aber in
anderen Ländern wie z. B. Belgien und Frankreich nicht immer der Fall ist; nach potenziell
traumatischen Ereignissen werden die beteiligten Polizisten von einem Psychologen zu einem
Beratungsgespräch eingeladen. Auf diese Weise wird professionelle Betreuung zusammen mit
Peer Support unmittelbar nach einem Ereignis geleistet.
39
40
Eine in etwa ähnliche Schulungsdauer gibt es in Kanada (zwei Wochen), Dänemark (zwei Wochen) und Luxemburg (fünf Wochenenden).
18,8 % der Befragten sind (absolut) nicht dieser Meinung – leider ohne Angabe von Gründen.
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
13
Diese Schwankungen zwischen den einzelnen Ländern schlagen sich auch in den im Fragebogen gegebenen Antworten nieder. Eine Mehrheit derer, die ihn beantworteten – 68,8%
– sind (völlig) einverstanden mit der Aussage, die erste Unterstützung solle in Form von Peer
Support erfolgen. Gleichzeitig gibt eine Reihe von Experten zu bedenken, es gäbe auch die
Notwendigkeit nach direkter Beteiligung der mit der psychischen Gesundheit von Mitarbeitern Beauftragten – je nachdem, welcher Art das Ereignis sei, welche Ressourcen zur Verfügung stünden und ob der Einzelne Gebrauch von der Möglichkeit zu Peer Support machen
möchte oder nicht. Darüber hinaus weisen manche Experten auch darauf hin, dass Peer
Support und psychologische Betreuungsarbeit nicht so strikt voneinander getrennt werden
sollten. So z. B. erfolgt das Debriefing häufig über Peer Support und unter Aufsicht eines für die
psychische Gesundheit von Mitarbeitern Beauftragten.
Schlussfolgerungen
Konsens: Widerstandsfähigkeit,
organisatorische Verantwortung und Grundaufgaben von Peer Support
Ausgangspunkt der Richtlinien ist die Fähigkeit uniformierter Mitarbeiter, die eigene Genesung
voranzutreiben. Die Konzentration auf die dem Menschen innewohnende Widerstandsfähigkeit ist der erste Aspekt, über den Konsens besteht. Werden Menschen mit Schockereignissen
konfrontiert, ist es keineswegs zwingend, dass hieraus auch jemand traumatisiert hervorgehen wird. Der Mensch verfügt über eine natürliche Widerstandsfähigkeit, die ihn unter Rückgriff auf sein soziales Umfeld befähigt, solche Ereignisse zu verarbeiten. Die meisten Menschen
können Schockereignisse ohne Rückgriff auf professionelle Hilfe verarbeiten. Mehr noch: es
ist erwiesen, dass eine Stigmatisierung der Betreffenden als „Kranke“ den Genesungsprozess
behindern kann. Die Stigmatisierung kann das Gefühl verstärken, sich in einer Opferrolle zu
befinden, was wiederum zu passivem Verhalten führt
Dass man die Widerstandsfähigkeit eines einzelnen uniformierten Mitarbeiters als Grundlage
für die Entwicklung der Richtlinien heranzieht, bedeutet freilich nicht, dass dem Arbeitgeber
keine Verantwortung zukäme. Wie erwähnt, gibt es rechtliche, finanzielle und, wie mancher
sagen würde, auch moralische Gründe dafür, weshalb ein Arbeitgeber sicherstellen sollte,
dass uniformierten Mitarbeitern psychosoziale Betreuung zuteilwird. Die überwiegende Mehrheit der zu Rate gezogenen Experten ist sich darin einig, dass eine psychosoziale Betreuung in
gewissem Umfang in der Verantwortung der jeweiligen Organisation liegt. Dennoch werden
bislang das (finanzielle) Risiko und die Verantwortung für psychische Traumen von Arbeitgebern nicht ausreichend gewürdigt.
Drittens besteht auch ein Konsens über die Aufgaben, die dem Peer Support in den Richtlinien
zugeschrieben wird. Peer Support sollte stets auf (praktische) Unterstützung angelegt sein, einen gesunden Genesungsprozess fördern und bei Bedarf auch eine Übergabe an professionelle
Betreuung enthalten. Die Experten sind sich darin einig, dass diese nicht-medizinischen Aufgaben des Peer Support die Grundlage für die Festlegung von Aufgabe darstellen.
14
Präambel Die Richtlinien aus europäischer Sicht
Diskussion: Umfang von Peer Support,
andere organisatorische Eingriffe sowie Timing der professionellen Betreuung
Dass Peer Support ein wertvolles Instrument zur Prävention psychosozialer Traumen darstellt,
ist unbestritten: sowohl die Literatur als auch die Experten sind sich hierin einig. Neben dem
Peer Support gibt es jedoch auch noch andere Instrumente, die psychosozialen Traumen vorbeugen können. Die Beeinflussung der Glaubensstrukturen/Kultur in Organisationen, das
Maß an Vertrauen unter direkten Kollegen und die Veränderung von Aufgaben oder des
Einsatzes von Mitarbeitern sind nur ein paar Beispiele dafür, was eine Organisation tun kann,
um Einfluss auf die Entwicklung psychosozialer Traumen zu nehmen.
Obwohl über die Aufgaben, die dem Peer Support in den Richtlinien zugeschrieben werden,
Konsens herrscht, diskutiert man noch über die evtl. Hinzunahme einer therapeutischen Komponente zum Peer Support. In mehreren Ländern ist es bereits üblich, dass Peer Support Leistende auch die Therapie unterstützen. Ob dies nun wirksamer ist als ein Peer Support ohne
therapeutische Komponente, lässt sich aufgrund der vorliegenden Recherche-Ergebnisse
nicht definitiv beantworten. Hierbei könnte es sich durchaus um eines der Probleme handeln,
die stark vom nationalen Kontext abhängen – was bei der Umsetzung der Richtlinien entsprechend berücksichtigt werden sollte.
Schließlich wird auch darüber diskutiert, ob Personen, die professionelle Betreuung leisten,
ebenfalls involviert werden sollten. Und: sollte dies erst geschehen, nachdem Peer Support
Leistende, die Mitarbeiter selbst oder deren Vorgesetzte sie hierum gebeten haben? Oder aber
sollten sie automatisch verständigt werden, wenn besonders gravierende Ereignisse eingetreten sind und/oder ein Mitarbeiter bereits Symptome psychosozialer Traumen aufweist?
Umsetzung
Alles in allem besteht nach Durchsicht der vorhandenen Literatur und Befragung von Experten Einigkeit, dass die Richtlinien eine solide Grundlage zur psychosozialen Betreuung
uniformierter Mitarbeiter darstellen. Zur Umsetzung der Richtlinien sind zwei Dinge von elementarer Bedeutung. Zunächst – und wie ja auch aus der Diskussion hervorgeht – gibt es
Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern; sie gilt es bei der Umsetzung der Richtlinien
zu berücksichtigen. Dies bedeutet auch, dass die Richtlinien bei der Umsetzung auf nationaler
Ebene ergänzt werden müssen. Zweitens hängt eine wirksame Umsetzung keineswegs nur
von der Qualität der Richtlinien ab. Es ist sehr wichtig, einen Prozess einzuführen, der bei den
zentralen Akteuren die gebührende Aufmerksamkeit und Rückendeckung für die Richtlinien
schafft.
Präambel Projektpartner und teilnehmende Experten
Projektpartner und
teilnehmende Experten
Projektpartner
•
•
•
•
•
•
City of Cologne, Germany (beneficiary)
Centre of Psychotraumatology, Alexianer Krefeld GmbH, Germany
Impact - Dutch knowledge & advice centre for post-disaster psychosocial care, The Netherlands
Charles University in Prague, Faculty of Philosophy, Czech Republic
Sociedad Española de Psicotraumatología y Estrés Traumatico (SEPET), Madrid, Spain
Public Health Department, Düsseldorf , Germany
An der Amsterdamer Konferenz teilnehmende Experten
Teilnehmer an der Amsterdamer Konferenz
Name des Teilnehmers
Land
Robert BeringGermany
Hans te Brake
The Netherlands
Bruno BritoPortugal
Michel Dückers
The Netherlands
Ira Helsloot
The Netherlands (only September 16)
Henriette Hoogendorp
The Netherlands
Leonie Hoijtink
The Netherlands
Eric Geerligs
The Netherlands (discussion leader)
Michaela Krtickova
Czech Republic
Henrik LyngDenmark
Josée Netten The Netherlands
Brigit Nooij
The Netherlands
Lasse NurmiFinland
Paco Orengo Garcia
Spain
Ulrich PaschGermany
Gerd PuhlGermany
Don Richardson
Canada
Magda Rooze
The Netherlands
Claudia Schedlich
Germany
Erik de Soir
Belgium
Axel StrangGermany
Zuzana Vrbova
Czech Republic
Stephan Vymetal
Czech Republic
Dieter Wagner
Germany
Gisela ZurekGermany
Experten, die nicht an der Konferenz teilnahmen, aber den Fragebogen ausfüllten
Name des Teilnehmers
David Alexander
David E. Alexander
Irmtraud Beerlage
Jonathan Bisson
Chris Brewin
Mark Creamer
Neil Greenberg
Mark Walsh
41
Land
Scotland (United Kingdom)
Italy
Germany
Wales (United Kingdom)
United Kingdom
Australia
United Kingdom
United Kingdom
Die Amsterdamer Konferenz fand am 16. und 17. September 2010 statt.
41
15
16
Präambel Zusatzliteratur Präambel
Zusatzliteratur
Präambel
42
Brailey K, Vasterling JJ, Proctor SP, Constans JI, Friedman MJ: PTSD
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42
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Diese Literatur wurde für die Präambel herangezogen. Ein Teil dieser Literatur, insbesondere fünf Publikationen, die in direktem Zusammenhang
mit dem Thema Peer Support stehen, ist ein Zusatz zu den Guidelines for Psychosocial Support for Uniformed Workers (Richtlinien zur Psychosozialen Betreuung von Mitarbeitern in Uniform (2010)).
Richtlinien
psychosoziale Betreuung
von uniformierten
Mitarbeitern
Detaillierte Zusammenfassung und Empfehlungen
18
Impressum
Diese Zusammenfassung wurde von der Europäischen Kommission gefördert, N° 070401/2009/540414/SUB/A4 - EUTOPA-IP.
Konzeption
Impact, Niederländisches Forschungs- und Beratungszentrum für psychosoziale Betreuung nach traumatischen Ereignissen.
Endredaktion
Hans te Brake, PhD, Senior Policy Analyst für Forschung und Entwicklung bei Impact
Design
Burobraak, Amsterdam
Druck
Wheel Printing, Katwijk
Veröffentlichung
Januar 2012
Teilnehmende Organisationen
Niederländische Polizei (Politie Nederland)
Nationale niederländische Landpolizei (Korps Landelijke Politiediensten – KLPD)
Niederländische Polizeiakademie (Politieacademie)
Polizeieinheit „Psychotraumatisches Diagnosezentrum“ (PDC)
Niederländische Vereinigung für Feuer- und Katastrophen- bekämpfung (Nederlandse Vereniging voor Brandweerzorg en Rampenbestrijding – NVBR)
Niederländische Krankenrettung (Ambulancezorg Nederland – AZN)
Niederländische Meldezentrale für Krankenrettung (Landelijke Meldkamer Ambulance Zorg – LMAZ)
Niederländisches Verteidigungsministerium
Königlich Niederländische Militärpolizei (Koninklijke Marechaussee)
Königlich Niederländischer Seenotrettungsdienst (Reddingsbrigade Nederland – KNBRD)
Königlich Niederländische Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (Koninklijke Nederlandse Reddingsmaatschapij – KNRM).
Niederländische Kammer der Allgemeinmediziner (Nederlands Huisartsen Genootschap – NHG)
Niederländische Gesellschaft für Arbeits- und Betriebsmedizin (Nederlandse Vereniging voor Arbeids- en Bedrijfsgeneeskunde – NVAB)
Niederländische Psychologenkammer (Nederlands Instituut van Psychologen – NIP)
Niederländische Gesellschaft für Psychiatrie (Nederlandse Vereniging voor Psychiatrie – NVvP)
Sicherheitsregion Rotterdam-Rijnmond (Veiligheidsregio Rotterdam-Rijnmond)
© 2012 IMPACT, PARTNER IN ARQ
Die Verwendung des Inhalts dieser Richtlinien als Erklärung oder unterstützendes Argument in Artikeln, Büchern und wissenschaftlichen Arbeiten
ist unter der Voraussetzung gestattet, dass die Quelle eindeutig erwähnt wird..
Diese Publikation kann bei Impact, dem niederländischen Forschungs- und Beratungszentrum für psychosoziale Betreuung nach traumatischen
Ereignissen, bestellt werden.
Nienoord 5
1112 XE Diemen
Niederlande
+31 20 660 1901.
E-mail: [email protected].
Diese Zusammenfassung ist ebenso wie die vollständigen Richtlinien in niederländischer Sprache als PDF auf der Website von Impact per Download
zugänglich: www.impact.arq.org
Einführung
19
Einführung
Für uniformiertes Notrettungspersonal – nachstehend als „uniformierte Mitarbeiter“ bezeichnet – besteht ein erhöhtes Risiko, sich plötzlich mit unerwarteten, intensiven, ja gewalttätigen Ereignissen auseinandersetzen zu müssen (Impact/Trimbos, 2007; Impact, 2008). In den
Niederlanden gibt es für die Organisationen uniformierter Dienstleister (englische Abkürzung:
„USOs“) Bestimmungen für die psychosoziale Betreuung der eigenen Mitarbeiter. Diese erfolgt
in der Regel durch Peer Support (bei dem Betroffene Betroffenen helfen).
Psychosoziale Betreuung uniformierter Mitarbeiter muss im Einklang mit den neuesten, nachweislich wirksamen und einsetzbarsten Praktiken erfolgen. Realisierung, Umsetzung und
Monitoring der psychosozialen Interventionen sind in der Praxis allerdings oft abhängig von
den von den USOs gewonnenen Einblicken, den einzelnen Dienstleistern und manchmal
auch von dem kommerziellen Unternehmen. Dies bedeutet, dass Interventionen verschiedener
Form angeboten werden und den uniformierten Mitarbeitern nicht immer eine optimale Betreuung zuteilwird. Manchmal werden Interventionen veranlasst, die zuvor nie auf den wissenschaftlichen Prüfstand gestellt wurden oder, was noch schlimmer ist, deren Unwirksamkeit
oder Ineffizienz die Forschung enthüllt hat.
Die niederländische Regierung, die betreffenden USOs sowie das involvierte Fachpersonal
aus dem Bereich der psychischen Gesundheit empfanden die Notwendigkeit der Festlegung
eines eindeutigen Standards. Dazu wurden in Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten, Verteidigungsministerium und Rettungspersonal die beweisbasierten, fachgebietsübergreifenden Richtlinien zur psychosozialen Betreuung uniformierter Mitarbeiter
entwickelt (Impact, 2010). Diese Richtlinien beschreiben die Art und Weise, auf die USOs
eine optimale psychosoziale Betreuung für ihre Mitarbeiter leisten können. Sie enthalten
auch Empfehlungen für die Mitarbeiter selbst, zum Peer Support, für Vorgesetzte und für die
Unternehmensleitung.
Die oben erwähnten Organisationen akzeptieren die Richtlinien als Standard zur psychosozialen Betreuung uniformierter Mitarbeiter nach Schockerlebnissen. Damit ist die Arbeit aber
noch lange nicht getan. Dem müssen auch Schritte folgen, um die Empfehlungen innerhalb
der einzelnen USOs umzusetzen. Die Richtlinien werden zur (Weiter-)Entwicklung von Verfahren und Protokollen zur psychosozialen Betreuung eingesetzt. Es ist wichtig, diesen Prozess
der praktischen Umsetzung zu überwachen, damit man Input für die im Jahr 2016 geplante
neuerliche Prüfung erhält. Durch Anpassung von Richtlinien an nach und nach erhaltene
Einblicke schließt man die Lücke zwischen Theorie (d. h. dem, was getan werden sollte) und
Praxis (d. h. dem, was derzeit praktiziert wird).
20
Einführung
Über diese Zusammenfassung
Der vorliegende Text ist eine englische Zusammenfassung der auf Niederländisch abgefassten, fachgebietsübergreifenden Richtlinien zur psychosozialen Betreuung uniformierter
Mitarbeiter (Impact, 2010). Unseres Wissens nach gibt es bis dato keine systematischen,
beweisbasierten Richtlinien zur optimalen psychosozialen Betreuung in USOs; eine vergleichbare Initiative ergriff jedoch das „Australian Centre for Posttraumatic Mental Health“, das
unter Verwendung der Delphi-Methode Richtlinien zu einer Reihe von Fragen rund um das
Thema Peer Support entwickelte. 1
Die in dieser Zusammenfassung beschriebenen Richtlinien wurden zwar innerhalb der Niederlande entwickelt – ihre grundlegenden Prinzipien und Empfehlungen jedoch sind auch in
einem breiteren, internationalen Kontext relevant. Darüber hinaus basieren die Richtlinien
auf internationaler wissenschaftlicher Literatur. Dadurch, dass die niederländischen Richtlinien nun dem internationalen Publikum zugänglich gemacht werden, erfolgt ein Anreiz zur
Förderung der Entwicklung von (bzw. der Forschung zum Thema) psychosoziale Betreuung in
USOs, sowie vielleicht auch zur Entwicklung international akzeptierter Richtlinien.
Diese Zusammenfassung besteht aus zwei Teilen:
• Teil A beschreibt Hintergrund und methodologische Entwicklung der Richtlinien.
• Teil B fasst die Richtlinien zusammen. Ein umfassender Überblick sämtlicher (aller 55) Empfehlungen der Richtlinien findet sich in Anhang 3.
Dieses Dokument enthält auch eine vollständige Referenzliste. Diese Literaturgrundlage
wurde zur Ausarbeitung der Richtlinien herangezogen. In der vorliegenden Zusammenfassung wird nicht auf alle Referenzen Bezug genommen. Auf spezifische Erwägungen zum niederländischen Kontext und speziellen Regionen in den Niederlanden wurde für diese Zusammenfassung ebenso verzichtet wie auf die Erwähnung praktischer Beispiele.
1
Australian Centre for Posttraumatic Mental Health, Januar 2011. Entwicklung von Richtlinien über Peer Support anhand der Delphi-Methode.
Richtlinien Hintergrund
21
ARichtlinien
Hintergrund
Erstellt wurden die Richtlinien zur psychosozialen Betreuung uniformierter Mitarbeiter (nachstehend als „die Richtlinien“ bezeichnet) auf Anfrage des Niederländischen Ministeriums für
Sicherheit und Justiz (dem früheren Ministerie van Binnenlandse Zaken en Koninkrijksrelaties, Generaldirektion für Sicherheit). Die Entwicklung erfolgte durch Impact, das niederländische Forschungs- und Beratungszentrum für psychosoziale Betreuung nach traumatischen
Ereignissen. Die Qualitätssicherungsstelle der Niederländischen Gesellschaft für Arbeits- und
Betriebsmedizin und das Trimbos-Institut standen während der Entwicklung methodologisch
mit Rat und Tat zur Verfügung.
Es wurden eine fachgebietsübergreifende Projektgruppe und ein Lenkungskreis gebildet.
Die Mitglieder dieser Gruppen vertraten die betreffenden USOs und die vier Berufsverbände
des Fachpersonals für psychosoziale Betreuung (ein Überblick aller beteiligten USOs findet
sich in Anhang 1). Aufgabe des Lenkungskreises war es, die erzielten Fortschritte zu überwachen und sein Einverständnis zur Qualität des erzielten Endergebnisses zu geben.2 Die
Projektgruppe lieferte Input zur Entwicklung der Richtlinien und der Formulierung entsprechender Empfehlungen.3 Während der Erstellung der Richtlinien gab es ständigen Kontakt und
Absprache zwischen der Projektgruppe und dem Lenkungskreis. Darüber hinaus wurden bei
Bedarf kleinere Untergruppen zur detaillierten Erörterung spezieller Fragen gebildet.
Die Entwicklung der Richtlinien erfolgte nach der Methode der Beweisbasierten RichtlinienEntwicklung (niederl. „Evidence-Based Richtlijn Ontwikkeling”, kurz „EBRO“). Ausgangspunkt:
eine Reihe von „Startfragen“ auf Grundlage einer ersten Liste von Fragen bzw. Problemen, die
bei der Betreuung von uniformierten Mitarbeitern nach Unglücksfällen und Schockerlebnissen auftauchten. Diese Startfragen deckten ein ganzes Spektrum von Aspekten ab, u. a. auch
die Beschaffenheit und Ziele der Richtlinien (Definition der Zielgruppe, Beschreibung der Fälle,
für die die Richtlinien gelten sollen), die tatsächlich erfolgende Betreuung (bei Prävention,
Akutbehandlung und Nachsorge) sowie auch das Thema Monitoring. Insgesamt wurden 34
Startfragen formuliert.
Auf Grundlage der Startfragen erfolgte dann eine erste Literaturrecherche, später auch eine
„allgemeinere“ Suche zur Klärung zusätzlicher Fragen aus Projekt und Lenkungskreis. Details
zur durchgeführten Literaturrecherche finden sich in Anhang 2. Die Bewertung der Qualität
der verwendeten Artikel erfolgte durch Einsatz von Checklisten der EBRO-Plattform (Manual
for Work Group Members CBO 2005); dem schloss sich eine Bewertung der methodologischen
Qualität an.
2
orsitzender des fachbereichsübergreifenden Steuerungskreises war Niek Klazinga, Professor für Sozialmedizin am Academic Medical Centre
(AMC) in Amsterdam. Den stellvertretenden Vorsitz hatte Professor Jan Swinkels inne; der Psychiater ist ebenfalls am AMC und hält im Gesundheitssektor Vorträge über die Entwicklung von Richtlinien.
3 Den Vorsitz der fachbereichsübergreifenden Projektgruppe hatte Dr. Menno van Duin inne; er ist Dozent für Krisenmanagement am Niederländischen Institut für Sicherheit (NIFV).
22
Richtlinien Hintergrund
Die Projektgruppe fand heraus, dass sich die verfügbare und eingesehene wissenschaftliche Literatur primär dem Thema der posttraumatischen Belastungsstörung („posttraumatic
stress disorder“, kurz „PTSD“) widmet. Obwohl es nach Unglücksfällen, terroristischen Akten
und anderen Schockerlebnissen zu einer PTSD kommen kann, möchte die Projektgruppe betonen, dass es noch verschiedene andere psychologische Folgeerscheinungen gibt, denen
die Literatur weniger Aufmerksamkeit schenkt. Hierzu zählen u. a. depressive Störungen,
Angststörungen, medizinisch unerklärbare physische Symptome (Abk. „MUPS“) und Drogenmissbrauch.
Bei der Formulierung spezifischer Empfehlungen sind neben wissenschaftlichen Beweisen oft
auch andere Aspekte von Bedeutung, so z. B.: aktuelles Vorgehen, Kosten, kulturelle Präferenzen, Verfügbarkeit von Ressourcen sowie organisatorische Aspekte. Diese anderen Erwägungen wurden in der Projektgruppe systematisch erfasst. Darüber hinaus wurden sechs
Fokusgruppen-Meetings auf verschiedenen Ebenen innerhalb der jeweiligen Institution organisiert (Führungsebene, operative Führungskräfte, Peer Support, uniformierte Mitarbeiter),
um eine bessere und direktere Erfassung der bestehenden Praktiken zu gewährleisten. Die
Fokusgruppen waren besonders hilfreich dabei, die (oftmals impliziten) Überlegungen hinter
den Meinungen und dem Input der Teilnehmer festzustellen.
Auf Grundlage der wissenschaftlichen Forschungsergebnisse im Verein mit anderen Erwägungen der Mitglieder der Projektgruppe wurden beweisbasierte Schlussfolgerungen gezogen und Empfehlungen formuliert. Zu Startfragen, die mangels klarer Beweise oder widersprüchlicher Meinungen innerhalb der Projektgruppe nicht thematisierbar waren, erfolgten
Empfehlungen für weitere Nachforschungen. Ein vollständiger Überblick sämtlicher Empfehlungen findet sich in Anhang 3 dieser Zusammenfassung.
Untersuchungen zeigen, dass bei der Entwicklung von Richtlinien einer planvollen, strukturierten Umsetzung nur geringe Aufmerksamkeit gewidmet wird (Fleuren et al., 2009). Während
der Entwicklung der hier vorgestellten Richtlinien wurde jedoch schon früh auf das Thema
Umsetzung geachtet. Es gab einen „Verwendbarkeitstest“, bei dem wichtige Empfehlungen
des Entwurfs der Richtlinien auf ihre praktische Anwendbarkeit getestet wurden. Dabei erhielten uniformierte Mitarbeiter Informationen zu den wichtigen Empfehlungen sowie eine
Checkliste der Indikatoren. Dann wurde die Anwendbarkeit dieser Indikatoren in Verbindung mit einem Fall aus der Praxis diskutiert.
Der Entwurf der Richtlinien wurde den Mitgliedern der Projektgruppe mit Bitte um Abgabe
von Kommentaren und zur Genehmigung vorgelegt. Darüber hinaus wurden in dieser Phase
zahlreiche andere Organisationen mit der Bitte zu Rate gezogen, Kommentare zum Entwurf
der Richtlinien abzugeben (siehe Anhang 1). Nach Erfassung sämtlicher Kommentare und
Ergebnisse des Verwendbarkeitstests formulierte man die Richtlinien in ihrer endgültigen
Form; dann erfolgte die Genehmigung durch die zuständigen Organisationen.
Richtlinien Zusammenfassung
23
B Richtlinien
Zusammenfassung
Abbildung 1 zeigt die wesentliche Herangehensweise der Richtlinien an die psychosoziale
Betreuung uniformierter Mitarbeiter. Diese Herangehensweise basiert auf einem Prozessmodell zur psychosozialen Betreuung, das in den Niederlanden zur psychologischen Betreuung
von Zivilpersonen eingesetzt wird; diesen Ansatz verwenden aber auch die niederländischen
Streitkräfte. Ein wichtiges Ausgangsprinzip dieses Modells ist die Fähigkeit des Menschen,
seine eigene Genesung voranzutreiben, sowie der zeitlich versetzte Einsatz professioneller
Hilfe zur Unterstützung dieses Prozesses.
Abbildung 1
Psychiater, Psychologe,
Psychotherapeut
Professionelle
Gesundheitsfürsorge
Wichtige Personen
4
3
2
1
Uniformierter
Mitarbeiter
Familie,
Nachbarn,
Freunde
Kollegen
Unterstützung
durch Religion
Vorgesetzter
peer support
Soziale Beratung
Allgemeinarzt
Psychiater, Psychologe,
Psychotherapeut
24
Richtlinien Zusammenfassung
Das Modell geht davon aus, dass die Betreuung uniformierter Mitarbeiter bei der betreffenden Person selbst beginnt. Im Mittelpunkt des Modells steht der uniformierte Mitarbeiter,
der Verantwortung für seine eigene Gesundheit trägt. Sofern dies erforderlich ist, findet er in
den umstehenden Kreisen weitere Unterstützung. Je weiter man in Richtung zu den äußeren
Kreisen gelangt, desto professioneller die verfügbare Hilfe. Im ersten Kreis stehen Familie,
Freunde und Kollegen. Im zweiten Kreis findet sich Unterstützung, die zwar nicht der professionellen psychologischen Betreuung zugerechnet werden kann, aber aus Vorgesetzten
oder organisiertem Peer Support besteht. Der dritte Kreis entspricht der Primärversorgung;
Allgemeinmediziner und Sozialarbeiter können in diesem Kreis Lösungen und Behandlungen
anbieten. Kommt es zu schwerwiegenden psychiatrischen oder psychosozialen Problemen,
sollte der Betroffene sich professionelle (traumaspezifisch) psychologische Hilfe aus dem vierten Kreis holen (Gersons, 2005).
Der Einflussbereich einer USO liegt primär in den inneren Kreisen (0, 1 und 2). Eine psychosoziale Betreuung sollte innerhalb dieser Kreise erfolgen; dies stärkt das Selbstvertrauen der
betreffenden Person (Impact/Trimbos, 2007). Drei Phasen lassen sich bei der psychosozialen
Betreuung nach Schockerlebnissen unterscheiden; sie lassen sich mit dem oben stehenden
Kreismodell in Einklang bringen (Mrazek & Haggerty, 1994).
1 Vorbereitung: Auswahl, Informationen und Training (Prävention) (Kreise 0 und 1 des Modells)
Im Mittelpunkt dieser Phase stehen Interventionen/Maßnahmen, bevor eine Person die Exposition (Schockereignis) erlebt; hierzu gehören auch Auswahl und Training uniformierter Mitarbeiter sowie deren Versorgung mit Informationen. In dieser Phase wird auch die
Rolle der USO behandelt.
2 Peer Support und Monitoring (Kreise 1 und 2 des Modells)
Thema dieser Phase ist der erste Support nach Eintreten eines Schockerlebnisses. Ebenfalls
zu dieser Phase zählen Aktivitäten des organisierten Peer Support (wie z. B. Peer SupportTeams innerhalb der betreffenden Organisation) und die Rolle von Vorgesetzten.
3Übergabe an Betreuung durch psychologisches Fachpersonal (Kreise 2, 3 und 4 des Modells)
Thema dieser Phase ist die Bereitstellung von Betreuung durch professionelles (psychologisch geschultes) medizinisches Fachpersonal, falls eine solche erforderlich sein sollte.
Im Folgenden wird jede dieser Phasen detaillierter beschrieben.
Im Folgenden wird jede dieser Phasen detaillierter beschrieben.
Richtlinien Zusammenfassung
25
Vorbereitung:
Auswahl, Informationen und Rolle der Organisation
Psychosoziale Betreuung uniformierter Mitarbeiter beginnt schon mit einem umsichtigen
Vorgehen bei deren Einstellung. Hierzu gehört, dass innerhalb der USO auch Faktoren
Aufmerksamkeit geschenkt wird, die die psychologische Widerstandsfähigkeit fördern: u. a.
durch Formulierung eines motivierenden Mission Statement, In-Aussicht-Stellen von Karrierechancen, sozialem Support, Feedback und Evaluierung durch Teamwork und inspirierende Führungsarbeit. Darüber hinaus sollte auch der Senkung von Risikofaktoren – wie z. B.
übermäßiger Arbeitsbelastung, emotional anstrengenden Tätigkeiten sowie Ungerechtigkeit
in Verfahren und Beziehungen innerhalb der USO –gebührende Aufmerksamkeit geschenkt
werden (Dowden und Tellier, 2004; Niederländisches Zentrum für Berufskrankheiten (NCvB),
1999; Sozial- und Wirtschaftsrat der Niederlande (SER), 2009; Walburg, 2008).
Das Spektrum möglicher Reaktionen auf Schockerlebnisse ist breit (Impact/Trimbos, 2007);
sie können auch noch Jahre nach dem betreffenden Zwischenfall auftreten (Benedek et al.,
2007; Forbes et al., 2007; Morren et al., 2007; Witteveen et al., 2007; Bills et al., 2008). Mögliche psychosoziale Folgen von Schockerlebnissen uniformierter Mitarbeiter sind: dysfunktionales Verhalten, Angstbeschwerden, gehäuftes Nichterscheinen am Arbeitsplatz, gesteigerter
Drogenkonsum, Probleme im Privatleben, emotionaler Rückzug, akutes Stresssyndrom, PTSD,
depressive Störungen, Schlafstörungen, Konflikte am Arbeitsplatz und Arbeitsunfähigkeit. Leider gibt es keine ausreichend präzisen Instrumente, um ein Screening auf „psychische Anfälligkeit“ zu empfehlen (Heslegrave und Colvin 1998; Jones et al., 2003; Wesseley, 2005; Rona
et al., 2006). Forschungen über Stress-Management-Training für uniformierte Mitarbeiter
haben ergeben, dass entsprechende Trainingsprogramme keinen nennenswerten Einfluss
auf die Entwicklung von Störungen nach einer Exposition (Schockerlebnisse) haben (Deahl et
al., 2000; Cigrang et al., 2003; Williams et al., 2004; Williams et al., 2007).
Faktoren, die bei der Entwicklung psychosozialer Probleme eine Rolle spielen, sind u. a. der
Grad, in dem eine Person potenziell schockierenden Ereignisse ausgesetzt war (Exposition),
Zufriedenheit mit der Arbeit und Engagement, arbeitsspezifische Probleme (Mangel an Sicherheit, Unsicherheit bzgl. der eigenen Rolle), physische Verletzungen und (gesellschaftliche)
Anerkennung bzw. Kritisiertwerden der entsprechenden Handlung. Mit Blick auf Letzteres
kann auch den Medien eine wichtige Rolle zukommen. Der uniformierte Mitarbeiter muss auf
(negative) Reaktionen von außen sowie auf die Möglichkeit vorbereitet sein, dass es nach
dem Ereignis zu weiteren Untersuchungen kommt (Koren et al., 2006; Richter et al., 2006;
Forbes et al., 2007; MacGregor et al., 2009). Dies gilt auch für den Umgang mit Aggressionen. In den Niederlanden sind aggressive Akte Unbeteiligter gegenüber Uniformierten
anscheinend auf dem Vormarsch; dieses Thema erhält derzeit viel Aufmerksamkeit in den
Medien. Auf diesen Trend haben die USOs durch Aufnahme des Themas in ihre Trainingsagendas reagiert. Eine Literaturstudie (Richter et al., 2006) deutet darauf hin, dass Schulungen
im Umgang mit
Aggression in den Pflegebereichen für psychisch Kranke und Behinderte
das Wissen über den Umgang mit Gewalt verbessert und das Vertrauen in die eigenen Fähig-
26
Richtlinien Zusammenfassung
keiten in diesem Bereich stärkt. Zusätzlicher Effekt, der eintritt, wenn USOs Aggressionstrainings anbieten: es wird signalisiert, dass die Sicherheit der uniformierte Mitarbeiter ein Thema
ist, das ernst genommen wird.
Durch Bereitstellen psychologischer Informationen kann man uniformierten Mitarbeitern
helfen, sich adäquat mit Schockerlebnissen auseinanderzusetzen. Im Mittelpunkt solcher
Informationen steht die Steigerung des praktischen Selbstvertrauens uniformierter Mitarbeiter.
In dieser Hinsicht wichtig ist, dass das (Schock-)Ereignis angenommen und als solches erkannt
wird. Psychologische Informationen betonen darüber hinaus die Wichtigkeit von Aspekten
wie Einnehmen einer aufmerksamen Beobachtungshaltung (welche Reaktionen sind normal,
wann besteht Anlass zur Besorgnis?) und durch Förderung von adäquatem Verhalten, wenn
nach Hilfe gesucht wird. Diese Informationsform sollte aber nicht erst direkt nach einem Zwischenfall bereitgestellt werden – vielmehr sollte die Aufmerksamkeit des Mitarbeiters schon
früher hierauf gelenkt werden (z. B. in der Trainingsphase).
Richtlinien Zusammenfassung
27
Organisierter Peer Support und Monitoring
Es besteht breiter Konsens über die Nützlichkeit der Bereitstellung eines unterstützenden
Kontextes zur Vermeidung des Auftretens psychosozialer Probleme (CREST, 2003; Impact/
Trimbos, 2007; Forbes et al., 2007). Innerhalb einer USO kann dieser Kontext auch von den
uniformierten Mitarbeitern selbst angeboten werden. Ein solcher „organisierter Peer Support”
kann dabei helfen, das soziale Netzwerk zu mobilisieren, trägt zu einer offenen Arbeitskultur
bei, vereinfacht das Finden professioneller Hilfe und hat eine Signal- und Übergabefunktion,
falls professionelle Hilfe erforderlich ist. Organisierter Peer Support ist zudem in den meisten,
vielleicht sogar in allen USOs umsetzbar und steht im Einklang mit der aktuellen Praxis (Broersen und Bos, 2002).
Aufgabe des organisierten Peer Supports ist die Unterstützung von Kollegen, die ein Schockereignis durchlebt haben. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgabe sind folgende Aspekte zu
beachten:
1 Bereitstellung praktischer Unterstützung;
2 nregen eines gesunden Genesungsprozesses;
3 Früherkennung möglicher (psychosozialer) Probleme und rechtzeitige Übergabe an entsprechend geschultes Personal;
4 Monitoring des Genesungsprozesses;
5 Aktivierung des sozialen Netzwerkes;
6 Aufmerksamkeit für (negative) Reaktionen aus dem Umfeld. .
Bei der Durchführung von organisiertem Peer Support lassen sich vier Schritte unterscheiden:
1Erkennen der Notwendigkeit des Einsatzes von Peer Support (d. h. Anerkennen der Tatsache, dass man einem Schockerlebnis ausgesetzt war, also eine Exposition stattgefunden
hat);
2 Bitte um Peer Support/Ernennung einer Person, die Peer Support leistet;
3 Unterstützung eines Kollegen im Einklang mit den oben erwähnten Aspekten;
4bei Bedarf: Gespräch mit dem uniformierten Mitarbeiter, in dem ihm zur Inanspruchnahme
professioneller Hilfe geraten wird.
Diese Schritte sind in Abbildung 2 dargestellt. Durch wiederholtes Bereitstellen von Support
und aufmerksames Beobachten des Wohlbefindens des uniformierten Mitarbeiters wird ein
strukturiertes Monitoring erreicht. Darüber hinaus ist es wichtig, dass der Vorgesetzte darüber
informiert wird, dass der betroffene uniformierte Mitarbeiter Peer Support erhält, da der VorAbbildung 2
1
Erkennen der
Notwendigkeit
für Peer Support
2
Aufnahme der
Peer-SupportTätigkeit
3
Anbieten von
Peer Support
Informieren von Vorgesetztem und/oder Koordinator
4
Rat zu einer
Übergabe
28
Richtlinien Zusammenfassung
gesetzte ja für die Gesundheit des Personals mitverantwortlich ist (betont werden sollte an
dieser Stelle, dass keine Informationen über das in den Gesprächen mit Peer-Support-Teilnehmern Gesagte weitergegeben werden dürfen).
Der Vorgesetzte ist mitverantwortlich für die Gesundheit des Personals (wichtig: es werden
keine Informationen über das in den Gesprächen mit Peer-Support-Teilnehmern Gesagte
weitergegeben).
Es gibt Unterschiede zwischen den einzelnen (aber auch innerhalb) der USOs hinsichtlich
der Kriterien, die eingesetzt werden, um die Notwendigkeit des Leistens von Peer Support zu
erkennen. Dennoch wurde basierend auf einer Aufstellung der verschiedenen eingesetzten
Kriterien eine allgemeine Liste gängiger „Einsatzkriterien“ erstellt; diese sind:
•
•
•
•
•
ernsthafte Verletzung oder Bedrohung (v. a. wenn Kinder beteiligt sind);
Beteiligung von Familie oder Kollegen des uniformierten Mitarbeiters;
Gefühl der Hilflosigkeit beim uniformierten Mitarbeiter;
der uniformierte Mitarbeiter signalisiert von sich aus das Bedürfnis nach Unterstützung;
Gewalt gegen uniformierte Mitarbeiter.
Es wird den USOs geraten, sich an diese grundlegenden Kriterien zu halten und sie bei Bedarf
um zusätzliche, spezifische Einsatzkriterien zu ergänzen.
Die Entdeckung psychosozialer Probleme (durch Kollegen, Peer Support Leistende oder Vorgesetzte) kann auch während des Debriefings nach Einsätzen erfolgen. Dabei handelt es sich um
ein nach einem Ereignis erfolgendes Gespräch, bei dem die Operation noch einmal durchgegangen wird und es hauptsächlich um das Sammeln von Tatsachen geht; die Betonung
liegt hierbei nicht auf der emotionalen Erfahrung, da andere Interventionsformen hierbei als
zielführender gelten. Ein solches Debriefing ist vielmehr wichtig, um Sachfragen zu klären
(also die Teile des „Puzzles“ eines Einsatzes zusammenzusetzen) und dient der Vermeidung von
Fehlern bei zukünftigen Einsätzen.
Es ist wichtig, dass der uniformierte Mitarbeiter Gelegenheit erhält, seine eigene Geschichte
zu erzählen, in der auch Emotionen ihren Platz haben. Abgeraten wird jedoch von einem
„Bohren“ nach Gefühlen und Emotionen kurz nach einem Zwischenfall, wie es in der Praxis
des „psychologischen Debriefing“ üblich ist, das wie folgt definiert ist: „In Einzelsitzungen erfolgende psychologische Intervention, in der es in gewissem Grad um die Aufarbeitung, neuerliches Durchleben oder Erinnern an das Trauma und die darauf folgenden emotionalen
Reaktionen geht“ (Rose et al., 2002). Forschungen haben ergeben, dass entsprechende Interventionen nicht wirken; es gibt sogar Grund zu der Annahme, dass sie die psychosozialen
Folgen weiter verschlimmern (Rose et al., 2002; Sijbrandij et al., 2006; Morren et al., 2007;
Roberts et al., 2009). Obwohl diese Schlussfolgerungen auf Nachforschungen bei der allgemeinen Bevölkerung basieren, gibt es keinen begründeten Anlass zu der Annahme, dass die
psychologische Erstversorgung für USOs anders ausfallen sollte (Peñalba et al., 2008; Jones et
al., 2003; Greenberg et al., 2008). Von der Anwendung der bei psychologischen Debriefings
eingesetzten Techniken wird daher abgeraten.
Richtlinien Zusammenfassung
29
Faktisch besteht organisierter Peer Support aus einem Erstgespräch, an das sich weitere
Gespräche anschließen, falls dies für erforderlich befunden wird. Das Timing des Erstgesprächs
mit einem Peer Support Leistenden ist wichtig. Erfolgt es zu schnell nach dem Zwischenfall,
kann sich dies negativ auf den natürlichen Genesungsprozess auswirken (siehe hierzu auch
den vorherigen Kommentar zum Thema psychologisches Debriefing). Darüber hinaus ist
wichtig, dass der uniformierte Mitarbeiter nicht über einen zu langen Zeitraum im System
des Peer Support „gehalten“ wird – ist professionellere (psychologische) Hilfe erforderlich, sollte die Person die entsprechende Hilfe so bald wie möglich erhalten. Daher wird empfohlen,
maximal drei Gespräche zu führen; bestehen danach die Probleme weiter, ist dem uniformierten Mitarbeiter die Aufnahme eines Kontakts mit professioneller Hilfe zu raten. Peer-Support-Gespräche lassen sich in etwa in folgenden Zeitabständen abhalten: Erstgespräch einige
Tage nach dem Zwischenfall, ein zweites (sofern erforderlich) nach vier bis sechs Wochen
und ein drittes (sofern erforderlich) nach drei Monaten. Obwohl alle oben aufgeführten Einzelheiten zum Aufbau von Peer-Support-Systemen in USOs von essentieller Wichtigkeit sind,
sollte dies aber nicht von einer zentralen Forderung ablenken: dem Vorhandensein einer
Arbeitskultur, in der das Sprechen über seine Emotionen akzeptiert wird, und in der es (jederzeit) Raum zum Erzählen der eigenen Geschichte gibt.
Kompetenzen, die für an organisiertem Peer Support Teilnehmende wichtig sind, und auf die
es bei Auswahl und Training zu achten gilt:
•
•
•
•
•
•
kommunikative Fähigkeiten;
Fähigkeit zum Zuhören;
Empathie;
robuste, durchsetzungsfähige Persönlichkeit;
Unabhängigkeit;
Zuverlässigkeit/Diskretion.
Das Monitoring uniformierter Mitarbeiter, die einem Schockerlebnis ausgesetzt waren, ist
wichtig zur rechtzeitigen Entdeckung psychosozialer Probleme. Obwohl zu diesem Zweck in
der Vergangenheit kurze Screening-Fragebögen eingesetzt wurden (NICE, 2005; Forbes et
al., 2007), wird davon abgeraten, die eigentlichen Peer-Support-Gespräche mit klinisch validierten Screening-Listen durchzuführen – der Einsatz solcher Listen ist professionellem (psychologisch geschultem) Fachpersonal vorbehalten. Die auf Screening-Listen thematisierten
Punkte können bei Peer-Support-Gesprächen aber als Ausgangspunkt oder zur Orientierung
dienen.
Zu den Aufgaben von Vorgesetzten gehört das Erkennen von Problemen, die ihre uniformierten
Mitarbeiter haben. Hierzu benötigen sie spezifisches Wissen und bestimmte Fähigkeiten
(Forbes et al., 2007; Fuoppala et al., 2008). Vorhanden sein sollten mindestens Kenntnisse
folgender Aspekte:
• Wissen über Wirkungen traumatischer Ereignisse auf Menschen und ihr soziales Umfeld;
• Fähigkeiten zur Frühentdeckung psychosozialer Probleme;
• Kenntnisse zum Verlauf des Genesungsprozesses;
• Kenntnis von Faktoren, die den Genesungsprozess beeinflussen;
30
•
•
•
•
•
•
•
•
Richtlinien Zusammenfassung
Kenntnis der möglichen (temporären) Folgen für die Einsatzfähigkeit einer Person;
Kenntnis der zu ergreifenden Maßnahmen bei traumabedingten Absenzen des Mitarbeiters;
Kenntnis der Möglichkeiten praktischer und sozialer Unterstützung;
Kenntnis des Einsatzes von und des möglichen Bedarfs von Anpassungen bei den Arbeitsaktivitäten;
Kenntnis der Bestimmungen für (professionelle psychologische) Betreuung innerhalb der
USO;
Fähigkeiten zur Unterstützung des uniformierten Mitarbeiters;
Kenntnis von Aufgaben, Organisation und Funktionsweise des Peer-Support-Systems und der Einsatzweise von Peer Support;
bei Feststellung (gravierender) psychiatrischer Probleme: Fähigkeit, den uniformierten
Mitarbeiter zur Inanspruchnahme professioneller Betreuung zu motivieren.
Organisiertem Peer Support sollte in jeder USO ein ganz besonderer Platz zukommen. Die
Koordinationsaufgaben – Monitoring und Bewertung der Peer-Support-Aktivitäten – liegen
im Idealfall in der Hand einer einzigen Person. Dies verhindert eine fragmentierte Umsetzung
der wahrzunehmenden Aufgaben. Ein „Registrierungssystem”, das für jeden uniformierten
Mitarbeiter Aufzeichnungen über Zwischenfälle führt, an denen der/die Betreffende zugegen
war, kann ebenfalls dazu beitragen, das Peer-Support-System effektiver zu gestalten. Bei der
Einführung eines Registrierungssystems gilt es aber auch, sorgfältig auf vorhandene Datenschutzbestimmungen zu achten. Die im Peer-Support-Gespräch ausgetauschten Informationen sollten vertraulich sein und bleiben.
Richtlinien Zusammenfassung
31
Einsatz professioneller Betreuung
Rechtzeitige Erkennung und Übergabe von Mitarbeitern, die wegen Angst und/oder depressiven Störungen nicht mehr am Arbeitsplatz erscheinen, an geschultes Fachpersonal, senkt
die Beschwerden und führt zu einer schnelleren Rückkehr an den Arbeitsplatz (Rebergen et
al., 2009). Hier gelangt das Prinzip der „psychologischen Triage“ zur Anwendung (Impact/
Trimbos, 2007). „Psychologische Triage“ bedeutet, dass nach einem Schockerlebnis unterschieden werden sollte zwischen: 1) Menschen, die sich ohne Hilfe wieder erholen; 2) Menschen, bei denen das Risiko besteht, dass sie schwerere, chronische Beschwerden entwickeln,
und 3) Menschen, die eindeutige Anzeichen für einen gestörten Genesungsprozess aufweisen
und die direkt Betreuung durch psychologisches Fachpersonal benötigen. Für Gruppe 1 und
2 wird während der ersten vier bis sechs Wochen das Einnehmen einer aufmerksamen Beobachtungshaltung empfohlen. Darüber hinaus ist in dieser Phase ein unterstützender Kontext
besonders wichtig (NICE, 2005, Impact/Trimbos, 2007). Zur Unterscheidung zwischen den
verschiedenen Gruppen sind folgende Anzeichen/Signale eines gestörten Genesungsprozesses relevant:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
störende Erinnerungen an oder Träume von dem Ereignis;
Aufgewühltsein durch immer wiederkehrende Erinnerungen an das Ereignis;
physische Stressreaktionen;
Vermeidungsverhalten, Nichterscheinen am Arbeitsplatz;
Schlafstörungen;
erhöhte Reizbarkeit oder schnelles „In-die-Luft-Gehen“;
übersteigerte Alarmbereitschaft;
Stimmungsschwankungen;
Konzentrationsprobleme;
gesteigerter Alkoholkonsum oder Medikamentenmissbrauch;
Unfähigkeit zu „funktionieren“ (am Arbeitsplatz und privat);
Angst und Scham.
Weist ein uniformierter Mitarbeiter eine alarmierend große Anzahl der oben genannten
Anzeichen/Signale auf, sollte er Kontakt mit professioneller psychologischer Betreuung aufnehmen.
Schließlich wird empfohlen, auch Gebrauch von den vorhandenen Richtlinien und Protokollen
im Bereich Support und psychosoziale Nachsorge (wie z. B. beschrieben in Trimbos/Impact,
2007, NICE, 2005) zu machen. Es ist wichtig, dass eine USO weiß, welche Behandlungen zur
Verfügung stehen.
32
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Anhang 1 An dieser Richtlinie beteiligte Organisationen
35
Anhang 1
An dieser Richtlinie
beteiligte Organisationen
Die primäre Zielgruppe dieser Richtlinien sind uniformierte Mitarbeiter in den Niederlanden und die Organisationen, in denen sie tätig sind (uniformierte Dienstleister – USOs). Der Begriff „uniformierte Mitarbeiter“
wird wie folgt definiert: „Uniform tragende Personen, deren Aufgabe es ist, in einem organisierten professionellen Kontext nach Zwischen- und Unglücksfällen Hilfe zu leisten.“
Die folgenden Organisationen waren aktiv an der Entwicklung dieser Richtlinien beteiligt:
• Niederländische Polizei (Politie Nederland)
• Nationale niederländische Landpolizei (Korps Landelijke Politiediensten – KLPD)
• Niederländische Vereinigung für Feuer- und Katastrophenbekämpfung (Nederlandse Vereniging voor
Brandweerzorg en Rampenbestrijding – NVBR)
• Niederländische Krankenrettung (Ambulancezorg Nederland – AZN)
• Niederländische Meldezentrale für Krankenrettung (Landelijke Meldkamer Ambulance Zorg – LMAZ)
• Niederländisches Verteidigungsministerium
• Königlich Niederländische Militärpolizei (Koninklijke Marechaussee)
• Königlich Niederländischer Seenotrettungsdienst (Reddingsbrigade Nederland – KNBRD)
• Königlich Niederländische Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (Koninklijke Nederlandse Reddingsmaatschapij – KNRM)
Darüber hinaus sind die in diesen Richtlinien enthaltenen Empfehlungen auch relevant für professionelles
Notrettungspersonal, das evtl. zur psychosozialen Versorgung (bzw. Nachsorge) uniformierter Mitarbeiter
nach potenziell schockierenden Ereignissen eingesetzt wird. Folgende Organisationen waren aktiv an der
Entwicklung dieser Richtlinien beteiligt:
• Niederländische Kammer der Allgemeinmediziner (Nederlands Huisartsen Genootschap – NHG)
• Niederländische Gesellschaft für Arbeits- und Betriebsmedizin (Nederlandse Vereniging voor Arbeids- en
Bedrijfsgeneeskunde – NVAB)
• Niederländische Psychologenkammer (Nederlands Instituut van Psychologen – NIP)
• Niederländische Gesellschaft für Psychiatrie (Nederlandse Vereniging voor Psychiatrie – NVvP)
Neben den oben erwähnten Organisationen, waren (u. a.) auch folgende Organisationen an der Endredaktion der Richtlinien beteiligt:
• Spiritual Counselling (sowohl im Verteidigungsministerium wie in der niederländischen Polizeiorganisation)
• Niederländischer Presserat (Raad voor de Journalistiek – RvJ)
• Niederländisches Rotes Kreuz (Nederlandse Rode Kruis)
• Niederländische Opferhilfe (Slachtofferhulp Nederland)
• Niederländischer Gemeindetag (Vereniging van Nederlandse Gemeenten – VNG)
36
Anhang 2 Beschreibung der Literaturrecherche
Anhang 2
Beschreibung der
Literaturrecherche
Eine erste, grundlegende Suche nach verfügbarer Literatur erfolgte Ende 2008, eine zusätzliche Literaturrecherche
dann im August 2009, zum Teil auf Grundlage von zusätzlichen, von der Projektgruppe formulierten Fragen. Beide
Suchen sind nachstehend beschrieben.
Ergebnisse der grundlegenden Suche
Die Suche nach relevanter wissenschaftlicher Literatur (Stand 1996) erfolgte in den Datenbanken Medline
(PubMed), EMBASE und PsycINFO. Zunächst lag der Schwerpunkt auf den bestehenden Richtlinien, systematischen Durchsichten und randomisierten kontrollierten Studien („randomized controlled trials“, kurz:
„RCTs“) im Bereich psychosoziale Betreuung und Beobachtung von Hilfeleistenden nach Unglücksfällen. Zur
Anwendung gelangte hierbei u. a. die Suchstrategie zur Intervention bei in Zusammenhang mit Arbeit stehenden Problemen, die vom Cochrane Occupational Health Field entwickelt und validiert wurde.
Erweiterte Suche nach Cochrane Occupational Health Field Strategie mit den englischen Suchbegriffen „traumatic stress“, „disaster workers, „rescue workers“.
(effect*[tw] OR control*[tw] OR evaluation*[tw] OR program*[tw]) AND (work[tw] OR works*[tw] OR
work’*[tw] OR worka*[tw] OR worke*[tw] OR workg*[tw] OR worki*[tw] OR workl*[tw] OR workp*[tw] OR
occupation*[tw] OR prevention*[tw] OR protect*[tw]) AND (“Stress Disorders, Post-Traumatic”[Mesh] OR
“Stress Disorders, Traumatic”[Mesh] OR “Stress Disorders, Traumatic, Acute”[Mesh]) AND disaster workers
OR rescue workers
In EMBASE und PsycINFO wurden jeweils identische Schlüsselbegriffe verwendet. Diese Suche führte
(besonders bei Einschränkung auf den Begriff „emergency service providers“, also „Notrettungspersonal“)
zu 98 Treffern; dann erfolgte eine weitere Eingrenzung der Auswahl (mit Limits). Eine identische Suche mit
dem Begriff „trauma workers“ anstatt „disaster workers“ ODER „rescue workers“ führte zu 93 Treffern, von
denen manche mit bereits vorhandenen Treffern identisch waren; eine weitere Eingrenzung der Auswahl
erfolgte wiederum mit Limits. Dann erfolge eine Suche anhand von Suchbegriffen wie z. B. „rescue workers“,
„police officers“, „fire fighters“, „ambulance personnel“, „military“, „peer support“, „recuperation“ und „sleep
management“. Außerdem gelangte eine von Haafkens beschriebene, allgemeine Suchstrategie (2006) zur
Anwendung. Zudem wurde die in den NICE-Richtlinien zum Thema PTSD (2005) verwendete Literatur einer
Prüfung unterzogen. Dies führte zum Auffinden einiger weiterer Artikel.
Beschreibung der Literaturauswahl
Die bei der ersten Suche gefundenen 132 Abstracts wurden mit Blick auf Inhalt und Qualität bewertet. Es
wurden auch Artikel aufgenommen, die die Erforschung der (psychosozialen) Folgen von Unglücksfällen für
(uniformierte) Hilfeleistende oder die Effektivität von Interventionen im Bereich der psychosozialen Betreuung und Beobachtung innerhalb dieser Zielgruppe beschrieben. Infolgedessen wurden zahlreiche Artikel
Anhang 2 Beschreibung der Literaturrecherche
37
ausgeschlossen, deren primärer Fokus auf den zivilen Opfern von Unglücksfällen oder posttraumatischen
Stress-Störungen im Allgemeinen liegt. Unter Verwendung der Schneeballmethode gingen wir die Bibliographien der restlichen 35 Artikel durch und wählten einige zusätzliche Artikel aus. Insgesamt führte dieses
Verfahren zur Auswahl von 44 Artikeln, deren Gesamttext untersucht wurde. Von diesen 44 Artikeln thematisierten die meisten die allgemeinen Folgen von Unglücksfällen; deutlich geringer war bereits die Zahl
der Artikel, die thematisierten, was nach einem Unglücksfall zu tun sei. Schlussendlich wurden der Projektgruppe acht Artikel vorgelegt.
Ergebnisse der ergänzenden Suche
Im Mittelpunkt dieser Suche standen die Folgen von Unglücksfällen für (uniformierte) Mitarbeiter. Sie
umfasste systematische Durchsichten und Meta-Analysen (Stand: 1995) in den Sprachen Niederländisch,
Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch. Diese Suche erfolgte in PsycInfo, PubMed und PILOTS (einer
Spezialdatenbank mit Artikeln zum Thema Trauma). Um möglichst viele Treffer zu erhalten, entschied man
sich für einen erweiterten Suchmodus. Bei der Definition der Suchbegriffe bediente man sich der Cochrane
Occupational Health Field-Strategie.
Eine erste, allgemeine Suche zielte auf kritische Würdigungen ab und bediente sich einer Kombination von
Begriffen über spezifische Berufsgruppen, Trauma und Arbeit(sbelastung). Im Zuge dieser Suche, die zum
Teil derjenigen entsprach, die in den Richtlinien über „Frühe psychosoziale Interventionen nach Unglücksfällen, Terrorismus und anderen Schockerlebnissen“ erfolgte (Impact, 2007), wurden 116 Artikel gefunden. Aus
diesem Pool wurden 21 Artikel ausgewählt; Themen: Aggression im Zusammenhang mit Arbeit, Eigenschaften von Mitarbeitern und gesteigertes Risiko oder Förderung von psychiatrischen Problemen.
Uniformed workers
DE “Rescue Workers” or DE “Fire Fighters” or DE “Police Personnel”) or (DE “Emergency Services”) OR DE
“Military Personnel” OR DE “Air Force Personnel” OR DE “Army Personnel” OR DE “Coast Guard Personnel” OR
DE “Commissioned Officers” OR DE “Enlisted Military Personnel” OR DE “Marine Personnel” OR DE “Military
Medical Personnel” OR DE “Military Psychologists” OR DE “National Guard Personnel” OR DE “Navy Personnel”
OR DE “ROTC Students” OR DE “Volunteer Military Personnel” OR TI ( red cross OR disaster responders OR disaster work* OR rescue handler* OR trauma work* OR trauma intervent* OR rescue and recovery worker* OR
armed forces OR ambulance personnel OR ambulance service worker* OR rescuers OR uniformed health care
work* OR emergency personnel OR emergency services personnel OR emergency nurs* ) or AB ( red cross OR
disaster responders OR disaster work* OR rescue handler* OR trauma work* OR trauma intervent* OR rescue
and recovery worker* OR armed forces OR ambulance personnel OR ambulance service worker* OR rescuers
OR uniformed health care work* OR emergency personnel OR emergency services personnel OR emergency
nurs* ) or KW ( red cross OR disaster responders OR disaster work* OR rescue handler* OR trauma work*
OR trauma intervent* OR rescue and recovery worker* OR armed forces OR ambulance personnel OR ambulance service worker* OR rescuers OR uniformed health care work* OR emergency personnel OR emergency
services personnel OR emergency nurs* ) OR TI ( fire service personnel OR accident and emergency work*
OR emergency nurs* ) or AB ( fire service personnel OR accident and emergency work* OR emergency nurs*)
or KW ( fire service personnel OR accident and emergency work* OR emergency nurs* ) OR TI ( helping
profession* OR mental health professional* ) or AB ( helping profession* OR mental health professional*)
or KW ( helping profession* OR mental health professional* ) OR DE “Medical Personnel” or DE “Military
Medical Personnel” or DE “Nurses” or DE “Health Personnel” or DE “Allied Health Personnel” or DE “Occupational Therapists” or DE “Counselors” or DE “General Practitioners” or DE “Physicians” or DE “Psychologists”
38
Anhang 2 Beschreibung der Literaturrecherche
OR DE “Clinical Psychologists” OR DE “Counseling Psychologists” OR DE “Educational Psychologists” OR DE
“Experimental Psychologists” OR DE “Industrial Psychologists” OR DE “Military Psychologists” OR DE “Social
Psychologists” or DE “Psychotherapists” OR DE “Hypnotherapists” OR DE “Psychoanalysts” or DE “Therapists”
or DE “Clinicians” or DE “Juries” or DE “Judges” OR DE “Impaired Professionals”
Trauma
KW psychological N2 debriefing or TI psychological N2 debriefing or AB psychological N2 debriefing OR DE
Debriefing (Experimental) or DE Debriefing (Psychological) or DE “Emotional Trauma” or DE “Posttraumatic
Stress Disorder” or DE “Psychological Stress” or DE “Terrorism” or DE “Distress” or DE “Survivors” or DE “Stress”
OR DE “Chronic Stress” OR DE “Environmental Stress” OR DE “Financial Strain” OR DE “Occupational Stress”
OR DE “Physiological Stress” OR DE “Psychological Stress” OR DE “Social Stress” OR DE “Stress Reactions”
or DE “Acute Stress Disorder” or DE “Disasters” or DE “Natural Disasters” or DE “Violence” OR DE “Family
Violence” OR DE “Patient Violence” OR DE “School Violence” OR DE “Violent Crime” or DE “Violent Crime”
OR DE “Family Violence” OR DE “Homicide” OR DE “Physical Abuse” OR DE “Political Assassination” OR DE
“Rape” OR DE “Terrorism” or DE “Homicide” or DE “Genocide” OR TI critical incidents or AB critical incidents
or KW critical incidents
Stress im Zusammenhang mit Arbeit/allgemeine Probleme im Zusammenhang mit Arbeit
DE “Occupational Stress” or DE “Occupational Exposure” or DE “Stress” or DE “Stress Reactions” or DE “Stress
Management” or DE “Caregiver Burden” or DE “Impaired Professionals” OR ((TI work OR works* OR work’*
OR worka* OR worke* OR workg* OR worki* OR workl* OR workp* OR occupation* OR prevention* OR
protect* ) or AB (work OR works* OR work’* OR worka* OR worke* OR workg* OR worki* OR workl* OR
workp* OR occupation* OR prevention* OR protect*) AND DE “Posttraumatic Stress Disorder”
Es erfolgte noch eine weitere Suche, um eine Antwort auf eine Reihe spezifischer Fragen zu folgenden
Themen zu finden:
Effektivität von Trainingsmaßnahmen (175 Artikel)
(skill based intervention* OR social problem solving program* OR social problem solving approach* OR
psychological skills intervention* OR psychological skills training ) “peer support” DE “Social Support” OR DE
“Social Networks” OR DE “Online Social Networks” OR DE “Support Groups” OR DE “Twelve Step Programs”
staff education “Prevention” coping behavior or KW coping strategies morbidity “Debriefing (Experimental)”
or DE “Debriefing (Psychological)”
Effektivität von Auswahlmethoden (54 Artikel)
(DE “Job Performance” OR DE “Employee Efficiency” OR DE “Employee Productivity”) or (DE “Personnel Recruitment”)) or (DE “Coping Behavior”) vulnerability “Susceptibility (Disorders)”) or (DE “Prediction”)) or
(DE “Morbidity”) “Personnel Selection” OR DE “Job Applicant Interviews” OR DE “Job Applicant Screening” or
DE “Selection Tests” OR DE “Psychological Screening Inventory” or DE “Military Recruitment” (helping profession* OR mental health professional* ) or AB ( helping profession* OR mental health professional* ) or KW
( helping profession* OR mental health professional* )(fire service personnel OR accident and emergency
work* OR emergency nurs* )
Anhang 2 Beschreibung der Literaturrecherche
39
Verbindung zwischen physischen Verletzungen und psychiatrischen Folgen (223 Artikel)
(physical trauma* OR physical damag* ) or AB ( physical trauma* OR physical damag* ) or KW ( physical
trauma* OR physical damag*) ( DE “Wounds” or DE “Injuries” or DE “Burns” or DE “Electrical Injuries” or DE
“Head Injuries” or DE “Brain Concussion” or DE “Traumatic Brain Injury”)
Rolle von chronischem (im Zusammenhang mit Arbeit stehendem) Stress und häufigen Zwischenfällen
(151 Artikel)
(secondary trauma) or (empathic strain) or (compassion fatigue)) or TI=((vicarious traumatization) or
(vicarious trauma) or (secondary victimization))) OR (AB=((secondary trauma) or (empathic strain) or (compassion fatigue)) or AB=((vicarious traumatization) or (vicarious trauma) or (secondary victimization))) OR
(DE=(“vicarious traumatization” or “trauma contagion”)) OR ((TI=((secondary trauma) or (empathic strain)
or (compassion fatigue)) or TI=((vicarious traumatization) or (vicarious trauma) or (secondary victimization))) or(AB=((secondary trauma) or (empathic strain) or (compassion fatigue)) or AB=((vicarious traumatization) or (vicarious trauma) or (secondary victimization))) or(DE=(“vicarious traumatization” or “trauma
contagion”)))) and((DE=”burnout”) or(TI=(chronic stress) or AB=(chronic stress)))) and(rct or random*)
Soziale Aufmerksamkeit (200 Artikel)
(DE “Public Opinion”) and (DE “Mass Media” or DE “Communications Media” OR DE “Audiovisual Communications Media” OR DE “Mass Media” OR DE “Telecommunications Media” or DE “News Media” OR DE
“Newspapers” or DE “Printed Communications Media” OR DE “Books” OR DE “Magazines” OR DE “Newspapers” or DE “Television” OR DE “Closed Circuit Television” OR DE “Educational Television” OR DE “Television
Advertising”)”public attention” [ti] OR “public awareness” [ti] “Disaster Medicine”[Mesh]
Effektivität von Debriefing und psychologischen Informationen (96 Artikel)
TI ( debriefing OR crisis intervention ) or AB ( debriefing OR crisis intervention ) or KW ( debriefing OR crisis intervention) psychoeducation[tiab] OR “Patient Education as Topic”[Mesh] OR “psychological skills
training*”[tiab] OR motivational interviewing[tiab] OR “patient teaching”[tiab] OR “patient instruction”[tiab]
OR “patient information”[tiab] OR “patient knowledge”[tiab] OR (patient[tiab] AND (educational program[tiab]
OR educational programing[tiab] OR educational programme[tiab] OR educational programmes[tiab] OR
educational programming[tiab] OR educational programs[tiab] OR educational programs/schools[tiab] OR
educational intervention[tiab] OR educational interventions[tiab]))
Effektivität von Peer Support (97 Artikel)
(DE “Impaired Professionals” DE “Vicarious Experiences””peer support”[All Fields] OR “Social Support”[Mesh]
OR “Self-Help Groups”[Mesh] “colleague support”)
Rolle von Aufsichtspersonal/Vorgesetzten (112 Artikel)
(“leadership” OR “employer” OR “supervisor” OR “manager” AND “job performance”)
40
Anhang 2 Beschreibung der Literaturrecherche
Effektivität von Stress Management, professioneller (Betriebs-)Medizin (167 Artikel)
(adjustment disorders[MeSH Terms] OR burnout, professional[MeSH Terms] OR work stress[Text Word]
OR occupational stress[Text Word] OR job stress[Text Word] OR neurasthenia[MeSH Terms] OR minor
depression[Text Word] OR ((mixed[All Fields] AND (anxiety[MeSH Terms] OR anxiety[Text Word])) AND
((depressive disorder[MeSH Terms] OR depression[MeSH Terms]) OR depression[Text Word])) OR emotional
disorder[Text Word]) AND (“stressmanagement\ OR timing feedback\ OR “return to work\ OR (occupational
AND therap*) OR (occupational AND intervention*) OR “ OR “work capacity evaluation\ OR “vocational
guidance\ OR absenteeism OR “occupational health serviceS\ OR “occupational health\ OR “sick leave\ OR
“sickness absence\ OR occupation* OR job)
Beschreibung der Literaturauswahl
Diese Suchevorgänge ergaben insgesamt 1391 Artikel. Nach einer Bewertung auf Grundlage der Titel dieser
Artikel wurden die Abstracts von 227 Artikeln einer Durchsicht unterzogen. Dann wurde der Gesamttext von
59 Artikeln – darunter 15 Meta-Analysen – durchsucht. Von diesen 15 Artikeln wurden die Bibliographien anhand der Schneeballmethode durchgearbeitet und einige weitere Artikel ausgewählt. Von den verbleibenden
65 Artikeln wurden sieben den Lesegruppen vorgelegt, die man aus der Projektgruppe gebildet hatte; beigelegt wurde eine Reihe von Fragen zu Qualität und Anwendbarkeit dieser Artikel. Für jede Frage beurteilte die
Lesegruppe, welche Artikel passend waren. Die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen der Artikel wurden
dann in die Richtlinien eingearbeitet.
Anhang 3 Alle Empfehlungen im Überblick
41
Anhang 3
Alle Empfehlungen
im Überblick
Dieser Anhang enthält einen Überblick sämtlicher Empfehlungen, die in den Richtlinien zur psychosozialen
Betreuung uniformierter Mitarbeiter formuliert wurden. Die Empfehlungen sind gemäß der Struktur der
Richtlinien chronologisch aufgelistet und decken folgende Themen ab:
• Vision und Kontext (Empfehlung 1 – 12);
• Vorbereitung: Auswahl, Informationen und Rolle der Organisation (Empfehlung 13 – 16);
• Organisierter Peer Support und Monitoring (Empfehlung 17 – 48); und
• Einsatz professioneller Betreuung (Empfehlung 49 – 55).
Vision and context
Potenziell schockierende Ereignisse: Definition und mögliche Folgen
1 Die Projektgruppe empfiehlt, ein potenzielles Schockerlebnis nach dem A1-Kriterium der PTSS-Diagnose
(gemäß DSM-IV) zu definieren und dieses auf andere mögliche psychiatrische Beschwerden und Störungen auszudehnen. Das A1-Kriterium ist so definiert, dass die Person ein Ereignis bzw. Ereignisse erlebte, miterlebte oder mit Ereignissen konfrontiert war, bei dem/denen tatsächlich jemand zu Tode kam
bzw. mit dem Tode oder einer schweren Verletzung bedroht war, oder eine Bedrohung der physischen
Unversehrtheit der eigenen Person oder von Anderen erlebte.
2 Nach potenziell schockierenden Ereignissen sollte folgenden psychiatrischen und psychosozialen Folgen
Aufmerksamkeit geschenkt werden: Dysfunktionen; Angstbeschwerden; häufigeres Nichterscheinen am
Arbeitsplatz; gesteigerter Drogenmissbrauch; Probleme im Privatleben des uniformierten Mitarbeiters;
emotionale Abgestumpftheit; emotionaler Rückzug; akutes Stresssyndrom; posttraumatisches Stresssyndrom; depressive Störungen; Schlafstörungen; Konflikte am Arbeitsplatz; Arbeitsunfähigkeit.
Risikosteigernde und fördernde Faktoren
3 Allgemein risikosteigernde und fördernde Faktoren für die Entwicklung einer PTSS nach einem Schockerlebnis sind (in der allgemeinen Bevölkerung):
Prätraumatische Faktoren
• Traumatisierung in der Anamnese
• Psychopathologie in der Anamnese
• Neurosen
Peritraumatische Faktoren
• Schweregrad des Traumas
Posttraumatische Faktoren
• sozialer Support
• zusätzliche Stressquellen
42
4
5
6
7
8
9
Anhang 3 Alle Empfehlungen im Überblick
Die Projektgruppe weist außerdem darauf hin, wachsam für Situationen zu sein, in denen uniformierte
Mitarbeiter nicht über das von ihnen erlebte Trauma sprechen, bestimmte Aufgaben und Aktivitäten meiden oder zu Formen der Ablenkung tendieren, die der Person selbst wie ihrem sozialen Kontext schaden
(z. B. Medikamentenmissbrauch).
Die Projektgruppe ist der Meinung, dass eine psychosoziale Betreuung uniformierter Mitarbeiter damit
beginnt, dass man sich als guter Arbeitgeber erweist. Zu diesem Zweck achtet die USO auf Faktoren, die
die geistige Widerstandsfähigkeit fördern, so z. B. eine ansprechende Mission, Entwicklungsmöglichkeiten,
soziale Unterstützung, Feedback und Bewertung durch Teamwork und inspirierende, engagierte Führungsarbeit. Darüber hinaus wird auch der Senkung von Risikofaktoren Aufmerksamkeit geschenkt; hierzu
zählen z. B. Druck am Arbeitsplatz, emotional anstrengende Tätigkeiten sowie Ungerechtigkeit in Verfahren und Beziehungen innerhalb der USO.
Neben den zuvor erwähnten allgemeinen Faktoren, die auch für uniformierte Mitarbeiter gelten, betont
die Projektgruppe die hohe Bedeutung sozialer Unterstützung. Mit Blick auf uniformierte Mitarbeiter
bedürfen folgende Bereiche besonderer Aufmerksamkeit:
a
nerkennung;
b
Gelegenheiten, Erlebnisse zu erzählen;
c
Nachsorge und unterstützende Diskussionen; und
d
Informationen über die Handlungen anderer Beteiligter.
Darüber hinaus gilt es, den uniformierten Mitarbeiter so gut wie möglich – u. a. durch Informationen und
Vorbereitung – vor möglichen (negativen) Reaktionen aus dem Umfeld, sich anschließenden weiteren
Untersuchungen sowie aggressiven Akten zu schützen.
ie Projektgruppe empfiehlt eine weitere Erforschung der risikosteigernden Faktoren sowie insbesondere
der fördernden Faktoren, weil die USO dadurch befähigt wird, Maßnahmen zu treffen, die spätere Probleme im Genesungsprozess vermeiden.
Die Projektgruppe empfiehlt, auch zu berücksichtigen, dass physische Verletzungen während eines potenziell schockierenden Erlebnisses die psychosoziale Wirkung auf uniformierte Mitarbeiter noch verstärken
können.
Medienberichterstattung (insbesondere negative Berichte) verdient ebenfalls Aufmerksamkeit bei der
Betreuung uniformierter Mitarbeiter nach entsprechenden Ereignissen. Die Projektgruppe empfiehlt den
USOs wachsames Verhalten gegenüber den Auswirkungen von Medienberichterstattung nach Schockerlebnissen im Hinblick auf die Gesundheit des betreffenden uniformierten Mitarbeiters.
Die Projektgruppe empfiehlt die Verwendung (bereits vorliegender) Protokolle zur Auseinandersetzung
mit Aggressionen, sofern das Thema innerhalb der USO von Bedeutung ist.
Verantwortung für das psychiatrische Wohlbefinden uniformierter Mitarbeiter
10 Obwohl die Gesetzgebung der Niederlande dem Arbeitgeber Verantwortung für das psychische Wohlbefinden uniformierter Mitarbeiter zuweist, machen die jüngsten gesetzlichen Bestimmungen keinerlei klare
Aussagen zur spezifischen Umsetzung. Es wird daher empfohlen, dass USOs ihre Verantwortlichkeiten für
die entsprechenden Maßnahmen für ihre Mitarbeiter bestimmen und dokumentieren.
11Eine USO muss stets wachsam für bestehende Risikofaktoren zur Ausbildung arbeitsbedingter StressStörungen nach Schockerlebnissen sein. Dies kann z. B. durch Aufnahme dieses Themenbereiches des
psychosozialen Wohlbefindens in betriebsärztliche Untersuchungen erfolgen.
12Organisationen müssen Arbeitsbedingungen schaffen, die die Negativfolgen von Schockerlebnissen auf
die psychische Gesundheit uniformierter Mitarbeiter senken.
Anhang 3 Alle Empfehlungen im Überblick
43
Auswahl, Informationen und Rolle der Organisation
13Es liegen nicht genügend Beweise vor, um ein Screening potenzieller uniformierter Mitarbeiter mit dem
Ziel zu empfehlen, das Auftreten psychologischer Beschwerden oder eine verringerte Arbeitsleistung zu
senken.
14Die Projektgruppe empfiehlt das Beschreiben von Beispielen erfolgreicher Nachsorge und Peer- SupportPraktiken und ein Eingliedern dieser Praktiken in die verschiedenen USOs.
15Im Rahmen der Bemühungen, ein guter Arbeitgeber zu sein, betont die Projektgruppe die Wichtigkeit
regelmäßiger Gesundheitsuntersuchungen, präventiver Untersuchungen und/oder Umfragen zur Mitarbeiterzufriedenheit. Darüber hinaus ist eine organisierte Handhabung von Zwischenfällen erforderlich,
die folgende Eigenschaften aufweist:
1
Bereitstellung von kompetentem Trainings- und sonstigem Fachpersonal;
2
klare Dokumentation von Rollen und Verantwortlichkeiten des Gesundheitspersonals;
3
schnelle Verfügbarkeit professioneller Hilfe.
16Die Projektgruppe empfiehlt eine verstärkte (qualitative) Forschung über die Wirkung von Präventionsmaßnahmen zur Senkung der Beschwerden uniformierter Mitarbeiter.
Organisierter Peer Support und Monitoring
Grundprinzipien
Unterstützender Kontext: welche Art von Unterstützung ist effektiv?
17 Die Projektgruppe rät zur Schaffung eines unterstützenden Kontextes durch eine „Form von Peer Support,
bei der versucht wird, Mitarbeiter, die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit potenziell traumatischen
Erfahrungen ausgesetzt sind, zu unterstützen und psychosozial zu betreuen, um einer eingeschränkten
Einsatzfähigkeit entgegenzuwirken“. Dieser Peer Support entspricht auch der Vorgehensweise, die derzeit
in den meisten USOs in den Niederlanden praktiziert wird.
18Um eine optimale psychosoziale Betreuung in Organisationen zu leisten, empfiehlt die Projektgruppe das
Leisten von Peer Support, der unter Verwendung der in dieser Richtlinie beschriebenen Herangehensweise und Rahmenbedingungen von der USO optimal eingerichtet und unterstützt werden kann.
Peer Support und ähnliche Interventionsformen
19 Die Projektgruppe empfiehlt die Verwendung der Begriffe „Debriefing nach Einsätzen“ und „psychologische Informationen“ und die Vermeidung des Begriffs „psychologisches Debriefing“.
20 Die Projektgruppe empfiehlt, genug Zeit für das Debriefing nach Einsätzen (sofern möglich, auch fachgebietsübergreifend) zu reservieren und weist darauf hin, dass die emotionalen Aspekte der gemachten
Erfahrungen in diesem Kontext keine explizite Aufmerksamkeit erhalten sollten.
21DTrotz unzureichender wissenschaftlicher Beweise für die Effektivität der Bereitstellung solcher Informationen empfiehlt die Projektgruppe, uniformierten Mitarbeitern „psychologische Informationen“ zur
Verfügung zu stellen, um deren mentale Widerstandsfähigkeit zu stärken. Diese Informationen sollten
darauf ausgerichtet sein, das praktische Selbstvertrauen uniformierter Mitarbeiter und ihr Arbeitsumfeld
zu stärken: durch Wertschätzung und Anerkennung ihrer Erfahrungen, Betonung der Wichtigkeit von
Aspekten wie aufmerksamem Warten, Monitoring der Einsatzfähigkeit uniformierter Mitarbeiter sowie
44
Anhang 3 Alle Empfehlungen im Überblick
ggf. auch durch Fördern adäquaten Verhaltens beim Suchen nach Hilfe. Diese Form von Informationen
ist nicht erst nach Eintreten eines Zwischenfalls zur Verfügung zu stellen, sondern sollte dem Mitarbeiter
bereits früher vermittelt werden.
Organisation von peer support
Kernelemente von organisiertem Peer Support
22Die Projektgruppe empfiehlt den Einsatz von organisiertem Peer Support. Peer Support ist für uniformierte
Mitarbeiter erkennbar und senkt die Hemmschwelle einer evtl. Inanspruchnahme konkreter Hilfe. Von
diesem allgemeinen Punkt ausgehend, bleibt jeder USO die weitere Gestaltung einer in ihre Organisation
passenden Struktur selbst überlassen.
23 Die Projektgruppe weist darauf hin, dass organisierter Peer Support Kollegen nach einem Schockerlebnis
unterstützen sollte, wobei folgende Aspekte besonderer Aufmerksamkeit bedürfen:
1
Bereitstellung praktischer Unterstützung;
2
Anregen eines gesunden Genesungsprozesses;
3Früherkennung möglicher (psychosozialer) Probleme und rechtzeitige Übergabe an entsprechend
geschultes Personal;
4
Monitoring des Genesungsprozesses;
5
Aktivierung des soziales Netzwerkes;
6
(negative) Reaktionen aus dem Umfeld.
Innerhalb der jeweiligen USO können diese Aspekte durch weitere, organisationsspezifische Aspekte
ergänzt werden.
24Die Projektgruppe empfiehlt fachgebietsübergreifende Nachbesprechungen (Debriefing nach Einsätzen)
für USOs, die gemeinsam ein schockierendes Ereignis erlebt haben.
25Die Projektgruppe empfiehlt, organisierten Peer Support in vier Schritten zu vollziehen:
1
Feststellung, dass eine Exposition (potenzielles Schockereignis) vorliegt;
2
Einstieg in den Peer Support (Kontaktieren / Ernennen von Peer Support Leistenden);
3Bereitstellung von organisierten Peer Support für den/die Kollegen (unter Berücksichtigung der
sechs Aspekte aus Empfehlung Nr. 23);
4
(wenn erforderlich:) Empfehlung zur Inanspruchnahme von geschultem Fachpersonal.
Briefing sollte während des organisierten Peer Support weitergehen. Auch der Vorgesetzte selbst kann
organisierten Peer Support organisieren, z. B. in Form von Debriefings nach Einsätzen. Die USO legt fest,
wer diese Schritte implementiert.
Einstieg in organisierten Peer Support
26 Wird erwogen, mit organisiertem Peer Support zu beginnen, empfiehlt die Projektgruppe die Verwendung
der Definition potenzieller Schockerlebnisse gemäß Beschreibung in Empfehlung 1.
27 Die Projektgruppe empfiehlt folgende, allgemeine Einsatzkriterien, die von der USO ergänzt werden können. Ein Einstieg in Peer Support ist zu erwägen, wenn sich Zwischenfälle ereignet haben, auf die folgende
Beschreibungen zutreffen:
•
ernsthafte Verletzung oder Bedrohung (besonders, wenn Kinder beteiligt sind); •
Beteiligung von Familie oder Kollegen; •
Gefühle der Ohnmacht beim (uniformierten) Mitarbeiter;
•
uniformierte Mitarbeiter signalisieren entsprechenden Unterstützungsbedarf; •
Anwendung direkter Gewalt gegen den uniformierten Mitarbeiter.
Anhang 3 Alle Empfehlungen im Überblick
45
28 Organisierter Peer Support wird prinzipiell nur dann eingesetzt, wenn sich Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Arbeit ereignet haben. Wer ein guter Arbeitgeber sein möchte, kann freilich auch für nicht im
Zusammenhang mit Arbeit stehende Zwischenfälle einen Peer Support erwägen.
29 Die Projektgruppe empfiehlt den USOs, eine eigene Liste grundsätzlicher Zwischenfälle mit spezifischen
Einsatzkriterien zu erstellen, die die oben stehenden wichtigen Aspekte und Erwägungen berücksichtigt.
30 Die Projektgruppe empfiehlt, dass verschiedene USOs untereinander ihre grundlegende Zwischenfall-Liste
austauschen. Dies ermöglicht einen Abgleich und den Austausch von Erfahrungen und Überlegungen.
31 Ein Vorgesetzter kann einen organisierten Peer Support im Anschluss an ein Debriefing nach Einsätzen
in die Wege leiten. Die Projektgruppe empfiehlt, dass Vorgesetzte so qualifiziert/trainiert werden, dass sie
uniformierte Mitarbeiter, die Unterstützung benötigen, erkennen.
Leisten von organisiertem Peer Support
32 Das Erstgespräch sollte innerhalb der organisierten Peer-Support-Struktur ein paar Tage nach dem
Ereignis (Exposition) stattfinden, d. h. nicht gleich nach dem Zwischenfall. Dies ändert allerdings nichts
an der Tatsache, dass es innerhalb der Organisation auch einen unterstützenden Kontext geben muss,
in dem, sofern gewünscht, die Möglichkeit besteht, über Gefühle zu sprechen und seine Erlebnisse mitzuteilen.
33 Die Projektgruppe empfiehlt, organisierten Peer Support in folgenden Zeitabständen zu leisten:
•
Erstgespräch: einige Tage nach dem Zwischenfall. •
Zweites Gespräch: nach vier bis sechs Wochen. •
Drittes Gespräch: nach drei Monaten.
34 Die Projektgruppe empfiehlt, im Rahmen eines organisierten Peer Support und gemäß obigem Zeitschema
höchstens drei Gespräche abzuhalten. Danach ist dem uniformierten Mitarbeite die Inanspruchnahme
professioneller Hilfe in nahe zu legen.
35 Neben seiner unterstützenden Funktion fungiert Peer Support aber auch als Früherkennungsmechanismus.
36Diskretion ist ein zentrales Element im Kontakt mit Personen, die organisierten Peer Support erhalten/
leisten; dennoch gilt auch hier Folgendes:
1Diskretion ist kein „Privileg“, aus dem z. B. ein Peer Support Leistender das Recht ableiten könnte,
vor Gericht unter Berufung auf seine Beziehung zum betreffenden, uniformierten Mitarbeiter die
Aussage zu verweigern 4;
2auf Grundlage der während des Kontaktes besprochenen Aspekte kann ein Peer Support Leistender beschließen, dass ein uniformierter Mitarbeiter vor sich selbst beschützt werden muss;
3
enthüllt der uniformierte Mitarbeiter während des Kontaktes anstößige, gemeine oder kriminelle Handlungen, kann dies den Peer Support Leistenden in einen Gewissenskonflikt bringen.
Vor dem Peer-Support-Gespräch müssen diese Umstände dem betreffenden uniformierten Mitarbeiter klar
gemacht werden; das Gespräch kann also bei Bedarf auch abgebrochen werden.
37 Der Kontakt mit organisiertem Peer Support sollte wichtiger sein als das Eruieren von Tatsachen – es sei
denn, die untersuchende Behörde/Staatsanwaltschaft hat wichtige Gründe, hierüber anders zu entscheiden.
4 Auf Grundlage der Rechtsdefinition von „Privileg“ gemäß Internetseite zum Fallrecht des Obersten Gerichtshofes der Niederlande,
http://www.rechtspraak.nl, abgerufen am 24. September 2010.
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Anhang 3 Alle Empfehlungen im Überblick
Zur Teilnahme an organisiertem Peer Support erforderliches Wissen und Qualifikationen
38 Die Projektgruppe empfiehlt, Schulungen zur Teilnahme an organisiertem Peer Support solide in die
Organisation einzugliedern. Wichtige Aspekte: Diskussionsfähigkeit (einzeln und im Gruppenkontext),
Grundkenntnisse über psychologische Traumen, Schockerlebnisse und potenzielle Folgen davon sowie
die Fähigkeit zum Erkennen von Probleme bei der Erholung von entsprechenden Zwischenfällen.
39 Jeder Mitarbeiter ist verantwortlich dafür, seine eigene Einsatzfähigkeit am Arbeitsplatz zu bewahren,
und zwar nicht nur durch Aktuell-Halten von Wissen und beruflichen Qualifikationen, sondern auch
durch Achten auf seine körperliche und seelische Gesundheit. Die Mitarbeiter müssen regelmäßig von der
Möglichkeit in Kenntnis gesetzt werden, hier (professionelle) Hilfe in Anspruch zu nehmen.
40 Kompetenzen, die Peer Support Leistende benötigen, und die im Training behandelt werden sollten:
•
kommunikative Fähigkeiten; •
gute Fähigkeit zum Zuhören; •
Empathie; •
robuste, durchsetzungsfähige Persönlichkeit;
•
Unabhängigkeit; •
Zuverlässigkeit..
Monitoring
41 Wenn ein Peer Support Leistender dies für erforderlich hält, empfiehlt er in Absprache mit dem uniformierten Mitarbeiter diesem, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dabei kann der Peer Support
Leistende auf die wichtigen Aspekte aus Empfehlung Nr. 50 zurückgreifen.
42 Die Projektgruppe rät vom Einsatz von vorhandenem klinischem Screening im Rahmen von Peer Support
zur „klinischen Erfassung von Beschwerden“ ab; der Einsatz von Screening-Listen ist professionellen Betreuern als diagnostisches Instrument vorbehalten. Werden Screening-Listen aber als Themenlisten (zur
Diskussion) eingesetzt, lassen sie sich als Grundlage bei Peer-Support-Gesprächen heranziehen.
43 Die Projektgruppe empfiehlt, dass Vorgesetzte über gewisse Kenntnisse und Qualifikationen verfügen,
um bei uniformierten Mitarbeitern nach Schockerlebnissen psychosoziale Probleme festzustellen. Diese
Kenntnisse und Qualifikationen umfassen mindestens folgende Aspekte:
•
Wissen über Wirkungen traumatischer Ereignisse auf Menschen und ihr soziales Umfeld; •
Fähigkeiten zur Frühentdeckung psychosozialer Probleme; •
Kenntnisse zum Verlauf des Genesungsprozesses; •
Kenntnis von Faktoren, die den Genesungsprozess beeinflussen; •
Kenntnis der möglichen (temporären) Folgen für die Einsatzfähigkeit; •
Kenntnis der zu ergreifenden Maßnahmen bei traumabedingten Absenzen des Mitarbeiters; •
Kenntnis der Möglichkeiten praktischer und sozialer Unterstützung; •
Kenntnis des Einsatzes von und des möglichen Bedarfs von Anpassungen bei den Arbeitsaktivitäten;
•
Kenntnis der Bestimmungen für (professionelle psychologische) Betreuung innerhalb der USO; •
Fähigkeiten zur Unterstützung des uniformierten Mitarbeiters; •
Kenntnis von Aufgaben, Organisation und Funktionsweise des Peer-Support-Systems und der Einsatzweise von Peer Support;
•
bei psychosozialen Problemen sind auch Fähigkeiten zur Motivierung uniformierter Mitarbeiter
erforderlich, damit diese sich um fachliche Unterstützung an entsprechend geschultes Personal
wenden.
Anhang 3 Alle Empfehlungen im Überblick
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44 Der Vorgesetzte muss auch die negativen Auswirkungen von Zwischenfällen und nachträglichen Untersuchungen (einschließlich Bewertungen) wie z. B. internen Nachforschungen, Medienberichterstattung,
etc. berücksichtigen. Dieser Aspekt sollte beim Informieren und Training von Unternehmensführung,
Führungskräften und Teilnehmern am organisierten Peer Support eingebaut werden.
45 Die Projektgruppe empfiehlt, die Entdeckung psychosozialer Probleme nicht nur nach Zwischenfällen erfolgen zu lassen, sondern auch im Rahmen täglicher Routineaufgaben.
Verantwortlichkeiten und Bewertung von organisiertem Peer Support
46 Die Projektgruppe empfiehlt, die Aufgaben von Koordination, Monitoring und Bewertung der Aktivitäten
des Peer Support solide in die Organisation einzugliedern und zu dokumentieren und hiermit im Idealfall
nur eine Person zu betrauen.
47Die Koordination von organisiertem Peer Support beinhaltet folgende Aufgaben:
•
eingehende Beobachtung von Peer Support;
•
Beobachtung von und Verantwortung für die Qualität von Peer Support;
•
Coaching von Peer Support Leistenden;
•
Ermöglichen von Peer-Support-Aktivitäten;
•
Unterstützung von Recruitment-Aktivitäten für Peer Support; •
Abgleich und Halten von Kontakten mit anderen relevanten Partnern in diesem Bereich; •
Organisation des Trainings von Peer Support Leistenden;
•
Gewährleistung der Verfügbarkeit von Peer Support;
•
periodisches Monitoring und Evaluierung des geleisteten Peer Support; •
periodisches Reporting zu den oben genannten Aspekten innerhalb der Organisation.
48Die Projektgruppe empfiehlt die sorgfältige Beachtung bestehender Datenschutzbestimmungen bei der
Einführung von Registrierungssystemen für den Peer Support. Informationen über Einzelpersonen, die im
Kontext des Peer Support übermittelt werden, dürfen außerhalb dieses Kontextes nicht benutzt werden.
Einsatz professioneller Betreuung
Indikatoren für Bedarf nach professioneller Hilfe
49 Im Einvernehmen mit dem Begriff der psychologischen Triage lassen sich nach Schockerlebnissen drei
Gruppen von Betroffenen unterscheiden: 1) Menschen, die keine Beschwerden entwickeln; 2) Menschen,
die eventuell Beschwerden ausbilden; und 3) Menschen, die Signale aufweisen, die auf einen gestörten
Genesungsprozess hindeuten (und die daher sofort identifiziert und an adäquate Betreuung durch psychologisches Fachpersonal überwiesen werden müssen). Für den Peer Support sollte klar sein, dass
die erste Gruppe (Betroffene ohne Beschwerden) die zahlenmäßig größte ist und sich die Arbeit des Peer
Support auf Gruppe 2 und 3 konzentriert.
50 Folgende Anzeichen/Signale eines gestörten Genesungsprozess sollten während eines Gesprächs mit
organisiertem Peer Support diskutiert und durchgegangen werden.
•
störende Erinnerungen an oder Träume von dem Ereignis; •
Aufgewühltsein durch immer wiederkehrende Erinnerungen an das Ereignis; •
physische Stressreaktionen; •
Vermeidungsverhalten, Nichterscheinen am Arbeitsplatz; •
Schlafstörungen; 48
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•
erhöhte Reizbarkeit oder Aggression bei der Beilegung von Problemen (leichtes „In-die-Luft-Gehen“); •
Gefühle von Unsicherheit und/oder sBeklemmung, übersteigerte Alarmbereitschaft; •
Stimmungsschwankungen, düstere Stimmungen; •
Konzentrationsprobleme; •
gesteigerter Alkohol- und/oder Medikamentenkonsum; •
Unfähigkeit zu „funktionieren“ (am Arbeitsplatz und privat); •
Schuld- und Schamgefühle.
51 Weist ein uniformierter Mitarbeiter nach dem Schockerlebnis bei einem der Gespräche mit dem Peer Support Leistenden auffällig viele der oben genannten Anzeichen/Signale auf, sollte man ihm am besten
dazu raten, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bestehen diese Symptome vier bis sechs Wochen
nach dem Schockerlebnis fort, wird die Kontaktaufnahme mit professioneller Betreuung mit Fachkenntnissen im Trauma-Bereich dringend empfohlen. Darüber hinaus sollte in Zweifelsfällen dem betreffenden
uniformierten Mitarbeiter dazu geraten werden, Kontakt zu professioneller Hilfe aufzunehmen.
52 Es sollte kein „Behandlungsverhältnis“ zwischen dem Peer Support Leistenden und dem uniformierten
Mitarbeiter entstehen.
53 Die USO muss ein Protokoll zur Überweisung uniformierter Mitarbeiter an psychologisches Fachpersonal
führen; der organisierte Peer Support ist über dieses Protokoll in Kenntnis zu setzen.
Effektivität professioneller Betreuung
54 Die Projektgruppe rät, von den bestehenden Richtlinien und Protokollen im Bereich Unterstützung und
psychosoziale Nachsorge (z. B. den Richtlinien mit dem Titel Early Psychosocial Interventions after Disasters, Terrorism and Other Shocking Events (Impact, 2007)) Gebrauch zu machen.
55 Die Projektgruppe misst der Tatsache, dass die Organisation Kenntnisse über mögliche Behandlungsmethoden besitzt, große Bedeutung bei. Hier ließe sich z. B. auch ein Betriebsarzt hinzuziehen.
Teilnehmende Organisationen
Impact ist das niederländische
Forschungs- und Beratungszentrum
für psychosoziale Betreuung nach
traumatischen Ereignissen. Ziel
von Impact ist die Förderung
hochwertiger und adäquat
organisierter psychosozialer
Betreuung nach traumatischen
Ereignissen. Zu den Aufgaben
von Impact gehört das
Zusammenführen von Erfahrungen
mit wissenschaftlichen Erkenntnissen,
die verständliche Vermittlung
entsprechenden Wissens, dessen
Bereitstellung für verschiedene
Zielgruppen sowie die Förderung der
Zusammenarbeit von sämtlichen
beteiligten Akteuren. Impact
arbeitet aber auch daran, Menschen
besser auf traumatische Ereignisse
vorzubereiten und möchte der
psychosozialen Betreuung einen
festen Platz auf der Agenda
von Krisenmanagern zuweisen.
Impact ist Partner von Arq, einer
niederländischen Vereinigung von
Experten für psychische Traumen.
Impact
Niederländisches Forschungsund Beratungszentrum für
psychosoziale Betreuung
nach traumatischen Ereignissen
Nienoord 5
NL- 1112 XE Diemen
T +31 (0)20 660 1901
www.impact.arq.org
[email protected]
Richtlinien
psychosoziale Betreuung
von uniformierten
Mitarbeitern
ISBN 978-90-78273-12-7 / NUR 740
Richtlinien
psychosoziale Betreuung
von uniformierten
Mitarbeitern
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