Binkau_Vergleich verschiedener Methoden zur Bestimmung der

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Vergleich verschiedener Methoden zur Bestimmung der
Aktivierungsenergie von brennbaren Stäuben in Mischungen mit
Interstoffen und Inhibitoren
Benjamin Binkau, Christoph Wanke
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Apparate- und Umwelttechnik,
Abteilung Anlagentechnik und Anlagensicherheit, Universitätsplatz 2, 39106 Magdeburg,
E-Mail: [email protected]
Kurzfassung:
Überall, wo brennbare Stäube vorhanden sind, ist mit der Gefahr der Selbstentzündung und
der Entstehung von Schwel- und Glimmbränden zu rechnen. Durch Zugabe von inerten oder
inhibitorisch wirkenden Stoffen kann das Zünd- bzw. Abbrandverhalten beeinflusst werden,
wodurch sich die formalkinetischen Parameter der Reaktion verändern.
In einer Serie von Experimenten wurde die Aktivierungsenergie von brennbaren Stäuben
(Braunkohle, Aktivkohle und CN4, eine Mischung aus Aktivkohle mit Steinkohle) in
Mischungen mit Inertstoffen und Inhibitoren ermittelt und mit denen der Reinstoffe
verglichen. Als Additive fanden Calciumoxalat, Ammoniumsulfat, Ammoniumphosphat sowie
Quarzsand Anwendung, die in unterschiedlichen Massenanteilen der Kohle zugemischt
wurden.
Die Aktivierungsenergien wurden mittels verschiedener Verfahren ermittelt. Die herkömmliche Variante sind isoperibole Warmlagerungsexperimente, deren Durchführung in der
DIN EN 15188 europaweit genormt ist. Diese Methode ist jedoch relativ aufwendig, da für
jede Probe für mindestens drei verschiedene Probenvolumina die Selbstentzündungstemperatur bestimmt werden muss, um daraus dann die Aktivierungsenergie zu berechnen.
Eine Alternative ist deshalb die adiabate Warmlagerung, wo die Aktivierungsenergie aus
einem einzigen Experiment ermittelt werden kann. Komplizierter ist hier jedoch die
Auswertung der Experimente, da die Aktivierungsenergie aus dem steilsten Anstieg des
logarithmierten Temperatursignals im Arrhenius-Diagramm ermittelt werden muss. Um
diesen Wert zu finden wurde ein Matlab-Algorithmus entwickelt.
Die Aktivierungsenergie lässt sich aber auch aus der thermogravimetrischen Analayse (TGA)
sowie der Differential Scanning Calorimetry (DSC) bestimmen. Für diese Verfahren wird nur
eine sehr geringe Menge der Proben benötigt. Bei der TGA ergibt sich die Aktivierungsenergie aus der logarithmischen Auswertung des Masseverlustes im Arrhenius-Diagramm,
welches mit o. g. Algorithmus ausgewertet werden kann. Bei der DSC müssen die
Experimente mit drei verschiedenen Heizraten durchgeführt werden, wodurch wieder relativ
viel Zeit benötigt wird.
Während der Experimente hat sich herausgestellt, dass neben den genormten isoperibolen
Warmlagerungsversuchen auch die adiabate Warmlagerung sowie die TGA gut geeignet sind,
um die Aktivierungsenergie zu bestimmen. Die mit diesen Verfahren ermittelten Aktivierungsenergien waren etwa 10% niedriger als die Aktivierungsenergie aus der genormten isoperibolen Warmlagerung. Unterschiede ergaben sich jedoch bei der Versuchsführung der TGA. Die
Aktivierungsenergien der ersten untersuchten Proben waren immer etwa ein Drittel kleiner.
Ursache dafür war, dass hier die Versuchsapparatur nicht gespült wurde und somit nicht
genügend Sauerstoff für die Verbrennung zur Verfügung stand. Bei den weiteren Versuchen,
wo Druckluft als Spülgas verwendet wurde, stimmten die Aktivierungsenergien mit denen aus
der isoperibolen Warmlagerung weitestgehend überein.
Die Auswertung des DSC-Signals führte im Vergleich zur genormten isoperibolen Warmlagerung zu etwas höheren Aktivierungsenergien.
1
1. Einleitung
Die herkömmliche Methode zur Bestimmung der Aktivierungsenergie sind isoperibole
Warmlagerungsexperimente, deren Durchführung in der DIN EN 15188 europaweit genormt
ist. Da für jede Probe mindestens drei verschiedene Probenvolumina untersucht werden
müssen, ist diese Methode jedoch sehr zeitaufwendig und für Stoffe, die nur in geringen
Mengen zur Verfügung stehen, nicht durchführbar. Eine Alternative sind adiabate Warmlagerungsversuche, wo die Aktivierungsenergie aus einem einzigen Versuch ermittelt werden
kann. Komplizierter ist hier jedoch die Auswertung, da die Aktivierungsenergie aus dem
steilsten Anstieg des logarithmierten Temperatursignals im Arrhenius-Diagramm ermittelt
werden muss.
Die Aktivierungsenergie lässt sich aber auch aus der thermogravimetrischen Analyse (TGA)
sowie der Differential Scanning Calorimetry (DSC) bestimmen, wobei jeweils nur wenige
Milligramm der Proben benötigt werden. Bei der TGA ergibt sich die Aktivierungsenergie aus
der logarithmischen Auswertung des Masseverlustes im Arrhenius-Diagramm. Bei der DSC
müssen die Experimente mit drei verschiedenen Heizraten durchgeführt werden, wodurch
wieder relativ viel Zeit benötigt wird.
Ziel der Untersuchungen war es, die Aktivierungsenergien aus den verschiedenen Methoden
zu vergleichen und deren Eignung bzgl. der Brennstoff-Inertstoff-Gemische zu bewerten. Als
brennbare Stoffe wurden Braunkohle (BK), Aktivkohle (AK) sowie CN4, ein Gemisch aus
Aktiv- und Steinkohle, verwendet, denen unterschiedliche Zuschlagstoffe in verschiedenen
Mischungsverhältnissen zugegeben wurden. Als Additive fanden Calciumoxalat (Caox),
Ammoniumsulfat (Asul), Ammoniumphosphat (Aphos) sowie Quarzsand Anwendung.
2. Versuchsaufbau und Durchführung
2.1 Warmlagerungsexperimente
Der Versuchsaufbau für die Warmlagerungsversuche erfolgte nach der DIN EN 15188 [1],
welcher in Abb. 1 dargestellt ist. Die Experimente wurden in Laboröfen mit einem Innenvolumen von 64 l und einer Maximaltemperatur von 350 °C durchgeführt. Als Probenkörbe
wurden äquidistante Zylinder (d=h) aus einem Drahtgeflecht genutzt, sodass die
Sauerstoffdiffusion in die Probe gewährleistet wurde. Zur Temperaturmessung kamen
Mantelthermoelemente Typ K mit 1 mm Durchmesser zum Einsatz.
Abb. 1: Versuchsaufbau (a - Probenthermoelement, b - Ofenthermoelemente,
c - Drahtkorb, d - Heizungszirkulation, e - Luftauslass)
2
Die Temperaturführungen der Versuche sind in Abbildung 2 dargestellt. Bei isoperibolen
Versuchen wird die Ofentemperatur konstant gehalten und die Selbstentzündungstemperatur
bestimmt. Entsprechend Abb. 2(a) sind drei Fälle zu unterscheiden. Ist die Temperatur zu
niedrig, kommt es zum Temperaturausgleich (Kurve A) oder zur Selbsterhitzung (Kurve B).
Erhöht man die Ofentemperatur, kommt es zur Selbstentzündung (Kurve C). Die Selbstentzündungstemperatur TSE ist dabei die höchste Ofentemperatur, bei der sich die Probe nicht
mehr entzündet. Die maximale Temperaturdifferenz zwischen einer Zündung und einer
Nichtzündung darf 2 K nicht überschreiten.
(a) isoperiboler Temperaturverlauf
(b) adiabater Temperaturverlauf
Abb. 2: Temperaturverläufe
Während sich der Versuchsaufbau für die adiabaten und isoperibolen Warmlagerungsversuche
nicht unterscheidet, besteht jedoch in der Temperaturführung des Ofens ein Unterschied.
Diese wurde über ein National Instruments Compact Rio Realtime System realisiert, welches
sowohl zur Steuerung der Öfen als auch zur Messdatenaufzeichnung genutzt wurde. Zur
Ofensteuerung wurde ein P-Regler in Labview programmiert. Im adiabaten Fall (Abbildung
2(b)) wird der Ofen auf eine Onsettemperatur vorgeheizt, welche unterhalb der Selbstentzündungstemperatur des entsprechenden Volumens liegen muss [2]. Erreicht die Probentemperatur die Ofentemperatur wird die Ofentemperatur mitgeführt, bis die Ofentemperatur
aufgrund des schnellen Anstieges der Probentemperatur nicht mehr folgen kann (Runaway)
oder die Probentemperatur die maximale Ofentemperatur überschreitet.
2.2 Simultan-Thermische Analyse
Neben den Warmlagerungsexperimenten wurden die Proben mittels Simultan Thermischer
Analyse (STA) untersucht. Hierbei handelt es sich um eine Kopplung der thermogravimetrischen Analyse (TGA) sowie der Differential Scanning Calorimetry (DSC). Die TGA
gibt Auskunft über den Verlauf der Reaktion, in dem die Masseänderung über den gesamten
Temperaturbereich gemessen wird. Da gleichzeitig auch das DSC-Signal aufgezeichnet wird,
ist es möglich, die von der Probe bei Erwärmung abgegebene bzw. aufgenommene
Wärmemenge zu bestimmen.
Die Messungen wurden mit dem Gerät LABSYS evo der Firma Setaram durchgeführt. Die
Proben wurden mit einer Heizrate von 5 K/min bis zu einer Temperatur von 1200 °C erhitzt,
die Probeneinwaage lag jeweils im Bereich von 20 mg. Die Versuchsapparatur wurde mit
Druckluft mit 10 ml/min gespült. Im Rahmen dieser Veröffentlichung kann auf das
Messprinzip nicht näher eingegangen werden, so dass auf weiterführende Literatur wie [3]
verwiesen wird.
3
3. Theoretische Grundlagen
3.1 Isoperibole Versuche
Der Vorgang der Selbstentzündung kann durch die stationäre Theorie der Wärmeexplosion
beschrieben werden. Diese beruht im Wesentlichen auf dem Modell von Frank-Kamenetskii.
Er führte eine dimensionslose Kenngröße δ ein, die sämtliche charakteristische Merkmale der
Schüttgeometrie und des reagierenden Systems berücksichtigt (Gleichung 1) [4].

E  r 2    Q  k0
E 



exp

 R  T 
  R  Ta2
a 

(1)
Dabei ist E die scheinbare Aktivierungsenergie der Verbrennungsreaktion, r die charakteristische Länge der Schüttung, ρ die Schüttdichte und Q die Reaktionswärme pro Masseneinheit.
λ ist der Wärmeleitkoeffizient der Schüttung, R die universelle Gaskonstante, Ta ist die
Umgebungstemperatur der Schüttung in Kelvin und k0 der präexponentielle Faktor.
Ein System ist nur dann stabil, wenn der Frank-Kamenetskii-Parameter δ einen kritischen
Wert δc nicht überschreitet. Wird der kritische Wert δc verwendet, dann entspricht die
Umgebungstemperatur Ta der Selbstentzündungstemperatur TSE. Durch Umstellen und
Logarithmieren der Gleichung 1 ergibt sich die Struktur einer Geradengleichung mit dem
Anstieg E/R (Gleichung 2).
 T2 
E 1
 E  Q    k0 
ln c  SE2    
 ln

r 
R TSE
 R 

y
 m x 
n
(2)
Die grafische Darstellung wird als Arrhenius-Diagramm bezeichnet (Abbildung 3). Aus dem
Anstieg der Geraden E/R lässt sich die Aktivierungsenergie ermitteln. Auf Grund des linearen
Zusammenhangs ist es mit Hilfe dieses Diagramms möglich, durch Extrapolation der Geraden
die Selbstentzündungstemperatur für größere Volumina zu bestimmen. Somit können auch
Aussagen über das thermische Verhalten größerer Schüttungen getroffen werden, welche die
gleiche Geometrie haben.
Abb. 3: Arrhenius-Diagramm
4
3.2 Adiabate Versuche
Unter der Voraussetzung adiabatischer Randbedingungen entfällt der Wärmeleitungsterm aus
der Energiebilanz, da keine Energie über die Systemgrenzen transportiert wird. Somit
vereinfacht sich die Energiebilanz für ein ruhendes, homogenes und isentropes System
(Gleichung 3) [2].
cp  
dT
q
dt
(3)
Wird zur Berechnung der Reaktionsgeschwindigkeit eine Reaktion nullter Ordnung
herangezogen und der Reaktantenverbrauch vernachlässigt, so kann die Wärmequelldichte
mit folgender Gleichung beschrieben werden:
 E 
q  H0    k0  exp 

 R T 
(4)
Durch Einsetzen von Gleichung 4 in Gleichung 3 und anschließendem Logarithmieren ergibt
sich Gleichung 5, welche wieder einer linearen Gleichung mit dem Anstieg E/R entspricht.
 H k 
E 1
 dT 
ln      ln 0 0 
R T
 dt 
 cp 
y
(5)
 m x  n
In dieser Gleichung ist E die scheinbare Aktivierungsenergie, R die
universelle Gaskonstante, T die Temperatur des Systems, H0 die
Verbrennungsenthalpie, k0 der präexponentielle Faktor, cp die spezifische
Wärmekapazität und t die Zeit.
Wird der Logarithmus der zeitlichen Temperaturänderung über der
negativen reziproken Temperatur abgetragen, so ergibt sich das in
Abbildung 4 dargestellte Diagramm. Aufgrund der kleinen Temperaturanstiegsgeschwindigkeit weist das logarithmierte Signal ein hohes
Rauschen auf und muss daher geglättet werden. Der steilste Anstieg der
Selbsterwärmungsphase, welcher die Aktivierungstemperatur E/R darstellt,
ist durch eine schwarze Linie gekennzeichnet.
Abb. 4: Logarithmische Darstellung der zeitlichen
Temperaturänderung über der reziproken Temperatur
5
Abb.5: Programmablaufplan
Die Glättung der Messwerte und die Ermittlung des steilsten Anstieges erfolgten über einen
am Institut entwickelten MATLAB-Code. Der Programmablaufplan ist in Abb. 5 dargestellt.
Der Algorithmus beruht im Allgemeinen auf folgenden Schritten: Zuerst wurden die Rohdaten
eingelesen und der Bereich der Selbsterwärmung per Hand ausgeschnitten. Danach wurde
zweimalig ein gleitender Mittelwert über 1% der Werte berechnet, um die Daten zu glätten.
Anschließend wurden der Anstieg und das Bestimmtheitsmaß aller Geraden berechnet, welche
in einem bestimmten Wertetupelbereich lagen. Dies geschah mittels der Matlab Curve Fitting
Toolbox. Zum Schluss wurde in Abhängigkeit des Bestimmtheitsmaßes die Gerade mit dem
größten Anstieg ausgewählt.
3.3 Thermogravimetrie
Die Aktivierungsenergie von brennbaren Stäuben lässt sich auch aus dem TG-Signal
berechnen [5]. Ausgangspunkt dafür ist die Masseänderung pro Zeit für eine Reaktion erster
Ordnung (Gleichung 6).
E

dm
RT
 m  k0  e
dt
(6)
Durch umformen und logarithmieren ergibt sich auch hier die Struktur einer Geradengleichung mit dem Anstieg E/R.
E
 1 dm 
ln  
 ln k0 

R T
 m dt 
y
 m x  n
(7)
Die Aktivierungsenergie lässt sich wieder aus dem steilsten Anstieg des Masseverlustes
(Abb. 6) ermitteln, wozu der in Abschnitt 3.2 beschriebene Algorithmus geringfügig
modifiziert wurde.
Abb. 6: Logarithmische Darstellung des TG-Signals über der reziproken Temperatur
3.4 Differential Scanning Calorimetry
Eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung der Aktivierungsenergie ist die Ozawa-Flynn-Wall
Methode [6]. Ozawa untersuchte die Abhängigkeit zwischen der maximalen Peak-Temperatur
Tp des DSC-Signals und der Heizrate φ. Dabei stellte er folgenden Zusammenhang
(Gleichung 8) fest.
lg  konst  0,4567
R
R  Tp
(8)
6
Die Aktivierungsenergie kann man somit aus Experimenten mit verschiedenen Heizraten
berechnen. Wird der dekadische Logarithmus der Heizrate über der negativen reziproken
Peak-Temperatur abgetragen (Abb. 7), so kann die Aktivierungsenergie aus dem Anstieg der
resultierenden Geraden ermittelt werden.
-0,6
log (φ); φ in K/s
-0,8
-1
-1,2
-1,4
-1,6
0,00155
0,00160
0,00165
0,00170
1/TPeak; TPeak in K
Abb. 7: Logarithmische Darstellung der Heizrate über der reziproken Peak-Temperatur
(Heizraten 2 K/min, 5 K/min und 10 K/min)
4. Stoffdaten
Für die in den Experimenten verwendeten Stäube und Inhibitoren / Inertstoffe wurde die
Korngrößenverteilung mit dem Partikelanalysator Camsizer der Firma Retsch Technology
ermittelt, der mittels digitaler Bildverarbeitung die Partikelgrößenverteilung eines Stoffes
bestimmt. Die Bestimmung der Feuchte der verwendeten Stoffe erfolgte mit einem
elektronischen Feuchteschnellbestimmer (Sartorius Moisture Analyzer, Modell MA100C),
welcher nach dem Prinzip der Infrarottrocknung arbeitet. Die Probe wurde dazu bis auf
105 °C erwärmt und der Masseverlust bis zur Massekonstanz gemessen. Die ermittelten
Stoffwerte sind in Tab. 1 zusammengefasst.
Partikeldurchmesser [µm]
Tab. 1: Stoffeigenschaften der Reinstoffe (Anteile in %)
0 - 20
20 - 40
40 - 80
80 - 160
160 - 240
240 - 500
500 - 760
760 - 1000
1000 - 1360
Feuchte [%]
BK
AK
CN4
Caox
Asul
Aphos
Sand
26,14
32,82
41,04
0
0
0
0
0
0
11,37
37,06
43,82
19,12
0
0
0
0
0
0
9,58
20,2
26,77
31,47
19,65
1,64
0,27
0
0
0
11,95
90,87
8,66
0,19
0,28
0
0
0
0
0
2,44
0
0
0
0,2
0,7
19
40,7
39,4
0
0,38
0
0
0
2,2
7,2
54,5
27,3
8,8
0
0,54
43,42
30,3
21,99
3,91
0,31
0,07
0
0
0
0,42
7
5. Ergebnisse
In [7] wurde der Einfluss von Inertstoffen und Inhibitoren auf das Zünd- und
Abbrandverhalten brennbarer Stäube untersucht. Dazu wurden die Selbstentzündungstemperaturen der Brennstoff-Inertstoff-Gemische mittels isoperiboler Warmlagerung ermittelt
und daraus Aktivierungsenergien berechnet. Diese Methode war jedoch relativ aufwendig, da
für jede Probe mindestens drei verschiedene Probenvolumina untersucht werden mussten. Da
dieses Verfahren jedoch genormt ist, werden hier die ermittelten Aktivierungsenergien als
Vergleichswert für die nachfolgenden Untersuchungen verwendet.
Bei der adiabaten Warmlagerung kann die Aktivierungsenergie im Idealfall aus einem
einzigen Experiment ermittelt werden kann. Zur Fehlerminimierung wurden jedoch immer
zwei verschiedene Volumina untersucht. In Abb. 8 sind die Arrheniusdiagramme für einige
adiabate Versuche dargestellt. Der jeweilige Auswertebereich mit dem größten Anstieg ist rot
gekennzeichnet. Gut ersichtlich ist die Variation der Anzahl der Wertetupel.
(a) BK80-Caox20 200 cm3
(b) BK80-Asul20 100 cm3
(c) BK80-Aphos40 100 cm3
Abb. 8: Arrheniusdiagramme einiger Stoffgemische (rot: Auswertebereiche)
Die aus den Arrheniusdiagrammen ermittelten Aktivierungstemperaturen, das Bestimmtheitsmaß der angefitteten Geraden, der Temperaturbereich, in dem die Gerade liegt und die Anzahl
der Wertetupel sind in Tabelle 2 dargestellt. Bei Versuch Nr. 6 wurde die Grenze für die
maximale Tupellänge nach oben verschoben, da aufgrund eines sehr verrauschten Signals ein
falscher Bereich gewählt wurde. Dies zeigt, dass die Ergebnisse vom Anwender auf Plausibilität überprüft werden müssen. Außerdem ist die Tupellänge vom Messintervall abhängig.
Tab. 2: Aktivierungstemperaturen der adiabaten Versuche
Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Probe
BK
BK
BK80-Asul20
BK80-Asul20
BK60-Asul40
BK60-Asul40
BK80-Caox20
BK80-Caox20
BK80-Aphos20
BK80-Aphos20
BK60-Aphos40
BK60-Aphos40
BK80-Sand20
BK80-Sand20
BK60-Sand40
BK60-Sand40
V [cm³]
100
200
100
100
100
100
100
200
100
200
100
200
100
200
100
200
T [°C]
106 - 111
107 - 117
128 - 145
145 - 177
156 - 177
136 - 179
142 - 161
124 - 169
143 - 159
122 - 160
145 - 155
124 - 139
104 - 109
108 - 115
119 - 124
108 - 119
R² Tupel
0,99 133
0,98 264
0,89 109
0,98 66
0,99 50
0,98 190
0,98 53
0,98 237
0,99 51
0,96 280
0,95 50
0,98 279
0,99 40
0,99 130
0,99 70
0,99 258
8
E/R [K]
12155
11565
10730
9605
9844
9158
11173
9925
10025
9761
10521
12240
9656
11175
10373
9091
Mittelwert
isoperibol
11860
12060
10168
12224
9501
12364
10549
11053
9893
11988
11381
12377
10416
12392
9732
12449
Ersichtlich ist, dass keine Abhängigkeit der Aktivierungstemperatur vom Probenvolumen
gegeben ist. Das Bestimmtheitsmaß R2 ist bei allen Geraden sehr hoch, was darin begründet
ist, dass die Geraden im nicht verrauschten Wertebereich liegen. Des Weiteren ist der
Temperaturbereich angegeben, in dem die Gerade angefittet wurde. Es hat sich gezeigt, dass
die Werte für gleiche Volumina sich im selben Temperaturbereich befinden. Für größere
Volumina liegen diese aufgrund der niedrigeren Selbstentzündungstemperatur und der somit
niedrigeren Onsettemperatur darunter.
Beim Vergleich mit den aus den isoperibolen Warmlagerungsversuchen ermittelten Werten
wird deutlich, dass die Aktivierungstemperaturen der adiabaten Versuche etwa 10% kleiner
sind. Bei der adiabaten Warmlagerung ist die Starttemperatur unterhalb der Selbstentzündungstemperatur, so dass hier auch Effekte erfasst werden, die bei niedrigerer Temperatur
beginnen.
Im folgenden Abschnitt wird die Aktivierungsenergie aus dem TG-Signal ermittelt. Da bei
diesem Verfahren jeweils immer nur 20 mg der Probe untersucht werden konnten (bei den
Gemischen war es schwer, eine homogene Mischung in so geringer Masse herzustellen),
wurden für jede Probe drei bis vier Messungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Tab. 3
dargestellt.
Tab. 3: Aktivierungstemperaturen aus TG-Signal
Probe
BK
BK80Asulfat20
BK60Asulfat40
BK80Caox20
BK60Caox40
BK80Aphos20
BK60Aphos40
BK80Sand20
BK60Sand40
T [°C]
222 - 240
225 - 243
214 - 235
232 - 250
218 - 238
219 - 240
217 - 238
244 - 262
220 - 241
216 - 237
220 - 238
246 - 264
236 - 254
230 - 249
244 - 262
237 - 255
236 - 254
237 - 255
245 - 262
249 - 267
249 - 266
250 - 267
269 - 285
258 - 275
262 - 279
233 - 250
219 - 239
239 - 259
224 - 245
236 - 257
219 - 239
215 - 235
213 - 234
R²
1
0,9993
0,9999
1
0,999
1
1
0,9999
1
1
0,9991
0,9989
1
1
0,9992
0,9997
1
1
0,9997
0,9997
1
1
0,9992
1
0,9999
1
0,9999
0,9993
0,9998
0,9998
0,9999
0,9998
0,9995
Tupel
220
220
250
240
309
290
290
240
290
290
240
240
250
250
240
240
252
250
230
250
230
230
220
230
230
210
250
240
250
280
250
250
250
9
E/R [K]
11070
11509
10532
11358
9868
9318
9588
9935
9240
9601
10387
10698
9369
9348
10115
11567
9484
9026
8552
8633
7704
7877
5420
5420
5688
10969
11019
11925
11188
10308
11019
11349
11111
Mittelwert
isoperibol
11117
12060
9591
12224
9592
12364
9951
11053
10048
8855
8191
11988
5509
12377
11275
12392
10947
12449
Beim Vergleich der Ergebnisse für jeweils eine Probe wird deutlich, dass die Ergebnisse
reproduzierbar sind, d. h. die mehrmalige Wiederholung eines Versuches führt trotz der
kleinen Probenmenge und des daraus resultierenden Schwierigkeit bei der Herstellung eines
homogenen Gemisches zu annährend gleichen Aktivierungstemperaturen. In der letzten
Spalte sind die Ergebnisse wieder mit denen aus der isoperibolen Warmlagerung
gegenübergestellt. Hierbei wird deutlich, dass die aus dem TG-Signal berechneten
Aktivierungstemperaturen etwa 10 - 15% kleiner sind als die Vergleichswerte aus den
isoperibolen Warmlagerungsversuchen. Das liegt daran, dass diese TG-Experimente bei
Umgebungstemperatur begannen und dann die Probe mit 5 K/min aufgeheizt wurde. Somit
wurden auch die Reaktionen in der Kohle erfasst, die bei niedrigen Temperaturen ablaufen.
Dagegen fanden die isoperibolen Warmlagerungsversuche bei einer konstanten Temperatur im
Bereich von 100 - 200 °C statt.
Ausschlaggebend ist aber auch die Versuchsführung der TGA. Die Ergebnisse aus den ersten
Experimenten mit Braunkohle (nicht in der Tabelle dargestellt) lieferten Aktivierungsenergien, die um etwa ein Drittel von denen aus der Warmlagerung abwichen. Bei diesen
Versuchen wurde die Versuchsapparatur nicht gespült und somit stand nicht genügend
Sauerstoff für die Verbrennung zur Verfügung, wodurch diese sich verzögerte und unvollständig verlief. Bei den weiteren Versuchsreihen wurde die TGA mit Druckluft gespült und
die Aktivierungsenergien stimmten mit denen aus der isoperibolen Warmlagerung überein.
Eine Ausnahme sind jedoch die Mischungen mit Ammoniumphosphat. Hier gibt es trotz
Spülung der Versuchsapparatur erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Methoden. Das
liegt daran, dass das Ammoniumphosphat bei 190 °C schmilzt und sich bei Temperaturen
oberhalb 200 °C in Ammoniak, Phosphorsäure, Stickstoffoxide und Phosphoroxide zersetzt
[8]. Im DSC-Signal (Abb. 9) ist daher auch bei den Gemischen bei Temperaturen von 200 °C
ein endothermer Peak erkennbar. Bei 200 °C beginnt aber auch die Braunkohle zu
verbrennen. Daher bestehen besonders hier Schwierigkeiten beim Ermitteln des steilsten
Anstieges im TG-Signal, da sich der Masseverlust aus der beginnenden Verbrennung der
Braunkohle und der Zersetzung des Salzes überlagern, was letztendlich zu der „verfälschten“
Aktivierungsenergie führt.
140
20
120
↑ exo
100
Wärmefluss [mW]
Masse [mg]
16
12
8
80
60
40
20
4
0
0
-20
200
400
Temperatur [°C]
600
800
0
0
200
400
600
800
Temperatur [°C]
-40
Abb. 9: TG-Kurven (links) und DSC-Kurven (rechts) für Mischungen von Braunkohle und
Ammoniumphosphat
10
Um die Aktivierungsenergie aus dem DSC-Signal ermitteln zu können, mussten die Proben
mit verschiedenen Heizraten untersucht werden. Dazu wurden Heizraten von 2, 5 und
10 K/min verwendet. Mit zunehmender Heizrate wurde jedoch der DSC-Peak breiter (linkes
Diagramm in Abb. 10), wodurch sich die für die Ozawa-Flynn-Wall Methode benötigte
maximale Peak-Temperatur nur noch schlecht ermitteln ließ. Das Resultat waren
Aktivierungsenergien, die nur noch halb so groß waren wie die aus den isoperibolen
Warmlagerungsversuchen ermittelten Werte.
140
2 K/min
↑ exo
↑ exo
100
Wärmefluss [mW]
100
Wärmefluss [mW]
10 K/min
120
120
80
60
40
20
80
60
40
20
0
0
0
-20
5 K/min
200
400
600
800
0
-20
Temperatur [°C]
200
400
600
800
Temperatur [°C]
Abb. 10: DSC-Kurven von Braunkohle mit Heizraten von 2, 5 und 10 K/min sowie
verschiedenen Massen (links: 20 mg, rechts: 5 mg)
Aus diesem Grund wurde die Probeneinwaage reduziert, sodass der DSC-Tiegel nur noch am
Boden bedeckt war. Anstelle von bisher 20 mg wurden jetzt pro Versuch nur noch 5 mg
verwendet. In den mit der geringeren Masse ermittelten DSC-Kurven (Abb. 10, rechtes
Diagramm) war auch bei größeren Heizraten ein Peak erkennbar, von dem eine eindeutige
maximale Peak-Temperatur ermittelt werden konnte.
Aus der logarithmischen Darstellung der Heizraten über der jeweiligen reziproken PeakTemperatur konnte eine Aktivierungstemperatur von E/R = 14574 K ermittelt werden (zum
Vergleich isoperibole Warmlagerung: E/R = 12060 K). Dieser Wert ist jetzt etwa 20% größer.
Die drei Peak-Temperaturen liegen jedoch im logarithmischen Diagramm nicht genau auf
einer Geraden (vgl. Abb. 7), sodass hier ein größerer Fehler nicht ausgeschlossen werden
kann. Hier sind weitere experimentelle Untersuchungen notwendig.
Aussagen zu den Gemischen können zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden, da die
Experimente mit den geringeren Massen noch ausstehen.
In Tab. 4 sind die mit den vier Verfahren ermittelten Aktivierungsenergien gegenübergestellt.
Die Aktivierungsenergie ergibt sich aus der Aktivierungstemperatur multipliziert mit der
universellen Gaskonstante. In Klammern ist jeweils die prozentuale Abweichung der
Aktivierungsenergie zur genormten isoperibolen Warmlagerung angegeben. Für die reine
Braunkohle lieferten die verschiedenen Verfahren annährend gleiche Ergebnisse, lediglich die
Aktivierungsenergie aus dem DSC-Signal ist um einiges größer. Bei den Mischungen lieferte
die adiabate Warmlagerung durchschnittlich eine um 14% niedrigere und die DSC eine um
17% niedrigere Aktivierungsenergie. Die möglichen Ursachen dafür wurden bereits erläutert.
11
Tab. 4: Vergleich der Methoden
Probe
BK
BK80-Asulfat20
BK60-Asulfat40
BK80-Caox20
BK60-Caox40
BK80-Aphos20
BK60-Aphos40
BK80-Sand20
BK60-Sand40
isoperibol
100,3
101,6
102,9
91,9
73,6
99,7
102,9
103,0
103,5
Aktivierungsenergie [kJ/kg]
adiabat
TG
98,6 (-2%)
92,4 (-8%)
84,5 (-17%)
79,7 (-22%)
79,0 (-23%)
79,7 (-23%)
87,7 (-5%)
82,7 (-10%)
83,5 (13%)
82,3 (-17%)
68,1 (-32%)
94,6 (-8%)
45,8 (-55%)
86,6 (-16%)
93,7 (-9%)
80,9 (-22%)
91,0 (-12%)
DSC
121,2 (+21%)
-
6. Fazit
Bei den Experimenten hat sich herausgestellt, dass neben den genormten isoperibolen
Warmlagerungsversuchen auch die adiabate Warmlagerung sowie die TGA gut geeignet sind,
um die Aktivierungsenergie bestimmen zu können. Durch diese Methoden kann der zeitliche
Aufwand zur Bestimmung der Aktivierungsenergie erheblich reduziert werden. Während für
die isoperibole Warmlagerung mindestens eine Woche benötigt wird, kann die Aktivierungsenergie bei den adiabaten Versuchen sowie der TGA aus einem einzigen Versuch bestimmt
werden. Zur Vermeidung von Fehlern ist allerdings ein zweiter Versuch ratsam. Die
ermittelten Aktivierungsenergien sind jedoch etwa 10 - 15% kleiner als die aus der genormten
isoperibolen Warmlagerung. Die DSC führt zu einer 20% höheren Aktivierungsenergie. Hier
sind weitere Untersuchungen notwendig, um die optimalen Versuchsparameter ermitteln zu
können.
Literatur:
[1] DIN EN 15188: Bestimmung des Selbstentzündungsverhaltens von Staubschüttungen,
Normenausschuss Sicherheitstechnische Grundsätze, Beuth Verlag, Berlin 2007
[2] Schoßig, J.; Schmidt, M.; Krause, U.: Abschlussbericht Forschungsvorhaben "Validierung
von formalkinetischen Größen aus der adiabatischen Warmlagerung", Bundesanstalt für
Materialforschung und prüfung (BAM)
[3] Hemminger, W. F.; Cammenga, H. K.: Methoden der Thermischen Analyse, SpringerVerlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 1989, S. 57-59, S. 126-156
[4] Frank-Kamenetzkii, D. A.: Stoff- und Wärmeübertragung in der chemischen Kinetik,
Springer-Verlag, Berlin/ Göttingen/ Heidelberg 1959, S. 130-134
[5] Torrent, J. G.; Querol, E.: Fires in Silos (Hg.: U. Krause), WILEY-VCH Verlag GmbH,
Weinheim 2009, Kap. 3
[6] Ozawa, T.: Estimation of activation energy by isoconversion methods, Thermochimica
Acta, 203 (1992), pp. 159-165
[7] Binkau, B.; Wanke, C.; Krause, U.: Influence of inert materials on the self-ignition of
flammable dusts, Journal of loss prevention in the process industries, Elsevier Science,
2014
[8] IFA Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (Hrsg.):
GESTIS-Stoffdatenbank,
URL:
http://www.dguv.de/ifa/de/gestis/stoffdb/index.jsp,
Stichwort: Ammoniumphosphat
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