Bernd Pieper Als Schüler hatte ich mit den Fremdsprachen wenig Glück. Meine Lieblingsfächer waren Geschichte und Chemie. Beim Abitur war mein Berufsziel Hütteningenieur. Während meiner Ferienjobs bei den Stahlwerken Südwestfalen stellte ich allerdings fest, dass dieser Beruf nichts für mich war. Als Geschichtslehrer würde ich allerdings auch noch ein Korrekturfach brauchen. An der Universität Köln fand ich dann heraus, dass die dortigen Englischprofessoren auch mit einem naturwissenschaftlich vorgebildeten Gemüt harmonieren könnten. Nun musste ich aber gründlich nachholen, was ich in der Schule nicht gelernt hatte. Was zuerst wie ein Hindernis aussah, stellte sich in meinem späteren Beruf als Vorteil heraus. Um im Studium weiter-zukommen, durften wir bei Übersetzungsklausuren (z.B. Texte von Thomas Mann) keine Grammatikfehler machen. Also zerlegte ich komplizierte Regeln in einfache verständliche Schritte und lernte Beispielsätze dazu auswendig. Vokabeln lernte ich beim Lesen und Radiohören (British Forces Broadcasting Service) in Situationszusammenhängen. In der Mitte des Studiums war ich für ein Jahr Modern Language Assistant an einer Schule in Südwestengland und Student in Exeter. Meine Schüler dort wollten gute A-Levels machen und dafür bei mir übersetzen lernen. Im Gegenzug brachten sie mir Englisch bei. Auch meine Wirtsleute ließen keine Ungenauigkeit zu. Dies hat sich später beim Examen enorm gelohnt. Als Referendar in Dortmund hatte ich ebenfalls großes Glück. Die Ausbilder waren sehr anspruchsvoll, aber auch ausgezeichnet. Eine von jedem nachvollziehbare Textinterpretation habe ich erst da gelernt. Der Fachleiter für Geschichte zeigte uns, wie man Schüler für sein Fach begeistern konnte. Das Examen war dann ein Genuss. Nun war ich in der Lage, mir eine Schule auszusuchen. Weil mir aber das unwillkommene Gezänk einer Wohnungsnachbarin mit ihrem Sohn bei der Erledigung seiner Hausaufgaben die Freude am Lehrerberuf vergällte, bewarb ich mich auf eine Lektorenstelle für deutsche Sprache und Literatur an einer englischen Universität. Ich bekam den Zuschlag für Loughborough. Meine Frau ließ sich nicht verbeamten, um für England frei zu sein. Aber ehe wir losfuhren, rief mich der Leiter des im Aufbau befindlichen, späteren Ganztagsgymnasium in Siegen an. Sein einziger Englischlehrer war gerade Fachleiter am Siegener Bezirksseminar geworden. Es hat einen ganzen Morgen gebraucht, um mich zu überreden. Was das Fach Englisch anginge würde ich weitestgehend freie Hand haben. (Ich habe dann auch nach einem Jahr ein anderes Englischlehrwerk eingeführt.) An der Planung der neuen Schule würde ich als einer von sechs Lehrern beteiligt werden. Die Ausstattung mit einem Sprachlabor sei selbstverständlich. Das Problem der Hausaufgaben würde durch Übungen in der Schule entschärft. Dies war später meine Aufgabe als Studiendirektor. Nach vielen Berufsjahren, kann ich jetzt sagen, dass ich als Lehrer den passenden Beruf gefunden habe. Das Unterrichten hat mir große Freude bereitet. Wie jede andere Erwerbstätigkeit, hat auch der Lehrerberuf seine Belastungen (tagelanges Korrigieren, Konferenzen und – gelegentlich – unkooperative Eltern), aber damit kann man schließlich auch die Gehaltszahlungen und die Pension rechtfertigen.