Pressemitteilung - Sächsischer Städte

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Pressemitteilung
Nr. 14/04
Sächsischer Städte- und Gemeindetag fordert ausreichende
Finanzausstattung, Verringerung der Ausgabenlast und
kommunalfreundlichere Rechtsvorschriften ein
Anlässlich der heutigen Mitgliederversammlung des Sächsischen
Städte- und Gemeindetages (SSG) in Torgau hat Wolfgang
Tiefensee, Vizepräsident des Verbandes und Oberbürgermeister
von Leipzig, deutlich gemacht, dass die Kommunen auf Kontinuität in
der kommunalen Finanzausstattung angewiesen sind. „Uns ist
bewusst, dass aufgrund rückläufiger öffentlicher Einnahmen und
Transferleistungen aus dem Bund-Länder-Finanzausgleich die
insgesamt zur Verfügung stehende Finanzausgleichsmasse nicht
mehr das Niveau vergangener Jahre erreichen wird“, sagte er.
Angesichts steigender Personalkosten und Sozialausgaben sei es
aber nicht zumutbar, die Zuweisungen des Freistaates an die Städte
und Gemeinden zu kürzen, ohne dass gleichzeitig die
Ausgabenlasten verringert werden.
„Die Konsolidierungspotentiale durch Einschränkung von freiwilligen
Leistungen und Personalabbau sind weitestgehend ausgeschöpft“,
machte Tiefensee deutlich. Er forderte den Freistaat daher auf,
durch Landesrecht gesetzte Standards weiter abzubauen und zu
vereinfachen. „Wir erwarten zudem, dass sich das Land im
Bundesrat für die Reduzierung von kommunalen Leistungsverpflichtungen einsetzt, die durch Bundesgesetze bedingt sind.“
Der Freistaat müsse zudem dafür Sorge tragen, dass die im
Zusammenhang mit der Zusammenführung von Arbeitslosen- und
Sozialhilfe (Hartz IV) vom Bund versprochenen Entlastungen den
sächsischen Städten und Gemeinden tatsächlich zugute kommen.
Dazu gehören die zum Ausgleich der hohen Wohngeldkosten in
Folge der strukturell hohen Arbeitslosigkeit für die neuen
Bundesländer
geplanten
Sonderbedarfszuweisungen.
„Die
Zuweisungen müssen in voller Höhe und außerhalb des
Finanzausgleichssystems an die Kreisfreien Städte und Landkreise
weitergereicht werden“, forderte Tiefensee. „Entsprechendes gilt für
die dem Freistaat durch Hartz IV ersparten Wohngeld- und
Eingliederungsleistungen in dreistelliger Millionenhöhe“.
Tiefensee legte dar, dass die Städte und Gemeinden auf eine
Verbesserung ihrer Finanzsituation angewiesen sind, um dringend
notwendige Investitionen, z. B. in den Schulen, tätigen zu können.
„Vor dem Hintergrund der PISA-Studie und der notwendigen
Stärkung des Freistaates Sachsen als Standort der Wissenschaft
und der Zukunftstechnologien muss die Ausstattung der Schulen
insbesondere mit moderner Medientechnik verbessert werden“,
sagte er. Das Land stellt hierfür im Rahmen des Programms
„Medienoffensive Schule“ Fördermittel in Höhe von 89,5 Mio. Euro
zur Verfügung. „Nach vorsichtigen Schätzungen ist jedoch von einem
Bedarf von ca. 500 Mio. Euro für die Grundausstattung der Schulen
(Schüler-PC-Relation
von
10:1)
einschließlich
Vernetzung
auszugehen. Zu berücksichtigen sind auch die nicht bezifferbaren
Kosten im Bereich von Systembetreuung und Netzwerkadministration sowie der in regelmäßigen Abständen notwendig
werdende Modernisierungsbedarf“, erläuterte Tiefensee.
Zwischen den zur Verfügung gestellten Fördermitteln und dem
tatsächlichen Bedarf klafft somit eine Lücke, die von den Kommunen
auf Grund ihrer desolaten Finanzlage nicht geschlossen werden
kann. Zudem berücksichtigen die bestehenden Finanzierungsregelungen nur die herkömmliche Ausstattung der Schulen mit
Mobiliar und einfachem technischen Gerät. „Wenn es der Freistaat
wirklich ernst mit der Medienoffensive meint, müssen die
Finanzierungsregelungen für Schulen geändert und den neuen
Anforderungen im Bereich der neuen Medien angepasst werden“,
forderte Tiefensee.
Nicht nur die unzureichende Finanzausstattung, sondern auch
manche praxisferne Rechtsvorschriften machen den Städten und
Gemeinden das Leben schwer. „Zu viele Normen und Standards
schränken die Handlungsspielräume der Kommunen, Bürger und
Wirtschaft ein und verhindern damit Innovation, Wachstum und
Selbstverantwortung. Aus diesem Grund ist eine Reform der
Gesetzgebung dringend erforderlich“, meinte Tiefensee. So
bedürfen die Regelungen zur Ausstattung von Kindertagesstätten
ebenso einer Überprüfung wie vergaberechtliche Vorschriften oder
Regelungen zur Durchführung des Schwimmunterrichts an
öffentlichen Schulen. Die diversen Unfallverhütungs- und
Bauvorschriften müssen genauso kritisch beleuchtet werden wie die
Fachkräftequote in Heimen und die umfangreichen Statistik- und
Berichtspflichten. „Die Aufzählung ließe sich weiter fortsetzen“, so
Tiefensee. „Wir fordern daher verständlichere und praxisorientierte
Gesetze, und zwar nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundesund europäischer Ebene“.
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Tiefensee forderte den Freistaat zudem auf, in seinem Bemühen um
eine sinnvolle Funktionalreform nicht nachzulassen. „Nach der
amtlichen Bevölkerungsprognose ist bis zum Jahre 2020 von einem
Rückgang der Einwohner gegenüber dem Jahre 2001 bis zu 15,9 %
auf dann 3,69 Mio. Einwohner auszugehen. Dieser Schwund und die
demografische Entwicklung machen einen Umbau der Verwaltung
erforderlich“, meinte er. Zudem sind durch die Gemeindegebietsreform größere und leistungsfähigere Kommunen entstanden, die
bisher durch staatliche Behörden wahrgenommene Aufgaben
bürgernäher, kostengünstiger und effektiver erledigen könnten.
Einen umfangreichen Katalog mit übertragbaren Aufgaben hat der
SSG bereits im Jahre 2000 an die Sächsische Staatsregierung
übermittelt. Vorgeschlagen wurde u. a., Zuständigkeiten aus dem
Bauordnungs-, Gewerbe- und Immissionsschutzrecht auf die
Kreisfreien Städte sowie bestimmte Bußgeldzuständigkeiten,
Aufgaben der unteren Straßenverkehrsbehörde sowie den Vollzug
des Gaststättenrechtes auf kreisangehörige Städte und Gemeinden
zu übertragen.
„Es versteht sich von selbst, dass bei einer Funktionalreform der
Grundsatz der Konnexität zu beachten ist, d. h., für neu auf den
kommunalen Bereich übertragene Aufgaben müssen die Kommunen
auch die finanziellen Mittel erhalten“, stellte Tiefensee klar.
Vor dem Hintergrund der am 19. September 2004 stattfindenden
Landtagswahlen hat der Sächsische Städte- und Gemeindetag die
derzeitigen kommunalen Kernanliegen in einem Katalog von
Erwartungen an die Mitglieder des neuen Landtages zusammengefasst. „In unseren Forderungen spiegelt sich das Bestreben wider,
die Handlungsspielräume der Kommunen zum Wohle der
Bürgerinnen und Bürger zu erhalten, um dadurch Impulse für die
örtliche Wirtschaft und das bürgerliche Engagement zu geben“, so
Tiefensee. „Wir sind keine Lobbyisten, sondern Fürsprecher der
Bürgerinnen und Bürger, die uns gewählt und mit einem Mandat
ausgestattet haben“, begründete er den 20-seitigen Katalog. „Wir
hoffen, dass die Abgeordneten des Sächsischen Landtages und die
Sächsische Staatsregierung in der neuen Legislaturperiode unsere
kommunalen Anliegen verstärkt in das gesetzgeberische Handeln
einfließen lassen“, sagte Tiefensee abschließend.
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Anmerkung:
Bei der heutigen Mitgliederversammlung des Sächsischen Städteund Gemeindetages im Kulturhaus Torgau waren rund 280 Städte
und Gemeinden aus ganz Sachsen vertreten. Zudem nahmen am
öffentlichen Teil der Veranstaltung 80 geladenen Gäste, darunter
einige Abgeordnete des Sächsischen Landtages und Sächsische
Staatsminister, teil. Höhepunkt war der Fachvortrag des
Ministerpräsidenten Prof. Dr. Georg Milbradt mit anschließender
Diskussion über Fragen der aktuellen und künftigen Politik.
Die Mitgliederversammlung findet in der Regel aller zwei Jahre an
ständig wechselnden Orten statt.
Torgau, den 02. Juli 2004
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