PD Laufende Renten zu kürzen ist inakzeptabel

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Ausgabe vom 22. Oktober 2012
IV-Revision 6b:
Laufende Renten zu kürzen ist inakzeptabel
Die Sozialkommission des Nationalrates hat die Beratung zur IV-Revision 6b
abgeschlossen. Sie geht weitgehend ohne Rücksicht auf die Betroffenen vor und schreckt
auch vor der Kürzung von laufenden Renten nicht zurück. Für Travail.Suisse ist eine solche
Revision unhaltbar, umso mehr als die IV auch ohne die Revision 6b auf dem Weg der
Genesung ist.
Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik, Travail.Suisse
Wenn es nach dem Willen der Mehrheit der nationalrätlichen Sozialkommission (SGK-N) geht,
müssen die IV-Rentner/innen mit der Revision 6b nochmals kräftig bluten. Damit wird eine weitere
Reform der IV hauptsächlich auf dem Buckel der Betroffenen ausgetragen. Dabei schreckt die
Kommission auch vor Tabubrüchen nicht zurück: Sie will ein neues Rentensystem einführen und
damit sparen. Dieses neue System soll auch für bisherige IV-Rentner/innen gelten, welche jünger
als 55-jährig sind.
Neues Rentensystem als Deckmantel für Rentenkürzungen
Unter dem Vorwand eines neuen, teilweise linearen Rentensystems sollen Rentenkürzungen
vorgenommen werden. Der Systemwechsel leuchtet auf den ersten Blick ein: Das bisherige
Rentensystem mit Viertelsrenten, halben Renten, Dreiviertelsrenten und ganzen Renten kann
durch Schwelleneffekte dazu führen, dass Betroffene weniger im Portemonnaie haben, obschon
sie mehr arbeiten. Der Systemwechsel ist aber nur halbherzig. Dies weil er nur dort durchgeführt
wird, wo damit Renten gekürzt werden können. Besonders Menschen mit einer starken
Behinderung (IV-Grad ab 60 Prozent) werden so drastische Rentenkürzungen hinnehmen müssen.
Es ist klar, dass mit dieser Entscheidung nicht ein Systemwechsel und eine verbesserte
Eingliederung im Vordergrund stehen, sondern plumpes Sparen auf dem Buckel der Betroffenen.
Die Sozialkommission schreckt auch vor der Kürzung von laufenden Renten nicht zurück. Das ist
ein Tabubruch. Dass es nur ums Sparen geht, zeigt sich in folgendem Beispiel: Die laufenden
Renten werden nur angepasst, wenn der IV-Grad grösser als 50 Prozent ist. Dies weil mit dem
neuen System IV-Rentner/innen mit einem Invaliditätsgrad zwischen 40 und 50 Prozent eine
Rentenerhöhung zugut hätten.
Laufende Renten kürzen für eine minimal schnellere Entschuldung der IV
Nebst der Hiobsbotschaft für die Betroffenen stellt diese Entscheidung auch das Vertrauen in die
ganze IV und das Sozialversicherungssystem in Frage. Die Rechtssicherheit der Betroffenen spielt
offenbar eine untergeordnete Rolle. Besonders unhaltbar sind diese Massnahmen, weil die IV auch
ohne die Revision 6b entschuldet werden kann. Sie ist auf gutem Weg dahin. Mit 6b soll die IV
2025 schuldenfrei dastehen. Auch ohne IV 6b wäre die IV jedoch gemäss den aktuellen
Projektionen bis 2029 schuldenfrei. Denn die IV schreibt auch nach dem Auslaufen der
Zusatzfinanzierung 2017 keine Defizite mehr. Einzig für eine vier Jahre schnellere Entschuldung
der IV werden drastische Tabubrüche wie die Kürzung laufender Renten in Kauf genommen. Das
zeigt, wie egal der Mehrheit der Mitglieder der SGK-N das Schicksal der Betroffenen offenbar ist.
Würden sie es wagen, auch in der AHV so dreist vorzugehen?
Keine Verpflichtung der grossen Unternehmen: Chance für glaubhafte
Eingliederungsbemühungen vertan
Meinte es die Sozialkommission mit weiteren Eingliederungsbemühungen ernst, hätte sie
Grossunternehmen verpflichten müssen, endlich mehr Menschen mit einer Behinderung zu
beschäftigen. Viele Erfahrungsberichte und Umfragen zeigen, dass sich gerade die grossen
Unternehmen oft aus der Verantwortung ziehen, wenn es um die Eingliederung IV-Betroffener
geht. Entsprechende Vorschläge lagen auf dem Tisch. Offenbar lag der Kommission aber wenig an
einer glaubwürdigen Ausrichtung der Eingliederungsbemühungen. Jedenfalls findet sich keine
solche Massnahme im Paket der SGK-N. Der Entscheid, die Taggelder während der
Eingliederungsmassnahmen zu kürzen, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Eingliederung nur
halbherzig verfolgt wird.
Eltern mit einer Behinderung und ihre Kinder doppelt bestraft
Als weitere Sparmassnahme werden die Kinderrenten, welche Eltern mit einer Behinderung für ihre
Kinder ausgerichtet werden, drastisch gekürzt. Damit werden Eltern mit einem hohen IV-Grad
doppelt bestraft: Zuerst wird ihnen die Grundrente gekürzt und danach bekommen sie auf dieser
tieferen Grundrente nur noch einen 30-prozentigen Zuschlag für ihre Kinder (heute 40 Prozent).
Um die Kürzung salonfähiger zu machen, will die Sozialkommission den Begriff Kinderrenten durch
den Begriff „Zulage für Eltern“ ersetzen. Leiden darunter werden so oder so die Eltern und ihre
Kinder. Die Kürzung der Kinderrenten wirkt sich zudem auch auf die AHV aus. Auch dort sollen
diese Leistungen gekürzt werden.
Referendum sicher
Bleibt die Vorlage in dieser verantwortungslosen Härte bestehen, ist ein Referendum sicher. Dabei
wird es schwierig sein, der Bevölkerung begreiflich zu machen, wieso es drastische
Rentenkürzungen braucht, obwohl die IV wieder schwarze Zahlen schreibt.
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