Programmhinweis - phoenix Presse

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PROGRAMMHINWEIS
Karfreitag, 06. April 2012, ab 9.00 Uhr
THEMA: Die Deutschen
9.00 Uhr Die Deutschen I
1/10: Otto und das Reich
Als Otto I. in der Pfalzkapelle von Aachen zum König gekrönt wurde, ließ
er sich nach altem Brauch von den deutschen Fürsten huldigen. Um
solche Ehrerbietung musste er künftig allerdings ringen, denn immer
wieder lehnten sich die Territorialherrscher gegen den Monarchen auf.
Würde es dem späteren Kaiser gelingen, dem aus den Stämmen der
Sachsen, Bayern, Schwaben und Franken erwachsenden Volk ein
eigenes Selbstbewusstsein zu geben, als Deutsche?
Die vier Urstämme auf deutschem Boden empfanden sich wohl erstmals
im Jahr 955 als eine Schicksalsgemeinschaft - hervorgerufen durch einen
Feind von außen. Die Ungarn waren immer wieder zu räuberischen
Streifzügen in das ostfränkische Reich Ottos I. eingedrungen. In der
Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg stellten sich Aufgebote der
„deutschen“ Stämme den Angreifern entgegen und besiegten sie.
Dieses Erlebnis einte, stärkte den Monarchen, schuf so etwas wie eine
gemeinsame Identität. Otto galt nicht nur als Einiger, sondern auch als
Förderer des geistigen und kulturellen Lebens. Sein Reichskirchensystem
stärkte den Klerus. Als Papst Johannes XII. Otto in Rom zum Kaiser krönte,
verschmolz deutsches Königtum mit der Tradition christlich-römischen
Kaisertums.
Dokumentation von Christian Feyerabend, ZDF/2008
9.45 Uhr Die Deutschen I
2/10: Heinrich und der Papst
Es ist der Moment der tiefsten Erniedrigung! Barfuß im Büßergewand
kniet der deutsche König Heinrich IV. im Schnee vor der Burg Canossa
und fleht um die Aufhebung des Kirchenbanns, den der Papst über ihn
verhängt hat. Vergibt der Papst ihm nicht, verliert Heinrich seine Krone.
Der „Gang nach Canossa“ steht seit Jahrhunderten sprichwörtlich für
Fotos finden Sie unter www.ard-foto.de. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:
PHOENIX-Pressestelle · Telefon 0228 9584-193 · [email protected]
die schlimmste Selbsterniedrigung eines Kontrahenten in einer
Auseinandersetzung. Doch was geschah wirklich im bitterkalten Winter
des Jahres 1077? Hier fand eine Auseinandersetzung ihren Höhepunkt,
die die mittelalterliche Welt erschüttert hatte. Im so genannten
„Investiturstreit“ stritten Papst Gregor und der deutsche König Heinrich
um nichts Geringeres, als um die beherrschende Machtposition in der
christlichen Welt. Im Kern ging es um die Frage, ob der Papst über dem
Kaiser steht oder der Kaiser über dem Papst. Als Heinrich ihm trotzig den
Gehorsam verweigerte, belegte ihn der Pontifex mit dem Bann, was
einer faktischen Absetzung gleichkam. Heinrich zahlte mit gleicher
Münze heim und erkannte dem „falschen Mönch“, wie er den Papst
nannte, die Amtsgewalt ab. Als sich die deutschen Fürsten auf die Seite
des Papstes stellten, musste der Salier-König einlenken.
Dokumentation von Fredericke Haedecke, ZDF/2008
10.30 Uhr Die Deutschen I
3/10: Barbarossa und der Löwe
Für Höhepunkt und Niedergang des mittelalterlichen deutschen
Kaisertums steht die Dynastie der Staufer. Friedrich I., „Barbarossa“
(1152-1190) genannt, galt schon zu Lebzeiten als glanzvoller,
tatkräftiger, tugendhafter Herrscher, der für die Ehre des Reiches
kämpfte - als König von Deutschland, von Burgund und Italien sowie als
Kaiser des Römischen Reiches.
Hinzu kam, dass er seine Aufgabe als Schutzherr der römischen Kirche
besonders ernst nahm. So war Barbarossa hin und her getrieben
zwischen deutschen und internationalen Belangen. Wieder eskalierte
der Konflikt mit dem Papst in Rom. Und auch die selbstbewussten Städte
Oberitaliens setzten sich gegen den Herrschaftsanspruch der Deutschen
zur Wehr. Der Machtkampf in Italien band Kräfte, und ließ wiederum auf
deutschem Boden die Territorialherrscher erstarken.
Dokumentation von Friedrich Klütsch und Daniel Sich, ZDF/2008
11.15 Uhr Die Deutschen I
4/10: Luther und die Nation
Zunächst war er nur ein einfacher Mönch, ein zweifelnder und mit sich
hadernder Theologe. Aus ihm wurde eine epochale Figur, die wie keine
andere zuvor die Deutschen einte und spaltete - ohne dies selbst zu
wollen.
„Heiliges Römisches Reich deutscher Nation“ lautete der Name, den
das Staatengebilde in der Mitte Europas seit dem späten 15.
Jahrhundert trug. Es war die Epoche des Habsburger Kaisers Karl V., der
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sich nach alter Tradition als Herrscher von Gottes Gnaden und
Verteidiger der christlichen Einheit verstand. In seinem Reich gehe die
Sonne nicht unter, sagte er im Jahr 1521 selbst - es reichte von
Lateinamerika über Mitteleuropa bis zu den Philippinen. Die deutschen
Territorien bildeten nur eines von vielen Königtümern, hier verfochten
mächtige Kurfürsten ihre Eigeninteressen. Doch ob Fürsten oder Stände,
Bauern oder Bürger der Städte: Viele witterten im Laufe der Reformation
die Chance, auf Distanz zu Rom und dem Kaiser zu gehen und ihre
Stellung im Machtgefüge der damaligen Zeit zu verbessern.
Dokumentation von Friedrich Klütsch und Daniel Sich, ZDF/2008
12.00 Uhr Die Deutschen I
5/10: Wallenstein und der Krieg
Der Friede zwischen den Konfessionen blieb brüchig. Weiterhin stritten
Protestanten und Katholiken um die politische und religiöse
Vorherrschaft im Reich und in Europa. Durch den Prager Fenstersturz
1618 eskalierte der Konflikt. Er mündete in den schrecklichsten aller
Kriege auf deutschem Boden: den Dreißigjährigen Krieg, der die
Bevölkerung dezimierte, das Land verwüstete und Deutschland zum
europäischen Schlachtfeld machte.
Ferdinand II., machtbewusster Vertreter der Gegenreformation und
habsburgischer Herrschaftsansprüche auf den Kaiserthron, wollte in
letzter Minute das Rad der Geschichte zurückdrehen, das hieß, die
Macht des Kaisers gegenüber den Fürsten stärken und den
Protestantismus gewaltsam eindämmen. Das dazu notwendige Heer
beschaffte ihm der böhmische Landedelmann und Kriegsorganisator
Albrecht von Wallenstein. Unter seinem Kommando wurde die christlichkatholische Herrschaft wieder bis an die norddeutschen Meere
vorgeschoben, bis Schweden auf der Seite der Protestanten eingriff - ein
entscheidender Wendepunkt.
Dokumentation von Martin Carazo Mendez, ZDF/2008
12.45 Uhr Die Deutschen I
6/10: Preußens Friedrich und die Kaiserin
Das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ glich nach dem
Dreißigjährigen Krieg einem territorialem Puzzle. Die Habsburger
verfügten über Territorien in ganz Europa und darüber hinaus. Österreich
war schon eine Großmacht, Preußen wollte es noch werden. Es kam zu
einer dramatischen Rivalität zweier Monarchen, die unterschiedlicher
kaum sein konnten.
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Die lebensfrohe Habsburgerin Maria Theresia aus dem katholischen
Wien und der verschlossene Hohenzollern-König Friedrich II. aus dem
protestantischen Potsdam. Die eine baute das gigantische Schloss
Schönbrunn nach dem Vorbild von Versailles, der andere ließ sich das
kleine Rokokoschloss Sanssouci errichten. Zwei Regenten, die sich nie
persönlich begegneten. Beide wollten uneingeschränkte Alleinherrscher
sein, aber keine Despoten. Ihrem eigenen Staat zu dienen, hielten sie für
ihre oberste Pflicht. Die Interessen des Heiligen Römischen Reiches
Deutscher Nationen aber waren zweitrangig. Der Konflikt der beiden
Mächte gipfelte im Siebenjährigen Krieg (1756-1763).
Dokumentation von Annette Tewes, ZDF/2008
13.30 Uhr Die Deutschen I
7/10: Napoleon und die Deutschen
Ausgerechnet ein fremder Kaiser, Frankreichs Jahrhundertherrscher
Napoleon, katapultierte die Deutschen durch Eroberungen und
Reformen in ihr nationales Zeitalter. Kein anderer hatte zuvor mehr dazu
beigetragen, dass die Deutschen zueinander fanden. Auch wenn dies
geschah, um Napoleon selbst loszuwerden.
Was Napoleon gelang, hatte niemand vor ihm erreicht - ein historisches
Paradoxon: die politische Erweckung der „deutschen Nation“.
Am Anfang stand der Untergang. Das alte römisch-deutsche Reich war
nach dem Siebenjährigen Krieg durch die Machterweiterung der
Einzelstaaten weithin ausgehöhlt. Deutschland war ein kultureller, ein
geografischer, aber kaum mehr ein politischer Begriff. Dann kam die
Zeitenwende: die Revolution in Frankreich 1789 und schließlich
Napoleon. Der Eroberer wühlte ganz Europa auf, veränderte die
Landkarte, erzwang die Abdankung des Habsburgers Franz II. als
römisch-deutschen Kaiser und gab dem alten Reich den Todesstoß.
Bonaparte sorgte - im Verbund mit deutschen Fürsten, die er für sich
gewinnen konnte - für eine gründliche Flurbereinigung auf deutschem
Boden.
Die "Völkerschlacht" bei Leipzig 1813 war der Anfang vom Ende, mit
„Waterloo“ schließlich war Napoleons Schicksal besiegelt.
Dokumentation von Stefan Brauburger, ZDF/2008
14.15 Uhr Die Deutschen I
8/10: Robert Blum und die Revolution
Eine Revolution - in Deutschland? Und zwar keineswegs wie Lenin den
Deutschen später süffisant nachsagte, mit einer ordnungsgemäßen
Bahnsteigkarte in der Tasche! Im März 1848 wurden aus braven
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Untertanen entschiedene Barrikadenkämpfer - ob in Wien, Berlin oder
anderen Städten. Es war ein Volksaufstand wie es ihn nie zuvor in der
deutschen Geschichte gegeben hatte. Freiheit und Einheit - das waren
die Ziele.
Bürgerdelegationen drängten die Obrigkeit zu weitreichenden
Zugeständnissen; Bauern verbrannten die Grundbücher ihrer
Gutsherren; Tagelöhner, Handwerker und Studenten lieferten sich
blutige Straßenschlachten mit fürstlichen Soldaten. Freiheit und Einheit,
das waren die Ziele vieler Deutscher, die genug hatten von
polizeistaatlicher Bevormundung und Fremdbestimmung - unter ihnen
auch der liberale Leipziger Stadtverordnete Robert Blum.
Der Funke eines Volksaufstandes in Paris hatte im März 1848 auch in den
deutschen Staaten die revolutionäre Begeisterung entzündet. Mit
Gewalt ließ sich der Flächenbrand bald nicht mehr eindämmen. Die
Fürsten sahen sich gezwungen, ihre Regierungen auszutauschen und
Mitsprache zu gewähren. Zum ersten Mal trat am 18. Mai 1848 in der
Frankfurter Paulskirche eine frei gewählte Nationalversammlung
zusammen, um über Grundrechte und die nationale Einheit zu beraten.
Dies kann als die Geburtsstunde der Demokratie betrachtet werden.
Dokumentation von Peter Hartl, ZDF/2008
15.00 Uhr Die Deutschen I
9/10: Bismark und das Deutsche Reich
Nach der Revolution von 1848, dem vergeblichen Versuch einer „Einheit
von unten“, kam es zur „Einheit von oben“. Preußens Ministerpräsident
Otto von Bismarck ebnete den Weg zum ersten deutschen
Nationalstaat.
„Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die deutschen
Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Blut und Eisen“, hatte der
eigensinnige Politiker einst formuliert, doch einen konkreten Plan zur
deutschen Einigung hatte Bismarck nicht. „Erreicht Deutschland sein
nationales Ziel noch im 19. Jahrhundert, so erscheint mir das als etwas
Großes, und wäre es in zehn oder gar fünfzehn Jahren, so wäre es etwas
Außerordentliches, ein unverhofftes Gnadengeschenk von Gott“, sagte
er drei Jahre vor der Staatsgründung 1871.
Die deutsche Einheit war somit alles andere als vorherbestimmt, wie
preußische Historiker später glauben machen wollten. Zudem hatte die
„Nation“ für Bismarck keinen Selbstwert, sie diente ihm vor allem als
Vehikel zur Mehrung der Macht Preußens und auch der eigenen. Das
von Bismarck geschaffene Reich war das erste geeinte Deutschland,
aber es war ein Fürstenbund, nicht das Volk war der Souverän, die
Reichs-Regierung wurde nicht vom Parlament gewählt.
Dokumentation von Friedrich Scherer, ZDF/2008
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15.45 Uhr Die Deutschen I
10/10: Wilhelm und die Welt
„Zu Großem sind wir noch bestimmt, und herrlichen Tagen führe ich
Euch entgegen“, verkündet der junge Hohenzollern-Kaiser Wilhelm II. zu
Beginn der Epoche, die später nach ihm benannt wird. Er entpuppt sich
als prunksüchtiger Monarch, selbstverliebt und betont forsch. Für die
Mehrheit des deutschen Bürgertums aber wird er zum Sinnbild eigenen
Strebens nach Glanz und Größe.
Der Liberale Friedrich Naumann meint gar: „Dieser Kaiser, über den ihr
euch aufregt, ist euer Spiegelbild!“ Die Fassade von Pickelhauben und
Paraden ist symptomatisch für die „verspätete Nation“. Der Pomp
überspielt vieles. Die „innere“ Einigung Deutschlands ist ins Stocken
geraten, der junge Staat bleibt in sich gespalten. Alte territoriale wie
konfessionelle Gegensätze bieten Konfliktstoff, im industriellen
Aufschwung tun sich tiefe soziale Gräben auf. Der Reichstag, allen
voran die stark anwachsende Sozialdemokratie, fordert ein Ende des
„persönlichen Regiments“ Wilhelms II. Der Kaiser beschimpft die Partei
der Linken als „vaterlandslose Gesellen“.
Wilhelm II. verfolgt andere Visionen als der Gründungskanzler Bismarck.
Dieser hat der Welt vor Augen führen wollen, dass sich der neu
gegründete Staat friedlich in das Konzert der Mächte einfügen kann.
Der junge Hohenzoller aber will Kaiser einer Weltmacht sein, die mit den
anderen Großmächten mithalten kann.
Der Erste Weltkrieg schließlich wird zum ersten industriellen
Vernichtungskrieg, zur Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. 1918 ist das
deutsche Heer am Ende, selbst die Generäle haben das begriffen.
Eingestehen wollen sie es freilich nicht - zumindest nicht vor der Nation.
Dokumentation von Ricarda Schlosshan, ZDF/2008
16.30 Uhr Die Deutschen II
1/10: Karl der Große und die Sachsen
Er galt schon bei seinen Zeitgenossen als „Vater Europas“: Karl der
Große. Er schuf ein Fundament, das den Kontinent prägte. Deutsche und
Franzosen betrachten den legendären Karolinger gleichermaßen als
Stammvater. Karls Imperium reichte von der Nordsee bis nach
Mittelitalien, von Ungarn bis nach Spanien.
Der Frankenherrscher schuf nicht nur ein Imperium, er gab ihm auch
eine Ordnung, setzte Ankerpunkte für eine gemeinsame religiöse und
kulturelle Identität. Er wollte nicht nur Herrscher der Franken sein, sondern
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der gesamten römischen Christenheit. Wo er regierte, sollte auch ein
Glaube die Teile seines europäischen Reiches miteinander verbinden.
Am Weihnachtstag im Jahr 800 wurde er in Rom zum Kaiser gekrönt. Die
römische Kaiserwürde und Reichsidee gingen damit auf das fränkische
Herrscherhaus über. Daran konnten später die ostfränkischen und dann
die deutschen Könige anknüpfen. Die Grundlage für ein späteres Reich
der Deutschen schuf Karl auch durch seine Eroberungen in der Mitte
Europas. Dreißig Jahre lang hatte er Krieg gegen die Sachsen geführt,
bis er sie schließlich blutig unterwarf und zwang, Christen zu werden. Mit
ihrer Eingliederung verschob sich der Schwerpunkt des Frankenreichs
nach Osten. Nachdem sich das Imperium Karls ein Jahrhundert später
endgültig in ein West- und in ein Ostreich geteilt hatte, waren es
ausgerechnet die Nachfahren der einst heidnischen Sachsen, die
genug Macht, Willen und Einfluss besaßen, um in die Fußstapfen des
großen Karolingers zu treten. So erwarb Otto der Große als von den
deutschen Stämmen gewählter „ostfränkischer“ König die Kaiserkrone
und legte damit den Grundstock zur Entwicklung der römisch-deutschen
Tradition.
Dokumentation von Werner Biermann, ZDF/2010
17.15 Uhr Die Deutschen II
2/10: Friedrich II. und der Kreuzzug
„Das Staunen der Welt“ nannten manche Zeitgenossen den Staufer
Friedrich II. (1194 bis 1250), dessen Reich von Sizilien bis zur
Nordseeküste reichte. Neben Deutsch sprach er Italienisch, Französisch,
Griechisch und Arabisch, dichtete, philosophierte und schrieb ein Buch
über die Falkenjagd.
Als Kleinkind schon besaß er die deutsche Königswürde, seine Mutter
Konstanze von Sizilien ließ ihn dort zum Monarchen krönen. Auf
deutschem Boden tobte ein erbitterter Thronstreit zwischen Staufern und
Welfen. Wieder einmal war das Fürstenlager gespalten, und der Papst
mischte mit. Später eroberte Friedrich die Herrschaft im Norden zurück.
Seine Heimat aber blieb Italien. Er lebte die meiste Zeit außerhalb
deutscher Lande und machte auch keinen Hehl aus seiner Vorliebe für
den Süden. Herkunft, Wesen und Auftreten ließen ihn in Deutschland zu
einem Fremden werden, und doch fühlten sich dort viele zu diesem
exotisch anmutenden Monarchen auf seltsame Weise hingezogen.
Friedrich regierte das Land vor allem durch die Verteilung von
Privilegien, was die Fragmentierung des Reiches und die
Selbstständigkeit der Landesherren förderte. Nach langem Zögern
unternahm Friedrich II. einen Kreuzzug ins Heilige Land. Großes Interesse
zeigte der Staufer an der arabischen Kultur und Wissenschaft. Als
einzigem Herrscher dieser Zeit gelang es Friedrich II., das Heilige Grab in
Jerusalem ohne einen einzigen Schwertstreich zu erobern.
Dokumentation von Christian Feyerabend und Daniel Sich, ZDF/2010
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18.00 Die Deutschen II
3/10: Hildegard von Bingen und die Macht der Frauen
Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) ist die populärste Deutsche des
Mittelalters - auf Augenhöhe mit den Mächtigen ihrer Zeit. Sie war
Visionärin, Naturwissenschaftlerin, Politikerin, Komponistin, Theologin und
sogar Managerin zweier von ihr gegründeter Klöster. Viele ihrer
Schriften, vor allem ihre Kenntnisse der Naturheilkunde, haben bis heute
nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Andere werfen noch immer Fragen
auf.
Während die einen in Hildegards Visionen eine Art Drogenrausch der
Kräuterkundigen vermuten, sehen andere darin eine prophetische
Gabe, sogar einen Beweis ihrer Heiligkeit. Besondere Nähe zu Gott für
sich zu beanspruchen war nicht ungefährlich. Ihren Mut schöpfte sie aus
religiösem Sendungsbewusstsein. Hildegards Visionen waren ein
mächtiges Instrument für eine Frau in einer Zeit, in der das weibliche
Geschlecht komplett unter männlicher Verfügungsgewalt stand. Sie
schaffte es, dass der Papst selbst ihre Visionen anerkannte und enthob
sich damit des Verdachtes, eine Ketzerin zu sein.
Aus heutiger Sicht besonders bahnbrechend war ihre Wahrnehmung
der Natur, in der sie ein Spiegelbild der göttlichen Weltordnung sah.
Auch den menschlichen Körper und die Sexualität beschrieb sie
eingehend und mit großer Unbefangenheit.
Dokumentation von Friederike Haedeke, ZDF/2010
18.45 Uhr Die Deutschen II
4/10: Karl IV. und der Schwarze Tod
Karl IV. wurde 1316 in Prag geboren. Sein Vater Johann hatte eine
böhmische Prinzessin geheiratet und war dadurch einer der mächtigsten
Männer im Reich geworden. 1346 gelang es dem ehrgeizigen
Luxemburger durch die Zahlung horrender Bestechungsgelder, seinen
Sohn Karl als Gegenkönig zum amtierenden Ludwig dem Bayern wählen
zu lassen. Karls Position im Reich war zunächst schwach, aber durch den
plötzlichen Tod Ludwigs wenige Monate nach der Wahl änderte sich die
Lage.
Durch geschicktes politisches Taktieren, strategische Eheschließungen
und nicht zuletzt durch die Veräußerung königlicher Privilegien sorgte
Karl IV. für Frieden und konsolidierte seine Herrschaft. Als das Reich im
Innern gefestigt war, brach er 1354 zu einem Italienzug auf und errang
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die Kaiserkrone. Kurz danach hielt er einen Reichstag in Nürnberg ab,
bei dem die Modalitäten der Königswahl ein für alle Mal
festgeschrieben werden sollten. Das Ergebnis der Verhandlungen
zwischen Kaiser und Fürsten ging als „Goldene Bulle“ in die Geschichte
ein und wurde am 10. Januar 1356 öffentlich in Nürnberg verkündet. Die
„Goldene Bulle“ legte fest, dass zukünftig drei Erzbischöfe und vier
weltliche Fürsten den König mit einfacher Mehrheit wählen sollten. Eine
Art „Grundgesetz“ des Heiligen Römischen Reiches entstand, das bis zu
seinem
Untergang
1806
gültig
blieb.
Unter Karl IV. erlebte Mitteleuropa eine kulturelle Blüte. Aber seine
Regierungszeit stand gleichzeitig im Schatten der schlimmsten
Katastrophe des Mittelalters, der Pest. „Schuldige“ waren rasch
gefunden: die Juden. Als Geldverleiher waren sie zwar unverzichtbar für
die mittelalterliche Wirtschaft, aber gleichzeitig verhasst.
Dokumentation von Georg Graffe und Bernhard von Dadelsen,
ZDF/2010
19.30 Uhr Die Deutschen II
5/10: Thomas Müntzer und der Krieg der Bauern
1521 herrschte Aufruhr in Zwickau: Der junge Priester Thomas Müntzer
wandte sich gegen die kirchliche und weltliche Obrigkeit und forderte
für alle Menschen das gottgegebene Recht auf Freiheit und Gleichheit.
Die Kirchenkritik Luthers, den er einst bewundert hatte, ging ihm nicht
weit genug. In einer Schrift „wider das geistlose, sanftlebende Fleisch zu
Wittenberg“ nahm er 1524 gegen Luther Stellung und bekräftigte seine
Absicht, eine gerechtere Ordnung durchzusetzen - notfalls mit Gewalt.
Müntzer war kein Mann der Kompromisse. Nicht nur das Papsttum,
sondern auch die ständisch geprägte weltliche Ordnung war ihm ein
Dorn im Auge. Christus sei in einem Viehstall geboren, schrieb er, er sei
auf der Seite der Armen und Entrechteten. Die Fürsten, die in Pelzmäntel
gekleidet auf Seidenkissen säßen, seien „Christo ain greuel“. In einer
Schrift „wider das geistlose, sanftlebende Fleisch zu Wittenberg“ nahm
er 1524 gegen Luther Stellung, und bekräftigte seine Absicht, eine
gerechtere Ordnung durchzusetzen - notfalls mit Gewalt. Nach Müntzers
theologischer Überzeugung forderte die Heilige Schrift die Freiheit des
Menschen. Er wurde von den Fürsten misstrauisch beäugt und geriet
immer wieder in Konflikt mit der Obrigkeit. Als 1524 der Deutsche
Bauernkrieg ausbrach, schlug Müntzer sich auf die Seite der Landleute.
Bald wurde er zu einer Leitfigur des Aufstands.
Dokumentation von Martin Carazo Mendez, ZDF/2010
20.15 Uhr Die Deutschen II
6/10: August der Starke und die Liebe
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Er gilt als einer der schillernden Monarchen der Neuzeit: Kurfürst Friedrich
August I. von Sachsen, genannt „August der Starke“ (1670 bis 1733).
Seine fürstliche Selbstdarstellung war nur mit der eines anderen
europäischen Monarchen vergleichbar: Ludwigs XIV. Der Hof Augusts
sollte dem des französischen Sonnenkönigs in nichts nachstehen.
Hunderte Feste, Bälle, Maskeraden und Tierhatzen veranstaltete der
König jedes Jahr.
Dem 1,76 Meter großen und 121 Kilogramm schweren August eilte sein
Ruf als „der Starke“ weit voraus. Der „sächsische Herkules“ soll Hufeisen
mit bloßen Händen zerbrochen haben. Bekannt wurde er als Mann, der
schöne Frauen liebte. Mehr als ein Dutzend Mätressen des lebensfrohen
Monarchen sind bekannt, zahlreiche uneheliche Nachkommen hat er
mit ihnen gezeugt. Nur ein Sohn entstammte seiner Ehe mit Christiane
Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth. Keine seiner Mätressen
übertrifft die Gräfin Cosel an Ruhm. Mit ihr teilte er mehr als zehn Jahre
sein Bett, bevor sie ein tragisches Schicksal ereilte: Weil sie sich zu sehr in
die Politik einmischte, wurde sie auf eine Festung verbannt und dort bis
zu ihrem Tod - 49 Jahre später - gefangen gehalten. Als August den
sächsischen Thron bestieg, drängte er den Einfluss des Adels zurück und
etablierte sich selbst als Prototyp des absolutistischen Herrschers in
Deutschland. Seine prachtvolle Hofhaltung, die rege Bautätigkeit und
seine Sammelwut verwandelten Dresden in eine prunkvolle barocke
Metropole und brachten dem Kurfürstentum eine wirtschaftliche und
kulturelle Blüte.
Dokumentation von Yury Winterberg und Jan Peter, ZDF/2010
21.00 Uhr Die Deutschen II
7/10: Karl Marx und der Klassenkampf
Er ist einer der wirkungsvollsten Bestsellerautoren der Weltgeschichte,
und doch haben die wenigsten sein Werk vollständig gelesen. Seine
Lehre wurde zu einer Ersatzreligion, auch wenn der Urheber sich nie als
Glaubensstifter verstand, sondern als wissenschaftlicher Analytiker.
„Ich bin kein Marxist“, kokettierte Karl Marx (1818 bis 1883), der mit
seinem Werk wie kein Deutscher seit Luther den Lauf der Weltgeschichte
beeinflusste. Ab Mitte des 20. Jahrhundert wurde etwa die Hälfte der
Menschheit von Regierungen geführt, die sich auf den deutschen
Denker beriefen. In seinem Hauptwerk „Das Kapital“ sezierte Karl Marx,
geprägt von dialektischen und materialistischen Modellen seiner Zeit,
mit brillanter Tiefenschärfe die komplexen Zusammenhänge von Geld
und Warenwelt. Seine Sicht auf das soziale Elend der frühen Industriezeit
schärfte der Fabrikantensohn Friedrich Engels. Von seinem
Gesinnungsfreund inspiriert, schuf Marx 1848 im „Kommunistischen
Manifest“ das theoretische Rüstzeug für eine internationale
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Arbeiterbewegung, die später in sozialdemokratisch orientierten
Parteien ihren Siegeszug antrat. Sein Gedankengut diente aber auch als
Legitimation für kommunistische Diktaturen, die dazu beitrugen, dem 20.
Jahrhundert einen totalitären Stempel aufzudrücken. Dabei hatte der
scharfsinnige, bisweilen sarkastische Theoretiker es vermieden, sich allzu
sehr in die Belange der praktischen Politik einzumischen. Gleichwohl
zogen deren Folgen ihn mit seiner Familie zeitlebens in Mitleidenschaft.
Seit die preußische Regierung die von ihm geleitete, regierungskritische
Rheinische Zeitung in Köln 1843 verboten hatte, verbrachte Karl Marx die
Hälfte seines Lebens als politisch Verfolgter im Exil. In Paris, Brüssel und
London wurde er zum klarsichtigen Zeugen der Revolutionen und
Umwälzungen des 19. Jahrhunderts, die er in einem ebenso
umfangreichen
wie
fragmentarisch
gebliebenen
Gesamtwerk
kommentierte.
Dokumentation von Peter Hartl, ZDF/2010
21.45 Uhr Die Deutschen II
8/10: Ludwig II. und die Bayern
Mythen und Legenden ranken sich um die Gestalt Ludwigs II. von
Bayern (1845 bis 1886), der als „Märchenkönig“ in die Geschichte
eingegangen ist. Er habe die Politik gescheut und sich vor allem seinen
schwärmerischen Leidenschaften hingegeben: den Opern Richard
Wagners und dem Bau prunkvoller Schlösser wie Neuschwanstein,
Linderhof und Herrenchiemsee. Doch Ludwig war keineswegs nur ein
versponnener Träumer, sondern verfolgte klare politische Ziele.
Er glaubte an das „Dritte Deutschland“, an eine eigenständige Kraft
neben Preußen und Österreich. Der föderale Staatenbund der kleinen
und mittleren deutschen Länder war Mitte des 19. Jahrhunderts ein
Gegenmodell zu einem Bundesstaat unter preußischer Führung.
Scheitern wird die Vision am politischen Genie Otto von Bismarcks und
der militärischen Stärke des Hohenzollern-Staates.
Im „Deutschen Krieg“ von 1866 setzte sich Preußen nicht nur gegen
Österreich, sondern auch gegen die mit Habsburg verbündeten
„dritten“ deutschen Staaten durch. Bayern verlor nach dem
Friedensvertrag mit Preußen die Kontrolle über die eigene Armee. Ein
Souveränitätsverlust, der sich mit dem Deutsch-Französischen Krieg von
1870 fortsetzte. Bismarck nutzte den militärischen Triumph zur Schaffung
des
Deutschen
Kaiserreichs.
In diesem geeinten Reich wurde der bayerische König mehr und mehr
zur exotischen Randfigur. Er verlegte sich fortan auf das Bauen, um
wenigstens auf dem Gebiet der Architektur seiner Herrschaft einen Rest
von Glanz und Würde zu verleihen. Fernab der Residenzstadt München
errichtete er Schlösser, die als weithin sichtbare Monumente an die
Epoche des Absolutismus erinnern sollten. Bald konnte der König seine
kostspieligen Bauvorhaben nicht mehr aus eigener Tasche finanzieren.
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Hoch verschuldet drohte Ludwig auch seiner Regierung mit der
Absetzung. Ihr wollten die Minister mit einem Staatsstreich zuvor
kommen. Der Machtkampf wird den letzten „wahren“ König Bayerns
das Leben kosten. Wie der Monarch ums Leben kam, ist bis heute
ungeklärt.
Dokumentation von Friedrich Klütsch, ZDF/2010
22.30 Uhr Die Deutschen II
9/10: Rosa Luxemburg und die Freiheit
Sie stammte aus dem von Russland annektierten Teil Polens. Rosa
Luxemburg (1871 bis 1919) wurde politische Aktivistin in einer Zeit, in der
Frauen
in
Deutschland
noch
nicht
wählen
durften.
Die
Arbeiterbewegung in Europa befand sich im Aufbruch, Sozialisten
wurden überall verfolgt. Schon in jungen Jahren kämpfte Rosa
Luxemburg für die Rechte der Arbeiterschaft; ab 1898, nachdem sie die
deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatte, auch in der SPD des
wilhelminischen Deutschland.
Rosa Luxemburg war Jüdin, sehr gebildet, besaß einen scharfen
Verstand und ein mitreißendes Temperament. Sie war eine großartige
Rednerin und brillante Schriftstellerin. Konflikte scheute sie nicht. Bei
Streitfragen innerhalb der SPD nahm sie eine radikale Position ein.
Ihr Engagement brachte sie wiederholte Male ins Gefängnis - verurteilt
wegen
Majestätsbeleidigung,
Aufforderung
zu
Ungehorsam,
Gefährdung des öffentlichen Friedens. Unermüdlich sprach sich Rosa
Luxemburg gegen preußischen Militarismus und gegen die Aufrüstung
aus. Als die SPD im August 1914 die Kredite für den Krieg bewilligte,
brach sie aus Enttäuschung über den „Verrat“ an der internationalen
Arbeiterbewegung fast zusammen, dachte sogar an Selbstmord. Rosa
Luxemburg, die auch dazu aufgerufen hatte, den Dienst an der Waffe
zu verweigern, verbrachte fast die gesamte Zeit des Ersten Weltkriegs
hinter Gittern. Doch auch dort blieb sie politisch aktiv.
Als am 9. November 1918 die Revolution in Deutschland ausbrach und
die Monarchie gestürzt wurde, war sie zur Stelle. Im Gegensatz zu den
nun herrschenden Sozialdemokraten, die eine parlamentarische
Republik errichten wollten, traten Rosa Luxemburg und ihre Mitstreiter für
eine sozialistische Revolution ein, nach dem russischen Vorbild von 1917.
Rosa Luxemburg ging jedoch auf Distanz zur Leninistischen Diktatur.
Enttäuscht über die Politik der SPD, gründete sie zusammen mit Karl
Liebknecht die Kommunistische Partei Deutschlands.
Dokumentation von Ricarda Schlosshan, ZDF/2010
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23.15 Uhr Die Deutschen II
10/10: Gustav Stresemann und die Republik
Gustav Stresemann (1878 bis 1929) wurde Reichskanzler, als die junge
Weimarer Republik einmal mehr ins Chaos stürzte: im Krisenjahr 1923.
Deutschland litt noch immer an den Folgen des verlorenen Krieges und
des Versailler Vertrags. Frankreich und Belgien besetzten das
Ruhrgebiet, um milliardenschwere Reparationen zu erzwingen und die
Kontrolle über die wichtige Industrieregion zu gewinnen. Die Inflation
erreichte ihren Höhepunkt. Kommunistische Aufstände drohten von links,
die radikale Rechte forderte eine nationale Diktatur.
Kanzler werden in solcher Zeit, das sei „eigentlich politischer
Selbstmord“, schrieb Stresemann an seine Frau.
„Vernunftrepublikaner“ nannte man Köpfe wie ihn. 1918 hatte er den
Sturz der Monarchie entschieden abgelehnt. Jetzt aber stellte er sich in
den Dienst der Republik - nur sie konnte in seinen Augen die politischen
und sozialen Zerwürfnisse im Deutschen Reich friedlich ausgleichen. In
etwas mehr als 100 Tagen fällte Stresemann als Kanzler einer Großen
Koalition wichtige Entscheidungen zur Rettung der Demokratie. Die
Ruhrkrise wurde entschärft, die Inflation beendet, den Aufständen von
links und rechts der Boden entzogen. Hitlers Putschversuch vom 9.
November 1923 endete im Kugelhagel der Polizei.
Als Außenminister für weitere sechs Jahre setzte Stresemann auf
Verständigung mit Frankreich und ermöglichte Deutschland die
Rückkehr in die Völkergemeinschaft. Er wusste, dass die Deutschen nur
mit und nicht gegen Europa bestehen konnten. Doch sein Tod und der
Schwarze Freitag, der 1929 die Weltwirtschaftskrise einläutete,
markierten den Anfang vom Ende der Republik. Dass er so früh starb, sei
„mehr als ein Verlust“, es sei ein „Unglück“, lautete ein Zitat jener Tage.
Und so stellt sich noch heute die Frage, ob Stresemann den Untergang
der Demokratie, die Machtübernahme Hitlers, hätte verhindern können,
wenn er länger gelebt hätte.
Dokumentation von Stefan Brauburger und Friedrich Scherer, ZDF/2010
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