Dr. h.c. Sabine Hackspiel, LL.M. Luxemburg Kolloquium zur Rechtsprechung des EuGH Wahlfachgruppe 8 Sommersemester 2009 06.07.2009 Grundfreiheiten I - Warenverkehr 1. Übungsfall: Nutzungsbeschränkungen Der kleine, landschaftlich schöne Mitgliedstaat M, in dem es keine Produktion von Kraftfahrzeugen oder Motorrädern, dafür aber viele Sonntagsradfahrer gibt, hat aus Gründen der Luftreinhaltung, des Umweltschutzes und der Verkehrssicherheit folgende Regelungen in sein Straßenverkehrsgesetz aufgenommen: 1. An Sonn- und Feiertagen dürfen Motorfahrzeuge nur auf den Autobahnen und bestimmten Hauptverbindungsstraßen verkehren. Normale Landstraßen und innerstädtische Straßen sind außer für Inhaber von Ausnahmegenehmigungen gesperrt. Ausnahmegenehmigungen werden z.B. für den Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel, Behinderte, Ärzte, Pflegedienste etc., Landwirte für Betriebsfahrzeuge und bestimmte Gewerbetreibende (z.B. für die Lieferung verderblicher Lebensmittel und für dringende Reparaturen) erteilt. 2. In den Innenstädten der Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern dürfen nur Fahrzeuge mit einem CO2-Ausstoß von bis zu 130 Gramm/km verkehren. I vertreibt in M Motorräder und Kraftfahrzeuge. Er befürchtet einen Umsatzrückgang und möchte wissen, ob diese Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Vgl. EuGH, Urteil vom 10.02.2009, C-110/05, Kommission/Italien EuGH, Urteil vom 04.06.2009, C-142/05, Mickelsson und Roos 1 2. Coffeeshop In der Stadt Maastricht kommt es dadurch zu Problemen, daß zahlreiche ausländische Besucher sich in den dortigen Coffeeshops mit weichen Drogen eindecken. Dieser "Drogentourismus" führt zu Belästigungen Unbeteiligter Bürger, zu einer Zunahme von bestimmten Formen der Kriminalität und zum Entstehen illegaler Verkaufsstellen für weiche, aber auch für harte Drogen. Um den "Drogentourismus" einzuschränken, erläßt der Stadtrat von Maastricht eine sog. Gemeindeverordnung, die folgende Bestimmungen enthält: 1. „Einrichtung“ im Sinne dieser VO ist ein für die Öffentlichkeit zugänglicher Raum, in dem gewerbsmäßig Esswaren und/oder alkoholfreie Getränke zum Verzehr vor Ort angeboten werden. 2. „Gebietsansässige“ im Sinne dieser VO sind Personen, die tatsächlich in den Niederlanden wohnen. 3. Dem Inhaber einer Einrichtung ist es verboten, anderen Personen als Gebietsansässigen den Zutritt zu der Einrichtung oder den Aufenthalt dort zu gestatten. 4. Der Bürgermeister kann Ausnahmen von dem Verbot festlegen. Durch einen Erlaß hat der Bürgermeister bestimmt, daß für alle „Einrichtungen“ im gesamten Stadtgebiet, mit Ausnahme von Coffeeshops, Teestuben etc., das Verbot nicht gilt. Wie ist diese Regelung gemeinschaftsrechtlich zu beurteilen? Anhängige Rechtssache C-137/09 Josemans/Bürgermeister von Maastricht Drogenverkauf und Gemeinschaftsrecht (im Steuerrecht): EuGH, Urteil vom 05.07.1988, Happy Family EuGH, Urteil vom 29.06.1999, C-158/98, Coffeeshop Siberie 2