1. Unser Haus Mein Vater hat unsere Hütte zusammen mit anderen Familienmitgliedern aus Lehm gebaut, das Dach ist aus Stroh. Sie ist etwa vier mal vier Meter groß und unterteilt sich in einen Wohn- und einen Schlafraum. Wir haben nur ein altes Sofa im Wohnraum stehen. Am Abend zünden wir Kerzen und ab und zu die Petroleumlampe an, denn Strom haben wir nicht. Unsere Schlafmatten aus Stroh legen wir nachts auf den Boden. Diese sind ziemlich praktisch, da man sie einfach herräumt, wenn man sie braucht. Tagsüber sind sie aufgeräumt und nehmen uns nicht unnötig Platz weg. Auch unsere Küche befindet sich außerhalb der Hütte. Wir sprechen daher auch von einer Kochstelle. So sparen wir Platz und es kann sich kein Feuer in der Hütte ausbreiten. Mein Vater war schon einmal in der Hauptstadt. Er hat erzählt, dass es dort große Häuser aus Beton gibt und dass die Straßen dort nachts mit elektrischem Licht erhellt werden. So was gibt es in unserem Dorf nicht. Traditionelles Dorf in Westafrika Lehmhütte in Westafrika Kochstelle 2. Die Frauen versorgen die Familien Zu jeder Hütte in unserem Dorf gehört ein kleines Grundstück, das die Frauen bewirtschaften. Auf einem abgetrennten Teil hält meine Mutter 15 Hühner. Die versorgen uns mit Eiern und können auch auf dem Markt verkauft werden. Auf dem anderen Teil baut sie Maniok, Mais, Kartoffeln und Bohnen an. Jeden Tag bereitet meine Mutter für uns Bukari oder Fufu zu. Bukari ist ein Brei aus Maniok, Fufu ein Brei aus Mais. Das sind unsere Hauptmahlzeiten. Die Maniokknollen oder die Maiskörner müssen dazu zwei Stunden lang mit einem großen Mörser zerstampft werden. Geschmortes Huhn gibt es bei uns nur zu ganz besonderen Anlässen. Elektrische Geräte gibt es nicht, denn wir haben keinen Strom. Und mit Strom könnten wir uns einen Elektroherd oder eine Mikrowelle auch gar nicht leisten. Gerade sind die Mangos reif geworden. Wir essen sie jetzt täglich, denn sie sind nicht lange haltbar. Die Frauen sind auch für die Wasserversorgung zuständig. Leider gibt es in unserem Dorf keinen Brunnen. So muss meine ältere Schwester jeden Tag eine Stunde zum nächsten Brunnen laufen. Der Hinweg geht noch, da ist die Wasserschüssel ja noch leer. Aber der Rückweg mit zehn Litern Trinkwasser auf dem Kopf ist ganz schön anstrengend. Wasserholen ist Frauenarbeit! Frauen bei der Landarbeit Nur noch eine Stunde bis Zuhause! 3. Unsere Freizeit Einen Spielwarenladen wirst Du in unserem Dorf oder in der nächsten Stadt vergeblich suchen. Für Spielsachen hat bei uns keiner Geld. Auch Fernseher, Computer oder Playstation gibt es hier nicht, diesen Luxus kann sich im Dorf keiner leisten. Ich habe meinem kleinen Bruder ein Spielzeugauto aus Blechresten gebastelt. Der hat sich sehr darüber gefreut und spielt den ganzen Tag damit. Ich selbst bin der Kinderkönig im Dorf: Ich habe ein altes Fahrrad, und das ist die Sensation hier. Wenn die Straßen trocken sind kann ich richtig schnell damit fahren. Ich muss nur aufpassen, dass ich immer rechtzeitig mit den Füßen bremse. Wir sind eigentlich immer draußen. Unsere Spiele erfinden wir selbst: Verstecken, Fangen, auf Bäume klettern. Wir laufen auch zum See, aber das Schwimmen dort ist gefährlich. In der Schule haben wir gelernt, dass sich dort Saugwürmer im Wasser befinden, deren Larven durch die Haut des Menschen eindringen können und sich über Viren dann im Körper verbreiten. Diese Infektion kann tödlich enden. Man muss in Afrika halt immer auf sich aufpassen. Afrikanisches Spielzeugauto 4. Die Arbeit der Männer Die Männer kümmern sich bei uns traditionell um das Vieh. Das war immer eine wichtige Aufgabe, denn die Herden sind unsere Sparkasse. Wenn wir mal Geld brauchen verkaufen wir eine Ziege oder eine Kuh. Darum waren die Männer und die älteren Söhne die Viehhirten. Doch damit gibt es heute kein Auskommen mehr. Es gibt immer mehr Menschen, aber nicht mehr Weideland. Auf dem Land gibt es auch kaum Arbeitsplätze. Also ziehen die Männer weg. Viele gehen in die großen Städte oder arbeiten im Bergbau. Mein Onkel arbeitet in einer Kupfermine. Die Arbeit ist gefährlich und unsicher. Sinkt die Nachfrage nach Kupfer und damit der Kupferpreis, dann werden die Arbeiter sofort entlassen. In der Mine atmet er immer Staub und Abgase ein. Hoffentlich wird er nicht krank. Mein Vater ist in die Hauptstadt gegangen um Arbeit zu finden. Wir sehen ihn jetzt nur noch zwei mal im Jahr, wenn er auf Besuch kommt. Aber dann bringt er immer etwas Geld mit. Wir haben Glück. Andere Väter kommen nicht mehr zurück. Sie haben in der Stadt eine neue Frau und schicken auch kein Geld mehr. Ich vermisse meinen Vater. Männer kümmern sich um die Viehherden Arbeit im Bergbau 5. Unsere Schule Eigentlich sollten ja alle Kinder zur Schule gehen. Leider gibt es bei uns nicht überall Schulen und meist ist der Schulbesuch auch nicht kostenlos. Ich hatte Glück. Im Nachbardorf gibt es eine Schule. So muss ich jeden Morgen und Mittag nur drei Kilometer laufen. Manche meiner Klassenkameraden haben einen Schulweg von 10 km – natürlich ohne Schulbus. Für den Schulbesuch mussten meine Eltern eine Einschreibegebühr bezahlen. Außerdem leisten sie einen Beitrag zu den Lehrergehältern. Die Primärschule – das entspricht in etwa Eurer Grundschule – geht bei uns bis zur sechsten oder siebten Klasse. Eine weiterführende Schule können die meisten von uns nicht besuchen. Denn die gibt es nur in den Städten. Wir müssten dann bei Verwandten oder im Internat leben. Zudem ist das Schulgeld für die weiterführenden Schulen sehr hoch. In unserer Schule besitzt nur der Lehrer ein Schulbuch. Wir haben aber immerhin alle ein Schulheft zum Mitschreiben. Weiteres Unterrichtsmaterial wie Landkarten, Übungshefte oder gar Computer gibt es nicht. In den Klassen sitzen überwiegend Jungs. Viele Mädchen lernen nie Rechnen und Schreiben. Das ist zu teuer für die Eltern, und die Mädchen müssen ja eh später die Haus- und Feldarbeit übernehmen. Allerdings gibt es Alphabetisierungsprojekte während der Trockenzeit. Dann fällt wenig Arbeit auf den Feldern an und die Mädchen erhalten Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen sowie in Haushalt und Hygiene. Schulen in Afrika