Ausgewählte Artikel der VdK-Zeitung, Ausgabe April 2015 ***Gesundheit darf keine Frage des Alters sein Sozialverband VdK fordert Nachbesserungen für ältere Menschen im geplanten Präventionsgesetz Mit dem Entwurf des Präventionsgesetzes, der derzeit beraten wird, bleibt die Bundesregierung nach Einschätzung des Sozialverbands VdK weit hinter dem selbst gesteckten Ziel einer umfassenden Gesundheitsvorsorge für die Bevölkerung zurück. Der VdK kritisiert, dass die Bedürfnisse älterer Menschen unberücksichtigt bleiben. „Das geplante Präventionsgesetz bringt nur kleine Verbesserungen, erfüllt aber die Erwartungen immer noch nicht“, so die Einschätzung von Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK. „Es sieht ganz danach aus, als wäre auch der vierte Anlauf für ein Gesetz zur umfassenden und nachhaltigen Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung zum Scheitern verurteilt.“ Bereits 2004, 2007 und 2013 war ein bundesweites Präventionsgesetz angekündigt worden. Mit der Förderung gesundheitlicher Vorsorge soll teuren Behandlungs- und Pflegekosten vorgebeugt werden. Wie in den drei Vorgängerentwürfen kommt auch im jüngsten Gesetzesvorschlag, der Ende 2014 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde, nach Auffassung des VdK die Sichtweise auf Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu kurz. Begrüßenswert ist zwar die Anhebung von jährlich drei auf sieben Euro pro Versichertem für Präventionszwecke, aber die Verteilung der Mittel stellt der VdK in Frage. „Man beschränkt sich weiter auf punktuelle Leistungsverbesserungen“, kritisiert die VdKPräsidentin. Zudem bleibe die Hauptlast der Finanzierung auf die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung beschränkt, während anderen Akteuren wie der Rentenversicherung oder der Agentur für Arbeit nur beratende Funktion zukommt. Aus Untersuchungen weiß man, dass die Gesundheit des Einzelnen nicht ausschließlich von seiner persönlichen Lebensweise abhängt. Das individuelle Verhalten ist lediglich für 25 bis 35 Prozent gesundheitlicher Einschränkungen verantwortlich. Weitaus mehr fallen äußere Faktoren ins Gewicht. „Deshalb muss überall in den Aufbau und die Stärkung gesundheitsfördernder Strukturen investiert werden“, erklärt Mascher. Auch im jetzigen Gesetzesentwurf liegt der Schwerpunkt auf Angeboten am Arbeitsplatz oder in Schulen und Kitas. Gesundheitlich schlechter gestellte Bevölkerungsgruppen wie Langzeitarbeitslose, Ältere oder Menschen mit Behinderung bleiben außen vor. Dabei würden diese in besonderem Maße von Vorsorge profitieren, so Mascher: „Es ist beispielsweise hinreichend bewiesen, dass Prävention bei Älteren einer Pflegebedürftigkeit vorbeugt oder diese zumindest abmildert und damit enorme Kosten für die Pflege- und Krankenkassen einspart.“ Um Ältere und chronisch Kranke für Präventionsmaßnahmen zu erreichen, kommt den Hausärzten eine Schlüsselrolle zu. Der Sozialverband VdK fordert, dass diese eine Lotsenfunktion für Vorsorgemaßnahmen übernehmen sollen. Neben der Beratung in der Sprechstunde sollten deshalb auch präventive Hausbesuche in den Pflichtleistungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen werden. Dafür muss aber auch die bessere Qualifizierung der Ärzte und Medizinstudentinnen und studenten hinsichtlich Gesundheitsförderung und -beratung gewährleistet sein. Der VdK begrüßt die geplante Verpflichtung für Präventionsmaßnahmen in Pflegeeinrichtungen. Weiterhin unberücksichtigt bleiben jedoch der ambulante Bereich sowie die Angehörigenpflege. Diese Einschränkung stößt bei VdK-Präsidentin Mascher auf Unverständnis: „Gerade hier wären die Präventionsanstrengungen am notwendigsten, damit es erst gar nicht zu einer stationären Versorgung im Pflegeheim kommen muss.“ Dr. Bettina Schubarth ***Gute Zukunftsperspektiven für alle Kinder Mit Ganztagsbetreuung ungleichen Bildungschancen entgegensteuern Kinder aus armen Familien geraten bereits früh ins Hintertreffen. Diese Defizite können später kaum aufgeholt werden. Das zeigt eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung. Mehr als 17 Prozent der unter Dreijährigen wachsen deutschlandweit in Familien auf, die von der staatlichen Grundsicherung leben. Diese Kinder haben oft schon im Vorschulalter Probleme mit der Sprache oder beim Zählen, sind häufiger übergewichtig und haben meist auch weniger soziale Kontakte als ihre Altersgenossen. „Die aktuellen Zahlen der Bertelsmann Stiftung machen deutlich, dass das Bildungs- und Teilhabepaket aus der letzten Wahlperiode ein einziger Flop ist. Die Teilhabe armer Kinder hat sich dadurch nicht verbessert“, so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Viel effektiver wäre es, diese Mittel direkt in Schulen und Kitas einzusetzen, beispielsweise für Mittagessen, Musikunterricht und Nachhilfe. Eine wirklich gleichberechtigte Teilhabe aller Kinder an Bildungsangeboten sei am besten über die Einrichtung von Ganztagsbetreuung zu lösen. So lasse sich ein Angebot schaffen, das allen Kindern gleichermaßen zugutekommt, egal, wie groß das Familienbudget ist. Allerdings, so stellten die Forscher fest, hätten nur sozial gemischte Gruppen eine positive Wirkung auf armutsgefährdete Kinder. „Jedes Kind verdient eine gute Zukunftsperspektive, und die sollte nur an den Fähigkeiten der Kinder gemessen werden und nicht am Geldbeutel der Eltern. Armut und damit soziale Ausgrenzung dürfen nicht ‚vererbt‘ werden. Der Kampf gegen Kinderarmut muss eine zentrale Aufgabe für die Politik sein“, fordert die VdK-Präsidentin. Ines Klut ***Kommentar: Rente mit Zukunft In Talkshows wird es immer wieder bemüht: das Bild der „gierigen“ und „rücksichtslosen“ Rentnergeneration. Film-Sequenzen zeigen grauhaarige Frauen und Männer, die ihren Freizeitvergnügungen nachgehen oder sich auf dem Kreuzfahrtschiff den Wind durch die gepflegte Frisur streichen lassen. Nach solchen Bildern wird der Fernsehzuschauer provozierend gefragt: „Und wer zahlt das alles?“ Die Antwort wird auch gleich geliefert: „Die Jungen!“ Die dann, so wird suggeriert, im Alter keine so freundlichen Aussichten mehr haben. Mit solchen Bildern soll Stimmung gegen die Rentnerinnen und Rentner gemacht werden. Ich stelle aber fest, dass das zum Glück bei den meisten Menschen nicht funktioniert. Die Realität in den Familien sieht nämlich ganz anders aus. Viele junge Mütter können ihren Beruf konzentriert und beruhigt ausüben, weil die Großmutter ganz selbstverständlich einspringt, wenn das Kind krank ist. Viele Ältere können sich bei Problemen mit dem Computer auf den Rat und die Hilfe ihrer Enkel verlassen. Auch bei finanziellen Sorgen, großen oder kleinen, stehen die Generationen füreinander ein. Hier sind es oft die Älteren, die den Jüngeren in schwierigen Phasen unter die Arme greifen oder auch mal den einen oder anderen Wunsch erfüllen. Ich glaube – und bekomme das auch so von vielen anderen bestätigt –, dass die Generationen selten so gut zusammengelebt haben wie heute. Das ist ein Segen, denn ich kann mich noch gut an bittere Auseinandersetzungen mit der Vätergeneration in den 1960er-Jahren erinnern, in denen es um Krieg, Schuld und Naziherrschaft ging. Heute bestimmt eher die Sorge füreinander den Alltag. Die meisten Älteren machen sich bestimmt mehr Gedanken um die berufliche Zukunft der Jüngeren als um die Buchung der nächsten Weltreise. Sie wissen, vor welchen Herausforderungen die Kinder und Enkel heute stehen. Und sie wollen für sich selber sorgen können, also ihnen auf keinen Fall zur Last fallen. Wenn von „gierigen Rentnern“ die Rede ist, können deshalb die Jungen nur verständnislos den Kopf schütteln. Für sie ist es ganz selbstverständlich: Rente ist die Anerkennung von Lebensleistung und kein Gnadenbrot. 84 Prozent der Bundesbürger wollen nicht, dass die Renten weiter absinken. Vor allem die Jüngeren sagen das: 99 Prozent der 30- bis 39-Jährigen gaben das in einer aktuellen Umfrage an. Sie wissen, dass es bei diesen Diskussionen letztlich immer auch um ihr eigenes Auskommen im Alter geht. Sie sehen, dass die Rentenpolitik derzeit Armut im Alter befördert und nicht verhindert. Deshalb fordern sie sichere und auskömmliche Renten – für ihre Eltern und Großeltern und damit für ihre eigene Zukunft. Ulrike Mascher ***Akuter Handlungsbedarf in der Pflege Steigende Zahl der Pflegebedürftigen bestätigt die Forderungen des VdK Wie gravierend der Handlungsbedarf für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ist, machen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts deutlich. Demnach ist die Zahl der Pflegebedürftigen zwischen den Jahren 2011 und 2013 um fünf Prozent auf insgesamt 2,63 Millionen gestiegen. Auch die Zahl derer, die zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt werden, ist gestiegen. Insgesamt werden 1,86 Millionen Menschen zu Hause versorgt, das sind mehr als zwei Drittel aller Pflegebedürftigen. Von diesen erhielten 1,25 Millionen ausschließlich Pflegegeld. Das bedeutet, dass sie in der Regel allein durch Angehörige zu Hause gepflegt werden. „Familien schultern die Hauptlast der häuslichen Pflege. Sie sind die tragende Säule des Systems und sparen dem Sozialstaat viel Geld“, so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Die familiäre Pflege bedeute eine enorme Entlastung des Pflegesystems. „Wir fordern die Bundesregierung auf, schnellstmöglich eine große Pflegereform auf den Weg zu bringen, die ganzheitlich, bedarfsgerecht und zukunftsfähig ausgestaltet ist. Nur so kann der Pflegenot wirksam entgegengetreten werden“, so die VdKPräsidentin. Diese Forderung untermauert der VdK auch mit seiner bundesweiten Kampagne „Große Pflegereform – jetzt!“. Die Politik ist in der Pflicht, die Situation von Pflegebedürftigen, Angehörigen und Pflegekräften vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft grundlegend zu verbessern. Das Pflegestärkungsgesetz 1 hat zwar kleine Verbesserungen gebracht. Zentrale Herausforderungen der Pflege wie ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, die Stärkung von Prävention und Rehabilitation zur Vermeidung von dauerhafter Pflegebedürftigkeit, der Fachkräftemangel in der Pflege und das ungerechte Nebeneinander von privater und gesetzlicher Pflegeversicherung sind jedoch nach wie vor ungelöst. Vor allem die längst überfällige Einführung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs muss nach Auffassung des Sozialverbands VdK endlich kommen. „Zwei Monate sind verstrichen, seitdem Bundesgesundheitsminister Gröhe nach einer erneuten Erprobungsphase verkündet hat, dass das neue Begutachtungsverfahren funktioniert. Alle Fakten liegen auf dem Tisch, es muss nun endlich gehandelt und den Betroffenen rasch geholfen werden“, betont Mascher. Darüber hinaus muss der Vermeidung von Pflegebedürftigkeit oberste Priorität eingeräumt werden. Derzeit wird der Grundsatz „Reha vor Pflege“ kaum umgesetzt. „Es ist belegt, dass sich durch Prävention und Rehabilitation bei vielen älteren Patienten die Pflegebedürftigkeit vermeiden oder hinausschieben lässt“, so Ulrike Mascher. Wegen der geringen Unterstützung der geriatrischen Rehabilitation würden hohe Pflegekosten und viel persönliches Leid in Kauf genommen. Ines Klut ***Kein Geld für Teilhabe? Wichtiges Inklusionsgesetz wird in Frage gestellt Das Bundesteilhabegesetz ist eines der wichtigsten Gesetzesvorhaben der Behindertenpolitik der letzten Jahre. Doch nun wurden in einer Kabinettsentscheidung die ursprünglich dafür vorgesehenen fünf Milliarden Euro nicht bewilligt. Als die Entscheidung bekannt wurde, löste sie beim Sozialverband VdK und den anderen im Vorfeld des Gesetzesvorhabens beteiligten Behindertenverbänden heftige Kritik aus. Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK, sagte: „Deutschland hat sich schon im Jahr 2009 mit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention zur Umsetzung dieses internationalen Vertrags verpflichtet. Sich jetzt auf Haushaltsfragen zurückzuziehen, ist ein Armutszeugnis.“ Die Bundesregierung sei angesichts ihrer erfolgreichen Wirtschafts- und Finanzpolitik finanziell in der Lage, das geplante Bundesteilhabegesetz umzusetzen. Im Koalitionsvertrag ist die Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes fest vereinbart worden. Zudem hatte Bundessozialministerin Andrea Nahles nur wenige Tage vor der Kabinettssitzung die Umsetzung für das Jahr 2015 angekündigt. Mascher zeigte sich enttäuscht: „Menschen mit Behinderung haben darauf vertraut, dass die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages gültig und bindend sind. Die Bundesregierung muss sich an der Einhaltung ihrer Versprechen messen lassen.“ Deshalb fordert der Sozialverband VdK nachzuverhandeln: „Die erforderlichen Gelder müssen zuverlässig in der Finanzplanung berücksichtigt werden, damit Menschen mit Behinderung ihr Recht auf Inklusion erhalten.“ Keine Objekte der Fürsorge Der Sozialverband VdK gehört neben anderen Behindertenverbänden zur Arbeitsgruppe „Bundesteilhabegesetz“, die im Bundessozialministerium die Einzelheiten des Gesetzesvorhabens vorbereitet. Die bisherige, am Sozialhilferecht orientierte Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung soll durch das Bundesteilhabegesetz abgelöst werden. „Menschen mit Behinderung dürfen nicht länger als Objekte der Fürsorge behandelt werden, sondern müssen als gleichberechtigt anerkannt werden“, so Ulrike Mascher. Geplant ist, dass bestimmte Teilhabeleistungen, zum Beispiel im Arbeitsleben, unabhängig von Einkommen und Vermögen gewährt werden. Wegen der jetzt in Frage gestellten Finanzierung werden nach Einschätzung des VdK die Inklusionsbemühungen erheblich zurückgeworfen. bsc ***Bald drohen Zusatzbeiträge Gesetzlich Versicherte müssen Lasten allein tragen Gesetzlich Versicherte müssen 2016 wohl deutlich mehr für ihre Krankenversicherung bezahlen. Wegen der steigenden Gesundheitsausgaben drohen schon bald ungebremste Zusatzbeiträge. Deshalb hat der Sozialverband VdK die Bundesregierung aufgefordert, die Notbremse zu ziehen. „Es darf nicht sein, dass die steigenden Ausgaben allein und zu Lasten der Versicherten gehen“, kritisiert VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Die Arbeitgeber müssten sich wieder paritätisch an der Finanzierung beteiligen. Ihr Anteil ist auf 7,3 Prozent eingefroren. „Wir müssen zurück zur paritätischen Finanzierung. Die Arbeitgeber dürfen nicht aus der Verantwortung genommen werden“, betont die VdK-Präsidentin. Bereits heute müssten die Versicherten erhebliche Kosten bei Krankheit aus eigener Tasche zahlen, beispielsweise durch Zuzahlungen, Aufzahlungen und Aufwendungen für Leistungen, die aus dem Leistungskatalog der Kassen gefallen sind. Bestes Beispiel sind die finanziellen Aufwendungen der Versicherten in der Zahnheilkunde. Hier belasten immer mehr Zusatzkosten das Budget einkommensschwächerer Menschen, Älterer und chronisch Kranker beträchtlich. „Eine weitere Belastung insbesondere dieser Bürgerinnen und Bürger darf es nicht geben“, fordert Ulrike Mascher. Gesundheit müsse für alle bezahlbar bleiben. Seit Jahresbeginn setzt sich der Beitragssatz aus einem allgemeinen Satz von 14,6 Prozent, der zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen wird, und einem Zusatzbeitrag zusammen, der allein von den Arbeitnehmern bezahlt wird. Jede Kasse kann ihren Zusatzbeitrag individuell nach ihrer Finanzsituation festlegen. Derzeit erheben die Kassen Zusatzbeiträge zwischen 0 und 1,2 Prozent. Die meisten Kassenmitglieder müssen 0,9 Prozent vom Einkommen zahlen. Doch Experten rechnen fest damit, dass schon im nächsten Jahr flächendeckend höhere Zusatzbeiträge fällig werden. Denn die Finanzlage vieler Kassen wird sich weiter verschlechtern. Ikl ***Wie sich das Leben auf dem Land neu erfinden lässt Demografischer Wandel stellt Kommunen vor große Herausforderungen – Chancen und Potenziale nutzen Auf dem Land ist das Leben vielerorts schwieriger geworden. Hier ist der demografische Wandel besonders deutlich zu spüren. Das fordert Bürger und Kommunen gleichermaßen. Es gilt, intelligente Lösungen zu finden und neue Wege zu beschreiten. Die Idylle auf dem Land hat ihren Preis: Einkaufsmöglichkeiten sind rar. Zur nächsten Facharztpraxis ist es ein weiter Weg. Der öffentliche Nahverkehr ist mancherorts stark ausgedünnt, oft fährt nur zweimal am Tag ein Bus in die nächstgelegene Stadt. Diese Bedingungen herrschen in vielen ländlichen Regionen Deutschlands. Wer hier lebt, muss für ganz alltägliche Erledigungen oft weite Wege zurücklegen. Die Angebote sind begrenzt und werden immer weiter ausgedünnt. Denn wo immer weniger Menschen leben, wird in der Regel weniger investiert, und die Kaufkraft ist geringer. Das wirkt sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens aus. Weniger Einwohner Zwischen 2006 und 2011 haben fast drei Viertel aller Gemeinden Einwohner verloren. Besonders die ohnehin schon dünn besiedelten und entlegenen Regionen schrumpfen weiter. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wird die Bevölkerung bis zum Jahr 2060 von heute etwa 82 Millionen Menschen auf dann rund 65 bis 70 Millionen Menschen sinken. Nicht nur die Bevölkerungszahl wird dann deutlich geringer sein, auch das Verhältnis der Altersgruppen wird sich verändern: Die Zahl der über 60-Jährigen wird bei knapp 40 Prozent liegen, nur rund 16 Prozent der Bevölkerung wird dann jünger als 20 Jahre sein. Der demografische Wandel ist eine der zentralen Zukunftsfragen unserer Gesellschaft. „Wir sollten diese Entwicklung nicht als bedrohliches Zukunftsszenario sehen, das man fürchten muss. Es ist doch erfreulich, dass wir alle immer älter werden, und dies meist bei guter Gesundheit“, so Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK. Viele ältere Menschen sind gesundheitlich fit und haben vielfältige Interessen und Ideen. Sie unterstützen oft ihre Familien und die Familien ihrer Kinder finanziell und auch ganz praktisch. „Diese Potenziale zu nutzen und sich mit den Anforderungen und Veränderungen einer älter werdenden Gesellschaft realistisch auseinanderzusetzen, ist die Aufgabe, die sich uns allen stellt“, so die VdK-Präsidentin und ergänzt: „Demografischer Wandel und Sozialstaat, das geht auch zusammen.“ Oberstes Ziel sei die Stärkung der Solidarität in der Gesellschaft. Sich gegenseitig unterstützen, Schwächere und Benachteiligte schützen, Mitmenschlichkeit praktizieren – all das sei in Deutschland eine noch weit verbreitete Tugend. Die Bereitschaft, für die Gemeinschaft da zu sein, sei nach wie vor groß, solange jeder nach seinen Kräften belastet wird. Starke Schultern sollen mehr tragen als schwache. Neue Ideen fürs Land „Wie sich das Leben auf dem Land neu erfinden lässt“ ist eine Studie des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Für verschiedene Bereiche, beispielsweise Mobilität, Gesundheit und Soziales, werden Handlungsfelder dar- und neue Konzepte vorgestellt. Hier einige Beispiele: - Energie Die Gemeinde Feldheim in Brandenburg gehört zu den Pionieren für erneuerbare Energien. Um den Strom direkt vom Windpark in die Wohnzimmer zu bringen, wurde ein eigenes Leitungsnetz für Energie und Wärme aufgebaut. Der Zuspruch im Ort war groß. Fast alle Haushalte beteiligten sich am Netzausbau. Die Bewohner steuerten als Gesellschafter das nötige Eigenkapital bei. Feldheim verwirklichte damit als erster Ort in Deutschland eine rein dezentrale regenerative Energieversorgung. Die Bewohner profitieren seitdem von niedrigen Strompreisen. In Feldheim kostet die Kilowattstunde unter 17 Cent und ist damit rund 40 Prozent günstiger als im bundesdeutschen Durchschnitt. - Medizinische Versorgung In Schladen im Harzvorland entstand in einem ehemaligen Supermarkt ein Gesundheitszentrum. Zuvor drohte der 9000-Einwohner-Gemeinde eine akute Unterversorgung, weil Ärzte aus Altersgründen ihre Praxen schlossen und keine Nachfolger fanden. Ärzte aus dem 20 Kilometer entfernten Wolfenbüttel hatten eine Idee: Seit Anfang 2007 dürfen niedergelassene Ärzte Zweigpraxen eröffnen. Diese Lockerung nutzten sie und zogen aufs Land. Seit 2008 gibt es in Schladen wieder zehn Ärzte verschiedener Fachgebiete. Die Mediziner teilen sich die Kosten für das Personal sowie die Räume. - Dienstleistungen In Barmen, einem dörflichen Stadtteil in Jülich in Nordrhein-Westfalen, wurde mit dem „DORV“Konzept eine ortsnahe Rundum-Versorgung neu geschaffen. Es gab keinen Lebensmittelladen mehr in Barmen. Als auch die Sparkasse ihre Filiale schloss, wurde in diesem Gebäude das „DORVZentrum“ eingerichtet. Dort kann man Waren des täglichen Bedarfs kaufen, Postgeschäfte erledigen, das Internet nutzen, Zeitungsanzeigen aufgeben und Bargeld abheben. Im Gebäude hat sich auch ein Zahnarzt und nebenan ein Allgemeinmediziner niedergelassen. Zwei Vollbeschäftigte und fünf Aushilfskräfte halten den Betrieb im DORV-Zentrum aufrecht, der ganz ohne Zuschüsse auskommt. Möglich wurde dies, weil die Gründer von Anfang an auf eine breite Bürgerbeteiligung setzten. Ines Klut ***Interview: „Ländliche Regionen dürfen nicht abgehängt werden“ Deutscher Städte- und Gemeindebund fordert die Politik auf, die Weichen richtig zu stellen Der demografische Wandel ist eine Chance, die Städte und Gemeinden annehmen sollten. Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, plädiert dafür, Potenziale zu bündeln, um das Leben in Stadt und Land attraktiv zu gestalten. VdK-Zeitung: Die Kommunen haben den gesetzlichen Auftrag, die Grundversorgung abzusichern. Doch in einigen ländlichen Regionen ist diese kaum noch gegeben. Werden diese Orte abgehängt? Dr. Gerd Landsberg: Der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands, aber auch unsere kulturelle Vielfalt, beruht auf dem guten Miteinander von Stadt und Land. Ein Großteil der Arbeitsplätze, gerade des Mittelstands, befindet sich nicht in den Metropolen, sondern im ländlichen Raum. Unser Grundgesetz schreibt gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen vor. Daran werden wir festhalten. Deshalb dürfen ländliche Regionen nicht abgehängt werden. VdK-Zeitung: Der Handlungsspielraum für Kommunen wird kleiner, wenn die Einwohnerzahlen sinken. Welche Möglichkeiten bestehen dennoch, das Leben auf dem Land attraktiv zu gestalten? Landsberg: Nicht jedes Dorf in Deutschland kann eine Künstlerkolonie werden. Gleichwohl gibt es erhebliche Potenziale im ländlichen Raum, die auch bei sinkender Einwohnerzahl noch mehr ausgeschöpft werden können. Dazu gehört die gerade in den Dörfern ausgeprägte aktive Bürgergesellschaft, die ein unverzichtbarer Baustein ist, um das Leben attraktiv zu gestalten. Das beginnt mit dem Genossenschaftsladen, der gleichzeitig zum Begegnungszentrum wird, geht über den Betrieb einer von den Bürgern organisierten Windenergieanlage bis hin zum Schwimmbad-Bus, der gewährleistet, dass man sich mit der Nachbargemeinde kostengünstig ein gemeinsames Schwimmbad teilt. Die kommunale Kooperation ist eine große Chance, die Potenziale zu bündeln und das Leben attraktiv zu gestalten. VdK-Zeitung: Die Beispiele, die Sie ansprechen, sind oft mit Fördergeldern initiiert. Was braucht ein Konzept, um auf eigenen Füßen zu stehen? Landsberg: Land und Bund müssen die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, dass derartige Konzepte dauerhaft etabliert werden können. Dazu gehören zum Beispiel Ärztezentren oder Mehrfachstandorte von ärztlichen Praxen. Unverzichtbar ist allerdings, dass die Versorgung mit schnellem Internet flächendeckend organisiert wird. Wie früher die Straßen ist heute eine schnelle Breitbandanbindung eine unverzichtbare Lebensader für die Wirtschaft und die Menschen im ländlichen Raum. VdK-Zeitung: Welche Rolle kommt den Menschen auf dem Land zu? Landsberg: Aus meiner Sicht gibt es gerade in den ländlichen Räumen, aber auch in den mittelgroßen Städten längst eine eigene Darstellung der Bürgergesellschaft. Dazu gehört eine gewachsene Nachbarschaftskultur, ein besonders aktives Vereinsleben und ein ausgeprägtes Wir-Gefühl. Die Bereitschaft, „selbst Hand anzulegen“ und zum Beispiel beim Bau des Kindergartens mitzuwirken oder den Dorfladen gemeinsam zu betreiben, ist hier deutlich stärker als in den meisten Großstädten. Dementsprechend ist häufig auch die soziale Situation der Menschen günstiger, weil sie sich bei Schwierigkeiten in der Gemeinschaft aufgehoben wissen. VdK-Zeitung: Wie wird aus Ihrer Sicht die typische ländliche Region 2030 aussehen? Landsberg: Auch 2030 wird es die typische ländliche Region in Deutschland geben. Gerade weil die Menschen vor den Herausforderungen der Globalisierung und den neuen Anforderungen der Informationsgesellschaft auch Ängste entwickeln, wird die Sehnsucht nach einem überschaubaren Raum, in dem ich mich geborgen fühle und im Einklang mit der Natur und der Umwelt leben kann, eher zunehmen. Wenn wir die politischen Weichen richtig stellen, wird auch der ländliche Raum in Deutschland eine gute Zukunft haben. Interview: Ines Klut Hintergrund: - Städte haben bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt. Aber die Gründe, in die Stadt zu ziehen, haben sich im Lauf der Zeit verändert. Vor allem seit der industriellen Revolution wurden sie auch zu Produktionszentren. Die Menschen zogen der Arbeit hinterher. Die Städte wurden dadurch größer. - Für das Land war das damals eine Chance. Denn die Geburtenrate auf dem Land war hoch, das Leben war karg, und man war froh, wenn sich der demografische Druck in Richtung Stadt auflöste. Trotz Landflucht schrumpfte die Bevölkerung auf dem Land nicht. - Noch vor wenigen Jahren war das Häuschen im Grünen der Traum vieler Deutscher. Heute ziehen sie lieber in die Großstädte. Der Trend Richtung Großstadt ist laut Bevölkerungsforschern auch in anderen Industrieländern wie den USA, Frankreich oder Australien zu beobachten. Doch auffallend für Deutschland sei, dass die meisten Binnenwanderungen innerhalb benachbarter Regionen stattfänden. Lediglich Berlin, München und Hamburg hätten eine hohe Anziehungskraft auch für Menschen aus anderen Teilen Deutschlands. ***Wer nicht mehr funktioniert, fällt durchs Netz Leistungsdruck am Arbeitsplatz: Psychische Erkrankungen sind immer häufiger der Grund für Fehltage Die „Studie zur Stresslage der Nation“ der Techniker Krankenkasse (TK) hat Ende Januar alarmierende Zahlen geliefert: Seit 2006 ist die Anzahl der psychischen Erkrankungen unter den 4,1 Millionen Erwerbstätigen, die bei der TK versichert sind, um 86 Prozent gestiegen. Immer mehr Menschen werden wegen Depressionen krankgeschrieben. Für manche Arbeitnehmer wird der Druck so hoch, dass sie dauerhaft arbeitsunfähig sind. Auch Führungskräfte sind betroffen. Fast 40 Jahre ging es VdK-Mitglied Norbert Hofer (Name von der Redaktion geändert) in seinem Unternehmen gut. Sein Job als leitender Angestellter in der Metallindustrie mit Personalverantwortung und einem hohen Arbeitspensum hat ihm Spaß gemacht – und wurde auch entsprechend anerkannt und entlohnt. Dass aber auch Manager ein „Verfallsdatum“ haben und ältere Mitarbeiter nicht mehr geachtet werden, erfuhr er schmerzlich: Wegen Depressionen und eines Burn-outs (Englisch für ausbrennen) ist er heute Erwerbsminderungsrentner – mit gerade einmal 55 Jahren. Höher, schneller, weiter Die Stress-Studie der Techniker Krankenkasse widmet sich auch den Führungskräften. „Keine andere Berufsgruppe hat insgesamt so hohe Stresswerte wie die leitenden Angestellten“, ist dort nachzulesen. „Fast vier von zehn Managern geben an, dass sie häufiger oder sogar dauerhaft erschöpft und ausgebrannt sind.“ Auch Norbert Hofer arbeitete lange nach dem Prinzip „immer höher, schneller, weiter“. Doch die Luft, die er oben schnupperte, war dünn. Bis ihm die Puste ausging, vergingen viele erfolgreiche, aber auch einsame Jahre. „Ich hatte keine privaten Kontakte zu Kollegen oder Vorgesetzten“, erzählt der zweifache Vater. Hinzu kam, dass sich der Manager mit steigendem Alter immer weniger wertgeschätzt fühlte. Das Signal vom Unternehmen: Ab 50 sind Mitarbeiter zu teuer und zu alt. „Immer noch prägen Vorurteile den Umgang mit älteren Beschäftigten“, kritisiert Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. „40 Prozent aller Betriebe beschäftigen keinen über 50-Jährigen. Dabei nehmen Ältere weder Jüngeren die Arbeitsplätze weg, noch verlieren sie im Laufe ihres Erwerbslebens an Produktivität“, betont Mascher. Norbert Hofer musste auch Mobbing verkraften. „Durch meinen Vertrag mit hohem Status war ich vielen Vorgesetzten und Kollegen ein Dorn im Auge.“ Weshalb er trotzdem im Unternehmen bleiben wollte? Eingestiegen ist er bereits 1974 als Werkzeugmacher-Lehrling. So eine lange Betriebszugehörigkeit bindet. „Und mit 50 noch einmal woanders einen Neuanfang zu wagen, war für mich undenkbar“, sagt Hofer. Lieber biss er die Zähne zusammen. Irgendwann konnte er den Repressalien nicht mehr standhalten und erlitt einen psychischen Zusammenbruch. Der Arzt stellte im Oktober 2010 ein Burn-out mit Depression fest. Norbert Hofers Arbeitgeber hat sich mit seiner Erkrankung schwer getan. Schlimmer noch: Sie wurde ihm als Schwäche ausgelegt. „Ich fühlte mich als Versager abgestempelt, der es eh nicht mehr packt. Wer nicht mehr funktioniert, fällt durchs Netz“, war Hofers bittere Erfahrung. Der Versuch, sich nach zwei Reha-Aufenthalten wieder im Betrieb zu integrieren, scheiterte. Unter diesen Umständen sah er keinen Weg, noch weiter am Berufsleben teilzuhaben. Depressionen sind ein Tabu Viele Menschen machen die Erfahrung, dass Depressionen bei Arbeitgebern ein Tabu sind. Christoph Ehlscheid, Leiter der Fachbereiche Sozialpolitik, Arbeitsgestaltung und Qualifizierungspolitik bei der IG Metall, fordert deshalb eine gesetzliche Anti-Stress-Verordnung. „Während es Arbeitsschutzregeln in Bezug auf körperliche Belastungen – etwa durch Lärm, Licht und Temperatur – gibt, fehlen Vorsorgemaßnahmen für psychischen Stress“, so der Gewerkschafter. Norbert Hofer holte sich Unterstützung beim VdK, der ihm dabei half, für sein Recht auf Erwerbsminderungsrente zu kämpfen – mit Erfolg. Am Ende des Verfahrens, das sich über zwei Jahre hinzog, wurde das VdK-Mitglied rückwirkend ab Juli 2012 bis Oktober 2014 als erwerbsgemindert anerkannt. „Danach wurde die Erwerbsminderung entfristet“, erzählt Hofer. Zudem bekam er einen Grad der Behinderung von 70 zuerkannt. „Ohne den VdK und den Rückhalt durch meine Frau hätte ich das nicht durchgestanden“, sagt er dankbar. Jetzt hat er viel Zeit. Und die möchte er sinnvoll verbringen. „Ich kann mir gut vorstellen, als Betroffener in Unternehmen zu gehen, um für einen sensibleren Umgang mit psychisch Erkrankten zu werben.“ Elisabeth Antritter ***So hilft der VdK: Wegen Krankheit aufs Abstellgleis geschoben 18-Jährige bekam Teilhabeleistungen nach einer Lungentransplantation erst mithilfe des VdK Nord bewilligt Vanessa H. (Name von der Redaktion geändert) ist schwer lungenkrank. Doch sie hatte Glück und bekam zwei Spender-Lungenflügel. Die 18-Jährige aus Schleswig-Holstein hoffte auf ein neues Leben. Doch bald nach der Transplantation ging es der 18-Jährigen nicht nur gesundheitlich wieder schlechter. Auch ihre berufliche Zukunft war äußerst düster. Vanessa H. hatte einen Traum: einen Beruf erlernen und annähernd so leben wie ihre Freundinnen auch. Doch nach der Transplantation stellten sich schon bald große Probleme ein. Die Lungenflügel wurden vom Körper der jungen Frau abgestoßen. Das heißt, die Lungenfunktion ist weiter erheblich eingeschränkt. Für Vanessa H. bedeutet das, sie ist nur gering belastbar. Die 18-Jährige ist schwerbehindert und hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die zuerkannten Merkzeichen G, aG, H und RF. Ihre sehr eingeschränkte Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit wird auch in einem Gutachten der Agentur für Arbeit bescheinigt. Demnach darf die junge Frau weniger als drei Stunden am Tag arbeiten. Eine Ausbildung zur Bürokauffrau, die sich Vanessa H. so gewünscht hatte, musste sie deshalb abbrechen. Zu den schweren körperlichen Beeinträchtigungen kamen bald auch seelische Probleme. Deswegen empfahl der Gutachter auch eine Förderung in einem geschützten Bereich. Warten, Hoffen, Bangen „Ich sah keine Zukunft für mich. Während andere in meinem Alter einen Beruf lernen und Pläne schmieden, wusste ich nicht, was aus mir wird“, beschreibt sie ihre damalige Situation. Auch finanziell hing Vanessa H. in der Luft. Weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht erfüllt waren, musste sie einen Antrag bei der Agentur für Arbeit stellen. Doch diese Stelle reagierte überhaupt nicht. Vanessa H. erhielt nicht einmal einen Bescheid. Auch mehrmalige Nachfragen blieben seitens der Agentur unbeantwortet. So verstrich ein Jahr. Für Vanessa H. eine Zeit des Wartens, Hoffens und Bangens. Keine guten Voraussetzungen, um gesundheitlich wieder zu Kräften zu kommen. Durch die Vermittlung der „Brücke“ in Itzehoe, einer örtlichen Beratungsstelle, fand Vanessa H. den Weg zum VdK-Landesverband Nord in Itzehoe. Dieser stellte bei der Agentur für Arbeit einen Antrag, in dem eine einstweilige Anordnung angedroht wurde. Daraufhin kam endlich Bewegung in die so hoffnungslos scheinende Angelegenheit. Die Agentur reagierte und bewilligte die Leistungen zur Förderung. „Das war für mich wie ein Befreiungsschlag. Jetzt konnte alles nur besser werden“, freut sich die Schleswig-Holsteinerin. Vanessa H. wird nun von der „Brücke“, zu der auch ein Integrationsfachdienst für Menschen mit Behinderung gehört, betreut und gefördert. Seitdem ist die 18-jährige Frau wieder zuversichtlich und motiviert, was sich wiederum auch auf ihren gesundheitlichen Zustand positiv auswirkt. Dieser hat sich stabilisiert, sodass eine weitere Transplantation erst einmal nicht mehr nötig ist. Perspektive eröffnen „Die Betroffene ist leider kein Einzelfall“, sagt Victoria Todt, Landesgeschäftsführerin des VdK Nord. Es komme immer wieder vor, dass die Agentur für Arbeit jungen, kranken Menschen keine Förderung anbietet. So wie Vanessa H. würden sie völlig allein gelassen, weil sie noch keine Ansprüche gegenüber der Rentenversicherung haben. „Hier tut sich eine Lücke auf, die dringend vom Gesetzgeber geschlossen werden muss“, fordert Todt. Es müssten alternative Fördermöglichkeiten geschaffen werden, damit diese jungen Menschen eine Perspektive bekommen. Es könne nicht sein, dass sie wegen ihrer gesundheitlichen Probleme auch noch im Arbeitsleben benachteiligt werden und ihnen der Start in den Beruf gar nicht erst ermöglicht wird. Ines Klut ***Jedes Wort wirkt: „Wer spricht, pflegt bereits“ Pflegebedürftige Menschen brauchen eine besondere Ansprache – Tipps von Gesprächstherapeutin Sandra Mantz Menschen, die krank sind und Hilfe brauchen, können sich oft nicht mehr so äußern wie Gesunde. Deshalb ist es besonders wichtig, sie zu verstehen und verstanden zu werden. Sandra Mantz, Gesprächstherapeutin und Sprachkompetenztrainerin, weiß, welche Sprache Pflegebedürftigen gut tut. VdK-Zeitung: Warum ist die Sprache beim Pflegen so wichtig? Sandra Mantz: Pflegen, ohne zu sprechen, ist kaum möglich. Reden ist also bereits Pflegen, und Sprache ist wie Medizin. Jedes Wort des Pflegenden wirkt. Einmal ausgesprochen, holt er es nie wieder zurück. Mit Worten und Gesten kann ich in nur einer Sekunde einen anderen Menschen trösten, aufrichten, ermutigen oder zum Lachen bringen. Natürlich kann ich auch genau das Gegenteil bewirken. VdK-Zeitung: In Pflegeheimen hat das Personal oft wenig Zeit. Bleibt hier die Kommunikation auf der Strecke? Mantz: Ja, die Anforderungen an das Pflegepersonal sind enorm hoch. Je größer der äußere Druck ist, umso wesentlicher ist die innere Sammlung und Konzentration. In der Gesprächskultur zählt dann nicht die Quantität, sondern die Qualität eines Gesprächskontakts. Dafür sind Sprachsensibilität und Kompetenztraining sehr hilfreich. VdK-Zeitung: Warum ist es so wichtig, während der Pflegetätigkeit zu sprechen? Mantz: Kommunikation belebt den Geist und das Herz des Gesprächspartners. Die Pflegekraft gestaltet mit ihrer Kommunikation die Beziehung zum Patienten, Bewohner und Angehörigen. Sie organisiert, informiert, berät, gibt Orientierung, baut Vertrauen auf. Ganz einfach: Wer spricht, pflegt bereits – auch sich selbst. Zudem sind kranke und hilfebedürftige Menschen deutlich empfindsamer im Gemüt als andere. Da landen unbedachte Äußerungen immer wieder auf der berühmten „Goldwaage“ und kosten alle Beteiligten Zeit und Kraft. VdK-Zeitung: Worauf sollte bei der Kommunikation mit pflegebedürftigen Menschen geachtet werden? Mantz: Deutlich und verständlich sprechen, Blickkontakt aufnehmen gehört zu den Grundregeln. Der Pflegende sollte sich vergewissern, dass er verstanden wird. Das kann auch durch Gesten wie Nicken oder ein Drücken der Hand geschehen. Grundsätzlich sollte der Kontakt von menschlicher Wertschätzung und Geduld geprägt sein. Insgesamt ist es hilfreich, genau hinzuhören und dann die Worte angemessen zu wählen. Pflegende brauchen also einen reichen Wortschatz, da die Gesprächspartner aus sehr unterschiedlichen Berufen, Gedankenwelten und individuellen Lebenserfahrungen kommen. VdK-Zeitung: Wer Demenzkranke pflegt, steht sicher vor einer großen Herausforderung, was die Kommunikation angeht? Mantz: Der Pflegende baut eine Brücke in die Welt der demenziell erkrankten Menschen. Stellen Sie sich das vor wie eine Einbahnstraße. Ich kann in die Welt des alten Menschen verbal und emotional gehen. Er kann jedoch nicht mehr in meine Welt kommen. Er nimmt absolut wörtlich wahr, was ich sage. Er ist jedoch nicht mehr in der Lage, zu übersetzen, was ich möglicherweise meine. Ich aktiviere mit meinen Worten in ihm Erinnerungen und Bilder seiner Lebensgeschichte. Echtheit in der Kommunikation ist sehr wichtig, denn die an Demenz erkrankten Menschen sind sehr feinfühlig. Sie merken sofort, wenn der Pflegende sie nicht ernst nimmt. Es bedarf viel Fingerspitzengefühl und Geduld und die Fähigkeit, mit Gefühlen gut umgehen zu können. VdK-Zeitung: In ihrer Hilflosigkeit benutzen viele im Umgang mit Pflegebedürftigen die Baby-Sprache. Warum? Mantz: In vielen Fällen fehlen hier das Bewusstsein und eine Sensibilität für eigene Sprachmuster. Oft werden Formulierungen wie „füttern“, „Lätzchen“ oder auch ein gedankenloses „Du“ verwendet. Ein Grund dafür mag sein, dass Pflegende noch keinen professionellen Umgang mit Nähe und Distanz in der Kommunikation gefunden oder gelernt haben. Das Verhalten hochbetagter Menschen erinnert manchmal an die Bedürftigkeit von Kindern. Diese Menschen sind aber keine Kinder, sondern Erwachsene, die auch in ihrem hohen Alter und Dasein als erwachsene Menschen mit reichlich Lebenserfahrung behandelt werden wollen. Und das mit Respekt und Achtung, wie alle anderen Menschen auch. Interview: Ines Klut ***Wechsel der Krankenkasse immer gut abwägen Versicherte sollten nicht ausschließlich auf den Preis schauen, sondern auch Leistungen und Angebote vergleichen Seit Jahresbeginn gilt bei den gesetzlichen Krankenkassen der einheitliche Beitragssatz von 14,6 statt wie früher 15,5 Prozent. Doch das heißt nicht, dass die Versicherten automatisch auch weniger zahlen. Die Krankenkassen dürfen nun einen individuellen Zusatzbeitrag erheben. Allerdings ist es nicht immer ratsam, die Kasse zu wechseln, nur weil eine andere etwas günstiger ist. Denn es kommt auch auf die jeweiligen Leistungen an. Viele gesetzlich Versicherte stellen sich derzeit die Frage: Lohnt es sich, die Krankenkasse zu wechseln? Der Sozialverband VdK warnt davor, vorschnell eine Entscheidung zu treffen. Vielmehr sollte man die Leistungen der Kassen miteinander vergleichen. Zwar sind diese zu rund 95 Prozent aller Krankenkassen gleich. Doch in den Zusatzleistungen unterscheiden sich die Anbieter zum Teil deutlich. Manche Kassen sind besonders für junge Familien attraktiv, andere zahlen Behandlungen beim Osteopathen oder dem Heilpraktiker. Darüber hinaus kann zum Beispiel wichtig sein, ob eine Kasse regional mit Geschäftsstellen vertreten und damit gut erreichbar ist oder nicht. Hat man die gewünschte Leistung derzeit bei der eigenen Kasse und fühlt sich mit einem schwerwiegenderen medizinischen Problem gut betreut, gibt es wenig Anlass, sich einen neuen Anbieter zu suchen. Das ist wie bei jedem anderen Dienstleister: Hat man einmal jemanden gefunden, der die eigenen Probleme verstehen und lösen hilft, bleibt man dabei. Gerade Ältere sollten sich aber fragen: Passt meine Krankenkasse eigentlich noch zu mir? Denn die meisten Anbieter wollen vor allem junge und gesunde Versicherte gewinnen. Sie werben deshalb verstärkt mit Angeboten für diese Zielgruppe, wie beispielsweise der Bezahlung apothekenpflichtiger Vitaminpräparate während der Schwangerschaft oder mit zusätzlichen Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche. Von solchen Zusatzleistungen haben Ältere nichts mehr. Doch gerade mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, krank zu werden. Gut aufgehoben ist dann derjenige, dessen Kasse auch seine Bedürfnisse bedient. Ein Beispiel: Nach einem längeren Krankenhausaufenthalt ist eine alleinstehende 80-jährige Rentnerin zu Hause überfordert. Sie bräuchte dringend eine Haushaltshilfe, weil ihr die alltäglichen Dinge wie Einkaufen und die Zubereitung einer Mahlzeit noch schwerfallen. Gesetzlichen Anspruch auf diese Hilfe haben aber nur Menschen mit Kindern. Doch einige Krankenkassen haben sich bereits auf den steigenden Bedarf eingestellt und bieten diese Leistung auch anderen Versicherten an. Zudem sollte man prüfen, welche Bonusprogramme und Wahltarife eine Kasse bietet. Bonus heißt: Nimmt ein Mitglied an Vorsorgeuntersuchungen, Sportkursen oder Impfungen teil, honoriert das die Kasse mit Beitragsrückerstattungen. Diese freiwilligen Boni und Leistungen können die Kassen jedoch jederzeit wieder einschränken. Weil sich die finanzielle Lage bei vielen Kassen in den nächsten Jahren wieder verschlechtern wird, sind weitere Einschnitte bei den freiwilligen Leistungen absehbar. Wer jetzt zu einer Kasse wechselt, weil dort alternative Heilmethoden bezuschusst werden, kann sich also nicht sicher sein, ob das in den nächsten Jahren auch noch so sein wird. Deshalb sollte man die Angebote seiner Krankenkasse von Zeit zu Zeit auf den Prüfstand stellen. Ines Klut Tipps: - Allgemein gilt: Erhebt die Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht sie diesen, haben ihre Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht und können ihre Krankenkasse dann unkompliziert wechseln. Kein Sonderkündigungsrecht haben Versicherte, die einen Wahltarif ihrer Kasse abgeschlossen haben, an den sie drei Jahre gebunden sind. - Ein Krankenkassenwechsel ist in der Regel immer dann möglich, wenn man mindestens 18 Kalendermonate lang in der jeweiligen Kasse versichert war. Die Kündigungsfrist beträgt zwei Monate zum Monatsende, gerechnet von dem Monat, in dem die Kündigung erklärt wird. - Kassen müssen Mitglieder bei jeder Erhöhung des Beitrags in Form von Zusatzbeiträgen rechtzeitig darüber informieren und auf das Sonderkündigungsrecht hinweisen. Keine Kasse darf es ablehnen, einen gesetzlich Versicherten neu aufzunehmen. - Kündigungen müssen schriftlich erfolgen. Am besten den Brief per Einschreiben mit Rückschein versenden, um die Kündigung belegen zu können. Die Krankenkasse muss spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Kündigung eine Kündigungsbestätigung ausstellen. - Alle Kassen müssen ihre Zusatzbeiträge an den GKV-Spitzenverband melden. Diese werden laufend aktualisiert und sind im Internet unter http://gkv-zusatzbeitraege.de abrufbar. ***Beim Wandern auf die Gelenke achten Beim Abstieg wird das Knie stark belastet – Dehnungsübungen können helfen Wenn im Frühling die Natur erwacht, ist ein Ausflug ins Grüne besonders schön. Damit das Wandern zum Genuss wird, sollte man jedoch darauf achten, dass man seine Gelenke nicht überstrapaziert. Wie das geht, erklärt der Orthopäde Dr. Johannes Flechtenmacher aus Karlsruhe, Präsident des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie. Wandern ist gut für Herz und Kreislauf, es stärkt die Muskeln und regt den Stoffwechsel an. Allerdings werden vor allem die Kniegelenke beim Laufen stark beansprucht, besonders dann, wenn es bergab geht. Das heißt aber nicht, dass Menschen, die beispielsweise an einer Arthrose erkrankt sind, auf Bergtouren verzichten müssen. „Wir empfehlen Wandern immer. Der Mensch ist draußen und bewegt sich – das ist es, was wir Ärzte uns wünschen“, sagt Flechtenmacher. Bei Knieproblemen rät er, den Facharzt aufzusuchen, damit dieser feststellen kann, wo der Schmerz und das dazugehörige Problem genau sitzt. Denn das Kniegelenk besteht aus insgesamt drei Komponenten: dem Kniescheibengelenk (zwischen Oberschenkelknochen und Kniescheibe), dem eigentlichen Kniegelenk (zwischen Oberschenkelknochen und Schienbeinkopf) und dem Gelenk zwischen Schienbein und Wadenbein. Je nachdem, wo es im Knie Probleme gibt, können orthopädietechnische Veränderungen der Schuhsohle oder eine Schuheinlage für Ausgleich sorgen. Auch Gesunde können einiges dafür tun, damit die Gelenke nicht überlastet oder verletzt werden. „Das A und O ist gutes, festes Schuhwerk“, sagt Flechtenmacher. Wanderschuhe sollten eine feste Sohle mit Profil haben und die Knöchel und das Kniegelenk vor dem Umknicken schützen. Bandagen können dazu beitragen, dass die Kniegelenke entlastet werden. Teleskop-Stöcke tragen ebenfalls zur Entlastung bei. Sie sehen ähnlich aus wie Skistöcke, sind aber höhenverstellbar. Gerade beim Absteigen können die Stöcke, die in der Regel sehr leicht sind, bis zu einem Drittel des Körpergewichts abfangen und so Knie und Sprunggelenke schonen. Außerdem geben sie Halt selbst in schwierigem Gelände und sorgen dafür, dass man nicht so leicht ins Stolpern kommt. Jedes Kilo zählt dreifach Beim Wandern spielt auch das Gewicht von Kleidung und Gepäck eine Rolle. Deshalb sollte die Kleidung möglichst leicht sein, rät Dr. Johannes Flechtenmacher. Außerdem empfiehlt er, den Rucksack nicht zu voll zu packen. „Jedes Kilogramm zählt im Knie dreimal so viel“, betont der Experte. Eine richtige Lauftechnik gibt es nicht. „Jeder Mensch geht auf seine eigene Art“, weiß Flechtenmacher. Wanderer sollten auf ihr Körpergefühl hören. Sie spüren selbst, wann eine Bewegung unsicher oder gefährlich für das Gelenk wird. Und sollten sie während der Tour Schwierigkeiten mit Muskeln und Gelenken haben, empfiehlt der Arzt Dehnungsübungen für den Oberschenkel, die den Druck aufs Kniegelenk vermindern. Auch Rückwärtslaufen in ungefährlichem Gelände kann Krämpfen entgegenwirken, weil dadurch die dem Laufen entgegengesetzt arbeitenden Muskeln belastet werden. Das wiederum entlastet die Laufmuskeln. Annette Liebmann Ein Film über das Wandern für Menschen mit Gelenkschmerzen ist im VdK-TV, dem Videoportal des Sozialverbands, unter www.vdktv.de ab 13. April online abrufbar. ***Hindernisse für Pflegende - Arbeitgeber bieten wenig Unterstützung Viele Unternehmen halten die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zwar für wichtig. Dennoch fehlen oft entsprechende Angebote. Das ist das Ergebnis einer Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP). Seit Jahresbeginn sind die neuen gesetzlichen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft. Sie sollen Menschen, die Beruf und Pflege von Angehörigen in Einklang bringen müssen, mehr Flexibilität verschaffen. „Es muss endlich ein Umdenken in den Unternehmen stattfinden, denn immer mehr Berufstätige werden künftig vor der Entscheidung stehen, ob sie ein Familienmitglied pflegen“, so VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Schon heute werden rund 70 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause von den Angehörigen betreut. Doch viele Erwerbstätige haben Zweifel, dass die neuen Regelungen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf in der Praxis funktionieren. Das geht ebenfalls aus der Studie hervor. Nur knapp jeder Dritte würde die Familienpflegezeit demnach in Anspruch nehmen. Dabei spielt neben finanziellen Gründen (84 Prozent) auch die Sorge um potenzielle berufliche Nachteile (43 Prozent) eine große Rolle. Es bestehen nach wie vor beträchtliche Ängste, die Übernahme familiärer Pflege gegenüber dem Arbeitgeber offen anzusprechen. Die größte Zustimmung findet mit 89 Prozent das Pflegeunterstützungsgeld. Dabei handelt es sich um die zehntägige bezahlte Auszeit, wenn kurzfristig Pflege in der Familie organisiert werden muss. 85 Prozent würden diese Leistung selbst in Anspruch nehmen. 68 Prozent befürworten die Freistellung vom Job zur Begleitung eigener Angehöriger im Sterbeprozess. Wer sich um kranke Angehörige kümmern will, hat einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Das hatte der Sozialverband VdK immer wieder gefordert. Ein Kritikpunkt des VdK ist, dass die Regelung nicht in Kleinbetrieben mit weniger als 25 Mitarbeitern gilt. „Dadurch werden Beschäftigte mit ihrer Pflegesituation allein gelassen. Alle Arbeitgeber sind aber in der Pflicht, ein Arbeitsumfeld und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Arbeitnehmern ermöglichen, die Doppelbelastung Beruf und Pflege zu bewältigen“, betont die VdK-Präsidentin. Grundsätzlich fordert der VdK mehr Transparenz und mehr Hilfen für pflegende Angehörige. „Die vielen komplizierten Anträge auszufüllen und sich bei den unterschiedlichen Hilfsangeboten auszukennen, kostet die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen viele Nerven, Zeit und Geld“, so die VdK-Präsidentin. Die Beratung und Information der Betroffenen müsse dringend verbessert werden. Deshalb sei es ganz wichtig, dass der Aufbau der Pflegestützpunkte oder vergleichbarer umfassender Beratungsangebote bundesweit flächendeckend vorankommt. ikl Hintergrund Mehr Entlastungen für pflegende Angehörige soll es noch in dieser Legislaturperiode geben. Unter anderem sind besondere Formen der Freistellung für Angehörige geplant. Ziel ist es, dass durch die Pflege eines Angehörigen keine Nachteile im Beruf entstehen. Die bestehenden Regelungen sollen außerdem flexibler und unbürokratischer gehandhabt werden. Schon bisher können Arbeitnehmer bei einem plötzlichen Pflegefall kurzfristig zehn Tage lang pausieren. Seit Jahresanfang wird in dieser Zeit auch ein Lohnersatz gezahlt. Außerdem gibt es einen Rechtsanspruch auf 24 Monate Familienpflegezeit. ***Wenn das Herz plötzlich aufhört zu schlagen Notruf 112 wählen – Sofort mit der Herzdruckmassage beginnen, damit die Organe mit Sauerstoff versorgt werden Plötzlich bricht jemand auf der Straße oder im Büro zusammen. Verdacht auf akuten Herz-KreislaufStillstand. Jetzt heißt es, sofort mit einer Herzdruckmassage zu beginnen. Jeder kann sie leicht erlernen und anwenden. Unser Herzmuskel zieht sich etwa 70-mal pro Minute zusammen und pumpt dabei vier bis sechs Liter Blut durch den Körper. Das sind sieben Tonnen Blut pro Tag, mit dem der lebenswichtige Sauerstoff sowie Nährstoffe zu den Organen transportiert werden. Bricht die Versorgung zusammen, kommt es nach wenigen Sekunden zur Bewusstlosigkeit und danach zu schweren Organschädigungen, vor allem des Gehirns und des Herzens. Nach zirka zehn Minuten verstirbt der Patient infolge unwiederbringlicher Schädigung des Gehirns und des Herzens. Mediziner sprechen vom „plötzlichen Herztod“. Schnell handeln In Deutschland sterben jährlich 65.000 bis 70.000 Menschen am plötzlichen Herztod. In 80 Prozent der Fälle wird er durch Herzkammerflimmern ausgelöst. Um ihn zu verhindern, muss schnell gehandelt werden. „In jeder Minute, in der ein Patient mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand nicht mit der Herzdruckmassage behandelt wird, sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um zehn Prozent“, sagt Prof. Dr. med. Dietrich Andresen, Kardiologe und Notfallmediziner an der Evangelischen Elisabeth Klinik in Berlin. Als Erstes prüft man, ob die Person tatsächlich bewusstlos ist. Dazu an beiden Schultern fassen, kräftig schütteln und ansprechen. Erfolgt keine Reaktion, sofort Hilfe herbeirufen (Notruf 112), gegebenenfalls durch eine zweite Person. Anschließend den Kopf leicht überstrecken. Ist die Atmung zu hören und zu fühlen? „Röcheln und Schnappatmung sind keine normale Atmung, sondern typisch für die erste Phase eines Kreislaufzusammenbruchs“, so Prof. Andresen. Dann muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden. Im Takt drücken Den Patienten mit dem Rücken auf eine harte Unterlage, am besten auf den Fußboden, legen. Daneben knien, egal auf welcher Seite. Einen Handballen auf die Mitte des Brustbeins setzen und die andere Hand auf den Handrücken legen. Dann mit durchgestreckten Armen das Brustbein fünf bis sechs Zentimeter Richtung Wirbelsäule drücken. Anschließend Brustbein wieder komplett entlasten. Dabei die Hände auf dem Körper lassen und erneut starten. „Man muss mutig sein und richtig fest und tief drücken, auch wenn es mal knackt“, so Kardiologe Andresen. „Ein Rippenbruch heilt wieder. Fehlende Herzdruckmassage führt zum Tod.“ Durch die Druckmassage kommt es zu einem künstlichen Blutstrom in den Adern. Die Organe erhalten wieder ausreichend Sauerstoff. Den besten Blutfluss erzielt man, wenn man das Brustbein mindestens 100-mal pro Minute eindrückt. Rhythmus finden Doch wie findet man den richtigen Rhythmus? Dabei kann man sich an Popmusik orientieren. Der Refrain des Bee Gees Songs „Stayin’ Alive“ hat 100 Beats (Schläge) in der Minute. Im Takt so lange drücken, bis das Rettungsteam da ist. Gegebenenfalls mit einer zweiten Person abwechseln. In Erste-Hilfe-Kursen lernt man auch die Atemspende. Mit ihr wird das Blut mit Sauerstoff beladen. Andresen rät, sich bei Herz-Kreislauf-Stillstand lediglich auf die Druckmassage zu konzentrieren. Studien hätten nämlich ergeben, dass sich mehrere Minuten nach dem Zusammenbruch noch genügend Sauerstoff im Blut befindet. Das Problem ist, dass der Sauerstoff nicht zu den Organen kommt. Deshalb ist die Herzdruckmassage so extrem wichtig. Gegen die Atemspende spricht auch, dass dazu die Druckmassage unterbrochen werden muss. Dadurch kommt es zum Abbruch des Blutflusses zum Gehirn, was wiederum zum Absterben vieler Millionen Gehirnzellen führe, so Andresen. Auch sei die Kombination von Herzdruckmassage und Beatmung für viele Laienhelfer so kompliziert, dass sie, um nichts falsch zu machen, lieber gar nichts tun und lediglich warten, bis der Rettungswagen kommt. „Dadurch geht aber kostbare Zeit verloren, und die Überlebenschancen sinken rapide“, so der Kardiologe. Deshalb heißt die Botschaft: „Drücken, drücken, drücken! Sofort, tief und schnell. Ohne Unterbrechung bis zum Eintreffen des Rettungsteams.“ Defibrillator Kümmern sich zwei Personen um den bewusstlosen Patienten, kann einer die kontinuierliche Herzdruckmassage durchführen und der andere schauen, ob in der Nähe ein Automatisierter Externer Defibrillator (AED) installiert ist, mit dem das Kammerflimmern beseitigt wird. Diese stehen in immer mehr Verwaltungen, Betrieben, Bädern und Sporthallen, an Sportplätzen, in Veranstaltungshallen, Theatern, Kaufhäusern, Banken, Bahnhöfen und Flugplätzen, in Flugzeugen und Fernzügen und vor allem bei Großveranstaltungen zur Verfügung. Ein im AED integriertes Sprachmodul sagt, was man machen muss. „Ganz wichtig dabei ist, dass die Herzdruckmassage während des Aufklebens der Elektroden nicht unterbrochen wird“, sagt der Notfallmediziner, der auch Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung ist. Kurs besuchen Andresen rät, sich immer wieder vorzustellen, was man bei einem Notfall als Ersthelfer tun müsste. Im Ernstfall sei es schon eine große Leistung, überhaupt einen kühlen Kopf zu bewahren, so der Kardiologe. Die Deutsche Herzstiftung und weitere Organisationen bieten Informationsmaterial und Kurse an, in denen man die Herzdruckmassage und das Bedienen eines Defibrillators lernen kann. Sabine Kohls Schritt 1: Notrufnummer 112 wählen. Schritt 2: Kopf leicht überstrecken, Atmung prüfen. Schritt 3: Handballen auf die Mitte des Brustbeins setzen. Schritt 4: Brustbein Richtung Wirbelsäule drücken. Deutsche Herzstiftung e. V., Vogtstraße 50, 60322 Frankfurt am Main, Telefon (0 69) 95 51 28-0, Fax (0 69) 95 51 28-313, www.herzstiftung.de, [email protected]; das Faltblatt „Was tun im Notfall?“ kann kostenfrei auf der Webseite www.herzstiftung.de/herznotfall-set.html bestellt werden. Filme rund um das Thema „Herz“ gibt es auch unter www.vdktv.de ***Essen ohne Diätratgeber und Kalorientabelle Die somatische Intelligenz ist der beste Ernährungsberater: Auf die Signale des Körpers zu achten, kann man lernen Im Frühjahr ist wieder die Zeit der Diäten. Wer abnehmen will, muss Gewohnheiten verändern. Doch wie finde ich heraus, was mein Körper wirklich will? Indem ich meine Wahrnehmung schule und mehr auf das Bauchgefühl vertraue, die sogenannte somatische Intelligenz. Sie ist unser wichtigster Ernährungsberater. Soma kommt aus dem Griechischen und bedeutet Körper. „Am wenigsten wird die Weisheit beachtet, die der Körper selbst hat“, sagt Thomas Frankenbach, Gesundheitswissenschaftler und Bewegungstrainer. Er leitet seit 15 Jahren den Fachbereich Ernährung und Bewegung in einer Klinik für Rehabilitationsmedizin in Bad Salzschlirf. Über Körperintelligenz verfügt jeder Mensch. Wir können anhand von Signalen wie Lust, Abneigung und vor allem Bekömmlichkeit spüren, welches Essen gut für uns ist und welche Kost wir eher meiden sollten. Je bedrohlicher die Situation, desto klarer ist das Signal des Körpers. So haben wir beispielsweise bei Fieber mit Schüttelfrost keinen Appetit auf unser Lieblingsgericht Schnitzel mit Pommes. „Der Geruchssinn reagiert mit Abneigung, weil der Körper sich schützen will“, sagt Frankenbach. Die Verdauung würde zu viel Energie verbrauchen, die für das Gesundwerden benötigt wird. „Flüssigkeiten wie ein Glas Orangensaft oder Wasser mit einem Zitronenschnitz hingegen würden wir austrinken.“ Manche Menschen spüren ihre Bedürfnisse besser als andere. Woran liegt das? Frankenbach verweist darauf, dass Menschen heutzutage beruflich und privat einer nie dagewesenen Reizüberflutung ausgesetzt sind. Das Risiko, die Signale des Körpers nicht wahrzunehmen, wird dadurch erhöht. Hinzu treten innere Leitsätze, die uns prägen, wie „Stell dich nicht so an“, „Ein Mann kennt keinen Schmerz“, „Der Esel nennt sich stets zuerst“. Die Kernaussage lautet hier immer: „Nimm dich selbst nicht so wichtig.“ Doch gerade das sollte man tun. Sich selbst zu spüren, sei im Umgang mit dem riesigen Nahrungsangebot wichtiger denn je, sagt Frankenbach. Sätze, die in Zeiten der Not einen Sinn hatten, wie „Iss deinen Teller leer“, treten zurück. Wir leben im Überfluss. Die Herausforderung besteht darin, herauszufinden, was für uns persönlich gut ist, was uns gut tut. Nicht ganz einfach in Zeiten, in denen ständig ein Ernährungstrend den anderen ablöst. Ob Low Carb, vegane Ernährung, „böse“ Fette oder Paleo Diät: Wer alles richtig machen will, stößt schnell an seine Grenzen, ist frustriert und verunsichert. So verträgt beispielsweise nicht jeder Vollkornprodukte und bekommt davon Bauchschmerzen. Auch Rohkost ist nicht für jeden geeignet. Diese Signale des Körpers sollte man ernst nehmen. „Wir können Menschen nicht sagen, was für sie gut ist. Wir können ihnen aber helfen, es selbst spüren zu lernen“, sagt Frankenbach. Dazu sollte man sich einige Fragen stellen: Passt das Ernährungsangebot zu mir? Kenne ich den Unterschied zwischen dem, was ich will, und dem, was ich brauche? Das Bauchgefühl lasse sich trainieren wie Sport oder Kopfrechnen, so Frankenbach. Er empfiehlt als Einsteigerübung, sich nach dem Essen hinzusetzen, die Augen zu schließen und sich folgende Fragen zu beantworten: Wie groß war meine Lust auf das Essen? Hat mich der Geruch angesprochen? Stimmte die geschmackliche Qualität? Wie war mein Esstempo? Bekommt das Essen meinem Magen? Spüre ich ein Völlegefühl, Sodbrennen, einen unruhigen Magen oder eine entspannte warme Leichtigkeit? Die Achtsamkeit zu trainieren, hilft Menschen dabei, herauszufinden, was sie wirklich wollen und brauchen. Das gilt nicht nur für die Ernährung. „Wichtig ist, dass wir Verantwortung für unseren Körper übernehmen. Dann wissen wir auch, was ihm gut tut und können auf Diätratgeber und Kalorientabellen verzichten“, so der Rat von Frankenbach. Sabine Kohls Buchtipp: Thomas Frankenbach: Somatische Intelligenz – Hören, was der Körper braucht. Verlag Koha 2014, 14,95 Euro, ISBN: 978-3-86728-2499. *** „Beim Angeln blende ich meine Schmerzen aus“ Millionen Deutsche verbringen ihre Freizeit an Angelgewässern – auch viele VdK-Mitglieder frönen diesem Hobby Stundenlang an einem See sitzen und darauf warten, dass ein Fisch anbeißt: Für passionierte Angler gibt es nichts Schöneres. In aller Herrgottsfrühe schnappen sie sich ihre Ausrüstung und ab geht’s ans Wasser. Oft ist es ihnen gar nicht so wichtig, einen stattlichen Fang mit nach Hause zu nehmen. Vielmehr steht das Naturerlebnis im Vordergrund. Etwa drei Millionen Deutsche ab 14 Jahren angeln mehr als einmal im Jahr. Laut Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) wohnen die meisten Angler in ländlichen Gebieten. Auch viele VdK-Mitglieder, wie zum Beispiel Stefanie Heinrichs aus Wesel bei Duisburg, teilen die Liebe zum Angeln. Die 45-Jährige lebt nach mehreren Bandscheibenvorfällen mit chronischen Schmerzen. Als sie vor fünf Jahren wegen dieser gesundheitlichen Beschwerden aufhören musste, als Altenpflegerin zu arbeiten, fiel sie in ein tiefes Loch. „Ich fühlte mich auf einmal so minderwertig, mein Alltag hatte keine Struktur mehr“, so das VdK-Mitglied. Hinzu kamen die ständigen Schmerzen. Stefanie Heinrichs probierte in dieser Phase verschiedene Hobbys aus, Handarbeiten, Basteln – nichts konnte sie fesseln und ablenken. Da ihr Mann ein begeisterter Angler ist, begleitete sie ihn ab und zu an den Angelteich und fand Gefallen daran. Neue Kraft tanken „Meinen Fischereischein habe ich heimlich gemacht, weil ich meinen Mann überraschen wollte“, erzählt die Frau aus Nordrhein-Westfalen. Mittlerweile verbringt sie jede freie Minute an Teichen und Seen. „Beim Angeln kann ich meine Schmerzen ausblenden und neue Kraft tanken“, so Stefanie Heinrichs. Sie fühle sich frei und mit der Natur verbunden. Im April beginnt die Hochsaison für Angler, und Stefanie Heinrichs freut sich auf die vielen Sonnenaufgänge am See, die sie gemeinsam mit ihrem Mann und Sohn erleben wird. Dabei geht es ihr nicht so sehr darum, einen großen Fang zu machen. „Wie beim Wandern ist auch beim Angeln der Weg das Ziel“, sagt die 45-Jährige. So wie Stefanie Heinrichs entdecken immer mehr Menschen ihre Liebe zum Angeln. Laut Deutschem Angelfischerverband haben 2013 etwa 59.000 Menschen einen Fischereischein erworben. Die Anforderungen sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich, da Fischereirecht Landesrecht ist. In Berlin muss man beispielsweise einen 30-stündigen Lehrgang besuchen, der mit einer Prüfung abgeschlossen wird. Dafür fallen Kosten in Höhe von 89 Euro an. „Angeln ist ein Hobby, das sich jeder leisten kann“, meint Hans-Georg Speicher aus dem Saarland. Eine Grundausrüstung sei schon für weniger als 50 Euro zu haben. Das VdK-Mitglied rät Neueinsteigern, erst einmal zu testen, ob das Hobby das richtige ist. Die meisten Angler bekommen die Leidenschaft scheinbar in die Wiege gelegt. Wenn Vater und Großvater angeln, ist es oft nur eine Frage der Zeit, dass auch der Nachwuchs Gefallen daran findet. So war es auch bei Hans-Georg Speicher. Schon als kleiner Junge war er immer mit dabei, wenn es an die Saar zum Angeln ging. „Für Kinder ist das ein tolles Gefühl, weil sie zu den Erwachsenen gehören“, erinnert sich der Speditionskaufmann. Im späteren Leben sei ihm das Angeln wie ein guter Freund gewesen. Es half ihm, schwere Phasen durchzustehen. „Nach einem Burn-out fand ich nur beim Angeln Ruhe“, so der 55-Jährige. Als sein Vater starb, seien an der Saar viele Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse geweckt worden. Hans-Georg Speicher setzt sich als Jugendwart für den Nachwuchs im Verein ein. In den Angelvereinen lernen junge Leute nicht nur das Einmaleins des Angelns, sondern betreiben Gewässerpflege und Naturschutz. So wird beispielsweise der Fischbestand kontrolliert und reguliert. Regelmäßige Arbeitseinsätze an Gewässern gehören ebenso zu den Aufgaben. Der ökonomische Gesamtnutzen des Angelns für die Gesellschaft wird laut einer Studie auf rund 6,4 Milliarden Euro jährlich beziffert. Der Nutzwert für die Gesundheit dürfte deutlich höher liegen. Denn Angler halten sich nicht nur viel in der Natur auf, sondern ernähren sich auch gesund. Bei den meisten steht öfter Fisch auf dem Speiseplan. Und Hecht, Dorsch und Co. bestechen vor allem durch ihre vielen gesunden Inhaltsstoffe. So beugen die Omega-3-Fettsäuren Herzrhythmusstörungen vor, helfen bei Entzündungen im Gewebe und sind gut für die Immunabwehr. Ines Klut Hintergrund: - Im Mittelalter gehörte das Sportangeln, ähnlich wie die Jagd, beim europäischen Adel zu den vergnüglichen Freizeitbeschäftigungen in der freien Natur. Aber erst im Zuge der Industriellen Revolution entwickelte sich die bis dahin doch eher elitäre Freizeitbeschäftigung zu einer Art Volkssport. - Immer mehr Menschen aus einfachen sozialen Verhältnissen entdeckten das Sportangeln als entspannende Freizeitbeschäftigung und gründeten eigene Angelvereine. Im Jahr 1921 entstand der Arbeiter-Angler-Bund Deutschlands (AABD). - Etwa 80 heimische Fischarten schwimmen durch Deutschlands Süßgewässer, wie Hecht, Barsch und Schleie. Deutschlands Seen, Flüsse und Bäche sowie die Küsten von Nord- und Ostsee haben für Angler einiges zu bieten. ***Vorschau VdK-TV April 2015: Attraktive Beine bis ins hohe Alter Wer in Bewegung bleibt, trainiert die Muskulatur und aktiviert die Venenpumpe – VdK-TV gibt Tipps Nicht nur Schauspielerinnen haben sie: schöne Beine mit über 70 Jahren. Das mag an den Genen liegen. Doch vor allem Bewegung trägt dazu bei, die Beine in Form zu halten und zu bringen. VdK-TV gibt im April Tipps für gesunde Beine im Alter. Unsere Beine tragen uns tagein und tagaus ohne Klagen durch das Leben. Daher sollten wir ein Auge auf sie haben und sie nicht vernachlässigen. Radfahren, Schwimmen und Nordic Walking trainieren die Muskeln genauso wie Treppensteigen. Die Beine werden besser durchblutet. Jede kleine Bewegung tut gut. Muskeln sind wichtig, um die Venenklappen in Schuss zu halten. Schließen sie gut, versackt das Blut nicht in den Beinen, sondern wird zügig zurück zum Herzen transportiert. Zugleich wird auch der Cellulite entgegengewirkt. Auch Dorothee Rehm aus Riemerling in Bayern ist gerne in Bewegung. „Ich habe schon früher viel Sport getrieben. Heute gehe ich dreimal in der Woche ins Fitnessstudio, wo ich altersgerecht trainiere“, erzählt sie. Montags steht Wirbelsäulengymnastik auf dem Programm, mittwochs Wassergymnastik und freitags Geräte- und Lauftraining. Das ist Dorothee Rehm wichtig. Die 71-Jährige war 30 Jahre in der Modebranche tätig und hat regelmäßig Kollektionen in Köln und Düsseldorf vorgeführt. Heute nutzt Dorothee Rehm ihre Erfahrungen im Präsentieren und Repräsentieren als ehrenamtliche Mitarbeiterin bei der Arbeiterwohlfahrt. So führt sie beispielsweise Kleidung bei Modenschauen in Altenheimen vor. Und dann ist da auch noch Emily, ihre elf Jahre alte Bearded Collie Hündin. „Ein sehr sportlicher Hund“, wie ihr Frauchen sagt. „Wir gehen jeden Morgen eine Stunde durch den Wald.“ Neben Sport kann man im Stehen oder Sitzen die Füße auf die Fersen stellen, auf die Ballen beziehungsweise Zehenspitze rollen und zurück. Die Pumpbewegung regt den Venenfluss an. Wer seinen Beinen etwas Gutes tun will, sollte sie häufig hochlagern. Liegen die Knöchel höher als das Herz, fließen Blut und Lymphe besser ab. Ermüdungserscheinungen können Gele oder Sprays mit Kampfer oder Rosskastanie lindern. Sie beruhigen, kühlen und pflegen müde Beine. Bei Krampfadern sollte man Rücksprache mit dem Hausarzt halten. Eventuell muss sich ein Venenspezialist die Beine ansehen, wenn sie schmerzen und heiß werden. Im schlimmsten Fall droht eine lebensgefährliche Thrombose. Es gibt oberflächliche Krampfadern, die sich oft unschön unter der Haut entlangschlängeln. Sie lassen sich auf verschiedene Weisen behandeln beziehungsweise beseitigen. Die Maßnahmen reichen von Kompressionsstrümpfen bis hin zur Lasertherapie. Tiefliegende Krampfadern hingegen sieht man nicht. Und das macht sie so gefährlich. Bei Verdacht auf eine Thrombose muss daher sofort ein Venenspezialist oder die nächste Notaufnahme aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären. Mit dem Alter kommen bei vielen Frauen die Besenreiser. Die feinen blauen Äderchen ziehen sich über die Beine. Sie sind nicht unbedingt schön, aber in der Regel ungefährlich. Sie lassen sich ebenso wie Krampfadern veröden. Wer seine Gefäße trainieren will, sollte es auch mit Kneippanwendungen wie Wassertreten probieren. Ein einfaches, aber wirksames Mittel für schöne Beine. Sabine Kohls Die Redaktion des Videoportals VdK-TV informiert Sie rund um die Uhr zu wichtigen sozialen und rechtlichen Themen, aber auch zu Freizeit und Sport. Unter der Internetadresse www.vdktv.de sind im April folgende neue Filme abrufbar: 6. April - Gesundheit: Schöne Beine bis ins hohe Alter – was man selbst dafür tun kann. 13. April - Freizeit: Wandern ist für Menschen mit Gelenkschmerzen besonders gut geeignet. Ein Gesundheitswanderführer zeigt, worauf es ankommt. 20. April - Gesundheit: Millionen Menschen leiden unter Allergien. Ein Experte erklärt, was man gegen Niesattacken, Fließschnupfen und brennende Augen tun kann. 27. April - Senioren: Wenn der Partner stirbt oder sich trennt, ist man plötzlich allein. Betroffene berichten, wie sie danach wieder Tritt gefasst haben.