04. Dezember

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Seminar: Der Arbeitsbereich 'Texte verfassen' in der Grundschule
Protokoll der Sitzung am 04.12.2006 [Stephanie Hauri, Nicoleta Cozma]
Thema 1: Analyse des Bildungsplans und der neuen Bildungsstandards für die Grundschule
in Baden-Württemberg (Referat von Christoph Marquardt)
Gründe: Nach 10 Jahren Verhandlungen und Diskussionen wurde der neue Bildungsplan
im Jahr 2004 eingeführt. Die Gründe für die Notwendigkeit eines neuen Bildungsplans
bilden folgende drei Punkte. Erstens hat sich die Wissenschaft stetig verändert und
aufgrund neuer Informationen weiterentwickelt. Des Weiteren bewirkte die Technik eine
Erleichterung, wie auch eine Komplexität der Zusammenhänge und zu allerletzt machte die
Globalisierung, welche das Verständnis anderer Kulturen beinhaltet, die Notwendigkeit des
Sprachenerwerbs deutlich.
Bereiche: Der Bildungsplan selber ist in drei Bereiche gegliedert. Das Kerncurriculum
umfasst dabei mit 2/3 den größten Bereich und gilt für alle Schulen. Die ausbleibenden 1/3
werden im Schulcurriculum ausgedrückt und geben den Schulen die Möglichkeit
selbstständig pädagogisch zu handeln und den Schulalltag zu gestalten; ein neuer
Handlungsspielraum wird ihnen dabei zugewiesen. Damit verbunden taucht allerdings die
Frage nach Vergleichsmöglichkeiten auf. Um diese zu gewährleisten, werden
Bildungsstandards festgelegt.
Ziele: Die Ziele, die mit dem neuen Bildungsplan angestrebt werden, sollen die Schüler
motivieren und nachhaltig beeinflussen. Veränderungen sollen vor allem in drei Bereichen
erreicht werden. Erstens in ihren Einstellungen (Lehrer sollen dabei als Vorbildfunktion
wirken), in ihren Kenntnissen und in ihren Fähigkeiten. Letztere wird dabei in personale
(z.B. Selbstbewusstsein), soziale (Umgang miteinander), methodische (Wie erstelle ich eine
Präsentation?) und fachliche (Fach wissen lernen und anwenden können) unterteilt.
Didaktische & methodische Prinzipien: Im neuen Bildungsplan werden verschiedene
Prinzipien genannt. Darunter fallen:
Handlungsorientiertes Wissen: Rollenspiele und Vorgangsbeschreibungen (Beispiel: wie
repariere ich ein Fahrrad?
Selbstständiges, eigenverantwortliches Lernen: individuelles Lernen der Schüler, sowie
gemeinsames Lernen mit den Mitschülern, unterschiedliche Materialien werden zur
Verfügung gestellt (Geschichte fertig schreiben, Nachschlagewerke benutzen,
Motivation steigern/Freude an der Sprache entwickeln).
Aktiv entdeckendes Lernen: Strategien sollen erlernt werden, um sich die Schriftsprache
anzueignen und die Gedanken schriftlich festzuhalten (Umsetzung z.B. in einer
Schreibkonferenz, der Lehrer soll dabei die Schüler beobachten und individuelle
Fördermaßnahmen einleiten).
Verständliche Sachverhalte: um Missverständnisse oder unverständliche Aufgaben zu
vermeiden und damit das Aufkommen von Versagergefühlen zu verhindern, sollen
Differenzierungsmaßnahmen getroffen werden. (Lehrer sollte verschiedene
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Lernmöglichkeiten (Materialien, Medien) anbieten, um damit auf die
unterschiedlichsten Lerntypen einzugehen und diese individuell zu fördern).
Offenheit für unkonventionelle Lösungsansätze: neue Lösungsansätze sollen akzeptiert
werden, nicht auf den einen (Lehrer-) Weg bestehen! (So kann auch Malen ein
Ausdruck einer schriftlichen Kommunikation sein).
Kooperation der Schüler: Schüler sollen miteinander Lernen (Beispiele hierfür sind
jahrgangsübergreifender Unterricht oder die Möglichkeit eine Klassenzeitung zu
erstellen).
Verbundenheit der Kompetenzen: in der Praxis werden oft viele Kompetenzen gleichzeitig
benötigt. So braucht man bei der Erstellung einer Präsentation Fachwissen, das
persönliche (Experten-) Wissen, wie auch die soziale Komponente = Zusammenarbeit
mit der Gruppe.
Rhythmische Gliederung der Kompetenzen: Der Unterricht sollte stets abwechseln
zwischen Erarbeitung und Entspannung.
Lernstrategien an die Hand geben.
Außerschulische Lernorte: es wird empfohlen aus dem Schulhaus raus zu gehen, um z.B.
Berufserkundung durchzuführen. Eine andere Möglichkeit besteht darin Leute von
Außen in die Schule rein zu bringen, z.B. Senioren. Hierbei kann auch
fächerübergreifend gearbeitet werden.
Das Fach Deutsch
Die zentrale Aufgabe im Fach Deutsch ist es, den Spracherwerb ganzheitlich zu fördern.
Darunter zählen die Einzelbereiche: Sprechen, Lesen (Umgang mit Texten und Medien),
Schreiben und Sprachbewusstsein
Die konkreten Kompetenzen und Inhalte für die einzelnen Klassenstufen können im
Bildungsplan direkt nachgeschlagen werden. Im Folgenden sollen nur einzelne Aspekte
angesprochen werden:
Eine Verknüpfung zwischen Schreiben und Lesen ist notwendig, wie auch das „sinnvolle
Schreiben“ (Bsp.: Brief an Klassenkameraden, realer Adressat).
Den Schülern sollte die Möglichkeit gegeben werden selbst verantwortlich ein Thema zu
wählen und zu bearbeiten (Bsp.: Thema Haustier, was möchten wir darüber wissen?
Vielleicht Pflege? Nahrung? Wie visualisiere ich das?).
In einer Schreibkonferenz Teilaufgaben übernehmen lassen (auf Satzanfänge achten,
stimmt die Zeitform?), Kritik geben können, diese auch akzeptieren und aus den
Fehlern anderer lernen.
Von der Druckschrift ausgehend verbunden zu schreiben, um sich am Ende eine flüssige,
lesbare Handschrift angeeignet zu haben.
Kommentar von Herr Jäger (sinngemäß): Die Ergebnisse der Schreib- und
Prozessforschung gingen zielgenau in den neuen Bildungsplan ein.
Thema 2: „An andere schreiben“ (Referat von Anne-Cécile LeCoat)
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Als Einstieg in das Thema hat Anne-Cécile LeCoat das Gedicht „Weihnachtswunsch“
ausgewählt, das uns sensibilisieren sollte, dass an andere schreiben eine Freude bedeuten
kann. Wir würden, so wie das Gedicht den Impuls gegeben hat, folgende Interessen
verfolgen: die kommunikative Funktion eines Briefes (als spezifische Form des
Adressatenschreibens) und die emotionale Funktion eines Briefes: ein Brief kann etwas
erfreuliches sein. Unsere Kommilitonin berichtete über ihre eigenen Erfahrungen aus der
Schulzeit: die Freude, die ihr die Korrespondenz aus England bereitet hat.
Die Gliederung beinhaltete folgende Überschriften: der Stellenwert des Themas im
Lehrplan und dessen Definition; das Thema „an andere schreiben“ unter dem
entwicklungspsychologischem Aspekt; didaktische Ziele des Themas; „an andere
schreiben“ in der Unterrichtspraxis.
Was der Stellenwert des Themas im Lehrplan betrifft, wurden wir darauf hingewiesen, dass
interessante Materialien auf der Seminarseite im Internet gestellt wurden. Den
Recherchenergebnissen nach hat das Briefverfassen schon ab der 1. Klasse Relevanz in den
Lehrplänen. Folgend einem Spiralcurriculums wird Stufenweise das Interesse daran
geweckt und unterstützt. Mit höheren Klassenzahlen wird erwartet, dass „Schreibprojekte“
entstehen und aufrechterhalten werden, Kompetenz und Motivation steigernd.
An andere schreiben bedeutet eigentlich Briefe in ihrer Fülle von Formen zu verfassen:
private, formelle, offizielle Briefe. Ein Brief beweist eine gewisse Regelhaftigkeit, fest
gemacht an spezifischen Merkmale: Schreiber, Adressat, Ort und Datum des Verfassens,
Gruß- und Schlussformel.
Das Briefeschreiben wird in Laufe der Schuljahre optimiert. Von den einfachen Formen
wie Einladungen, Grußkarten, Ansichtskarten bis hin zum offiziellen Briefwerden die
spezifischen Gruß- und Schlussformeln und die Inhaltsgliederung optimiert.
Die Entwicklungspsychologie beschäftigt sich auch mit der sozialen Kognition, was eine
wichtige Voraussetzung für das Briefschreiben ist. Die erste These, die in den Raum
gestellt wurde, war die, dass Kinder im Grundschulalter eine begrenzte soziale Kognition
besitzen. Die Fähigkeit an andere zu schreiben, wird im Laufe der Schulzeit entwickelt und
unterstützt.
En Kind in der 1. Klasse wird beim Briefeschreiben mit folgenden Fakten konfrontiert, die
das Schreiben erschweren: es hat im mündlichen Austausch gute Erfahrungen, aber nur
wenige oder nicht im schriftlichen Austausch; der Adressat ist nicht vorhanden, die
Kommunikationsstrategien müssen angepasst werden (Mimik, Gestik fehlen). Diese sind
von der Lehrperson zu berücksichtigen, um einen erfolgreichen Übergang von einer lokalen
Planung (Bsp. telefonische Einladung) zu einer globalen Planung (schriftliche Einladung)
zu gewährleisten.
Die soziale Kognition beinhaltet eine Reihe von Fähigkeiten, wovon zwei für uns relevant
wären: die Personenwahrnehmung, die auch die Wahrnehmung innerer Werte bedeutet, und
die Rollenübernahme, was bedeutet, dass das Kind in der Lage seien soll, sich in eine
anderen Person zu versetzen um einen Brief schreiben zu können. Dazu wurde uns ein
Experiment dargestellt, in dem es darum ging, Spielregeln zu vermitteln. Die Kinder
verschiedener Altersstufen wurden aufgefordert Spielregeln einer blinden Person und einer
sehenden Person zu erklären. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass erst die Kinder an 11
Jahre in der Lage waren die Spielregeln vollständig und verständlich zu übermitteln, denn
sie verfügten über das Verständnis dafür. Die Schriftlichkeit, in Form des Briefschreibens,
wäre eine höhere Stufe dieser kognitiven Entwicklung.
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Die zwei bedeutendsten didaktischen Ziele des Briefschreibens sind die Steigerung der
interaktiven Kommunikation und die Aneignung verschiedener Techniken des
Briefverfassens. Das Adressatenschreiben wirkt motivationsfördernd, die Schüler
entwickeln dadurch eine gewisse Freude am Schreiben. Eine Hamburger Studie hat
bewiesen, dass nur 7% der Deutschlehrer das Thema ernst nehmen und es mehr als einmal
im Monat behandeln. Dem zu Folge finden auch die Schüler den Deutschunterricht nicht so
motivierend und erkennen, dass sie nicht durch pragmatische Aufgaben gefördert werden.
Die zweite These, die gestellt wurde, bestätigt, dass Schüler die an andere schreiben besser
motiviert sind, sie beweisen eine bessere Schreibqualität und eine vermehrte Sachlichkeit
beim Schreiben. Es wurde uns dann ein Projekt vorgestellt, wo eine Klasse, nachdem sie
sich mit einem Buch befasst hat, einen Brief an die Schriftstellerin geschrieben hat. Die
erhaltene Antwort stellte ein sichtliches Erfolgsergebnis dar, die Schüler erkannten einen
Sinn für das Schreiben.
Die Techniken des Briefverfassens werden einer Spiralentwicklung unterzogen. Die
spezifischen Briefnormen (z.B. das Schreiben im Hinblick auf einem Adressaten,
besondere Kommunikationsmittel) werden den Schülern vermittelt. Die Schreibanfänger
beschäftigen sich mit Einladungen, Briefe und Karten können ab der 3.-4. Klasse
thematisiert werden, und ab der 4. Klasse können Plakate gefertigt und
Korrespondenzprogramme entwickelt werden.
An andere schreiben in der Unterrichtspraxis wird schon ab der 2. Klasse durch
Einladungsschreiben verwirklicht. Die Folie, die gezeigt wurde, hat bestätigt, dass die
Arbeit sich für das diskriminierende Lesen und die Textbearbeitung und –überarbeiten
eignet. Zu verschiedenen Anlässe (z.B. Muttertag) können Glückwunschkarten erstellt und
beschrieben werden. Ab der 3.-4. Klasse wären Ansichtskarten und kurze Briefe geeignet
und motivierend. Dadurch wären spezifische Formulierungen geübt und verschiedene
Vorschläge für das höfliche Ausdrucken ausgesucht.
Unsere Kommilitonin hat uns über die Comenius-Projekte berichtet, die
Austauschprogramme innerhalb Europas beinhalten. Schulen und Klassen, die sich daran
beteiligen, erstellen Briefpartnerschaften, die im Laufe der 3 Jahren vom Kennenlernen
über ein gemeinsam zu behandelndes Thema sich entwickeln.
Auch die Deutsche Post AG würde in diesem Sinne unterstützend wirken durch Projekte
und Wettbewerbe, die im Internet vorgestellt werden (www.deutsche-post.de)
Das Referat wurde mit einem Zitat über die Wichtigkeit der Klassenkorrespondenz und ihre
Wirkungen abgeschlossen.
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