IWW Online-Service Gebührenrecht Muster-Honorarabrechnungen für die Jahresabschlusserstellung nach Basel II von WP StB Gerald Schwamberger, Prüfer für Qualitätskontrolle, Göttingen I. Musterfälle zur Honorarabrechnung Die nachfolgenden Musterfälle spiegeln konkrete Praxissituationen wieder und sollen Sie dafür sensibilisieren, welche Tätigkeiten bei der Jahresabschlusserstellung nach Basel II im Einzelfall anfallen und wie Ihre Honorarberechnung konkret aussehen sollte. Außerdem werden Formulierungsvorschläge für die zu erteilenden Bescheinigungen gegeben. Musterfall 1 Sachverhalt: Die XX GmbH erteilt dem Steuerberater S den Auftrag, den Jahresabschluss zum 31.12.01 zu erstellen. Der Auftrag wird mündlich erteilt mit der Maßgabe, den Jahresabschluss so kostengünstig wie möglich zu erstellen, insbesondere weil die Finanzbuchführung im Büro des Steuerberaters S erstellt wurde. Auf Grund eines Rundschreibens seines Kreditinstituts weist der Mandant den Steuerberater S an, die Kriterien des § 18 KWG zu erfüllen, Plausibilitätsbeurteilung oder Prüfungshandlungen hält er jedoch aus Kostengründen für nicht erforderlich. Es soll lediglich ein Erstellungsbericht gefertigt werden. Lösung: Steuerberater S führt die Arbeiten auftragsgemäß aus. Für die Honorarberechnung ergeben sich folgende Berechnungsgrundlagen: Bilanzsumme betriebliche Jahresleistung 1.010.500,00 EUR 1.772.300,00 EUR Bei der Erledigung des Auftrages traten keine besonderen Probleme auf. Der Auftrag war nicht von besonderer Bedeutung, er hatte einen normalen Umfang und die Schwierigkeit der Tätigkeit hielt sich im normalen Rahmen. Die Leistungen berechnet der Steuerberater S wie folgt: Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1a StBGebV Gegenstandswert: 1.391.400,00 EUR 25/10 Tab. B 2.595,00 EUR Erstellung eines Anhangs gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1b StBGebV Gegenstandswert: 1.391.400,00 EUR 7/10 Tab. B 743,40 EUR Erstellung eines schriftlichen Erläuterungsberichts gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6 StBGebV Gegenstandswert: 1.391.400,00 EUR 7/10 Tab. B 743,40 EUR Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen © IWW-Institut IWW Online-Service gem. § 16 StBGebV Gesamtsumme: 60,00 EUR 4.141,80 EUR Die Berechnung der Gebühren erfolgt grundsätzlich nach der Mittelgebühr, weil laut Sachverhalt diese als zutreffend anzusehen ist (normaler Umfang und keine besonderen Schwierigkeiten). Die Bescheinigung für den Jahresabschluss lautet: Musterformulierung: „Vorstehender Jahresabschluss wurde von mir auf der Grundlage der von mir geführten Bücher, der vorgelegten Bestandsnachweise sowie der erteilten Auskünfte der Firma xx GmbH erstellt. Eine Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit dieser Unterlagen und der Angaben des Unternehmens war nicht Gegenstand meines Auftrags.“ Musterfall 2 Sachverhalt: Der Einzelunternehmer U überträgt dem Steuerberater S die Erstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.01. Er übergibt S die von ihm selbst erstellte Finanzbuchführung, die Inventur, die Aufstellung der teilfertigen Leistungen und die ebenfalls von ihm selbst geführte Lohnbuchführung für das Jahr 2001. Bei der Übergabe der Unterlagen an S führt U aus, dass S den Jahresabschluss erstellen möge. Auf den Hinweis, dass U Kredite von mehr als 250.000 EUR bei seinem Kreditinstitut in Anspruch genommen hat und damit die Kriterien des § 18 KWG zu erfüllen sind, führt U aus, er halte dies für nicht nötig, weil dies höhere Kosten verursachen könne. Er bittet S – wie in den Vorjahren – lediglich um Erstellung eines Jahresabschlusses. Er billigt allerdings zu, dass S einen Erstellungsbericht fertigt. Die Arbeiten für den Jahresabschluss des U werden von dem Büro des S auftragsgemäß erstellt. Bei der Übernahme der Buchführungsdaten ergeben sich jedoch Differenzen, die umfangreiche Abstimmungsarbeiten bei den Debitoren- und Kreditorenkonten erforderlich machen. Im Sachkontenbereich müssen eine Vielzahl von Umbuchungen vorgenommen werden, bevor die Jahresabschlussarbeiten begonnen werden können. Diese Vorarbeiten erforderten einen Zeitaufwand von 14 Stunden. Das rechnerische Endergebnis der Inventur und der Aufstellung der teilfertigen Arbeiten des U wurden bei der Erstellung des Jahresabschlusses lediglich rechnerisch geprüft und – da sich keine Fehler ergeben haben – in die Bilanz übernommen. Die Bilanzpositionen wurden, soweit möglich, anhand von Unterlagen bzw. Kontoauszügen oder Angaben des Mandanten überprüft. Lösung: Für die Honorarberechnung ergeben sich folgende Berechnungsgrundlagen: Bilanzsumme betriebliche Jahresleistung Privatentnahmen 413.600,00 EUR 934.000,00 EUR 100.000,00 EUR Die Erstellung des Jahresabschlusses – nachdem die aus der Buchführung selbst herrührenden Unstimmigkeiten und Abstimmungen erfolgt waren – erforderte erhebliche zusätzliche Leistungen: Insbesondere mussten Unterlagen für Investitionen und aufgenommene Kredite beschafft werden, die der U erst nach mehrfachem Anfordern beibrachte. © IWW-Institut IWW Online-Service Weiterhin musste für die Berechnung von Rückstellungen und die Abstimmung der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen die Buchführung der Monate Januar bis März 2002 eingesehen werden, weil dort noch Rechnungen, die das Wirtschaftsjahr 2001 betrafen, gebucht worden waren. Darüber hinaus waren zur Ermittlung der Rechnungsabgrenzungsposten Belege anzufordern, die U wiederum erst nach mehrmaligen Aufforderungen schriftlicher und fernmündlicher Art beibrachte. Die Leistungen berechnet Steuerberater S wie folgt: Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanzund Gewinn- und Verlustrechnung) gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1a StBGebV Gegenstandswert: 723.800,00 EUR 30/10 Tab. B 2.328,00 EUR Erstellung eines schriftlichen Erläuterungsberichts gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6 StBGebV Gegenstandswert: 723.800,00 EUR 7/10 Tab. B 543,20 EUR 14 Std. x 65,00 EUR 910,00 EUR Abschlussvorarbeiten gem. § 35 Abs. 3 StBGebV – Zeitgebühr – gem. § 13 StBGebV 3.781,20 EUR Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. § 16 StBGebV Gesamtsumme: 60,00 EUR 3.841,20 EUR Die Berechnung des Jahresabschlusses erfolgte zurecht mit 30/10, weil laut Sachverhalt die Unterlagen dem S unvollständig vorgelegt wurden und die Beschaffung der erforderlichen Belege und Angaben zusätzlichen Zeit- und Arbeitsaufwand erforderten. Die Bescheinigung für diesen Jahresabschluss lautet wie folgt: Musterformulierung: „Vorstehender Jahresabschluss wurde von mir auf der Grundlage der mir vorgelegten Bücher und Bestandsnachweise sowie der erteilten Auskünfte der Firma U erstellt. Eine Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit dieser Unterlagen und der Angaben des Unternehmens war nicht Gegenstand meines Auftrags.“ Praxishinweis: Die Bescheinigungen in den vorstehenden Beispielsfällen sind für die Kriterien des § 18 KWG und damit auch für das Rating nach Basel II des U bei der Bank nicht ausreichend. Da der Auftrag jedoch nur diesen Umfang deckte, konnte S weitere erforderliche Prüfungshandlungen nicht vornehmen, da er diese vom Auftraggeber auch nicht honoriert bekommen hätte. Musterfall 3 Sachverhalt: Die Z-OHG erteilt dem Steuerberater S den Auftrag, den Jahresabschluss zum 31.12.01 zu erstellen und weist darauf hin, dass die Vorlage des Jahresabschlusses bei dem Kreditinstitut folgende Voraussetzungen erfüllen muss: © IWW-Institut IWW Online-Service 1. Der Jahresabschluss ist nach den Grundsätzen für Kapitalgesellschaften gem. § 264 ff. HGB aufzustellen. 2. Der Ausweis der Bilanzpositionen ist gem. § 266 HGB vorzunehmen. 3. Der Ausweis der Posten der Gewinn- und Verlustrechnung ist entsprechend § 275 HGB vorzunehmen. 4. Die Posten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sind zu erläutern. 5. Der Jahresabschluss ist durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer mit einer Plausibilitätsbeurteilung zu bescheinigen. Steuerberater S erstellt den Jahresabschluss aus der in seinem Büro erstellten Finanzbuchführung für die Z-OHG. Bei den Abschlussvorarbeiten sind umfangreiche Abstimmungsarbeiten des Debitorenkontokorrents erforderlich. Weiterhin sind Nachbuchungen von Forderungen und Verbindlichkeiten vorzunehmen. Diese Vorarbeiten erfordern einen Zeitaufwand von acht Stunden. Bei den Arbeiten zum Jahresabschluss sind zur Erfüllung des Auftrages folgende Arbeiten zusätzlich angefallen mit einem Zeitaufwand von insgesamt 26 Stunden: Besprechung mit den Gesellschaftern der OHG hinsichtlich der Geschäftsentwicklung in den Jahren 2001 und 2002, Erläuterung der Betriebsabläufe im Unternehmen durch die Gesellschafter, Durchsicht der in 2001 durch die Gesellschafter abgeschlossenen Verträge, insbesondere Leasingverträge, Verträge über Investitionen; Ermittlung des Bestands der Mitarbeiter während des Jahres 2001 und zu Beginn des Jahres 2002, Überprüfung der Bewertungsmethode für die Waren- und Materialbestände, Überprüfung der Bewertung der teilfertigen Leistungen; Beurteilung der Rückstellungen und Erörterung mit den Auftraggebern über deren Bewertung; Überprüfung der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen; Überprüfung der Relation zwischen Betriebsleistung, Material- und Wareneinsatz und den Produktivlöhnen; Überprüfung der Kundenanzahlungen und deren Relation zu den teilfertigen Leistungen; Überprüfung der Kostenarten im Verhältnis zur Jahresleistung und Vergleich mit den Vorjahren. Lösung: S hat sich die Vollständigkeit der ihm überlassenen Unterlagen und Auskünfte durch eine Vollständigkeitserklärung des Auftraggebers schriftlich bestätigen lassen. Für die Honorarberechnung ergeben sich weitere Berechnungsgrundlagen wie folgt: Betriebliche Jahresleistung Privatentnahmen der Gesellschafter Bilanzsumme 6.330.000,00 EUR 620.000,00 EUR 2.560.000,00 EUR Die Leistungen berechnet der Steuerberater S wie folgt: Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanzund Gewinn- und Verlustrechnung) gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 a StBGebV Gegenstandswert: 4.755.000,00 EUR Erstellung eines schriftlichen Erläuterungsberichts gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6 StBGebV © IWW-Institut 25/10 Tab. B 4.670,00 EUR IWW Online-Service Gegenstandswert: 4.755.000,00 EUR Gebühr für die Durchführung von Prüfungshandlungen und Plausibilitätsbeurteilungen gem. § 612 BGB – Zeitgebühr – 7/10 Tab. B 1.307,60 EUR 26 Std. x 100,00 EUR 2.600,00 EUR 8.577,60 EUR Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. § 16 StBGebV Gesamtsumme: 60,00 EUR 8.637,60 EUR Die Berechnung der Vorarbeiten zum Jahresabschluss kann der Steuerberater nicht zusätzlich berechnen, da er die Finanzbuchführung für den Mandanten erstellt hat und mit der Gebühr gem. § 33 Abs. 1 StBGebV diese „Vorarbeiten“ abgegolten sind. Denn letztendlich ist nur eine Korrektur der Buchführungsarbeiten erfolgt. Die Prüfungshandlungen und Plausibilitätsbeurteilungen sind nicht nach der StBGebV abzurechnen, weil diese Tätigkeiten nicht nach § 33 StBerG erfolgten, sondern nach § 57 Abs. 3 StBerG (zu den insoweit anfallenden Gebühren vgl. KP 02, 157 ff.). Die Bescheinigung für diesen Jahresabschluss lautet wie folgt: Musterformulierung: „Vorstehender Jahresabschluss wurde von mir auf der Grundlage der von mir geführten Bücher, der vorgelegten Bestandsnachweise sowie der erteilten Auskünfte der Firma Z-OHG erstellt. Das Inventar habe ich auf seine Plausibilität beurteilt. Dabei sind mir keine Sachverhalte bekannt geworden, die gegen die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses sprechen.“ Diese Bescheinigung ist nach Ansicht der Bundessteuerberaterkammer und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erforderlich, um die Kriterien des § 18 KWG und für das Rating nach Basel II zu erfüllen. Eine abschließende Warnung: Diese Bescheinigung sollte nur dann erteilt werden, wenn die erforderlichen Tätigkeiten von dem Steuerberater auch wirklich durchgeführt wurden. Sollte sich bei Insolvenz des Mandanten herausstellen, dass die erforderlichen Prüfungshandlungen und Plausibilitätsbeurteilungen zwar bescheinigt, aber nicht durchgeführt wurden und das Kreditinstitut auf Grund dieser Bescheinigung dem Mandanten Kredite zugesagt hat, kann der Steuerberater in Haftung genommen werden. Es ist dann auch nicht ausgeschlossen, dass der Versicherungsschutz aus der Vermögensschadenhaftpflicht des Steuerberaters verloren geht. Musterfall 4 Sachverhalt: Die X GmbH erteilt dem Steuerberater S den Auftrag, den Jahresabschluss zum 31.12.01 mit Plausibilitätsbeurteilung zu erstellen. Die im Betrieb der GmbH erstellte Buchhaltung wird mit den Inventurunterlagen und Berechnung des Warenbestandes überreicht. Steuerberater S übernimmt die Daten der Finanzbuchführung und erstellt den Jahresabschluss. Seine analytischen Tätigkeiten hinsichtlich der Plausibilitätsbeurteilung und der teilweise erforderlichen Prüfungshandlungen – insbesondere beim Umlaufvermögen, den Verbindlichkeiten und den Rückstellungen – erfordern einen Zeitaufwand von 16 Stunden. Bei Besprechung des vorläufigen Jahresabschlusses mit dem Geschäftsführer erhält S eine unterzeichnete Vollständigkeitserklärung. © IWW-Institut IWW Online-Service Die Erstellung des Jahresabschlusses erfordert nicht unerhebliche Rückfragen und Klärungen bei dem Auftraggeber, weil Finanzierungsverträge, Leasingverträge und sonstige Unterlagen nur nach mehrfachem Anfordern vorgelegt wurden. Lösung: Für die Honorarberechnung ergeben sich folgende Berechnungsgrundlagen: Bilanzsumme betriebliche Jahresleistung 1.370.000 EUR, 2.940.000 EUR. Die Leistungen berechnet S wie folgt: Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1a StBGebV Gegenstandswert: 2.155.000 EUR 33/10 Tab. B 3.972,30 EUR Erstellung eines Anhangs gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1b StBGebV Gegenstandswert: 2.155.000 EUR 7/10 Tab. B 917,70 EUR Erstellung eines schriftlichen Erläuterungsberichts gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6 StBGebV Gegenstandswert: 2.155.000 EUR 7/10 Tab. B 917,70 EUR 16 Std. x 150 EUR 2.400,00 EUR 8.207,70 EUR Gebühr für die Durchführung von Prüfungshandlungen und Plausibilitätsbeurteilungen gem. § 612 BGB – Zeitgebühr – Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. § 16 StBGebV Gesamtsumme 80,00 EUR 8.287,70 EUR Für die Aufstellung des Jahresabschlusses wurden 33/10 zu Recht zu Grunde gelegt, weil bei der Bearbeitung Schwierigkeiten, verursacht von dem Mandanten, aufgetreten sind und insoweit ein erhöhter Arbeits- und Zeitaufwand erforderlich wurde. Die Bescheinigung für diesen Jahresabschluss lautet wie folgt: Musterformulierung: „Vorstehender Jahresabschluss wurde von mir auf der Grundlage der mir vorgelegten Bücher und Bestandsnachweise sowie der erteilten Auskünfte der Firma X GmbH erstellt. Die Buchführung und das Inventar habe ich auf ihre Plausibilität beurteilt. Dabei sind mir keine Sachverhalte bekannt geworden, die gegen die Ordnungsmäßigkeit des Jahresabschlusses sprechen.“ Hinweis: Diese Bescheinigung entspricht den Voraussetzungen des § 18 KWG und ist nach Basel II für ein günstiges Rating für den Mandanten Voraussetzung. Musterfall 5 Sachverhalt: Der Einzelunternehmer E beauftragt am 8.12.01 den Steuerberater S, den Jahresabschluss zum 31.12.01 für sein Einzelunternehmen, Großhandel mit Materialien und © IWW-Institut IWW Online-Service Artikeln des Sanitärgewerbes, zu erstellen. Dabei soll er eine Prüfung im Sinne der §§ 316 ff. HGB – wie sie bei Kapitalgesellschaften vorgeschrieben ist – durchführen und darüber berichten. S weist den Mandanten darauf hin, dass er eine Prüfung, wie beauftragt, zwar durchführen kann, ihm die Erteilung eines Bestätigungsvermerks gemäß § 322 HGB jedoch untersagt ist, weil er für ihn die Finanzbuchführung und den Jahresabschluss erstellt hat (§ 319 Abs. 2 Nr. 5 HGB). Für Zwecke der Vorlage des Jahresabschlusses bei den Kreditinstituten ist entsprechend der Vereinbarung zwischen der Bundessteuerberaterkammer und dem Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine solche Prüfung aber zulässig, wenn eine entsprechende Bescheinigung erteilt wird. S erledigt den Auftrag wie einen Prüfungsauftrag, in dem er bereits bei der Inventuraufnahme zum 31.12.01 selbst mit 2 Mitarbeitern die Aufnahme der Material- und Warenbestände in den 3 Niederlassungen des E beobachtet und das System der Aufnahmearbeiten überprüft und dokumentiert. Im März 2002 werden ihm die Bewertungsgrundlagen des Material- und Warenbestandes vorgelegt und er geht wie folgt vor: Er überprüft die Bewertung, die Vollständigkeit der Aufnahmebelege und dokumentiert dies mit Ausführungen über die Bewertungsmethode. Der Debitoren- und Kreditorenbestand wird stichprobenweise durch Einforderung von Saldenbestätigungen hinsichtlich seiner Vollständigkeit und der zutreffenden Erfassung überprüft. Weitere umfassende Prüfungshandlungen betreffen insbesondere das interne Kontrollsystem, die Kosten des Personaleinsatzes, die Bewertung des Anlage- und Umlaufvermögens, den vollständigen und richtigen Ansatz der Verbindlichkeiten, die ausreichende Dotierung der Rückstellungen und die wesentlichen Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung. Wichtige Verträge, insbesondere Kredit- und Leasingverträge sowie Mietverträge, Anstellungsverträge und sonstige Dauervertragsverhältnisse, werden von S überprüft. In seinem Bericht stellt S die Kennzahlen des Betriebes hinsichtlich der Ertragslage, der Vermögenssituation und der Liquidität des Unternehmens den vier Vorjahren gegenüber und erläutert diese Entwicklungen. Weiterhin vergleicht er die Zahlen des Unternehmens mit Auswertungen für die gesamte Branche. Bei Beendigung seiner Arbeiten und Besprechung des vorläufigen Ergebnisses erhält S von E eine unterzeichnete Vollständigkeitserklärung, dass ihm alle Unterlagen zur Prüfung und Erstellung des Jahresabschlusses vorgelegen haben. Lösung: Für die Honorarberechnung ist hinsichtlich der Prüfung des Jahresabschlusses ein Zeitaufwand von 80 Stunden angefallen. Weitere Berechnungsgrundlagen ergeben sich wie folgt: Bilanzsumme betriebliche Jahresleistung Privatentnahmen 5.320.000 EUR, 13.960.000 EUR, 460.000 EUR. Die Erstellung des Jahresabschlusses erfolgt nach handelsrechtlichen Grundsätzen. Die Bewertung des Umlaufvermögens wurde nach der Fifo-Methode vorgenommen. Weiterhin waren für drohende Verluste und für latente Steuern Rückstellungen zu bilden. Eine Beteiligung im Anlagevermögen an einer Kapitalgesellschaft wurde mit dem niedrigeren beizulegenden Wert angesetzt, obwohl eine dauernde Wertminderung nicht anzunehmen war. Aus den vorgenannten Gründen war es erforderlich, für Zwecke der Besteuerung aus der Handelsbilanz eine zusätzliche Steuerbilanz zu entwickeln. © IWW-Institut IWW Online-Service Die Leistungen berechnet Steuerberater S wie folgt: Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1a StBGebV Gegenstandswert: 9.870.000 EUR Erstellung eines Prüfungsberichts und Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.01 gem. § 612 BGB – Zeitgebühr – Entwicklung einer Steuerbilanz aus der Handelsbilanz gem. § 35 Abs. 1 Nr. 3 StBGebV Gegenstandswert: 10.320.000 EUR 20/10 Tab. B 5.072,00 EUR 80 Std. x 200 EUR 16.000,00 EUR 7/10 Tab. B 1.976,80 EUR 23.048,80 EUR Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. § 16 StBGebV Gesamtsumme 60,00 EUR 23.108,80 EUR Die Aufstellung des Jahresabschlusses wurde mit Ansatz der Mittelgebühr zutreffend abgerechnet, weil dem Steuerberater S die erforderlichen Unterlagen vorbildlich vorbereitet übergeben wurden bzw. zum Teil im Rahmen der Prüfungstätigkeit (Zeitgebühr) erarbeitet wurden (z.B. Inventurbewertung, Prüfung der Debitoren und Kreditoren, Überprüfung der Verbindlichkeiten). Für die Berechnung der Prüfungstätigkeit wurde ein recht hohes Honorar angesetzt, weil hierfür nur besonders qualifizierte Mitarbeiter und der Praxisinhaber selbst tätig werden konnten. Die Entwicklung der Steuerbilanz konnte geringfügig unter der Mittelgebühr angesetzt werden, weil die Entwicklungsarbeit nicht so umfangreich war und Vorarbeiten für die Bewertung des Vorratsvermögens von dem Mandanten weitgehend vorbereitet wurden. Die Bescheinigung für den handelsrechtlichen Jahresabschluss lautet wie folgt: Musterformulierung: „Vorstehender Jahresabschluss wurde von mir auf der Grundlage der von mir geführten Bücher sowie des Inventars der Firma E unter Beachtung der handelsrechtlichen Vorschriften erstellt. Ich habe mich von der Ordnungsmäßigkeit des Inventars überzeugt.“ Hinweis: Diese Bescheinigung ist noch höher anzusiedeln, als die Bescheinigung nach dem Beispiel 4 und entspricht auf jeden Fall den Voraussetzungen des § 18 KWG und Basel II. Praxistipp: Soweit eine entsprechende Bescheinigung von den Mandanten gewünscht oder von Kreditinstituten vorgeschrieben wird, sollte der Steuerberater diese Bescheinigung nur erstellen, wenn er auch Prüfungshandlungen – wie sie bei handelsrechtlichen Prüfungen üblich und notwendig sind – durchgeführt hat. Soweit er keine entsprechende Erfahrung mit der Durchführung von handelsrechtlichen Prüfungen hat, sollte er sich durch Fortbildungsseminare und Beachtung der Fachgutachten und Stellungnahmen des IDW vorbereiten und gegebenenfalls erfahrene Kollegen zu Rate ziehen. Eine nicht ordnungsgemäße Durchführung und Dokumentation der Prüfung kann zu erheblichen Haftungsschäden führen. © IWW-Institut IWW Online-Service Musterfall 6 Sachverhalt: Die Gesellschafter-Geschäftsführer der AB GmbH, einem Softwareunternehmen, sind zu je 50 v.H. am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt. Sie beauftragen den Steuerberater S, bei der Erstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.01 auch eine Prüfung, wie sie nach Handelsrecht für Kapitalgesellschaften vorgesehen ist, durchzuführen, wobei es den Auftraggebern reicht, wenn im Prüfungsbericht eine Bescheinigung erteilt wird. Die Gesellschaft will erhebliche Investitionen tätigen und hat bereits Finanzierungsverhandlungen mit einem Kreditinstitut geführt, an denen S teilgenommen hat. Dabei wurde S von den Vertretern des Kreditinstituts dargelegt, dass eine Prüfung erforderlich sei, um eine Kreditentscheidung zu fällen. Die Geschäftsführer der AB GmbH übergaben S die im Betrieb geführte Buchführung, die Lohnbuchführung und alle sonstigen erforderlichen Unterlagen und Verträge. Das Vorratsvermögen bestand lediglich aus Büromaterial und war von untergeordneter Bedeutung. Bei der Durchführung der auftragsbezogenen Arbeiten ergaben sich folgende Besonderheiten: Die von einer angelernten Buchhalterin erstellte Buchführung wies erhebliche Mängel auf, so dass die gesamte Finanzbuchhaltung überarbeitet werden musste. Leider konnten nicht alle aufgetretenen Mängel beseitigt werden. Die aufgetretenen Differenzen bei der Abstimmung der Lohnbuchführung mit den Personalkosten in der Finanzbuchführung konnten nicht vollständig aufgeklärt werden. Die Abstimmung der Debitoren konnte nur rechnerisch erfolgen, wobei ca. 100 Korrekturbuchungen notwendig wurden. Die Korrekturbuchungen konnten zum Teil nicht sachlich begründet werden. Bei der Bewertung der Außenstände, insbesondere von Auslandskunden, mussten aus Gründen der Vorsicht erhebliche Wertberichtigungen vorgenommen werden. Bei den Rückstellungen und Verbindlichkeiten konnten ebenfalls nicht alle Positionen endgültig geklärt werden, so waren Rechtsstreitigkeiten wegen Lizenzen, die das Unternehmen nutzt, noch nicht abgeschlossen und die Tragweite von verlorenen Prozessen nicht absehbar. Weiterhin bestanden grundlegende Mängel in der Buchführung wie Fehlen von Belegen zu den Buchungen, Fehlen von Dokumentationen von Umbuchungen, Unklarheiten bei Zuordnung von Kosten zu Investitionsgütern oder laufendem Aufwand usw. Lösung: Für die Honorarberechnung ergeben sich folgende Berechnungsgrundlagen: Bilanzsumme betriebliche Jahresleistung Zeitaufwand für Überarbeitung der Buchführung Durchführung der Jahresabschlussprüfung und Erstellung des Prüfungsberichts © IWW-Institut 970.000 EUR, 4.860.000 EUR, 60 Stunden. 120 Stunden. IWW Online-Service Die Leistungen berechnet Steuerberater S wie folgt: Aufstellung eines Jahresabschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1a StBGebV Gegenstandswert: 2.915.000,00 EUR Abschlussvorarbeiten gem. § 35 Abs. 3 StBGebV – Zeitgebühr – gem. § 13 StBGebV Durchführung einer handelsrechtlichen Prüfung einschl. Erstellung des Prüfungsberichts gem. § 612 BGB – Zeitgebühr – 25/10 Tab. B 3.602,50 EUR 60 Std. x 65 EUR 3.900,00 EUR 120 Std. x 100 EUR 12.000,00 EUR 19.502,50 EUR Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. § 16 StBGebV Gesamtsumme 60,00 EUR 19.562,50 EUR Bei diesem Sachverhalt sind Abschlussvorarbeiten berechenbar, auch wenn anschließend eine Prüfung des Jahresabschlusses erfolgt. Steuerberater S erteilt folgende Bescheinigung: Musterformulierung: „Vorstehender Jahresabschluss wurde von mir auf der Grundlage der Buchführung und des Inventars der Firma AB GmbH unter Beachtung der handelsrechtlichen Vorschriften und des Gesellschaftsvertrags erstellt. Ich habe mich von der Ordnungsmäßigkeit der zu Grunde liegenden Buchführung und des Inventars überzeugt.“ Diese Bescheinigung wurde von dem Kreditinstitut gefordert und S hat sie auch entsprechend ausgestellt. Auf Grund des vorliegenden Sachverhalts liegt jedoch offenbar keine Ordnungsmäßigkeit der Buchführung vor, so dass die Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit zumindest eine grob fahrlässige Handlung des S sein kann. Die Folge: Im Schadenfall haftet S gegenüber dem Kreditinstitut, insbesondere deshalb, weil er im Vorfeld über die Bedeutung seiner Bescheinigung für das Kreditinstitut informiert worden war. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung nicht eintreten wird. Praxistipp: S hätte in diesem Fall eine Bescheinigung erteilen müssen, aus der hervorgeht, dass erhebliche Mängel in der Finanzbuchführung festgestellt wurden und eine Ordnungsmäßigkeit daher nicht bestätigt werden konnte. Musterfall 7 Sachverhalt: Die Urologen Dr. A und Dr. B führen eine Gemeinschaftspraxis und erteilen dem Steuerberater S den Auftrag, aus der von S erstellten Buchführung eine EinnahmenÜberschussrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG für Zwecke der Kreditaufnahme bei dem Kreditinstitut zu erstellen und die hierfür erforderliche Bescheinigung zu erteilen. S führt die Arbeiten aus und muss vor Fertigstellung nicht unerhebliche Vorbereitungsarbeiten durchführen, weil das Grundstück, in dem die Gemeinschaftspraxis geführt wird, Dr. A gehört. Die insoweit als Betriebsausgaben zu berücksichtigenden anteiligen Grundstückskosten © IWW-Institut IWW Online-Service einschließlich der Finanzierungskosten waren in der laufenden Buchführung nicht erfasst worden. Weiterhin ergaben sich zusätzliche Arbeiten hinsichtlich im Jahr 2001 durchgeführter Investitionen und der damit zusammenhängenden Finanzierungen. Lösung: Für die Berechnung des Honorars ergeben sich folgende Berechnungsgrundlagen: Betriebseinnahmen 2001 Betriebsausgaben 2001 Seine Leistungen berechnet Steuerberater S wie folgt: Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben gem. § 25 Abs. 1 StBGebV Gegenstandswert: 920.000 EUR 920.000 EUR 580.000 EUR 12,5/10 Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. § 16 StBGebV Gesamtsumme Tab. B 1.128,75 EUR 20,00 EUR 1.148,75 EUR Die zusätzlichen Vorarbeiten, die zwar über das übliche Maß hinausgingen, sind allerdings durch die Buchführungsgebühr gemäß § 33 Abs. 1 StBGebV abgegolten, so dass S sie nicht zusätzlich berechnen kann. Für das Kreditinstitut erteilt S folgende Bescheinigung: Musterformulierung: „Vorstehendes Ergebnis wurde von mir auf der Grundlage der von mir geführten Aufzeichnungen, der vorgelegten Unterlagen sowie der erteilten Auskünfte der Dres. A und B als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) unter Beachtung der steuerrechtlichen Vorschriften ermittelt.“ Wären die Aufzeichnungen (Buchhaltung) nicht vom Büro des Steuerberaters S erstellt worden, hätte er die Vorarbeiten gemäß § 25 Abs. 2 StBGebV i.V.m. § 13 StBGebV nach der Zeitgebühr berechnen können. In diesem Fall hätte die Bescheinigung wie folgt gelautet: Musterformulierung: „Vorstehendes Ergebnis wurde von mir auf der Grundlage der vorgelegten Aufzeichnungen und Unterlagen sowie der erteilten Auskünfte der Dres. A und B als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt. Eine Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Unterlagen und Angaben des Unternehmens war nicht Gegenstand des Auftrags.“ II. Erläuterungen Die Anforderungen der Kreditinstitute gemäß § 18 KWG und nach Basel II eröffnen dem Steuerberater zum Teil erhebliche neue Betätigungsfelder, die in der Regel auch gut honoriert werden (vgl. dazu im Einzelnen KP 02, 146 ff., 157 ff., 172 ff.). Allerdings muss dringend darauf hingewiesen werden, dass bei fehlender praktischer und theoretischer Erfahrung insbesondere auf dem Gebiet der Prüfung nach Handelsrecht für den Berufsträger auch erhebliche Risiken bestehen. Auf keinen Fall dürfen Bescheinigungen mit qualifizierter Aussage erteilt werden, wenn weder die erforderlichen Prüfungshandlungen durchgeführt noch die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung oder die Vollständigkeit des Prüfungsstoffes vorlagen. Denn der verständliche Wunsch, das Mandat nicht zu gefährden, darf nicht mit diesen erheblichen Haftungsrisiken „erkauft“ werden. Zum Verfasser: Herr Schwamberger ist Partner der Wirtschaftsprüfer-, Steuerberater- und Rechtsanwaltskanzlei Schwamberger, Kirchner & Partner GbR in Göttingen und Braunschweig. © IWW-Institut IWW Online-Service Wichtiger Hinweis: Der Inhalt ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der in ihm behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen. © IWW-Institut