6. November 2011: 32. Sonntag im Jahreskreis (A) Eine große Hochzeitsparty "Gut gemeint" ist zu wenig Manchmal geht etwas daneben, obwohl es gut gemeint war. Jemand will z.B. jemandem helfen, der andere empfindet das aber als Einmischung in seinen Verantwortungsbereich oder gar in die Privatsphäre. Oder ein gut gemeintes Wort kommt beim Gegenüber in die falsche Kehle. "Gut gemeint" ist sehr oft das Gegenteil von gut. Die gute Absicht kann zwar als Entschuldigung angeführt werden, sie genügt aber nicht für eine gute Tat. Um etwas Gutes zu einem guten Ende führen zu können, braucht es über die gute Absicht hinaus das nötige "gewusst wie" und Wissen, worauf es ankommt. Im Evangelium erzählt Jesus in einem Gleichnis von zehn Brautjungfrauen, die mit ihren Öllampen auf den Bräutigam warten, um ihm zu leuchten, wenn er kommt. Die Zeit seiner Ankunft ist ungewiss. Einer Hochzeitsfeier gingen damals langwierige Verhandlungen über den Brautpreis und um die Mitgift der Braut voraus. Dies brauchte seine Zeit. Dabei ging es um die rechtliche und wirtschaftliche Absicherung beider Partner und deren Familien. Und lange Verhandlungen bis in den frühen Morgen hoben das Image aller Beteiligten. Die Brautjungfrauen hatten derweilen andere Sorgen. Wer mit den Hochzeitsbräuchen vertraut war, wusste das und hat entsprechend vorgesorgt. Das Besondere an dieser Geschichte sind die fünf Jungfrauen, die unbedarft in die Falle getappt sind und so den entscheidenden Zeitpunkt verpasst haben. Der Bräutigam verfährt sehr hart mit ihnen. Brautjungfern, die mit ihren Lampen irgendwann einmal daherkommen, haben ihre Aufgabe verfehlt und sind überflüssig. Schließlich feiert das Brautpaar Hochzeit und nicht die Brautjungfern eine Party. Was vermag dieser Vergleich über das Himmelreich auszusagen? Zu einer Hochzeit eingeladen zu sein, ist eine Auszeichnung, ein Geschenk, mit dem man angemessen umgehen muss. Wer mit einer solchen Einladung so leichtfertig umgeht wie die törichten Brautjungfern, nimmt die Gastgeber nicht ernst. Die Frohe Botschaft vom Himmelreich ist für Jünger und Jüngerinnen Jesu ein großartiger Glücksfall wie die Einladung zu einer bedeutsamen Hochzeit. Und es erhebt sich die Frage: wie gehen wir mit einer solchen Einladung um? Offenbar hat es unter den Jüngerinnen und Jüngern Jesu der Anfangszeit Frauen und Männer gegeben, die den Ernst einer entschiedenen Nachfolge nicht erkannt haben, nicht aus Bosheit oder Lauheit, eher aus einer naiven Gedankenlosigkeit heraus. Diese bleibt allerdings nicht ohne Folgen. Was machen wir falsch? Gegenwärtig erleben wir in Europa eine religiöse Krise, die vielen gläubigen und kirchlich engagierten Christen großes Kopfzerbrechen bereitet. Immer wieder begegnen mir besorgte Eltern oder Großeltern, die sich fragen: was haben wir falsch gemacht, dass unsere Kinder und Enkelkinder mit dem christlichen Glauben nichts mehr anfangen können? Oft betonen sie, dass diese in den übrigen Lebensbereichen durchaus tüchtig und anständig seien und man nicht behaupten könne, sie seien auf eine schiefe Bahn geraten. Wie konnte den fünf Mädchen im Gleichnis der verhängnisvolle Fehler passieren? In meinen Augen sind sie einfach naiv und niemand hat ihnen gesagt, worauf es ankommt. Sie haben nicht begriffen, worum es bei dieser Einladung geht. Sie erwarteten vermutlich eine Hochzeit mit allem drum und dran und dem entsprechenden Spaßfaktor. Und sie freuten sich über die Chance dabei zu sein. Sie haben nicht begriffen, dass es um mehr als eine Party ging, dass ihre Einladung Ausdruck einer besonderen Beziehung zum Bräutigam, bzw. dem Brautpaar war. Ihre Teilnahme war "gut gemeint", sie haben aber nicht in der vollen Tragweite ihre Bedeutung erkannt und waren daher auch nicht ausreichend vorbereitet. Worauf es ankommt Die Religionssoziologen wie etwa Prof. Paul Michael Zulehner werden nicht müde zu erklären, dass die Menschen der Gegenwart an religiösen Themen interessiert seien und dass ein gewisser Hunger nach Spiritualität bestehe. Gleichzeitig stellen sie klar, dass die meisten dieses Bedürfnis nicht mit den Angeboten der traditionellen Kirchen stillen wollten. Was machen wir falsch? Was haben wir als Eltern, bzw. als Seelsorger versäumt zu vermitteln? Wir machen Werbung für alle möglichen religiösen Veranstaltungen. Mit unseren vielfältigen Angeboten sind wir auf dem Merkt der Religionen gut aufgestellt. Es fehlt uns nicht an Engagement und Professionalität. Wir bieten etwas für alle Geschmäcker: Großveranstaltungen, etwas für kleine Gruppen, Frommes, weniger Frommes, indirekt Frommes, Zeitgeistiges... Alles "gut gemeint" und auch gut gemacht. Natürlich gibt es bei allem Gebotenen auch irgendwo einen "Bräutigam", sonst wäre es ja keine Hochzeit. Aber wie vielen geht es wirklich um den "Bräutigam" Jesus Christus? Sind wir uns bewusst, dass wir von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, dem Herrn der Welt, eingeladen sind, weil wir ihm so viel bedeuten? Und tragen wir dieser Auszeichnung entsprechend Rechnung? Es geht um mehr als eine Party zu schmeißen, von der alle noch lange reden werden, um mehr als ein gehöriges Abfeiern mit allen Registern, die eine so große Religion wie unsere bieten kann. Es geht um unsere Beziehung zu Jesus Christus. Und es heißt wachsam zu sein, dass wir diese Chance nicht verkennen und verspielen. Die klugen und die naiven Brautjungfern sind wir selbst. Wenn wir zu den klugen gehören wollen, müssen wir uns beizeiten klar werden, worauf es in unserer Gottesbeziehung ankommt. Copyright 2011 Hans Hütter