1. März 2009: 1. Fastensonntag (B) Leben mit Symbolen Der bekannte Benediktinerpater Anselm Grün schreibt in seinem Buch: "Dem Alltag eine Seele geben" über den Wahlspruch des Hl. Benedikt "Bete und Arbeite": "Diese Devise meint, dass mir Gott mitten im Alltag begegnet, dass die Art und Weise meiner Arbeit anzeigt, ob ich aus der Quelle des Heiligen Geistes lebe oder aus anderen Quellen. Wie ich mit den Dingen umgehe, zeigt meine Spiritualität. . ." Das Symbol des Regenbogens Unsere heutige Lesung aus dem Buch Genesis bietet zu dieser Aussage eine besondere Illustration. Die Sintflut ist vorüber, und Gott spricht zu Noach: "Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde." Der Regenbogen wird also zum Bundeszeichen erklärt. Nun weiß heute jeder, daß der Regenbogen mit physikalischer Notwendigkeit überall entsteht, wo Regen und Sonne zugleich auftreten, so dass wir getrost annehmen dürfen, dass es den Regenbogen schon vor Noah, ja seit Milliarden von Jahren schon gibt. Doch der Schrift nimmt nun diese längst bekannte Erscheinung der zauberhaften Schönheit des Regenbogens und macht daraus ein Symbol. Im Regenbogen kann der Mensch eine Verdichtungsstelle der Schöpfung erkennen, in welcher die Welt durchsichtig wird für die Schönheit, Weisheit und Güte ihres Schöpfers. Die Hl. Schrift sieht in allen Dingen, die ich sehe, erlebe, mit denen ich umgehe, nicht nur ihre platte, vordergründige Gegenständlichkeit, sondern immer auch ihr Herkommen aus der Hand Gottes. Anders ausgedrückt: Alle Dinge können zu Symbolen werden, zu Zeichen, die hinüberweisen auf den göttlichen Schöpfungsgrund. Die Schrift ist voll von Symbolen So macht die Schrift nicht nur den Regenbogen zum Symbol, sondern ist übervoll von Symbolbildungen: Jerusalem, die Stadt Gottes, ist ein Hinweis auf die ewigen Wohnungen Gottes, Der Frühregen ist ein Zeichen der Gnade, die Zedern des Libanon verkünden: Der gotterfüllte Mensch wankt nicht unter den Schlägen des Schicksals und Fährnissen des Lebens. Das lebendige Wasser ist Sinnbild der Kraft Gottes, aus der wir leben. All diese Symbole und Zeichen - und das ist entscheidend - sind Symbole des biblischen Alltags, die auf Schritt und Tritt begegnen, nicht solche der besonderer Situationen. Christliche Symbolik des Alltags Genau diese Haltung, Gott in den Dingen, die täglich vorkommen, zu sehen, zeigt die ganze Geschichte der christlichen Frömmigkeit, die Geschichte des christlichen Brauchtums. In einer landwirtschaftlich geprägten Kultur, wie sie bei uns bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein bestand, an manchen Stellen weiter, sogar bis nach dem Zweiten Weltkrieg, hörten die Menschen nicht nur am Sonntag in der Predigt von Gott, nein, ihr Tagewerk, ob in Feld und Wald, Küche oder Werkstatt, war begleitet von Symbolen der Gegenwart Gottes. Das Samenkorn, das in die Erde gesenkt wird, das Wachsen der Saat, das Unkraut, die Ernte, all diese Dinge und Geschehnisse erinnerten an die Bilder und Gleichnisse der Hl. Schrift und sprachen von göttlicher Nähe. Der Glaube erwachte nicht erst in den Tagen schwerer Schicksalsschläge und Heimsuchungen, sondern umgekehrt konnten diese Grenzsituationen durchgetragen werden in der Kraft des Glaubens, der von den göttlichen Zeichen der alltäglichen Tätigkeiten genährt wurde. Symbolik in einer technischen Welt Nun wird man vielleicht einwenden: Ja freilich, früher, in der altbäuerlichen Welt, da umstand ja die Natur den Menschen, die unmittelbare Schöpfung Gottes. Da war es nicht schwer, Gottes Zeichen zu finden. Aber heute, im Zeitalter der Technik, wo uns nur noch menschliches Werk, menschliches Gemächte umgibt, ist die Welt nicht mehr so durchsichtig auf Gott hin. Wirklich nicht? Waren der Tempel und die Stadt Jerusalem ein Werk der Natur und nicht vielmehr technisches Menschenwerk. In der lauretanischen Litanei wird Maria genannt: Starker Turm Davids, Pforte des Himmels, Arche des Bundes. Turm, Pforte, Arche sind menschliche und für damalige Zeiten hochtechnische Gebilde. Die zentralen Symbole der Gegenwart Christi in der Hl. Messe, Brot und Wein, sind keine unmittelbar gegebenen Naturdinge, sondern Produkte weit fortgeschrittener Agrar- und Handwerkstechnik. Wir denken nur zu wenig nach, um auch in unserer heutigen technischen Welt Gottes Zeichen seines Wirkens wahrzunehmen. Zwei Beispiele Wenn wir das Licht einschalten, oder den Computer oder die Waschmaschine, so ist es doch der elektrische Strom, der alles funktionieren läßt. Dieser aber ist eine der vier Urkäfte der Schöpfung. Im elektrischen Strom ist uns deshalb die Entstehung der Welt vor 14 Milliarden Jahren unmittelbar nahe, damit aber auch der, der diesen Hintergrund der Welt in zeitloser Schöpferhand trägt und erhält. Das momentan liebste Kind der Technik, das Handy, arbeitet mit unsichtbaren Funksignalen,. Diese elektromagnetischen Wellen gibt es seit Erschaffung der Welt, aber bis vor 200 Jahren hatte kein Mensch von diesem Wellenmeer jenseits des sichtbaren Lichts eine Ahnung davon. So kann uns dieses technische Spielzeug daran erinnern, wie viel Kräfte und Wirklichkeiten uns schon im irdischen Bereich umgeben, die wir direkt nicht sehen und wahrnehmen können. Können da nicht auch noch ganz andere Wirklichkeiten, göttliche Wirklichkeiten am Werk sein, deren Sein sich unserem Nachdenken erschließt. Die Schwierigkeiten der Gegenwart Die Christen haben freilich zu spät erkannt oder erkennen es heute noch nicht, dass die Welt der bäuerlichen Symbolik nicht mehr die unseres Alltags ist. Die Christen müssen durch ihre Nachdenklichkeit im Alltag den Dingen wieder neue Symbolkraft geben. Freilich wird sich mancher abwenden und sagen: Schaut euch doch an, wie lieblich ein reifes Feld ist, oder das Samenkorn in der Hand. Dagegen diese ganzen technisch-maschinellen Scheußlichkeiten. Aber wir schauen die vergangene bäuerliche Welt heute mit sehr verklärenden, romantischen Augen an. Das Samenkorn, das wogende Ährenfeld und der Pflug, das bedeutete härteste Arbeit. Trotzdem erwuchs daraus Frömmigkeit und Glaube. So ist es heute die Aufgabe in hartem Nachdenken in den Dingen des Alltags ihren göttlichen Hintergrund wieder sichtbar zu machen. "Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde", hieß es in der Lesung. Nicht nur den Regenbogen sondern zahllose andere Zeichen setzt Gott in die Welt um uns an ihn und unser eigenes Menschsein zu erinnern. Wir sind aufgefordert, diese Zeichen zu lesen. Copyright 2009 Franz Burgey