Prof. Dr. Maria Mies

Werbung
Prof. Dr. Maria Mies
Blumenstrasse 9
50670 Köln
0221-135249
Fax: 0221- 1391737
betrifft: Auftaktaktion zum Vereinigten Weltweiten Protesttag gegen Agro-Gentechnik in Düsseldorf am 7. 4.
2006
Positionspapier
Köln 28. 3. 06
Ich unterstütze die Presseeinladung zum Vereinigten Weltweiten Protesttag gegen Agro-Gentechnik in
Düsseldorf am 7. 4. 2006 und stelle meine Ablehnung von GVO mit den nachfolgenden Texten dar:
1) Mein Einspruch gegen Freisetzung von gentechnisch manipulierten Kartoffeln:
An das Amt
Für Umwelt und Verbraucherschutz
der Stadt Köln
Stadthaus
Willi-Brandt-Platz 2
50670 Köln
Köln, den 20.März 2006-03-20
Betr.: Einspruch gegen Freisetzung von gentechnisch manipulierten Kartoffeln
Sehr geehrte Damen und Herren!
Hiermit erhebe ich Einspruch gegen die Freisetzung gentechnisch manipulierter Kartoffeln der Sorte
"Desiree" durch die Universität Köln.
Mein Einspruch beruht auf folgenden Begründungen:
Gentechnisch veränderte Kartoffeln, die einen höheren Ertrag erbringen sollen, sind weder aus ökonomischen
noch aus wissenschaftlichen Gründen notwendig. Es ist wissenschaftlich längst erwiesen, dass der Hunger in
der Welt nicht durch mangelnde Produktivität der Pflanzenverursacht wird, sondern durch eine falsche
Landverteilung und andere soziale Faktoren.
Außerdem ist auch bekannt, dass die Langzeitfolgen gentechnisch manipulierter Nutzpflanzen für Menschen
Tiere und das Ökosystem in keiner Weise absehbar sind. Und wie bei der Atomtechnologie sind die Risiken
der Genmanipulation weder kontrollierbar noch rückholbar.
Insbesondere die eingeschleusten Antibiotikaresistenzen bergen ein hohes Risiko für Mensch und Tier. Hier
muss auch die "Terminatortechnologie" erwähnt werden, die Pflanzen gentechnisch so verändert, dass sie
zwar als Nahrungsmittel schädlingsfrei sind, aber für die Fortpflanzung sterilisiert werden. Diese Sterilität
kann durch Pollenflug und Gentransfer auf alle umliegenden Pflanzen übertragen werden, was in kurzer Zeit
zu einer toten Umwelt führen kann.
Es ist naiv zu glauben, dass diese Sterilisierung von Pflanzen nicht auch einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit
der Menschen haben kann.
Vor allem aber ist die Freisetzung angesichts der Tatsache, dass 80-90% der Menschen gegen gentechnisch
manipulierte Nahrung sind, in einem demokratischen Gemeinwesen ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen.
Zwangskonsum verstößt gegen das Recht auf freie Wahl der Nahrung, vor allem, wenn die Alternativen
praktisch vernichtet werden.
Im Übrigen unterschreibe ich voll und ganz die Argumente gegen die Freisetzung von Herrn Dr. Peter von
Dohlen (s. Anhang).
Prof. Dr. Maria Mies
2.) das oben zitierte Gutachten von Dr. Peter von Dohlen
Dr. Peter von Dohlen Werderstrasse 19 86159 Augsburg 0821/575857
Zum Freisetzungsvorhaben von gentechnisch veränderten Kartoffelpflanzen der Sorte "Desiree" durch die
Universität in Köln.
Es gibt weder eine wirtschaftliche noch eine. wissenschaftliche Notwendigkeit für die Durchführung der o. g.
Freilandversuche, es ist im Gegenteil zu befürchten, dass durch den Versuch Gene freigesetzt werden, die
unkontrollierbare Folgen für das ökologische Gleichgewicht und die Gesundheit von Mensch und Tier haben
können.
Die eingeschleusten Gene greifen fördernd in den Energiestoffwechsel der Kartoffelpflanze ein und sollen zu
höheren Erträgen und einem höheren Stärkegehalt führen. Es ist nicht auszuschließen, dass durch den
Eingriff in den Energiestoffwechsel auch andere (unerwünschte oder schädliche) Inhaltsstoffe gebildet
werden. Außerdem ist zu befürchten, dass durch Auskreuzen oder horizontalen Gentransfer in andere
Organismen Prozesse ablaufen, die zu Schädigungen der Ökosysteme oder der Gesundheit von Mensch und
Tier führen. Solche Veränderungen wären nach einem Transfer in andere Organismen nicht mehr reversibel
und würden sich unkontrollierbar verbreiten.
Dasselbe gilt für die mit eingeschleusten Antibiotikaresistenzgene, die als Selektionsmarker dienen.
Antibiotikaresistenzen spielen heute schon in der Tierzucht und in der Humanmedizin eine gefährliche Rolle.
Die Verwendung von Antibiotika in der Tiermast hat die Anzahl von antiblotikaresistenten Organismen stark
zunehmen lassen, was bei der Infektabwehr zu immer größeren Problemen führt. Eine zusätzliche
Freisetzung von Resistenzgenen ist daher nicht verantwortbar.
Es existieren in der gentechnischen Forschung keine Risikoanalysen. die negative Konsequenzen durch einen
unerwünschten Gentransfer ausschließen können. Daher ist jede Freisetzung von transgenen Organismen
heute ein hohes Risiko.
Wägt man dieses Risiko gegen einen möglichen wirtschaftlichen Nutzen des Versuchs ob, so ist eindeutig
vor der geplanten Freisetzung zu warnen, da die Risiken nicht kontrollierbar sind und niemals wegen eines
eventuellen wirtschaftlichen Nutzens eingegangen werden dürfen.
Peter von Dohlen
und 3.) Text meiner Rede beim ABIC-Kongress, Köln 2004. Er ist in unserem Infobrief Nr. 17 (Gen-Food –
Nein Danke) erschienen. (Dort sind noch viele andere relevante Texte drin):
Berichte und Analysen
Wozu brauchen wir das alles?
Rede am Aktionstag gegen die ABIC am 13. September 2004 in Köln
von Maria Mies
Maria Mies, emeritierte Soziologieprofessorin ist eine langjährige Aktivistin im Kampf gegen die neoliberale
Globalisierung, insbesondere gegen die Gentechnik. Sie ist Mitbegründerin des ersten internationalen
Frauennetzwerkes gegen Gen- und Reproduktionstechnik, gegründet 1985 und hat in vielen ihrer Publikationen
auf die Gefahren der Gentechnik hingewiesen. 1996 gründete sie mit Vandana Shiva das globale Netzwerk
„Diverse Women for Diversity“, das sich weltweit für den Erhalt der kulturellen und biologischen Vielfalt
einsetzt. Zudem hat sie die Gegenkonferenz und die Protestaktionen während der ABIC- Konferenz (12.-13.
09.04) mit initiiert. Es folgt ihr Redetext bei der Anti-ABIC-Kundgebung am 13.September 2004 in Köln.
Ich möchte anfangen mit einem Satz, den ich damals, 1985 bei unserem ersten Anti-Gen-Kongress in Bonn
schon geprägt habe. Er heißt: „Wozu brauchen wir das alles?“ Und gestern Abend fragte eine Schülerin die
versammelten ABIC-Wissenschaftler und Konzernchefs dasselbe: „Wozu brauchen wir das alles?“ Und sie
haben keine Antwort auf diese, Frage.
Sie hatten und haben keine Antwort darauf. Sie wiederholen seit Jahren immer nur dieselben StandardArgumente: „Wir müssen den Hunger in der dritten Welt bekämpfen.“ Oder: „Gentechnik ist absolut
ungefährlich, ihr habt überhaupt nichts zu befürchten. Sie wird viele Probleme in der Reproduktion von Menschen, in der Medizin und vor allem in der Landwirtschaft lösen. Alles wird billiger werden. Und außerdem:
Sie wird ja schon überall angewandt und es ist bis jetzt nichts passiert.“ Ferner: „Wir können uns doch nicht
dem technologischen Fortschritt verweigern, sonst ist es aus mit unserem Industrieland.“
Wenn ich jetzt an 1985/86 zurückdenke, da kann ich nur staunen, dass die Befürworter der Gen-Technologie
his heute immer wieder dieselben Mantras wiederholen. Es hat sich überhaupt nichts geändert. Da müssen
wir uns doch fragen: „Was ist hier eigentlich los?“ Denn offensichtlich fruchten alle die Versprechungen
nicht. Von damals bis heute gibt es einen weltweiten Widerstand gegen diese Wundertechnologie. Die
Gentechnikbetreiber haben ein Akzeptanzproblem. Es ist im Laufe der Jahre nicht kleiner sondern größer
geworden.
Als wir 1985 den Kongress machten, haben wir ihn ganz bewusst nicht nur auf die Gentechnik in der
Landwirtschaft beschränkt, denn wir wussten, dass die Gentechnologie die Grenzen zwischen den Arten
überschreitet. Die Gentechnik, die Pflanzen verändert, ist dieselbe Gentechnik, die tierische Organismen
verändert. Es ist. dieselbe Gentechnik, die Menschen verändert und deshalb hatten wir den Slogan geprägt:
„Erst die Kuh, dann du!“
Dieser Slogan ist immer noch richtig. Denn jetzt sind sie dabei, transgene Pflanzen zu erfinden, die
menschliche Gene enthalten. Ja, wozu brauchen wir das alles? Das frage ich. mich heute mehr denn je.
Aber ich muss trotzdem noch etwas dazu sagen, denn es ist ja nicht nur die Bundesregierung, die ein neues
Gentechnik-Gesetz gemacht hat, um die Akzeptanz der Gentechnik zu fördern. Und es ist auch nicht nut die
EU-Kommission in Brüssel, die das Moratorium aufweicht, das bisher verhindert hat, dass gentechnisch
veränderte Pflanzen in Europa angebaut werden. Dahinter steht auch die WTO, die Welt-HandelsOrganisation, bei ihr haben die USA und andere Länder die EU-Kommission verklagt und gesagt: „Wenn ihr
dieses Moratorium weiter aufrecht erhaltet, dann ist das ein Handelshemmnis. Und Handelshemmnisse
dürfen in der neoliberalen globalen Wirtschaft nicht sein. Das muss fallen. Das ist der Grund, warum ABIC
jetzt nach Europa, nach Deutschland gekommen ist. Denn gerade Köln, gerade Nordrhein- Westfalen rechnet
sich mit der Gentechnik, dieser sogenannten Zukunftstechnologie, noch große Chancen aus. So hat auch der
Staatssekretär gestern Abend gesagt: „Wir müssen für Arbeitsplätze sorgen. Wir brauchen Gentechnik als
Zukunftstechnologie, um Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn wir das nicht tun, dann machen das alle Länder
um uns herum und wir haben keinen Wettbewerbsvorteil mehr."
Da sicht man, es sind ökonomische Gründe, es ist der Profit, um den es geht, aber nicht etwa der Hunger in
der dritten Welt, oder die Versorgung der Bevölkerung mit guter Nahrung. Das sind die wahren Gründe für
die Offensive der Gen-Konzerne in Europa. Wenn man allerdings solche Argumente anbringt, bekommt man
entweder keine Antwort oder man sagt: „Ja Ihr seid ja alle irrational. Ihr wisst ja nicht Bescheid über die
Technik, ihr seid nicht informiert. So ist es auch unserem Kollegen auf dem Podium gestern Abend
gegangen, dem Herrn Afsar H. Jafri aus Indien. Als er erzählte, was in Indien los ist bei den Bauern, hat
man ihm einfach gesagt: „Sie sind ignorant.“ Stellen Sie sich das vor!
Es ist wirklich Zeit, dass jetzt die Bevölkerung aufsteht und NEIN zu Genfood sagt. Ich vertraue nicht darauf,
dass die Politiker sich ändern. Ich vertraue nicht darauf, dass die Wissenschaftler etwas ändern. Ich hoffe auf
die Leute, die betroffen sind, die nachher das Gen-Zeug essen müssen und die Bauern, die es anbauen
müssen. Wenn sie alle NEIN zu Gen-Food sagen und ihre Nahrungssouveränität verteidigen, kommen die
Monsantos und Co nicht durch.
[Bild]
Alle wissen, auch die Herren da oben wissen, dass die Leute Gen-Nahrung nicht wollen. Achtzig bis neunzig
Prozent der Menschen wollen die Gentechnik nicht. Gestern Abend bei der Podiumsdiskussion habe ich die
Frage gestellt: „Wir leben angeblich hier in einer globalen freien Marktwirtschaft, nicht wahr? In einer
solchen „freien“ Marktwirtschaft herrscht das Dogma, dass Angebot und Nachfrage den Markt bestimmen.
Wenn also achtzig his neunzig Prozent der Konsumenten in Deutschland und in Europa Gentechnik nicht in
ihrer Nahrung haben wollen, warum hören Sie denn dann nicht auf, sie zu produzieren? Da ist doch kein
Markt!“
Auf diese Frage hatten die Herren keine Antwort. Auch der Staatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium
von Nordrhein-Westfalen hatte keine Antwort. Aber sie waren sehr, sehr beunruhigt. Besonders der
Staatssekretär. Denn die Regierung von NR W will die Gentechnik zur Zukunftstechnik des Landes machen,
u. a. mit der Begründung, so würden neue Arbeitsplätze geschaffen. Später sprach dort auch noch der
Biobauer, Lothar Gothe: er hat genau diese Frage von einer anderen Seite hergestellt: „Wozu brauchen wir
Produzenten, wir Bauern diese Gentechnik? Die Bauern wollen die Gentechnik nicht, die Konsumenten wollen sie nicht. Wieso wird sie denn dann gemacht?“
Mir ist klar geworden: besonders seit der neuen Offensive, die die Monsantos, die Syngentas, Bayer, andere
Agro-Biokonzerne und die ihnen hörigen Regierungen jetzt in Europa starten wollen: „Wenn das Volk nicht
will, muss es eben gezwungen werden“. Zwar nicht durch Polizeigewalt, aber durch das, was wir seit Johan
Galtung, der diesen Begriff geprägt hat, Strukturelle Gewalt nennen. Wir werden Zwangskonsumenten. Wir
werden aber auch Zwangsproduzcnten, die Bauern werden zu Zwangsproduzenten gemacht. Wenn das
durchgeht, was die Herren in ihren Programmen haben, werden wir nichts anderes mehr in unseren
Supermärkten finden als Genfood. In allen möglichen Vermischungen. Besonders auf dem Hintergrund
eines globalen Marktes. Denn wie will man kontrollieren, wie will man kennzeichnen, wenn irgendwo auf
der Welt Gen-Soja angebaut. und hierher imponiert wurde und in irgendein Nahrungsmittel vermischt wurde? Das ist praktisch nicht möglich. Es ist also Betrug, wenn die Bundesregierung sagt: „Wir kennzeichnen
hier alles und dann wisst Ihr Bescheid und könnt wählen, ob Ihr Gen-Nahrung nehmt oder nicht“. Jeder weiß,
dass das ein Bluff ist. Praktisch wird das nicht so funktionieren.
Also, die strukturelle Gewalt ist einmal der große, globale Markt, der nicht mehr zu kontrollieren ist. Das
zweite ist, dass gentechnische Veränderungen so sind, dass sie nicht rückholbar sind, genau wie die
Atomenergie. Was einmal verseucht wurde, ist für alle weiteren Generationen verseucht. Das wissen wir
seit Tschernobyl, Und genauso ist es mit der Genmanipulation von Pflanzen. Wenn das fremde Gen einmal
drinnen ist in dem Pflanzensystem, dann ist es drin. Und dann kann es nicht mehr „repariert“ werden. Auch
das ist eine Form von struktureller Gewalt.
Also, ich denke, wir haben es damit zu tun, dass die großen Konzerne, die auf Teufel komm raus diese
Technologie als Zukunftstechnologie anpreisen und sie jetzt in Europa endlich durchsetzen wollen, dass die
irgendwie einen Markt haben müssen. Das wurde gestern Abend bei der Podiumsdiskussion auch sehr
deutlich: Wir haben sie sehr verunsichert, als wir sagten: „Es gibt keinen Markt hier, für Eure Produkte.“
Das ist die Grenze, .an die sie stoßen.
Maria Mies
Herunterladen