14. Dezember 2014: 3. Adventsonntag (B) Freude – mitten im Advent Gaudete! Freut euch ! Wie doch der dritte Advent klingt! Gaudete, gaudete! Christus est natus ex Maria virgine, gaudete! Freut euch, freut euch! Christus ist geboren von der Jungfrau Maria, freut euch! Der dritte Advent wagt sich schon einmal mutig vor - oder lässt sich besonders fröhlich aus einer anderen Welt stimmen. Noch warten wir. Noch klagen wir. Noch werden wir zur Umkehr gerufen. Noch! Mitten im Advent. Aber der Ton ist schon da und wird immer lauter. Gaudete! Gaudete! Christus est natus - Christus ist geboren. Es ist ein schönes Lied. Dieses "Gaudete!" 1582 wird dieses Lied in einer finnisch-schwedischen Liedersammlung erstmals veröffentlicht. In ihm heißt es: Die Zeit der Gnade ist gekommen, was wir uns gewünscht haben; demütig wollen wir Lieder der Freude singen. Lieder der Freude singen! Paulus schreibt: "Freut euch im Herrn allezeit", Gaudete in Domino semper (Phil. 4,4) Rückblick Schauen wir einmal zurück! Ich sehe, wie sich der Prophet Jesaja hinstellt und eine Predigt hält, in der die Worte nur so sprudeln. Die Situation - unter uns - ist armselig und bedrohlich. Wie haben sich die Menschen auf einen Neuanfang gefreut, der ihnen nach langer Zeit des Exils zuteil geworden war - aber jetzt überwucherten alltägliche Sorgen ihre Gedanken, nehmen ihre Herzen gefangen, machen sie kleinlaut und missmutig. Die Gesichter sind gezeichnet. Längst hat sich wieder Bitterkeit über die Hoffnungen gelegt. Es geht auch alles so furchtbar langsam - und mühsam. Jesaja aber erzählt von Gewändern des Heils, von Mänteln der Gerechtigkeit, von Brautschmuck. Träumt Jesaja? Will er die Realität nicht sehen? Es ist eher das Unheil, das sich breitmacht, die Ungerechtigkeit, die Enttäuschungen zurücklässt (und Gewinner!) - schmucklos, ohne jede Zierde, ohne Spitze. Speckig, dreckig sind Hosen und Hemden, Röcke und Jacken - Spuren harter Arbeit. Aber Jesaja lässt sich nicht beirren. Sein Vertrauen ist in Gott fest gegründet. Er nimmt ihm beim Wort. "Von Herzen will ich mich freuen über den Herrn. Meine Seele soll jubeln über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt." - Das sind Bilder, umwerfende Bilder, die von einer Hoffnung erzählen, die jedem Tag eine neue Würde geben, jedem Anfang ein Ziel, jeder Mühe einen Glanz. Er kleidet mich! Er hüllt mich! Diese Hoffnung - und Erfahrung - darf verkündigt werden. Mutig und trotzig. Manchmal ist auch Jesaja zum Weinen zumute. Aber Heulen verändert die Welt nicht. Jesaja erzählt dann auch, was ihm aufgetragen ist: "Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung, damit ich ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe." In dem Lied "Gaudete!" heißt es in der dritten Strophe: Gott ist Mensch geworden, während sich die Natur wundert; die Welt ist erneuert worden, indem Christus regiert. Vorschau Als Jesus in Nazareth seine sogenannte Antrittspredigt hielt, bezog er sich ganz und gar auf Jesaja. Es war, als ob ihm seine Worte in den Mund gelegt waren. Heute, sage Jesus dann, ist dieses Wort erfüllt vor euren Ohren. Heute! Erstaunt schauen die Menschen auf ihn. Seine ehemaligen Nachbarn, die Kinder, mit denen er spielte, die Leute, die jeden Tag seine Wege kreuzten. Nazareth war ein Nest. Aber in dieser kleinen Welt, in der die großen Nachrichten nur mit Verzögerung ankommen, wird die Botschaft des Propheten in den Worten - und Taten! - Jesu lebendig. Zerbrochene Herzen werden heil! Schuldige werden frei! Verlorene werden gefunden! Übrigens: Gnadenjahr heißt, dass selbst Schuldverhältnisse und Schuldverpflichtungen ohne neue Vereinbarung an ein Ende kommen - alle, alle (!) sollen noch einmal neu anfangen. Die, die etwas besitzen und die, die nicht mehr mitkommen - die, die etwas zu sagen haben und die, die sich nicht mehr trauen, etwas zu sagen. Herren, die Knechte, die Großen, die Kleinen... Alle, alle sollen noch einmal neu anfangen. Das Gnadenjahr öffnet Geschichte - meine Lebensgeschichte auch. Nichts soll mehr Verhängnis sein. Es gibt gnädige Schnitte und gnädige Schritte. Johannes, die Stimme, die in der Wüste ruft Im Evangelium, das wir heute hören, begegnet uns Johannes. Johannes, der Täufer. Er spielt leidenschaftlich die Rolle des Wegbereiters, des Vorläufers - und weist ständig von sich weg. Sie - die Leute - fragten ihn: Was bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. Da fragten sie ihn: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst du über dich selbst? Er sagte: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat. Die Wüste ist nicht zufällig der Ort, an dem diese Worte erklingen. Wüste, das ist unwegsames Gelände. Wüste steht für karge Zeit. Wüste ist schier endlos. Aber der Horizont! Einen so schönen, weiten, überwältigenden Horizont gibt es nur in der Wüste. Es ist, als ob hier die Welt neu aufgeht. Neu anfängt. Der Evangelist erzählt im Vorspann dieser Wüstengeschichte: Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht. Das ist es! Darauf kommt es an! Das Licht braucht Zeugen. Das Licht braucht Johannes. Das Licht braucht mich. Das taucht das Bild wieder auf von den Menschen, die - wie es im Evangelium später heißt - mühselig und beladen sind. Advent Heute ist der dritte Advent. Ein mutiger Tag! Ein fröhlicher Tag! Unsere Klagen und Sorgen bringen wir in den Fürbitten vor Gott. Ihm erzählen wir von dem Elend der Flüchtlinge, der Gejagten, der Hoffnungslosen. Ihm befehlen wir die Menschen, die mutig sind und sich ihrer annehmen. Unser Mitleiden, unser Bitten braucht Mut. Den Mut, der von Gott kommt und zu ihm zurückführt. In der letzten Strophe des Liedes "Gaudete!", "Freuet euch!" heißt es: Daher soll unsre Gemeinde schon auf Erden Preislieder singen, unseren Herrn preisen; Heil unserem König! Diese Freude steckt sozusagen einen Horizont ab. Einen Horizont auch für die vielen Probleme, die uns heute verfolgen, in Unruhe versetzen, uns Angst machen. Dass Jesus Mensch wird, geboren aus der Jungfrau Maria, macht ihn wehrlos in dieser Welt - in seiner Barmherzigkeit und Liebe aber zum Herren der Welt. Gaudete, gaudete! Christus est natus ex Maria virgine, gaudete! Freut euch, freut euch! Christus ist geboren von der Jungfrau Maria, freut euch! Copyright 2014 Manfred Wussow