Praktikanten – Volontäre – Auszubildende Arbeitsrechtliche Fragestellungen Lübeck – 21. März 2013 I. Übersicht über besondere Beschäftigtengruppen II. Auszubildende III. Praktikanten IV. Minijobber V. Leiharbeitnehmer VI. Freiberufler VII. Querschnittsphänomene I. Übersicht über besondere Beschäftigtengruppen Gesetzlicher Grundfall: Unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis Azubis Praktikanten Praktikanten Unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis Minijobber Freiberufler Leiharbeit Wer ist Arbeitnehmer? Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages zur Arbeit im Dienste eines anderen verpflichtet ist. II. Auszubildende Azubis Berufsausbildungsverhältnis • rechtliches Sondervertragsverhältnis, ähnlich Arbeitnehmereigenschaft • „kleine“ Arbeitnehmer • Annäherung an Arbeitnehmerstatus • dem Charakter nach befristetes Dienstverhältnis • gesetzliche Regelung durch BBiG Prägender Charakter durch • besondere Fürsorge und Anleitung • beiderseitige Pflicht zur Förderung des Ausbildungszwecks • Arbeitsleistung ggü. Lernleistung nachrangig Dauer der Ausbildung • Startdatum konkret festgelegt • Beendigung spätestens bei vereinbartem Beendigungsdatum • vorzeitige Beendigung bei früherer erfolgreicher Abschlussprüfung Verlängerung der Ausbildung bei Prüfungsversagen • Verlängerung bis zum Abschluss der Wiederholungsprüfung • bis längstens ein Jahr • ein Wiederholungsversuch • muss vom Azubi verlangt werden Inhaltliche Fragen der Ausbildung • Weisungsrecht § 106 GewO • Gliederung durch Ausbildungsordnungen • begleitet von Berufsschulunterricht (bezahlte Freistellung) • Förderungspflicht durch Arbeitgeber durch Zurverfügungstellung aller erforderlichen Arbeitsmaterialien Probezeit in der Ausbildung • unverzichtbar, da gesetzlich vorgesehen • 1 - 4 Monate • während Probezeit ohne Angabe von Gründen jederzeit zum Tagende (schriftlich) beiderseitig kündbar • auch bei Vorbeschäftigung vor Ausbildung wirksam vereinbart • ggf. BR-Anhörung beachten! Kündigung nach der Probezeit • nur noch aus wichtigem Grund = fristlos • Schriftform (§ 623 BGB) • Begründungserfordernis (Festlegung für Prozess) • ggf. Zugang an Erziehungsberechtigte Übernahme am Ende der Berufsausbildung • § 24 BBiG: Weiterarbeit nach bestandener Abschlussprüfung in Kenntnis der Tätigkeit = unbefristetes Arbeitsverhältnis • kein Übernahmeanspruch (Ausnahme: TV, BV, Zusagen) • Übernahme ist Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG • Übernahmenoten sind Auswahlrichtlinen nach § 95 BetrVG Auszubildende zählen nicht • bei der Bestimmung des Schwellenwerts nach § 23 Abs. 1 KSchG Die Ausbildungszeit ist • keine Vorbeschäftigungszeit i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG • häufig Verhandlungsmasse bei der Frage der Betriebszugehörigkeit bei der Berechnung von Abfindungen • str., ob anrechenbare Betriebszugehörigkeitszeit bei der Sozialauswahl Befristung im Anschluss an die Ausbildung: • schriftliche Befristungsvereinbarung vor Rechtsfolgen aus § 24 BBiG • Zeitbefristung grundsätzlich möglich • Sachgrundbefristung § 14 Abs. 1 Ziff. 2 TzBfG 1 x bis zu 1 Jahr Azubi-Streitigkeiten vor dem Arbeitsgericht: • Vergütung von Mehrarbeit • Zahlung aufgrund zu niedriger Vergütung • fristlose Kündigung • nur wenige Klagen • vorgeschaltetes Schlichtungsverfahren § 111 Abs. 2 ArbGG III. Praktikanten Praktikanten Praktikanten • „Praktikant“ ist kein gesetzlicher Begriff • keine gesetzliche Regelung • viele politische Forderungen • Volontäre faktisch identisch zu Praktikanten Praktikanten Praktikant im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses Praktikanten Praktikant im Rahmen eines sonstigen Rechtsverhältnisses Abgrenzungsmaßstab: • Weisungsgebundenheit • Eingliederung in den Betrieb Praktikanten Praktikant im Rahmen eines sonstigen Rechtsverhältnisses • Schülerpraktikanten • Ausbildungsinteressenten • Studienpraktikanten ohne vorrangiges Erwerbsinteresse Kontrollfrage: Sind disziplinarische Maßnahmen bei Fehlzeiten möglich? Praktikanten Praktikant im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses • Studienpraktikanten mit Vollerwerbsinteresse (auch bei paralleler Diplomarbeit) • Schülerpraktikanten mit Erwerbsinteresse in den Schulferien • „Etikettierte“ Praktikanten Kontrollfrage: Sind disziplinarische Maßnahmen bei Fehlzeiten möglich? Wenn Arbeitsverhältnis trotz Bezeichnung als „Praktikant“ alle arbeitsrechtlichen Regeln gelten • Vergütung § 612 BGB • Befristung § 14 TzBfG • Mitbestimmung § 99 BetrVG • Kündigungsschutz § 1 KSchG • u.v.a.m. Vergütung von Praktikanten häufig keine oder nur geringe Vergütung Was ist eine angemessene Vergütung? § 612 BGB – Vergütung (1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Maßstäbe: • Üblichkeit • Berücksichtigung etwaiger Minderqualifikation • Lerncharakter • aber: Probleme bei faktischer Vollarbeit, insbesondere unter Tarifgeltung IV. Minijobber Minijobber Minijob / 450 EUR-Job = • „normales“ Arbeitsverhältnis in Teilzeit • sozial- und steuerrechtliche Sonderbehandlung Häufige Fehler in Behandlung von Minijobs: • keine Urlaubsgewährung • pauschale Urlaubsabgeltung über Stundenlohn • fehlende Betriebsratsanhörung bei Kündigung • „freie“ Beendigungsbehandlung • Nichtzahlung von Mindestentgelten V. Leiharbeitnehmer Leiharbeit Definition Arbeitnehmerüberlassung AÜ ist die im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgende Überlassung von Arbeitnehmern zur Arbeitsleistung an einen Dritten, die dieser nach seinen Vorstellungen und Zielen in seinem Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einsetzt. Beteiligte und deren Rechtsbeziehungen Verleiher Arbeitsvertrag Leiharbeitnehmer Verleihvertrag Entleiher tatsächliche Überlassung Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats bei unbefristetem Einsatz auf einem Dauerarbeitsplatz („Gesetzesverstoß“) Nur-noch-Einstellung von Leiharbeitnehmern zur Personalkostensenkung kann institutioneller Rechtsmissbrauch sein LAG Nürnberg Beschl. v. 19.09.2012 – 17 TaBV 124/11 (Rechtsbeschwerde eingelegt) Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern beim Schwellenwert nach § 23 KSchG – BAG Urt. v. 24.01.2013 – 2 AZR 140/12 Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Bestimmung der Betriebsratsgröße – BAG Beschl. v. 13.03.2013 – 7 ABR 69/11 Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei Schwellenwert für IA und Sozialplan – BAG Urt. v. 18.10.2011 – 1 AZR 335/10 VI. Freiberufler Freiberufler Abgrenzungsmaßstab: • Weisungsgebundenheit • Eingliederung in den Betrieb Standardfall: Freie Mitarbeit vereinbart. Vertrag wird gekündigt, Mitarbeiter klagt auf Grundlage KSchG mit Behauptung, Arbeitnehmer gewesen zu sein. Statusrechtsstreit mit u.U. erhebliche sozialversicherungsrechtlichen Folgen Bekannte Fälle: • Eismann • Hamburg-Mannheimer • Axel Springer • freie Handelsvertreter-Fälle VII. Querschnittsphänomene Befristung von Arbeitsverhältnissen • Zeitbefristung § 14 Abs. 2 TzBfG • Sachgrundbefristung § 14 Abs. 1 TzBfG Teilzeitarbeit • Reduzierungsanspruch § 8 TzBfG • Verlängerung der Arbeitszeit § 9 TzBfG