10 Expertentipps Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Intelligent Ventilation since 1983 Überblick über den Inhalt Die Beatmungsexperten Ösophagealer Druck bei ARDS-Patienten 10 Expertentipps 3 4 5 Tipp 1Ösophaguskatheter bei stark hypoxämischen ARDS-Patienten einführen Tipp 2Den Ballon korrekt positionieren Tipp 3 Okklusionstest durchführen Tipp 4Rekrutierbarkeit der Lunge mithilfe der transpulmonalen Druck/Volumen-Kurve (P/V-Kurve) bei geringem Flow beurteilen Tipp 5Recruitmentmanöver durchführen, um den oberen Grenzwert für den transpulmonalen Druck zu erreichen Tipp 6PEEP einstellen, um einen positiven endexspiratorischen transpulmonalen Druck zu erzielen Tipp 7Negativen endexspiratorischen transpulmonalen Druck vermeiden Tipp 8Wann eine Messung des ösophagealen Drucks NICHT und wann sie nur vorsichtig eingesetzt werden sollte Tipp 9Transpulmonale Tidal-Druckschwankungen unter 15 mbar halten Tipp 10Dasselbe Gerät für das Monitoring des Atemwegsdrucks und des ösophagealen Drucks verwenden 6 7 8 9 11 13 15 16 17 18 P/V Tool für die lungenschonende Beatmung 20 Referenzliteratur23 Impressum24 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 2 Die Beatmungsexperten Dr. Jean-Michel Arnal Oberarzt der Intensivmedizin Dr. Aude Garnero Oberärztin der Intensivmedizin Abteilung Réanimation polyvalente Hôpital Sainte Musse, Toulon, Frankreich Abteilung Réanimation polyvalente Hôpital Sainte Musse, Toulon, Frankreich 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 3 Ösophagealer Druck bei ARDS-Patienten Das akute Lungenversagen (ARDS) ist durch einen Abfall der Atemsystem-Compliance aufgrund einer kollabierten Lunge und/oder eine Verringerung der Brustwand-Compliance gekennzeichnet. Bei der ­maschinellen Beatmung zeigt der Bildschirm des Beatmungsgeräts den Atemwegsdruck, wobei nicht zwischen Lungen- und Brustwandkomponenten unterschieden wird. Die Messung des ösophagealen Drucks, der stellvertretend für den Pleu­ra­druck verwendet wird, ermöglicht die Berechnung des für die Dehnung der Lunge und Brustwand erforderlichen Drucks. Die auf die Lunge ausgeübte Dehnungskraft, auch „transpulmonaler Druck“ genannt, ist der bei einer 5 Sekunden andauernden, endinspiratorischen oder endexspiratorischen Okklusion gemessene Druckunterschied zwischen den Alveolen und dem Ösophagus. Bei einem gegebenen Alveolardruck sinkt der transpulmonale Druck bei Anstieg des ösophagealen Drucks. Das heißt, wenn die Brustwand steifer wird, sinkt der die Lunge dehnende Anteil des Atemwegsdrucks. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 4 Tipp 1 10 Expertentipps Die folgenden Seiten enthalten bewährte Empfehlungen aus der Praxis, wie Sie bei Verwendung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten vorgehen und was Sie vermeiden sollten. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 5 Tipp 1 Ösophaguskatheter bei stark hypoxämischen ARDS-Patienten einführen Atemwegsdruck Thoraxwand Transpulmonaler Druck (Alveolardruck – Pleuradruck) Pleurahöhle Pleuradruck Lunge Alveolardruck Zwerchfell Die Brustwandmechanik kann stark anormal sein. Die Unterteilung des Atemsystems am Patientenbett in Lunge und Brustwand ist hilfreich, um die Einstellungen für das Beatmungsgerät zu optimieren. Dies kann zur Verbesserung der Oxygenierung beitragen. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 6 Tipp 2 Den Ballon korrekt positionieren a) b) a b In den links abgebildeten Anzeigen ist zu sehen, wie ösophageale Druckkurven in der Regel aussehen, wenn der Katheter folgendermaßen platziert wurde: a) nicht tief genug b) optimal c) zu tief c) c 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 7 Tipp 3 Okklusionstest durchführen Positionieren Sie den Ballon entsprechend der kardialen Oszillation im unteren Drittel des Ösophagus. Überprüfen Sie die exakte Position mit dem Okklusionstest: Drücken Sie während einer endexspiratorischen ­Okklusion leicht auf den Brustkorb. Die korrekte Position ist bestätigt, wenn die positiven Druckschwankungen bei ösophagealem Druck und Atemwegsdruck übereinstimmen. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 8 Tipp 4Rekrutierbarkeit der Lunge mithilfe der transpulmonalen Druck/Volumen-Kurve (P/V-Kurve) bei geringem Flow beurteilen b) c) a) Hier ist eine transpulmonale Druck/Volumen-Kurve (P/V-Kurve) bei geringem Flow dargestellt. Die folgenden Faktoren sind für ein erfolgreiches Recruitment von ­wesentlicher Bedeutung: a) Unterer Inflektionspunkt (LIP) Während der Inflation stellt der LIP den Druck dar, bei dem das Öffnen der Lungenregionen beginnt. b) Hohe lineare Compliance Die lineare Compliance wird in einem Druckbereich gemessen, bei dem das maximale Recruitment während der Inflation stattfindet. c) Große Hysterese Die Hysterese ist die Fläche zwischen dem Inspira­ tions- und Exspirationsschenkel der P/V-Kurve. Bei ARDS liegt eine große Hysterese vor, da die Druck­bereiche für das Recruitment während der Inspira­tion höher sind als die Druckbereiche für das Derecruitment während der Exspiration. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 9 Profi-Tipp von Dr. Hamilton: Das P/V Tool, das bei den Beatmungsgeräten ­HAMILTON-S1 und HAMILTON-G5 verfügbar ist, führt ein atemmechanisches Manöver durch, das eine quasi-statische Druck/Volumen-Kurve aufzeichnet und sowohl die Inspirations- als auch die Exspirationskurve anzeigt. Die Analyse dieser Daten kann zur Entscheidung herangezogen werden, ob ein Lungenrecruitment möglich ist und welche Recruitmentstrategie angewandt werden soll. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 10 Tipp 5Recruitmentmanöver durchführen, um den oberen Grenzwert für den transpulmonalen Druck zu erreichen Das P/V Tool kann zur Durchführung von sicheren ­Recruitmentmanövern mit kontinuierlicher Inspiration verwendet werden. Der während des Recruitment­ manövers erzielte transpulmonale Druck kann gemessen und titriert werden. Führen Sie ein Recruitmentmanöver mit einem Zielwert von 25 mbar des transpulmonalen Drucks durch, um den oberen physiologischen Grenzwert für den transpulmonalen Druck zu erreichen. Die Erhöhung des Volumens während des Recruitmentmanövers dient zusätzlich zur Beurteilung des eröffneten Lungenvolumens. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 11 Profi-Tipp von Dr. Hamilton: Das P/V Tool kann auch zur Durchführung von sicheren Recruitmentmanövern der Lunge mit kontinuierlicher Inspiration verwendet werden. Nach Abschluss des Vorgangs wird das erfolgreich eröffnete Lungenvolumen dargestellt. Das ist besonders bei ARDS-Patienten hilfreich, da ein geeignetes Lungenrecruitment und die korrekte Einstellung des PEEP unerlässlich sind. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 12 Tipp 6PEEP einstellen, um einen positiven endexspiratorischen transpulmonalen Druck zu erzielen Die Einstellung des PEEP entsprechend dem transpulmonalen Druck erhöht die Oxygenierung und AtemsystemCompliance. Auf dem hier abgebildeten Bildschirm des Beatmungsgeräts werden der Atemwegsdruck (Paw), der ösophageale Druck (Peso) und der transpulmonale Druck (Ptranspulm) angezeigt. Ptranspulm = Paw - Pes Achten Sie beim Einstellen des PEEP darauf, dass Ptranspulm am Ende der Exspiration über 0 mbar liegt. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 13 Profi-Tipp von Dr. Hamilton: Der Einsatz des P/V Tools in Kombination mit der Messung des ösophagealen Drucks ist für die Feinabstimmung des Recruitmentmanövers hilfreich. Dies ermöglicht die korrekte Einstellung von PEEP und Tidalvolumen für eine angemessene Beatmung des Patienten ohne Verletzung der Lunge. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 14 Tipp 7 Negativen endexspiratorischen transpulmonalen Druck vermeiden Ein negativer endexspiratorischer trans­ pulmonaler Druck kann eine beatmungs­ induzierte Lungenschädigung aufgrund von Atelektrauma verursachen. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 15 Tipp 8 Wann eine Messung des ösophagealen Drucks NICHT und wann sie nur vorsichtig eingesetzt werden sollte NICHT einsetzen Verwenden Sie keinen Ösophaguskatheter, wenn Kontraindikationen für das Einführen einer nasogastrischen Sonde vorliegen, beispielsweise Verletzungen von Pharynx oder Ösophagus. Vorsichtig einsetzen Die Interpretation des transpulmonalen Drucks wurde unter den folgenden Bedingungen nicht untersucht. Daher sollte eine Messung des ösophagealen Drucks vorsichtig eingesetzt werden. • Beatmung in Bauchlage • Einseitige Lungenschädigung • Großer Pleuraerguss 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 16 Tipp 9 Transpulmonale Tidal-Druckschwankungen unter 15 mbar halten Vermeiden Sie transpulmonale Tidal-Druckschwankungen über 15 mbar, um die allgemeine Belastung der Lunge zu begrenzen. Als direkte Folge des zyklischen Eröffnens und Schließens der Lungenareale können Entzündungsmediatoren und schädliche Proteinasen freigesetzt werden. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 17 Tipp 10 D asselbe Gerät für das Monitoring des Atemwegsdrucks und des ösophagealen Drucks verwenden Zur Berechnung des transpulmonalen Drucks müssen Atemwegsdruck und ösophagealer Druck auf demselben Bildschirm synchronisiert sein. Wenn zwei unterschiedliche Geräte verwendet werden, ist die Berechnung aufgrund der unterschiedlichen Einheiten und Zeitskalen der einzelnen Geräte umständlich. Die Berechnungen müssen dann manuell vorgenommen werden und eine Synchronisation kann nur schwer erreicht werden. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 18 Profi-Tipp von Dr. Hamilton: Die Beatmungsgeräte HAMILTON-S1 und HAMILTON-G5 bieten eine Funktion, mit welcher der transpulmonale Druck, der Atemwegsdruck und der ösophageale Druck gleichzeitig auf demselben Bildschirm überwacht werden können. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 19 P/V Tool für die lungenschonende Beatmung – 1/3 Das P/V Tool führt ein atemmechanisches Manöver durch, das eine quasi-statische Druck/VolumenKurve aufzeichnet und sowohl die Inspirations- als auch die Exspirationskurven anzeigt. Die Analyse dieser Daten kann zur Entscheidung herangezogen werden, ob ein Lungenrecruitment möglich ist und welche Recruitmentstrategie angewandt werden soll. Das P/V Tool kann auch bei Recruitmentmanövern der Lunge eingesetzt werden, um das erfolgreich eröffnete Lungenvolumen darzustellen. Das ist besonders bei ARDS-Patienten nützlich, da ein geeignetes Lungenrecruitment und die korrekte Einstellung des PEEP unerlässlich sind. Die Vorteile des P/V Tools • Einfach für den Bediener und sicher für den Patienten • Keine Diskonnektion des Beatmungsschlauchsystems und keine Änderung der Beatmungs­ einstellungen erforderlich • Einfache und sichere Methode zur Durchführung von Recruitmentmanövern der Lunge • Leicht reproduzierbarer Prozess zur Überwachung von Veränderungen des Patientenzustands und der Wirksamkeit der Behandlung über die Zeit • Die Interpretation wird durch automatische Berechnungen und Cursor unterstützt und die Analyse somit erleichtert. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 20 P/V Tool für die lungenschonende Beatmung – 2/3 Quasi-statische P/V-Kurve Das P/V Tool zeichnet das Verhältnis von Druck und Volumen der Lunge bei niedrigem Flow mithilfe einer patentierten Druckanstiegstechnik auf. Aufgrund dieser Methode kann das P/V Tool nicht nur als Diagnosetool, sondern auch als therapeutisches Tool für das Recruitment der Lunge eingesetzt werden. Im Beatmungsschlauchsystem wird so lange linear Druck aufgebaut, bis der vom Bediener eingestellte Zieldruck erreicht ist. Sobald der Zieldruck erreicht wurde, wird der Druck wieder auf den Ausgangswert gesenkt. Die dabei aufgezeichneten Kurven ermöglichen die Analyse: • • • • • des unteren und oberen Inflektionspunkts (LIP, UIP) der Druck/Volumen-Kurve für die Inspiration, des Deflektionspunkts der Druck/Volumen-Kurve für die Exspiration, der linearen Compliance der Druck/Volumen-Kurve für die Inspiration, der Hysterese (d. h. des Volumenunterschieds zwischen den beiden Kurven). Hysterese, LIP und lineare Compliance können zur Entscheidung herangezogen werden, ob ein Lungenrecruitment möglich ist und welche Recruitmentstrategie angewandt werden soll. 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Seite 21 P/V Tool für die lungenschonende Beatmung – 3/3 Recruitmentmanöver mit kontinuierlicher Inspiration Im Beatmungsschlauchsystem wird so lange linear Druck aufgebaut, bis der vordefinierte Zieldruck nach der vom Bediener festgelegten Anstiegszeit erreicht ist. Die daraus resultierenden Volumenänderungen werden aufgezeichnet. Sobald der Zieldruck erreicht wurde, wird eine vom Bediener eingestellte Pause eingehalten Eine Cursor-Funktion ermöglicht die grafische Analyse der Kurve, einschließlich Identifikation der Inflektionspunkte. Das optimale Verhältnis von Volumen und Druck befindet sich zwischen dem unteren Inflektionspunkt (LIP) und dem oberen Inflektionspunkt (UIP). 10 Expertentipps: Messung des ösophagealen Drucks bei ARDS-Patienten Nach der Pause wird der Druck linear abgebaut, bis der vom Bediener eingestellte End-PEEP-Wert erreicht ist. Die Integration der Flow-Rate während der Pause ergibt das eröffnete Lungenvolumen. Seite 22 Referenzliteratur Hess D. Respiratory mechanics in mechanically ventilated patients. Respir Care. 2014 Nov;59(11):1773-94. Guérin C, Richard JC. Comparison of 2 correction methods for absolute values of esophageal pressure in subjects with acute hypoxemic respiratory failure, mechanically ventilated in the ICU. Respir Care. 2012 Dec;57(12):2045-51. Akoumianaki E, Maggiore SM, Valenza F, Bellani G, Jubran A, Loring SH, Pelosi P, Talmor D, Grasso S, Chiumello D, Guérin C, Patroniti N, Ranieri VM, Gattinoni L, Nava S, Terragni PP, Pesenti A, Tobin M, Mancebo J, Brochard L. 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