Graffiti: strafbare und unverstandene Kunst am Bau

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Psychologie aktuell: Graffiti: strafbare und unverstandene Kunst am Bau
05-07-10
Graffiti: strafbare und unverstandene Kunst am Bau
Graffiti steht oft als Vandalismus und aggressives Territorialverhalten im Fokus der
öffentlichen Diskussion. Der Kommunikationscharakter der Graffitibilder bleibt dabei meist
unverstanden und daher außer acht. Daniela Bauer, Psychologin am Institut für
Wissensmedien in Tübingen, berichtet in "Umweltpsychologie" über die strafbare Kunst am
Bau.
Die klassischen WriterInnen der "Hip-Hop-Szene" kreierten in New York Ende der 60er Jahre die
ersten Graffitis mit ihren eigenen individuellen Namenszügen. "In unserer Gesellschaft hat die
Unterschrift eine wichtige Bedeutung: Sie ist Stellverter für die Person selbst. Wenn man einen
Namen überdimensioniert auf getaggte Weise an der Wand sieht, wird verständlich, dass weitere
Dimensionen außer eines ´Ich war hier´- Statements hinter den Taggs der WriterInnen stecken: Werte
wie Individualität, Respekt und Anerkennung eines Menschen spiegeln sich in einem Schriftzug und
seiner besonderen Gestaltung wider.
GraffitiwriterInnen sind in Gruppen organisiert. Das primäre Ziel ist es, möglichst viel Aufmerksamkeit
zu erlangen, was sie durch das Verbreiten ihrer persönlichen Tags zusammen mit dem Crewnamen
überall in einer Stadt erreichen. Dadurch eigenen sie sich ihre Stadt an, besetzen sie sie ...",
analysiert Bauer.
"Die Graffiti sind dabei so ausgestaltet, dass es für Außenstehende schwer ist, sie zu entziffern oder
gar als Buchstaben zu erkennen. Nur in der Szene ist bekannt, wer sich hinter welchem Kürzel
verbirgt. Während die bloße Masse an Tags in einer Umgebung die Bekanntheit eines Sprayers
sichert, spielt die Qualität der Tags innerhalb der Szene eine wichtige Rolle. Ein Tag ist eine
Komposition, ein Logo für den Writer/die Writerin, dessen/deren Wert und Selbstbewusstsein sich
direkt in der Writingexpertise widerspiegeln."
Während der 70er Jahre entstand eine andersartige, bilderreiche, kreative Graffiti-Form: die Streetart.
Bauer zitiert Harald Naegeli, einen profilierten Vertreter dieser Kunstrichtung: "Beton, die Nudität des
Sichtbetons, seine Allgegenwärtigkeit und Brutalität, ist zu einer allgemeingültigen Norm geworden zum Ausdruck einer Gegenwartsästhetik. Betonfassaden sind nicht einfach kalt und tot, sondern
plumpe, schwere Stirnen einer erstarrten Vernunft." Streetart will die ästhetische Unbewohnbarkeit
aufheben. "StreetartistInnen spielen mit dem Raum, mit seiner Bedeutung und Symbolik und
funktionieren diese durch ihre Werke um ..."
Daniela Bauer: Die ästhetische Wahrnehmung von Graffiti.
in: Umweltpsychologie 1/2010, Seite 26-44
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