Vorlesung vom 07.07.2009

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Wahrscheinlichkeit und Zufall
Zählprinzipien
7. Juli 2009
Dr. Katja Krüger
Universität Paderborn
1
Inhalt
¾ Zählen
Z hl und
d Baumdiagramme
B
di
¾ Permutationen
¾ Das allgemeine Zählprinzip
2
Zähl n und B
Zählen
Baumdiagramme
umdi r mm
3
K bi
Kombinatorik
ik
Die mathematische Disziplin
Disziplin, die "zählt
zählt, ohne zu
zählen", und dabei Antworten sucht auf Fragen von
der Form: "Auf wie viele Arten kann man ... ?"
(aus Ph.
Ph J.
J Davis,
Davis R.
R Hersh: Erfahrung Mathematik)
Für das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten auf der
Basis der Laplace-Regel bildet die Kombinatorik eine
wichtige
g Grundlage.
g
p( E ) =
Anzahl der günstigen Möglichkeiten
Anzahl aller Möglichkei
g
ten
4
Was soll eigentlich genau gezählt werden?
Beispiel 1: Aus vier Ziffernkärtchen sollen Kinder
durch Mischen und anschließendes Aneinanderlegen
vierstellige
i
lli Z
Zahlen
hl bild
bilden. Wie
Wi viele
i l vierstellige
i
lli
Zahlen können sie bilden?
¾I
Istt "0037" eine
i zulässige
lä i Zahl
Z hl (dann
(d
wäre
ä doch
d h wohl
hl
37 gemeint, aber 37 ist zwei-, und nicht vierstellig)?
5
Was ist verschieden? Was ist gleich?
Beispiel
B
i i l 2
2: Auf
f wie
i viele
i l W
Weisen
i
k
können sich
i h vier
i
Personen an einen rechteckigen Tisch setzen?
Ist ess wichtig,
i hti
• ob man zur Tür oder zum Fenster hin sitzt?
• ob
b man am breiten
b it oder
d schmalen
h l Ti
Tischende
h d sitzt?
it t?
• neben wem oder wem man gegenüber sitzt?
gleich
verschieden
gleich
l i h
verschieden
6
Die wichtigste Doppelfrage
pp
beim Zählen ist
• W
Was wird
i d als
l verschieden
hi d
angesehen
h und
d daher
d h
abgezählt?
• Was
W s wird
i d als
ls gleich
l i h angesehen
s h und
d daher
d h nur einmal
i
l
gezählt?
7
Beispiel
p
2: Auf wie viele Weisen können sich vier
Personen an einen rechteckigen Tisch setzen?
¾ a)) Jetzt soll es als unterschiedlich angesehen werden, wo die
einzelnen Personen sitzen, ob z.B. die Tür hinter oder vor ihnen,
links oder rechts von ihnen ist. Wir kennzeichnen die Seiten des
Tisches aus der Vogelperspektive mit (o)ben, (u)nten, (r)echts
und (l)inks.
Nun sollen alle verschiedenen Möglichkeiten gezählt werden.
8
Modellierung mit einem Baumdiagramm
Man strukturiert das Zählen durch Auswahlentscheidungen, die
man schrittweise
h itt i nacheinander
h i
d fällt
fällt. Der
D folgende
f l
d B
Baum
veranschaulicht diesen Entscheidungsprozess.
Modellierung
g 1: Wir lassen die Personen A,, B,, C und D
nacheinander Platz nehmen.
4·3·2·1 = 24
9
Modellierung mit einem Baumdiagramm
Modellierung 2: Wir können den Entscheidungsprozess auch
„aus
aus Sicht“
Sicht der Stühle darstellen
darstellen. Die Stühle werden
nacheinander besetzt, erst der Stuhl oben, dann der unten usw.
…
10
Zusammenfassung: Wie lassen sich alle
verschiedenen Möglichkeiten strukturiert zählen?
¾ U
Um das
d Zählen
Z hl zu strukturieren,
t kt i
wird
i d ein
i Entscheidungsprozess
E t h id
konstruiert, der schrittweise abläuft, und durch einen Baum
veranschaulicht: Jeder zu zählenden Möglichkeit entspricht
dabei ein "Pfad„.
¾ Der Baum ist vollständig, wenn zu zwei Möglichkeiten, die man in
der Realisierung als verschieden ansieht,
ansieht auch zwei verschiedene
Pfade existieren.
¾ Der Baum ist nicht redundant, wenn zu zwei Realisierungen, die
man als
l gleich
l i h ansieht,
i ht nur ein
i Pfad
Pf d existiert.
i ti t
Wenn der Baum vollständig und nicht redundant ist, d.h. wenn zu
zwei Möglichkeiten, die man in der Realisierung als verschieden
ansieht, genau zwei verschiedene Pfade existieren, dann ist die
gesuchte Anzahl der Möglichkeiten gleich der Anzahl der Pfade.
Pfade
11
P rmut ti n n
Permutationen
12
Produkte aufeinander folgender Zahlen
Beide
B
id B
Bäume des
d obigen
bi
B
Beispiels
i i l 2a)
2 )h
haben
b eine
i b
besonders
d
einfache Struktur. Auf jeder Stufe gibt es die gleiche Anzahl
von Alternativen, für die man sich entscheiden kann:
¾ Auf der ersten Stufe gibt es 4 Alternativen,
¾ auf der zweiten Stufe 3,
¾ auf
f der
d d
dritten
itt St
Stufe
f 2 Alt
Alternativen,
ti
also 4 · 3 · 2 Möglichkeiten, die ersten drei Entscheidungen zu
fällen. Da auf der vierten Stufe nur noch eine Alternative
gewählt werden kann, ändert sich an der Anzahl der
Möglichkeiten nichts weiter: 4 · 3 · 2 · 1.
Es gibt auch eine Abkürzung für ein Produkt aus lauter
aufeinanderfolgenden Zahlen:
4 · 3 · 2 · 1 = 4! lies: "vier Fakultät"
13
n Fakultät
Das Produkt der natürlichen Zahlen von n bis 1 heißt
ß
"n Fakultät", in Symbolen:
n ‫( ڄ‬n-1) ‫( ڄ‬n-2) ‫ڄ‬... ‫ ڄ‬3 ‫ ڄ‬2 ‫ ڄ‬1= n!
•
•
•
•
•
•
Berechnen Sie die folgenden
g
Fakultäten im Kopf
p
möglichst vorteilhaft. Wie sind Sie vorgegangen?
1! =
2! =
3! =
4! =
5! =
6! =
14
Exkurs: Wie groß ist n!
Wir veranstalten ein Wettrennen : Überholt n! irgendwann die
Zehnerpotenzen 10n?
• 1020 ist eine 1 mit 20 Nullen. Bei 20! steht zuerst eine 2, dann
folgen noch 18 Stellen.
• 1030 ist eine 1 mit 30 Nullen
Nullen. Bei 30! steht zuerst eine 2
2, dann
folgen noch 32 Stellen.
• Ab n = 25 hat n! die Zehnerpotenz 1025 überholt.
• Für n = 69 ist n! ≈ 1,7·1099.
15
Vertauschung von Re
Reihenfolgen
henfolgen
(permutare lat. vertauschen, umstellen)
1
1.
Aus je
A
j einem
i
grünen,
ü
bl
blauen und
d roten
t Legostein
L
t i sollen
ll
möglichst viele verschiedene Türme mit drei Etagen gebaut
werden. Wie viele verschiedene Türme gibt es?
2 V
2.
Vanessa, L
Laura, Tobias
T bi und
d Alex
Al spielen
i l Mi
Minigolf.
i lf Si
Sie losen
l
di
die
Reihenfolge, in der sie spielen, aus. Wie viele verschiedene
Reihenfolgen gibt es?
3 G
3.
Geben
b Sie
Si eine
i S
Sachsituation
h it ti an, iin d
der es 6! verschiedene
hi d
Möglichkeiten gibt.
16
Permutation
ermutat on
(ohne Wiederholung)
(ohn
W
rho ung)
(permutare lat. vertauschen, umstellen)
Unter einer
U
i
P
Permutation
i (ohne
( h
Wiederholung) versteht man jede
Anordnung einer Menge aus n Elementen,
Elementen
die sämtliche Elemente in irgendeiner
Reihenfolge
g genau
g
einmal enthält.
¾ Permutationen erhält man durch
g der Elemente einer
Vertauschung
Menge.
¾ Es gibt n! verschiedene Anordnungen von
n Elementen
El
einer Menge.
3! = 6
Anordnungen
dreier Kugeln
17
Das allgemeine Zählprinzip
(Produktregel der Kombinatorik)
18
Beispiel
p 3: Wie viele verschiedene Essen kann
man zusammenstellen?
Es gibt
2·3·2
2
3 2 = 12
verschiedene
Essen.
Kütting: Elementare
Stochastik 2008,
S. 79
19
Produktregel der Kombinatorik
•
•
•
•
Kann man einen
K
i
Entscheidungsprozess
E t h id
als
l Baumdiagramm
B
di
modellieren, das auf einer Stufe an allen Verzweigungspunkten
die gleiche Anzahl von Abzweigungen (Alternativen) hat, dann
kann man die Gesamtzahl der Möglichkeiten durch Multiplizieren
der Anzahlen der Abzweigungen auf den einzelnen Stufen
erhalten: Bei
k1 möglichen Alternativen für die erste Stufe,
k2 möglichen Alternativen für die zweite Stufe
…
und kn möglichen Alternativen für die n-te Stufe
gibt es insgesamt k1 ·k2 ·…·k
· ·kn verschiedene Möglichkeiten
(Pfade im Baumdiagramm).
20
Vermischte Beispiele zur Produktregel
1.
Frau Maier hat 4 Kleider, 9 Hüte und 10 Paar Schuhe. Auf wie
viele verschiedene Arten kann sie sich kleiden, wenn sie ein
Kleid, einen Hut und Schuhe tragen möchte?
2..
W viele vierstellige
Wie
rst g Zahlen
ah n mit
m t lauter
aut r ung
ungeraden
ra n
(verschiedenen) Ziffern gibt es?
3
3.
Acht Sprinter kämpfen um 3 Medaillen (Gold
(Gold, Silber
Silber, Bronze)
Bronze).
Auf wie viele Arten kann die Preisverteilung erfolgen?
21
Urnenmodell: Geordnete Stichprobe
p
ohne Wiederholung
In einem
I
i
G
Gefäß
f ßb
befinden
fi d sich
i h n Kugeln,
K
l die
di
sich voneinander unterscheiden. Nach
Durchmischen werden k Kugeln der Reihe
nach gezogen, eine Stichprobe vom Umfang n.
¾ Beim Ziehen ohne Zurücklegen kann man auf
n ‫( ڄ‬n-1) ‫( ڄ‬n-2) ‫ڄ‬... ‫( ڄ‬n-k+1)
verschiedene
r
n Arten
r n eine
n g
geordnete
r n
Stichprobe ziehen.
z.B. Es gibt ______________ verschiedene
Platzierungen bei einem Sprintwettbewerb
von 8 Läufern.
22
Urnenmodell: Geordnete Stichprobe
p
mit Wiederholung
In einem
I
i
G
Gefäß
f ßb
befinden
fi d sich
i h n Kugeln,
K
l die
di
sich voneinander unterscheiden. Nach
Durchmischen werden k Kugeln der Reihe
nach gezogen, eine Stichprobe vom Umfang n.
¾ Beim Ziehen mit Zurücklegen kann man auf
n ‫ ڄ‬n‫ ڄ‬n‫ڄ‬... ‫ ڄ‬n = nk verschiedene Arten
k mal
k-mal
eine geordnete Stichprobe ziehen.
z.B. Es gibt ___________verschiedene
vierstellige Zahlen mit ungeraden Ziffern,
Ziffern
23
Beispiel 4: Ziffernschloss
Ein Ziffernschloss
Ei
Ziff
hl
b
besteht
t ht aus 3 gegeneinander
i
d b
beweglichen
li h
Rädern, die die Ziffern von 0 bis 9 enthalten. Es öffnet sich nur
bei einer bestimmten Einstellung.
a. Wie viele verschiedene Einstellungen gibt es?
b Wi
b.
Wie großß ist
i t die
di Wahrscheinlichkeit,
W h h i li hk it das
d Schloss
S hl
bei
b i der
d ersten
t
Einstellung zu knacken?
c.
Überschlagen Sie: In welcher Zeit hat man alle möglichen
Ziffernkombinationen durchprobiert?
24
Beispiel
p
2: Auf wie viele Weisen können sich vier
Personen an einen rechteckigen Tisch setzen?
Variante
V
i t b) Dabei
D b i kommt
k
t es d
den P
Personen (und
( d dem
d
Fragesteller) nur darauf an, ob jemand an der breiten Seite des
Tisches sitzt oder an der schmalen; alles andere ist egal.
d.h. die folgenden Sitzanordnungen sind als gleich zu betrachten
¾ Modellierung 1: „Von den Personen aus“
¾ Modellierung 2: „Von den Tischseiten aus“
25
Modellierung 1: „Von
Von den Personen aus
aus“
Wir lassen
Wi
l
die
di Personen
P
A,
A B,
B C und
d D wieder
i d nacheinander
h i
d Pl
Platz
nehmen. Diesmal entscheiden sie sich allerdings entweder für
die breite (b) oder die schmale (s) Seite des Tisches.
Warum darf die Produktregel hier nicht angewendet werden?
26
Modellierung 2: „Von
Von den Tischseiten aus
aus“
Die Tischseiten
Di
Ti h i
werden
d nacheinander
h i
d besetzt,
b
erst die
di b
beiden
id
breiten Seiten, dann die beiden schmalen.
Rechnerische Lösung mit Produktregel: Wenn die beiden breiten
Seiten besetzt sind, ist die Angelegenheit schon erledigt, da es
nicht mehr darauf ankommt
ankommt, wie sich die beiden übrigen
Personen auf die beiden schmalen Seiten verteilen. Also geht es
aus Sicht der Tischseiten darum, auf wie viele Weisen man aus
d vier
den
i P
Personen zweii fü
für di
die b
breiten
it S
Seiten
it auswählen
ähl k
kann.
Die Anzahl der verschiedenen Sitzordnungen lässt sich leicht
durch die Produktregel ermitteln, nämlich 4 · 3 = 12.
Wie kann das sein: Zwei Modellierungen, zwei verschiedene
Ergebnisse?
27
Beispiel
p
5: Fünf Städte sind, wie in der Skizze
dargestellt, durch Wege verbunden.
Von A nach B gibt es drei verschiedene Wege.
a) Wie
W e vviele
ele versch
verschiedene
edene Wege gibt
g bt es von A über B nach E?
b) Wie viele verschiedene Wege gibt es insgesamt von A nach E?
28
Beispiel 5: Anzahl verschiedener Wege
29
Beispiel 5: Summenregel
Im Aufgabenteil b) kann man den Baum in zwei Teilbäume
zerlegen, die beide nach der Produktregel berechenbar sind. Die
Gesamtzahl ergibt sich als Summe der Pfade in den beiden
Teilbäumen. Hier haben wir verwendet, dass die Pfade der
beiden Teilbäume wirklich zu verschiedenen Wegstrecken
führen (keine Redundanz!).
Redundanz!)
30
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