Schwarze Löcher in Bulges und Pseudobulges Black Holes in

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Jahrbuch 2009/2010 | Thomas, Jens; Now ak, Nina | Schw arze Löcher in Bulges und Pseudobulges
Schwarze Löcher in Bulges und Pseudobulges
Black Holes in bulges and pseudo-bulges
Thomas, Jens; Now ak, Nina
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Die Entstehung und Entw icklung von super-massereichen Schw arzen Löchern ist Gegenstand aktueller
Forschung am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE), die insbesondere durch Instrumente mit
hoher
Ortsauflösung
in
den
letzten
Jahren
große
Fortschritte
erzielt
hat.
Der
am MPE
gebaute
Feldspektrograph SINFONI, jetzt am Very Large Telescope in Chile in Betrieb, ist derzeit das beste Instrument,
um inaktive
Schw arze
Löcher in
Galaxienzentren
aufzuspüren. SINFONI Beobachtungen
von
bisher
unzureichend studierten Galaxientypen ergaben w ichtige Folgerungen über die gemeinsame Entw icklung von
Schw arzen Löchern und ihren W irtsgalaxien.
Summary
The formation and evolution of supermassive black holes is an important area of research at the Max Planck
Institute for Extraterrestrial Physics (MPE). A lot of progress w as made in the last couple of years using
instruments w ith increasing spatial resolution. The integral-field spectrograph SINFONI built at MPE and now at
the Very Large Telescope in Chile is presently the best instrument available to find hidden, inactive black holes
in the centres of galaxies. It allow s to observe hitherto unstudied galaxy types, yielding important conclusions
on the co-evolution of supermassive black holes and their host galaxies.
Zentrale Schwarze Löcher in Galaxien
Die innersten Bereiche von Galaxien w erden beherrscht von gigantischen Schw arzen Löchern. Ihre Massen
reichen von einigen Millionen bis hin zu mehreren Milliarden Sonnenmassen. Wenn Materie auf ein solches
Schw arzes Loch einfällt, w erden enorme Mengen an Gravitationsenergie durch interne Reibungsprozesse in
Strahlung umgew andelt. Auf diese Weise entstehen zum Beispiel Quasare – w eit entfernte Galaxien, deren
w inzige Kernbereiche ein Vielfaches der Energie einer typischen Galaxie abstrahlen. Bei der Akkretion von
Materie auf ein Schw arzes Loch können magnetische Effekte auch hochenergetische Materiejets erzeugen, die
sich, vom aktiven Galaxienzentrum ausgehend, über tausende von Lichtjahren bis in den intergalaktischen
Raum erstrecken. Die Aktivität in Galaxienkernen hat etw a drei Milliarden Jahre nach dem Urknall ihren
Höhepunkt erreicht und lässt seitdem stetig nach.
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Man geht davon aus, dass selbst die massereichsten Schw arzen Löcher aus ursprünglich kleinen Objekten von
mehreren hundert bis zu einigen zehntausend Sonnenmassen hervorgegangen sind. Diese könnten entw eder
durch den Gravitationskollaps der ersten, metallarmen Population von Sternen (sogenannte Population IIISterne) entstanden sein, oder durch den Kollaps von dichten Gasw olken oder Sternhaufen im frühen
Universum. Mit der Zeit ist ihre Masse, durch das Ansammeln von Gas w ährend Aktivitätsphasen bzw . durch
die Verschmelzung mit anderen Schw arzen Löchern, angew achsen.
In den meisten heutigen Galaxien sind die Schw arzen Löcher inaktiv. Trotzdem kann man sie nachw eisen. Die
zusätzlichen Gravitationskräfte, die sie erzeugen, beschleunigen die Sterne. Die höhere Geschw indigkeit der
Sterne
ihrerseits
führt
zu
einer
Verbreiterung
der
stellaren
Absorptionslinien
in
Galaxienspektren
(Dopplereffekt), die man messen kann. Die Einflusssphäre der Schw arzen Löcher, d. h. der Bereich, in dem sie
die Geschw indigkeiten der Sterne merklich beeinflussen, ist jedoch relativ klein. Man braucht eine sehr hohe
räumliche Auflösung (etw a 0,1 Bogensekunden), um sie spektroskopieren zu können.
Bulges, Pseudobulges und das Wachstum schwarzer LöcherS
Kla ssische Bulge s (link s) ä hne ln e lliptische n Ga la x ie n: sie
sind struk turlos, sta rk zum Ze ntrum k onze ntrie rt, re la tiv we nig
a bge fla cht, rotie re n la ngsa m und e ntha lte n ha uptsä chlich a lte
(rote ) Ste rne . P se udobulge s (re chts) ä hne ln in vie le rle i
Hinsicht Ste rnsche ibe n: sie sind re la tiv fla ch, rotie re n schne ll,
sind nicht so sta rk k onze ntrie rt, ze ige n Substruk ture n wie
Spira la rm e und e ntha lte n vie le junge (bla ue ) Ste rne . Ne be n
de m sche m a tische n Aufba u (obe n) ze igt die se Abbildung
je we ils e in typische s Be ispie l. Auf de n hocha ufge löste n, m it
de m Hubble - W e ltra um te le sk op ge wonne ne n, Aufna hm e n de r
Bulge re gione n sind die struk ture lle n Unte rschie de gut
sichtba r.
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Bis vor w enigen Jahren konnte man die nötige Auflösung nur mit dem Hubble-Weltraumteleskop erreichen. Aus
der Analyse der Hubble-Daten w eiß man, dass jede Galaxie mit einem Bulge ein zentrales Schw arzes Loch hat.
Unter einem Bulge versteht man dabei ein dreidimensionales sphäroidisches Sternsystem. Bulges können
allein auftreten (elliptische Galaxien) oder zusammen mit Sternscheiben (Spiralgalaxien; zw ei Beispiele sind in
Abb. 1 gezeigt). Wenn man Spiralgalaxien von der Kante sieht, stechen die Bulges als zentrale Ausw ölbungen
aus der flachen Scheibe hervor (daher auch der Name „Bulge“).
Studien der letzten Zeit haben ans Licht gebracht, dass Bulges in Spiralgalaxien kein einheitliches Phänomen
sind. Vielmehr gibt es sogenannte klassische Bulges und Pseudobulges. Klassische Bulges erinnern in ihrem
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Aufbau stark an elliptische Galaxien: sie sind relativ w enig abgeflacht, rotieren eher langsam, haben eine hohe
Sterndichte im Zentrum und sind aus alten Sternen gebildet. Pseudobulges hingegen sind in vielen ihrer
Eigenschaften mit den Sternscheiben der Spiralgalaxien verw andt. Sie sind relativ flach und rotieren schnell,
sind aus jungen Sternen gebildet und nicht so stark zum Zentrum hin konzentriert. Abbildung 1 zeigt zw ei
typische Beispiele: die Spiralgalaxie NGC2841 (links) hat einen klassischen Bulge, w ährend NGC3351 (rechts)
Merkmale eines Pseudobulges aufw eist.
Ma sse de s ze ntra le n Schwa rze n Lochs in Abhä ngigk e it von de r
Ge schwindigk e itsdispe rsion de r Ste rne im Bulge (unge ordne te
Be we gung; link s) bzw. a ls Funk tion de r Infra rotle uchtk ra ft de s
Bulge s (re chts; die Infra rotle uchtk ra ft gibt die Ma sse de s
Bulge s gut wie de r). Je m a sse re iche r de r Bulge , bzw. je größe r
die Ge schwindigk e it de r Ste rne , um so größe r da s Schwa rze
Loch. Bla ue P unk te ze ige n k la ssische Bulge s a us de m
SINFO NI-Da te nsa tz, rote P unk te P se udobulge s. Die
P se udobulge s in NGC 3368 und NGC 3489 be he rbe rge n je we ils
e ine n k le ine n k la ssische n Bulge in ihre m Ze ntrum (sie he
Te x t).
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Je massereicher der Bulge, umso größer auch das zentrale schw arze Loch. Dies ist im rechten Teil von
Abbildung 2 dargestellt, w o die Masse des Bulges durch seine Leuchtkraft im Infrarotlicht w iedergegeben ist.
Sternscheiben, w ie sie für Spiralgalaxien charakteristisch sind, scheinen keinen Einfluss auf die Masse des
zentralen schw arzen Lochs zu haben. Der enge Zusammenhang zw ischen den Eigenschaften des Bulges und
der Masse des zentralen schw arzen Lochs deutet an, dass ihre Entw icklung w echselseitig miteinander
verknüpft ist.
Elliptische
Galaxien und klassische
Bulges gehen vermutlich aus dem Zusammenstoß von kleineren
Vorläuferobjekten hervor. Dabei w ird das in den Vorläuferobjekten verteilte Gas effektiv zum Zentrum hin
transportiert. Auf diese Weise könnte das Wachstum der Schw arzen Löcher und das der Bulges verknüpft
sein. In Pseudobulges hingegen sieht man vermutlich die W irkung von internen Entw icklungsprozessen in
Sternscheiben. Auch dabei w ird Gas ins Zentrum transportiert. Allerdings verläuft dieser Mechanismus auf
deutlich längeren Zeitskalen.
SINFONI Beobachtungen
Viele Aspekte des Zusammenspiels zw ischen der Entw icklung von Bulges und Schw arzen Löchern sind noch
kaum erforscht. Der bisher gesammelte Datensatz ist zu klein. So w eiß man beispielsw eise nicht, w ie sich der
Trend zw ischen der Masse des Schw arzen Lochs und des Bulges bei den kleinsten Galaxien (die am Anfang
ihrer Entw icklung stehen) und bei den größten Galaxien (die das Endstadium der Galaxienentw icklung
darstellen) fortsetzt. Auch decken die bisherigen Daten nicht das ganze Spektrum der unterschiedlichen
Galaxientypen ab, sondern sind hauptsächlich auf elliptische Galaxien konzentriert.
Diese Lücke zu schließen ist Ziel des SINFONI- Projektes mit dem die Zahl der beobachteten Galaxien
verdoppelt w erden soll. Ermöglicht w ird es durch die Entw icklung der adaptiven Optik, durch die man mit
bodengebundenen Teleskopen heute die gleiche räumliche Auflösung erreichen kann, w ie aus dem Weltraum.
Der
vom
Max-Planck-Instiut
für
extraterrestrische
Physik
(MPE)
gebaute,
hochauflösende
SINFONI-
Feldspektrograph befindet sich an einem der vier 8 m-Teleskope der europäischen Südsternw arte ESO auf
dem Cerro Paranal in Chile. Die Größe und damit die Lichtstärke des Teleskops, aber auch die Möglichkeit im
Infrarotlicht zu beobachten, macht es zu einem idealen Instrument, um insbesondere kleinere Galaxien zu
studieren. Ihre zentralen Bereiche liegen oft hinter Staubw olken, die optisches Licht absorbieren. Die neuen
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Daten können klären, ob Schw arze Löcher in Pseudobulges anderen Gesetzmäßigkeiten folgen als die in
klassischen Bulges – da sie vermutlich auf ganz andere Weise gew achsen sind. Weitere Erkenntnisse, die man
aus dem Datensatz ziehen kann, sind: Was genau bestimmt die Masse des zentralen Schw arzen Lochs? Die
Masse des Bulges allein oder eine Kombination aus Masse und Konzentration? Wenn das Wachstum der
Schw arzen Löcher tatsächlich mit der Entw icklung von Bulges einhergeht, haben die sehr seltenen reinen
Scheibengalaxien (ohne Bulge) gar keine Schw arzen Löcher? Solche Galaxien scheinen w eder Zusammenstöße
mit anderen Galaxien erlebt zu haben, noch haben interne Entw icklungsprozesse ihrer Scheiben zu einer
signifikanten Umverteilung der Materie geführt. Beherbergen sie in ihren Zentren vielleicht jene kleinen
ursprünglichen Schw arzen Löcher, mit denen die Entw icklung aller anderen einmal angefangen hat? Einige
reine Scheibengalaxien zeigen eine schw ache Kernaktivität, die auf ein – allerdings nicht sehr massereiches –
Schw arzes Loch hinw eist. Antw orten auf alle diese Fragen sind nötig, um zu verstehen w ie Schw arze Löcher
gew achsen sind und w elche Rolle sie bei der Entw icklung der Galaxien gespielt haben.
Die Galaxien NGC3368 und NGC3489
Be oba chtunge n von NGC 3368, e ine r Ga la x ie m it e ine m
P se udobulge und e ine m k la ssische n Bulge . Im na he n
Infra rotlicht ist da s Ze ntrum de r Ga la x ie gut zu be oba chte n
(re chts obe n), wä hre nd e s im optische n W e lle nlä nge nbe re ich
durch Sta ub te ilwe ise ve rde ck t ist (link s obe n). Im unte re n
Bildte il sind die ge m e sse ne n Ge schwindigk e ite n ge ze igt
(link s: ge ordne te Be we gung, bzw. R ota tion; re chts:
unge ordne te Be we gung, bzw. Dispe rsion).
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Abbildung 3 zeigt beispielhaft Messungen in der Galaxie NGC3368. Sie hat eine besonders interessante
Mehrfachstruktur. Ihr zentraler, kleiner klassischer Bulge ist umgeben von einem Pseudobulge. Einen ganz
ähnlichen Aufbau hat auch eine zw eite Galaxie aus dem SINFONI Datensatz: NGC3489. In Abbildung 2 sind
beide Galaxien hervorgehoben. Zw ei interessante Ergebnisse lassen sich ablesen: (1) Gemessen an der
Helligkeit bzw . Masse des Gesamtbulges (Pseudobulge + klassischer Bulge) sind die schw arzen Löcher in
beiden Galaxien unerw artet klein (rote Punkte in rechter Abb. 2). Dies ist jedoch im Hinblick auf die in den
jew eiligen Bulges gemessenen ungeordneten Geschw indigkeiten der Sterne (Geschw indigkeitsdispersion; rote
Punkte im linken Teil der Abb. 2) nicht der Fall. Die Geschw indigkeitsdispersion w ird im gesamten Bulge
gemessen und ist umso größer je massereicher bzw . je konzentrierter der Bulge ist. (2) Legt man allein die
Masse des klassischen Bulges zugrunde – der jew eils nur einen Teil der komplexen inneren Struktur in den
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beiden Galaxien ausmacht – so erscheinen die schw arzen Löcher gleichfalls nicht unterdurchschnittlich (dies ist
durch die rot-blauen Linien im rechten Teil von Abb. 2 veranschaulicht). Diese Ergebnisse deuten an, dass die
klassischen Bulges eine fundamentale Rolle im W achstum galaktischer schw arzer Löcher spielen.
Ausblick
Insgesamt sind 32 Galaxien beobachtet w orden. Ein Drittel davon Galaxien mit einem Pseudobulge, ein
w eiteres Drittel sehr massereiche Galaxien und der Rest sehr massearme Galaxien und bisher w enig
untersuchte Galaxientypen. Einige der schon analysierten Galaxien sind in Abbildung 2 berücksichtigt. Am Ende
des Projektes w ird ein statistisch aussagekräftiger Datensatz für unterschiedliche Bulgetypen zur Verfügung
stehen und neue Erkenntnisse über die verschiedenen Wachstumsmechanismen von Schw arzen Löchern
bringen. Mit der breit angelegten Massenbestimmung sow ohl für massearme als auch für massereiche
Galaxien w ird ferner zu klären sein, w ie die in aktiven Schw arzen Löchern freigesetzte Energie die
Sternentstehung in Bulges und damit ihre Entw icklung beeinflusst hat.
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[1] N. Nowak, J. Thomas, P. Erwin, R. P. Saglia, R. Bender, R. I. Davies:
Do black hole m asses scale with classical bulge lum inosity only ? The case of the two com posite
pseudobulge galaxies NGC3368 and NGC3489.
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 403, 646–672 (2010).
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