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EUROPÄISCHES PARLAMENT
AUSSCHUSS FÜR WIRTSCHAFT UND WÄHRUNG
Mitteilung an die Mitglieder Nr. 26/2002
Betrifft:
Anhörung am 10. Juli: „Nach dem Fall Enron: Beaufsichtigung in Europa“
den Sachverständigen vorgelegte mögliche Diskussionsthemen
Der Text wird in allen Amtsprachen zur Verfügung stehen.
GENERALDIREKTION AUSSCHÜSSE
UND DELEGATIONEN
CM\469853DE.doc
DE
PE 314.978
Or. EN
DE
17. Juni 2002
Mitteilung an die Mitglieder
Anhörung vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung
Nach dem Fall Enron: Beaufsichtigung in Europa
den Sachverständigen vorgelegte mögliche Diskussionsthemen
Kernfragen:
Sind Sie der Auffassung, dass die geltenden aufsichtsrechtlichen Regelungen/die bestehenden
Aufsichtsbehörden sämtliche Akteure auf den Finanzmärkten angemessen erfassen? Gibt es Ihrer Ansicht
nach Lücken oder Überschneidungen bei der gegenwärtigen Regelung zwischen den europäischen
Aufsichtsbehörden?
Kann die Regulierung und Beaufsichtigung im Finanzsektor ein wahrhaft „europäisches Gesicht“ erhalten,
oder sollte die Definition von Regeln Ihrer Ansicht nach vorrangig auf globaler Ebene in Gremien wie dem
Basler Ausschuss, der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden oder der
Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) erfolgen?
Halten Sie vor dem Hintergrund der Ereignisse bei Enron und LTCM (Nichtbanken, die trotzdem starken
Einfluss auf die Finanzmärkte ausüben können) eine stärkere Beaufsichtigung von Nichtbanken und
Nichtversicherungen in Europa für notwendig? Wie könnte eine solche aussehen?
Wie können Wettbewerbs- und Beaufsichtigungsregeln miteinander verbunden werden (offiziell betrachtet
die Kommission den Finanzsektor als einen konventionellen Sektor, für den keine spezifischen Regeln
gelten)? Geht Wettbewerb im Finanzsektor auf Kosten der Stabilität und umgekehrt?
Einige große europäische Banken und Versicherungen tätigen einen bedeutenden Teil ihrer Aktivitäten an
neuen, aufstrebenden Märkten, wo die Risiken höher sind und die Regulierungsbehörden die
Finanzaktivitäten zugegebenermaßen weniger effektiv beaufsichtigen. Wie können Aufsichts- und
Regulierungsbehörden die Aktivitäten von Finanzgruppen im Ausland wirksam überwachen?
Wäre zur Erleichterung des Informationsflusses zwischen den nationalen Regulierungsbehörden die
Einrichtung einer europäischen Datenbank der Finanzinstitutionen erforderlich, in der Daten zur
Beaufsichtigung gespeichert werden, die dann allen nationalen Aufsichtsbehörden (und natürlich nur
diesen) ohne weitere Formalitäten zugänglich wären?
Bei den anstehenden Reformen im Bereich der angemessenen Eigenkapitalausstattung werden die RatingAgenturen eine größere Rolle spielen müssen. Diese haben allerdings keine gute Figur abgegeben, was die
Vorhersage des Zusammenbruchs von Enron angeht. Halten Sie Rating-Agenturen für eine zuverlässige
Datenquelle?
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Wodurch sind die Risiken an den Finanzmärkten hauptsächlich gekennzeichnet? Werden die dem
Finanzsystem innewohnenden Risiken durch Finanzinnovationen noch erhöht oder sind
Finanzinnovationen ein Mittel gegen Instabilität im Finanzsektor? Haben die Risiken für die
Finanzstabilität in den vergangenen zehn Jahren zugenommen? Bitte definieren Sie, was Systemrisiken
sind und wie Regulierungs- und Aufsichtsbehörden damit umgehen sollten.
Wodurch unterscheiden sich Systemrisiken von „konventionellen“ Risiken? Wie könnten die
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Aufsichtsbehörden mit solchen Risiken umgehen? Wie funktioniert finanzielle Ansteckung?
Kann angesichts der statistischen Daten behauptet werden, dass derzeit wahrhaft paneuropäische
Finanzgruppen im Entstehen begriffen sind, oder sind noch immer hauptsächlich nationale Finanzgruppen
am Markt tätig? Inwieweit wird die Grenze zwischen Banken und Versicherungen an Bedeutung
verlieren?
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Welche Entwicklungen waren im Anschluss an Ihre zwei Berichte über Finanzstabilität und
Krisenvorbeugung zu verzeichnen? Im zweiten Brouwer-Bericht führten Sie an, dass jede Art von
Hindernis, das einem grenzüberschreitenden Informationsaustausch noch im Wege steht, beseitigt werden
müsse. Worin bestehen diese Behinderungen des Informationsaustausches zwischen Aufsichtsbehörden,
und wie könnten sie beseitigt werden?
Sind Sie der Auffassung, dass es ausreicht, zwischen den nationalen Regulierungsbehörden
Absichtserklärungen auszuhandeln, um die effiziente Beaufsichtigung von grenzüberschreitenden Bankenund Versicherungsgruppen sicherzustellen?
Gibt es Merkmale, die allen Finanzkrisen gemein sind? Reicht es aus, bei Auftreten einer Finanzkrise eine
Ad-hoc-Struktur zu schaffen, oder wäre es notwendig, permanente Strukturen einzurichten, deren Aufgabe
darin bestehen würde, die Krisensituation zu bewältigen? Wie würden die Kosten zwischen den beteiligten
Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, wenn die Notwendigkeit bestehen würde, angeschlagenen,
grenzüberschreitend agierenden Institutionen mit Finanzspritzen rettend unter die Arme zu greifen? Sollte
Ihrer Ansicht nach zur Bewältigung der finanziellen Folgen einer Krise ein gesamteuropäischer Rettungsund Garantiefonds geschaffen werden?
Wenn es um letztinstanzliche Kreditgeber geht, tritt unweigerlich das Problem auf, dass einige
Institutionen einfach zu groß sind, als dass man sie untergehen lassen könnte. Wie könnte Ihrer Meinung
nach das Management von großen Finanzinstitutionen davon abgeschreckt werden, übermäßige Risiken
einzugehen, wenn eine Situation bestehen würde, in der finanzielle Unterstützung zur Rettung des
Unternehmens praktisch garantiert wäre?
An Herrn E. Meister:
Sie sind Vorsitzender des Ausschusses für Bankenaufsicht des ESZB. Bitte stellen Sie Ihr Gremium und
seine Arbeitsweise vor. Welche konkreten Schritte wurden von Ihrem Ausschuss ergriffen, um die
Koordinierung der Arbeit der nationalen Aufsichtsbehörden zu fördern? Welche Haupthindernisse sind
dabei zu überwinden? Wie wird sich der Ausschuss für Bankenaufsicht Ihrer Ansicht nach in Zukunft
entwickeln?
Nach Auffassung einiger Beobachter besteht das Risiko eines Interessenkonflikts, wenn die Zentralbank in
die Beaufsichtigung einbezogen wird. Welche Argumente sprechen für eine Beteiligung der Zentralbank
an der Beaufsichtigung? Wie könnte eine genaue Abgrenzung zwischen dem Ausschuss für
Bankenaufsicht und der EZB sichergestellt werden?
Gemäß dem Vertrag trägt das ESZB zur Stabilität des Bankensystems bei. Worin bestehen die
Unterschiede, wenn es solche überhaupt gibt, zwischen der Aufgabe, zur Finanzstabilität beizutragen, und
der Beaufsichtigung von Finanzinstitutionen? Genauer gesagt: Wie sehen Sie die zukünftige Rolle der
EZB im Bereich der Beaufsichtigung? Könnte die EZB in Zukunft die direkte Beaufsichtigung von
großen, paneuropäischen Gruppen übernehmen, falls solche entstehen sollten? Könnte die EZB Ihrer
Meinung nach die direkte Beaufsichtigung von öffentlichen paneuropäischen Banken, wie zum Beispiel
der Europäischen Investitionsbank, übernehmen?
Wie beurteilen Sie die im Lamfalussy-Verfahren festgelegten Regelungen bezüglich der Komitologie?
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Würden Sie eine Ausweitung der Anwendung des Lamfalussy-Verfahrens auf Banken und Versicherungen
begrüßen?
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Die Financial Services Authority (FSA), die britische Aufsichtsbehörde, ist ein Beispiel für eine Behörde,
die für sämtliche Finanzdienstleistungen zuständig ist. Bitte erläutern Sie die Vor- und Nachteile einer
Situation, bei der Banken-, Versicherungs- und Wertpapieraufsicht unter einem Dach vereint sind.
Könnten Sie eine erste Bilanz der Arbeit der FSA ziehen? Welche Verbesserungen konnten im Vergleich
zur vorherigen Struktur der Beaufsichtigung erreicht werden?
Unter welchen Umständen kommt es zur Zusammenarbeit mit der Bank of England? Worin besteht der
Unterschied zwischen der Förderung von Finanzstabilität und der Sicherstellung einer angemessenen
Beaufsichtigung des Bankensystems?
Der Zusammenbruch der Barings Bank stand im Zusammenhang mit Transaktionen, die in Singapur
getätigt wurden, einem Ort, der für die europäischen Aufsichtsbehörden in weiter Ferne liegt. Wie können
Banken Ihrer Ansicht nach effektiv kontrolliert werden, wenn diese einen bedeutenden Teil ihrer
Aktivitäten im Ausland/auf neuen, aufstrebenden Märkten durchführen?
Angesichts der überragenden Rolle Londons als Finanzplatz könnte die FSA stärker um
Auskunftserteilung ersucht werden als andere europäische Aufsichtsbehörden. Wie sind Sie auf einen
erhöhten Bedarf an grenzüberschreitendem Informationsaustausch vorbereitet?
In einer Behörde, die für den gesamten Finanzsektor zuständig ist, kann durchaus das Risiko bestehen,
dass Fragen des Verbraucherschutzes von Argumenten, die die Wettbewerbsfähigkeit der Banken und
Versicherungen betreffen, in den Hintergrund gedrängt werden. Wie kann ein und dieselbe Institution
gleichzeitig die Verbraucher schützen und die Branche fördern?
An Herrn Dirk Witteveen:
In den Niederlanden gab es eine Aufsichtbehörde für Pensionsfonds und eine für Versicherungen. Diese
beiden Behörden wurden vor kurzem unter einem Dach vereint. Würden Sie aus Ihrer persönlichen
Erfahrung heraus von einem erfolgreichen Zusammenschluss sprechen? Bedeutet der Zusammenschluss,
dass auch die aufsichtsrechtlichen Vorschriften für die verschiedenen Sektoren harmonisiert wurden, und
wenn nicht, womit wird die unterschiedliche Behandlung begründet?
Vor kurzem wurden die Aufsichtsbehörden in den Niederlanden reformiert. Bitte erläutern Sie die
grundlegenden Ziele der Reform. Wie sieht Ihre konkrete Zusammenarbeit mit der niederländischen
Zentralbank aus, die für die Bankenaufsicht zuständig ist? Welche Aufsichtsverfahren werden bei
einheimischen großen, diversifizierten Konglomeraten angewandt, wie sie in den Niederlanden ja
existieren? Wie stehen Sie zur internationalen Zusammenarbeit? Wie können Institutionen beaufsichtigt
werden, die weltweit agieren?
Worin besteht die Besonderheit der Beaufsichtigung von Versicherungen und Pensionsfonds? Sind
Versicherungen den finanziellen Risiken und Systemrisiken anders ausgesetzt als andere Unternehmen
(11. September)? Mit welchen Argumenten lässt sich die Beibehaltung getrennter Regulierungsbehörden
für Banken und Versicherungen rechtfertigen?
Sind Sie der Auffassung, dass im Bereich der Versicherungen und der Pensionsfonds derzeit international
ausreichend zusammengearbeitet wird? Kann in Europa eine spezifische Politik für die Beaufsichtigung
und Regulierung von Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds festgelegt werden?
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Könnte ein Fall wie Enron (die Altersvorsorge der Beschäftigten löste sich nach dem Zusammenbruch des
Unternehmens praktisch in Luft auf) auch in Europa auftreten? Wie sehen die derzeit geltenden
Regelungen aus, mit denen verhindert werden soll, dass Rentner aufgrund von negativen
Marktbedingungen ruiniert werden? Werden in diesem Bereich strengere Regelungen benötigt?
An Prof. Fernando Teixeira dos Santos:
Kann über die Beaufsichtigung von OGAW in derselben Weise gesprochen werden wie über die
Beaufsichtigung von Banken und Versicherungen? Sind OGAW speziellen Risiken ausgesetzt?
Wo sind vor dem Hintergrund der Schaffung einer einheitlichen Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor in
einigen europäischen Ländern die Gründe dafür zu sehen, dass die Aufsichtsbehörde, die für die
Verhaltensregeln im Geschäftsverkehr zuständig ist, von den Aufsichtbehörden für Banken und
Versicherungen getrennt wird?
Welche Reform müsste im Lichte des Enron-Skandals im Bereich des Wertpapierhandels am dringlichsten
durchgeführt werden, damit ein weiterer Fall Enron verhindert werden kann? Wäre ein solcher Fall in
Europa möglich? Warum?
Als Leiter der portugiesischen Aufsichtsbehörde sind Sie auch Mitglied des Ausschusses der europäischen
Wertpapierregulierungsbehörden (CESR). Wie beurteilen Sie den Grad der Zusammenarbeit zwischen den
nationalen Regulierungsbehörden? Sind Sie derzeit der Auffassung, dass Informationen zwischen den
Regulierungsbehörden in Europa schnell ausgetauscht werden? Können die bestehenden Verfahren noch
verbessert werden? Wie sehen Sie die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den
nationalen Regulierungsbehörden bei der Umsetzung von Richtlinien, deren Inhalte den LamfalussyVorschlägen folgen? Besteht die Gefahr, dass es im gegenwärtigen Modell zu Unklarheiten bei der
Abgrenzung von Ebene 2 und Ebene 3 kommen kann?
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