Aufregende Fußballspiele Tipps zur Fußball-EM Die politischen Ereignisse in der Ukraine und der Umgang der ukrainischen Regierung mit Julia Timoschenko und anderen politischen Gefangenen überschatten die Fußball-Europameisterschaft. Trotzdem werden viele Millionen Zuschauer, darunter viele Herzpatienten, das Turnier vor dem Fernseher mitverfolgen. Bekanntlich wird das Zuschauen bei einer Fußball-EM oder -WM emotionaler und im :migZb[Vaa hd\Vg higZhh^\Zg! _Z lZ^iZg Y^Z A^ZWlingsmannschaft in die Endrunde kommt und je spannender die Begegnungen werden. Nicht alle Menschen sind bei einem spannenden Fußballspiel gleichermaßen gefährdet, wie die Deutsche Herzstiftung betont: „Ein Mensch mit einem gesunden Herzen kann allein durch die Aufregung beim Anschauen eines Fußballspiels normalerweise weder einen Herzinfarkt noch einen plötzlichen Herztod erleiden, auch wenn das Spiel noch so spannend ist”, unterstreicht der Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Jedoch kann bei herzkranken Menschen dieser emotionale Stress in eine lebensbedrohliche Situation umschlagen. Im schlimmsten Fall führt er zum Herzinfarkt oder zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen, wie Untersuchungen bei 4 279 Patienten im Raum München während der Fußball-WM 2006 in Deutschland gezeigt haben. Das Forscherteam nutzte damals die WM 2006, um die Bedeutung und Häufigkeit von emotionalem Stress als Auslöser für eine Herzattacke zu dokumentieren. Die Studie Cardiovascular Events during World Cup Soccer1, in der diese Herznotfälle unter der Leitung von PD Dr. med. Ute WilbertLampen vom Universitätsklinikum Großhadern der LMU München untersucht wurden, dokumentiert, dass sich deren Zahl während 1 New England Journal of Medicine, 2008, vol. 358:475-83 32 der WM an den sieben Spieltagen der deutschen Elf deutlich erhöhte. Dies war besonders der Fall bei Patienten mit einer bekannten koronaren Herzkrankheit (KHK), die mit einer krankhaften Einengung der Herzkranzgefäße einhergeht. Damit es beim Zuschauen während der EM 2012 zu keinem unerwünschten Ereignis wie einer Herzattacke kommt, gibt die Deutsche Herzstiftung Herzpatienten wichtige Tipps. Wir haben die Leiterin der Münchener Studie PD Dr. med. Ute Wilbert-Lampen von der LMU München gefragt: Wie können sich Patienten mit einer bekannten KHK vor dem Spiel vor einer Herzattacke schützen? Q KHK-Patienten sollten vor einem Stressereignis die Art der verabreichten Medikamente und ihre Dosierung vom Arzt überprüfen lassen: Liegt neben der koronaren Herzerkrankung zusätzlich ein erhöhter Blutdruck vor, sollte überprüft werden, ob z. B. neben ACE-Hemmer und Betablocker ein weiteres blutdrucksenkendes Medikament verabreicht werden muss. Wichtig für den Schutz vor einer Herzattacke ist auch, Cholesterinsenker und ASS regelmäßig einzunehmen. Viele Risikofaktoren und akute Notfallsituationen sind beeinflussbar, wenn die Medikamente regelmäßig kontrolliert und konsequent eingenommen werden. Professor Meinertz, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung, gibt Patienten mit einer bekannten KHK und Patienten mit Herzrhythmusstörungen folgende Empfehlungen: Q Patienten mit KHK sollten vor dem Spiel die Betablocker-Dosis erhöhen und bei akut einsetzender Angina pectoris früh- zeitig Nitrospray nehmen. Patienten, die dazu neigen, auf emotionalen und körperlichen Stress mit Angina-pectoris-Anfällen zu reagieren, können vorbeugend Isosorbiddinitrat lutschen. Dessen Wirkung hält bis zu vier Stunden an. Bei sehr unruhigen und erregten Patienten – häufig schon in der Erwartung des Spiels – kann die zusätzliche vorbeugende Einnahme eines Beruhigungsmittels – ausnahmsweise – sinnvoll sein. Q Bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen o#7# ]~j[^\Z :migVhnhidaZc! Vc[VaahlZ^hZh Vorhofflimmern), bei denen es auch in der Vorgeschichte schon häufiger durch psychische Belastungen oder Stress zur Auslösung solcher Rhythmusstörungen gekommen ist, kann die vorherige Einnahme eines Beru- higungsmittels – ausnahmsweise – sinnvoll sein. Q Kommt es zu einem Herzanfall mit Brustschmerzen, die für einen Herzinfarkt sprechen, auf keinen Fall zuerst den Hausarzt, sondern sofort den Rettungswagen mit der 112 rufen! Bei Herzinfarkt gilt: Je eher der Herzinfarktpatient in der Klinik behandelt wird, umso mehr Herzmuskel und damit auch Pumpkraft des Herzens kann erhalten werden. Verlust von Herzmuskel führt zur Herzschwäche und verschlechtert die Lebensqualität des Patienten erheblich. Q Jeder – nicht nur Risikopatienten wie Raucher, Bluthochdruckpatienten, Diabetiker oder Patienten mit krankhaft hohem Cholesterinspiegel – sollte die Infarkt- 33 Alarmzeichen kennen: schwere, länger als fünf Minuten anhaltende Schmerzen im Brustkorb, die in Arme, Schulterblätter, Hals, Kiefer und Oberbauch ausstrahlen können. Auch ein starkes Engegefühl, heftiger Druck und ein Brennen im Brustkorb, Übelkeit und Atemnot gehören zu den Symptomen. Bei Frauen sind Atemnot, Übelkeit, Schmerzen im Oberbauch, Brechreiz und Erbrechen häufiger als bei Männern alleinige Alarmzeichen. Wenn Brustschmerzen bei minimaler Belastung oder in Ruhe auftreten, muss genauso schnell wie beim Herzinfarkt gehandelt werden. (wi) Erfahrungen unserer Leser So berichten unsere Leser über Ihre Erfahrungen während der WM 2010 in Südafrika: Hildegard K. aus Lüneburg: Generell beschäftige ich mich bei aufregenden TV-Sendungen u. a. mit meiner Fachliteratur, regle meine Ablage und erledige kleinere Arbeiten. Alle Arbeiten lassen sich beim Fernsehen hervorragend auf einem Knietablett erledigen. Vielleicht ist mein Tipp eine Anregung für andere Menschen. Angelika N. aus Konstanz: Jeder denkt ja an ein entspanntes Fernsehen, nur nicht an so etwas. Schon der Gedanke daran kann aufregen. Gerlinde T. aus Berlin: Ich finde Ihren Hinweis sehr sinnvoll. Ich hatte schon einmal (aber nicht wegen Fußball) Vorhofflimmern und werde mich hüten, spannende Fußballspiele anzusehen. Kurt M. aus Darmstadt: Ich bin 85 Jahre alt und habe seit vielen Jahren eine gut eingestellte KHK. Es ist mir bewusst, dass mich Liveübertragungen von Fußballspielen wie auch harte Kriminalfilme sehr aufregen und ich vermeide daher diese Sendungen. Lieber warte ich die Ergebnisse in den Nachrichten ab und schone somit mein Herz. Peter P. aus Krefeld: Als KHK-Patient habe ich die geschilderten Probleme selbst erkannt und begnüge mich damit – obgleich früher selbst Fußballspieler – nur von Zeit zu Zeit das Resultat und einige Spielszenen zu sehen! Eishockeyspiele darf ich gar nicht mehr besuchen. Karin A. aus Berlin: Ich hatte bei der Kanzlerwahl vor Aufregung schon mal Vorhofflimmern und musste ins Krankenhaus. Das Herz kann erstaunlich schnell aus dem Takt kommen. Karl-Heinz W. aus Düsseldorf: Meine 4 Bypässe sind mir 1982 gelegt worden. In diesem Jahr ist Kammerflattern aufgetreten. Bei Herzklopfen sehe ich mir nur die 1. Halbzeit an und gehe zwischendurch mal raus. Karl S. aus Winterthur: Da ich seit Jahren an Herzrhythmusstörungen leide, 2006 einen Bypass bekam, und 2008 ein Herzschrittmacher eingesetzt wurde, schaue ich mir keine aufregenden Sportveranstaltungen mehr an. Nach Beendigung der Spiele, wenn das Resultat bekannt ist, versuche ich, wenn das Spiel wiederholt wird, es mir anzusehen. Frank S. aus Grevenbroich: Ich verfolge immer Ihre Tipps und Anregungen. Wenn ich sie nicht direkt für mich verwenden kann, dann wenigstens für andere, die ich kenne und die davon betroffen sind. 34 Die Namen hat die Redaktion anonymisiert.