Charakterisierung eines Ziegler-Natta

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Charakterisierung eines Ziegler-Natta-Modellkatalysators
für die Polyethylen-Herstellung Untersuchungen mit ESR und IRAS bei der
Präparation und Ethylen-Polymerisierung
Dissertation
zur Erlangung des Grades
eines Doktors der Naturwissenschaften
der Fakultät für Chemie
der Ruhr-Universität Bochum
von
Jörg Schmidt
aus Mülheim (Ruhr)
Bochum und Berlin 2001
Tag der mündlichen Prüfung:
06.12.2001
Prüfungskommission:
Vorsitzender:
Prof. Dr. W. Sander
Referent:
Prof. Dr. H.-J. Freund
Korreferent:
Prof. Dr. M. Muhler
Prüfer:
Prof. Dr. W. Sander
Die vorliegende Arbeit wurde im Zeitraum Juli 1997 bis März 2001 in der Abteilung Chemische
Physik des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin angefertigt.
Danksagung
Ich bedanke mich bei Herrn Prof. Dr. Hans-Joachim Freund für die interessante Themenstellung,
die Betreuung und den gewährten Freiraum bei der Bearbeitung dieses Themas.
Ebenfalls danken möchte ich Herrn Dr. Heiko Haman und Herrn Dr. Thomas Risse für ihre
Unterstützung in fachlichen, organisatorischen und zwischenmenschlichen Bereichen.
Mein Dank gilt Herrn Walter Wachsmann für die praktische Unterstützung meiner Experimente
und der Literatur-Recherche und Herrn Dipl.-Phys. Mohsen Mozaffari-Afshar für die gute
Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe.
Ich bedanke mich bei allen Doktoranden, Technikern und Arbeitsgruppenleitern der Abteilung
Chemische Physik am Fritz-Haber-Institut für die vielen kleinen Hilfen und Ratschläge, ohne die
man in der Forschung nicht erfolgreich sein kann. Ebenfalls danke ich allen Mitarbeitern der
Werkstätten und den Haustechnikern für die gute Unterstützung dieser Arbeit.
Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir dieses Studium ermöglicht haben, und
meinen Freunden für die vielen aufmunternden Worte.
1. EINLEITUNG
7
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
9
2.1 Ziegler-Natta-Katalysatoren und Polymerisation
9
2.2 ESR-Spektroskopie
2.2.1 Das freie Elektron
2.2.2 Radikal-Moleküle – Molekulare Anisotropie
2.2.3 Farbzentren
2.2.4 Leitungsband-ESR (CESR)
2.2.5 Titan (+III)
2.2.6 Signalverbreiterung durch Dipol-Kopplung und Superaustausch
14
14
17
19
20
21
23
2.3 IR-Reflektionsabsorptions-Spektroskopie
2.3.1 Überblick
2.3.2 Lichtabsorption durch Molekülschwingungen
2.3.3 IR-Frequenzen und -Intensitäten adsorbierter Moleküle
25
25
26
27
2.4 Auger-Elektronen-Spektroskopie
2.4.1 Verfahren – Qualitative Messungen
2.4.2 Quantitative Messungen - Filmdicken
2.4.3 Quantitative Messungen - Stöchiometrie
30
30
31
32
3. EXPERIMENTELLES
35
3.1 Das UHV-System
35
3.2 Das ESR-Spektrometer
3.2.1 Überblick über das Gerät
3.2.2 Justage der Probe zur Messung
39
39
42
3.3 Das IR-Spektrometer
3.3.1 Überblick über das Gerät
3.3.2 Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie (FTIR)
44
44
45
3.4 Das AES-/LEED-Spektrometer
48
3.5 Verwendete Chemikalien
50
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
51
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
4.1.1 Einführung
4.1.2 Erzeugen des Magnesiumchlorid-Films
4.1.3 Bestimmung der Filmdicke und -struktur
4.1.4 Dichtigkeit des Films
4.1.5 Defektgenerierung im Magnesiumchlorid
53
53
55
58
60
61
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
4.2.1 Einführung
4.2.2 Verankerung durch Elektronenbeschuß bei Raumtemperatur
4.2.3 Verankerung durch Auffrieren
71
71
72
76
4.2.4 Chemischer Zustand des Titans
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
4.3.1 Reaktion mit Trimethylaluminium (TMA) bei 40 K
4.3.2 Reaktion mit Trimethylaluminium (TMA) bei Raumtemperatur
4.3.3 Reaktion mit Triethylaluminium (TEA)
4.4 Polymerisierung von Ethylen
4.4.1 Durchführung und Charakterisierung
4.4.2 Reaktionsverlauf
4.4.3 Veränderung des Reaktionszentrums
5. ZUSAMMENFASSUNG
80
85
85
98
98
99
99
106
113
117
5.1 Übersicht über die Katalysator-Präparation
117
5.2 Ergebnisse
118
6. LITERATUR
121
1. EINLEITUNG
7
1. Einleitung
Polyethylen und Polypropylen sind als moderne Kunststoffe aus dem täglichen Leben nicht mehr
weg zu denken. Von Verpackungen über Gehäuse und Isolierungen bis hin zu fertigen
Gebrauchsgegenständen reicht die Anwendung. Durch das Fehlen von Heteroatomen,
insbesondere Halogeniden, in diesen Kohlenwasserstoffen
gelten
sie
als
besonders
umweltfreundlich.
Ein Großteil der Herstellung verläuft dabei in heterogener Katalyse. Seit den Entwicklungen Karl
Zieglers und Giulio Nattas in den späten fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts finden hier die
sogenannten Ziegler-Natta-Katalysatoren ihren Einsatz. Mit diesen Katalysatoren werden hohe
Umsätze der Monomere und gleichzeitig die Ausbildung der Polymere als lange isotaktische
Ketten erzielt [Bar87, Nat63].
Nach dem Ziegler-Natta-Verfahren werden heute im großtechnischen Maßstab lineares
Niederdruck-Polyethylen, hoch-isotaktisches Polypropylen, kristallines Polystyrol und cis-1,4Polybutadien hergestellt [Bar87, Nat63]. Fast die gesamte Welt-Produktion von Polypropylen
(50 Megatonnen/Jahr) wird mit Hilfe diesen Verfahrens hergestellt [Fin94, Mag00].
Die Identifizierung und Charakterisierung der Polymerisationszentren auf Substrat getragenen
Katalysatoren wurde bisher meist auf indirekten Wegen wie Polymer-Produkt-Analysen versucht
[Bar87, Dus93, Kim00c]. Angesichts der heterogenen Natur des Katalysators ist jedoch das
Wissen über die Oberflächen-Eigenschaften von fundamentaler Bedeutung für die Beschreibung
der aktiven Zentren und das Verstehen des Polymerisationsmechanismus [Gas87, Jen98]. Hierzu
existieren frühere Arbeiten mit Elektronspinresonanz-Messungen [Übersichten in Bar87, Dus93],
die jedoch alle Aufschlämmungen von Modellkatalysatoren mit organischen Lösungsmitteln
untersuchten und zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen.
In der vorliegenden Arbeit wird ein neuer Modellkatalysator entwickelt, der einem
Industriekatalysator der sogenannten dritten und vierten Generation ähnelt,
und im
Ultrahochvakuum und in Ethylen-Atmosphäre untersucht. Dieser Modellkatalysator besteht aus
Titanchloriden
und
Aluminiumtrialkylen,
wobei
die
Titanchloride
auf
einem
Magnesiumdichlorid-Substrat verankert sind. Der Modellkatalysator polymerisiert Ethylen.
Anhand dieses Modellkatalysators werden mehrere Fragen untersucht, die für die Modellierung
zukünftiger Ziegler-Natta-Katalysatoren von entscheidender Bedeutung sind:
8
1. EINLEITUNG
a) Welche Rolle spielt das Substrat Magnesiumchlorid für die Katalyse?
b) Welchen Oxidationszustand besitzt das Titan während Präparation und Reaktion?
c) Wie reagieren Titan und die Aluminiumtrialkyle miteinander?
d) Welche Hinweise gibt es zum Reaktionsmechanismus?
e) Welche Faktoren beeinflussen die Aktivität und den Aktivitätsverlust des Katalysators?
Darüber hinaus werden einige weitere Aspekte diskutiert, die sich teilweise erst im Laufe der
Untersuchungen als relevant erwiesen haben und daher nicht von vorneherein in den
Fragenkatalog aufgenommen werden konnten. Hierzu zählt zum Beispiel die Charakterisierung
von Fehlstellen im einkristallinen Magnesiumchlorid und ihre Wechselwirkung mit Verfahren
und Stoffen, die für die Modellkatalysator-Herstellung eingesetzt werden.
Für die Bearbeitung dieser Fragestellungen konnte auf die Elektronenspinresonanz und die
Infrarotabsorptionsspektroskopie als Meßverfahren zurückgegriffen werden. Da mit dem
Modellkatalysator im Ultrahochvakuum gearbeitet wurde, um eine störende Adsorption von
Teilchen aus der Gasphase auf der Oberfläche zu vermeiden, konnten zusätzliche Meßmethoden
eingesetzt werden: Auger-Elektronen-Spektroskopie, Beugung niederenergetischer Elektronen
(LEED) und Thermische Desorption.
2.1 Ziegler-Natta-Katalysatoren und Polymerisation
9
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Ziegler-Natta-Katalysatoren und Polymerisation
Im Jahre 1953 fand Karl Ziegler einen Polymerisationsprozeß für Ethylen bei milden Reaktionsbedingungen unter Verwendung eines metallorganischen Mischkatalysators aus TiCl4 und
Al(C2H5)3 [Zie53]. Giulio Natta setzte diesen und seine Modifikationen für Polymerisationen
von Propylen und anderen Olefinen ein [Nat54], so daß die Katalysatoren aus einer
Übergangsmetallverbindung und einer Hauptgruppenmetall-Alkylverbindung den Namen
Ziegler-Natta-Katalysatoren bekamen.
Der komplexe Katalysator besteht gewöhnlich aus Titanchloriden (TiCl4 oder TiCl3) und
Aluminiumalkylen als Co-Katalysatoren. Bei den sogenannten Katalysatoren der ersten und
zweiten Generation können die beiden Bestandteile teilweise gelöst in homogener Phase oder
ungelöst in heterogener Phase vorliegen. Moderne Katalysatoren der dritten und vierten
Generation verwenden heterogene Bedingungen, denn für Polymerisate hoher Taktizität aus αOlefinen ist eine Absorption der Titan-Komponente auf einer Oberfläche nötig [Nat63].
Technisch werden hierzu Titantetrachlorid und die Oberflächen von SiO2, MgO, Al2O3 oder
MgCl2 als Substrate benutzt [Dus93].
Der Zutritt des Edukts Ethylen kann sowohl über die Gasphase als auch über organische
Lösungsmittel, in denen der Katalysator aufgeschwemmt ist, geschehen. Die Gasphase wird
vornehmlich industriell genutzt [Jej90], Aufschwemmungen häufig bei Laborsystemen. Typische
Polymerisationsbedingungen sind [Alb96, Bar87, Kis85]:
Temperaturbereich: 273 - 373 K (häufig 290 - 350 K)
TiCl4/MgCl2-Mol-Verhältnis: 0,02 - 0,16
AlEt3/TiCl4-Mol-Verhältnis: 20 - 100
10
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
Abbildung 2.1: Titanchlorid auf Magnesiumchlorid-Träger (Modell)
Die Entdeckung aktiven Magnesiumchlorids als idealem Träger für die Fixierung von Titantetrachlorid und seiner Derivate eröffnete ab 1975 neue Möglichkeiten im Bereich der ZieglerNatta-Katalyse [Bar87]; das aktive Magnesiumchlorid besteht aus gemahlenen Kristalliten und
besitzt daher eine große Oberfläche. TiCl4/MgCl2-Systeme zeigen eine sehr hohe Aktivität
[Dus93] und bieten für die Industrie den Vorteil niedriger Produktionskosten. Zwar sind sie für
die Produktion isotaktischer Polypropylene ohne Zusätze nicht selektiv genug [Bar87], jedoch
kann dies durch Zugabe geeigneter Lewis-Basen kompensiert werden. Für die PolyethylenHerstellung – insbesondere hochwertiger, unverzweigt langer PE-Ketten - sind sie direkt
einsetzbar. Die Fixierung des Titantetrachlorids geschieht technisch durch gleichzeitiges Mahlen
von TiCl4 mit Magnesiumchlorid (s. Abbildung 2.1). So kommt dieser Ziegler-Natta-Katalysator
in der Industrie als Pulver und Granulat zum Einsatz. Der Katalysator ist hochempfindlich gegen
polare Substanzen und gegen Sauerstoff und Wasser, so daß ein Luftzutritt vermieden werden
muß [Nat63].
Durch das Mahlen kristallinen Magnesiumchlorids zur Fixierung des Titantetrachlorids kommt
es zu einer Aufspaltung in kleine Kristallite, die über eine große Oberfläche mit vielen Defekten
und unterschiedlichsten Kristallflächen teilweiser hoher Miller-Indizes [Kor99] verfügen. Man
spricht von „aktivem Magnesiumchlorid“ [Bar87, Mag97]. Die ihm zugeschriebene Wirkung
2.1 Ziegler-Natta-Katalysatoren und Polymerisation
11
beruht nicht nur auf dem wirkungsvollen Feinverteilen des aktiven Titans [Kim00c], sondern
auch auf einer elektronischen Wechselwirkung mit der aktiven Titan-Spezies, die die
Polymerisationsaktivität erhöht [Gal83, Ger84]. Es wird angenommen, daß insbesondere die
vier- und fünffach-koordinierten Magnesiumatome an den (110)- und (100)-Kristalloberflächen
des MgCl2 das Titanzentrum binden [Dus93, Cor91, Bar87], da sie Komplexe mit Titanchloriden
der Oxidationsstufen +II bis +IV bilden können [Bar87, Dus93]. Den Magnesium-Titan-ChloridKomplexen werden Elektronendichte-Verschiebungen zugeschrieben, deren Richtung aber sehr
kontrovers diskutiert wird [Dus93].
Als nächster Schritt in der Katalysatoren-Herstellung nach dem Fixieren der Titankomponente
folgt die Zugabe der aluminium-organischen Verbindung (Co-Katalysator) zur Aktivierung des
Ziegler-Natta-Katalysators. Beim Mischen geht das Titan nach intermediärer Komplexbildung
und Alkylierung gewöhnlich in eine niedrigere Wertigkeitsstufe (Ti3+ oder auch Ti2+) über
[Bar87, Dus93, Nat63]. Dabei werden folgende Bruttogleichungen angenommen:
allgemein
TiCl4 + Al-R → R-TiCl3 + AlCl → TiCl3 + AlCl + R•
für R = C2H5
2 TiCl4 + 2 Al-C2H5 → 2 TiCl3 + 2 AlCl + C2H4 + C2H6
Diese Reaktionsgleichungen konnten bisher nicht eindeutig verifiziert werden: Zwar sind die
Alkylierung und Reduktion des Titans [Bar87] unbestritten, der Reaktionsverlauf und weitere
Produkte jedoch nicht. Insbesondere das Entstehen von Alkylradikalen wird kontrovers
diskutiert. Die Belege hierfür sind rar [The77], es fehlen insbesondere breit-angelegte ESRUntersuchungen,
die
gegenüber
sonst
üblichen
chemischen
Nachweisverfahren
mit
Radikalfängern den Vorteil haben, nicht in die Reaktion einzugreifen und den Reaktionsverlauf
zu verfälschen. Maksimov und Mitarbeiter berichten 1974 von Radikal-Bildungen während der
Reduktion von TiCl4 auf Siliziumdioxid-Gel mit einem ESR-Signal bei g = 2,0 [Mak74], geben
aber keine weitere Beschreibung. Obwohl sie allgemein von Aluminiumorganylen als
Reaktionspartner sprechen, ist zu vermuten, daß sie ihre Beobachtung unter Verwendung von
Triisobutylaluminium machten. In späteren Veröffentlichungen findet sich diese Notiz nicht
mehr. Für R = Ethylrest ist das Radikal bisher nicht beobachtet worden, wohl aber Ethan, Butan
und Polyethylen als Folgeprodukt des sofort weiter reagierenden Ethylens [Nat63, The77].
Chemische Radikalnachweise blieben erfolglos [Vri61]. Daher nimmt man für Ethyl-Gruppen
12
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
die in der zweiten Reihe aufgeführte Disproportionierung an. Für Methylgruppen unterscheidet
sich der Zerfall des Titaniumorganyls in Abhängigkeit von der chemischen Umgebung [The77]:
In nicht koordinierenden Lösungsmitteln verläuft der Zerfall bimolekular unter Methan-Bildung
[Vri61], unter Radikalbildung hingegen in koordinierenden Lösungsmitteln wie Äther oder
Tetrahydrofuran [Bee59, Dya68]. Die Nachweise erfolgten chemisch, ESR-Spektren sind bisher
nicht bekannt.
Abbildung 2.2: Cossee-Mechanismus der Polyinsertion [Cos64]
M steht für Metall, R für die wachsende Polymerkette, X für Anionen
Der Mechanismus der Ziegler-Natta-Polymerisation ist bis heute ebenfalls nicht zweifelsfrei
geklärt. Man kann wohl als gesichert annehmen, daß das Olefin sich bei der Polymerisation
schrittweise unter cis-Öffnung der Doppelbindung in eine Metall-Alkylgruppen-Bindung
einschiebt
[Cor88,
Nat63,
Kei72,
Ewe84].
Ein
möglicher
Mechanismus
dieser
Polyinsertionsreaktion wurde von Cossee vorgeschlagen (Abbildung 2.2) [Cos64]. Da sich das
Olefin-Monomer in die Koordinationssphäre des Titans schiebt, spricht man auch von
"Koordinativer Polymerisation" [Ulb78].
Die für die katalytische Aktivität notwendige Oxidationsstufe ist nicht geklärt, in der Literatur
finden sich Hinweise für alle drei Oxidationsstufen +IV, +III und +II [Bar87, Dus93], wobei die
mittlere favorisiert wird. Möglichweise sind auch zwei Oxidationsstufen katalytisch aktiv.
Ebenfalls herrscht Unklarheit über weitere Effekte der Aluminiumalkyle neben der Reduktion
und den Einfluß der durch sie erzeugten Alkylreste am Titan auf die Reaktion [Bar87, Dus93].
Die Abnahme der Reaktionsrate mit der Zeit ist eine der Haupteigenschaften der OlefinPolymerisation mit heterogenen organometallischen Katalysatoren [Cza99]. Die Kinetik der
Polymerisation gehorcht einer Zerfallskinetik, das heißt, die Rate ist maximal zum Beginn des
Polymerisationprozesses und nimmt dann kontinuierlich mit der Zeit ab. Ein solches Verhalten
kann aus Diffusionsbeschränkungen des Monomer-Transports zum aktiven Zentrum resultieren
([Cza99] und dortige Referenzen). Ebenfalls ist aber auch eine chemische Deaktivierung der
2.1 Ziegler-Natta-Katalysatoren und Polymerisation
13
aktiven Zentren denkbar, ein Grund dafür könnte eine Reaktion der aktiven Zentren mit dem
Alkylaluminium-Co-Katalysator sein. Zusätzlich existieren Hinweise, daß die Abnahme der
Reaktionsgeschwindigkeit für die Polymerisation des Ethylens aus der Gasphase größer ist als
die für die Polymerisation in Aufschwemmungen organischer Lösungsmittel [Jej90].
Trotz Jahrzehnte langer Forschung existiert bis heute keine eindeutige und befriedigende
mikroskopische Beschreibung des katalytischen Zentrums [Mag95b, Mag96a]: Fragen nach
Beweisen für die Rolle des Magnesiumchlorids für die Katalyse, des Oxidationszustands des
Titans und seiner Veränderungen während Präparation und Reaktion sind noch zu beantworten.
Auch der Mechanismus des Alkylierens der Titanchloride durch den Co-Katalysator
Aluminiumalkyl und die folgende Reduktion unter möglicher Alkylradikal-Bildung ist noch
nicht eindeutig geklärt. Gleiches gilt für die Wirkungsweise des Katalysators, den
Reaktionsmechanismus.
Untersuchungen zu diesen offenen Fragen werden vor allem durch zwei Eigenschaften des
Ziegler-Natta-Katalysators erschwert: die Empfindlichkeit des Katalysators für Luft und
Feuchtigkeit und das Resultat, daß nur ein kleiner Teil der eingesetzten Katalysatorsubstanz aktiv
ist.
Das Problem der Empfindlichkeit gegen Luft und Feuchtigkeit versuchen viele Arbeitsgruppen
durch Verwendung organischer Lösungsmittel wie Hexan, Heptan, Toluen oder Tetrahydrofuran
zu lösen. Unterschiedliche Lösungsmittel und Reaktionsbedingungen bei der KatalysatorHerstellung führen dabei jedoch zu uneinheitlichen Ergebnissen (s. zum Beispiel Überblicke von
Barbé und Dusseault [Bar87, Dus93]) und erschweren die Beantwortung der obigen Fragen.
Die Eigenschaft des Ziegler-Natta-Katalysators, daß nur ein kleiner Teil der eingesetzten
Katalysatorsubstanz katalytisch aktiv ist, bereitet große Schwierigkeiten Der Prozentsatz dieses
Teils kann nur abgeschätzt werden und mögliche weitere Eigenschaften, die ihn vom inaktiven
Rest unterscheiden, sind nicht bekannt. Dies erschwert die Auswertung der in der Regel
benutzten mittelnden Meß-Methoden. Beispielsweise ist bei einigen Ziegler-Natta-Katalysatoren
der Anteil der aktiven Zentren, von denen das Kettenwachstum ausgeht,
bezogen auf die
Gesamtzahl der Titanatome zu kleiner als 1 % bestimmt worden [Nat58], für andere wurde bis zu
10 % berechnet [Nat63].
14
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.2 Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR)
Die Elektronen-Spin-Resonanz (ESR) ist im Rahmen der Oberflächen-Wissenschaften noch kein
gängiges Verfahren. Sie bietet aber große Möglichkeiten zur Untersuchung von Reaktionen, in
denen paramagnetische Moleküle oder Kristallstrukturen entstehen. Bei geeigneten Systemen
liefert sie nicht nur den Nachweis dieser Verbindungen, wie Radikale oder Kristalle mit
Farbzentren, sondern auch Informationen über die chemische Umgebung der ungepaarten
Elektronen. Um diese Informationen aus den ESR-Spektren erhalten zu können, müssen die
Faktoren, die die Form des Spektrums bestimmen, bekannt sein. Sie werden im folgenden
vorgestellt.
Dazu wird zunächst die paramagnetische Elektronenspinresonanz am Beispiel des freien
Elektrons eingeführt. Es folgt die Betrachtung der Einflüsse intramolekularer Wechselwirkungen,
die die Gestalt des ESR-Spektrums wesentlich bestimmen.
2.2.1 Das freie Elektron und Intensitäten von Ensemblen
Aus der Quantenmechanik ist bekannt, daß Elektronen einen Drehimpuls besitzen. Nach der
klassischen Elektrodynamik verfügen sie aufgrund ihrer Ladung und ihres Drehimpulses über ein
magnetisches Moment. Das magnetische Moment ist direkt verknüpft mit dem Bahn- und EigenDrehimpuls (Spin) des Elektrons. Im Falle des freien Elektrons ist nur der Eigen-Drehimpuls zu
&
&
betrachten. Drehimpuls S und magnetisches Moment µ S sind über die Beziehung
&
g µ &
µS = − e B S
!
miteinander verknüpft und damit direkt proportional zueinander. Dabei sind ! das Plancksche
Wirkungsquantum (h/2π, [Js]) und µB eine häufig verwendete Grundgröße des magnetischen
Moments (Bohrsches Magneton µB = e ! /2me, [J/T]). Der sogenannte Landésche-g-Faktor ist
eine teilchenspezifische, dimensionslose Konstante, die für den Fall reinen Spin-Magnetismus'
des Elektrons den Wert ge = 2,002319 besitzt [Kos87].
&
Bringt man das Elektron in ein homogenes Magnetfeld der Flußdichte B0 , so ist seine Energie
von der Ausrichtung des magnetischen Moments zum äußeren Feld abhängig. Die Wechsel-
2.2 Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR)
15
&
wirkungsenergie eines magnetischen Dipols µ S mit einem Magnetfeld ist klassisch gegeben
durch
& &
E = − µ S ⋅ B0 =
g µ & &
= e B S ⋅ B0
!
Das Elektron als mikroskopisches Teilchen wird präziser durch die Quantentheorie beschrieben.
&
Nach der Quantentheorie besitzt ein Drehimpuls J bezüglich einer ausgezeichneten Achse z, die
&
hier durch die Richtung des Magnetsfeld B0 definiert wird, nur diskrete Einstellungsmöglichkeiten und damit diskrete Energiezustände. Diese sind gekennzeichnet durch die maximale
Komponente in Feldrichtung Jz,max (in Einheiten von ! ) und die Quantenzahl mJ, die die Werte
von –J bis J in ganzzahligen Schritten annehmen kann. Sie gibt damit die Komponente in
Feldrichtung Jz von J an. Ein freies Elektron besitzt nur die beiden Einstellungsmöglichkeiten
mS = −½ oder +½, da es keinen Bahndrehimpuls hat. Damit kann auch die Energie des freien
Elektrons im homogenen Magnetfeld nur zwei Werte annehmen und die Energiedifferenz beträgt
∆E = ge µB B0.
Dies wird als Zeeman-Effekt des Elektrons bezeichnet. Ein Übergang zwischen den beiden
Energieniveaus kann durch Einstrahlen elektromagnetischer Strahlung der Energie hν = ∆E
erzeugt werden:
hν = ge µB B0.
(Resonanzgleichung)
Um ein ESR-Spektrum zu erhalten, kann man entweder die Stärke des äußeren Magnetfelds oder
die Frequenz der Anregungsstrahlung variieren. Da die Frequenz im Bereich der
Mikrowellenstrahlung liegt und dort technisch bedingt nicht einfach zu verändern ist, wird sie bei
fast allen Spektrometern konstant gehalten und das Magnetfeld variiert. Für das Aufzeichnen der
ESR-Spektren verwendet man die Lock-In-Technik, so daß die Signale in differenzierter Form
erfaßt werden.
Bei einem Ensemble ungepaarter Elektronen führt das äußere Magnetfeld durch Ausrichtung der
magnetischen Dipolmomente zu einer magnetischen Polarisation (kurz meist Magnetisierung
genannt) der zu untersuchenden Probe. Die Polarisation ist proportional zur Feldstärke, der
Proportionalitätsfaktor heißt magnetische Suszeptibilität χ.
Mikrowellenstrahlung zur Änderung
der
Polarisation
stellt
Bei der Verwendung von
sie
sich
als
komplexe
16
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
Hochfrequenzsuszeptibilität dar, deren imaginärer Anteil χ‘‘ die Strahlungsabsorption enthält.
Gemessen wird dχ‘‘/dB0. χ‘‘ zeigt Proportionalität zu anderen Größen [Abr70]:
χ' ' ~
N ⋅µ S
T
2
Daraus kann man folgende Aussagen ableiten.
a) Die Intensität des Meßsignals – die Strahlungsabsorption in Abhängigkeit des Magnetfelds –
ist proportional zur Anzahl N der magnetischen Momente der Probe, die beim hier
betrachteten Ensemble den ungepaarten Elektronen entsprechen. (Für ein typisches ESRExperiment im X-Band, 8 - 12 GHz, werden 1012 Spins benötigt.)
b) Die Intensität zeigt Curie-Verhalten (1/T-Abhängigkeit). Abweichungen von diesem
Verhalten weisen auf Wechselwirkungen der Spin tragenden Moleküle untereinander oder
mit dem Substrat hin. Dabei kann es sich um magnetische oder chemische Modifikationen
handeln. Letztere sind meist irreversibel. Zur Erhöhung der Nachweis-Empfindlichkeit sind
tiefe Temperaturen erwünscht.
Einer Intensitätserhöhung durch Erniedrigung der Temperatur sind allerdings Grenzen durch die
Relaxation des Systems gesetzt, dem Abfließen der eingestrahlten Energie. Die eingestrahlte
Energie muß möglichst rasch wieder abfließen, ansonsten befinden sich nach kurzer Zeit ebenso
viele magnetischen Momente im angeregten Zustand wie im Grundzustand und die GesamtMagnetisierung ist null, das System kann keine Energie mehr absorbieren, es ist gesättigt.
Die Relaxation erfolgt strahlungslos auf zwei Wegen. Im ersten Fall wird die Energie durch
Kopplung an das Substrat, das sogenannte Gitter, weitergegeben. Die Rückkehr des Systems der
magnetischen Momente in den Gleichgewichtszustand verläuft häufig exponentiell und ist durch
die Spin-Gitter-Relaxationszeit t1 gekennzeichnet. Sie nimmt häufig mit sinkender Temperatur
zu.
Im zweiten Fall wird ein angeregter Spin-Zustand durch magnetische Dipol-Kopplung auf einen
benachbarten nicht-angeregten Spin-Zustand übertragen (Spin-Flip). Dieser Relaxationsprozeß
wird mit einer zweiten Relaxationszeit t2 beschrieben und ist in der Regel nicht
temperaturabhängig. Bei eng benachbarten Spins ist t2 klein und es kommt zu homogener
Linienverbreiterung des ESR-Signals, da die Linienbreite mit t2-1 korreliert.
2.2 Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR)
17
Um eine Sättigung des Spin-Systems bei Temperatur-Erniedrigung zu verhindern, kann die
eingestrahlte Mikrowellen-Leistung P reduziert werden. Da die Intensität des ESR-Signals aber
proportional zu P ½ und T -1 ist, kann eine Intensitätserhöhung durch Temperatur-Erniedrigung
unter Umständen durch die Leistungsrücknahme wieder kompensiert werden. Im Experiment
muß daher für jede Temperatur die Leistung, die zur Sättigung führt, bestimmt werden.
2.2.2 Radikal-Moleküle – Molekulare Anisotropie
Ungepaarte Elektronen in Molekülen unterscheiden sich in drei für die ESR relevanten Punkten
von freien Elektronen. Zum ersten differiert das lokale, am Spin wirkende Magnetfeld vom
erzeugten äußeren, da es durch Abschirmung oder Magnetfeld-Beiträge magnetischer Dipole in
der Molekülumgebung beeinflußt wird. Dieser Effekt ähnelt der sogenannten "chemischen
Verschiebung" in der NMR-Spektrospkopie [Wei94] und führt zu Strahlungsabsorption bei
anderen äußeren Magnetfeldstärken (genauer Magnetfeldflußdichten) als der des freien
Elektrons, wenn die Strahlungsfrequenz konstant gehalten wird. Da das lokale Magnetfeld für die
korrekte Resonanzbedingung nicht zugänglich ist, verwendet man zur Beschreibung in der
Resonanzgleichung das äußere Magnetfeld und führt sogenannte effektive g-Werte ein [Wei94].
Der zweite und der dritte Unterscheidungspunkt geben durch das ESR-Spektrum wichtige
Information zum Molekül selbst. Im Gegensatz zum freien Elektron sind die Elektronen von
Molekülen an das Molekülgerüst gekoppelt, dadurch erhalten sie räumlich anisotrope
Aufenthaltswahrscheinlichkeiten
und
einen
vom
besetzten
Molekülorbital
abhängigen
Bahndrehimpuls. Der Gesamtdrehimpuls des Elektrons setzt sich aus Spin- und Bahndrehimpuls
zusammen. Die Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung beim ESR-Experiment wird
abhängig von der Kopplung und der Orientierung des einfach-besetzten Molekül-Orbitals zum
äußeren Magnetfeld. Sie führt zu Verschiebungen des g-Werts und wird g-Wert-Anisotropie
genannt. Die g-Wert-Anisotropie beruht somit auf einer Beimischung des Bahndrehimpulses
zum reinen Spinmagnetismus.
Der dritte Unterschied zum freien Elektron ist begründet in den Kopplungen der magnetischen
Dipole der ungepaarten Elektronen mit den magnetischen Momenten der Atomkerne im
Molekül. Durch Kopplungen unterschiedlicher Spin-Zustände kommt es zu einer Reihe von
18
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
Resonanzbedingungen bei der Variation des äußeren Magnetfelds im ESR-Experiment. Dies ist
im Spektrum als Aufspaltung der ursprünglichen Resonanzlinie in mehrere Einzellinien zu
beobachten, die sogenannte Hyperfein-Aufspaltung. Da die Aufspaltung allgemein anisotrop,
also abhängig von der Orientierung des äußeren Magnetfelds zum Molekül ist, bezeichnet man
diesen dritten Effekt als Hyperfein-Anisotropie.
Die beiden letzten Effekte sollen nun kurz mathematisch dargestellt werden, da das ESRSpektrum nun nicht mehr durch die im vorhergehenden Abschnitt angegebene einfache
Resonanzgleichung sondern mit Hilfe der Quantenmechanik zu beschreiben ist.
Die g-Wert-Anisotropie bedingt, daß die Positionen der Resonanzen (bei Aufspaltungen die des
Zentrums der Linien) von der Orientierung des Moleküls zum äußeren Magnetfeld abhängig
sind. Die Beschreibung des ESR-Spektrums gelingt durch einen Hamiltonoperator H und die
Einführung eines g-Tensors g, der den skalaren g-Wert des freien Elektrons ersetzt und eine
orientierungsabhängige Beschreibung der Zeeman-Wechselwirkung ermöglicht.
H=
&
µB &
⋅ S ⋅g⋅ B
!
Der g-Tensor besteht im dreidimensionalen Raum aus 9 Komponenten und kann durch
Transformation diagonalisiert werden. Der Tensor ist dann durch die Angabe der
Hauptdiagonalelemente gxx, gyy und gzz vollständig charakterisiert.
Die Hyperfein-Anisotropie wird durch einen Tensor A analog zur g-Wert-Anisotropie
beschrieben. Der Hamilton-Operator erhält dadurch die Form
H=
& g g µ µ &
&
µB &
⋅S ⋅g⋅B + e N 2 B N ⋅S ⋅A⋅ I .
!
!
&
Hier sind µN das Kernmagneton, gN der Kern-g-Faktors und I der Kernspin. Verursacht der
Kernspin des Atomkerns, an dem das ungepaarte Elektron lokalisiert ist, die Wechselwirkung, so
spricht man von Hyperfeinwechselwirkung; handelt es sich um benachbarte Atome, wird sie
Superhyperfeinwechselwirkung genannt.
2.2 Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR)
19
Rotieren die Moleküle auf der Zeitskala des Experiments - bei Verwendung von MikrowellenFrequenzen um 10 GHz liegt sie im Mittel bei 10-10 s -, so ist die Orientierung der Moleküle
nicht mehr konstant für die Zeitdauer der Messung. Die anisotropen Beiträge mitteln sich zu
isotropen Komponenten und lassen sich dann wie folgt beschreiben:
g iso = 13 ⋅ Tr (g) = 13 ( g xx + g yy + g zz )
Aiso = 13 ⋅ Tr (A) = 13 ( Axx + Ayy + Azz )
Hier bezeichnet Tr(Tensor) die Spur der zugehörigen Matrix. Die Gleichungen beschreiben den
isotropen Grenzfall. Bei kleineren Rotationsfrequenzen ordnen sich zunächst die aus Kopplungen
resultierenden zusätzlichen Resonanzlinien symmetrisch um die zentrale Resonanz an, bei
weiterer Steigerung der Rotationsfrequenz werden die Linienformen symmetrisch.
2.2.3 Farbzentren
Ionenkristalle wie das verwendete Magnesiumchlorid können ESR-aktive Fehlstellen mit
ungepaarten Elektronen aufweisen. Diese Fehlstellen werden häufig durch Baufehler, Beschuß
mit Röntgen- oder Teilchenstrahlung („radiative coloring“) oder Zusätze elementarer Alkalioder Erdalkalimetalle („additive coloring“, „doping“) erzeugt. Bei diesen Fehlstellen können
Magnesium-Kationen oder Chlorid-Anionen im Ionengitter fehlen oder an Zwischengitterplätzen
sitzen.
Fehlt ein Chlorid-Anion, wird sein Platz zum Ladungsausgleich zuweilen von einem Elektron
eingenommen. Derartige Fehlstellen werden als Farbzentren ("F center") bezeichnet, da die
Elektronen einiger Farbzentren im Bereich sichtbaren Lichts angeregt werden können.
Farbzentren können sich im Festkörperinnern oder an der Oberfläche befinden [Mur95].
Farbzentren, die nur ein einziges Elektron enthalten, sind aufgrund des ungepaarten
Elektronenspins mit Hilfe der ESR nachweisbar.
Solche Farbzentren können wie bei den Radikalmolekülen Hyperfeinwechselwirkungen mit den
umgebenden
Ionen oder g-Wert-Anisotropie aufgrund anisotroper Abschirmung durch das
Kristallgitter bzw. räumlich ausgerichteter Elektronenorbitale zeigen.
20
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.2.4 Leitungsband-ESR (CESR)
Die thermische und elektrische Leitfähigkeit von Metallen entsteht durch jene Elektronen, die
nicht an ein einzelnes Metall-Ion gebunden sind, sondern sich frei durch die Zwischenräume des
Gitters
bewegen
können.
Elektronen
in
diesem
sogenannten
Leitungsband
können
Paramagnetismus zeigen, wenn ihre Spins nicht gepaart sind; ihre ESR-Absorption (Conduction
Electron Spin Resonance = CESR) unterscheidet sich jedoch von der ungepaarter Elektronen in
molekularen Verbindungen.
Ein Unterschied liegt im Verhalten der CESR-Intensität in Abhängigkeit von der Temperatur
[Ort68], da sich zwei Effekte aufheben. Nur diejenigen Elektronen nahe des Fermi-Niveaus EF
sind ungepaart und resonanzfähig, ihr Anteil an der Gesamtmenge der Elektronen ist
proportional zu kT/EF. Da die Signalintensität für eine feste Anzahl ungepaarter Elektronen
proportional zu (kT)-1 ist (s. Abschnitt 2.2.1), heben sich beide Effekte im Fall der CESR auf und
die Signalintensität wird unabhängig von der Temperatur.
Ein zweiter Unterschied kann die Lage und Form der Signale, insbesondere ihre Breite sein. Dies
liegt an der besonderen Natur der Leitungsband-Elektronen. Der Einfluß des Bahndrehimpulses
auf das magnetische Moment der Elektronen ist vernachlässigbar, da die Elektronen nicht festen
Atom- oder Molekülorbitalen zugeordnet sind, sondern sich frei im Leitungsband bewegen.
Daher werden die Spin-Bahn-Kopplungen klein sein und g-Werte bei dem des freien Elektrons
(ge) liegen [Ays67]. Auf der anderen Seite können starke Spin-Gitter-Wechselwirkungen
auftreten, wenn Schwingungs- und Translationsbewegungen der Elektronen mit den
Gitterschwingungen gekoppelt sind.
Zu einer Verbreiterung von Resonanzlinien im Spektrum kann es kommen, wenn die
Leitungsband-Elektronen eine hohe Stoßrate untereinander aufweisen, da die hohe Stoßrate die
Lebensdauer eines gegebenen Spinzustands verkürzt [Ays67]. Die Linienverbreiterung führt zu
einer Verteilung der Gesamt-Intensität über einen großen Magnetfeldstärken-Bereich im
Spektrum und erschwert den Nachweis von CESR-Signalen. Bei der Untersuchung massiver
Metallproben kann die Sensitivität für CESR zusätzlich durch den „Skin-Effekt“ herabgesetzt
werden [Ays67]: Aufgrund der elektrischen Leitfähigkeit kann das oszillierende Magnetfeld der
elektromagnetischen Strahlung im Gigahertz-Bereich elektrisch leitende Metalle nur wenige
Ångstrøm penetrieren [Ays67] (ca. 104 Å bei 10 GHz) und daher nur einen Teil der CESRfähigen Elektronen erreichen. Durch die Verwendung weniger Monolagen dicker Metallfilme
wird der Skin-Effekt umgangen.
2.2 Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR)
21
2.2.5 Titan (+III)
Die ESR-Spektroskopie ist eine sehr sensitive Methode für das Studium der Übergangsmetalle,
da ihre d-Orbitale mit ungepaarten Elektronen besetzt sein können [Wec00]. Das
Nebengruppenelement Titan verfügt im Grundzustand über 22 Elektronen mit der
Elektronenkonfiguration [Ar] 3d2 4s2. In der Oxidationsstufe +III besitzt es ein ungepaartes dElektron ([Ar] 3d1), das Titan paramagnetisch werden läßt.
Das Termsymbol des Grundzustand ist 2D, da die Spinquantenzahl S = ½ beträgt und der
Bahndrehimpuls L = 2 ist. Der Gesamtdrehimpuls des Ti+3-Ions ergibt sich als Summe aus Spin
und Bahndrehimpuls. Seine Quantenzahl J variiert von |L - S| bis |L + S|, im Fall von Ti3+ beträgt
er also 3/2 oder 5/2, kurz geschrieben 2D3/2 und 2D5/2. Die beiden Zustände sind nicht entartet,
sondern durch die Spin-Bahn-Kopplung energetisch verschieden [Wei94], der 2D3/2-Zustand liegt
energetisch niedriger.
In einem magnetischen Feld unterscheiden sich die Energien für zwei Orientierungen des
Gesamtdrehimpulses durch die Energiedifferenz (s. Abschnitt 2.2.1)
∆E = g µB B0 ∆mJ.
Der effektive Landésche g-Faktor g ist hier verschieden von ge.
Im Festkörper ist das Titan-Ion von Anionen als Liganden umgeben, die ein elektrisches Feld
erzeugen, das sogenannte Kristallfeld. Das Kristallfeld hebt zum Teil die Entartung der dOrbitale auf. So erzeugen kubische, tetraedrische und oktaedrische Symmetrien in Kristallfeldern
einen dreifach entarteten T2-Zustand und einen zweifach entarteten E-Zustand. Für kubische und
tetraedrische Symmetrien liegt der E-Zustand tiefer, bei oktaedrischer Symmetrie der T2-Zustand.
Die Energieunterschiede sind für kubische und oktaedrische Felder vergleichbar, im
tetraedrischen Fall deutlich kleiner [Poo72]. Durch eine zusätzliche Verzerrung des Felds kann
es zu einer Erniedrigung der Symmetrie und zu einer weiteren Aufhebung von Entartungen
kommen (Abbildung 2.3) [Wei94].
Der Grundzustand als energetisch am tiefsten liegendes Energieniveau besitzt bei völliger
Aufhebung der Entartung kein Bahndrehmoment mehr [Ays67]. Man spricht von Auslöschung
des Bahndrehimpulses ("quenching"). Daher ist der Spin S wieder wie im Fall des freien
22
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
Elektrons entlang dem äußeren magnetischen Feld gequantelt, und man erhält g-Faktoren nahe
bei 2. Hier ist die Quantenzahl J also keine geeignete Quantenzahl zur Beschreibung des
Systems.
Abbildung 2.3: Energie-Aufspaltung des Titanions im Kristallfeld [Wei94]
U bezeichnet die innere Energie, die Ziffern die Entartung der Niveaus.
(a) oktaedrisches Feld, dann tetragonale Verzerrung
(b) tetraedrisches Feld, dann tetragonale Verzerrung
Die Spin-Bahn-Kopplung wirkt diesem Effekt des Kristallfelds entgegen und kann einen
Bahndrehimpuls-Anteil erhalten [Ays67]. Sie führt zu Beimischungen verschiedener
Orbitalniveaus zum Grundzustand. Das Ergebnis wird bestimmt durch das Verhältnis der
Einflüsse von Kristallfeld und Spin-Bahn-Kopplung. Die Abweichung des g-Werts von ge kann
betrachtet werden als Maß für dieses Verhältnis. In der ersten Periode der Übergangsmetalle
dominiert die Wechselwirkung mit dem Kristallfeld gegenüber der Spin-Bahn-Kopplung
[Poo72].
Hyperfeinwechselwirkungen sind mit zwei Isotopen des Titans möglich:
IN = 5/2 besitzt eine natürliche Häufigkeit von 7,28 % und
49
47
Ti mit Kernspin
Ti mit Kernspin IN = 7/2 eine
natürliche Häufigkeit von 5,51 %. Die Kernspins verursachen im isotropen Grenzfall eine
Aufspaltung des zugehörigen ESR-Signals in sechs bzw. acht Linien, so daß die der natürlichen
Häufigkeit entsprechenden kleinen Anteile an der Gesamt-ESR-Intensität auf sechs bzw. acht
Linien aufgeteilt werden; durch die daraus folgende schwache Intensität der einzelnen Linien
sind solche Hyperfeinwechselwirkungen meist nicht meßbar.
2.2 Elektronen-Spin-Resonanz-Spektroskopie (ESR)
23
2.2.6 Signalverbreiterung durch Dipol-Kopplung und Superaustausch
Die enge Nachbarschaft ESR-aktiver Ionen wie Titan (+III) kann zu Verbreiterungen der ESRSignale führen. Dadurch wird die Intensität über einen großen Feldbereich im ESR-Spektrum
verteilt und die Signale können nur schwer vom Untergrund unterschieden werden. Zwei dafür
verantwortliche Effekte sind die Dipol-Kopplung und der Superaustausch.
Im Falle dipolarer Kopplung modifizieren die Titan-Ionen die auf sie wirkenden lokalen
Magnetfelder gegenseitig. Das tatsächliche Resonanzfeld kann dann dargestellt werden als
Summe aus dem äußeren Feld und einem lokalen dipolaren Anteil [Chi82] durch ein
benachbartes paramagnetisches Titan-Ion (für isotropes g):
B = B0 ± ¾ gµB (1 - 3 cos2θ)/r3
Dabei ist θ der Winkel zwischen dem Titan-Titan-Vektor und dem verwendeten äußeren
Magnetfeld und r der Abstand der beiden Titanzentren. Im Falle von mehr als zwei Titanzentren
ist über alle Zentren zu summieren. Bei zufälliger Orientierung der paramagnetischen Ionen
kommt es über einen breiten Feldbereich zur Elektronenspinresonanz und somit zur
Signalverbreiterung.
Ein zweiter Effekt ist die Wechselwirkung durch Superaustausch. Austauschwechselwirkungen
werden durch die elektrostatische Abstoßung benachbarter ungepaarter, also magnetischer
Elektronen hervorgerufen und vom Grad der Überlappung der Elektronen-Orbitale bestimmt
[Gri59, Ath93]. Sind die Atome, von denen die Elektronen stammen, nicht direkt benachbart,
sondern wie Titan-Ionen bei Titanchlorid-Verbindungen über Chlor-Bindungen verbrückt, so
spricht man von Superaustausch [Gri59, Chi82]. Die Wechselwirkung wird am stärksten sein,
wenn die beiden ungepaarten Spins sich am nächsten sind. Daraus folgt, daß Wellenfunktionen,
die der Lokalisierung der Spins in den p-Orbitalen der verbrückenden Chlor-Atome entsprechen,
die größten Beiträge liefern [Gri59]. Diese Wellenfunktionen entsprechen angeregten Zuständen
des Systems. Die Gesamtwellen-Funktion der Chlor verbrückten Titan-Ionen kann man sich
24
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
vereinfacht als ein Mischen des Grundzustands (a) dieses Systems mit einem angeregtem
Zustand (b) vorstellen und durch eine Wellenfunktion
ψ = α φ(a) + β φ(b),
beschreiben [Chi82], wobei α >> β für nicht angeregte Systeme. Das sogenannte
Austauschintegral J beträgt
J = ψ 1 (1)ψ 2 (2)
e2
ψ 1 (2)ψ 2 (1)
r12
und liefert einen zusätzlichen Beitrag zum Hamilton-Operator. Die anisotropen Anteile dieses
Beitrags führen bei Mittelung über alle Spins durch ihre Spanne von Resonanzen zu einer
Linienverbreiterung in kristallinen Systemen von mehreren 10 000 G [Gri59].
Befinden sich die paramagnetischen Titan-Ionen in einer Ketten-Struktur (z. B. im TiCl3
[Dre75a])
– Ti – Cl – Ti – Cl – Ti,
so sind Dipol-Kopplung und Superaustausch an den Enden vermindert [Dre75a]. Dies ist zum
einen auf einen größeren Abstand der Titan-Ionen an den Enden zurückzuführen, der zu
schwächerer Wechselwirkung führt. Für die Dipol-Kopplung gibt es noch einen zweiten Grund:
Titan-Ionen im Innern der Kette erfahren eine Modifikation des lokalen Magnetfelds durch
mehrere gleichweit entfernte magnetische Dipole; die Varianz der Modifikation ist daher größer
als an den Enden der Kette und reicht von der Wirkung bei Parallelität aller Dipole bis hin zur
Wirkung bei paarweiser Antiparallelität (Paarung).
Die Verminderung von Dipol-Kopplung und Superaustausch an den Enden kann im ESRSpektrum wieder zu ausreichend schmalen Signalen führen, die vom Untergrund zu
unterscheiden sind, wenn die Intensität groß genug ist.
2.3 IR-Reflexionsabsorptions-Spektroskopie
25
2.3 IR-Reflexionsabsorptions-Spektroskopie
(RAIRS, IRAS)
2.3.1 Überblick
Seit ihren apparativen Anfängen in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich die
Messung von Absorptionsspektren von Substanzen im Bereich der infraroten Strahlung (IRStrahlung) als Routinemethode in der qualitativen und quantitativen chemischen Analytik
etabliert. Das Funktionsprinzip IR-Spektroskopie basiert auf der Absorption von Infrarotlicht
durch
dipolaktive
Molekülschwingungen.
Dies
führt
zu
substanzspezifischen
Absorptionsspektren, mit deren Hilfe Bestandteile unbekannter Proben bestimmt werden können.
Gängige Vorlagen sind dabei Küvetten für Proben-Lösungen oder Preßlinge bzw. Tabletten aus
Kaliumbromid (KBr) und Festproben.
Zur Untersuchung adsorbierter Moleküle auf Oberflächen wurde die IR-Spektroskopie erstmals
1954 von Eischens verwandt [Eis54]. Diese Untersuchungen erfolgten in Analogie zu den
klassischen Probenvorlagen als Transmissionsexperimente. Bei Untersuchungen von Adsorbaten
auf Metalloberflächen hat sich mittlerweile die Reflexionsmethode durchgesetzt, da Metalle
starke IR-Absorber sind. In Transmission können nur sehr dünne Folien verwendet werden und
der Absorptionsanteil des Adsorbats ist klein gegen den des Metalls. Bei der Reflexionsmethode
wird der IR-Lichtstrahl unter Ausnutzung der Metalloberfläche im streifenden Winkel (< 10 °)
reflektiert und kann so mit den Adsorbaten wechselwirken. Sie funktioniert ebenfalls, wenn
dünne Filme auf dem Metalleinkristallen aufliegen. In der Arbeitsgruppe wurde sie daher
zunächst zur Untersuchung von Adsorbaten auf Metalloxid-Filmen eingesetzt [Dil96].
Die Infrarot-Spektroskopie ermöglicht, daß heutzutage neben Informationen zur Identität des
Adsorbats auch Hinweise auf seine Wechselwirkung mit dem Substrat, auf die Natur des
Adsorptionsplatzes und auf intermolekulare Wechselwirkungen gewonnen werden können. Dazu
beigetragen hat die Entwicklung der Fourier-Transform-IR-Spektrometer, die eine hohe
Auflösung und die Möglichkeit der rechnergestützten Aufsummierung von IR-Spektren zur
Verbesserung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses bieten.
26
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.3.2 Lichtabsorption durch Molekülschwingungen
Die Anregung einer Molekülschwingung durch ein Strahlungsfeld läßt sich im Rahmen der
zeitabhängigen Störungstheorie behandeln und dann aus "Fermis goldener Regel" ableiten
[Atk83]. Sie besagt, daß eine durch die Koordinate x definierte Normalschwingung nur dann
infrarot-aktiv ist, wenn ihr "dynamisches Dipolmoment" (∂µ/∂x)0 ungleich null ist. Die
entsprechende Bewegung - die Auslenkung - muß also mit einer Änderung des Dipolmoments
verbunden sein. (Neben Molekülschwingungen lassen sich auch Phononen im Inneren und an der
Oberfläche von Festkörpern infrarotspektroskopisch beobachten. Sie wurden im Rahmen dieser
Arbeit nicht untersucht.)
Befindet sich ein infrarot-aktives Molekül in der Nähe einer Metalloberfläche, so beeinflußt dies
die Beobachtbarkeit seiner Schwingungsmoden [Hay87, Hof83]. Dafür ist folgender Effekt
verantwortlich. An der Metalloberfläche ist wegen ihrer Leitfähigkeit nur die Normalkomponente
des elektrischen Felds von null verschieden. Dadurch kann nur der zur Oberfläche normal
polarisierte Anteil des IR-Lichts wechselwirken und parallel zur Oberfläche orientierte
dynamische Dipolmomente der Adsorbate werden durch das Substrat abgeschirmt - im Metall
wird ein Bilddipol induziert; die Wirkungen von Dipol und Bilddipol löschen sich aus.
Dies führt zur Oberflächenauswahlregel (MSSR, Metal surface selection rule): An
Metalloberflächen sind nur Schwingungen entlang der Normalkoordinate z beobachtbar, die
gleichzeitig ein dynamisches Dipolmoment senkrecht zur Oberfläche besitzen: (∂µ/∂z)0 ≠ 0.
Elektromagnetische Strahlung, die nicht senkrecht auf eine Metalloberfläche trifft, kann in
Anteile zerlegt werden, deren elektrischer Feldvektor senkrecht zur Einfallsebene (s-polarisiert)
und parallel zur Einfallsebene (p-polarisiert) orientiert ist. Da der Feldvektor des s-polarisierten
Anteils vor und nach der Reflexion parallel zur Oberfläche ausgerichtet ist, kann dieser Anteil
keine Adsorbatschwingung anregen. Nur p-polarisierte Strahlung kann absorbiert werden.
Für p-polarisierte Strahlung resultiert aus der Oberflächenauswahlregel eine Abhängigkeit des
Absorptionsquerschnitts vom Einfallswinkel. Ebenfalls hängt die von einem Infrarotstrahl
gegebenen Querschnitts ausgeleuchtete Probenoberfläche vom Einfallswinkel ab und damit auch
die Zahl der zur Absorption zur Verfügung stehenden Dipole. Unter Ausnutzung der
Fresnelschen Gleichungen, die Transmission und Reflexion elektromagnetischer Wellen an
Oberflächen beschreiben, läßt sich zeigen, daß die größten Absorptionssignale bei
2.3 IR-Reflexionsabsorptions-Spektroskopie
27
Einfallswinkeln nahe 90 °, also unter streifendem Einfall, zu erwarten sind. Für Messungen mit
Hilfe der Infrarot-Reflexions-Absorptions-Spektroskopie wird daher zumeist eine streifende
Reflexionsgeometrie gewählt (s. Unterkapitel 3.3).
2.3.3 IR-Frequenzen und -Intensitäten adsorbierter Moleküle
Die Schwingungsfrequenzen adsorbierter Moleküle weichen in der Regel von denen in der
Gasphaseab. Für die Frequenz-Verschiebungen der Schwingungen adsorbierter Moleküle sind
mehrere Ursachen verantwortlich, die unterschiedliche Beiträge leisten:
a) die Kopplung des Moleküls an das (quasi) starre Substrat, analog einem einfachen Modell
durch Federn gekoppelter Massen ("mechanische Renormalisierung");
b) die Polarisierung des Substrats durch das Molekül, dessen dynamische Dipole dann mit den
Bilddipolen koppeln;
c) chemische Effekte, also Änderungen der elektronischen Struktur des Moleküls, die von seiner
chemischen Bindung an das Substrat herrühren;
Bei geringen Bedeckungen mit IR-aktiven Molekülen können daher auch Abhängigkeiten der
Schwingungsfrequenzen von der Natur des Adsorptionsplatzes beobachtet werden, was bei der
Untersuchungen in der heterogenen Katalyse ausgenutzt wird.
Mit zunehmender Adsorbatbedeckung treten oft weitere Änderungen der
Schwingungsfrequenzen auf. Dies beruht auf Kopplungsphänomenen in der Adsorbatschicht:
a) Mehrere Dipole gleicher Schwingungsfrequenz wechselwirken durch ihre elektrischen
Dipolfelder miteinander, man spricht von "Dipolkopplung". Die Dipolkopplung führt zu einer
Aufspaltung in symmetrische Schwingungen höherer und antisymmetrische Schwingungen
niedrigerer Frequenz [Hol81]. Da das dynamische Dipolmoment der antisymmetrischen
Schwingungen null ist, sind sie nicht IR-aktiv. Die Absorptionsfrequenz des Gesamtsystems
ist daher höher als die eines einzelnen Moleküls.
b) Die chemische Umgebung des einzelnen adsorbierten Moleküls und damit seine elektronische
Struktur werden durch die Anwesenheit benachbarter Moleküle beeinflußt, es kommt zur
"chemischen Verschiebung". Im Gegensatz zur Dipolkopplung hängt dieser Effekt nicht von
28
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
der Schwingungsfrequenz des beobachteten Moleküls ab, daher lassen sich die beiden
Einflüsse
durch
Verwendung
von
Molekülen
aus
Isotopen
der
Elemente
(Frequenzverschiebung) voneinander trennen.
In kristallinen Adsorbaten mit mindestens zwei kristallographisch verschiedenen MolekülKonfigurationen in der Einheitszelle kann es durch das paarweise Wechselwirken von AtomPotentialen zu einer Aufspaltung in In-Phase- und Außer-Phase-Schwingungen kommen
(Davidov-Aufspaltung, "factor group splitting") [Dav71]. Man beobachtet eine Aufspaltung in
zwei benachbarte Frequenzen.
Die Intensitäten der Absorptionsbanden bei hoher Bedeckung unterscheiden sich von
Schwingung zu Schwingung und sind oftmals nicht proportional zur Anzahl der absorbierenden
Dipole [Hof83, Hay87].
Die Dipolkopplung einer steigenden Anzahl gleichfrequenter Oszillatoren bewirkt eine
Verminderung des Absorptionsquerschnitts pro Molekül aufgrund gegenseitiger Depolarisierung
[Hof83]. Die gesamte Bandenintensität steigt also nicht linear mit der Bedeckung der Oberfläche
sondern kann sogar sinken. Enthält die Adsorbatschicht zwei Spezies mit geringfügig
unterschiedlicher Frequenz, so hat die Dipolkopplung darüber hinaus einen spektralen
Intensitätstransfer ("intensity borrowing") von der nieder- zur höherfrequenten Absorptionsbande
zur Folge.
2.3.4 IR-Spektren von Polymeren
Obwohl Polymer-Moleküle mehrere Zehntausend Atome enthalten können, ist ihr IR-Spektrum
weniger kompliziert, als durch die Menge der vorhandenen Bindungen zu erwarten ist. Der
Grund hierfür ist, daß ein Homopolymer aus einer großen Anzahl chemisch identischer Einheiten
besteht [Bow89]. Dadurch wird die Komplexität des IR-Spektrums merklich reduziert.
Man kann dies verstehen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die sich wiederholenden
Einheiten eines Polymers typischerweise Dimensionen im Bereich 10-9 m besitzen, während die
Wellenlänge der IR-Strahlung, die von den schwingenden Molekülen absorbiert wird,
gewöhnlich größer als 2 ∙ 10-6 m ist. Es gibt demnach viele Wiederholungseinheiten innerhalb
2.3 IR-Reflexionsabsorptions-Spektroskopie
29
einer Wellenlänge, und die Wechselwirkung des Polymer-Moleküls mit der Strahlung wird daher
von der Summe der Wechselwirkungen über viele Wiederholungseinheiten abhängen [Bow89].
Wenn die Polymerkette völlig regelmäßig in einem kristallinen Bereich des Polymers ist, gibt es
nur einen kleinen Teil in der Menge möglicher Schwingungsmoden, in der alle
Wiederholungseinheiten in der Kette in Phase schwingen. Die anderen Moden sind
molekülspezifische stehende Wellen mit alternierenden Phasen entlang der Kette; die
Wechselwirkung der einzelnen Wiederholungseinheit des Polymers mit der IR-Strahlung wird
dann über die Länge der Kette ausgelöscht und die Schwingungsmoden bleiben IR-inaktiv. Somit
gehören die IR-aktiven Schwingungsmoden zu einer Gruppe von Moden, bei der alle
Wiederholungseinheiten in Phase schwingen („factor group modes“) [Bow89].
Bei einer unregelmäßigen Kette in einer nicht-kristallinen Region eines Polymers sind alle
normalen Schwingungsmoden denkbar, da hier keine molekulare Symmetrie herrscht. Wegen der
geometrischen Unregelmäßigkeiten sind die chemischen Wiederholungseinheiten nicht länger
auch physikalische Wiederholungseinheiten, so daß sich auch die Kopplungskräfte zwischen den
Wiederholungseinheiten unterscheiden [Bow89].
Daher erhält man häufig eine gute Näherung, wenn man jede chemische Einheit als ein separates
Molekül in seiner eigenen Umgebung betrachtet, besonders wenn die betrachteten Schwingungen
hauptsächlich Bewegungen der Seitengruppen und wenig Bewegungen der Atome des
Kettenstrangs
enthalten.
Gruppenschwingungen
zu
Dann
sind
erwarten,
breite
wobei
die
IR-Absorptionlinien
Verbreiterungen
von
aufgrund
den
von
kleinen
Frequenzunterschieden der beteiligten Atomgruppen durch ihre unterschiedliche physikalische
Umgebung herrühren [Bow89]. Die Breite dieser Absorptionslinien ist jedoch gewöhnlich klein
im
Vergleich
zu
den
Peaks,
die
den
unterschiedlichen
Schwingungsarten
der
Wiederholungseinheiten entstammen [Bow89].
Die kleinste chemische Wiederholungseinheit des Polyethylens ist die Methylen-Gruppe,
während die kleinste physikalische Einheit aus zwei Methylen-Gruppen besteht, da Polyethylen
eine Zick-Zack-Kette bildet.
30
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.4 Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES)
2.4.1 Verfahren – Qualitative Messungen
Mittels Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES) können Informationen über die chemische
Zusammensetzung im Bereich der Probenoberfläche gewonnen werden. Dazu wird die
Oberfläche des Kristalls mit Elektronen hoher kinetischer Energie (2,5 keV) beschossen. Diese
ionisieren die Oberflächen-Atome in kernnahen Schalen, die darauf in einem Relaxationsprozeß
die entstandenen ”Löcher” mit Elektronen höherer Schalen besetzen. Bei der Relaxation
freiwerdende Energie kann als elektromagnetische Strahlung (Röntgenfluoreszenz) oder durch
Aussendung eines zweiten Elektrons aus dem Atom abgegeben werden (Auger-Elektronen).
Auger-Emission ist also ein Zwei-Elektronen-Prozeß mit einem doppelt ionisierten Endzustand.
Die kinetischen Energien der Auger-Elektronen sind elementspezifisch, da sie auf den
spezifischen Energieabständen der Schalen beruhen. So ist eine Element-Identifizierung möglich.
Die Energien der Auger-Elektronen liegen im Bereich von dreißig bis einigen hundert
Elektronenvolt, so daß die Ausdringtiefen der Auger-Elektronen wenige zehn Ångstrøm betragen
[Sea79]. Die so erhaltenen Informationen stammen damit nur aus einigen wenigen Atomlagen an
der Oberfläche des Kristalls.
Davis
gibt
die
Empfindlichkeit
eines
gängigen
Auger-Elektronen-Spektrometers
mit
zylindrischem Analysator (CMA) mit 0,02 – 0,2 Atomprozent einer Monolage an (Silber als
Standard) [Dav76]. Das in dieser Arbeit verwendete Gerät ist wegen seines Gitter-Analysators
(RFA) rund eine Größenordnung unempfindlicher und benötigt laut Hersteller-Angaben ungefähr
1,3 Atomprozent unter vergleichbaren Bedingungen.
2.4 Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES)
31
2.4.2 Quantitative Messungen - Filmdicken
Belegt man eine Oberfläche mit zusätzlichen Lagen gleicher oder fremder Atome, so wird das
Auger-Signal der vormaligen Oberflächen-Atome abgeschwächt. Diese Abschwächung ist
abhängig von der Dicke der Lagen und kann zu deren Bestimmung genutzt werden. Dabei wird
häufig eine Exponentialfunktion zur Beschreibung der Abschwächung verwendet [Sea79].
Bedampft man beispielsweise eine Palladium-Oberfläche mit Magnesiumchlorid, so kann über
die Abschwächung des Palladium-Auger-Signals I Pd nach der Bedampfung die Dicke der
Magnesiumchlorid-Schicht mit folgender Gleichung (2.4a) [Sea79] bestimmt werden.
d MgCL2 = λ MgCl2 (E Pd ) ⋅ 0,74 ⋅ ln
I 0, Pd
I Pd
(2.4a)
Der Faktor 0,74 ist ein empirisch gefundener Wert, der dem Akzeptanzwinkel der beim
vorliegenden Experiment verwendeten Optik Rechnung trägt. Die Abschwächungslänge
λ
MgCl2
(E ) ist charakteristisch für die kinetischen Energie der ausgesendeten Auger-Elektronen
Pd
und die chemische Natur der Schicht. Seah und Dench fanden sogenannte universelle Kurven für
die Abschwächungslängen von Elementen, Oxiden, Halogeniden und organischen Schichten
[Sea79]. Empirisch konnten sie dafür Gleichungen bestimmen und geben für anorganische
Verbindungen (modifiziert für Halogenide) an [Sea79]:
λ
Hier trägt λ
MgCl2
MgCl2
(E ) = 2170 E
(E )
Pd
Pd
−2
Pd
+ 0,89 aE Pd
(2.4b)
die Einheit Monolagen, EPd bezeichnet die Elektronen-Energie des
Auger-Palladium-Signals in eV sowie a die Dicke einer Monolage in nm. Die Monolagen-Dicke
a kann auch nach einem von Seah angegebenen Verfahren ohne Berücksichtigung der
Kristallstruktur [Sea79] nach
1027 ⋅ M
a=
ρ ⋅n⋅ NA
(2.4c)
32
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN
abgeschätzt werden (Größen: Molmasse M in g/mol, Dichte ρ in kg/m³, Anzahl n der Atome in
der Molekülformel und Avogadrozahl NA). Für Magnesiumchlorid erhielte man 0,612 nm, das ist
etwas größer als die in der Literatur zu findenden gemessenen und berechneten Werte 0,56 - 0,59
nm [Bas82, Fai97, Fer63].
2.4.3 Quantitative Messungen - Stöchiometrie
Nach McGuire kann die atomare Konzentration cX eines Elements X in der Oberfläche aus der
AES-Intensität IX bestimmt werden [McG79]:
IX
sX
cX =
I
∑ sA
A
A
(2.4d)
Die Gewichtungsfaktoren sA sind aus Messungen gegenüber Silber als Referenz bestimmt
worden und in den Standard-AES-Atlanten angegeben. Für Titan findet man sTi = 0,45, für Chlor
sCl = 1,05 [Dav76].
Bildet man das stöchiometrische Verhältnis, so erhält man für Titanchloride
cTi
I s
= Ti ⋅ Cl
cCl I Cl sTi
Die Intensität ist bestimmt durch die Ausdringtiefe der Auger-Elektronen im jeweiligen Material,
die durch die Abschwächungslänge gekennzeichnet ist (s. Abschnitt 2.4.2). Wenn sich das
betrachtete Material vom Material, das zur Referenz-Messung gegen Silber verwendet wurde,
unterscheidet, wird ein Korrektur-Faktor F eingeführt [Fai97]:
cTi
cCl
 1 

1 − exp −
 λ Ti 
ITi sCl
ITi sCl
=
⋅
⋅F =
⋅
⋅
I Cl sTi
I Cl sTi

1 
1 − exp −

 λ Cl 
(2.4e)
Zähler und Nenner des Korrekturfaktors entsprechen einer geometrischen Reihe, die entsteht,
wenn man von der Oberfläche, aus der die Auger-Elektronen austreten, ausgehend die
Intensitätsbeiträge der übereinanderliegenden Einzellagen im Kristallgitter addiert. Dabei ist zu
berücksichtigen, daß die Signal-Intensität tieferliegender Lagen durch darüberliegende Lagen
abgeschwächt wird; die Abschwächung läßt sich nach Umstellung von Formel (2.4a) berechnen.
2.4 Auger-Elektronen-Spektroskopie (AES)
33
Nach dem in 2.4.2 vorgestellten Verfahren wurden die Abschwächungslängen in TiCl4 zu
λCl = 5,4 Monolagen und λTi = 7,8 Monolagen berechnet, damit ergibt sich F = 0,72.
3.1 Das UHV-System
35
3. Experimentelles
3.1 Das UHV-System
Die verwendete Apparatur ist in Abbildung 3.1 skizziert. Sie besteht aus einem oberen
Kammerteil mit konventioneller Ultra-Hoch-Vakuum-(UHV)-Technik und zwei unteren
Meßbereichen: einem für das Messen von Infrarot-Reflexionsabsorption (RAIRS,IRAS) und
einem zweiten darunter für die Elektronen-Spin-Resonanz (ESR). Zunächst werden diese drei
Bereiche der Kammer beschrieben, danach der Probenaufbau für die Messungen erläutert.
Abbildung 3.1: Skizze der verwendeten Apparatur
unter Bereich (grau) ESR-Komponenten gekennzeichnet durch Elektromagnet;
mittlerer Bereich (dunkelgrau) Infrarot-Spektrometer (von links IR-Interferometer, Spiegelkammer, Meßkammer in vertikaler Hauptkammer-Achse, 2. Spiegelkammer mit Detektor);
oben (hellgrau) UHV-Präparationsbereich mit Hauptkammer und Pumpen;
Einfügung rechts: Probe in Quarzfinger und MW-Resonator mit Aufhängung am HeliumKryostaten
Im UHV-Kammerteil wird durch eine Pumpeinheit aus Turbomolekular- (Pfeiffer TMU 260 und
TMU 065), Ionengetter- (Physical Electronics 2098242; 240 l/s) und Titansublimationspumpe
(Vacom Subli-Con 50) ein Basisdruck von 1 ∙ 10-10 mbar erreicht, der mit einem
Ionisationsvakuummeter (Arun Microelectronics Limited AIG17G) gemessen wird. Eine
Drehschieberpumpe
(Edwards
E2M8)
pumpt
sowohl
den
Feinvakuum-Bereich
der
36
3. EXPERIMENTELLES
Turbomolekularpumpen als auch die Drehdurchführung des Manipulators. Für Drücke bis
1 000 mbar wird ein Kapazitätsdruckmeßgerät (MKS Baratron 121A) verwendet.
Die Gaseinleitungssysteme werden durch ebenfalls durch eine Turbomolekularpumpe (Pfeiffer
TMU 071P) und eine Drehschieberpumpe (Edwards RV8) evakuiert. Drücke von 10-9 mbar bis
10-1 mbar werden mit einem Kombinationsmeßgerät (Kaltkathode und Wärmeleitung; Balzers
Compact Fullrange PKR 251) gemessen, darüber kann bis 100 mbar wieder ein
Kapazitätsdruckmeßgerät (MKS Baratron 222B) verwendet werden. Die Gaseinleitung in die
UHV-Kammer erfolgt über drei Gasdoser, von denen sich zwei im oberen Kammerbereich und
einer im IR-Meßbereich befinden. Sie besitzen Blenden mit einem Durchmesser von 10 µm
sowie eine Austrittsöffnung am Ende eines 10 cm langen zylindrischen Rohres mit einem
Durchmesser von 1 cm. Dadurch wird der Vordruck des Dosers (im mbar-Bereich) um den
Faktor 10-6 am Austritt, der vor die Probenoberfläche gebracht wird, reduziert. Üblicherweise
steigt der Hintergrund-Gasdruck dabei auf 10-7 mbar an.
Zur Analytik bietet die Kammer eine LEED-/Auger-Einheit (Vier-Gitter-Optik, Omicron
SPECTALEED) und ein Massenspektrometer (Hiden Analytical HAL 201). Für die Bedampfung
der Probenoberfläche mit Metallen oder Magnesiumchlorid steht ein elektrischer Tiegelofen
(Eigenbau der Abteilung) mit einer Austrittsblende von 1 cm Durchmesser zur Verfügung.
Unterhalb des Haupt-Rezipienten schließt sich die IR-Spektroskopie-Ebene an. In Bezug auf
Kammerbauteile besteht sie im wesentlichen aus einem CF-63-Stahlrohr als UHV-Meßkammer,
an dessen Längsseite zwei UHV-dichte und IR-durchlässige KBr-Fenster im Winkel von 170 °
angeschweißt sind.
Unterhalb der IR-Meßkammer bildet ein weiteres CF-63-Stahlrohr den Anschluß des ESRSpektrometers durch einen angeflanschten schmalen Quarzfinger aus Suprasil-Glas (Heraeus).
Dieser Quarzfinger ermöglicht die Verbindung von Ultra-Hoch-Vakuum (innen) mit dem ESRSpektrometer in Raumatmosphäre (außen) (s. Detailzeichnung in Abbildung 3.1 ). Der
Quarzfinger ist zentrisch an einen Glas-Metall-Übergang angeblasen und besitzt einen
Außendurchmesser von 11 mm, der durch die maximale Weite der Bohrung des
Hohlraumresonators vorgeben ist. Seine Wandstärke beträgt lediglich 0,7 mm. Für den
Meßbetrieb wird der Resonator übergeschoben und mechanisch an der Kammer fixiert.
Neben präziser geometrischer Fertigung und UHV-Dichtigkeit ist an den Quarzfinger die
Anforderung der ESR-Reinheit zu stellen, das heißt, er darf keine magnetischen
3.1 Das UHV-System
37
Verunreinigungen, wie zum Beispiel paramagnetische Ionen oder Fehlstellen wie Farbzentren,
enthalten, die Störsignale im ESR-Spektrum hervorrufen. Durch den Manipulator kann die Probe
präzise in das schmale Innere des Quarzrohrs eingeführt und in den Resonator gesenkt werden.
Der speziell auf die Bedürfnisse der ESR-Spektroskopie zugeschnittene Probenaufbau ist in
Abbildung 3.2 zu sehen. Er befindet sich an einem Heliumkryostaten im Manipulator, der eine
präzise horizontale Translation von +/- 12 mm in x- und y-Richtung, eine vertikale Verschiebung
von 800 mm und eine freie Rotatation um die vertikale Achse erlaubt.
Abbildung 3.2: Probenaufbau
An den Probenaufbau werden eine Reihe von speziellen Anforderungen gestellt, die einerseits
durch Vakuumtechnik und Kristall-Reinigung, andererseits durch die ESR-Meßtechnik bedingt
sind. Der Probenaufbau muß schlank gefertigt sein, um in den Quarzfinger zu passen, sollte
keine störenden magnetischen Eigenschaften haben und muß thermischen Belastungen ohne
mechanische Veränderungen, wie Verdrehungen und Verbiegungen, standhalten. Er muß das
38
3. EXPERIMENTELLES
Heizen des Kristalls auf bis zu 1 000 °C und eine Temperaturmessung erlauben. Der Aufbau
sollte für eine gute Kühlleistung im Tieftemperaturbereich Wärme zum Heliumkryostaten gut
ableiten.
Beim
Heizen
des
Kristalls
ist
für
Präparationen
und
Messungen
im
Hochtemperaturbereich die Wärmeableitung zum Kryostaten hingegen unerwünscht.
Die besonderen Ansprüche zur Wärmeleitung werden durch die Montage eines speziell
geformten Basiselements aus Saphir an den Heliumkryostaten befriedigt. Als raumsparende,
thermisch widerstandsfähige und zugleich leitende Halterungen des Probenkristalls sind zwei 1
mm dicke genau ausgerichtete Wolframdrähte in zwei eng benachbarte Bohrlöcher dieses BasisSaphirs eingepreßt. Metall ändert durch seine elektrischen Eigenschaften zwar die Form der
stehenden Welle im Hohlraum-Resonator, bietet aber wegen seiner Stromleitfähigkeit, seinen
Verarbeitungseigenschaften und seiner Festigkeit über den großen genutzten Temperaturbereich
Vorteile. Wolfram verfügt über keine bisher bekannten störenden magnetischen Eigenschaften.
Die Wolframdrähte halten über eine 0,3 mm dicke angeschweißte Wolframdrahtschlinge den an
den Rändern fein geschlitzten Palladium-Probenkristall. Die exakt in die Schlitze eingespannte
Schlinge dient zusätzlich als direkte Heizung des Kristalls. Da sie auch für die Wärmeableitung
beim Kühlen der Probe verantwortlich ist, kann hier als Material trotz der hohen Ansprüche an
die Schweißtechnik nur Wolfram verwendet werden, das auch eine ausreichende Festigkeit
garantiert. Zusätzlich ist es auch möglich, den Palladium-Probenkristall durch Elektronenstoß zu
heizen. Die Spannungsversorgung für das Heizen wird über Tantal-Drähte realisiert, die im
oberen Drittel der Wolframhalter mit eigens entwickelten Klemmen angeschlossen sind.
Die Temperaturmessung erfolgt über ein Thermoelement. Dieses sollte ebenfalls keine störenden
magnetischen Eigenschaften besitzen und muß über einen Temperaturbereich von Heliumtemperatur bis 1 300 K einsetzbar sein. Daher wurde ein Nickelchrom-Konstantan-Thermopaar
(Typ E) ausgewählt. Das Thermoelement ist direkt auf der oberen Schmalkante des
Probenkristalls angeschweißt, um den bestmöglichen thermischen Kontakt zur Probe zu leisten.
Um die Wolframsteher und die Drähte des Thermoelements elektrisch zu isolieren und die
mechanische Festigkeit des Aufbaus zu erhöhen, werden sehr engsitzende Korundkeramiken
über sie geschoben und mit 0,1 mm feinem, geschmeidigem Konstantan-Draht durch fest
sitzende kleine Drahtschlingen genau fixiert. Die Keramiken und Zuleitungen sind aus Gründen
der Übersichtlichkeit nicht eingezeichnet.
3.2 Das ESR-Spektrometer
39
3.2 Das ESR-Spektrometer
3.2.1 Überblick über das Gerät
Zur Aufnahme der Spektren wurde ein ESR-Spektrometer Bruker EMX-1105 (Bruker-Physik,
Karlsruhe) verwendet, wobei als Elektromagnet jedoch ein Varian V-3603 zum Einsatz kam, der
mit Hilfe eines Präzisionsschienensystems unter die UHV-Kammer gefahren werden kann.
Magnetfeld- und Mikrowellensteuerung sowie die Meßdatenerfassung erfolgten über einen
Personal Computer mit dem Programm EMX 2.1 des Spektrometer-Herstellers.
Ein Schaltbild des verwendeten ESR-Spektrometers ist in Abbildung 3.3 zu sehen. Es besteht im
wesentlichen aus einer Mikrowellenbrücke mit Absorptionmessung, einem Hohlraumresonator
(Cavity), in dem sich die Probe befindet, einem 12"-Hochstrom-Elektromagneten sowie einer
Magnetfeld-Regelung. Im folgenden werden die wichtigsten Baugruppen beschrieben.
Die verwendete Mikrowellenbrücke arbeitet mit zwei Gunn-Dioden, deren Kern ein spezielles
Halbleiter-Element bildet. Der Gunn-Effekt, der Anfang der 1960er Jahre von J. B. Gunn
entdeckt wurde [Enc00], ist eine Hochfrequenz-Oszillation des Stroms beim Durchfließen
bestimmter halbleitender Festkörper wie Galliumarsenid (GaAs), Indiumphosphid (InP) oder
Cadmiumsulfid (CdS). Dieser seltene Effekt tritt bei diesen Materialien beim Anlegen einer
geeigneten Spannung auf. Sie bewirkt, daß ein Teil der Leitungselektronen in einen Zustand
geringerer Mobilität gezwungen wird, so daß Stromfluß und Leitfähigkeit absinken. Der
Halbleiter verhält sich dabei nicht homogen, sondern weist zeitlich veränderliche Domänen
unterschiedlicher Leitfähigkeit auf, so daß es ortsabhängig zum Über- oder Unterschreiten der
Schwellenspannung für den Effekt kommt. Daraus resultiert die Hochfrequenz-Oszillation des
Stroms, die über Schwingkreise als Mikrowellenstrahlung abgestrahlt werden kann.
40
3. EXPERIMENTELLES
Abbildung 3.3: Schematischer Aufbau des ESR-Spektrometers
Gunn-Dioden zeichnen sich durch ein sehr geringes Rauschen aus. Sie besitzen jedoch die
Eigenschaft fast aller Mikrowellen-Quellen, daß ihre Ausgangsleistung nicht einfach variiert
werden kann; daher wird ein verstellbarer Abschwächer benutzt, der den gewünschten Teil der
Leistung präzise abblockt.
Durch die Verwendung eines Resonanzprozesses zur Mikrowellen-Erzeugung ergibt sich der
Nachteil, daß die Mikrowellen-Quelle nur für einen engen Frequenzbereich einsetzbar ist. Daher
wird zur Erfüllung der Resonanzbedingung für den Elektronenspin nicht die Frequenz der
Mikrowellenstrahlung (MW) variiert, sondern die Aufspaltung der Spinzustände durch lineare
Änderung des Magnetfelds verändert.
Die Messungen wurden im Bereich des X-Bands - MW-Strahlung mit einer Frequenz zwischen 9
und 10 GHz - durchgeführt. Die Wellenlängen liegen im Bereich von 2 bis 3 cm. Bei diesen
Frequenzen muß von dem Elektromagneten ein Feld von etwa 3.300 G erzeugt werden, um
Resonanz für einen g-Faktor von 2 zu erhalten.
3.2 Das ESR-Spektrometer
41
Die Messung der MW-Absorption der Probe erfolgt über eine Kristalldiode. Da Kristalldioden
erst
oberhalb
einer
gewissen
Strahlungsleistung
ein
lineares
Verhalten
und
ihr
Empfindlichkeitsmaximum erreichen, muß die Diode vorgespannt werden, wenn das ESRSpektrometer in sogenannter "kritischer Kopplung" - das heißt ohne Strahlungsreflexion des
Hohlraumresonators - betrieben wird. Dazu wird die Strahlung der Gunn-Diode in einen Probenund einen Referenzarm aufgespalten, wie Abbildung 3.3 zeigt.
Vor der Weiche, die in Proben- und Referenzarm aufspaltet, befindet sich ein Isolator, der wie
ein elektrisches Ventil, eine Diode, wirkt und die Mikrowellen-Quelle vor möglicher reflektierter
Strahlung schützt.
Im Probenarm durchläuft die Strahlung zunächst den oben erwähnten Abschwächer, mit dem die
Strahlungsleistung für die Probe zwischen der Ausgangsstrahlungsleistung der Gunn-Diode von
200 mW und einer Abschwächung von 60 dB eingestellt werden kann. Bei den ESR-Messungen
wurden 20 mW (10 dB) als maximale Leistung gewählt, bei der sich noch keine
Sättigungseffekte einstellen.
Die Mikrowellenstrahlung passiert einen Zirkulator, der sie in den Hohlraumresonator leitet. Hier
wird ein Rechteckresonator Typ TE102 verwendet, wobei TE für transversal elektrisch - die Art
des elektromagnetischen Feldes - und die Indizes für die Form der sich ausbildenden Mode
stehen. Sie beschreiben dabei die Variation des elektrischen Feldes entlang der x-, y- und zAchse in Einheiten der halben Wellenlänge.
Der Vorteil eines Hohlraumresonators ist die Speicherung von mehr Energie in einer Resonanzstruktur (Resonanzüberhöhung) im Vergleich zu sich frei ausbreitenden Wellen. Durch die
Geometrie des Resonators wird dem Feld eine charakteristische Form aufprägt: Am Ort der
Probe ist der magnetische Anteil der Strahlung maximal, der elektrische hingegen minimal
(Knotenebene durch die Probe).
Metallisches Material im Resonator führt wegen seiner elektrischen Leitfähigkeit, die den Betrag
des elektrischen Feldvektor auf null zwingt, zu einer Verbiegung der Modenstruktur. Daher darf
die Probe nur eine geringe Dicke haben. Die eingesetzten Kristalle haben die Form rechteckiger
Scheibchen mit den Maßen 6 mm * 10 mm * 1,5 mm (B * H * D). Da sich in der x-y-Ebene
eines rechteckigen Hohlraumresonators eine Knotenebene des elektrischen Felds ausbildet, bietet
er den Vorteil einer geringen Störung des Felds durch die flache rechteckige Probe.
42
3. EXPERIMENTELLES
Die vom Resonator reflektierte Strahlung passiert wiederum den Zirkulator, der sie zur
Kristalldiode umleitet. Nach der Diode wird sie über den Zirkulator in den Sumpf weitergeführt,
der sie in Wärme umwandelt.
Zu Beginn des Experiments wird zur Einstellung der Resonanzbedingung für das System aus
Mikrowellenquelle, Probenarm und Resonator mit Probe zunächst die Mikrowellenfrequenz auf
die experimentellen Bedingungen abgestimmt. Sie wird durch die dielektrischen Eigenschaften
der Probe und des Resonators sowie der geometrischen Anordung der Probe innerhalb des
Resonators beeinflußt. Die genaue Justage wird im folgenden Unterkapitel beschrieben. Durch
eine Irisschraube läßt sich die reflektierte Leistung des Resonators im Idealfall bis auf null
reduzieren. Bei dieser sogenannten kritischen Kopplung ist die reflektierte Leistung des
Resonators dann unabhängig von der eingestrahlten, für diese Bedingung ist die Empfindlichkeit
des Experiments maximal.
Die ESR ist von sich aus keine oberflächensensitive Spektroskopie - die Ausrichtung auf
Oberflächen-Prozesse wird durch den Ausschluß von ESR-Signalen aus dem Festkörper-Innern
erreicht. Dies geschieht in der Regel durch Vergleichsmesssungen.
3.2.2 Justage der Probe zur Messung
Zu Beginn wird der Probenkristall ins Zentrum der vorgegebenen x-y-Ebene gebracht und in den
breiteren oberen Teil des Quarzfingers abgesenkt. Man fährt ihn in die Längsachse des Fingers
und senkt ihn vorsichtig in den schmalen Teil ab. Das Absenken erfolgt unter dauernder
Sichtkontrolle und stufenweise, um das freie Schwingen des Kristalls, das durch vorsichtiges
Anregen über den Manipulator erzeugt wird, zu beobachten und Kontakt mit den Quarzwänden
auszuschließen.
Nachdem der Kristall sich in der mittleren Höhe des Hohlraumresonators befindet, wird seine xy-Position für die gewünschte Mikrowellen-Resonanz eingestellt. Dazu läßt man das
Meßprogramm fortlaufend die Strahlungsabsorption über die MW-Frequenz zwischen 9 und 10
GHz abbilden. Die korrekte reproduzierbare Position ist erreicht, wenn die Resonanzfrequenz
minimal ist. Danach erfolgt das Vorspannen der Kristalldiode für die Absorptionsmessung sowie
3.3 Das IR-Spektrometer
43
die Justage der reflektierten Leistung über Verbesserung der Positionierung, das Einstellen von
Phasenverschiebung zwischen Meß- und Referenzarm sowie die Anpassung der Irisöffnung.
44
3. EXPERIMENTELLES
3.3 Das IR-Spektrometer
3.3.1 Überblick über das Gerät
Zur Aufnahme der Infrarot-Absorptionsspektren wurde ein FTIR-Spektrometer BIO-RAD FTS40 VM verwendet, die Vakuumausführung eines handelsüblichen Kompakt-IR-Spektrometers für
Probenküvetten
oder
-tabletten.
Das
Spektrometer
wird
kontinuierlich
über
eine
Drehschieberpumpe Edwards RV 5 evakuiert, um störende Absorption durch atmosphärisches
Kohlendioxid oder Wasser zu verhindern. Während der Messungen durchströmt Stickstoff als
Inertgas das Spektrometer, der durch den Betrieb eines Michelson-Interferometer mit
Luftkissenbahn anfällt. Der Enddruck liegt dadurch im Bereich 10-1 mbar.
Abbildung 3.4: Aufbau des IR-Spektrometers (Schema)
Die Ankopplung des IR-Spektrometers an die Vakuumkammer geschah durch einen Umbau des
Spektrometers und die Verwendung einer UHV-Meßkammer. Beim Umbau wurde der interne
IR-Detektor stillgelegt, ein KF-Flansch an das Vakuumgehäuse angeschweißt und ein Spiegel im
Gerät entnommen, so daß der IR-Lichtstrahl entlang der Hauptachse des Flansches ausgesendet
wird. Er durchläuft eine erste Spiegelkammer, die an das Spektrometer angeflanscht ist, die
UHV-Meßkammer und eine zweite Spiegelkammer, um danach im Flüssig-Stickstoff gekühlten
MCT-Detektor absorbiert zu werden.
3.3 Das IR-Spektrometer
45
Die Spiegelkammern dienen der Fokussierung des IR-Strahls. Beide können über KF-Flansche
mit der UHV-Meßkammer verbunden oder während des Kammer-Ausheizens auch entfernt
werden. Eine hochgenaue Repositionierung wird bei der ersten Spiegelkammer über ein
Präzisionsschienensystem, auf dem sie gemeinsam mit dem Spektrometer fixiert ist,
gewährleistet, bei der zweiten durch eine Einsetzschablone auf dem Träger. Während die erste
Spiegelkammer über das IR-Spektrometer evakuiert wird, ist die zweite im Betrieb mit an die
Drehschieberpumpe der UHV-Kammer angeschlossen.
Die UHV-Meßkammer besteht im wesentlichen aus einem CF-63-Stahlrohr, an dessen
Längsseite zwei UHV-dichte und IR-durchlässige KBr-Fenster im Winkel von 170°
angeschweißt sind. Befindet sich die Probe in Meßposition, so betragen Ein- und Aufallswinkel
des IR-Strahls 5° zur Probenoberfläche.
3.3.2 Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie (FTIR)
Das verwendete Spektrometer ist ein heute übliches Fourier-Transform-Infrarotspektrometer
(FT-IR). Im Unterschied zu Gitterspektrometer wird in solch einem Gerät das IR-Licht auf
seinem Weg von der Quelle über die Probe zum Detektor nicht fortlaufend monochromatisiert,
sondern der Detektor nimmt die gesamte IR-Intensität zweier Strahlanteile auf, die zeitabhängig
unterschiedlich miteinander interferieren. Über die Fourier-Transformation des Detektor-Signals
wird schließlich ein IR-Spektrum berechnet.
Das Herzstück eines solchen Spektrometers stellt ein Michelson-Interferometer dar, dessen
Strahlengang schematisch in Abbildung 3.5 dargestellt ist. Das von der Quelle kommende
polychromatische Infrarotlicht fällt auf einen Strahlteiler, der die Strahlung je zur Hälfte
reflektiert und durchläßt. Die beiden Anteile werden von einem feststehenden und einem
beweglichen Spiegel zum Strahlteiler zurückgeworfen, wo sie wieder überlagert werden, so daß
es zur Interferenz kommt. Die Auslenkung x des beweglichen Spiegels aus der Position gleich
langer Interferometer-Arme bestimmt den optischen Wegunterschied s = 2 x. Der Detektor mißt
die
gesamte
transmittierte
Infrarot-Intensität
IIR(s)
in
Abhängigkeit
Wegunterschied s. Die Funktion IIR(s) wird als Interferogramm bezeichnet.
vom
optischen
46
3. EXPERIMENTELLES
Abbildung 3.5: Schema des Michelson-Interferometers [Fra00]
Abbildung 3.6: Vom Interferogramm zum Spektrum [Fra00]
Ist die Länge beider Interferometerarme gleich (x = 0, ZPD, Zero path difference), kommt es zur
konstruktiven Interferenz aller spektralen Anteile des Infrarotlichts, außerhalb der Nullposition
hingegen
werden
durch
destruktive
Interferenz
spektrale
Anteile
ausgelöscht
die
Gesamtintensität am Detektor ist kleiner. Dies führt in der Regel zu symmetrischen
Interferogrammen mit Interferenz bedingten Oszillationen beiderseits des Zentrums, wenn keine
weiteren Phasenverschiebungen durch optische Effekte auftreten.
3.4 Das AES-/LEED-Spektrometer
47
Das gesuchte Einstrahl-IR-Spektrum erhält man nun durch Fourier-Transformation des
Interferogramms. Die Position des beweglichen Spiegels im Interferometer wird ständig durch
das Interferenzmuster der Strahlung eines He-Ne-Lasers gemessen. Durch dessen hohe
Frequenzstabilität ist hohe Präzision der Spiegelabstände gewährleistet und damit über die
Fourier-Transformation eine hohe Stabilität der Wellenzahlskala selbst über längere Zeiträume
sichergestellt.
Jedes IR-Spektrum ist neben der Absorption durch die eigentliche Probe auch noch durch die
Emissionseigenschaften der Quelle, die Abbildungseigenschaften der optischen Elemente und
durch die Absorptionscharakteristik des Detektors bestimmt. Um die Effekte außerhalb der Probe
auszuschalten, wird bei herkömmlichen IR-Spektrometern mit einem Vergleichsstrahl gearbeitet,
bei Oberflächen sensitiver IR-Spektroskopie hingegen mit einem Vergleichsspektrum einer
geeigneten Probe. Durch Quotientenbildung erhält man so das Transmissions-, durch
anschließende Logarithmierung das Absorptionsspektrum.
Mit dem verwendeten BIO-RAD FTS-40 VM konnten IR-Spektren von 700 bis 4000 cm-1 bei
einer Auflösung von 2 cm-1 aufgenommen werden. Zur Datenakquisition und -Transformation
wurden ein PC und das Programm WIN-IR 4.14 von BIO-RAD benutzt.
48
3. EXPERIMENTELLES
3.4 Das AES-/LEED-Spektrometer
Bei diesem Experiment wurde eine kombinierte Auger-LEED-Optik der Firma Omicron
verwendet, deren Aufbau Abbildung 3.7 zeigt. Zur Aufnahme der über den gesamten
Raumwinkel emittierten Auger-Elektronen (neben elastisch gestreuten Primärelektronen und
inelastisch gestreuten Sekundärelektronen) wird der Kristall hemisphärisch mit einem Schirm
umgeben. Zwischen Schirm und Probe befinden sich vier ebenfalls halbkugelförmige Gitter, die
einen sogenannten „Retarding-Field-Analyzer“ (RFA) bilden. Das innerste Gitter sorgt durch
Erdung für einen feldfreien Raum um den Kristall, die beiden nächsten wirken durch ihr
variables negatives Potential U1 als Hochpaßfilter und reflektieren langsame Elektronen. Als
Paar reduzieren sie die durch die begrenzte Größe der Gittermaschen hervorgerufenen
Feldinhomogenitäten eines einzelnen Gitters. Das vierte Gitter schützt den Kollektor-Schirm vor
kapazitiven Aufladungen, die zu einer Erhöhung des Signal-Untergrunds führen würden, und
verhindert ein Durchgreifen der Hochspannung am Schirm auf die Paßgitter.
Abbildung 3.7: Schema der LEED-AES-Optik
Beim Durchfahren des Potentials U1 zeigen sich die von Auger-Elektronen stammenden Signale
als Stufen auf einem relativ hohen konstanten Untergrundstrom aus Sekundärelektronen. Daher
wird Lock-In-Technik verwendet, um den hohen konstanten Untergrund zu diskriminieren. Aus
3.5 Verwendete Chemikalien
49
diesem Grund erhält man in den Spektren die erste Ableitung der Emissionen von AugerElektronen.
In dieser Arbeit wurde mit Hilfe der AES der Nachweis von Verunreinigungen im PalladiumKristall, wie Schwefel und Kohlenstoff, geführt. Zusätzlich wurde das Aufbringen von
Magnesiumchlorid, Titantetrachlorid und Aluminiumalkylen sowie das Entstehen eines
kohlenstoffhaltigen Films beobachtet. Dies wird ausführlich im Kapitel Experimentelle
Ergebnisse beschrieben.
Mittels LEED werden Informationen über den Grad der Ordnung von Strukturen in atomaren
Dimensionen erhalten. Die de-Broglie-Wellenlängen der verwendeten Elektronen im Bereich
von 10 bis 300 eV liegen bei einigen Ångstrøm, so daß ihre Streuung an periodischen Strukturen
wie Atomgittern zu Interferenzerscheinungen ähnlich denen in der Röntgenbeugung führt. Das
Beugungsbild beschreibt die Struktur im reziproken Raum. Da die Ein- und Ausdringtiefen der
Elektronen bei diesen Energien gering sind, wird nur die Ordnung weniger Atomlagen an der
Oberfläche abgebildet.
Für LEED-Messungen kann dieselbe Optik wie bei der AES verwendet werden, sie wird nur
anders elektronisch verschaltet. Blenden und Wehneltzylinder sorgen für eine ausreichende
Monochromasie des Elektronenstrahls. Ein elektrisches Linsensystem erlaubt seine Fokussierung
auf die Probenoberfläche. Die elastisch gestreuten Elektronen werden auf den Schirm reflektiert.
Wieder sorgt das erste Gitter für einen feldfreien Raum um die Probe. Wie bei der AES werden
langsame Elektronen, das sind hier die inelastisch gestreuten, durch den Hochpaß ausgefiltert.
Das vierte Gitter schirmt den Kollektor, der auf positivem Potential von einigen Kilovolt liegt,
ab.
Der Glasschirm ist beschichtet und phosphoresziert beim Auftreffen der beschleunigten
Elektronen. So kann von der Rückseite das Beugungsbild beobachtet werden. Mit der Beugung
niederenergetischer Elektronen wurde in dieser Arbeit der Ordnungsgrad der PalladiumOberfläche und des aufgedampften Magnesiumschloridfilms überprüft.
50
3. EXPERIMENTELLES
3.5 Verwendete Chemikalien
Die Gase wurden wie geliefert eingesetzt. Die Magnesiumchlorid-Perlen wurden in einer
Handschuhbox unter Wasserausschluß und Argon-Atmosphäre gemörsert und umgefüllt. Die
Befüllung des Verdampferofens geschah an Luft unmittelbar vor dem Anpumpen der UHVKammer.
Titantetrachlorid und die Aluminiumalkyle wurden unter Helium-Schutzatmosphäre in einer
Plexiglasglocke mit Glasspritzen in die verschließbaren Teflon- bzw. Edelstahl-Ampullen
umgefüllt. Alle Teile wurden vorher in einem Trockenofen behandelt.
Argon (Ar) 6.0, 99,99990 %, AGA
Ethen (C2H4, Ethylen) 3.5, 99,95 %, Linde
Magnesiumdichlorid (MgCl2), wasserfrei 99,9%, Perlen -10 mesh, Alfa Aesar, Art.-Nr. 35 707,
Charge K03H01
Titan(IV)chlorid (TiCl4, Titantetrachlorid), flüssig 99,999 % (metallbasierend), Alfa Aesar,
Art.-Nr. 22 979, Charge G09J55
Triethylaluminium (Al(CH2CH3)3, TEA, Triethylalanat), flüssig 95 %, Alfa Aesar, Art.-Nr. 030
717, Charge 0198300
Triemethylaluminium (Al(CH3)3, TMA, Trimethylalanat), flüssig 97 %, Aldrich, Art.-Nr.
25,722-2
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
51
4. Experimentelle Ergebnisse
Das Ziel dieser Arbeit ist eine Untersuchung des Titan-Oxidationszustandes im Verlauf von
Katalysator-Herstellung und -Einsatz, des Zusammenspiels von Titanzentren mit dem
Magnesiumsubstrat, der Reaktion des Titans mit dem Aluminiumalkyl sowie eine
Charakterisierung der Ethylen-Polymerisierung durch den Modellkatalysators. Die KatalysatorHerstellung wurde dazu im Ultra-Hoch-Vakuum durchgeführt, das den Katalysator nicht nur vor
Wasser-
und
Luftzutritt
sowie
Kontaminationen
schützt
sondern
auch
zusätzliche
Untersuchungs- und Modifikationsmethoden bietet. So dient LEED zur Charakterisierung der
Oberflächen-Ordnung, AES zur Elementanalyse, und Ionen- und Elektronenbeschuß können zur
Oberflächen-Reinigung und -Veränderung eingesetzt werden. Alle Methoden basieren auf der
Verwendung von Elektronen im Raum und benötigen das Vakuum für ausreichend große freie
Weglängen dieser Elementarteilchen.
Zur Untersuchung der Oxidationstufe +III des Titans eignet sich die Elektronenspinresonanz
(ESR), da hier ein d1-System mit einem ungepaarten Elektron vorliegt. Sie ermöglicht ebenfalls
die Untersuchung spezieller Fehlstellen im Magnesiumchlorid-Substrat des Katalysators sowie
während der Titanalkylierung intermediär gebildeter Alkylradikale.
Untersuchungen zur Reaktion des Titantetrachlorids mit Aluminiumalkylen und zur
Polymerisation wurden durch Adaption eines Infrarot-Spektrometers an die UHV-Kammer
ermöglicht (s. Abschnitt 3.3), da über Schwingungsanregungen in den organischen Molekülen
Aussagen über ihre Struktur und Bindung gemacht werden können.
Der zu untersuchende Katalysator wurde so gewählt, daß er die reaktiven Eigenschaften des
industriellen Typs widerspiegelt, gleichzeitig aber weniger komplex ist, um durch Experimente
eindeutigere Antworten auf die aufgeworfenen Fragen zu erhalten. Dazu wurde der in der
Katalysatoren-Forschung häufig angewendete Übergang vom Pulver zur planaren, möglichst
geordneten
Modell-Oberfläche
gewählt
[Ert99,
Fre00,
Gun97]:
Verankerung
Titantetrachlorid und Aluminiumalkylen auf einkristallinem Magnesiumchlorid.
von
52
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Ein solcher Modellkatalysator birgt aber noch Nachteile für die elektronenspektroskopischen
Verfahren, die das UHV ermöglicht. Magnesiumchlorid-Einkristalle sind Isolatoren und laden
sich oberflächlich bei Elektronenbeschuß auf. Daher wurde ein dünner Film aus
Magnesiumchlorid verwendet, der auf einem leitenden Metall aufgewachsen wurde. Filme dieser
Art ermöglichen den Ladungsabfluß durch Elektronen-Tunneln und bieten gleichzeitig die im
Katalysator typischen Eigenschaften des Substrats [Ert99, Fre00, Gun97].
Bei der Entwicklung dieses Modellkatalysators konnte auf Vorarbeiten der Arbeitsgruppe G.
Somorjai
zurückgegriffen
werden
(siehe
[Kor99]
und
dortige
Referenzen),
die
Magnesiumchlorid-Filme auf Gold erzeugten. Ihr Verfahren konnte jedoch nicht identisch
übernommen werden, vielmehr mußten mehrere Modifikationen vorgenommen und entwickelt
werden.
Die für den Ziegler-Natta-Katalysator notwendige Einbettung des Titans als Reaktionszentrum in
einen Magnesiumchlorid-Film, der epitaktisch auf einem Metallkristall aufgewachsen ist,
erfordert einen mehrstufigen Präparationsprozeß mit Defektgenerierung im Film. Weitere
Schritte sind für die Aktivierung des Titanzentrums durch Reduktion und Alkylierung
notwendig.
In den folgenden Abschnitten werden nun die Herstellung eines geordneten MagnesiumchloridFilms auf einem Palladium-Metallkristall, die Defektgenerierung im Film, die Verankerung des
Titanzentrums, seine Reaktion mit Trimethylaluminium und Triethylaluminium sowie die
Ethylen-Polymerisation des fertigen Modell-Katalysators untersucht.
Jede Präparationsstufe wurde gesondert untersucht, da sie zum einen in der Literatur bisher nicht
so beschrieben war, zum anderen das Katalysator-System durch die Präparation fortlaufend an
Komplexität zunimmt und vorhergehende Stufen verstanden sein müssen, um neue
Meßergebnisse zu erklären.
Bei der Untersuchung der Präparationsstufen erwies sich die Herstellung des Modellkatalysators
als Einweg-Präparation: Keine Präparationsstufe kann einzeln rückgängig gemacht werden, der
fertige Katalysator ebenfalls nicht in eine Vorstufe zurückgesetzt werden. Dies führt in der Regel
dazu, daß mißlungene Präparationsstufen einen völligen Neubeginn der Arbeit erfordern, die mit
der sorgfältigen Reinigung des Metallträgers und ihrer Überprüfung beginnt.
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
53
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
4.1.1 Einführung
Magnesiumchlorid hat drei kristalline Formen [Bar87, Bas82, Dus93, Pau29]. Bei der
Beschreibung der Kristall-Strukturen werden in der Regel nur die Gitteranordnungen der
Chlorid-Anionen betrachtet: Die häufigste ist die kubisch-dichteste α-MgCl2-Form mit doppelten
Chlorlagen (... ClMgCl-ClMgCl ...) und interstitiellen Mg2+-Ionen in sechsfacher Koordination
(Abbildung 4.1). Die Struktur kann aus einem fcc-Kristallgitter wie bei Natriumchlorid erhalten
werden, wenn jede zweite Kationen-Schicht eleminiert wird. Ebenfalls existieren eine
thermodynamisch weniger stabile hexagonal-dichteste β-Form und eine rotatorisch ungeordnete
Version dieses Kristall, δ-MgCl2. Sie lassen sich nur durch besondere Verfahren darstellen
[Bas82].
Alle Formen sind durch starke ionische Bindungen innerhalb der Lagen und schwächeren vander-Waals-Kräften zwischen angrenzenden Lagen charakterisiert. In der Gasphase existieren
MgCl2-Moleküle.
Fairbrother et al. [Fai97, Fai98] fanden, daß einkristalline Magnesiumchlorid-Filme auf der
(111)-Oberfläche eines Palladium-Einkristalls erzeugt werden können. Durch LEED und AES
zeigten sie, daß MgCl2 bei erhöhter Temperatur geordnet in einem Schicht-für-Schicht-Modus
auf Pd (111) aufwächst, sobald eine geordnete Monolage auf der Palladium-Oberfläche verankert
ist [Fai97].
Ihre Präparationsangaben ließen sich jedoch nicht auf das Experiment der vorliegenden Arbeit
anwenden, sondern mußten modifiziert werden: Der Wachstumsprozeß bei dieser Arbeit ist
zweistufig und verwendet andere Temperaturen für das Palladium-Substrat und die
Magnesiumchlorid-Verdampfungsquelle. Ebenfalls bestand das Interesse, einkristalline Filme
höher als 4 Monolagen aufzuwachsen.
54
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.1: Struktur des α-Magnesiumchlorids
Modelle nach Wells, Wyckhoff und Pauling [Wel84, Wyc63, Pau29]
oben links fcc-Gitter mit Auslassung jeder zweiten Kationlage (Magnesium grau, Chlor weiß)
oben rechts Kugelmodell mit Projektion der hexagonalen (111)-Oberfläche (Mg schwarz)
unten auseinandergezogene Projektion mit oktaedrischer Koordination der schwarzen Magnesium-Kationen
durch weiße Chlor-Anione
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
55
4.1.2 Erzeugen des Magnesiumchlorid-Films
Um eine geordnete Monolage als Basis für einen geordneten MgCl2-Film zu erhalten, muß die
Oberfläche des Palladiumkristalls zunächst gereinigt werden. Die Art der Reinigung geschah in
Abhängigkeit von den Verunreinigungen, die durch AES festgestellt wurden.
Frische Palladium-Kristalle zeigen technisch bedingt Kohlenstoff- und schwer entfernbare
Schwefel-Verunreinigungen. Oberflächlicher Schwefel kann durch Oxidation mit Sauerstoff bei
erhöhter Temperatur zwar entfernt werden, diffundiert bei folgenden Heizprozessen aber immer
aus dem Kristallinnern erneut an die Oberfläche.
Daher wurden frische Palladium-Kristalle ein bis fünf Tage bei 820 K mit Argon-Ionen einer
kinetischen Energie von 1000 eV gesputtert und nach wenigen Stunden sowie am Ende bei
1080 K über 5 - 10 min getempert, um Oberflächen-Defekte auszuheilen, die durch das Sputtern
entstanden waren. Im Laufe mehrerer Versuchsreihen verarmten die Kristalle so stark an
Schwefel, daß diese Prozedur nicht mehr notwendig war. In diesem Fall gelang die Reinigung
durch mehrstündiges Sputtern mit Argon-Ionen und anschließendem Ausheilen bei 1080 K.
Der Vollständigkeit halber sei hier bei den Reinigungsmethoden erwähnt, daß durch dieses
Verfahren auch Chlor-Verunreinigungen entfernt werden konnten, die durch das Experiment
hervorgerufen
wurden.
Diese
Chlor-Verunreinigungen
blieben
nach
Desorption
des
Modellkatalysators oberhalb von 695 K auf der Palladium-Oberfläche zurück.
Die Güte der Palladiumkristall-Oberfläche wurde mit LEED und AES überprüft (s. Abbildung
4.2 oben und Abbildung 4.3). Palladium zeigt Signale bei 325 eV (MNN, größte Intensität), 275
eV und 242 eV, Verunreinigungen durch Schwefel finden sich bei 152 eV, durch Chlor bei 181
eV, durch Sauerstoff bei 503 eV. Nur schwer konnten Verunreinigung durch Kohlenstoff
detektiert werden, da ihr Signal bei 272 eV durch das benachbarte breite des Palladiums
überdeckt wird. Große Kohlenstoffmengen führen aber zu einer deutlich sichtbaren
Signalverformung.
Aus den LEED-Aufnahmen wird die Gitterkonstante aPd zu
aPd = 2,73 Å ± 6 %
56
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.2: LEED-Struktur der Pd(111) und MgCl2-Oberfläche (1 Monolage (4 x 4) und dicker Film);
Grafiken zeigen reziprokes (oben) und reales Gitter des MgCl2; Intensitätserhöhung im (4 x 4)-Muster durch
Koinzidenz: 4 aPd = 3 aMgCl2
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
57
berechnet und stimmt mit dem von Linde und Borelius gefundenen Wert von 2,74 Å gut überein
[Lin27].
Auf die so vorbereitete Palladium-Oberfläche wurde in zwei Stufen ein geordneter
Magnesiumchlorid-Film
aufgewachsen.
Als
geeignete
Quelle
erwies
sich
eine
mit
Magnesiumchlorid gefüllte Knudsen-Zelle, die molekulares MgCl2 verdampft.
In der ersten Stufe wurde der Palladium-Kristall auf 700 K temperiert und aus der 810 K warmen
Knudsen-Zelle über 30 - 60 Minuten bedampft. Auf diese Weise wuchs eine geordnete Monolage
MgCl2 auf, da die Oberflächen-Temperatur für eine ausreichend große Beweglichkeit der MgCl2Moleküle sorgte.
Hiernach wurde der Kristall in einer zweiten Stufe auf 610 K abgekühlt und über 5 Stunden aus
der 870 K warmen Knudsen-Zelle bedampft. Während der Bedampfung stieg der Druck in der
Kammer in den mittleren 10-8-mbar-Bereich, was durch Massenspektrometrie des Restgases auf
Wasserstoff-Freisetzung aus dem Magnesiumchlorid zurückgeführt werden konnte, da nach
vollständiger Verdampfung des MgCl2 der Wasserstoff-Partialdruck wieder sank.
Die Temperaturen müssen auf wenige Kelvin genau eingehalten werden. Eine zwischenzeitliche
Überheizung des MgCl2-Verdampferofens und/oder Abkühlung des Palladiumkristalls während
des Bedampfens führen zu Baufehlern in der Kristallstruktur des Films, die im Abschnitt 4.1.5
untersucht werden.
Zur Erhöhung der nutzbaren Oberfläche wurde bei einigen Katalysator-Präparationen auch die
ebenfalls orientierte Rückseite des Palladium-Kristalls mitbenutzt. Die MgCl2-Bedampfung
geschah dann in folgender Weise: 1. Stufe Vorderseite, 1. Stufe Rückseite, 2. Stufe Rückseite, 2.
Stufe Vorderseite.
58
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.3: Augerspektren im Verlauf der Katalysator-Präparation
(von unten nach oben, Primär-Energie 2,5 keV, Emission 14 µA);
181 eV Cl, 242 eV/275 eV/325 eV Pd, 272 eV C, 380 eV/410 eV Ti
4.1.3 Bestimmung der Filmdicke und -struktur
Nach dem Bedampfen war optisch keine Veränderung der Palladium-Oberfläche zu erkennen.
Struktur und Qualität des Films wurden mit LEED, die Dicke mit AES bestimmt. Im LEED-Bild
zeigt sich für dicke Filme eine hexagonale Struktur (Abb. 4.2 unten), die nach optischen
Vergleich zu der des Palladiums nicht verdreht ist - die kristallographische Orientierung des
geordneten Films ist also parallel zur Orientierung der Palladium-(111)-Einheitszelle (Abbildung
4.2). Dünne Filme von der Dicke einer Monolage zeigen die schon von Fairbrother gefundene (4
x 4)-Struktur (Abbildung 4.2 mitte) [Fai97] mit einer Intensitätserhöhung bei den Reflexen im
Abstand ¾ der reziproken Gitterkonstante des Palladiums gemessen vom (0 0)-Reflex.
Die Gitterkonstante aMgCl2 des hexagonalen Gitters wurde zu
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
59
a MgCl2 = 3,52 Å ± 6 %
berechnet und ist damit 3 % kleiner als die von Ferrari et al. bzw. Fairbrother et al. gefundenen
Werte
3,632
Å
und
3,64
Å
[Fer63,
Fai97].
Die
Abweichung
kann
durch
Positionierungsungenauigkeiten der Probe und der LEED-Optik, die direkt die Projektion des
Beugungsbilds auf den Schirm beeinflussen, erklärt werden. Die gefundene Gitterkonstante
entspricht der (100)-Oberfläche des α-Magnesiumchlorid-Einkristalls [Fer63, Fai97], die Chlor
terminiert ist.
Fairbrother konnte die gefundene (4 x 4)-Struktur für Filme der Dicke einer Monolage durch
Koinzidenz in den Oberflächen-Strukturen von Magnesiumchlorid (100) und Palladium (111)
erklären [Fai97]: Für die Atomabstände ai gilt 4 aPd = 3 a
MgCl2,
dadurch fallen die Positionen
jedes dritten Chlor-Anions mit denen jedes vierten Palladium-Atoms zusammen. Abbildung 4.4
zeigt die danach vorgeschlagene Filmstruktur.
Abbildung 4.4: Epitaktischer Magnesiumchlorid-Film auf Pd (111) nach Fairbrother [Fai97]
links Draufsicht, rechts Seitenansicht. Die Palladium-Oberflächen-Atome, die Chlor-Anionen und
Magnesium-Kationen sind als Hohlkreise bzw. schwarze und graue Kreise dargestellt.
Mit Hilfe der Auger-Elektronen-Spektroskopie (Abbildung 4.3) wurde die Zusammensetzung der
obersten Atomschichten untersucht. Nach der Bedampfung findet sich ein deutliches ChlorSignal (181 eV), das größte Palladium-Signal (325 eV) ist noch sichtbar. Signale des
Magnesiums liegen außerhalb des quantitativ auswertbaren Meßbereichs des Auger-ElektronenSpektrometers, da das Signal bei 32 eV nur als Schulter unter den mehrfach gestreuten
energiearmen Elektronen zu sehen und das zweite Signal bei 1174 eV technisch bedingt zu
intensitätsschwach ist. Bei großen Bedeckungen kann Magnesium jedoch qualitativ als kleines
Signal bei 45 eV nachgewiesen werden.
60
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Über die Abschwächung des Palladium-Auger-Signals I MgCl2 nach der Bedampfung wurde nach
Gleichungen (2.4a) bis (2.4c) die Dicke der Magnesiumchlorid-Schicht bestimmt. Aus (2.4b) und
(2.4c) ergab sich zunächst für die Abschwächungslänge λ
MgCl2
(325 eV ) = 6,22 nm,
also
ungefähr 10 Monolagen (s. Abschnitt 2.4.2). Dies deckt sich mit den universellen Kurven für die
Abschwächungslängen [Sea79]. Bei der Orientierung (100) der Magensiumchlorid-Oberfläche
besteht jede Monolage aus zwei parallelen Chlorschichten mit der dazwischen liegenden
Magnesiumschicht (vgl. Abb. 4.4 rechts) und ist somit unpolar.
Übliche Abschwächungen der Auger-Signalintensität des Palladiums betrugen 55 - 78 %, so daß
die Magnesiumchlorid-Schichten 6 - 12 Monolagen hoch sind. Fairbrother et al. erzielten eine
maximale Schichtdicke von 4 Monolagen.
4.1.4 Dichtigkeit des Films
Die Dichtigkeit des Magnesiumchlorid-Films wurde mit Hilfe thermischer Desorption von
Kohlenmonoxid (CO) überprüft. CO adsorbiert bis 500 K auf Palladium-(111)-Oberflächen,
wobei die maximale Bedeckung und die Gitterstruktur des CO auf der Oberfläche
temperaturabhängig sind [Guo89].
Zur Adsorption von CO auf Magnesiumchlorid waren keine früheren Arbeiten in der Literatur zu
finden. Vergleichend sollen daher Ergebnisse von CO auf Natriumchlorid- und MagnesiumoxidOberflächen herangezogen werden. Wichtendahl untersuchte die CO-Desorption von MgO (100)
und fand eine Multilagen-Desorption bei 29 K sowie eine Monolagen-Desorption bei 45 und
58 K [Wic99]. Die Existenz zweier Monolagen-Desorptions-Maxima wird auf einen
Phasenübergang der CO-Bedeckung bei 45 K zurückgeführt, bei dem die CO-Dichte auf der
Oberfläche abnimmt. Fügt man den Magnesiumoxid-Filmen Defekte durch Beschuß mit ArgonIonen (Sputtern bei 2 kV) zu, so verschmieren die beiden Monolagen-Desorptions-Maxima über
ein breites Temperatur-Intervall. Wichtendahl erklärt dies mit der Bindung des Kohlenmonoxids
an Defekten, die stärker ist als diejenige zur perfekten Oberfläche.
Heidberg et al. untersuchten CO-Adsorption auf Natriumchlorid-Filmen [Hei85, Hei91]. CO
adsorbiert in Multilagen unterhalb von 25 K, oberhalb dieser Temperatur bilden sich Inseln von
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
61
Multilagen auf der CO-Monolage. Von 35 K bis 77 K existiert nur die Monolage. Tegenkamp
beobachtete CO-Adsorption bis 115 K an Stufenkanten eines NaCl-Films [Teg00].
Zur Dichtigkeitsuntersuchung des Magnesiumchlorid-Films auf dem Palladium-Substrat wurden
bei 35 K Probentemperatur in drei verschiedenen Versuchen 6, 36 und 72 Langmuir auf die
Oberfläche aufgefroren und die Probe mit einer Heizrate von 2 K/s vor dem Massenspektrometer
aufgewärmt, bis sie schließlich 560 K erreichte.
Zu Beginn der Temperatur-Rampe bei 35 K desorbiert viel CO; es ist jedoch nicht zu
unterscheiden, ob es nur von der Kristall-Heizschlinge und ihrer Umgebung stammt oder auch
von CO-Multilagen auf dem MgCl2-Film. Bei allen drei Messungen zeigte sich ein einziges
Signal gleicher Größe bei 70 K. Dieses Signal kann der Adsorption einer Monolage CO auf dem
vollständig dichten MgCl2-(100)-Film zugeordnet werden. Für die Zuordnung zur Monolage
spricht die Unabhängigkeit des Signals von der angebotenen CO-Menge, eine MultilagenAdsorption würde mit der Menge korrelieren. Für die Dichtigkeit des Films spricht das Fehlen
von Desorptionsmaxima bei Temperaturen um 500 K und darüber, bei denen CO von
Palladium (111) desorbieren würde.
In Analogie zu den Ergebnissen auf Magnesiumoxid- und Natriumchlorid-Filmen läßt sich ein
geordneter
defektarmer
Magnesiumchlorid-Film
vermuten,
da
weder
ein
zweites
Desorptionsmaximum noch eine Schulter gemessen wurden. Gewißheit können hier
weitergehende Untersuchungen mit gezielter Defektgenerierung erbringen.
4.1.5 Defektgenerierung im Magnesiumchlorid
Im Verlauf der Präparation des Ziegler-Natta-Modellkatalysators zeigte sich die Notwendigkeit
einer Erzeugung von Defekten im Magnesiumchlorid-Film zur Verankerung der TitanReaktionszentren. Wie im Kapitel “Theoretische Grundlagen” beschrieben, ist bekannt, daß
einige Defekte wie Farbzentren, die ungepaarte Elektronen enthalten, ESR-aktiv sind. Für die
Interpretation eines ESR-Spektrums nach der Titan-Verankerung muß daher bekannt sein, ob
Anteile dieses Spektrums von Defekten stammen oder das gesamte Spektrum nur von
Titanzentren erzeugt wird.
62
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Aus diesen Gründen wurde die Defektgenerierung zunächst untersucht. Der MagnesiumchloridFilm kann auf verschiedene Weise defektiert werden und mehrere Arten von Defekten
aufweisen. Es zeigt sich eine Abhängigkeit zwischen der Behandlung des Films und der
vorherrschenden Art der Defekte.
4.1.5.1 Baufehler
Die von der Idee her einfachste Art der Defektgenerierung geschieht durch nicht-epitaktisches
Wachsen des Films beim Bedampfen der Palladium-Oberfläche mit Magnesiumchlorid.
Vornehmlich durch Temperatur-Abweichungen während des Bedampfens oder nicht ausreichend
gereinigte oder geordnete Oberflächen entstehen Baufehler in der Kristallstruktur des Films. Die
Temperatur-Abweichungen sind charakterisiert durch zwischenzeitliche Überheizung des
MgCl2-Verdampferofens und/oder Abkühlung des Palladiumkristalls um wenige Kelvin.
Diese Baufehler führen bei großer Menge zu unscharfen LEED-Reflexen und einer Aufhellung
des Hintergrunds. Ein Tempern des Films bis kurz unter die Desorptionstemperatur der Multilage
von 650 K ergab keine Verbesserung, längeres Tempern oder Tempern bei höherer Temperatur
führte schließlich zur erwarteten Desorption. Dies ist in Übereinstimmung mit dem Strukturbild
von ClMgCl-Schichten: Durch die schwachen van-der-Waals-Kräfte zwischen den Schichten
liegt die Desorption ganzer Schichten energetisch tiefer als das Ordnen innerhalb der Schichten,
in denen starke ionische Wechselwirkungen herrschen [Bas82, Fer63]. War die unterliegende
Monolage ausreichend geordnet, konnte nach Desorption erneut ein Wachstum geordneter
Multilagen versucht werden.
Die Bedampfung des Palladiumkristalls mit Magnesiumchlorid bei nicht konstanten
Temperaturen erzeugte Filme, die nicht nur unscharfe LEED-Reflexe sondern auch ein 4 G
schmales ESR-Signal bieten bei 50 K, wie es Abbildung 4.5 zeigt. Das gefundene ESR-Signal
liegt bei g = 2,002; es befindet sich damit im Bereich des g-Werts des freien Elektrons (ge =
2,0023).
Bei Magnesiumchlorid sind unter den Fehlstellen ESR-aktive Farbzentren denkbar, da ein
fehlendes, einfach geladenes Chlorid-Anion durch ein einzelnes ungepaartes Elektron ersetzt
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
63
werden kann, um die elektrische Neutralität des Kristalls zu erhalten. Aufgrund der CdCl2Schichtstruktur des Magnesiumchlorids wäre ein solches Farbzentrum im Abstand von 2,53 Å
von drei Magnesiumkationen und im Abstand von 3,64 Å von sechs Chloridanionen umgeben,
mit denen Wechselwirkungen denkbar wären.
Abbildung 4.5: ESR-Spektren bei 50 K von Defekten im Magnesiumchlorid-Film:
unten: MgCl2-Film mit Baufehlern,
oben: MgCl2-Film ohne Baufehler nach Sputtern bei 40 K mit Argon-Ionen (Ekin = 150 eV)
Für Alkali- und Erdalkali-Halogenide, die mit Röntgen-, Gamma-Strahlen oder Elektronen
bestrahlt wurden, sowie für Magnesiumoxid sind Resonanzen von Farbzentren mit g ≤ ge
beschrieben [Kin83, Fry75, Har73 und dortige Ref., Gia94]. Ebenfalls wurde zusätzlich zu
Farbzentren auch CESR von Metall-Clustern in SrCl2 und LiF bei g = ge beobachtet [Fry75,
Har73], die sich nach Angabe der Autoren durch Koagulation von Elektronen-ÜberschußZentren gebildet hatten – womöglich ist damit eine elektroneninduzierte Reduktion des Metalls
64
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
gemeint. Im Experiment der vorliegenden Arbeit ist die Reduktion von Magnesiumkationen beim
Verdampfen und Kondensieren von MgCl2 unwahrscheinlich, weil kein starkes Reduktionsmittel
zugegen ist und Energie nicht eingestrahlt wird. Da eine Reduktion der Magnesiumkationen
durch Fehlstellen-Elektronen vorsichtig denkbar wäre und sich auch Oberflächenreaktionen
deutlich von denen der Festkörper unterscheiden können, sollen die Möglichkeit der CESR
diskutiert werden und durch einen Vergleich der paramagnetischen Eigenschaften von
Fehlstellen und CESR-aktiven Metall-Clustern eine Zuordnung der bei den MgCl2-Filmen
gefundenen ESR-Signale erfolgen.
Dazu wird zunächst die CESR von Metall-Clustern betrachtet. Für kleinste Metallpartikel liegt
ihr g-Wert um ge [Fry75, Har73], dies wurde auch für Vergleichsmessungen an Magnesium
gefunden [Hal86, Not78]. Nur für diese kleinsten Partikel wurden schmale Halbwertsbreiten
beobachtet [Hal86, Har73, Fry75]. Die Intensitäten der CESR sind auf die Metallmenge bezogen
sehr klein [Not78] und bei größeren Halbwertsbreiten kaum detektierbar. Bis hierhin paßt das
ESR-Signal des defekthaltigen MgCl2-Films in diesen Rahmen, es fällt aber heraus, wenn man
die Abhängigkeit der Intensität von der Temperatur betrachtet: Sie zeigt annähernd CurieVerhalten bei Erwärmen auf 250 K, während man für CESR keine Abhängigkeit erwarten würde.
Es ist daher anzunehmen, daß es sich bei den ESR-Signalen in den auf Palladium
aufgewachsenen MgCl2-Filmen nicht um CESR handelt.
Intensitäts-Temperatur-Verhalten und Linienlage passen zu den paramagnetischen Farbzentren in
Alkali- und Erdalkali-Halogeniden sowie Magnesiumoxid. Die Halogenide zeichnen sich durch
Gauss-förmige Signale aus mit Halbwertsbreiten von 40 bis einigen Hundert Gauß [Kin83,
Fry75, Har73 und dortige Ref.], also deutlich breiter als das hier beobachtete Signal. Bei einigen
Halogeniden konnte ein Zusammenhang zwischen der Halbwertsbreite und der FehlstellenKonzentration hergestellt werden: Hohe Konzentrationen führen zu großen Halbwertsbreiten.
Giamello und Mitarbeiter beschreiben für Magnesiumoxid verschiedene Farbzentren mit ESREigenschaften, die von denen der zitierten Halogenide abweichen und dem gemessenen ESRSignal ähneln [Gia94]: Oberflächen-Farbzentren zeigen 1 – 1,5 G schmale Signale axialer
Symmetrie um g = 2,001, Farbzentren direkt unter der Oberfläche liegen bei g = 2,002 und
scheinen isotrop. Im Magnesiumoxid-Festkörper liegende Farbzentren zeichnen sich durch ein
symmetrisches Signal bei g = 2,0023 aus, das durch den vorherrschenden s-Orbital-artigen
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
65
Grundzustand des Fehlstellenelektrons mit geringer Spin-Bahn-Kopplung mit den umgebenden
Magnesium-Kationen erzeugt wird.
Hyperfein-Wechselwirkung der Oberflächen-Farbzentren mit den umgebenden MagnesiumKationen wird von Giamello nur bei maximaler Empfindlichkeit des ESR-Spektrometers
beobachtet. Dies ist auch zu erwarten, da das Magnesium-Isotop 25Mg mit Kernspin IN = 5/2 nur
eine natürliche Häufigkeit von 10,13 % besitzt. Der Intensitätsanteil aller hyperfeinaufgespalteten Signale an der Gesamt-Intensität wird in Abhängigkeit des A-Tensors auf mehrere
Linien aufgeteilt, so daß die Intensität einer einzelnen Linie schnell unter die Nachweisgrenze
des ESR-Spektrometers fällt. Es verwundert daher nicht, daß im hier diskutierten ESR-Spektrum
des MgCl2 diese Aufspaltungen nicht beobachtet werden können.
Das diskutierte ESR-Signal in defekthaltigen MgCl2-Filmen auf Palladium gleicht in Lage und
Breite
einem
Farbzentren-Signal,
wie
es
insbesondere
im
Festkörper-Innern
beim
Magnesiumoxid beobachtet wird. Eine Hyperfein-Aufspaltung wird weder durch die
umgebenden Magnesium-Kationen noch die Chlorid-Anionen der nächsten Koordinationssphäre
beobachtet. Da eine spätere Titantetrachlorid-Adsorption unter Elektronenbeschuß zu einer
Intensitätsverminderung des ESR-Signals auf 60 % führt, liegt es nahe, daß nur ein Teil der
Baufehler nahe genug der Oberfläche ist, um mit Titantetrachlorid und den Elektronen
wechselwirken zu können. Der Großteil befindet sich in tieferen Schichten.
Es erstaunt, daß der Anteil der Baufehler, der mit TiCl4 wechselwirken kann, im ESR-Spektrum
kein eigenes Signal zeigt. Dies würde man von Baufehlern in der Oberfläche erwarten, da ihre
chemische Umgebung sich von der im Festkörper unterscheidet und ihre Symmetrie ebenfalls
herabgesetzt ist im Vergleich zu Fehlstellen im Festkörper-Innern. Eine mögliche Erklärung wäre
die Annahme, daß diese Baufehler sich nicht direkt in der obersten Schicht, sondern in den ersten
Schichten darunter befinden und die Reaktion mit TiCl4 über diese Entfernung wirken kann,
indem nach Chlorabgabe des TiCl4 an den MgCl2-Film Chlorid-Ionen im Film in Richtung
Fehlstelle verschoben werden und die Fehlstelle selbst durch ein benachbartes Chlorid-Ion
besetzt wird (Domino-Effekt).
66
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
4.1.5.2 Elektronen-Beschuß
Für die Präparation des Ziegler-Natta-Katalysators mußte der geordnet gewachsene
Magnesiumchlorid-Film mit Elektronen beschossen werden, wie es im Abschnitt 4.2 diskutiert
wird. Vor dem Beschuß zeigten die verwendeten Filme keine ESR-Signale. Verwendet wurden
Elektronen einer kinetischen Energie von 1 000 eV, die als Strom von 30 µA 25 min lang von
einer offenen Glühwendel in 5 cm Entfernung ausgesendet wurden. Die Entfernung wurde
gewählt, um die Probe nicht unnötig stark zu heizen. Zusätzlich kam es bei der Aufnahme der
Auger-Elektronen-Spektren zum Beschuß mit Elektronen einer Energie von 2 500 eV und einer
Stromdichte von 700 µA/cm2. Dieser Strom traf aber bedingt durch die Querschnittsfläche des
Elektronenstrahls nur rund 2 % der Probenkristalloberfläche.
Beide Elektronen-Ströme führten im Augerspektrum zu einer Abnahme des Chlorsignals bei
181 eV. Daraus kann eine elektronen-stimulierte Desorption von Chlor gefolgert werden, die
auch von der Arbeitsgruppe Somorjai beschrieben wurde [Rob98]. Das LEED-Bild zeigt in
beiden Fällen nur noch intensitätsschwache unscharfe Reflexe - die langreichweitige Ordnung
des Magnesiumchloridfilms ist demnach gestört. Aus diesen Gründen wurde die Aufnahme von
Auger-Spektren auf zwei kurze Durchläufe beschränkt. Im ESR-Spektrum finden sich unter den
oben genannten Bedingungen nach 25 min langem Elektronenbeschuß sowohl bei
Raumtemperatur als auch bei 50 K keine ESR-aktiven Fehlstellen.
Abbildung 4.6: Fehlstellensignal nach Elektronenbeschuß und TiClX-Deposition
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
67
In einem Experiment zur Deposition von TiCl4 auf dem Magnesiumchlorid-Film kam es zum
Auftreten eines ESR-Signals, nachdem die Oberfläche 55 min lang bei Raumtemperatur sowie
weitere 5 min bei 50 K mit Elektronen beschossen, TiCl4 aufgefroren und unter Desorption nicht
chemisch verankerten TiCl4 wieder aufgetaut worden war. Dies führte im ESR-Spektrum bei
50 K zu einem schwachen Signal bei g = 2,002 (Abbildung 4.6) sowie einem Ti(+III)-Signal bei
g = 1,93, das im Abschnitt 4.2.4 diskutiert wird. Die Intensität des Signals bei g = 2,002 zeigt
wie beim Signal der paramagnetischen Baufehler eine Curie-Abhängigkeit von der Temperatur.
In der Form erscheint es aber asymmetrischer. Führt man den Elektronenbeschuß eines neuen
MgCl2-Films 50 min lang bei Raumtemperatur mit Titantetrachlorid-Hintergrunddruck (s. auch
nächstes Kapitel) durch, findet sich dieses ESR-Signal nicht.
Wie die Veränderungen in den LEED-Aufnahmen zeigen, werden durch den Elektronenbeschuß
die langreichweitige Ordnung der Oberfläche des MgCl2-Films gestört und Fehlstellen erzeugt.
Unter diesen Fehlstellen befindet sich nach 25 min Elektronenbeschuß keine für eine Detektion
ausreichende Anzahl ESR-aktiver Farbzentren. Erst bei doppelt langem Elektronenbeschuß
(50 min statt 25 min) ist im ESR-Spektrum ein Signal zu finden, dessen Lage bei ge als auch
dessen Temperatur-Verhalten den im letzten Abschnitt diskutierten Baufehlern gleichen; daher
handelt es sich auch hier um die Resonanz von Farbzentren. Das Nichtauftreten bei gleichzeitiger
Anwesenheit von TiCl4 läßt auf einen Oberflächen-Prozeß schließen, bei dem es durch
Adsorption und Reaktion des TiCl4 zu einer „Reparatur“ der Defekte kommt. Dies paßt zu den
bereits zitierten Beobachtungen beim Magnesiumoxid für Oberflächen-Farbzentren.
Zur weiteren Deutung der bei Elektronenbeschuß stattfindenden Prozesse sollen Experimente
von Magni und Somorjai herangezogen werden [Mag95a], die mittels RöntgenphotoelektronenSpektroskopie (XPS) eine Reduktion des Magnesiums in Magnesiumchlorid-Filmen durch
Elektronen-Beschuß einhergehend mit starker Chlordesorption beobachteten. Sie benutzten dazu
einen 6 Monolagen hohen MgCl2-Film auf einer Goldfolie und Elektronen einer kinetischen
Energie von 1 keV, verwendeten aber im Gegensatz zu den in dieser Arbeit vorgestellten
Messungen einen fokussierten Strahl aus einer Elektronenkanone mit einer Stromdichte von
50 µA/cm2, mit dem die Oberfläche bei 330 K unter einem Winkel von 45 ° gerastert wurde.
Im einzelnen ergab das Experiment, daß nach 30 min Elektronenbeschuß nur noch 10 % der
ursprünglichen Chlormenge übrig waren. Im XPS-Spektrum verschoben sich während der 30
min Elektronenbeschuß das Magnesium- und das Chlor-Signal hin zu Signallagen bei
68
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
elektronenreicherem Magnesium in Magnesiumchlorid-Verbindungen. Am Ende konnte
elementares
Magnesium
Ionenbeugungsspektroskopie
nachgewiesen
(ISS)
wiesen
werden.
Magni
und
Durch
Somorjai
Hinzunahme
von
das
des
Verarmen
Magnesiumschlorid-Films an Chlor unterhalb der Oberfläche nach, da diese Methode während
der gesamten Untersuchung eine unveränderte Chlor-Terminierung der Oberfläche ergab.
Das in dieser Arbeit beschriebene Experiment ohne fokussierenden Elektronenstrahl bei
Raumtemperatur führte zu einer schwächeren Chlor-Desorption, die Chlor-Verluste lagen im 20%-Bereich. Dies zeigt erwartungsgemäß, daß die diffuse Elektronenbestrahlung deutlich
ineffektiver ist als diejenige mit einem fokussierten Rasterstrahl. Die Reduktion von Magnesium
ist auch bei diffuser Elektronenbestrahlung mit entsprechend schwächerer Effizienz denkbar,
konnte aber durch CESR und andere an der Apparatur zur Verfügung stehende Meßmethoden
weder nachgewiesen noch ausgeschlossen werden. Wie im vorigen Unterabschnitt diskutiert,
sind die Intensitäten der CESR auf die Metallmenge bezogen jedoch sehr klein [Not78] und bei
größeren Halbwertsbreiten kaum detektierbar. Die Reduktion von Magnesium unter ChlorDesorption bei Elektronenbeschuß ist eine Erklärung für die Abwesenheit ESR-aktiver
Farbzentren. Durch die Reduktion des Magnesiums werden keine Elektronen zur
Ladungskompensation in Chloridanionen-Fehlstellen benötigt und Farbzentren entstehen nicht.
Der Elektronen-Beschuß erzeugt nicht-ESR-aktive Fehlstellen und eine Verminderung der
langreichweitigen Ordnung der Oberfläche des MgCl2-Films, die sich in den Veränderungen der
LEED-Aufnahmen äußern und wahrscheinlich durch die Chlor-Verluste hervorgerufen werden.
Erst wenn - dem Ergebnis von Somorjai folgend - die Magnesium-Kationen im Inneren des
Films weitestgehend durch Elektronenbeschuß reduziert sind, kommt es bei fortgesetztem
Elektronenbeschuß zur Erzeugung ESR-aktiver Defekte in der oberen MgCl2-Filmschicht; dies
könnte zu den im ESR-Spektrum beobachtbaren Farbzentren führen. Es erstaunt jedoch, daß
diese wahrscheinlich an der Oberfläche sich befindenden Farbzentren nach Entstehen nicht
vollständig mit TiCl4 reagieren, während sie es bei der Entstehung zu tun scheinen.
Die Reduzierung der Magnesium-Kationen rückt noch eine weitere Möglichkeit für den
Ursprung des ESR-Signals in den Blickwinkel: Mg(+I) besitzt ein ungepaartes 3-s-Elektron, das
ESR-aktiv sein kann, keinen Bahndrehimpuls besitzt und abhängig von chemischen Umgebung
einen g-Wert um ge besitzen sollte. Da der Kernspin des Magnesiumisotops
25
Mg jedoch
ungleich null ist (5/2, Häufigkeit 10,13 %) , würde eine Hyperfein-Wechselwirkung mit
4.1 Das System MgCl2/Pd (111)
69
Aufspaltung der Resonanz in mehrere Linien zu beobachten sein. Diese Aufspaltung kann nicht
beobachtet werden, so daß Mg(+I) als Ursprung unwahrscheinlich ist.
4.1.5.3 Beschuß mit langsamen Argon-Ionen
Zu Beginn der Arbeit wurden mehrere Verfahren untersucht, um Titan (+IV) zu reduzieren; ein
Verfahren war dabei der Beschuß mit langsamen Argon-Ionen aus einer Sputterkanone. Daher
wurde auch die Wirkung dieser Argon-Ionen auf den Magnesiumchlorid-Film untersucht, der
zuvor keine ESR-Signale aufwies.
Um den Film nicht über Gebühr zu zerstören, wurden Argon-Ionen einer kinetischen Energie von
rund 150 eV und einer Stromdichte von weniger als 1 µA/cm2 verwendet; die Positionierung von
Sputter-Kanone und Kristall entsprach derjenigen bei der Kristallreinigung. Nach dreiminütigem
Sputtern erhält man im ESR-Spektrum kein Signal. Beschießt man jedoch den Film zuvor 25
min lang bei Raumtemperatur mit Elektronen, wie im letzten Abschnitt angegeben, so findet man
eine Gauss-förmige Resonanz bei g = 2,004 (Abbildung 4.5). Ihre Intensität ist deutlich stärker
als diejenige bei Elektronenbeschuß, und sie ändert ihre Form bei Drehung des Palladiumkristalls
nicht nachweisbar.
Magni und Somorjai wiesen mit XPS nach [Mag95a], daß sich die Filmzusammensetzung unter
Argon-Sputtern nicht ändert, Magnesium und Chlor also im Gegensatz zum Elekronenbeschuß
im selben Maße aus dem Film herausgeschlagen werden.
Die experimentellen Befunde lassen sich damit wie folgt erklären: Wenn Elektronen die Plätze
der fehlenden Chlor-Anionen einnehmen, können sie als Farbzentren ESR-aktiv werden und die
im ESR-Spektrum gefundene Resonanz hervorrufen, die denen durch Baufehler oder durch
Elektronenbeschuß erzeugten gleichen. Diese Fehlstellen können gemäß dem experimentellen
Befund ähnlich wie beim Elektronenbeschuß erst nach einer teilweisen Reduzierung des MgCl2Films durch Elektronenbeschuß erzeugt werden, treten aber zeitlich früher auf als bei reinem
Elektronembeschuß. Das frühere Auftreten, die größere Intensität und die Abweichung des gWerts von dem der bisher betrachteten Farbzentren lassen sich durch die stärkere Defektierung
der Oberfläche aufgrund höherer Effizienz beim Sputtern im Vergleich zum Elektronenbeschuß
erklären: Argon-Ionen besitzen bedingt durch ihre Größe einen größeren Wirkungsquerschnitt,
und wegen ihrer größeren Masse können sie mehr kinetische Energie auf die Anionen und
70
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Kationen des Magnesiumchlorid-Films übertragen, da sich ihre Atommassen ähneln. Es kommt
zur Ausbildung von kleinen „Einschlagskratern“ durch Sputtern mit Argon-Ionen. Die starke
Defektierung der Oberfläche mindert ihre Ordnung und Symmetrie in größeren Ausmaß und
erhöht die lokale magnetische Anisotropie der einzelnen Fehlstelle. Die Linienbreite, die hier
beim Sputtern größer ist als bei den vorherigen Verfahren, hat ihren Ursprung in DetailUnterschieden dieser großen Fehlstellen. Diese Detail-Unterschiede führen zu ElektronenspinResonanzen über einen größeren Bereich des Magnetfelds.
Möglicherweise enthält das ESR-Signal wegen seines höheren g-Werts auch Anteile einer
intensitätsbedingt nicht auflösbaren anisotropen ESR-Struktur, wie sie Kinno fand nach γBestrahlung von rekristallisiertem MgCl2 [Kin83]. Er wies diesem Signal wegen der positiven
Abweichung von ge einer Fehlstelle mit einer mehr als halb gefüllten Elektronenschale zu, dabei
nahm er die Existenz von neutralen Chlor-Zentren (Cl0) als Basis für Lochfehlstellen –
Kristallfehlstellen, bei denen an einem Platz ein Elektron fehlt - an, die das Analogon zu einem
einzelnen Elektron bilden und so ESR-aktiv sind. Zur Erzeugung dieser neutralen Chlorzentren
müßten die jeweiligen Chlorid-Anionen des Gitters durch Stoß oder direkte Redox-Reaktion mit
den Argon-Kationen oxidiert werden. Auch das Herausschlagen elementaren Magnesiums
könnte elementares Chlor zurücklassen, das als Lochfehlstelle ESR-aktiv ist.
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
71
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
4.2.1 Einführung
Das Titan-Reaktionszentrum wurde in Form von Titantetrachlorid (TiCl4) auf das Substrat
aufgebracht. TiCl4 ist bei Raumtemperatur und Normaldruck eine gelbliche Flüssigkeit von
stechendem Geruch, einem Dampfdruck von 13 mbar und einer Dichte von 1,726 g/cm3. An
Luft und im Kontakt mit Wasser zersetzt es sich exotherm zu Chlorwasserstoff und
Titandioxid.
Der Dampfdruck ist ausreichend, um TiCl4 über die Gasphase durch einen Doser auf die
Probenoberfläche zu leiten. Alleiniges Einströmen gasförmigen Titantetrachlorids führt
jedoch nicht zu einer mit AES meßbaren Adsorption, auch das Auffrieren bei Stickstoff- oder
Heliumtemperatur und anschließendes Auftauen läßt kein TiCl4 zurück. Dies stellten auch
Somorjai und Mitarbeiter fest [Mag95b], die die Desorptionstemperatur zu 174 K bestimmten
und nur bei Mengen ab 450 L 1 - 2 % Titan nachweisen konnten. Das zeigt, daß das
Titantetrachlorid auf der glatten geordneten Magnesiumchlorid-(100)-Oberfläche bei
Raumtemperatur nicht haftet, für eine Verankerung sind entweder andere OberflächenOrientierungen oder Defekte auf der Oberfläche nötig.
Daher wurden verschiedene Verfahren zur Deposition bei vorheriger oder gleichzeitiger
Erzeugung von Kristalldefekten im Magnesiumchlorid-Film untersucht. Zur Beurteilung der
deponierten Menge wurde die Auger-Elektronen-Spektroskopie genutzt. Dabei ist sowohl das
Wachsen zweier Signale des Titans (387 eV, 418 eV) als auch eine Zunahme des ChlorSignals und eine Abschwächung des Palladium-Signals zu beobachten (Abbildung 4.3). Die
nominelle TiCl4-Schichtdicke wurde nach Gleichung (2.4a) über die Abschwächung des
Palladiumsignals bestimmt (λTiCl4 = 7,4 ML bzw. 2,2 nm bei abgeschätzter nomineller
Monolagendicke nach Gleichung (2.4c) von 3,1 Å).
Die Titan-Signale im AES sind sehr klein, da ihre relative Empfindlichkeit nur sTi = 0,45 (im
Gegensatz zu Chlor sCl = 1,05) [PEI76] beträgt; zusätzlich dominiert das Chlor, da es erstens
72
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
stöchiometrisch bedingt im TiCl4 viermal häufiger als Titan vertreten und zweitens auch im
darunterliegenden Magnesiumchlorid zu zwei Dritteln vorhanden ist.
4.2.2 Verankerung durch Elektronenbeschuß bei Raumtemperatur
Die Deposition von TiCl4 bei Raumtemperatur gelingt bei gleichzeitigem Beschuß mit
Elektronen einer kinetischen Energie von 1 000 eV und einem Strom von 30 µA. Es handelt
sich um die gleiche Anordnung, wie im Abschnitt 4.1.5.2 beschrieben. Während des
Elektronenbeschusses wurden über 25 min 1,2 ∙ 10-5 mbar TiCl4 auf der Probenoberfläche
angeboten, dabei blieb die Oberfläche der Probe optisch blank. Bei sequentieller
Vorgehensweise – erst Elektronenbeschuß, dann TiCl4-Atmosphäre bei Raumtemperatur –
gelang die Deposition nach AES-Auswertung im Gegensatz zu den Ergebnissen von Magni
und Somorjai nicht [Mag96a].
Zur Analyse der Titan-Chlor-Stöchiometrie der Gasphasen-Teilchen während der Deposition
auf MgCl2 wurde das Massenspektrometer eingesetzt. Die vergleichende Untersuchung der
TiCl4-Gasphase unter und ohne Elektronenbeschuß blieb aber erfolglos, da das
Massenspektrometer nicht direkt vor den Doser-Austritt gefahren werden kann – es muß
darüber hinaus Raum für die elektronenaussendende Glühwendel verbleiben - und die
Mengen der einzelnen Fragmente nur knapp die Nachweisschwelle des Spektrometers
(10-12 mbar) erreichten. Man darf davon ausgehen, daß der Großteil der Titanchloride an den
Stahloberflächen, die sie zuerst treffen, haften bleibt.
Zur Beschreibung der Menge der deponierten Titanchlorid-Verbindung wurde zunächst die
Auger-Elektronen-Spektroskopie eingesetzt (Abbildung 4.7). Über die Abschwächung der
Signalintensität des Palladiums (Gleichung 2.4a) wurden nominelle Schichtdicken bis
2 Monolagen bestimmt. Diese Abschätzung ist nur möglich für das Modell geschlossener,
lagenweise wachsender Filme. Eine Untersuchung, ob hingegen ein Inselwachstum vorliegt,
ist mit der hier zur Verfügung stehenden integrativen Methode AES an diesem Punkt nicht
direkt möglich. Die AES erlaubt für homogene Materialien eine Abschätzung der
Stöchiometrie der Elemente auf der Oberfläche. Bei Inselwachstum wäre der Chloranteil mehr
als vierfach größer als der Titan-Anteil, da sowohl Chlor aus Titanchlorid-Verbindungen als
auch vom MgCl2-Film detektiert wird. Leider gilt dies auch für die denkbare Bildung
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
73
gemischter Titan-Magnesium-Chloride, so daß eine Unterscheidung erst bei größeren
Titanchlorid-Mengen möglich ist, die zu einer Aufsättigung der oberen Schichten des
Magnesiumchlorid-Films mit Titan führen würden. Da die bisherige Depositionsmenge zu
gering ist, erfolgt eine solche Abschätzung erst im nächsten Abschnitt. Aufgrund der
notwendigen Oberflächendefekt-Erzeugung durch den Elektronenbeschuß während der TiCl4Deposition ist ein Insel-Wachstum wahrscheinlich.
Abbildung 4.7: Auger-Spektren nach Titantetrachlorid-Deposition
1 TiCl4 mit Elektronenbeschuß bei 298 K
2 Fortsetzung nach Auffrieren von TiCl4 bei 50 K und Auftauen
3 obiger Zyklus wiederholt
4 Elektronenbeschuß bei 50 K und TiCl4-Auffrieren, danach Auftauen
5 Fortsetzung nach TiCl4 unter Elektronenbeschuß bei 50 K und Auftauen
6 bei 50 K gesputterter Film, TiCl4 unter Elektronenbeschuß bei 50 K nach Auftauen, ESRaktiv
Nach den experimentellen Befunden ergibt sich, daß der gleichzeitige Elektronenbeschuß für
die Deposition des TiCl4 notwendig ist. Aus dem Abschnitt 4.1.5 ist bekannt, daß
Elektronenbeschuß zu einer Defekterzeugung im MgCl2-Film führt, die sich als Störung der
langreichweitigen Ordnung des Films bemerkbar macht und mit einer Reduktion des
Magnesiums in Schichten unterhalb der Oberfläche einhergeht. Bei Elektronenbeschuß über
50 min können schließlich ESR-aktive Farbzentren erzeugt werden. Wie im gleichen
74
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abschnitt berichtet, sind im ESR-Spektrum nach 50 minütiger Deposition von TiCl4 unter
Elektronenbeschuß ohne vorherige Defektierung des MgCl2-Films keine ESR-Signale von
Defekten des Magnesiumchlorids zu sehen.
Dies läßt auf eine rasche und fast vollständige Ausheilung intermediär erzeugter Defekte
durch Reaktion schließen. Es stellt sich die Frage nach den beteiligten Reaktionspartnern. Auf
der Seite des MgCl2-Films kommen dabei Gitterfehlstellen des Kristalls als auch das gebildete
elementare Magnesium unterhalb der Oberfläche in Frage. Auf der anderen Seite stehen das
angebotene TiCl4 oder seine reduzierten Verbindungen (TiCl4-x), die in der Gasphase durch
Elektronenbeschuß entstanden sein könnten. Diese Möglichkeiten sollen nun näher diskutiert
werden.
Magni und Somorjai berichten von gelungenen TiCl4-Depositionen ohne Elektronenbeschuß
auf Magnesium-Filmen auf Gold [Mag96a]. Vergleichsmessungen mit einem MagnesiumFilm auf Pd (111) im Rahmen der vorliegenden Arbeit blieben jedoch erfolglos. Daher
erscheint
die
Deposition
über
intermediär
gebildete
Magnesium-Partikel
zwar
unwahrscheinlicher, ist jedoch aufgrund des vom Festkörper abweichenden Verhaltens kleiner
Teilchen mit großer Oberfläche an diesem Punkt nicht völlig auszuschließen. Auch wenn die
Oberfläche des elementaren Magnesiums Titanchloride nicht direkt zu binden scheint, kann
die Existenz reduzierten Magnesiums für die Bindung der Titanchloride notwendig sein. Nach
den
bisherigen
Ergebnissen
befindet
sich
dieses
Magnesium
unterhalb
einer
Magnesiumchlorid-Schicht, die die Grenzfläche zum Vakuum bzw. zur TiCl4-Atmosphäre
bildet. Dies führt zu Elektronendichte-Verschiebungen und einer verminderten Koordination
der Ionen in dieser Schicht, die eine Additionsreaktion mit TiCl4 möglich machen könnten.
Die Vermutung zur Bedeutung des elementaren Magnesiums für die erfolgreichen
Titanchlorid-Deposition läßt sich durch Vergleich mit Arbeiten von Somorjai und
Mitarbeitern erhärten [Kor99, Mag96a, Mag96b], die die Deposition von TiCl4 auf Gold
getragenen MgCl2-Filmen bei 330 K mit Hilfe winkelaufgelöster XPS und ISS untersuchten.
Sie fanden zum einen, daß Titanchloride auch durch gleichzeitige Deposition elementaren
Magnesiums auf dem Magnesiumchlorid-Film aufgewachsen werden können. Zum anderen
ergab sich aus einer Vergleichsmessung, daß MgCl2-Filme nach einer Magnesium-Deposition
weiterhin an der Vakuumgrenze aus einer MgCl2-Schicht bestehen, während sich unterhalb
wie beim Beschuß von MgCl2 mit Elektronen eine Magnesiumschicht bildet – somit
rekonstruiert die Filmoberfläche fortlaufend unter Magnesiumzugabe und reicht das
Magnesium in tiefer liegende Schichten weiter. Da die Verhältnisse im Magnesiumchlorid-
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
75
Film denen beim Elektronenbeschuß gleichen, wird das Vorhandensein elementaren
Magnesiums unterhalb der Grenzschicht für das Verankern als notwendig angesehen. Die in
der Grenzschicht sich befindenden Magnesium-Ionen sind durch diese Umgebung den
Gitterfehlstellen, die ebenfalls Magnesium-Ionen mit unvollständiger Koordinationssphäre
und Elektronendichte-Verschiebungen aufweisen, ähnlich. Es liegt nahe, daß diese
Eigenschaften maßgeblich verantwortlich sind für die Adsorption der Titanchloride auf einer
Magnesiumchlorid-Oberfläche.
Zur Frage der an der Adsorptionsreaktion beteiligten Titanchlorid-Verbindungen sollen nun
weitere Ergebnisse der Arbeit von Somorjai und Mitarbeitern herangezogen werden [Kor99,
Mag96a, Mag96b]. Bei der Untersuchung der Deponate mittels XPS fanden Somorjai et al.
zwei Signale bei 458,5 eV und 456,3 eV, die sie TiCl4 bzw. TiCl2 zuordneten. Mittels
Referenzmessungen von TiCl4-Depositionen auf Gold schlossen sie das Entstehen gemischter
Magnesium-Titan-Chloride aus [Mag96b]. Die Winkelauflösung der XPS ergab, daß das
458,5-eV-Signal (TiCl4) von der Oberfläche her stammt, das zweite jedoch aus der Tiefe. ISSUntersuchungen zeigten, daß die Oberfläche zu jeder Zeit Chlor terminiert ist [Mag96a]. Dies
führte zu einem Modell für das Aufwachsen, bei dem sich nach der Deposition TiCl2-Lagen
auf dem MgCl2-Film befinden, die mit einer TiCl4-Monolage nach außen abgedeckt sind.
Korányi und Somorjai treffen in ihren jüngeren Übersichten [Kor99] keine Aussagen mehr
über die Epitaxie der Titanchloridlagen und die Menge der deponierten Titanchloride. In einer
früheren Arbeit wurde mit AES eine maximale nominelle Filmdicke von 25 Å [Mag96b]
gefunden, die sich bereits nach 17 min Depositionszeit einstellte und über 40 min nicht weiter
zunahm.
Für die Entstehung der mit XPS nachgewiesenen Titanchlorid-Verbindungen gibt es mehrere
denkbare Möglichkeiten. Zum einen ist eine direkte Reduktion des Titanchlorids durch den
Elektronenbeschuß bis zur Oxidationsstufe +II möglich. Dann bleibt aber fraglich, warum
TiCl4 an der Vakuumgrenzfläche zurückbleibt. Zum anderen ist eine Disproportionierung
nach elektronenstimulierter Reduktion des TiCl4 zu TiCl3 möglich:
TiCl4 + e- → TiCl3 + Cl2 TiCl3 → TiCl2 + TiCl4
76
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
In diesem Fall entstehen zwar zunächst TiCl2 und TiCl4 zu gleichen Teilen, das TiCl4 kann
aber wieder reagieren und weiteres TiCl2 erzeugen. Somit ist der zweite Fall wahrscheinlicher.
Für ihn spricht auch das Auftreten von ESR-Signalen des TiCl3, die im folgenden Abschnitt
4.2.4 diskutiert werden. Wahrscheinlich ist die Menge an TiCl3 jedoch so gering, daß es im
XPS zwischen den Signalen von TiCl2 und TiCl4 nicht zu detektieren ist und deshalb von
Somorjai und Mitarbeitern nicht erwähnt wurde.
Zusammen mit den Ergebnissen aus dem vorherigen Unterkapitel 4.1 zur Defektgenerierung
mit Elektronen ergibt sich nun folgendes weiterentwickeltes Modell: Durch den
Elektronenbeschuß der Oberfläche kommt es zur elektronenstimulierten Desorption der
Oberflächen-Ionen des Magnesiumchlorid-Films, vornehmlich der Chlorid-Anionen. Dies
erzeugt Fehlstellen an der Oberfläche des Magnesiumchlorid-Films, darunter ESR-aktive
Farbzentren in Form von Chlorfehlstellen. Der Elektronenbeschuß führt ebenfalls zur einer
Reduktion von Magnesium-Kationen zu elementarem Magnesium, das sich unterhalb einer
Vakuum-Grenzschicht aus Magnesiumchlorid anreichert. Die Magnesium-Kationen an den
Fehlstellen und in der Grenzschicht sind unterkoordiniert und in der Lage, Titanchloride aus
der Gasphase zu adsorbieren. Die Adsorption geschieht unter Reaktion mit den Kationen und
verhindert das Entstehen ESR-aktiver Farbzentren durch den Elektronenbeschuß. Die
Depositon von mehr als einer nominellen Lage TiCl4 unter Elektronenbeschuß ist ebenfalls
möglich, dabei wird es sich wahrscheinlicher um eine Reaktion denn um eine Kondensation
handeln, da das deponierte Titanchlorid hauptsächlich aus Titandichlorid (TiCl2), das mit
einer Schicht aus Titantetrachlorid (TiCl4) bedeckt ist, besteht, aber auch Anteile von Ti3+
enthält.
4.2.3 Verankerung durch Auffrieren sowie Sputtern
In einem zweiten Schritt wurde TiCl4 nach der Raumtemperatur-Deposition auf die 40 K kalte
Probe aufgefroren, um den Haftkoeffizienten der Oberfläche zu maximieren.
Nach 5 min wurde die Probe aufgetaut und nicht-chemisch gebundenes TiCl4 desorbierte
oberhalb von 175 K. Nach Auftauen auf Raumtemperatur läßt sich im Auger-Spektrum nur
eine schwache Zunahme des adsorbierten Titans und Chlors auf der Oberfläche feststellen
(Abbildung 4.9, Spektren 1 und 2), die Signalabschwächung bei Palladium ist deutlicher und
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
77
liefert nach Gleichung (2.4a) eine nominelle Dickenzunahme des TiCl4 im Bereich von drei
bis acht nomineller Monolagen.
Der
Zyklus
von
TiCl4-Deposition
bei
Raumtemperatur
unter
Elektronenbeschuß,
anschließendem Auffrieren und Auftauen zur Desorption kann wiederholt werden und führt
zu weiter Erhöhung der Menge adsorbierten Titans, wie das Auger-Spektrum zeigt
(Abbildung 4.7, Spektrum 3). AES-Signale des Palladiums können bei diesen TitanchloridMengen auf der Oberfläche nicht mehr nachgewiesen werden. Schätzt man die Menge
adsorbierten Titans durch die Zunahme der Peak-zu-Peak-Höhe seines AES-Signals bei 380
eV über eine proportionale Abhängigkeit ab, so erhält man nominelle Schichtdicken von bis
zu 12 Monolagen; der Meß-Fehler beträgt mindestens 30 %.
Anstelle des zweistufigen Zyklus kann auch einstufig deponiert werden: Dann wird die
Oberfläche bei 40 - 50 K in der selben TiCl4-Atmosphäre wie oben mit Elektronen einer
kinetischen Energie von 1 000 eV über einen Zeitraum von 25 min beschossen. In der
Ausbeute unterscheiden sich der ein- und der zweistufige Zyklus im Rahmen der
Fehlergrenzen nicht, auch der einstufige Zyklus kann wiederholt werden und führt zu
ähnlichen nominellen Schichtdicken wie der zweistufige (Abbildung 4.7, Spektren 4 und 5).
Die weitaus größte Menge an TiCl4 konnte nach dreiminütigem Sputtern der frischen
Magnesiumchlorid-Oberfläche bei 50 K mit langsamen Argon-Ionen deponiert werden
(Abbildung 4.7, Spektrum 6). Verwendet wurden dazu Argon-Ionen einer kinetischen Energie
bis 150 eV und einem Strom von weniger als 1 µA. Titantetrachlorid wurde bei 50 K unter
Elektronenbeschuß aufgefroren; anschließend desorbierte wieder der Überschuß beim
Auftauen. (Abbildung 4.7, Spektrum 6).
Keine mit AES nachweisbare Deposition erfolgt, wenn TiCl4 zunächst auf einen defektfreien
MgCl2-Film aufgefroren und anschließend mit Elektronen beschossen wird.
Diese Beobachtungen unterstützen das im vorhergehenden Abschnitt entwickelte Modell für
die Deposition von Titanchloriden auf MgCl2-Oberflächen. Das Ergebnis nach Sputtern zeigt,
daß für die Deposition nicht nur die elektronenstimulierte Magnesiumreduktion sondern auch
eine große fehlstellenreiche Oberfläche notwendig ist, wie sie sehr effektiv durch Sputtern
erzeugt werden kann. Sputtern verursacht ein Aufrauhen der Oberfläche mit Schaffung vieler
unterkoordinierter Magnesium-Atome als mögliche Reaktionsplätze. Auffrieren von TiCl4
ohne vorherige Defekterzeugung führt auch bei anschließendem Elektronenbeschuß zu keiner
Deposition, da der aufgefrorene, viele Lagen hohe Titantetrachlorid-Film die gesamte
78
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Oberfläche bedeckt und die Elektronen abbremst, so daß keine Defekte im MgCl2-Film
erzeugt werden können.
Die Depositionsmenge des Titans kann sowohl durch Auffrieren von TiCl4 als auch durch
anschließende weitere elektronenstimulierte Deposition gesteigert werden. Dies läßt zwei
Schlüsse zu: Das Auffrieren erlaubt die Absättigung unterkoordinierter Titanchloride auf der
Oberfläche, so daß die Gesamt-Menge deponierter Titanchloride zunimmt. Eine weitere
Deposition ist dann unter Elektronenbeschuß möglich, der Titan(IV)chlorid reduzieren kann.
Für die Notwendigkeit einer elektronenstimulierten Reduktion des Titans für die weitere
Deposition spricht noch ein zweiter experimenteller Befund: Das simultane Auffrieren und
Elektronen-Beschießen bei 50 K erlaubt eine Deposition von Titan, deren Menge vergleichbar
dem zweistufigen Prozeß ist. Zur Erklärung muß man berücksichtigen, daß beim Auffrieren
die Filmdicke des TiCl4 über die Zeit zunimmt; die Elektronen werden mit fortschreitender
Zeit so stark abgebremst werden, daß sie nicht mehr die bereits chemisch gebundenen
Adsorbate erreichen und diese reduzieren können. Das führt dazu, daß die Bindung weiterer
Titanchloride zum Erliegen kommt.
Aus den zu Beginn des Abschnitts vorgestellten Messungen ist eine weitere Information zur
Art des Aufwachsen der Titanchloride auf dem MgCl2-Film erhältlich. Mittels AugerElektronenspektroskopie kann ein Beleg für das Aufwachsen in Form von Inseln gefunden
werden. Dazu wird die Stöchiometrie der Elemente Titan und Chlor auf der Oberfläche
betrachtet.
Bei der Auswertung der Auger-Elektronen-Spektren nach dem im Abschnitt 2.4.3
vorgestellten Verfahren ergibt sich, daß bei jedem Depositionsverfahren das Verhältnis von
Titan zu Chlor das maximal erwartete 1:4-Verhältnis (TiCl4) übersteigt. Wurden beim letzten
Depositionschritt zuletzt Elektronen verwendet, erhält man ein Verhältnis von 1 : 18 bis 1 :
19; war der letzte Schritt ein reines Auffrieren mit anschließendem Auftauen auf
Raumtemperatur, so liegt es zwischen 1 : 8 bis 1 : 12. Es fällt also ein deutlicher Überschuß
an Chlor in den obersten für die AES zugänglichen Schichten des Systems auf.
Dieser Chlorüberschuß kann für dünne Filme durch Intensität aus den Chlorid-Anionen des
darunter liegenden MgCl2-Films bedingt sein. Bei Filmdicken von rund 8 oder 12 nominellen
Monolagen TiCl4 wird das Chlor-Signal der MgCl2-Oberfläche bei exponentieller Abnahme
aber auf 23 % bzw. 11 % abgeschwächt, wenn man geschlossene TiCl4-Filme annimmt.
Berücksichtigt man dieses Untergrund-Signal, so ergibt sich für 8 Monolagen hohe Filme
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
79
(Elektronen im letzten Depositionsschritt) ein Verhältnis von 1 : 10, bei 12 Monolagen
erreicht es 1 : 16. Der Chloranteil bleibt also deutlich größer als der in bekannten
stöchiometrischen Titan-Chlor-Verbindungen. Der Überschuß an Chlor erscheint noch größer,
wenn man das einfache, hier zur Stöchiometrie-Abschätzung gewählte Modell von TiCl4Filmen verläßt und sich vergegenwärtigt, daß nach den bisherigen Ergebnissen die Adsorbate
auf dem MgCl2-Substrat aus TiCl2 bestehen und lediglich mit einer Monolage TiCl4 bedeckt
sind.
Der große Chlorüberschuß kann durch ein Inselwachstum der Titanchloride auf dem
Magnesiumchlorid-Film erklärt werden. Bei einem Inselwachstum sind die zwischen den
Inseln liegenden Bereiche des Magnesiumchlorid-Films wenig oder überhaupt nicht von
Titanchlorid-Verbindungen bedeckt. Die Auger-Elektronen-Spektroskopie, mit der die
Stöchiometrie untersucht wurde, nimmt als Oberflächen sensitive Methode Information aus
den Oberflächen nahen Schichten auf. Die gemessenen Intensitäten sind dabei gemittelt über
glatte und gestufte Oberflächenanteile, Partikel-Höhen und Bereiche unterschiedlicher
chemischer Zusammensetzung. Eine mathematische Entfaltung zum Erhalt eines OberflächenProfils ist so nicht möglich.
In diesem Modell kann man sich vorstellen, daß der Anteil der Auger-Elektronen, der von
Insel-Oberflächen emittiert wird, das gesuchte Titan-zu-Chlor-Verhältnis widergibt, während
der andere Anteil, der von den zwischen den Inseln liegenden Oberflächen-Bereichen
stammt, eine erhöhte relative Chlor-Konzentration durch Anteile aus nicht oder dünn
bedecktem MgCl2 beisteuert. Unterstellt man, daß außerhalb der Inseln keine Titanchloride
auf der Oberfläche haften, so liegt die relative Chlor-Konzentration hier bei eins. Für eine
einfache Abschätzung der Bedeckung des MgCl2-Films mit Titanchloriden soll als Beispiel
wieder TiCl4 herangezogen werden. Wären die Moleküle von TiCl4 und MgCl2 an ihren
Kristalloberflächen gleich dicht gepackt, so muß ungefähr 22 % der MgCl2-Oberfläche von
TiCl4 bedeckt sein, um ein Titan-zu-Chlor-Verhältnis von 1:18 zu erzeugen (ohne
Berücksichtigung von MgCl2 unterhalb des TiCl4). Für eine Rate von 1:8 müßten 50 %
bedeckt sein. TiCl4 ist bei Raumtemperatur eine Flüssigkeit und kristallographische Daten des
kondensierten Zustands sind in der Literatur bisher nicht bekannt. Da die Dichten der
Festkörper ungefähr gleich sind - ρ(MgCl2, 298 K) = 2,3 kg/dm³ [Bil21] und ρ(TiCl4, (s), 194
K) = 2,1 kg/dm³ [Bil32] - und sich die Molmassen um den Faktor 2 unterscheiden M(MgCl2) = 95,2104 g/mol, M(TiCl4) = 189,692 g/mol –, enthält ein Einheitsvolumen eines
Kristalls doppelt soviel MgCl2- wie TiCl4-Moleküle, die Fläche eines Kubus‘ 1,6 mal so viele.
80
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Innerhalb dieser groben Abschätzung genügen dann Bedeckungen von rund 35 % für das
Verhältnis 1 : 18 und 80 % für das Verhältnis 1 : 8.
Innerhalb des vorgestellten Modells eines Inselwachstum sind noch die unterschiedlichen
Titan-zu-Chlor-Verhältnisse zu erklären, die sich in Abhängigkeit der Verwendung eines
Elektronenbeschusses im letzten Depositionsschritt ergeben. Das größere Titan-zu-ChlorVerhältnis (1 : 8 bis 1 : 10) wird erhalten, wenn die Inseln durch Auffrieren von TiCl4 ohne
Elektronenbeschuß entweder breiter werden, z. B. durch Abrundung ihrer Gestalt, und die
dazwischen liegenden Bereiche weiter unbedeckt bleiben, oder die Inseln ihre Gestalt behalten
und
auf
den
dazwischen
liegenden
Bereichen
eventuell
schwächer
adsorbierte
Titanchlorverbindungen zurück bleiben. Das kleinere Titan-zu-Chlor-Verhältnis (1 : 18)
entsteht durch den Elektronenstrahl, der nicht nur Defekte im Magnesiumchlorid zur
Absorption erzeugt, sondern auch die Desorption schwächer gebundener Titanchloride von
den Inseln der MgCl2-Oberfläche stimuliert (Elektronen-Stimulierte-Desorption = ESD), es
kommt so zu einem "Säubern" der zwischen den Inseln liegenden Bereichen von schwach
gebundenen Titanchloriden.
4.2.4 Chemischer Zustand des Titans
In den letzten Abschnitten wurden die elektronenstimulierte Deposition als Ursache für die
Erzeugung
von
mehrlagigen
Titanchlorid-Inseln
auf
dem
Magnesiumchlorid-Film
herausgearbeitet und Reduktionsreaktionen des Titans formuliert. Neben den von Somorjai
und Mitarbeiter durch Zuordnung von XPS-Signalen [Kor99] beobachteten Oxidationsstufen
+II und +IV konnte mit ESR-Messungen dieser Arbeit die Oxidationsstufe +III nachgewiesen
werden, die ein paramagnetisches d1-Zentrum darstellt.
Bei einem Viertel der Experimente war nach Titan-Deposition ein ESR-Signal sichtbar. Dabei
waren zwei verschiedene Arten zu unterscheiden, wie Abbildung 4.8 zeigt. Eine breite
Resonanz bei g = 1,93 fand sich, wenn der MgCl2-Film ESR-aktive Farbzentren enthielt, die
sowohl durch Baufehler als auch Teilchenbeschuß hervorgerufen werden. Eine schmalere
Resonanz bei g = 1,96 trat bei MgCl2-Filmen ohne ESR-aktive Fehlstellen auf. Die beiden
Resonanzen zeigen Curie-Verhalten und sind wegen ihrer geringen Intensität bei
Raumtemperatur meist nur schlecht nachweisbar. Sie werden durch das in der
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
81
Vakuumkammer befindliche Restgas über 20 Tage in ihrer Intensität nicht vermindert; auch
im weiteren Verlauf der Katalysator-Herstellung (Reaktion mit Aluminiumalkylen) kommt es
nur selten zu Intensitätsabnahmen, jedoch nicht zu Intensitätszunahmen, Verschiebungen oder
Formänderungen dieser Resonanzen. Eine Korrelation zur Aktivität des Modellkatalysators
konnte nicht gefunden werden, ebenfalls kein experimenteller Auslöser für das Auftreten oder
Fernbleiben eines ESR-Signals – notwendig war aber in jedem Fall die Deposition von Titan
unter Elektronenbeschuß.
Abbildung 4.8: ESR-Spektrum des Titans bei 50 K
Zur Einordnung der gemessenen Signale gegenüber den in der Literatur beschriebenen müssen
die unterschiedlichen Verfahren der Katalysator-Herstellung berücksichtigt werden. Andere
Forschungsgruppen benutzten Aufschlämmungen von MgCl2 und TiCl4 in organischen
Lösungsmitteln oder vermahlten beide Substanzen miteinander - sowohl in Ab- als auch in
Anwesenheit
organischer
Lösungsmittel.
Für
Titan-organische
Verbindungen
sind
Verschiebungen der g-Werte in Richtung g = 2 beschrieben [Bar62, Ser85]. Solche
Verschiebungen sind bei den in der Literatur angegebenen Verfahren nicht auszuschließen, im
hier betrachteten Fall jedoch sicher nicht vorhanden, da im Vakuum, also in Abwesenheit
organischer Substanzen gearbeitet wurde. Daher können die gefundenden g-Werte 1,93 und
1,96 TiCl3 in gestörter oktaedrischer Umgebung (Literatur g = 1,94) bzw. in tetraedrischer
Umgebung (Literatur g = 1,97) zugeordnet [Pey69, Sog81, Zak84 und dortige Referenzen]
82
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
werden. Diese Werte wurden an Ziegler-Natta-Katalystoren gemessen – bis heute herrscht
jedoch Uneinigkeit darüber, ob und welches Signal mit einer Katalysator-Aktivität korreliert
werden kann.
Das ESR-Signal bei g = 1,93 entstammt TiCl3, das in MgCl2 oder in TiCl2 eingebaut ist und
dadurch eine oktaedrische Chlor-Umgebung erhält. Der Einbau ist möglich, da sich die
Kristallstrukturen des Magnesiumchlorids, des Titandichlorids und des Titantrichlorids
gleichen: Die Kristalle bestehen aus Schichten, in denen das Metall sandwichartig zwischen
zwei Lagen aus Chloridanionen liegt [Arl64] (s. Abbildung 4.1 rechts) und deren MetallChlor-Abstände für die drei Substanzen 2,51 bis 2,56 Å betragen [Bar87]. Für diesen Einbau
ist eine stark defektierte MgCl2-Oberfläche nötig, da es nur beim Vorhandensein ESR-aktiver
Farbzentren beobachtet werden kann. Es ist denkbar, daß diese Oberfläche neben einzelnen
Gitter-Fehlstellen auch Krater und Zerklüftungen ausweist. Das Titan (+III) kann dadurch in
das MgCl2 eingebettet und später durch TiCl2/TiCl4 abgedeckt werden.
Eine tetraedrische Chlor-Umgebung des TiCl3, die das ESR-Signal bei g = 1,96 hervorruft,
tritt auf, wenn das TiCl3 oberflächlich gebunden ist. Dies scheint der Fall bei weniger
defektierten MgCl2-Oberflächen zu sein, die keine ESR-aktiven Farbzentren aufweisen. Die
Position des TiCl3 an der Oberfläche liegt zunächst durch einen Entstehungsmechanimus – die
Reduktion durch Elektronenbeschuß – nahe, da die Eindringtiefe der Elektronen auf die
oberen Schichten begrenzt ist; jedoch bleibt die Frage, warum dies für den Fall einer
defektreichen Oberfläche nicht zuzutreffen scheint, denn beide ESR-Signale wurden nicht
gleichzeitig beobachtet.
Für das Modell von Ti3+-Ionen, die sich an der Oberfläche befinden bzw. in MgCl2 eingebettet
sind, sprechen auch Beobachtungen von Soga [Sog81]. Soga erhielt nach Mischen von MgCl2,
AlCl(C2H5)2 und TiCl3 ⋅ 3 C5H5N (Pyridin-Lösung von TiCl3) in Heptan zunächst ein ESRSignal bei g = 1,94. Seine Intensität nahm unter Mahlen der Mischung ab und ein neues Signal
bei g = 1,97 erschien. Soga folgerte, daß zunächst an der Oberflächliche sitzende Ti3+-Spezies
durch Ionen-Austausch in den MgCl2-Kristall eingebaut werden.
ESR-Signalbreiten werden in der Literatur kaum genannt und nur selten diskutiert. Durch
Vergleich mit Literatur-Spektren [Bar62, Chi82, Pey69, Pol84, Sog81] bestätigt sich aber ein
Trend, daß das ESR-Signal bei g = 1,93 breiter ist als jenes bei g = 1,96. Altymikov und
Bartelink geben an, daß es durch (Super-)Austausch-Wechselwirkungen zwischen den
Titanzentren zu Linienverbreiterungen kommt [Alt94, Bar62]. Dies führt dazu, daß ein bei
4.2 Verankerung des Titan-Reaktionszentrums
niedrigen
Titankonzentrationen
hervorgerufen durch
47
Ti und
49
sichtbares
83
ESR-Spektrum
mit
Hyperfeinstruktur
-
Ti - bei höheren Konzentrationen und damit kürzen Titan-
Titan-Abständen zu einer ESR-Resonanzlinie verschmiert. Dipol-Dipol-Kopplungen werden
von den Autoren nicht als Ursache für Verbreiterungen angegeben, sind aber ebenfalls
denkbar.
Das Fehlen eines ESR-Signals in anderen Fällen von TiCl4-Depositionen läßt nicht den
Umkehrschluß zu, es sei nach der Deposition kein Titan (+III) vorhanden. Es ist kein
hinreichendes Kriterium. Von ESR-Untersuchungen an Ziegler-Natta-Katalysatoren in
Aufschwemmungen ist bekannt, daß höchstens 20 % des durch Titration nachweisbaren
Titan (+III) ESR-aktiv sind [Chi82]. Chien führt dafür drei Gründe an:
a) kleine Spin-Gitter-Relaxationszeiten
b) Dipol-Kopplung
c) Superaustausch
Kleine Spin-Gitter-Relaxationszeiten sind für 3d1-Ionen in symmetrischen Liganden-Feldern
bekannt [Chi82]. Die Entartung des elektronischen Grundzustands in dieser Umgebung
erlaubt schnelle Spin-Gitter-Relaxationen. Durch Absenkung der Temperatur kann die
Relaxationszeit T1 vergrößert und eine Elektronenspinresonanz beobachtbar werden. Chien
hält aus seinen Beobachtungen aber die Spin-Gitter-Relaxation als Ursache für
unwahrscheinlich, da bei Temperaturabsenkung kein neues Signal im ESR-Spektrum zu
beobachten und eine Koinzidenz mit vorhandenen Signalen ESR-aktiver Zentren
unwahrscheinlich sei.
Die Dipol-Kopplung kann wirken, wenn der Abstand mindestens zweier Titan-Ionen im
Bereich weniger Ångstrøm liegt, z. B. bei einer Verbrückung der Titan-Ionen durch Chlor.
Dann wird das tatsächliche Resonanzfeld durch das lokale Dipol-Feld modifiziert, wobei die
Modifikation von der Orientierung der Dipole abhängig ist. Bei einer Zufalls-Orientierung der
Dipole und einem Abstand der Titanatome um 3 Å können Linienverbreiterungen von 900 G
errechnet werden [Chi82], die ein ESR-Signal nicht mehr wahrnehmen lassen. Ebenfalls kann
eine solche Verbreiterung durch Superaustausch der Titan-Ionen über die Chlorbrücken
erzeugt werden; der Superaustausch kann beschrieben werden als ein Mischen des
84
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
elektronischen Grundzustands und eines angeregten Zustands [Chi82]. Dies führt zu
berechneten Linienverbreitungen von bis zu 2 * 105 G.
Abbildung 4.9: Chlor-verbrücktes Titan (+III) bei Kettenstruktur [Dre75a]
Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Drent et al. Sie fanden bei β-TiCl3 ein breites ESRSignal bei g = 1,92, dessen Intensität einer Menge von nur 1 - 2 % der Titanionen entsprach
[Dre75a] und erklärten dies mit einer Kettenstruktur von TiCl3 (Abb. 4.9), bei der nur die
Kettenenden und Oberflächen ESR-aktiv sein können, weil Dipol-Kopplung und
Superaustausch an den Enden vermindert sind (s. Abschnitt 2.2.6). Dafür spreche auch der
gefundene g-Faktor um 1,92, der auf Ti(+III) in einer gestörten oktaedrischen Umgebung
schließen lasse. Auch Poluboyarov et al. berichten bei ESR-Studien an Ziegler-NattaKatalysatoren, daß nur 1 - 2 % der Titanionen ESR-aktiv waren, fanden aber mehrere Signale
[Pol84], die sie isolierten Titan-Ionen in ihren organischen Lösungsmitteln zuordneten.
Kettenstrukturen von β-TiCl3 und Schichtstrukturen der anderen Modifikationen wurden
bereits von Natta beschrieben [Nat61]. Sollten sie beim hier untersuchten Modellkatalysator
auch vorliegen, so ist es wahrscheinlich, daß dieses Titan (+III) wegen Signalverbreiterungen
durch Dipol-Kopplung und Superaustausch nicht im ESR-Spektrum nachgewiesen werden
kann.
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
85
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
Bei der technischen oder Labor-Herstellung des Ziegler-Natta-Katalysators wird zur Aktivierung
des Reaktionszentrums das eingesetzte Titan alkyliert und reduziert. Für diese Reaktion werden
üblicherweise Aluminiumalkyle (AlR3) und Aluminiumchloridalkyle (AlClxR3-x) benutzt. Diese
vermögen Titan in der Oxidationsstufe +IV bis zu den Oxidationsstufen +III und +II zu
reduzieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Reaktion mit Trimethylaluminium (TMA,
AlMe3 = Al(CH3)3) und Triethylaluminium (TEA, AlEt3 = Al(CH2CH3)3) untersucht.
Bei beiden Substanzen handelt es sich um selbstendzündliche Flüssigkeiten mit einem
Dampfdruck von wenigen Millibar bei Raumtemperatur. Daher können sie über die Gasphase in
die UHV-Kammer eingeleitet werden.
TMA und TEA wurden über zwei alternative Verfahren der Katalysator-Oberfläche angeboten:
Zum einen wurden sie über eine Doser-Blende vor die auf 40 K gekühlte Probe geleitet und
aufgefroren, um durch lange Kontaktzeiten die erwünschte Reduktion zu erleichtern. Zum
anderen wurde die Probe bei Raumtemperatur 15 h lang über die Doser-Blende begast.; das
zweite Verfahren sollte die Gesamt-Stoßzahl der Aluminiumtrialkyle auf die Oberfläche durch
lange Einwirkzeiten erhöhen, so daß ein Stoßzahlen-Bereich erreicht wird, der bei üblichen
Herstellungen durch höhere Drücke in wenigen Sekunden erzielt werden kann.
4.3.1 Reaktion mit Trimethylaluminium (TMA) bei 40 K
Unter Verwendung der Doser wurden auf jede Seite des Palladiumskristalls 3 400 L
Trimethylaluminium (5 min 1,5 ⋅ 10-5 mbar) bei 40 K aufgefroren. Die Oberfläche wirkte
weiterhin metallisch, ihr Glanz wich jedoch einem matten Erscheinungsbild. Eine Desorption
erfolgte durch passives Auftauen über Nacht.
86
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.10: Infrarot-Absorptionspektrum des Trimethylaluminium-Films bei 40 K
Mithilfe der IR-Absorptionsspektroskopie läßt sich das Trimethylaluminium bei 40 K als Film
auf der Probe nachweisen (Abb. 4.10). Die beobachteten Absorptionsfrequenzen geben durch
Vergleich mit Arbeiten von Kvisle und Ritter [Kvi84] an kondensiertem und matrixisolierten
TMA und TEA weiteren Aufschluß über die an der Grenzfläche zu den getragenen TitanchloridInseln existierenden Spezies (Tabelle 4.1). Nicht nur die Lage der Frequenzen sondern auch
Unterscheidung zweier Methylarten lassen auf dimeres Trimethylaluminium (d-TMA) schließen:
Beim dimeren TMA bilden sich zwischen den Aluminium-Zentralatomen zwei Verbrückungen
über Methylgruppen aus (Abb. 4.11). Diese Brücken-Methylgruppen (b-CH3) zeigen höhere
Schwingungsfrequenzen bei den Deformationsschwingungen als die endständigen (terminalen)
Methylgruppen (t-CH3).
Abbildung 4.11: dimeres Trimethylaluminium (d-TMA)
Weitere fünf Frequenzen finden sich im IR-Absorptionsspektrum, die nicht TMA-Spezies
zugeordnet werden können. Die Signale bei 3002 und 1299 cm-1 wurden von Kvisle und Ritter
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
87
Methan zugeordnet, das sich bei ihren Untersuchungen als thermisches Zersetzungsprodukt der
TMA-Verdampfung bildete. Dieser Ursprung scheidet bei unserem Experiment aus, da das TMA
nicht geheizt wird. Möglich bleiben eine Methan-Erzeugung durch Zersetzung des TMA an den
Stahlwänden des Vorratsgefäß, der Zuleitungsrohre und der Kammer oder eine chemische
Reaktion mit der Oberfläche des Katalysators.
νbeob in cm-1
νref in cm-1
-
3171
-
3112, 3033
3002
3007
-
2987, 2920
C2H5-Radikal: Methylen-Deform. [Pac82]
2935
2936
CH3 asymmetr. Streckschwingung d-TMA
2889
2894
CH3 symmetr. Streckschwingung d-TMA
2870
2865
CH2/CH3 Streckschwingung Al-CH2-CH3
-
2853, 2842
C2H5-Radikal: Methyl-Streck. [Pac82]
2817
2832
CH3 2*asymmetr. Deformation d-TMA
-
2780
CH3-Radikal [Mom95]
1469, 1457
1467,1457
1428
1435
(1440)
Zuordnung [Kvi84]
CH3-Radikal [Mom95]
C2H5-Radikal: Methylen-Streck. [Pac82]
CH4
CH3 asymmetr. Deformation Al-CH2-CH3
CH3 asymmetr. Deformation TMA
(C2H5-Radikal [Pac82]: Methyl-Deform.)
-
1402
CH3-Radikal [Mom95]
1377
1374,
CH3 symmetr. Deformation Al-CH2-CH3,
1380, (1366)
TiClx(CH3)y [Gra63], (C2H5-Rad. [Pac82])
1299
1301
CH4
1252
1252
b-CH3 symmetr. Deformation d-TMA
1185
1196
t-CH3 symmetr. Deformation d-TMA
1175, 1138
C2H5-Radikal: Methyl-Deform. [Pac82]
913
916, 920
CH3 Rock oder C-C Streck. Al-CH2-CH3
772
768
b-CH3 Rock d-TMA
734
725
t-CH3 Rock d-TMA
Bei TMA-mengenabhängigen IR-Untersuchungen zeigt sich, daß die Intensität der beiden
Signale bei Adsorptionsmengen bis ungefähr 700 L konstant bleibt, während die Intensitäten der
88
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
TMA-Frequenzen zunehmen. Bei größeren Mengen findet man eine um 40 % schwächere
Intensitätszunahme als im Rest des IR-Spektrums.
Diese Ergebnisse legen zwei verschiedene Herkunftsarten für das Methan nahe: Bei großen
TMA-Mengen handelt es sich um einen "Schmutz-Effekt" - Methan als Zersetzungsprodukt wird
eingeschleppt. Bei kleinen TMA-Mengen ist dieser Effekt naturgemäß nur gering, hier muß
Methan durch Reaktion des TMA im Katalysator-System entstehen.
Die Signalintensität bei drei weiteren noch zu zuordnenden Frequenzen ist mengenabhängig.
Diese Signale finden sich im IR-Spektrum des von Kvisle und Ritter ebenfalls untersuchten
Triethylaluminium (TEA). Es liegt nahe, daß es sich hier um Ethyl-Aluminium-Bindungen
handelt, die sich wie im Falle des Methans durch TMA-Zersetzung oder Katalysator-Reaktionen
bilden können.
Nach Auffrieren des Films aus Trimethylaluminium erhält man ein intensitätsstarkes ESRSpektrum, wie es Abb. 4.12 zeigt. Bei 40 K und einer Modulation von 2 G ergibt sich ein
Multiplett um g = 2,000, bei dem die vier intensitätsstärksten Resonanzen einen Abstand von
23 G besitzen. Mit Ausnahme der Intensität ist das Spektrum in seinen Eigenschaften invariant
gegenüber einer Rotation des Kristalls um seine lange Symmetrieachse. Die Intensitätsabnahme
bei Drehung ist durch die abnehmende Güte des Mikrowellen-Resonators bedingt. Ein ESRSignal des Titans(+III) bei g = 1,96 oder kleiner - wie im letzten Abschnitt beschrieben - ist
nicht zu sehen, falls es nicht schon vorher existierte; es würde bei einem Magnetfeld von 3500 G
und größer liegen. Ein etwaiges Signal eines Titanalkyls um g = 2,00 ist nicht festzustellen, da
die Titan(+III)-Signale intensitätsschwach sind und vom hier beobachteten intensitätsstarken
Spektrum überdeckt sein könnten, dessen Herkunft nun diskutiert werden soll.
Maksimov und Mitarbeiter berichten 1974 von Radikal-Bildungen bei Raumtemperatur während
der Reduktion von TiCl4 auf Siliziumdioxid-Gel mit einem ESR-Spektrum bei g = 2,0 [Mak74],
geben aber keine weitere Beschreibung. Wie im Abschnitt 2.1 beschrieben, gibt es Hinweise auf
das Entstehen von Methyl-Radikalen bei der Reduktion von Titanchloriden in Abhängigkeit der
chemischen Umgebung. Lage, Form und Abstände der vier intensitätsstärksten Resonanzen
ähneln denen von Methylradikalen [Fes63, Jac68, Jen58, Mis97], bei dem das Resonanzsignal
des freien Elektrons durch die Hyperfein-Wechselwirkung der drei Wasserstoff-Atome mit
Kernspin ½ isotrop aufgespalten wird. Jen und Mitarbeiter zeigten, daß die Aufspaltung kaum
durch die die Radikale umgebende Matrix beeinflußt wird und daher für Methyl-Radikale
spezifisch ist [Jen58].
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
89
Abbildung 4.12: ESR-Spektrum nach TMA-Deposition bei 40 K
Neben den vier intensitätsstarken Resonanzen zeigt das ESR-Spektrum noch weitere deutliche
Strukturen, die durch das Vorhandensein von Methylradikalen nicht erklärt werden können
(Abbildung 4.12). Ein weiterer Vergleich mit ESR-Spektren in der Literatur macht die
Zuordnung des gesamten Spektrums möglich: Es handelt sich nicht um Methylradikale, sondern
um Ethylradikale (s. Abbildung 4.13). Das Aussehen der in der Literatur abgebildeten Spektren
ist durch die chemische Umgebung gekennzeichnet, in der die Ethylradikale erzeugt wurden. Die
angeführten Spektren entstanden durch Bestrahlung aufgefrorenen Ethans bzw. Ethylchlorids.
Deutlich ist die Übereinstimmung mit den Spektren von Ethylradikalen in Ethan- und
Ethylchlorid-Matrizen zu erkennen (Abb. 4.13), die sich sehr ähneln. Die im Experiment
erzeugten Ethylradikale befinden sich durch die Titan- und Magnesiumchloride an der
90
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Oberfläche des Modellkatalysators bzw. der reich vorhandenen Methylgruppen in der dicken
aufliegenden TMA-Schicht in einer ähnlichen Umgebung, die Chlor und Alkane enthält.
Abbildung 4.13: ESR-Spektrum des Ethylradikals - Vergleiche
Matrix: Ethan [Kaz63], Ethylchlorid [Ays62], Methylradikal [Shi74]
Im Ethylradikal sind zwei Arten von Hyperfein-Wechselwirkungen des Radikal-Elektrons mit
Kernspins zu erwarten: Zum einen befinden sich am α-Kohlenstoff-Atom zwei WasserstoffAtome mit Kernspin ½. Sind sie magnetisch äquivalent, so besteht eine isotrope Wechselwirkung
und die einzelnen magnetischen Momente können durch ein gedachtes magnetisches GesamtMoment mit den Quantenzahlen Mα = -1, 0, +1 ersetzt werden, da die Kernspins parallel und
antiparallel ausgerichtet sein können. Zum anderen befinden sich drei Wasserstoff-Atome am βKohlenstoff. Auch ihre Kernspins können mit dem ungepaarten Elektron wechselwirken und bei
isotroper Wechselwirkung durch ein gedachtes magnetisches Gesamt-Moment mit den
Einstellungen Mβ = -3/2, -½, +½, +3/2 ersetzt werden. Im Fall vollständig isotroper
Wechselwirkungen wird man also 12 Linien im ESR-Spektrum erwarten, dies findet man
experimentell für schnell rotierende Ethylradikale in flüssigen Ethan [Fes63]. Man erhält ein
Quadruplett durch die Superhyperfein-Wechselwirkung des ungepaarten Elektrons mit den drei
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
91
β-Wasserstoff-Atomen der Methylgruppe, wobei jede Linie in ein Triplett durch die HyperfeinWechselwirkung mit den beiden α-Wasserstoff-Atomen der Methylengruppe aufgespalten ist.
Im Gegensatz zu einem solchen isotropen Spektrum sind die Linien der Matrix-Spektren
verbreitert und überlappen. Die Rotation der Ethylradikale ist durch die Matrix eingeschränkt,
sodaß anisotrope Anteile der Hyperfein-Kopplungen zwischen Radikal-Elektron und den
Wasserstoff-Atomkernen zu einer Verbreiterung der Linien mit Überlappungen führen [Coc61].
Auch
eine
Linienverbreiterung
durch
Dipol-Dipol-Kopplungen
aufgrund
der
hohen
Konzentration der Ethylradikale ist wahrscheinlich, da das ESR-Spektrum zum einen sehr
intensitätsstark ist, zum anderen eine Abnahme der im Spektrum zu unterscheidenden Strukturen
(Abb. 4.13) bei Erhöhung der Titan-Konzentration beobachtet werden kann – wenn man an
diesem Punkt der Diskussion unterstellt, daß die Radikale aus einer Reaktion des Titans mit dem
TMA stammen.
Nun bilden die vier intensitätsstärksten Linien im ESR-Spektrum ein Quadruplett. Ein relativ
scharfes, nicht aufgespaltetes Quadruplett ist den vier Einstellungen des Gesamt-Moments der
Wasserstoffatome am β-Kohlenstoff bei isotroper Wechselwirkung zuzuordnen und setzt
gleichzeitig voraus, daß es einen Zustand der Kernspins der α-Wasserstoff-Atome gibt, bei dem
diese isotrop mit dem ungepaarten Elektron wechselwirken [Coc61]. Dieser Zustand kann nach
Cochran zwar nicht eindeutig einer Parallelität oder Antiparallelität der Protonen-Spins
zugeordnet werden, aber er gewährt Einblick in die Dynamik des Moleküls. In diesem Zustand
wird die Hyperfein-Anisotropie aufgehoben – es besteht vollständige magnetische Äquivalenz
der beiden Protonen. Diese Bedingung kann nur erfüllt werden, wenn die (–CH2•)-Gruppe
ausreichend schnell zwischen ihren verschiedenen Gleichgewichtspositionen wechselt, so daß die
Hyperfein-Wechselwirkungen der beiden Protonen gemittelt werden [Shi74]. Das Wechseln
zwischen den Positionen kann durch äußere Rotationen (Rotation des gesamten Moleküls) oder
interne Rotationen um die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungsachse erfolgen. Aus sterischen
Gründen wird die äußere Rotation behindert sein. Hinzu kommt, daß nur die interne Rotation zu
einer isotropen und gleichstarken Hyperfein-Wechselwirkung der drei β-Wasserstoff-Atome mit
dem Elektronen-Spin führt, wie sie das Experiment zeigt. Daher ist es sehr wahrscheinlich, daß
eine schnelle Rotation der (–CH2•)-Gruppe um die Molekül-Hauptachse vorliegt [Coc61, Shi74].
92
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Nun sind zwei Fragen zu klären:
1. Handelt es sich bei der Radikal-Erzeugung um einen Prozeß an der Grenzfläche zwischen
TMA-Film und der Titan-Magnesium-Chlorid-Oberfläche oder um einen Prozeß im TMAFilm?
2. Auf welchem Weg werden die Ethylradikale erzeugt, da in den Edukten keine Ethylgruppen
vorliegen?
Zur Beantwortung der ersten Frage wird ein Blindversuch herangezogen und ein Blick auf die
Abhängigkeit der Intensitäten von der Präparation geworfen. Beim Blindversuch wurde TMA
wie beschrieben auf einen mit Elektronen- und Argon-Ionen-Beschuß vorbehandelten
Magnesiumchlorid-Film aufgefroren. Es zeigte sich kein Signal im ESR-Spektrum.
Abbildung 4.14: Auftragung der ESR-Intensitäten der beiden Zentrallinien gegen die TMAAdsorptionszeit
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
93
Beim vollständigen Modellkatalysator korreliert die Intensität der zentralen Resonanzen des
ESR-Spektrums mit der auf dem Modellkatalysator verankerten Titan-Menge. Eine dreifach
größere deponierte Titanmenge ergibt eine zweieinhalbfach größere ESR-Intensität. Es kann sich
hier nicht um ein proportionales Anwachsen handeln, da sich nicht alles deponiertes Titan direkt
an der Oberfläche befindet. So muß die Zunahme der ESR-Intensität geringer sein.
Eine Erhöhung des TMA-Angebot führt ebenfalls zu einer Erhöhung der ESR-Signalintensität.
Jedoch erhält man bei Auftragung der Signal-Intensität gegen die TMA-Menge (Abbildung 4.14)
eine Sättigungskurve.
Diese beiden Ergebnisse weisen auf einen Grenzflächen-Prozeß hin. An diesem GrenzflächenProzeß sind sowohl das Trimethylaluminium als auch das deponierte Titan beteiligt. Die
erwartete Reaktion zwischen diesen beiden Partner ist eine Alkylierung durch Ligandenaustausch
und eine folgende Reduktion des Titans, wie sie im Abschnitt 2.1 bereits beschrieben wurde. Um
ein Radikal zu generieren, muß die Reduktion des Titans unter Abspaltung der Methylgruppe als
Radikal verlaufen.
TiCl4 + AlMe3 → Me-TiCl3 + AlMe2Cl
Me-TiCl3
→ TiCl3 + Me•
Methylradikale können aber weder im ESR- noch im IR-Spektrum beobachtet werden. Die
erzeugten Methylradikale müssen also vollständig weiterreagieren. Dies ist auch wahrscheinlich,
da zum einen ihre Bildungsenthalpie stark endotherm ist (∆fH0(g) = +142 kJ mol-1, [Ker66]), zum
anderen es sich um kleine kompakte Moleküle handelt, die auch bei tiefer Temperartur (oberhalb
von 18 K) über ausreichende Rotations- und Bewegungsfreiheitsgrade verfügen. Dies wurde mit
ESR nachgewiesen [Mor66] und führt dazu, daß eine mögliche kinetische Hemmung einer
Reaktion verringert ist.
Für die Methylradikale gibt es mehrere Möglichkeiten zur Reaktion:
H3C• + •CH3 → H3C-CH3
(Rekombination)
H3C• + H3C-CH3 → H3CH + •CH2-CH3
(Abstraktion von Wasserstoff)
H3C• + ½ [Al(CH3)3]2 → H3C-H2C• + AlH(CH3)2 (Methylen-Abstraktion)
Bei beiden letzten Reaktionsgleichungen entstehen die beobachteten Ethylradikale. Der erste
Prozeß ist dabei ein Zweistufenprozeß (Rekombination und Abstraktion von Wasserstoff), bei
94
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
dem insgesamt drei Methylradikale verbraucht werden. Zur Reaktion müßten sie zum einen in
ausreichender Menge, zum anderen in nächster Nähe entstehen. Angesichts der großen
Signalintensität im ESR-Spektrum, die auch am guten Signal-zu-Rausch-Verhältnis erkennbar
ist, ist ein solcher Prozeß sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist, daß die Methylradikale
mit einem großem Reservoir von Reaktionspartnern effizient reagieren. Das größte Reservoir
stellt hier der TMA-Film dar. Eine Ethylradikal-Erzeugung kann nun durch Abstraktion einer
Methylgruppe des als Dimer vorliegenden Trimethylaluminiums geschehen. Dieser Vorgang ist
in der Literatur bisher nicht beschrieben, aber auch nicht mit ESR bisher untersucht worden.
Daher soll nun betrachtet werden, ob diese Reaktion energetisch spontan ablaufen kann.
Während die Bildungsenthalpien für Methyl- und Ethylradikale bekannt sind (z. B. in [Ker66]),
existieren nur wenige und sehr variierende Angaben zu den Aluminiumalkylen. Das National
Institute for Standards and Technology führt dies vor allem auf die Schwierigkeit ihrer
Bestimmung zurück [Nis00]; Messungen von Verbrennungsenthalpien in Kalorimetern versagen
häufig, da die Metallanteile zu unterschiedlichen Oxiden oder anderen Produkten verbrennen.
Auch quantenmechnische Berechnungen sind noch rar. Selbst für die vereinfachte GasphasenBruttoreaktion
H3C• + Al(CH3)3 → H3C-H2C• + AlH(CH3)2
sind nur die Bildungsenthalpien der ersten drei Komponenten bekannt. Daten für Mono- und
Dialkyl-Alane sind auch im Fall der Ethylgruppen nicht erhältlich. So muß die Abschätzung der
Reaktionsenthalpie über einen Umweg erfolgen: Die Bildungsenthalpie der Ethylradikale liegt
mit mit 108 kJ/mol [Ker66] um 34 kJ/mol tiefer als die der Methylradikale (142 kJ/mol [Ker66])
und ist damit nur wenig kleiner als die Differenz von 35 kJ/mol zwischen der Bildungenthalpie
des Trimethylaluminium (-81 kJ/mol [Lea93, Ben88]) und der des Alans (AlH3)x (-46 kJ/mol
[Lid95]), also des komplett mit Wasserstoff substituierten TMAs. Die gemischten WasserstoffAlkyl-Aluminate sind bekannt und darstellbar (siehe z. B. [Gme01]). Ihre Bildungenthalpien
werden zwischen denen des extrem reaktiven Alans und des stabileren TMAs angenommen.
Aufgrund dieser groben Abschätzung ist der Ablauf der obigen Reaktion energetisch möglich.
Abschließend sollen noch weitere Eigenschaften des Modellkatalysator-Radikal-Systems
untersucht werden. Das ESR-Spektrum der Ethylradikale ist nicht temperaturstabil. Seine
Intensität nimmt mit steigender Temperatur stärker als nach dem Curie-Gesetz (1/T-
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
95
Abhängigkeit) ab. Oberhalb von 80 K ist keine Intensität mehr nachweisbar. Diese
Intensitätsabnahme ist nicht durch Desorption bedingt, denn ein Druckanstieg ist nicht zu
verzeichnen. Nach Referenz-Messungen innerhalb der vorliegenden Arbeit desorbiert TMA
oberhalb von 180 K von der Oberfläche. Die Intensitätsabnahme bis hin zum Verschwinden der
Resonanz ist vielmehr durch Reaktion bedingt. Mit steigender Temperatur wird die
Beweglichkeit der Ethylradikale so erhöht, daß sie durch Rekombination oder andere Reaktionen
abreagieren. Hinzu kommt, daß der Diffusionsweg von der Grenzfläche mit den Titanchloriden
bis zur Oberfläche des TMA-Films lang ist. Toriyama berichtet über die gleiche Beobachtung bei
Methylradikalen in Methan oberhalb von 45 K [Tor79], Adrian fand 50 K als Grenzwert für
Ethylradikale in Ethan/Jodwasserstoff [Adr94]. Die Temperaturen sind systemabhängig, da
Ethylradikale auch in flüssigen Lösungsmitteln bei höheren Temperaturen nachgewiesen werden
können.
Die schnellere Rotation der Ethylradikale sollte im ESR-Spektrum zu schmaleren Linien führen.
Dies konnte nicht beobachtet werden. Möglicherweise ist aber das Temperatur-Fenster zwischen
dem Beginn von ESR-Veränderungen und der schnellen Abreaktion zu klein. Dies ist
vergleichbar mit NO2-Radikalen auf Al2O3 [Sch95]. Bei ca. 75 K kommt es schneller zur
Reaktion 2 NO2 → N2O4 als zu einer meßbaren Änderung der Linienform.
Im Spektrum der temperatur-kontrollierten Desorption (TDS, Abbildung 4.15) lassen sich mit
den Massen 30 und 29 Ethan und Ethyl-Gruppen nachweisen, jedoch finden sie sich auch im
gleichen Verhältnis im eigenen Referenz-Massenspektrums des TMA. Dies gilt leider auch für
die Massenzahl 58 des Rekombinationsprodukts Butan und die Massenzahl 56 der schon im IRSpektrum beobachteten Aluminium-Ethylgruppe. Hier ist keine weitere unterstützende Aussage
zum Reaktionsablauf zu erhalten.
96
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.15: Thermodesorption des TMA-Films
Nach Erwärmung auf Raumtemperatur läßt sich durch die Auger-Elektronen-Spektroskopie
Kohlenstoff auf der Oberfläche deutlich nachweisen. Eine Quantifizierung ist jedoch wegen der
Abwesenheit eines Schichtwachstums eines fehlenden Referenz-Signals des Palladiums nicht
mehr möglich. Der Nachweis ist aber ein Indiz für die erfolgreiche Alkylierung des Titans.
Möglicherweise ist auf dem Modellkatalysator nun eine alkylierte Titanoberfläche zu finden, die
fähig ist zur Polymerisation von Ethylen, wie sie im nächsten Unterkapitel untersucht wird.
Nach Verschwinden des intensitätsstarken Radikalmultipletts im ESR-Spektrum würde man das
Auftauchen von Signalen der Titan(+III)-Alkyle um g = 2 erwarten, da durch Alkylierung des
Titans (+IV) und der folgenden Radikalspaltung eine Reduktion zur Oxidationsstufe +III folgt.
Ein Signal ist jedoch nicht zu beobachten. Das Fehlen dieses ESR-Signals kann auf zwei
Gründen beruhen. Zum einen ist Trimethylaluminium in der Lage, Titan bis in die
Oxidationsstufe
(+II)
zu
reduzieren
[McC72].
Als
Zwischenschritt
ist
auch
die
Disproportionierung von Titan-(+III)-Ionen in Ti (+IV) und Ti (+II) denkbar. Titan (+II) ist nicht
ESR-aktiv. Zum anderen kann die schon im Abschnitt 4.2.4 geführte Argumentation
herangezogen werden: Titan(+III) in chlorverbrückten Dimeren und Konglomeraten ist wegen
extrem breiter Resonanzlinien nicht sichtbar. Erst in Lösung wären Signale zu beobachten, wie
sie von anderen Arbeitsgruppen auch gefunden wurden.
4.3 Aktivierung des Reaktionszentrums
97
Untersuchungen zur Oxidationsstufe des Titans in einem ähnlichen Modellkatalysator wurden
von
Koránji
mit
XPS-Messungen
durchgeführt
[Kor99].
Nach
Alkylierung
mit
Triethylaluminium fand er neben TiCl4 vor allem TiCl2Et. Für eine weitere elektronenärmere
Spezies mit schwächerer XPS-Intensität schlug er die Formel TiClEtn mit n = 1 und/oder 2 vor.
Das Monoalkyl des Titan(+III)chlorids sollte mit ESR detektierbar sein, wenn es nicht Teil
verbrückter Titan-Konglomerate ist. Ebenfalls sollte TiClEt2 zu sehen sein, hier wäre eine ChlorVerbrückung von Titan sterisch auch viel schwieriger. TiClEt ist wegen der Oxidationstufe +II
nicht im ESR-Spektrum sichtbar. Durch den negativen Befund im ESR-Spektrum sind nur
TiCl2Et und TiClEt bzw. analog TiCl2Me und TiClMe wahrscheinlich. Das erste könnte dabei in
Form oberflächlich alkylierter Titanchlorid-Schichten existieren, so daß es für die ESR wie die
zweite Verbindung unsichtbar bleibt.
Nach Auftauen des Modellkatalysators kann das Multiplett-ESR-Spektrum durch erneutes TMAAuffrieren und vorheriges Ansputtern der Oberfläche mit Argon-Ionen von 150 eV
Bewegungsenergie wiedererzeugt werden. Es werden bis zu 90 % der alten Intensität erreicht.
Dies zeigt, daß nach Abtragung der alkylierten Oberflächen-Schicht neues Titan für die
erforderliche Alkylierungs- und Spaltungsreaktion zugänglich ist, und liefert ein weiteres Indiz
für einen Grenzflächenprozeß. Im Umkehrschluß muß unter der durch Sputtern entfernten
alkylierten Titanschicht aber auch genügend Titan in einer Oxidationsstufe höher als +II
vorhanden sein. Das bedeutet, daß entweder die Titanchlorid-Inseln auf dem MgCl2-Film eine
dickere TiCl4-Außenschicht besitzen, als die von Somorjai angenommene Monolage (s.
Unterkapitel 4.2), oder im Innern entgegen der Deutung von Somorjai aus TiCl3 bestehen oder
daß es einen zweiten Prozeß gibt, in dem das Titan oxidiert wird. Dann würde es nur katalytisch
wirken. Ein Oxidationsmittel für den zweiten Prozeß ist zwar nicht offensichtlich zugegen,
jedoch sind die beim Sputtern vorkommenden molekularen Prozesse nicht vorhersagbar.
Betrachtet man die XPS-Messungen vor dem Hintergrund der ESR-Ergebnisse, muß die Frage
erlaubt sein, ob eine Zuordnung der sich überlagernden XPS-Signale zu ganzzahligen
Oxidationsstufen des Titans zulässig ist und die Titanchloride in den Inseln nicht
elektronenreicher sind. Sie könnten dann zwar reduziert werden, sind aber nicht ESR-aktiv.
98
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
4.3.2 Reaktion mit Trimethylaluminium (TMA) bei Raumtemperatur
Über die Doser-Vorrichtung wurde TMA auch bei Raumtemperatur vor die Oberfläche des
Modellkatalysators geleitet. Dies geschah sowohl statt als auch nach Auffrieren von TMA bis zu
15 Stunden. Im ESR-Spektrum ließen sich in keinem Fall Signale nachweisen, im AugerSpektrum jedoch Kohlenstoff.
Die Beobachtungen sind vor dem Hintergrund des im vorhergehenden Abschnitt entwickelten
Modells erklärbar: Bei Raumtemperatur reagieren die entstandenen Methyl- und Ethylradikale so
schnell ab, daß sie nach Ende der TMA-Deposition im ESR-Spektrum nicht nachweisbar sind.
Wieder ist eine Alkylierung des Oberflächen-Titans anzunehmen, daß in seinem Schichtsystem
jedoch ESR-inaktiv bleibt.
4.3.3 Reaktion mit Triethylaluminium (TEA)
Unter denselben Bedingungen wie vorher wurde auch Triethylaluminium zur Reaktion auf der
Oberfläche angeboten. Dabei konnten keine ESR-Resonanzen beobachtet werden, doch fand sich
im AES wieder Kohlenstoff auf der Oberfläche und der erzeugte Katalysator war ebenfalls aktiv.
Wahrscheinlich reagiert TEA wie schon früher vermutet nicht unter Radikalbildung mit der
Oberfläche sondern unter sofortiger Disproportionierung [Bar87, Nat63]:
AlEt3 + TiCl4 → AlEt2Cl + TiCl3Et
2 TiCl3Et → 2 TiCl3 + C2H4 + C2H6
Da Ethylradikale stabiler sind als Methylradikale, müßten sie bei einem radikalischen Verlauf
wie im Falle der Alkylierung mit TMA im ESR-Spektrum nachweisbar sein. Das System mit
TEA-Alkylierung verhält sich als Katalysator analog zu dem mit TMA alkylierten, daher ist zu
schließen, daß bei der Alkylierung und Reduktion mit Triethylaluminium ein Reaktionsweg unter
Ethyl-Disproportionierung statt Radikal-Abspaltung beschritten wird.
4.4 Polymerisierung von Ethylen
99
4.4 Polymerisierung von Ethylen
4.4.1 Durchführung und Charakterisierung
Die Polymerisierung von Ethylen mit dem Modellkatalysator gelang bei Raumtemperatur und
einem Hintergrunddruck von 15 bis 150 mbar, also einem Bruch des Vakuums. Das Ethylen
wurde dem Katalysator über den Gasdoser der IR-Meßkammer zugeführt, wobei sich die Probe
in der Meßposition des IR-Spektrometers befand. Aus technischen Gründen wurde die
Polymerisation immer in dieser Position durchgeführt, dadurch wurde auch die für IRASMessungen notwendige Ortsstabilität der Probe gewährleistet. Die Dicke des Polyethylenfilms
konnte über Auger-Elektronen-Spektroskopie oder optisch abgeschätzt werden; die Ergebnisse
werden im nächsten Abschnitt vorgestellt, da sie vom Reaktionsverlauf abhängig sind.
Der Nachweis von Polyethylen auf dem Modell-Katalysator gelingt über sechs IR-Schwingungen
(Abb. 4.16; (Streckschwingungen bei 2852 cm-1 und 2924 cm-1 sowie die Dubletts der
Deformationsschwingungen 1473/1463 cm-1 und der "Rocking"-Schwingungen 730/720 cm-1).
Das produzierte Polyethylen ist vornehmlich kristallin. Kristallines Polyethylen zeichnet sich im
Idealfall durch die durchgehende trans-Konformation der Methylen-Gruppen aus; gaucheDefekte führen zu Knicken der Kette und einer Zerstörung der Ordnung.
νbeob in cm-1
νref in cm-1
Zuordnung
2924
2922 - 2926
CH2 asymmetr. Streckschwingung d-: kristallines PE mit
ohne 2915 - 2920 gauche-Defekten [Ses97, Yam00, Zie92]
2852
2852 -2856
CH2 symmetr. Streckschwingung d+: kristallines PE mit
ohne 2846 - 2850 gauche-Defekten [McK92, Sca94, Ses97, Yam00, Zie92]
1473
1470 - 1473
CH2 Deformationsschwingung orthoromb. PE a-Achse
[Reb88, Sca94, Zie92, Tas65, Tob56]
1463
1463
CH2 Deformationsschwingung orthoromb. PE b-Achse
[Reb88, Sca94, Zie92, Tas65, Tob56]
730
730 - 731
CH2 Pendeldeformation ("Rocking") orthoromb. PE
a-Achse [Sny61, Zer89]
720
720
CH2 Pendeldeformation ("Rocking") orthoromb. PE
b-Achse [Sny61, Zer89] und amorph [Sny63]
100
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.16: IR-Spektrum des erzeugten Polyethylens bei 10-5 mbar
Die beiden höchsten Frequenzen 2924 und 2852 cm-1 können Methylen-Streckschwingungen
zugeordnet werden. Mit ihrer Lorentzform und einer Halbwertsbreite von 14 bzw. 8 cm-1
entsprechen sie den Messungen anderer Arbeitsgruppen an Polyethylen [Pai77]. Bei 2895 cm-1
findet sich eine Schulter, die laut Seshadri und Mitarbeitern zwar typischerweise bei Polyethylen
beobachtet wird, deren Herkunft aber ungeklärt ist [Ses97].
Für die symmetrischen und asymmetrischen Streckschwingungen werden in der Literatur bei
einkristallinem Polyethylen Werte von 2849 und 2917 - 2918 cm-1 angegeben [Pai77], während
die
entsprechende
Werte
für
Alkylketten
mit
langreichweitiger
trans-Konformation
typischerweise von 2846 bis 2850 bzw. 2915 bis 2920 cm-1 reichen [Ses97, Sny63, Sny82]. Im
Gegensatz dazu zeigen Ketten wechselnder Konformation Werte um 2856 bzw. 2928 cm-1
[Ses97]. Es wird keine Aufspaltung in Frequenzen für reine trans-Konformationen und in
Frequenzen für gauche- bzw. wechselnde Konformationen beobachtet sondern immer nur eine
Frequenzverschiebung in Abhängigkeit der Ordnung. Snyder führt dies auf intermolekulare
Schwingungskopplung und eine Torsions-Rotationsbeweglichkeit der einzelnen Polymerketten
zurück [Sny82].
Im Vergleich mit der Literatur liegen die beobachteten Frequenzen von 2852 und 2924 cm-1 der
hier erzeugten Polyethylen-Filme am oberen Rand der früher gefundenen Werte für
vorherrschende trans-Konformation. Dies ist ein Indiz dafür, daß diese Polyethylenketten zwar
4.4 Polymerisierung von Ethylen
101
eine langreichweitige trans-Konformation aufweisen, jedoch einige gauche-Defekte enthalten
[Pai77]. Gleiche Ergebnisse fanden auch Seshadri und Mitarbeiter bei der PolyethylenHerstellung durch Zersetzung von Diazomethan CH2N2 an Defekten auf (111)-Goldfilmen
[Ses97]. Sie schrieben die gauche-Defekte gelegentlich auftretenden Knicken - zum Beispiel tgtoder gtg'-Defekten (t = trans, g = gauche) - und einer teilweise stattfindenden,
selbstorganisierenden Kettenfaltung zu Lamellen zu, die typisch für Polyethylen-Kristalle sind
[Bow89] (s. Abbildung 4.17).
Abbildung 4.17: Lamellenbildung beim Polyethylen [Ses97]
Auch Yamamoto und Mitarbeiter kamen bei Untersuchungen an n-C44H90 adsorbiert auf
Goldoberflächen zu analogen Ergebnissen [Yam00]. Während die erste Monolage aus flach
aufliegenden Alkanen bestand, fanden sie ab der zweiten Monolage ebenfalls gauche-Defekte,
was sie als "gauche-Struktur" bezeichneten. Yamamoto schließt aus den IR-Auswahlregeln auch
auf die Struktur: Die Oberflächen-Auswahlregel erlaubt nur die Beobachtung von
Schwingungsmoden
mit
einem
Übergangsmoment
senkrecht
zur
Oberfläche.
Die
asymmetrischen und symmetrischen Methylen-Streckschwingungen besitzen bei all-trans Ketten
Übergangsmomente, die senkrecht bzw. parallel zur Ebene des Kohlenstoff-Skeletts stehen
[Yam00]. Da beide Schwingungen zu sehen sind, müssen die Methylengruppen zum Teil gekippt
orientiert sein [Yam00]. Das bedeutet, daß das hier erzeugte Polyethylen entweder nicht
vollständig planparallel zur Oberfläche des unterliegenden Palladium-Kristalls liegt oder nicht
mit beiden Wasserstoff-Atomen der unteren Methylgruppen auf der Unterlage aufsitzt
(Abbildung 4.18). Die Abweichungen von der Parallelität können zum einen durch die
Topographie der zerklüfteten Titan-Magnesium-Chlorid-Oberfläche bedingt sein, zum anderen
durch gauche-Defekte, die zu einer Art Wellenstruktur der Polyethylen-Kette führen.
102
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.18: Auswirkung der Methylengruppen-Anordnung auf das Dipolmoment
der asymmetrischen Streckschwingung
links: IR-inaktiv, µAS parallel zur Metalloberfläche
rechts: IR-aktiv, Komponenente von µAS senkrecht zur Metalloberfläche
Weitere Belege für kristallines Polyethylen sind bei den Deformationsschwingungen zu finden.
Während eine breite Resonanz um 1468 cm-1 auf geringe Ordnung wie im flüssigen PE schließen
ließe [Ago92, Hag87], bildet kristallines PE ein scharfes Dublett bei 1473 cm-1 und 1463 cm-1
aus [Sny61, Tas65, Tob56]. Das Dublett wird erzeugt durch ein orthorhombisches Kristallgitter
mit zwei Ketten in der Einheitszelle (Abb. 4.19) [Sny61, Sny79, Hag87], die In-Phase- und
Außer-Phase-Schwingungen zeigen (Davidov-Aufspaltung, "factor group splitting", [Dav71]).
Dabei ist die erste Schwingung parallel zur a-, die zweite parallel zur b-Achse der Einheitszelle
ausgerichtet [Kri56, Yam00]; es handelt sich hier nicht um eine Dipol-Dipol-Wechselwirkung
sondern das paarweise Wechselwirken von Atom-Potentialen [Abb79]. Die schmale
Halbwertsbreite von 3,5 cm-1 ist Indiz für eine gut entwickelte kristalline Struktur mit großer
Korrelationslänge [Kri56, Pai77].
Beiden Schwingungen werden in der Literatur zusätzliche Intensität von anderen Phasen
zugeschrieben: Yamamoto und Mitarbeiter ordnen die Frequenz 1473 cm-1 auch ihrer gaucheStruktur zu [Yam00], Snyder und Painter dem monoklinen Polyethylen [Hag87, Pai77]; während
Agosti und Painter amorphem Polyethylen Banden um 1463 cm-1 zuordnen [Ago92, Pai77], gibt
Snyder hierfür hingegen 1469 cm-1 an [Hag87]; Painter berichtet zusätzlich von einer
4.4 Polymerisierung von Ethylen
103
asymmetrischen Verbreiterung zu niedrigen Frequenzen [Pai77]. Letzteres ist beim hier
erzeugten Polyethylen nicht zu beobachten.
Abbildung 4.19 Kristallstruktur des orthorhombischen Polyethylens [Tad84]
Die Güte des Polyethylen-Einkristalls kann mit Hilfe des Verhältnisses der Intensitäten R01473/1463
ermittelt werden. Aus theoretischen und experimentellen Arbeiten [Abb79, Zer89] ist bekannt,
daß das Verhältnis für einkristallines orthorhombisches Polyethylen 1,233 beträgt, dies gilt aber
für polarisierte IR-Strahlung unter einem Winkel von 42°; für azimuthal ungeordenete
Orientierung beträgt es 1,54 [Yam00]. Das mit dem Modellkatalysator erzeugte Polyethylen zeigt
ebenfalls ein Verhältnis von 1,54, wenn die Polymerisationsreaktion 140 Stunden lang
durchgeführt wurde. Kam es zu einem Abbruch nach 48 h, so betrug das Verhältnis 1,75; bei
einem Abbruch nach 12 h sogar 2,35. Die Linienbreiten sind bei allen Zeiten im Rahmen der
Meßgenauigkeit gleich (4 cm-1). Es zeigte sich keine Abhängigkeit vom Druck.
Hieraus können folgende Aussagen abgeleitet werden: Das hier erzeugte Polyethylen liegt nach
ausreichender langer Reaktionszeit in Kristalliten mit azimuthal isotroper Orientierung parallel
zur Oberfläche vor. Wahrscheinlich handelt es sich hier um die thermodynamisch stabile
orthorhombische Struktur, die aber gauche-Defekte aufweist. Der Beginn des Wachstums findet
auf einer zerklüfteten Titan- und Magnesiumchlorid-Oberfläche statt, dieser Topographie wird
die Kette zunächst folgen müssen (Abb. 4.17). Dieses Wachstum erzeugt zu Anfang einen
weniger geordneten Anteil des Polyethylens mit einem hohen Anteil an gauche-Defekten. Bei
weiterem Kettenwachstum bilden sich darauf Polyethylenanteile mit vorherrschender transKonformation. Diese Ketten könnten in Lamellen-Faltungen wie bei Polyethylen hohen
Molekulargewichts vorliegen (Abb. 4.17). Einen analogen Schluß zogen auch Seshadri und
Mitarbeiter für Polyethylen-Herstellung aus Diazomethan-Zersetzung [Ses97]. Theoretische
104
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Arbeiten von Sundararajan zeigen [Sun95], daß Kettenfaltung bei kristallinem Polyethylen zu
Lamellen ab einer Kettenlänge von 150 Methylengruppen möglich ist, da dann die van-derWaals-Energie die Energie für die Deformationen der Dreh- und Bindungswinkel in den
Faltungen kompensiert. In den in dieser Arbeit betrachteten Lamellen sind die PolyethylenKetten entweder nicht vollständig parallel zur Palladium-(111)-Oberfläche oder verkippt zu ihr,
wie in Abbildung 4.18 zu sehen.
Kennzeichen für eine kristalline orthorombische Struktur ist auch die Davidov-Aufspaltung der
Pendelschwingung in das Dublett 720 und 730 cm-1 [Sny61]. Auch aus dem Intensitätsverhältnis
dieser beiden Schwingungen könnten Rückschlüsse auf die Kristallstruktur gezogen werden,
wobei zu beachten ist, daß auch monokline und amorphe Phasen Schwingungen bei ungefähr
718 bzw. 720 cm-1 zeigen [Sny63]. Die Schwingungen liegen aber am unteren Rand des
spektralen Bereichs unseres IR-Spektrometers auf einem nicht glatten Untergrund und können
daher nicht in dieser Weise ausgewertet werden.
Bemerkenswert ist das Fehlen charakteristischer Schwingungsbanden in der Region von
720 - 1350 cm-1. Hier würde man Pendel-, Torsions- und eventuell Kippschwingungen der
Wasserstoff-Atome der Methylengruppen erwarten. Das Fehlen der Schwingungsbanden liefert
Informationen zur Länge der erzeugten Polyethylen-Ketten, ihrer Raum-Ausrichtung und
Konformation:
Kristalline n-Alkane zeigen in diesem Bereich typische Reihen von Signalen, die von
gekoppelten Pendel-Torsionsschwingungen ("rocking-twisting", 720 - 1050 cm-1) bzw. TorsionsKippschwingungen ("twist-wag", 1150 - 1350 cm-1) herrühren [Sny63]. Die Anzahl und Breite
der Signale nimmt mit steigender Kohlenstoff-Anzahl zu [Sny92], bis die Serien oberhalb von
C20 zu intensitätsschwach für einen Nachweis im IR-Spektrum werden und nur eine Pendel- und
eine Torsionsschwingung übrigbleiben (1176 cm-1, 1050 cm-1) [Nie61, Sas97, Sny92].
Diese Pendel- und Torsionsschwingungen zeigt auch kristallines Polyethylen; sie sind parallel
zur Molekülachse polarisiert [Nie61] und daher wegen der Oberflächen-Auswahlregel nicht IRaktiv, wenn das Polyethylen parallel zur Oberfläche liegt. Wenn das Polyethylen parallel zur
Oberfläche liegt, müssen die Methylengruppen wie in Abbildung 4.18 verkippt sein, da die
asymmetrischen Streckschwingungen im IR-Spektrum zu sehen sind.
Bei variierenden gauche- und trans-Sequenzen in Polyethylen werden um 1350 cm-1 zusätzliche
Kippschwingungen beobachtet [Sny67], beispielsweise 1368 und 1306 cm-1 bei gtg'-Defekten
4.4 Polymerisierung von Ethylen
105
sowie 1353 cm-1 bei gg-Defekten [Ago92]. Dieser Bereich zeigt hier so gut wie keine Intensität.
Dies spricht für vorherrschende trans-Konformation [Ago92].
Das Ausbleiben der symmetrischen Deformationsschwingung der Methylgruppen ("umbrella")
bei 1375 cm-1 ließe bei isotrop verteilten Kohlenwasserstoffketten auf eine nur geringe Anzahl
von endständigem Methyl schließen, was mit großer Länge gleichbedeutend ist. Bei isotroper
Verteilung von C44H90 beträgt die Intensität der Schwingung nämlich ungefähr 10 % der
Methylen-Deformationsschwingungen [Yam00]. Jedoch ist sie bei einer planparallelen
Anordnung der Moleküle auf einer Metalloberfläche nicht sichtbar, da ihr Übergangsmoment
parallel zur Symmetrieachse der terminalen Methylgruppe [Yam00] ist, die sich bei langen nAlkanen parallel zur Molekül-Hauptachse ausrichtet. Dadurch liegt das Übergangsmoment
parallel zur Metall-Oberfläche und die Schwingung ist wegen der Oberflächen-Auswahlregel IRinaktiv. Da die Ausrichtung der Ketten bereits in dieser Art nachgewiesen wurde, kann keine
Aussage über den Anteil der Methylgruppen getroffen werden.
Aus den Informationen zum kristallinen und zum weniger geordneten Anteil der PolyethylenKetten läßt sich ein Modell für dessen Morphologie aufstellen. Der Beginn des Wachstums findet
auf einer zerklüfteten Titan- und Magnesiumchlorid-Oberfläche statt, dieser Topographie wird
die Kette zunächst folgen müssen. Dieses Wachstum erzeugt einen weniger geordneten Anteil
mit mehreren gauche-Defekten. Bei ausreichender Länge der Polyethylen-Kette kommt es zu
vorherrschender trans-Konformation und zu lamellenartigen Faltungen. Dabei können sich die
Kettenabschnitte parallel anordnen und die orthorhombische Struktur anstreben. Mit
zunehmender Länge der Kette, damit zunehmender Dicke der Lamellenschichtung und größerem
Oberflächen-Abstand werden die Lagen glatter und die orthorhombische kristalline Struktur kann
sich ausbilden. Die Polyethylen-Ketten sind zur Palladium-(111)-Oberfläche verkippt, wie es
Abbildung 4.18 zeigt.
Die Länge der Ketten kann nur nach unten abgeschätzt werden; sie beträgt mindestens 20
Methylengruppen. Über die Größe der Lamellen kann mit Hilfe der IR-Spektroskopie keine
Aussage getroffen werden. Wang beschreibt in einem Übersichtsartikel zur RöntgenstrahlAnalytik, daß gewöhnliche Lamellen 1 - 25 µm lang und 50 - 500 Å hoch seien [Wan80]. Die
gleiche Größenordnung für die Höhe gibt auch Bower an [Bow89]. Auf die Höhe wird im
nächsten Abschnitt eingegangen.
106
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
4.4.2 Reaktionsverlauf
Der Reaktionsverlauf konnte durch Auswertung der IR-Frequenz 2852 cm-1 beobachtet werden,
da während der Polymerisation unter Ethylen-Druck im Millibar-Bereich das IR-Spektrum des
Ethylens alle anderen IR-Frequenzen des Polyethylens überdeckte. Um dem Lambert-BouguerGesetz gerecht zu werden, wurden die Absorptionssignale integriert. Ein Evakuieren der
Kammer, also der Entzug von Ethylen, beendete die Reaktion; erneute Zuführung von Ethylen
ließ sie nicht wieder starten. Die Polymerisierung wurde über 12 bis 150 h bei Raumtemperatur
beobachtet. Vorversuche zeigten, daß auf den Modellkatalysator aufgefrorenes Ethylen beim
Auftauen im Vakuum nicht polymerisierte.
Einzelne Präparationen des Ziegler-Natta-Modellkatalysators erwiesen sich als inaktiv. Die
aktiven Modellkatalysatoren unterschieden sich von ihnen durch intensitätsstarke EthylradikalESR-Signale bei der vorhergehenden Reaktion mit TMA bei 50 K. Kein aktiver
Modellkatalysator zeigte vor Reaktionsbeginn ein TiCl3-ESR-Signal.
Für die aktiven Katalysatoren ließen sich bei Raumtemperatur zwei verschiedene
Verhaltensweisen bei der Polymerisierung des Ethylens in Abhängigkeit von der Defektierung
der Oberfläche feststellen: Abbildung 4.20 und 4.21 zeigen die Auftragung der IR-Intensität der
Streckschwingung bei 2852 cm-1 gegen die Reaktionszeit. In Abbildung 4.20 sieht man einen
Verlauf der Polymer-Menge, der zunächst stark ansteigt, um dann einen Sättigungswert
anzustreben; während in Abbildung 4.21 die Polymer-Menge ebenfalls zu Beginn stark ansteigt,
dann aber einen fast linearen Verlauf nimmt. Beide Verhalten konnten bei einem Ethylen-Druck
von 15 und 150 mbar sowie bei der Verwendung von TMA und TEA beobachtet werden.
Selbstterminierend wie im ersten Fall zeigt sich die Reaktion, wenn die Präparation des
Titanreaktionszentrums nur mit einer für die Verankerung notwendigen Defektierung des
Magnesiumchlorids durch Elektronen durchgeführt wird. Das zweite Verhalten, bei dem die
Reaktionsgeschwindigkeit abnimmt, um schließlich gegen ein konstanten Wert zu laufen, tritt bei
starker zusätzlicher Defektierung der MgCl2-Oberfläche mit teilweise ESR-aktiven Farbzentren
auf.
4.4 Polymerisierung von Ethylen
Abbildung 4.20:Reaktionsverlauf I der Polymerisation (selbstterminierend)
Auftragung der integrierten IR-Absorption bei 2852 cm-1 gegen die Reaktionszeit
Abbildung 4.21:Reaktionsverlauf II der Polymerisation
Auftragung der integrierten IR-Absorption bei 2852 cm-1 gegen die Reaktionszeit
107
108
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Die Polymermengen nach gleicher Reaktionsszeit sind für die beiden Reaktionsverläufe sehr
unterschiedlich. Wenn die erste Reaktion nach ungefähr 50 h abbricht, beträgt die Intensität der
Polymerstreckschwingung nur ein Viertel der Menge, die das zweite Reaktionsverhalten zur
selben Zeit zeigt. Weitere Abschätzungen können über die Auger-Elektronen-Spektroskopie oder
Licht-Interferenz erhalten werden: Im Fall des dünneren Polyethylen-Films der ersten Reaktion
bei weniger defektierter Oberfläche kann im AES neben einem starken Kohlenstoff-Signal auch
noch ein Signal des Chlors beobachtet werden. Aus dessen Abschwächung kann nach oben
bereits vorgestellten Verfahren eine nominelle Kohlenstoff-Dicke von 14,5 ML ± 20 % erhalten
werden; die Abschwächungslänge λC(180 eV) wurde dabei zu 4,1 ML berechnet. Mit einer
angenommenen Monolagenhöhe von der Hälfte des kleinsten Kristallabstands 4,93 Å im
Polyethylen [Bun39] ergibt sich eine Filmdicke von 35,7 Å ± mind. 20 %.
Die Schichtdicke des dickeren Films kann auf diese Weise nicht mehr abgeschätzt werden. Hier
wurden aber Newton-Ringe infolge von Interferenz sichtbaren Lichts beobachtet. Für diese
Wechselwirkung muß die Filmdicke mindestens im Bereich der Wellenlänge des sichtbaren
Lichts, also um 600 nm liegen. Dies deckt sich mit einem Vergleich unserer IR-Intensitäten bei
2424 cm-1 mit denen von Seshadri und Mitarbeitern [Ses97], die für eine Absorption von 0,12 ein Siebtel unserer - eine Schichtdicke von 44,0 nm angeben. Daraus ergibt sich auch, daß die
Dicke des dünneren Films viel zu klein abgeschätzt wurde: Wenn die IR-Intensität ein Viertel
beträgt, muß sie um 150 nm liegen. Möglicherweise handelt es sich um uneinheitlich dicken
Film, so daß das Auger-Spektrometer noch Chlorid in den dünneren Bereichen nachweist.
Für die Abnahme der Reaktionsgeschwindigkeit bei der Polymerisation sind mehrere Modelle
denkbar: Transport-Vorgänge wie Diffusionsbegrenzung oder Katalysator-Deaktivierung durch
Vergiftung, Kohlenstoff-Ablagerung (Verkoksen, "Foulen") oder Sintern. Während die
Katalysator-Aktivität
bei
der
Deaktivierung
linearen/exponentiellen,
Polynom-
bzw.
hyperbolischen Zeitgesetzen gehorcht [But00], können Diffusionsbegrenzungen häufig durch
eine Quadratwurzel-Funktion beschrieben werden.
Bei der Untersuchung der Reaktionsgeschwindigkeit soll zunächst die zweite Art der
untersuchten Ziegler-Natta-Modellkatalysatoren betrachtet werden, bei der die Reaktion
kontinuierlich weiterläuft und nicht selbst abbricht. Die Modellkatalysatoren dieser
Präparationen bestanden aus defektreicherem Magnesiumchlorid - entweder durch Baufehler
4.4 Polymerisierung von Ethylen
109
oder durch zusätzlichen Elektronen- und Argon-Beschuß bedingt, wie im Abschnitt 4.1
diskutiert. Die Auftragung der IR-Absorption gegen die Zeit in Abbildung 4.21 ähnelt einer
Quadratwurzel-Funktion. Daher wurde zur Beschreibung der von Pannetier und Souchag
beschriebene Ansatz der Diffusion durch eine Kruste [Pan67] getestet.
Für den Stoffmengen-Transport des Edukts (Ethylens) durch eine Kruste des Produkts
(Polyethylen) ergibt sich
dne = D A dce/dx dt
wobei D der Diffusionskoeffizient, A die Oberfläche und dce/dx der Konzentrationsgradient des
Edukts in der Kruste sowie x die Ausdehnung der Kruste in Richtung der Flächennormalen ist.
Der Konzentrationsgradient kann bei Annahme linearer Abnahme der Konzentration mit der
Entfernung und schneller Reaktion an der Oberfläche hergeleitet werden nach
dce ce ,∞ − ce ce,∞
,
=
=
dx
x
x
wobei ce,∞ die Konzentration des Edukts im weiten Abstand von der Kruste ist. Die Dicke x der
Kruste ist proportional zur reagierten Stoffmenge ne des Edukts:
x ∼ ne und x =
V Vm ⋅ ne
=
A
A
Durch Einsetzen erhält man
c e ,∞
D
⋅ A2 ⋅
dt
Vm
ne
D
ne dne =
⋅ A2 ⋅ ce,∞ dt
Vm
dne =
⇒
ne
⇒
t
D
∫ n dn = ∫ V
e
e
0
0
ne 2 =
⋅ A2 ⋅ ce,∞ dt
m
D
⋅ A 2 ⋅ c e ,∞ ⋅ t
Vm
⇒
1
2
⇒
ne = 2
D
⋅ A 2 ⋅ ce , ∞ ⋅ t
Vm
I IR ∝ ne
⇒
I IR = δ ⋅ t
Hier ist IIR die Intensität der IR-Absorption. Für die Auftragung in Abbildung 4.21 erhält man bei
der Anpassung der Kurve an die Meßpunkte
δ = 4,61∙10-2 Skt. Da Anpassungen mit
exponentiellen Funktionen nicht gelingen, liegt im Fall der defektreicheren Oberfläche am
110
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
wahrscheinlichsten eine Limitierung der Reaktionsgeschwindigkeit durch Diffusion vor. Das
Verhalten der Reaktionsgeschwindigkeit ist also produktbedingt. Im hinteren Verlauf wird die
Kurve zunehmend flacher; es wäre daher denkbar, das sich hier der Einfluß einer KatalysatorDeaktivierung zunehmend durchsetzt.
Nun soll der erste Fall betrachtet werden, bei dem die Magnesiumchlorid-Oberfläche weniger
Defekte aufwies. Die Kurve durch die Meßpunkte ist weitaus schwieriger zu beschreiben
(Abbildung 4.20). Die eben benutzte Quadratwurzel-Funktion verläuft zu flach. Das gilt auch für
die Anpassung von Exponential-Funktionen, wenn sie das Erliegen der Reaktion richtig
beschreiben; geben sie den Reaktionsbeginn richtig wieder, laufen sie gegen zu hohe
Asymptoten-Werte. Kombination aus exponentiellen Wachstums- und Zerfallsfunktionen führten
zu Knicken und Einbuchtungen in den Kurven. Schließlich gelang die beste Anpassung über eine
modifizierte Quadratwurzel-Funktion, die unter besonderen Vorgaben aus der Ratengleichung
der Reaktion hergeleitet werden konnte.
Dabei
wurde
von
der
Überlegung
ausgegangen,
daß
die
Verminderung
der
Reaktionsgeschwindigkeit nicht nur diffusions- sondern auch aktivitätsbedingt war. Eine
Vergiftung des Katalysators durch Einschleppungen über die Gasphase ist unwahrscheinlich, da
das Reaktionsverhalten sowohl bei 15 als auch bei 150 mbar beobachtet wurde und daher nicht
druckabhängig wie die Menge der Katalysatorgifte ist. Besonders bei der Reaktion von
Kohlenwasserstoffen [But00] ist als Grund für den Aktivitätsverlust ein sogenanntes Verkoksen
des Katalysators bekannt, bei der sich kohlenstoffhaltige Ablagerungen auf den Reaktionszentren
bilden und einen weiteren Zutritt von Edukten oder die Lösung von Produkten verhindern. In
unserem Fall kann eine Verkoksung durch Ethylen angenommen werden, das am Katalysator zu
anderen Produkten als Polyethylen reagiert:
k
1 →
k
C2 H 4 + Ti − R
C2 H 4 ⋅ Ti − R 2 → Ti − PE
←
k −1
↓ k3
W
Im ersten Schritt der Reaktionskette muß Ethylen am Titan-Reaktionszentrum adsorbieren. Dann
kann es weiter reagieren zu einem Teil des Polymers oder zu einem Koksbestandteil W. Es wird
nun angenommen, daß das Gleichgewicht der Weiterreaktion im hiesigen Fall eindeutig auf der
Produktseite liegt. Dies ist sinnvoll, denn die Zersetzung von Polyethylen an Ziegler-Natta-
4.4 Polymerisierung von Ethylen
111
Katalysatoren wurde bisher noch nicht beobachtet, für eine "Koks-Schicht" erscheint es ebenfalls
unwahrscheinlich.
Dann kann man folgende Stoffgleichungen aufstellen:
d [Ti − PE ]
= k 2 ⋅ [C2 H 4 ⋅ Ti − R]
dt
d [C2 H 4 ⋅ Ti − R]
= k1 [C2 H 4 ][Ti − R] − k −1 [C2 H 4 ⋅ Ti − R] − k 2 [C2 H 4 ⋅ Ti − R] − k3 [C2 H 4 ⋅ Ti − R]
dt
= k1 [C2 H 4 ][Ti − R] − ( k −1 + k 2 + k3 ) ⋅ [C2 H 4 ⋅ Ti − R]
Mit der Aktivität [Ti - PE] sei hier das Stoffmengenäquivalent der an den Reaktionszentren zu
Polyethylen reagierten Ethylen-Monomere bezeichnet.
Nun wird unterstellt, daß adsorbiertes Ethylen sofort reagiert; daher ist die Konzentration des
Addukts klein und ihre zeitliche Änderung null:
0 = k1[C2 H 4 ][Ti − R] − ( k −1 + k 2 + k3 ) ⋅ [C2 H 4 ⋅ Ti − R]
k [C H ][Ti − R]
⇔ [C2 H 4 ⋅ Ti − R] = 1 2 4
k −1 + k2 + k3
Dies wird in die erste Gleichung eingesetzt:
d [Ti − PE ] k1k2 ⋅ [C2 H 4 ][Ti − R]
=
dt
k −1 + k2 + k3
Diese Gleichung ist aus physikalischen Gründen nicht einfach auflösbar:
1. Durch Verkoksen nimmt die Anzahl der Reaktionszentren ab. Für die Verkoksung wird die
Voorhies-Korrelation [Voo45] ckoks = a∙tb (a und b experimentell bestimmt) benutzt:
[Ti − R] = [Ti − R]0 ⋅ (1 − a ⋅ t b )
Der Index Null bezeichne den Zeitpunkt t = 0.
2. Der Stofftransport des Ethylens zum Reaktionszentrum ist wie oben diffusionslimitiert. Das
bedeutet für kleine Zeiten t, daß noch alle Reaktionszentren aktiv sind und die
Reaktionsgeschwindigkeit rein diffusionskontrolliert ist (siehe die oben untersuchte zweite
Art
der
Ziegler-Natta-Katalysatoren),
während
für
große
Zeiten
t
die
Diffusionsgeschwindigkeit wegen der Deaktivierung der Reaktionszentren größer als die
Reaktionsgeschwindigkeit ist. Dadurch konvergiert [C 2 H 4 ] zur Konstanten [C 2 H 4 ]∞ .
Für große Zeiten t ergibt sich dann:
112
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
d [Ti − PE ]
= K t →∞ ⋅ (1 − a ⋅ t b )
dt
⇒ [Ti − PE ]= K t →∞ (1 − a ⋅ t b )dt
⇒ [Ti − PE ] = K t →∞ (t − ba+1 ⋅ t b +1 )
Diese Funktion besitzt ein Maximum und kann daher für große Zeiten t zur Beschreibung
des Reaktionsverlaufs, der zum Erliegen kommt, dienen.
Der Grund für unterschiedliche Reaktionsverhalten bei Katalysatoren mit unterschiedlicher
Oberflächen-Defektdichte kann im Substrateinfluß liegen, dem auch in der Literatur große
Bedeutung, vor allem in Bezug auf stereospezifische Reaktionen, zugemessen wird. Aus den
Ergebnissen des Unterkapitels 4.2 kann geschlossen werden, daß die Verankerung der TitanReaktionszentren auch Fehlstellen benötigt.
Nun kann man spekulieren, daß sich diese Fehlstellen bei einer reich defektierten Oberfläche
nicht nur auf einer sonst glatten Oberfläche befinden, sondern auch in Miniatur-Kratern sitzen,
die durch fortgesetzten Elektronen- oder Argon-Ionen-Beschuß entstanden sein könnten. In
diesen Kratern werden dem Titan verschiedene Kristallflächen zur Adsorption angeboten.
Theoretische Arbeiten von Boero und Monaco zeigen, daß die Koordination von TiCl4 und TiCl3
auf MgCl2 (110) energetisch günstiger ist als auch MgCl2 (100) [Boe98, Mon00]. Die
Verankerung eines Titansreaktionszentrum in einem solchen Krater hat sowohl sterische als auch
möglicherweise elektronische Auswirkungen auf das Zentrum. In Bezug auf die sterischen
Auswirkungen könnte die Form der Umgebung den Zutritt von Edukten auf bestimmten Stellen
und quantitativ (Zutrittsbarrieren) begrenzen.
Bei mehr oberflächlich liegenden Titan-Reaktionszentren wäre diese Regelung nicht gegeben.
Durch ungehinderten Zutritt des Edukts Ethylen an das Zentrum von allen Seiten könnte es zu
den Verkoksungsreaktionen und der damit raschen Aktivitätsabnahme des Katalysators kommen.
Für eine Verifizierung dieser Spekulation könnte man Untersuchungen bei niedrigeren EthylenDrücken versuchen. Wenn die Verkoksung hauptsächlich Stoßzahl bedingt ist, müßte bei
Druckreduzierung des Ethylens der Einfluß der Verkoksung zurückgehen.
4.4 Polymerisierung von Ethylen
113
4.4.3 Veränderung des Reaktionszentrums
Die Veränderung des Reaktionszentrums wurde mit AES und ESR untersucht. Beide Verfahren
erforderten dabei ein Vakuum in der Kammer, so daß sie nur post reactionem angewendet
werden konnten. Bei der AES ergibt sich die Notwendigkeit eines Vakuums aus dem Einsatz von
Elektronen als Sonden, bei der ESR ist sie im betrachten Fall technisch bedingt.
Die Augerelektronen-Spektren zeigen deutliche breite Kohlenstoff-Signale um 270 eV. Im Fall
der um 300 nm dicken Filme erscheinen keine weitere Signale, bei dünneren Filmen sind noch
Chlor und Titan zu entdecken. Eine Abschätzung der Filmdicken über die Abschwächung der
Chlor-Signale wurde bereits im letzten Abschnitt vorgenommen und erbrachte zu kleine
Filmedicken; die Abschätzung funktioniert jedoch nur unter der Annahme geschlossener bzw.
einheitlich dicker Filme. Aus diesen Ergebnissen kann man folgern, daß aktive Reaktionszentren
von ihrem Produkt Polyethylen im Laufe der Reaktion vollständig bedeckt werden. Ein Teil des
Titans und des Chlors ist davon zunächst ausgenommen. Hier könnte es sich um inaktive TitanZentren handeln, die erst später von Polyethylen aus benachbarten Reaktionszentren überdeckt
werden.
Die Elektronen-Spin-Resonanz zeigte verschiedene Phänomene. Alle aktiven Katalysatoren
hatten bei der vorhergehenden Reaktion mit TMA bei 50 K intensitätsstarke Ethylradikal-ESRSignale erzeugt. Keiner der aktiven Katalysatoren zeigte vorher ein TiCl3-ESR-Signal, bei den
inaktiven kamen beide Fälle vor. Nach erfolgreicher Polymerisation kann bei Raumtemperatur
ein bis zu 20 G breites Resonanz-Signal bei g = 2,002 gefunden werden (Abb. 4.22 a). Es verhält
sich isotrop und schwankt von Präparation zu Präparation stark in der Intensität sowie in der
Breite zwischen 8 und 20 G. Die Intensität eines 20 G breiten Signals folgt bei TemperaturAbsenkung von 295 K auf 50 K nicht dem Curie-Gesetz, sondern verdoppelt sich nur. Nach dem
Auftauen beträgt die Amplitude nur noch 75 % und die Halbwertsbreite ist auf 11 G abgesunken.
Neben Asymmetrien in der Linienform bei einer anderen Präparation läßt dieses Verhalten auf
ein zusammengesetztes Resonanzsignal schließen, dessen Komponenten alle um g = 2,002
liegen. Es werden mindestens zwei gauss- oder lorentzförmige Kurven gebraucht, um das Signal
mathematisch zu beschreiben. Bei Auswahl einer gauss- und einer lorentzförmigen Kurve
ergeben sich Halbwertsbreiten von 11 und 20 G für das Signal vor dem Abkühlen.
114
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Abbildung 4.22: ESR-Spektren bei Raumtemperatur nach Ethylen-Kontakt
a) aktiver Katalysator nach Polymerisierung
b) Katalysator aus (a) nach Einfrieren und Auftauen
c) aktiver Katalysator nach Polymerisierung
d) Katalysator aus (c) nach TiCl4-Implantation
e) inaktiver Katalysator, nach TiCl4-Implantation und Reduktion
Bei einer reaktiven Präparation (Abb. 4.22 c), die nach der Polymerisation zunächst nur ein 8 G
breites Signal bei g = 2,002 bot - also vermutlich die schmalere Komponente -, konnte durch
Implantieren von TiCl4 in den PE-Film bei 50 K und Elektronenbeschuß analog zur Verankerung
des Reaktionszentrums das einhüllende Resonanzsignal auf 12 G bei gleicher Temperatur
verbreitert werden. Nach dem Auftauen auf Raumtemperatur zeigt sich deutlich ein 8 G schmales
Signal aufgesetzt auf einem 20 G breiten (Abb. 4.22 d). Auch das schmale Signal konnte noch
auf einem alternativem Weg erzeugt werden (Abb. 4.22 e): Bei einem gegenüber Ethylen inaktiv
gebliebenem Modellkatalysator wurde erneut TiCl4 wie eben beschrieben verankert, mit TMA
4.4 Polymerisierung von Ethylen
115
reduziert und aufgetaut. Danach erhält man das 8-G-Signal. Der Katalysator blieb weiter inaktiv
gegenüber Ethylen, das Signal nahm nach Ethylen-Kontakt an Intensität zu.
Obwohl die Intensität der gefundenen ESR-Signale nicht mit der Reaktivität des Katalysators
oder mit dem Reaktionsverlauf korreliert werden kann, fällt auf, daß beide ESR-Signale bei
unreaktiven Präparationen ohne weitere Eingriffe nicht beobachtet werden können.
Aus diesen Beobachtungen kann man ableiten, daß die breitere Signalkomponente (20 G) im
ESR-Spektrum nach einer Polymerisation aus einer Wechselwirkung des Titans mit Polyethylen
stammt, während die schmalere Komponente auf eine Wechselwirkung mit Ethylen schließen
läßt. Da Hyperfein-Wechselwirkungen im ESR-Spektrum nicht beobachtet werden, können
alkylartige Radikale mit α- und β-Wasserstoff-Atomen als Ursprung des ESR-Signals
ausgeschlossen werden. Die Resonanzlage ist zwar identisch mit der für Fehlstellen in
Ionenkristallen, doch ihr Entstehen ist hier nicht naheliegend. Vielmehr wird der Ursprung der
Resonanzen bei den Titanzentren zu suchen sein, denn für die Alkyl- und Hydrid-Verbindungen
des Titan-(+III) sind ESR-Signale mit g-Werten um g = 2 beschrieben [Bar62, Ser85]. Die
Wechselwirkung des dreiwertigen Titans mit Ethylen bzw. Polyethylen kann demnach als
Bindung verstanden werden. Die Reduktion des verwendeten TiCl4 geschieht bei den aktiven
Katalysatoren durch die vorherige Reaktion mit Aluminiumalkylen zur Aktivierung des
Katalysators, bei der nachträglichen Implantation von TiCl4 in den PE-Film zur Erzeugung der
breiten ESR-Signalkomponente ist die Reduktion elektronenstimuliert, denn eine Reduktion
durch Ethylen bzw. Polyethylen bei nachträglicher Zugabe ist unwahrscheinlich. Die Bindung
zwischen Titan und Polyethylen ist ein Hinweis auf eine mögliche Beteiligung von Ti (+III) an
der Katalyse der Ethylen-Polymerisation.
Die stark organisch dominierte chemische Umgebung des Ti (+III) scheint notwendig zu sein für
das Erhalten von ESR-Resonanzen, da vor der Reaktion keine Titan-Ionen ESR-aktiv sind. Aus
den Ergebnissen der Diskussion zu ESR-inaktivem TiCl3 in Abschnitt 4.2.4 kann geschlossen
werden, daß sich der Abstand der nun ESR-aktiven Titan-Ionen von ihren Nachbarn im Film
oder in Inseln vergrößert haben muß, so daß die Linienbreite der ESR-Resonanzen ausreichend
schmal für eine Detektion wurde. Für die These einer Notwendigkeit der Vergrößerung des
Abstands sprechen auch die Experimente, bei denen die beiden ESR-Signale durch
nachträgliches Implantieren von TiCl4 unter Elektronenbeschuß in einen PE- bzw. Ethylen-Film
auf dem Katalysator erzeugt werden können, da bei diesem Implantieren keine geschlossenen
116
4. EXPERIMENTELLE ERGEBNISSE
Titanchlorid-Kristalle sondern einzelne, im Aliphaten-Film eingeschlossene Titanchloride zu
erwarten sind.
Die
Abstandsvergrößerung
der
Titan-Zentren
kann
durch
eine
Veränderung
der
Oberflächenstruktur der Titan-Deponate geschehen, bei der die Oberfläche aufreißt und rauh
wird, so daß in den Zwischenräumen Ethylen bzw. PE hinzutreten können, oder/und durch ein
Lösen von Titan aus dem Verbund der Titanchloride gefolgt von einem Einschluß in die
aufliegende organische Schicht entstehen. Mit dem zweiten Modell läßt sich auch die
Intensitätsabnahme des 20 G breiten Signals aus einer Titan-Polyethylen-Verbindung durch
Abkühlen auf 50 K erklären: Wenn sich Titan (+III) im Polyethylen gelöst hat, ist es dem im
Restgas der Kammer befindlichen Wasser zugänglich, das beim Abkühlen auf dem KatalysatorSystem kondensieren wird. Durch Reaktion der hydrolyse-empfindlichen Verbindung mit Wasser
kommt es zur Oxidation und damit zur ESR-Inaktivierung. Weniger wahrscheinlich, aber als
Erklärung für die ESR-Signalabschwächung auch denkbar ist eine Strukturveränderung des
Polyethylens beim Abkühlen (event. Kristallisierung im Umfeld des Titanzentrums), die zu einer
Schwächung der Wechselwirkung mit dem Titan führt; wenn dieser Vorgang nicht reversibel ist,
könnte auch er zur beobachteten ESR-Intensitätsabnahme des breiteren Signals führen.
Die obigen Beobachtungen erlauben keinen direkten Rückschluß auf die katalytische Aktivität
der ESR-aktiven Titan-Spezies, da die katalytische Aktivität nicht mit der ESR-Intensität
korrelliert. Sicher ist aber, daß Titan (+IV) vor der Reaktion durch Aluminiumalkyle alkyliert
und reduziert werden muß und daß bei der Ethylen-Polymerisation singuläre, ESR-aktive Titan(+III)-Zentren mit Bindungen zu Ethylen und Polyethylen entstehen. Diese Zentren sind weiter
voneinander entfernt, als Titan in TiCl3-Kristallen oder –Ketten. Ein Teil des dreiwertigen Titans
löst sich dabei von der Katalysator-Oberfläche und wird im Polyethylen eingeschlossen.
Da noch weitere, ESR-inaktive Zentren an der Polymerisation beteiligt sein müssen, stellt sich
die Frage, ob es sich hier auch um Titan (+III) handelt, das wegen Cluster- oder Kettenbildung
und der daraus resultierenden Linienverbreiterung im ESR-Spektrum nicht sichtbar ist. Auch
weitere Oxidationsstufen des Titans – möglicherweise auch gebrochene – können an der
Polymerisation beteiligt sein. Zur Lösung dieser Fragestellungen ließen sich zukünftig
kombinierte XPS- und ESR-Messungen gut einsetzen.
5.1 Übersicht über die Katalysator-Präparation
117
5. Zusammenfassung
5.1 Übersicht über die Katalysator-Präparation
Die Oberflächen-Reinigung des als Träger verwendeten Palladium-(111)-Kristalls von Schwefel
geschieht durch mehrtägiges Argon-Sputtern (1 000 eV) bei 820 K, andere Verunreinigungen
können auch durch mehrstündiges Sputtern bei Raumtemperatur entfernt werden. OberflächenDefekte werden danach durch Tempern bei 1 080 K über 5 – 10 min ausgeheilt. Die Güte der
Palladiumkristall-Oberfläche wird mit LEED und AES überprüft.
Magnesiumchlorid wird aus einer Knudsen-Zelle verdampft und in zwei Stufen als geordneter
Magnesiumchlorid-Film aufgewachsen. In der ersten Stufe wird der Palladium-Kristall auf 700 K
temperiert und aus der 810 K warmen Knudsen-Zelle über 30 - 60 Minuten bedampft. Nach
Abkühlen des Kristalls auf 610 K wird er dann über 5 Stunden aus der 870 K warmen KnudsenZelle bedampft. Die Güte der Magnesiumchlorid-Films wird mit LEED, seine Dicke mit AES
untersucht.
Die Deposition von TiCl4 auf dem MgCl2-Film kann über zwei ähnliche Verfahren erfolgen. Im
ersten Fall wird 1,2 ∙ 10-5 mbar TiCl4 25 min lang bei Raumtemperatur vor die Probenoberfläche
geleitet bei gleichzeitigem diffusen Beschuß mit Elektronen (30 µA) einer kinetischen Energie
von 1 000 eV. In einem zweiten Schritt wird TiCl4 bei gleichem Druck 5 min auf die 40 K kalte
Probe aufgefroren und durch Auftauen nicht chemisch gebundenes TiCl4 desorbiert. Das zweite
Verfahren ist einstufig: Dabei wird die 40 K kalte MgCl2-Oberfläche in der beschriebenen TiCl4Atmosphäre mit Elektronen 25 min lang beschossen, danach wieder aufgetaut. Beide Verfahren
können zur Erzielung größerer Mengen wiederholt werden. Die Ergebniskontrolle erfolgt durch
AES. Noch größere Depositionsmengen können durch vorheriges dreiminütiges Sputtern der
frischen Magnesiumchlorid-Oberfläche bei 50 K mit Argon-Ionen einer kinetischen Energie bis
150 eV und einem Strom von weniger als 1 µA erzielt werden („weiches Sputtern“).
Zur Aktivierung des Titans durch Alkylierung und Reduzierung werden über den Doser 3 400 L
Trimethylaluminium oder Triethylaluminium (5 min 1,5 ⋅ 10-5 mbar) bei 40 K aufgefroren und
nach möglicher Charakterisierung durch IRAS und ESR über Nacht durch passives Auftauen
desorbiert.
Zur Polymerisierung wird über einen Gasdoser Ethylen bei Raumtemperatur zugeführt bis zu
einem Hintergrunddruck von 15 bis 150 mbar. Die Reaktionsgeschwindigkeit und die Güte des
Polyethylenfilms werden durch IRAS-Messungen bestimmt.
118
5. ZUSAMMENFASSUNG
5.2 Ergebnisse
In der vorliegenden Arbeit wird ein Modellkatalysator für die Ziegler-Natta-Katalyse entwickelt
und untersucht. Die Präparation dieses Katalysators und ein Teil seiner Charakterisierung
geschehen im Ultrahochvakuum (UHV). Für den Katalysator werden Magnesiumdichlorid als
Substrat sowie Titantetrachlorid und Trimethylaluminium bzw. Triethylaluminium verwendet.
Der Katalysator ist funktionsfähig und polymerisiert Ethylen.
Das Substrat MgCl2 wird als dünner einkristalliner Film eingesetzt, der auf einem Palladium(111)-Metallkristall aufwächst, von Elektronen durchtunnelt werden kann und damit einen
Ladungsabfluß beim Einsatz von Elektronen zur Charakterisierung (LEED, AES) und zur
Katalysator-Präparation (gezielte Defekterzeugung) erlaubt.
Das Aufwachsen des Films geschieht durch molekulares MgCl2 aus der Gasphase; sobald eine
geordnete Monolage auf der Palladium-Oberfläche verankert ist, findet bei geeigneten
Temperaturen ein Schicht-für-Schicht-Wachstum statt. Der MgCl2-Films ist defektfrei,
geschlossen und 6 – 12 Monolagen dick; seine Oberfläche entspricht der (100)-Oberfläche des αMagnesiumchlorid-Einkristalls.
Im Magnesiumchlorid-Film können auf zwei Weise Defekte erzeugt werden: Baufehler durch zu
niedrige Bedampfungstemperaturen des Pd-Kristalls, Fehlstellen durch Teilchenbeschuß
(längerer Beschuß mit Elektronen oder zusätzliches „weiches Sputtern“ mit höherer Effizienz).
Unter den Defekten befinden sich ESR-aktive Farbzentren, die durch das Ersetzen von ChloridAnionen durch Elektronen entstehen können und ein schmales isotropes Signal bei g = 2,002
(2,004 nach Sputtern) ohne Hyperfein-Aufspaltung zeigen. Nur ein kleiner Teil dieser
Farbzentren befindet sich nahe der Oberfläche und kann durch Adsorption von Molekülen
ausgelöscht werden. Der Elektronenbeschuß führt bevorzugt zu einer Desorption des Chlors und
wahrscheinlich zu einer Anreicherung reduzierten Magnesiums in oberflächennahen Schichten.
Zur Deposition von Titantetrachlorid aus der Gasphase auf dem Magnesiumchlorid ist eine
simultane Defektierung und Magnesiumreduktion durch Elektronenbeschuß nötig, eine vorherige
Defektierung durch das „weiche Sputtern“ erhöht die Effizienz. Es entstehen keine ESR-aktiven
Farbzentern, da die unterkoordinierten Magnesium-Kationen an Fehlstellen und in der
Grenzschicht in der Lage sind, Titanchloride zu adsorbieren. Weiteres Titan wird unter
elektronenstimulierter Titan-Reduktion deponiert, so daß sich Inseln bzw. Filme aus
5.2 Ergebnisse
119
Titandichlorid (TiCl2) bilden, das mit einer Schicht aus Titantetrachlorid (TiCl4) bedeckt ist, aber
auch Anteile von Ti3+ enthält. Ein Teil dieses Ti3+ an besonderen Einzel-Plätzen zeigt breite
ESR-Signale, die auf eine tetraedrische Umgebung an der Oberfläche bzw. auf eine oktaedrische
nach Einbau in MgCl2- oder TiCl2-Kristalle schließen lassen, der andere Teil in Clustern und
Ketten wegen Linienverbreiterung jedoch nicht.
Die Depositionsmenge an Titan kann durch Auffrieren von TiCl4 sowie durch Wiederholung des
Depositionsvorgangs erhöht werden und erreicht nominelle Schichtdicken von bis zu 12
Monolagen.
Die Aktivierung des Modellkatalysators geschieht durch Alkylierung der Oberfläche mit
Aluminiumtrialkylen: TiCl4 + AlR3 → R-TiCl3 + AlR2Cl. Die folgende Reduktion des
Titans verläuft bei 40 K über zwei unterschiedliche Reaktionswege. Beim TMA treten als
Zwischenprodukte Methyl- und Ethylradikale auf:
H3C-TiCl3 → TiCl3 + •CH3
•CH3 + ½ [Al(CH3)3]2 → •CH2-CH3 + AlH(CH3)2
(Methylen-Abstraktion)
Beim TEA hingegen verläuft die Reaktion ohne Radikalbildung:
2 TiCl3Et → 2 TiCl3 + C2H4 + C2H6
Die bei TMA intermediär entstehenden Methylradikale reagieren selbst bei 40 K so schnell
weiter, daß nur Ethylradikale bei gleicher Temperatur im ESR-Spektrum nachgewiesen werden
können. Oberhalb von 80 K wird die Beweglichkeit der Ethylradikale so erhöht, daß sie durch
Rekombination oder andere Reaktionen abreagieren. Nach der Alkylierung ist im ESR-Spektrum
kein Ti3+ nachweisbar; dies kann auf Linienverbreiterungen durch Cluster- oder Kettenbildung
oder auf Reduktion in kleinere, eventuell auch gebrochene Oxidationsstufen zurückgeführt
werden.
Die Polymerisierung von Ethylen mit dem Modellkatalysator gelingt bei Raumtemperatur und
einem Druck von 15 bis 150 mbar. Das erzeugte Polyethylen liegt nach ausreichend langer
Reaktionszeit in Kristalliten mit azimuthal isotroper Orientierung parallel zur Oberfläche vor,
sitzt aber nicht mit beiden Wasserstoffen der unteren Methylengruppen auf der Unterlage auf, da
die Methylengruppen zum Teil gekippt orientiert sind.
Zu Beginn des Wachstums der PE-Kette auf der zerklüfteten Titan-Magnesium-ChloridOberfläche wird ein weniger geordneten Anteil mit mehreren gauche-Defekten erzeugt, der an
die Unterlage angepaßt ist. Bei weiterem Kettenwachstum kommt es zu Lamellen-Faltungen,
paralleler Anordnung der Kettenabschnitte und unter vorherrschender trans-Konfiguration der
120
5. ZUSAMMENFASSUNG
Methylen-Einheiten zur Ausbildung der orthorhombischen Kristallstruktur. Die Dicke der
erzeugten Polyethylen-Filme beträgt bis zu 600 nm.
Zwei Reaktionsverläufe können unterschieden werden: Bei defektreicherer MgCl2-Oberflächen
liegt eine Limitierung der Reaktionsgeschwindigkeit durch die Diffusion des Edukts durch den
Polyethylenfilm vor. Bei defektärmeren ist die Verminderung der Reaktionsgeschwindigkeit
nicht nur diffusions- sondern auch aktivitätsbedingt und führt bis zum Stillstand der Reaktion.
Die Ursache für den Aktivitätsverlust ist wahrscheinlich eine Verkoksung des Katalysators durch
Ethylen-Zersetzung. Beide hemmenden Ursachen führen bei Ethylen-Entzug zu einer
irreversiblen Beendigung der Reaktion.
Die Katalysator-Deaktivierung durch Kohlenstoff-Ablagerung kommt durch den ungehinderten
Zutritt des Edukts Ethylen an oberflächlich liegenden Titan-Reaktionszentren bei wenig
defektierten MgCl2-Filmen zustande. Bei einer reich defektierten Oberfläche hingegen werden
die Titanzentren nicht nur an Fehlstellen einer sonst glatten Oberfläche adsorbieren, sondern
auch in Miniatur-Kratern sitzen. Die Verankerung eines Titansreaktionszentrum in einem
solchen Krater hat sowohl sterische als auch möglicherweise elektronische Auswirkungen auf
das Zentrum; unter die sterischen fällt die Begrenzung des Edukten-Zutritt auf bestimmte Stellen
und in begrenzter Menge, so daß eine Ethylen-Zersetzung möglicherweise verhindert werden
kann.
Nur ein Teil des Titans ist aktiv in der Polymerisierung. Die aktiven Reaktionszentrum werden
von ihrem Produkt Polyethylen im Laufe der Reaktion vollständig bedeckt; ihre Menge korreliert
mit der Menge bei der Aktivierung erzeugter Ethylradikale. Zwei Arten von Titan-(+III)-Zentren
sind nach der Reaktion ESR-aktiv, wobei eine Art an Polyethylen gebunden ist, die andere an
Ethylen. Sie treten bei der Mehrzahl der Katalysator-Präparation auf, sind aber nicht mir der
katalytischen Aktivität korrelierbar und auch durch elektronenstimulierte Implantation von TiCl4
in Ethylen bzw. Polyethylen erzeugbar. Bedingt durch ihre ESR-Signale müssen die Zentren
singulär sein; ein Teil von ihnen hat sich von der Oberfläche entfernt und wurde ins Polyethylen
eingeschlossen.
6. LITERATUR
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6. LITERATUR
131
Lebenslauf
Name:
Geburtsdatum:
Jörg Schmidt
12.10.1971 in Mülheim an der Ruhr
Schulbildung
08/1978 – 01/1981 Städt. Gemeinschaftsgrundschule Grevenbroich
01/1981 – 06/1982
Martin-Luther-Grundschule Iserlohn
08/1982 – 06/1991
Gymnasium Letmathe der Stadt Iserlohn
Schulabschluß
06/1991
Allgemeine Hochschulreife
Zivildienst
07/1991 – 09/1992
Rettungsdienst der Stadt Altena (Westfalen)
bei der Johanniter-Unfall-Hilfe
Studium
10/1992 – 09/1996
10/1994
Chemie an der Ruhr-Universität Bochum
Diplomvorprüfug in Chemie
10/1996 – 05/1997
Diplom-Arbeit bei Herrn Prof. Dr. H.-J.
Freund am Lehrstuhl für Physikalische
Chemie I der RUB, ab 11/96 örtlich in der
Abteilung für Chemische Physik des FritzHaber-Instituts in Berlin
„Magnetische Eigenschaften von Metallpartikeln auf nicht-leitenden Oberflächen“
Studienabschluß
05/1997
Diplom-Hauptprüfung
Promotion
07/1997 – 03/2001
Anfertigung der Dissertation unter
Anleitung von Herrn Prof. Dr. H.-J. Freund
in der Abteilung für Chemische Physik des
Fritz-Haber-Instituts der Max-PlanckGesellschaft in Berlin
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