53 KAPITEL E Strahlenoptik 1. Hohlspiegel a) Brechung und Reflexion an gekrümmten Oberflächen Abb. 69: Abbildung durch eine gekrümmte Oberfläche Brechungs- und Reflexionsgesetz gelten auch für beliebig gekrümmte Oberflächen, wenn man diese in der Umgebung des Auftreffpunktes durch ihre Tangentialebene ersetzt. Im folgenden betrachten wir den Strahlenverlauf in der Einfallsebene. Die Oberfläche wird in ihr durch die Schnittkurve f(x) dargestellt, und Reflexion erfolgt an der Tangente. Für ein Bündel von Strahlen ergibt sich ein neuer Effekt, wenn sich die Steigung über den Bündelquerschnitt ändert. Dann werden alle Strahlen, die von einem Punkt ausgehen, unterschiedlich abgelenkt und treffen sich für ein genügend schmales Bündel in einem anderen Punkt, dem sogenannten Bildpunkt. Zur Konstruktion des reflektierten, bzw. gebrochenen Strahls benötigt man die lineare Näherung der Taylorentwicklung ∆y dy = , (y − y 0 ) = y / (x o )(x − x 0 ) ∆x dx Zur Beschreibung der Lage des Bildpunktes die quadratische Näherung (y − y 0 ) = y / (x 0 )∆x + 1 y // (x 0 )∆x 2 2 Die höheren Glieder der Taylorentwicklung sind für die Abbildungsfehler verantwortlich. b) Exakte Abbildung von einem Punkt in einen zweiten Abb. 70: Der elliptische Spiegel bildet streng einen Punkt in einen anderen ab 54 Die Kurve, die alle Strahlen, die von einem Punkt G ausgehen, in einem zweiten Punkt B sammelt, ist die Ellipse. G und B nennt man die Brennpunkte. Im Raum ist die entsprechende Fläche das Rotationsellipsoid, das durch Rotation der Ellipse um die Achse entsteht, die die Brennpunkte verbindet. Für den Sonderfall, daß einer der beiden Punkte ins Unendliche rückt, degeneriert die Ellipse zur Parabel. Der zweite Punkt ist der Brennpunkt der Parabel und sein Abstand zum Scheitel der Parabel die Brennweite f. Elliptische Spiegel werden in blitzlampengepumpten Lasern verwendet. Blitzlampe und Lasermedium befinden sich in den beiden Brennlinien des zylindrischen Spiegels mit elliptischem Querschnitt. Abb. 71: Kugel- und Parabolspiegel mit gleicher Brennweite c) Kugelspiegel In manchen Abbildungsproblemen benötigt man tatsächlich eine exakte Punkt-zu-Punkt-Abbildung, wie z.B. in der Astronomie. Oft kann man Ungenauigkeiten hinnehmen zugunsten Abb. 72: Die Brennweite eines Kugelspiegels für achsennahe Strahlen der Flexibilität. Hier sind oft Kugelspiegel günstiger. Bei einem Kreis gilt (s. Abb. 72) MF = FA, so daß MFA ein gleichschenkliges Dreieck ist. Für achsenparallele Strahlen, die achsennah verlaufen, ist FA ≈ R/2 (R: Kugelradius). Daher treffen sich alle achsennahen Strahlen im Brennpunkt F. Die Brennweite ist gleich dem halben Kugelradius f = R/2 Abb. 73: Die Katakaustik 55 Da man eine beliebige Kurve in der Umgebung eines Punktes S bis zur 2. Ordnung durch den Krümmungskreis approximieren kann, gilt obige Formel auch für anders geformte Flächen, wenn man unter R den Krümmungsradius der Kurve versteht. Für achsenferne Strahlen ist FS<R/2, z.B. für α = 60° ist FS = 0. Die Tatsache, daß sich achsenferne Strahlen nicht in F schneiden, nennt man sphärische Aberration. Die Einhüllende aller Strahlen, die von einer entfernten Lichtquelle ausgehen und an einem Kreis reflektiert werden, ist die sogenannte Katakaustik, die man als Reflexion in Tassen beobachten kann. Die sphärische Aberration hat im Strahlenbild die Ursache, daß der Kreis für achsenferne Strahlen zu weit geneigt ist. Korrigiert man diese Neigung, erhält man eine Parabel, für die der ursprüngliche Kreis der Krümmungskreis im Scheitel ist. Für achsennahe Strahlen verhalten sich Kreis, Ellipse und Parabel gleich. Abb. 74: Symmetrie beim Kugelspiegel d) Schmidt - Teleskop Ein Kugelspiegel ist symmetrisch um seinen Mittelpunkt M. Daher werden Lichtbündel, die durch den Mittelpunkt gehen und verschieden geneigt sind, mit gleicher Qualität abgebildet. Z.B. erscheinen Sterne, die mit einem Kugelspiegel aufgenommen werden, über das ganze Abb. 75: Schmidt-Teleskop Gesichtsfeld etwa gleich scharf. Bei einem Parabolspiegel vergrößern sich die Linsenfehler mit steigender Neigung drastisch, da hier die Symmetrie um den Mittelpunkt fehlt. Sterne erscheinen in den Randbezirken wie Kometen. Man nennt diesen Fehler daher Koma. Eine Möglichkeit zur Korrektur der sphärischen Aberration ohne Verlust der Zentralsymmetrie bildet das Schmidt - Teleskop. Der Hauptspiegel ist kugelförmig. Zur Korrektur der Abb. 76: Katzenauge 56 sphärischen Aberration wird im Kugelmittelpunkt eine Linse mit speziellem Profil angebracht, deren optische Dicke zum Rand hin zunimmt, so daß die Wellenfronten in geeigneter Weise verformt werden, um exakt den Fokus zu treffen. Das Katzenauge besteht aus einem Glaskörper mit zwei Kugelflächen, die einen gemeinsamen Mittelpunkt haben. Parallele Strahlenbündel werden auf eine verspiegelte Kugelfläche fokussiert. Dadurch werden Strahlen in die Einfallsrichtung zurückreflektiert. Eine andere Möglichkeit zur Konstruktion eines Katzenauges besteht in der Reflexion an den drei Flächen einer Würfelecke. 2. Dünne Linsen a) Abbildungsgesetz Für flexible Laboraufbauten werden am häufigsten dünne Linsen mit kugelförmigen Oberflächen eingesetzt. Die Abbildung wird nach dem vorher Gesagten nie exakt, sondern nur in einer gewissen Näherung möglich sein. Wir nehmen an, daß die Krümmungsradien groß gegen den Linsenradius sind. Abb. 77: Die Wirkung einer Linse im Strahlenbild Im Strahlenbild kann man sich die Linse im Querschnitt aus Prismen mit unterschiedlichen Prismenwinkeln zusammengesetzt denken. Bei einer Sammellinse wählt man die Prismenwinkel so, daß ein paralleles Strahlenbündel in einem Punkt gesammelt wird. Bei Zerstreuungslinsen scheinen sie von einem Punkt zu kommen. Abb. 78: Wirkung einer Linse im Wellenbild Im Wellenbild werden dadurch, daß das Licht im Linsenkörper langsamer läuft als in der Luft, ebene Wellenflächen zu Kugelflächen verformt. Der Brennpunkt liegt im Mittelpunkt der Kugelflächen. Abb. 79: Die Ableitung des Abbildungsgesetzes mit dem Prinzip von Malus 57 Zur Herleitung des Abbildungsgesetzes gehen wir vom Satz von Malus aus. Wir betrachten zunächst nur drei Strahlen: Einen, der durch die Linsenmitte geht und zwei, die den Rand berühren. Da wir uns auf die Näherung beschränken, in der eine gekrümmte Fläche genügend genau durch den Krümmungskreis approximiert wird, benötigen wir drei Punkte, um eine Wellenfläche zu spezifizieren. Wegen der Symmetrie um die Achse benötigen wir sogar nur zwei Punkte. Wir vergleichen daher die optischen Weglängen von Strahl (1) und (2) in Abb. 79: L 1 = GSB = g 2 + h 2 + b 2 + h 2 = g 1 + (h/g) + b 1 + (h/b) 2 2 ≈ g 1 + 1 (h/g) + b 1 + 1 (h/b) 2 2 2 2 Abb. 80: Der Zusammenhang von Krümmungsradius, Linsendicke und Linsengröße L 2 = GMB = g + b − (d 1 + d 2 ) + n(d 1 + d 2 ) = g + b + (n − 1)(d 1 + d 2 ) Aus der Bedingung L1 = L2 ergibt sich dann 1 + 1 = (n − 1) d 1 + d 2 g b h2 h2 Der Zusammenhang von R, h und d ergibt sich nach nebenstehender Abbildung bei Betrachtung des rechtwinkligen Dreiecks R2 = (R - d)2 + h2 R2 = R2 - 2Rd + d2 + h2 Für wenig gekrümmte Oberflächen kann man d2 gegenüber h2 vernachlässigen 2d = 1 h2 R Damit erhalten wir die endgültige Form des Abbildungsgesetzes 1+1=1 (1) g b f mit 58 1 = (n − 1) 1 + 1 (2) R1 R2 f Da wir annehmen, daß alle Kurven durch ihre quadratische Approximation genügend genau dargestellt werden, gilt die Aussage für alle Strahlen, die durch die Linse gehen. (1) ist das Abbildungsgesetz für dünne Linsen. Es gibt unterschiedliche Vorzeichenkonventionen. Oben haben wir die Konvention benutzt, bei der alle gegenstandsseitigen Lagen nach links, alle bildseitigen nach rechts positiv zählen. Diese Konvention ist für Sammellinsen bequem, da dann alle Entfernungen positiv sind. Für kompliziertere Systeme ist es bequemer, ein Koordinatenkreuz in die Mitte der Linse zu legen und alle Positionen rechts als positiv, links als negativ zu zählen. Krümmungsradien werden vom Mittelpunkt an gemessen. Dann hat die Abbildungsgleichung (1) die Form: − 1a + 1/ = 1/ a f und für die Linsen 1 = (n − 1) 1 − 1 R1 R2 f/ Zerstreuungslinsen haben negative bildseitige Brennweiten f'. Für g → ∞ ergibt sich b = f. f ist also die früher definierte Brennweite. Je näher der Gegenstand an die Linse rückt, desto weiter entfernt sich sein Bild. Bei g = 2 f wird b = 2 f. Gegenstand und Bild sind gleich weit von der Linse entfernt und haben den kleinsten gegenseitigen Abstand. Die Brennweite ist an beiden Seiten der Linse gleich. Größere Brechungsindizes erlauben Linsen mit weniger gekrümmter Oberfläche. Da es zur Ableitung dieses Gesetzes nur auf die Verzögerung der Wellenfront auf der Achse ankam, und diese durch n und die Gesamtdicke der Linse gegeben ist, kommt es in dieser Näherung nicht darauf an, wie die Krümmungsradien auf beide Flächen verteilt sind. Zerteilt man die bikonvexe Linse durch einen ebenen Schnitt in zwei plankonvexe und nennt man (n-1)/R die Brechkraft einer der Linsen, so erkennt man, daß sich die Brechkräfte dünner Linsen, die nahe zusammenliegen, addieren. Abb. 81: Ein Strahl geht schräg durch eine Sammellinse 1= 1+ 1 f f1 f2 Abb. 82: Der Winkel α 1/f mißt man in Dioptrie = m-1. b) Schräger Einfall 59 Bei einer schräg zur Achse einfallenden Welle ändert sich in der Ebene, die in Abb. 81 die Zeichenebene ist, das Verhältnis 2d/h2, da h kleiner wird. In der anderen Ebene ändert sich dieses Verhältnis schwach. D.h. die Brennweite in der Zeichenebene wird etwas kürzer als die in einer senkrecht dazu stehenden Ebene. h* = h · cos α, d* = d/cos α Abb. 83: Astigmatismus Da für kleine Winkel cos α ≈ 1 − α 2 /2 , erhält man 1 ∼ 2d ∼ 1 ∼ 1 + 3α 2 2 f h 2 cos 3 α Solange α so klein ist, daß man α2 vernachlässigen kann, ändert sich nichts. In dieser Näherung ist sin a ≈ tan a und ein ausgedehnter Gegenstand in einer Ebene senkrecht zur Achse der Gegenstandsebene wird in eine ebenfalls senkrecht zur Achse stehenden Bildebene abgebildet. Bei starker Neigung erhält man in der Zeichenebene von Abb. 83 eine stärkere Brechkraft als senkrecht dazu. Wie aus Abb. 83 abzulesen ist, wird ein Punkt in zwei senkrecht zueinander stehende Linien abgebildet. Diesen Fehler nennt man Astigmatismus. Er tritt auch bei Einfall parallel zur optiAbb. 84: Bildkonstruktion bei dünnen Linsen schen Achse auf, wenn die Linse in zwei senkrecht aufeinander stehenden Ebenen unterschiedliche Krümmungsradien aufweist. c) Bildkonstruktion Wir setzen voraus, daß die Linse alle Punkte der Gegenstandsebene in die Bildebene abbildet. Daher genügt es, das Bild eines Punktes des Gegenstandes zu konstruieren. Zur Konstruktion des Strahlenganges nutzen wir folgende Regeln aus: α) Strahlen gehen geradlinig durch die Mitte der Linse. In der Mitte verhält sich die Linse wie eine dünne planparallele Platte. β) Strahlen, die parallel zur Achse einfallen, schneiden die Achse im Brennpunkt. Parallel zur Achse vom Gegenstand her einfallende Strahlen treffen den bildseitigen Brennpunkt und 60 umgekehrt. Ein schräg zur Achse laufendes Bündel von parallelen Strahlen sammelt sich in der Brennebene. γ) Zerstreuungslinsen haben negative Brennweiten Hat man mit dieser Konstruktion einen Bildpunkt B zu einem Gegenstandspunkt G gefunden, so gehen nach Voraussetzung alle Strahlen, die von G ausgehen und die Linse treffen, durch B. Es ist also nicht notwendig, daß ein Konstruktionsstrahl durch die Öffnung einer tatsächlich vorliegenden Linse geht. Man kann sich die reale Linse durch eine mit größerer Öffnung ersetzt denken, bei der die Brennpunkte an der gleichen Stelle liegen. Die Größe der Öffnung Abb. 85: Beispiel für ein virtuelles Bild: Strahlengang einer Lupe ändert an den Abbildungseigenschaften im Strahlenbild nichts. Man zeichnet zunächst 2 Strahlen, die von einem Punkt des Gegenstandes ausgehen und parallel zur Achse durch den gegenstandsseitigen Brennpunkt Fg oder durch die Linsenmitte lau- Abb. 86: Beispiel für eine virtuelle Abbildung mit einer Zerstreuungslinse fen. Die Strahlen werden bis zur unendlich dünnen und unendlich ausgedehnt gedachten Linse gezeichnet. Die gebrochenen Strahlen ergeben sich nach obigen Regeln. Ihr Schnittpunkt ist der Bildpunkt, in dem sich alle übrigen von dem betrachteten Punkt ausgehenden Strahlen treffen. Wenn sich die gebrochenen Strahlen an der Bildseite nicht treffen, muß man sie nach rückwärts verlängern. Solche verlängerten Strahlen nennt man virtuell und ihren Schnittpunkt ein virtuelles Bild. Ein virtuelles Bild läßt sich nicht mit einem Schirm auffangen, aber das Abb. 87: Konstruktion des Strahlenverlaufes bei windschiefen Strahlen Auge sieht dort ein Bild, wo die ins Auge fallenden Strahlen sich treffen. Beispiel: Strahlengang einer Lupe Abb. 88: Querschnitt durch ein menschliches Auge Beispiel Zerstreuungslinse, f < 0 61 Windschiefe Strahlen konstruiert man, indem man sie durch Brenn- oder Mittelpunktstrahlen zu einem Parallelstrahlenbündel ergänzt und ausnutzt, daß dieses sich in der Brennebene sammelt. 3. Einfache optische Geräte a) Das Auge Abb. 89: Korrektur von Fehlsichtigkeit Das Auge gehört eigentlich nicht zu den einfachen optischen Geräten, aber wir müssen einige seiner Grundfunktionen kennen, um die Arbeitsweise einfacher optischer Geräte zu verstehen. Das Auge arbeitet wie eine Kamera. Die Linsenwirkung wird durch die Hornhaut, die in ihrer Brennweite verstellbare Linse und den Glaskörper, der das Augeninnere ausfüllt, bewirkt, wobei den Hauptanteil die Hornhaut erzielt. Der Gegenstand wird auf der Netzhaut abgebildet, die die Funktion eines zweidimensionalen Detektorarrays hat und einen Teil der Bildverarbeitung leistet. Die Detektoren sind in der Lage, einzelne Photonen nachzuweisen. Abb. 90: Verbesserung der Schärfe durch eine Lochblende Die einfallende Lichtleistung wird über die Pupillenöffnung reguliert. Beim Fotoapparat würde man f/r die Blendenzahl nennen. Die einfallende Leistung ist proportional zu (r/f)2. Das Auge kann 15 Zehnerpotenzen an Lichtintensität überbrücken. Die Regulierung der Empfindlichkeit heißt Adaption, die Regulierung der Brennweite Akkommodation Wir beschreiben die Funktion des Auges in erster Näherung als eine Kamera mit Zoomlinse. Wenn die Brennweite zu lang für das Auge ist, spricht man von Weitsichtigkeit. Dieser Fehler kann durch Erhöhen der Brechkraft, d.h. durch eine zusätzliche Sammellinse korrigiert Abb. 91: Der Sehwinkel werden. Im Alter ist dies generell erforderlich, da der Akkommodationsbereich der Linse nachläßt. Im umgekehrten Fall benötigt man eine Zerstreuungslinse. 62 Eine gewisse Verbesserung der Schärfe läßt sich schon durch eine Verkleinerung der Blendenöffnung erreichen, etwa durch ein gelochtes Papier, das vor das Auge gehalten wird. Das Scheibchen auf der Retina, das durch Abbildung einer Punktquelle entsteht, wird dadurch Abb. 92: Wirkungsweise einer Lupe kleiner. Aus gleichem Grund erhöht sich die Tiefenschärfe einer Kamera durch Verkleinerung der Blendenöffnung. Das einfachste abbildende System, das z.B. in Frequenzbereichen verwendet wird, in denen es keine Linsen gibt, ist die Lochkamera. Von einem optischen Instrument erwarten wir, daß es eine Vergrößerung bewirkt oder daß es die Helligkeit verbessert. Daneben gibt es Geräte, den Kontrast zu verbessern oder Meßvorgänge ausführen zu können. α Die Vergrößerung ist v= αm , wobei αo und αm die Sehwinkel ohne und mit Instrument sind. 0 b) Die Lupe Die Lupe ist eine Sammellinse, die man vor das Auge hält, um nahe Gegenstände zu vergrö- Abb. 93: Brennglas ßern. Um den Sehwinkel α zu konstruieren, zeichnen wir zu einem vom Gegenstand ausgehenden Mittelpunktstrahl einen Parallelstrahl, der durch den Mittelpunkt der Augenlinse geht. Man sieht, daß in Abb. 92 keine Vergrößerung des Sehwinkels vorkommt. Der eigentliche Nutzen der Lupe besteht nicht in einer Vergrößerung, sondern darin, daß man mit Lupe näher an einen Gegenstand kommen kann als ohne Lupe. Als Vergrößerung definiert man daher das Verhältnis von Sehwinkel, unter dem der Gegenstand ohne Lupe erscheint, wenn er sich in der kleinsten Entfernung vom Auge befindet, die ein bequemes Betrachten zuläßt, zu Sehwinkel ohne Lupe. Diese Entfernung legt man auf s = 25 cm fest und nennt sie die Weite deutlichen Sehens. c) Das Brennglas Mit einem Brennglas soll die Leistungsdichte S, z.B. der Sonnenstrahlung, erhöht werden. Dies kann z.B. bei der Konstruktion eines Sonnenkraftwerkes nützlich sein. Bei der Berechnung von S muß man beachten, daß das Bild der Sonne auf dem Schirm eine endliche Ausdehnung ρ = αf hat. α = 0, 25 = 4 ⋅ 10 −3 rad ist der Winkelradius der Sonne. Das Bild der 63 Sonne kann größer sein als die Linse selbst, d.h. die Leistungsdichte in der Fokalebene kann geringer sein als auf der Linsenfläche. Die Gesamtleistung P0 auf Schirm und Linse sind gleich. Das Verhältnis der Leistungsdichten ist dann 2 P0 P0 r 2 r SS = / = = fα S L πρ 2 πr 2 ρ Bei einem guten Brennglas muß also die Apertur r/f möglichst groß sein. Abb. 94: Die Helligkeit von Punktstrahlern Beispiel (wie Archimedes die feindlichen Schiffe vor Syrakus zerstörte): α 2α = 0, 5 0 (Sonne), α rad = π ≈ 1 , 2αrad = 8 ⋅ 10 −3 grad 180 60 f = 100 m, 2 ρ = f2a = 0, 8m d) Bemerkung zur subjektiven Helligkeit von Lichtquellen Wie sich die empfundene Helligkeit einer Lichtquelle mit ihrer Entfernung vom Auge ändert, hängt davon ab, ob es sich um eine punktförmige oder flächenhafte Lichtquelle handelt. Dabei definieren wir eine punktförmige Lichtquelle als eine solche, deren Bild im Auge so klein ist, daß jeweils nur ein Detektor anspricht. Werden mehrere Detektoren erregt, nennen wir die Lichtquelle flächenhaft. Die Helligkeitsempfindung wird durch die Energie pro Detektor bestimmt. Wenn P0 die nach allen Seiten (isotrop) ausgestrahlte Leistung der Punktquelle ist, gelangt in die Linse P = P0 Ω 4π wobei Ω = πr 2 /g 2 der Raumwinkel ist, unter dem die Linse von der Lichtquelle her erscheint. 2 P 1 = P 0 πr g 21 4π Abb. 95: Die Helligkeit bei Flächenstrahlern 2 P 2 = P 0 πr g 22 4π 64 Daraus folgt P1/P2 = (g2/g1)2. Die im Auge registrierte Leistung nimmt mit dem Quadrat der Entfernung der Punktquelle vom Auge ab. Da die gesamte Leistung von einem einzelnen Detektor aufgenommen wird, nimmt die Helligkeit ab. Dies ist der Grund, warum weiter entfernte Sterne dunkler erscheinen als nähere. Bei Flächenstrahlern wird mit größerer Entfernung das Bild kleiner, d.h. die geringere Leistung, die das Auge aufgrund der größeren Entfernung aufnimmt, verteilt sich auf eine kleinere Fläche S 2 P 2 /A 2 P 2 A 1 = = ⋅ S 1 P 1 /A 1 P 1 A 2 A1 y1 2 g2 2 = = g 1 A2 y2 Abb. 96: Strahlengang des Keplerschen Fernrohres P2 g1 2 = P1 g2 Es folgt S2/S1 = 1. Flächenstrahler erscheinen unabhängig von ihrer Entfernung gleich hell. Dies beobachtet man etwa bei Neonleuchten in einem Flur. e) Das Fernrohr Ein teleskopisches System ist ein Linsensystem, das ein Bündel von parallelen Strahlen wieder in ein Bündel von parallelen Strahlen überführt. Ein solches System wird außer für Fern- Abb. 97: Strahlengang beim Galilei Fernrohr rohre zur Strahlaufweitung und in Laserresonatoren verwendet. Wir betrachten das Keplersche und das Galileische Fernrohr (Johannes Kepler, 1571 - 1630; Galileo Galilei, 1514 1642). Beide bestehen aus einer langbrennweitigen Objektivlinse und einer kurzbrennweitigen Okularlinse, wobei bildseitiger Brennpunkt des Objektivs und gegenstandsseitiger 65 Brennpunkt des Okulars zusammenfallen. Beim Keplerschen Fernrohr ist die Brennweite des Okulars positiv, beim Galileischen negativ. Im übrigen ist der Aufbau analog. Beim Keplerschen Fernrohr entsteht in der Fokalebene ein reelles Bild, das mit dem Okular angesehen wird. Die Vergrößerung ergibt sich aus einer geometrischen Betrachtung der Mit- Abb. 98: Mikroskops Strahlengang des telpunktstrahlen durch Objektiv und Okular. α tan α 2 h h f 1 v= α2 = = / = 1 tan α 1 f 2 f 1 f2 Die Vergrößerung wird also umso stärker, je länger die Brennweite von Objektiv und je kleiner die von Okular ist. Neben der Vergrößerung spielt die Lichtausbeute (Dämmerungsfaktor) und der Gesichtfeldwinkel für die Qualität eines Fernrohres eine Rolle. Beim Galileischen Fernrohr bleibt die Behandlung der Vergrößerung gleich, und es ergibt sich wie beim Keplerfernrohr f1 v= f2 Das Bild ist hier im Gegensatz zum Keplerfernrohr aufrecht, die Länge des Teleskopes ist bei gleichen Brennweiten kleiner. Ein wesentlicher Nachteil besteht darin, daß der Gesichtsfeld- Abb. 99: Kondensor winkel kleiner ist. f) Das Mikroskop Das kurzbrennweitige Objektiv bildet den Gegenstand, der sich knapp außerhalb der Brennweite f1 befindet, in ein reelles, vergrößertes Zwischenbild im Abstand l vom Objektiv ab, das mit dem Okular als Lupe betrachtet wird. Um die Vergrößerung zu bestimmen, muß die Größe von Gegenstand und Bild wie bei der Lupe im Abstand der deutlichen Sehweite s verglichen werden. Die Vergrößerung des Objektivs ist v1 = l/f1 , des Okulars v2 = s/f2. 66 Die Gesamtvergrößerung ist das Produkt lges = v1 · v2 = ls/f1f2. Abb. 100: Schlierenaufbau Die Vergrößerung wird umso größer, je größer l und je kleiner f1 und f2 sind. g) Der Kondensor Eine Kondensorlinse wird in der Nähe des abzubildenden Gegenstandes aufgestellt, um die Intensität des Bildes zu erhöhen, indem sie die Lichtquelle in die eigentliche Abbildungslinse abbildet. Abb. 101: Foucaultsche Messerschneidenmethode Der Kondensor beeinträchtigt die Abbildung selbst praktisch nicht. Die Abbildungseigenschaften des Kondensors brauchen daher nicht besonders gut zu sein. Wichtig ist seine große Apertur. Ein Strahlengang wie in Abb. 99 wird Hand-in-Hand Abbildung genannt. Abb. 102: Koordinaten bei der kollinearen Abbildung 67 h) Das Schlierenverfahren Der Schlierenaufbau dient dazu, Punkte, an denen Licht abgelenkt wird, sichtbar zu machen, z.B. in Flammen. Der Aufbau ist wieder eine Hand-in-Hand Abbildung, wobei die Schlierenblende dafür sorgt, daß nicht abgelenktes Licht nicht auf den Schirm gelangt. Wird Licht im Objekt abgelenkt, so geht es an der Schlierenblende vorbei. Die Bildpunkte der Stellen des Objektes, die eine Ablenkung hervorrufen, erscheinen auf dem Schirm hell. Ein Spezialfall des Schlierenaufbaus ist die Foucaultsche Messerschneidenmethode zur Überprüfung und Justierung von Hohlspiegeln. 4 a) Die kollineare Abbildung Die Abbildungstheorie für dünne Linsen ist ein Sonderfall einer allgemeineren Abbildungstheorie. Die allgemeinste Abbildung, die Punkte in Punkte, Gerade in Gerade und Ebenen in Ebenen aus einem kartesischen Raum (ξ, η, ζ) in einen anderen (ξ , η , ζ ) abbildet, ist die kollineare Abbildung. a1ξ + b1η + c1ζ + d1 a0 ξ + b0η + c0 ζ + d0 a2ξ + b2η + c2ζ + d2 η/ = a0 ξ + b0η + c0 ζ + d0 a3 ξ + b3 η + c3ζ + d3 ζ/ = a0 ξ + b0 η + c0ζ + d0 Diese Transformationen bilden eine Gruppe, in der eine Abbildung ein Element ist, die Hintereinanderausführung die Verknüpfung. Man kann also zwei hintereinander ausgeführte Abbildungen durch eine einzige mit gleichen Grundeigenschaften ersetzen. Zur Beschreibung optischer Abbildungen interessieren nur weiter eingeschränkte Abbildungen: ξ/ = α) Die Systeme sollen axial symmetrisch sein, d.h. die Abbildungsgesetze für die variablen η und ζ sollen identisch sein. β) Punkte, die sich vor der Abbildung an der Achse spiegeln, sollen Spiegelpunkte bleiben, d.h. aus −η = η s soll folgen -η = η s , ξ = ξ s . Durch Einsetzen dieser Bedingungen in die allgemeinen Transformationsgleichungen stellt man fest, daß die allgemeinste Transformation, die dies leistet, die Form hat: 68 ξ/ = a1ξ + d1 / b2η , η = a0ξ + d0 a0ξ + d0 (1) Der Koordinatenursprung der beiden Systeme liegt also auf der Achse. Die ξ -Position ist noch beliebig. Alle Größen zählen positiv nach rechts. b) Brennpunkte Eine solche Abbildung hat in jedem der beiden Räume einen Brennpunkt. Läßt man ξ → ∞ Abb.103: Geometrie bei der Abbildung mit rationalen Vorzeichen a gehen, wird ξ / = ξ /F / , mit ξ /F / = a 1 , bildseitiger Brennpunkt. 0 d Andererseits wird für ξ / → ∞, ξ = ξ F , mit ξ F = − a 0 gegenstandsseitiger Brennpunkt. 0 c) Abbildungsgesetz Bisher wurde über die Koordinatenursprünge der beiden benutzten Systeme keine Aussage gemacht. Als ausgezeichnete Punkte bieten sich die Brennpunkte an. Wir transformieren daher die Abbildungsgleichungen (1) auf die Brennpunkte: d x = ξ − ξF = ξ + a 0 (2) 0 a x / = ξ / − ξ/F / = ξ / − a 1 0 Einsetzen in Gl. 1 ergibt: a (x − d 0 /a 0 ) + d 1 a x/ + a1 = 1 0 a 0 (x − d 0 /a 0 ) + d 0 a 1 x − a 1 d 0 /a 0 + d 1 a0x a d − a d /a = a 1 + 1 a 1x 0 o 0 0 = Es folgt das Newtonsche Abbildungsgesetz xx / = d1a0 − a1d0 a 20 Aus der üblichen Abbildungsgleichung findet man durch Transformation auf die Brennpunkte xx / = ff / d) Brennweiten 69 Abb. 104: Hauptebenen Die Brennweiten f und f' legen wir so fest, daß sich das Newtonsche Abbildungsgesetz ergibt, und daß die Lateralvergrößerung korrekt beschrieben wird. Bei dünnen Linsen gilt: y/ x/ = − f = − y x f/ (3) Abb.105: Bildkonstruktion mit Hauptebenen (y' <0, x', f', y > 0) Bei der kollinearen Abbildung haben wir nach Gl. 1: y/ η/ b2 b2 y = η = a0ξ + d0 = a0x (s. Gl.2) Durch Vergleich mit Gl. 3 ergibt sich Abb. 106: Konstruktion der Hauptebene b f = − a2 0 aus der Newtonschen Abbildungsgleichung Abb. 107: Geometrie für den allgemeineren Fall der Abbildung 70 f = d1 a0 − a1 d0 a0b2 e) Hauptebenen Als Hauptpunkte definieren wir nun die Achsenpunkte, bei denen die Lateralvergrößerung 1 wird, als Hauptebenen die Ebenen, die senkrecht zur Achse stehen und diese in den Hauptpunkten schneiden. Die Lage der Hauptebenen folgt dann aus Gl. 3 mit y'/y = 1. x'H = -f'' xH = -f In der jetzt adoptierten Vorzeichenkonvention werden alle Größen vom Brennpunkt an nach rechts positiv gerechnet. Bei positiven Brennweiten hat man dann die Geometrie von Abb. 104. f) Bildkonstruktion Die Bildkonstruktion verläuft dann völlig analog zu der bei dünnen Linsen mit dem einzigen Unterschied, daß man die ausgezeichneten Strahlen nicht bis zur Linsenebene zeichnet, sondern bis zur Hauptebene und den Auftreffpunkt 1 : 1 auf die zweite Hauptebene überträgt. Zeichnerisch findet man die Hauptebenen, indem man einen parallel zur Achse einfallenden Strahl durch das gesamte Linsensystem verfolgt. Dort, wo er die Achse schneidet, ist der Brennpunkt, wo er den einfallenden Strahl schneidet, ist die Hauptebene der dem Einfallsraum abgewandten Seite. g) Ungleiche Brechungsindizes im Bild- und Gegenstandsraum Im allgemeinen unterscheiden sich gegenstands- und bildseitige Brennweite. Bei Linsensystemen oder gekrümmten Grenzflächen zwischen zwei Medien ist dies der Fall, wenn die Brechungsindizes rechts und links verschieden sind. Wir zeigen dies an einer dünnen Linse, die Abb. 108: Knotenpunkte wie früher mit dem Satz von Malus behandelt wird. ng g2 + h2 + nb b2 + h2 = ng g + nb b + l (l = (n - ng)dg + (n - nb)db) 71 ngg(1 - h2/2g2) + nbb(1 + h2/2g2) = ngg +nbb + l ng nb g + b = const Abb. 109: Konstruktion der Lage der Brennpunkte und Hauptebenen Die Brennweiten erhält man für g bzw. b → ∞ ng n = const, b = const fg fb Es folgt: ng nb = fg fb Die Brennweiten verhalten sich wie die Brechungsindizes. h) Knotenpunkte Bei der Bildkonstruktion bei einem System mit zwei Hauptebenen kann auch der Mittelpunktstrahl benutzt werden, wenn rechts und links die Brennweiten gleich sind: Man zeichnet einen Strahl bis zum Hauptpunkt, versetzt ihn zum konjugierten Hauptpunkt mit gleicher Neigung u gegen die Achse. Im allgemeinen Fall mit unterschiedlichen Brennweiten geht dies nicht. Die Orte, an denen die Neigung des Strahls gegen die Achse für Strahl und konjugierten Strahl gleich sind, die sogenannten Knotenpunkte, fallen im allgemeinen nicht mit den Hauptpunkten zusammen. Def.: Knotenpunkte sind die Achsenpunkte mit u = u' f tan u = -x' tan u' xK' = -f, xK = -f' Der Knotenpunkt K hat den Abstand f' von F, K' den Abstand f von F'. Für n = n' unterscheiden sich Knotenpunkte und Hauptpunkte nicht. Abb. 110: Die Hauptebenen können bei dicken Linsen auch außerhalb der Linse liegen 72 i) Zusammengesetzte Systeme Mit den im vorigen Abschnitt dargelegten Methoden läßt sich die Lage der Haupt- und Brennpunkte finden, wenn die der einzelnen Komponenten, die ein System bilden, bekannt sind. Eine Konstruktionszeichnung zeigt Abb. 109. −− Dabei ist F 2 P ein Hilfsstrahl, parallel zum ursprünglichen F'1R, um den weiteren Verlauf des einfallenden Strahls hinter der zweiten Linse zu konstruieren. Der Zeichnung entnimmt man h = z f ;;/ f ;;/ 2 h = −z ;;/ l f1 (f2´, h, l, f1' > 0 ; z, f' < 0) ;;/ f1 l , = − ;;/ ;;/ f f2 −f 1 f 2 l ;;/ ;;/ f ;;/ = Mit l = d − f 1 − f 2 = d − f 1 − f 2 erhält man ;;/ ;;/ ;;/ 1 = 1 + 1 − d ;;/ ;;/ ;;/ f ;;/ f ;;/ f2 f1 f2 1 Für d → 0 ergibt sich die bekannte Addition der Brechkräfte. j) Dicke Linsen Mit dem obigen Formalismus läßt sich die Lage der Brennpunkte und Hauptebenen bei dikken Linsen berechnen. Man behandelt zunächst eine kugelförmige Oberfläche eines Glaskörpers in der Näherung dünner Linsen. Sie hat nur eine Hauptebene und zwei unterschiedliche Brennweiten. Die dicke Linse betrachtet man als System zweier solcher Kugelflächen. Abb. 110 zeigt für einige typische Linsenformen die Lage der Hauptebenen.