Einflussfaktoren der Verkehrsmittelwahl in der Agglomeration M. Vrtic 04. Mai 2012 Verkehrs-Club der Schweiz Überblick Verkehrsmittelwahl im Entscheidungsprozess Determinante der Verkehrsmittelwahl Verhaltensparameter Verlagerungspotentiale Ausblick Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 2 Wirkungsmechanismen Personenverkehrsentwicklung Gesellschaft Bevölkerung Wirtschaft Verkehrspolitik Altersstruktur räuml. Verteilung Lebensstile Mobilitätswerkzeuge BIP, Einkommen, Beschäftigung Technologie Anzahl Wege Angebotsqualität (Infrastruktur, Betrieb) Verkehrsaufkommen Flächennutzung Weglängen Modal Split PeP 2030 Verkehrspreise Preisrelationen Verkehrsleistungen Raumordnung Besetzungsgrad Fahrleistungen Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 3 Verkehrsmittelwahl im Entscheidungsprozess der Verkehrsteilnehmer Raumstruktur (Wohnen / Arbeit, Wohnen /Einkauf usw.) Verkehrsangebot: Verhältnisse Strassen / ÖV Soziodemographische Charakteristiken (Alterskohorten und Altersstruktur, Mobilitätswerkzeuge: PW- und Abo-Verfügbarkeit) Soziale Ebene: Zeitregime, wirtschaftliche Bedingungen, Normen Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 4 Einflussfaktoren ….. Eigenschaften des Verkehrsteilnehmers: • Einkommen • Pkw-Verfügbarkeit • Führerscheinbesitz • Haushaltsstruktur • Lage des Wohnorts Eigenschaften der Ortsveränderungen: • Attraktionsverhältnisse (Kaufen in Altstadt oder Einkaufszentrum) • Fahrtzweck • Zeitpunkt der Fahrt Eigenschaften der Verkehrsmittel des Modus: • Zeitaufwand, Kosten (Verkehrsangebot) • Parkplatzverfügbarkeit • Komfort und Bequemlichkeit • Regelmässigkeit und Zuverlässigkeit • Sicherheit Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 5 Modal Split Anteil ÖV 1,0 captive drivers choice riders captive riders 0,0 0 Verkehrs-Club der Schweiz tÖV/tIV 04. Mai 2012 Folie 6 Modal Split ÖPNV-Anteilebei unterschiedlicher ÖPNV- / MIV-Qualität 88 0 0 76 72 ÖPNV-Anteil 100 80 69 54 60 53 40 52 48 20 0 36 s chlec ht gut mittel Verkehrs-Club der Schweiz M IV-Qualität m ittel gut 04. Mai 2012 s chlec ht Folie 7 ÖPNV-Qualität Verkehrsmittelwahlverhalten: Erhebungsmethoden Was haben wir zur Verfügung? Revealed Preference Daten Längsschnitterhebung (z.B. Paneldaten) Querschnittserhebung (z.B. Mikrozensus) Vorher-/Nachher-Beobachtungen Problem: Trennung der Wirkungen kaum möglich Sehr starke Korrelation zwischen den Einflussfaktoren Teilweise ungenügende Variation bei einzelnen Variablen Stated Preference: Interaktive Messverfahren, in denen reale und potentielle Verhaltensweise der Befragten im Verlauf des Inteviews diskutiert werden Problem: Verbindlichkeit der Aussage ? Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 8 Bewertung: Grobe Annahmen zu den relativen Gewichten • Fahrtzeit (ungestört) ~1.0 • Fahrtzeit, gestört ~1.5 * Fahrtzeit • Parkplatzsuche ~1.5 * Fahrtzeit • Zu- und Abgang ~2.0 * Fahrtzeit • Wartezeiten ~1.5 * Fahrtzeit • Umsteigen, lokal ~10 min • Verfrühung ~0.5 * Fahrzeit • Verspätung ~1.5 * Fahrzeit Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 9 Verkehrsmittelwahl Parameter: Beispiel Vrtic et al. (2005) Parameter Andere ÖV-Abos GA HalbTax Autoverfügbarkeit 1.01 1.95 0.99 1.09 Kosten [CHF] -0.05 Fahrtzeit LIV [h] Fahrtzeit MIV [h] Fahrtzeit ÖV [h] -5.12 -0.89 -0.61 ÖV Takt [h] Umsteigen Zugangszeit [h] -0.45 -0.30 -2.10 Verlässlichkeit MIV Verlässlichkeit ÖV -0.89 -1.01 Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 10 Vrtic et al. (2005) Verkehrsmittelwahl: Relative Bewertung der Einflussgrössen Alle Fahrtzwecke Pendler Nutzfahrt Einkauf Freizeit Zeitwert MIV-Fahrzeit [CHF/h] 17.9 8.1 64.6 10.7 14.7 Zeitwert ÖV-Fahrzeit [CHF/h] 12.2 7.4 40.3 9.3 10.9 Zeitwert Intervall [CHF/h] 8.9 3.1 42.3 1.8 7.7 Umsteigewert [CHF/Umsteige] 6.1 2.2 10.7 1.4 5.1 Verlässlichkeit MIV* [CHF/Wahrsch.%] 0.2 0.1 0.2 Verlässlichkeit ÖV* [CHF/Wahrsch.%] 0.2 0.1 0.2 (*) Wahrscheinlichkeit für eine Verspätung von min. 10 min Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 11 Abhängigkeiten: Zeitwerte (VTTS) in Abhängigkeit von Kostenkomponenten 30 25 20 VTTS (CHF) VTTS_MIV_Treib. VTTS_MIV_Maut VTTS_MIV_Park. 15 VTTS_OEV 5 3. 9 3. 7 3. 5 3. 3 3. 1 2. 9 2. 7 2. 5 2. 3 2. 1 1. 9 1. 7 1. 5 1. 3 1. 1 0. 9 0. 7 0. 5 0. 3 0 0. 1 Vrtic et al. (2006) 10 Kostenfaktor Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 12 Verkehrsmittelwahl: Nachfrageelastizitäten (Beispiel*) Variable Reisezeit MIV Preis MIV Fahrtzeit ÖV Nachfrage Alle Fahrtzwecke Pendler Freizeit -0.320 -0.346 -0.279 ÖV 0.598 0.513 0.578 PKW -0.311 -0.512 -0.322 ÖV 0.580 0.760 0.666 PKW 0.275 0.373 0.230 -0.514 -0.554 -0.476 0.319 0.477 0.337 -0.596 -0.709 -0.697 0.263 0.451 0.201 -0.492 -0.670 -0.417 0.102 0.150 0.110 -0.191 -0.223 -0.228 0.141 0.123 0.192 -0.264 -0.182 -0.398 PKW ÖV Preis ÖV PKW ÖV Vrtic et al. (2005) Zugangszeit ÖV PKW ÖV Intervall ÖV PKW ÖV Umsteigezahl ÖV PKW ÖV (*) Sind nur für die Mittelwert der Stichprobe und daraus berechnete Modal-Split Anteile gültig Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 13 Nach Botte, 2003 Siedlungs- und Angebotsentwicklung: Pendlerdistanz seit 1970 Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 14 Verlagerungspotential (ÖV): Beispiel Siedlungsentwicklung Vrtic (2012) • Entwicklung nach Innen (Monozentrische Entwicklung) gegenüber Polyzentrische Entwicklung (Entlang von Entwicklungsachsen): Beispielszenario Zürich MIV: ca. -3% ÖV: ca. +20% Velo ca. +12% Fuss ca. +4% • Nachfragewachstum verstärkt auf den ÖV und LIV konzentriert (höheren Anteil kürzerer und damit ÖV- und LIV-affinerer Wege und tiefere Konkurrenzfähigkeit des MIV) • Entwicklung nach Aussen führt zu weiterer Erhöhung der Reisedistanz zwischen den Quell- und Zielzonen. Folge: stärkeres Wachstum der MIV-Nachfrage und tieferer Anteil des ÖV und LIV am Gesamtverkehrswachstum. • Siedlungsentwicklung unter Beachtung der Angebotsverhältnisse zwischen Produktions- und Attraktionszonen: Wohnen-Arbeit, Wohnen-Einkauf, Wohnen-Freizeit usw. Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 15 Verlagerungspotential (ÖV): Beispiel Angebotsentwicklung Nachfragewirkung • Verbesserte Zugangszeiten + Kapazität Regionalverkehr Bedeutende Entlastung im Strassenverkehr, ÖV-Zusatzfahrten werden überwiegen vom MIV verlagert • Beschleunigung Fernverkehr (ÖV): Keine Entlastung in Strassenverkehr, Erhöhte ÖV-Reiseweite, Verlagerung von LIV • Kapazität Fernverkehr (ÖV): Keine Entlastung in Strassenverkehr, Erhöhte ÖV-Reiseweite, Verlagerung von LIV • Schnellbahn Zürich-Bern: ARE (2011) Keine Entlastung in Strassenverkehr, Erhöhte ÖV-Reiseweite, Verlagerung von LIV Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 16 Weitere Angebotscharakteristiken Verlässlichkeit und Komfort (Kapazität) des Verkehrssystems • Verlässlichkeit des Verkehrssystem ÖV bzw. MIV Ableitung der Verspätungshäufigkeit sowie Prognose der Verspätungswahrscheinlichkeit Bewertung der Verlässlichkeit Wirkung auf die Verkehrsmittelwahl • Komfort und Kapazität Bewertung der Verlässlichkeit Wirkung auf die Verkehrsmittelwahl • Beispiel Projekte: Tram Region Bern, Regiotram Biel, Tram Lugano Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 17 Schlussfolgerung: Wo liegen die Verlagerungspotentiale? • Wichtig: Koordinierte Raum- und Angebotsentwicklung • Siedlungsstruktur - Verdichtete Raumstrukturen mit kürzerer Entfernung zwischen Produktion- und Attraktionszonen (Produktion=Wohnen, Attraktion= Arbeit, Einkauf, Freizeit..) erhöhen die Potentiale und Attraktivität des LIV und ÖV. - Die Raumstruktur mit Wohnen in Agglomeration und Einkaufen/Arbeiten auf Peripherie (oder umgekehrt) führt zu weiterer Erhöhung des MIVAnteils. - Die verstärkte Siedlungsentwicklung ausserhalb von Grosszentren führt zu einer Erhöhung der Reisedistanz und Verkehrsleistung. Hier ist die Konkurrenzfähigkeit des ÖV gegenüber MIV (räumliche Flexibilität) vor allem im Freizeit- und Einkaufsverkehr beschränkt. Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 18 Schlussfolgerung: Wo liegen die Verlagerungspotentiale? • Angebotsoptimierung Zugangszeiten zum ÖV-System (Bahnhof/Haltestellen): Optimierung von Fahrplänen und Übergangszeiten zwischen Städtischen und Regionalbzw. Fernverkehr Direktverbindungen ÖV-Preis: Zahlungsbereitschaft (im ÖV tiefer als im MIV) und Nachfragestruktur • Stabilität der Verkehrssysteme: Chancen und Risiken • Verlagerungspotentiale und Entlastungen im Strassenverkehr liegen vor allem in der Agglomeration: ca. 80% MIV-Fahrten haben eine Reiseweite < 20km Verkehrs-Club der Schweiz 04. Mai 2012 Folie 19 Literatur • Bundesamt für Raumentwicklung (2011) Abstimmung Siedlung und Verkehr: Einfluss der Siedlungsentwicklung und des ÖVVerkehrsangebots auf die Verkehrsentwicklung. • Botte, M. (2003) Strukturen des Pendelns in der Schweiz, Diplomarbeit, Fakultät für Bauingenieurwesen, TU Dresden, August 2003. • Keller M., R. Frick, R. Zbinden, P. Leypoldt, U. Matthes und S. Rommerskirchen (2004) Perspektive des Schweizerischen Personenverkehr bis 2030, Schlussbericht für das ARE, ASTRA, BAV und BFE, Bern. • Vrtic (2012) Einfluss der Siedlungsentwicklung auf die Verkehrsentwicklung: Poly- und Monozentrische Siedlungsentwicklung, Amt für Verkehr, Volkswirtschaftsdirektion Kanton Zürich, Zürich. • Vrtic, M., K.W. Axhausen, N. Schüssler, A. Erath, R. Maggi und M. Bierlaire (2006) Einbezug von Reisekosten bei der Modellierung des Mobilitätsverhaltens, Forschungspaket Mobility Pricing, Bundesamt für Strassen, UVEK, Bern. • Vrtic, M., P. Fröhlich, K.W. Axhausen, C. Schulze und P. Kern (2005), Verkehrsmodell für den öffentlichen Verkehr des Kantons Zürich, im Auftrag des Amtes für Verkehr, Kanton Zürich, IVT, Ernst Basler + Partner und PTV Karlsruhe, Zürich. 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