Arbeitsrecht - Stefan Nolte

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1
Rechtsquellen des Arbeitsrechts ..................................................................................2
2
Begriff des Arbeitsvertrages .........................................................................................2
3
Vorstellungsgespräch ...................................................................................................4
4
Vorstellungskosten .......................................................................................................8
5
Diskriminierungsverbote ...............................................................................................8
6
Abschluss des Arbeitsvertrages .................................................................................10
7
Befristung des Arbeitsvertrages .................................................................................11
8
Arbeitspflicht ...............................................................................................................15
8.1
Nichterfüllung der Arbeitspflicht ......................................................................17
8.2
Schlechterfüllung der Arbeitspflicht ................................................................17
9
Erholungsurlaub .........................................................................................................19
10
Elternzeit.....................................................................................................................22
11
Nebenpflichten des Arbeitnehmers ............................................................................24
12
11.1
Anzeige / Nachweis der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ...................24
11.2
Meldung von Betriebsstörungen .....................................................................25
11.3
Nebentätigkeit.................................................................................................25
11.4
Verschwiegenheit ...........................................................................................26
11.5
Wettbewerbstätigkeit ......................................................................................26
Entgeltzahlungspflicht.................................................................................................27
12.1
Anwesenheitsprämie ......................................................................................27
12.2
Gratifikation.....................................................................................................28
12.3
Aus- / Fortbildungsbeihilfe ..............................................................................28
13
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ...........................................................................29
14
Annahmeverzug des Arbeitgebers .............................................................................32
15
Nebenpflichten des Arbeitgebers ...............................................................................36
15.1
Lebens- / Gesundheitsschutz .........................................................................36
15.2
Persönlichkeitsschutz .....................................................................................37
15.3
Beschäftigungspflicht......................................................................................37
15.4
Störungen am Arbeitsplatz .............................................................................38
16
Aufhebungsvertrag .....................................................................................................39
17
Betriebsratsanhörung .................................................................................................40
18
Kündigung ..................................................................................................................44
19
Ordentliche Kündigung ...............................................................................................46
19.1
Kündigungsfrist, -termin ..................................................................................46
19.2
Soziale Rechtfertigung....................................................................................47
19.2.1 Personenbedingte Kündigung.............................................................49
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19.2.2 Verhaltensbedingte Kündigung ...........................................................49
19.2.3 Betriebsbedingte Kündigung ...............................................................51
19.2.4 Abfindungsanspruch ...........................................................................53
20
Außerordentliche Kündigung ......................................................................................54
21
Kündigungsschutzklage..............................................................................................55
22
Arbeitszeugnis ............................................................................................................55
1
Rechtsquellen des Arbeitsrechts
Die Bestimmung der Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfolgt aus einem
Geflecht verschiedener Rechtsregeln. Auszugehen ist von dem ein Arbeitsverhältnis
begründenden Arbeitsvertrag, der mündlich oder schriftlich geschlossen worden sein kann.
Die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen werden jedoch durch Gesetze, Tarifverträge und
Betriebsvereinbarungen modifiziert und / oder ergänzt. Damit ist die Unterscheidung
zwischen zwingenden und nachgiebigen Rechtsvorschriften angesprochen, die gerade im
Arbeitsrecht zu einer vermengten Normenhierarchie führt: 1. Zwingende Gesetzesnormen, 2.
Zwingende
Tarifvertragsnormen,
3.
Zwingende
Betriebsvereinbarungsnormen,
4.
Arbeitsvertragsnormen, 5. Nachgiebige Betriebsvereinbarungsnormen, 6. Nachgiebige
Tarifvertragsnormen und 7. Nachgiebige Gesetzesnormen.
Die Normenhierarchie ist das Ergebnis des Rangprinzips, nach dem die ranghöhere
Regelung die rangniedrigere Regelung verdrängt. Die zwingenden Rechtsvorschriften sind
für die Arbeitsvertragsparteien verbindlich, während die nachgiebigen Rechtsvorschriften von
ihnen abgeändert werden können. Ob einer Rechtsvorschrift ein zwingender oder ein
nachgiebiger Charakter zukommt, ist durch eine Auslegung der Rechtsvorschrift zu ermitteln.
Das in der Normenhierarchie zum Ausdruck kommende Rangprinzip wird jedoch durch das
Günstigkeitsprinzip modifiziert, nach dem die rangniedrigere Regelung den Vorrang vor der
ranghöheren Regelung erhält, soweit sie für den Arbeitnehmer günstiger ist.
2
Begriff des Arbeitsvertrages
Der Arbeitsvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag, durch den sich der Arbeitnehmer
gegenüber dem Arbeitgeber zur Leistung unselbstständiger Dienste gegen die Zahlung der
vereinbarten Vergütung verpflichtet1. Die Bestimmung eines Arbeitsvertrages richtet sich
nicht nach der Bezeichnung, die dem Rechtsverhältnis von den Vertragsparteien gegeben
1
BAG – Beschluss vom 16.02.2000 – 5 AZB 71/99
2
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ist, vielmehr kommt es auf die tatsächliche Ausgestaltung und das tatsächliche
Erscheinungsbild der Rechtsbeziehungen der Vertragsbeteiligten an2.
Strafgefangene, Sicherungsverwahrte und Fürsorgezöglinge arbeiten nicht auf Grund eines
Arbeitsvertrages, sondern auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Verhältnisses. Beamte,
Richter und Soldaten leisten ihre Dienste auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Dienst- und
Treueverhältnisses,
für
das
die
Beamten-,
Richter-
und
Soldatengesetze
gelten.
Familienangehörige sind zum Teil, beispielsweise Kinder und Ehegatten nach § 1360 S. 1, §
1619 BGB, bereits kraft Gesetzes zur Mitarbeit verpflichtet, sodass ihre Tätigkeit ohne eine
ausdrückliche Vereinbarung nicht auf einem Arbeitsvertrag beruht. Ein-Euro-Jobber, denen
eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung nach § 16 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 SGB II
zugewiesen ist, stehen in keinem Arbeitsverhältnis zu ihrem Dienstherrn3.
Der Arbeitsvertrag unterscheidet sich von anderen Vertragsgestaltungen durch die von dem
Arbeitnehmer geschuldete Leistung und die von dem Arbeitgeber zu erbringende Vergütung.
Der Werkvertrag nach § 631 Abs. 1 BGB erfordert von dem Unternehmer zwar auch die
Erbringung einer Leistung. Doch schuldet der Unternehmer nicht nur die Dienstleistung an
sich, sondern den Eintritt eines bestimmten Erfolges. Während der Arbeitnehmer seine
Leistung für die Vergütung erbringt, wird der Beauftragte beim Auftragsvertrag nach § 662
BGB unentgeltlich tätig. Auch der Gesellschafter kann nach § 706 Abs. 3 BGB zur
Dienstleistung verpflichtet sein, doch erbringt er die Dienste ohne eine ausdrückliche
Vereinbarung nicht für einen anderen, sondern zur Förderung des gemeinschaftlichen
Zweckes des Gesellschaftsvertrages nach § 705 BGB.
Von den selbstständigen, insbesondere freiberuflichen, Tätigkeiten eines Dienstvertrages
nach § 611 Abs. 1 BGB grenzt sich der Arbeitsvertrag durch das Merkmal der
„Unselbstständigkeit der Dienste“ ab. Nach § 84 Abs. 1 S. 2 HGB ist selbstständig ist, wer im
Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Damit ist
darauf abzustellen, ob nach Art, Ort und Zeit eine Weisungsgebundenheit besteht4, bei der
auf die persönliche und nicht die wirtschaftliche Abhängigkeit abzustellen ist.
2
BAG – Urteil vom 20.08.2003 - 5 AZR 610/02; BGH – Urteil vom 25.06.2002 - X ZR 83/00
3
BAG – Beschluss vom 17.01.2007 – 5 AZB 43/06; BAG – Beschluss vom 08.11.2006 – 5 AZB 36/06
4
BAG – Urteil vom 20.08.2003 - 5 AZR 610/02; BGH – Urteil vom 25.06.2002 - X ZR 83/00
3
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3
Vorstellungsgespräch
Der Arbeitgeber ist berechtigt, mit dem Bewerber ein Vorstellungsgespräch zu führen und
diesem Fragen zu stellen. Das dem Arbeitgeber eingeräumte Fragerecht ist jedoch nicht
unbeschränkt, sondern zum Schutz des Bewerbers durch die Rechtsprechung reglementiert
worden.
Um mit der Arbeitsleistung eines Bewerbers kalkulieren zu können, ist der Arbeitgeber
bestrebt, möglichst umfassende Informationen über den Bewerber zu erhalten. Der
Bewerber demgegenüber strebt den Schutz seiner Privatsphäre an, möchte jedoch zugleich
in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert werden. Aus diesem Spannungsverhältnis
zwischen den Arbeitgeber- und den Bewerberinteressen sind die Berechtigungen des
Arbeitgebers zur „Ausforschung“ des Bewerbers anhand einer umfassenden Abwägung zu
entwickeln. Dabei werden die Informationsrechte des Arbeitgebers durch die Rechte des
Bewerbers begrenzt: 1. Die Tatsachen müssen in einem erkennbaren Zusammenhang mit
der in Aussicht genommenen Beschäftigung stehen. 2. Die Tatsachen müssen objektiv
geeignet sein, das für den Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag liegende Risiko zu erhöhen.
3. Das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers muss dadurch beachtet werden, dass weder
unverhältnismäßig in seinen Intimbereich eingedrungen noch seine Persönlichkeit in ihrer
Ganzheit
erfasst
wird.
4.
Die
Diskriminierungsverbote
der
gesetzgeberischen
Wertentscheidungen, insbesondere zu Gunsten bestimmter Personengruppen, müssen
beachtet werden.
Der Arbeitgeber darf sich nach dem Bestehen einer Aufenthalts- / Arbeitserlaubnis
erkundigen.
Die Fragen des Arbeitgebers zum beruflichen Werdegang des Bewerbers sind zulässig.
Auch Fragen des Arbeitgebers zu beruflichen Fähigkeiten und Kenntnissen dürfen gestellt
werden, um die Qualifikation und Einsetzbarkeit des Bewerbers beurteilen zu können.
Die Frage nach der bisherigen Vergütung ist nur zulässig, wenn sie eine Aussagekraft für die
von dem Arbeitgeber zu besetzende Arbeitsstelle hat. Dies ist der Fall, wenn die bisherige
und die angestrebte Tätigkeit des Bewerbers zumindest vergleichbare Kenntnisse und
Fähigkeiten erfordern oder der Bewerber eine erfolgsabhängige Vergütung bezogen hat oder
der Bewerber eine Mindestvergütung von dem Arbeitgeber verlangt.
4
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Die unspezifizierte, generelle Abfrage früherer Erkrankungen ist unzulässig. Nur solche
Fragen nach dem Gesundheitszustand des Bewerbers, die in einem Zusammenhang mit
dem beabsichtigten Arbeitsverhältnis stehen, sind dem Arbeitgeber erlaubt. Dies ist der Fall,
wenn die Fragen darauf abzielen, herauszufinden, ob eine Krankheit vorliegt, die die
Eignung für die vorgesehene Tätigkeit dauerhaft oder regelmäßig wiederkehrend
einschränkt, oder ob zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme bzw. in absehbarer Zeit mit einer
längeren Arbeitsunfähigkeit zu rechnen ist, die auf Krankheit, Operation oder Kur beruht,
oder ob eine ansteckende Krankheit vorliegt, die zwar die Leistungsfähigkeit nicht
einschränkt, jedoch andere Arbeitnehmer, Kunden oder Dritte gefährdet5.
Die Zulässigkeit der Frage nach einer Mitarbeit des Bewerbers im Ministerium für
Staatssicherheit ist für die privaten und die öffentlichen Arbeitgeber unterschiedlich zu
beurteilen. Dem privaten Arbeitgeber ist die Frage nach einer Mitarbeit im Ministerium für
Staatssicherheit grundsätzlich verwehrt. Nur sofern der zu besetzende Arbeitsplatz ein
besonderes Sicherheitsbedürfnis verlangt, das in sicherheitsrelevanten Tendenzbetrieben
gegeben sein kann, darf der Bewerber nach einer Mitarbeit im Ministerium für
Staatssicherheit gefragt werden. Der öffentliche Arbeitgeber darf die Frage nach einer
Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit grundsätzlich stellen6. Allerdings muss der
Bewerber die Frage bei einer vor dem Jahre 1970 stattgefundenen Mitarbeit im Ministerium
für Staatssicherheit nicht wahrheitsgemäß beantworten, da durch den langen Zeitablauf
keine Rückschlüsse auf seine heutige Eignung und Qualifikation mehr möglich sind7.
Die Frage nach der Partei- / Gewerkschaftszugehörigkeit ist auf Grund der Wertungen des
Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG grundsätzlich unzulässig8. Ausnahmsweise ist dem Arbeitgeber eine
solche Abfrage erlaubt, wenn er mit dem Bewerber eine leitende Position in dem Betrieb
besetzen will, durch die der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern vertreten wird.
Ausnahmsweise sind die Parteien / Gewerkschaften berechtigt, nach der Partei- /
Gewerkschaftszugehörigkeit zu fragen, um den ausreichenden Tendenzbezug des
Bewerbers zu ihrer Aufgabenstellung sicherzustellen.
5
BAG – Urteil vom 07.06.1984 – 2 AZR 270/83
6
BAG – Urteil vom 13.06.1996 – 2 AZR 483/95
7
BVerfG – Urteil vom 08.07.1997 – 1 BvR 2111/94 – 1 BvR 195/95 – 1 BvR 2189/95
8
BAG – Urteil vom 19.03.2003 – 4 AZR 331/02
5
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Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Bewerber nach seinem Vor- und Nachnamen und nach
seinem Familienstand zu fragen. Demgegenüber ist dem Arbeitgeber zur Vermeidung einer
Benachteiligung nach § 1 AGG eine Frage nach dem Alter / Geburtsdatum des Bewerbers
nicht gestattet.
Die Zulässigkeit der Frage des Arbeitgebers nach der Religionszugehörigkeit des Bewerbers
ist für die privaten und die kirchlichen Arbeitgeber unterschiedlich zu beantworten. Dem
privaten
Arbeitgeber
ist
die
Abfrage
der
Religionszugehörigkeit
wegen
des
Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG und der Religionsfreiheit des Art. 4
Abs. 1 GG grundsätzlich verwehrt. Nur soweit bestimmte religiöse Gründe, beispielsweise
das Verbot des Tierschlachtens nach den geltenden Gesetzen, die konkrete Arbeitstätigkeit
beeinträchtigen können, ist es dem privaten Arbeitgeber erlaubt, die Religionszugehörigkeit
des
Bewerbers
zu
klären.
Der
kirchliche
Arbeitgeber
kann
für
sich
die
Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 140 GG, Art. 137 WRV in Anspruch nehmen, die auch
die Klärung der loyalen Einstellung zu der kirchlichen Ordnung und zu den kirchlichen
Grundsätzen umfasst; insoweit wird den Kirchen nach § 9 Abs. 1 AGG ausdrücklich eine
sachliche Rechtfertigung der Diskriminierung zugestanden.
Nachdem der Europäische Gerichtshof9 die Frage nach einer Schwangerschaft unter der
Geltung
des
Diskriminierungsverbots
der
Richtlinie
76/207/EWG
unabhängig
vom
Bewerberkreis als eine Diskriminierung der weiblichen Bewerberin angesehen hatte, ist die
Frage nach einer Schwangerschaft unabhängig von dem Bewerberkreis wegen eines
Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des § 611 a Abs. 1 S. 1 BGB aF, § 7 Abs. 1
Hs. 1, § 1 AGG als in der Regel unzulässig beurteilt worden10. Die Frage nach der
Schwangerschaft sollte nur noch bei einem Ausschluss der Realisierbarkeit des
Arbeitsverhältnisses, also bei einer objektiven Ungeeignetheit der Bewerberin für die
angestrebte Beschäftigung, insbesondere bei einem Beschäftigungsverbot nach § 4 Abs. 2
MuSchG oder einem sofortigen Eintritt der Mutterschutzfristen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1
MuSchG und der Elternzeit nach §§ 15 ff. BErzGG aF, §§ 15 ff. BEEG in einem befristeten
Arbeitsverhältnis, zulässig sein11. Der Ausschluss der Realisierung des Arbeitsverhältnisses
wird von dem Europäischen Gerichtshof wegen des nur vorübergehenden Zustandes einer
Schwangerschaft jedoch zumindest in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nicht anerkannt,
9
EuGH – Urteil vom 08.11.1990 – Rs C – 177/88
10
BAG – Urteil vom 01.07.1993 – 2 AZR 25/93; BAG – Urteil vom 15.10.1992 – 2 AZR 227/92
11
BAG – Urteil vom 01.07.1993 – 2 AZR 25/93; BAG – Urteil vom 15.10.1992 – 2 AZR 227/92
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da einer werdenden Mutter durch gesetzliche Schutzrechte trotz (hoher) finanzieller
Belastungen für den Arbeitgeber und trotz des Ausschlusses der Beschäftigungsmöglichkeit
keine Nachteile entstehen dürfen. Diese Grundsätze scheint der Europäische Gerichtshof12
auch auf ein befristetes Arbeitsverhältnis zu erstrecken, das wegen einer Schwangerschaft
überhaupt nicht, noch nicht einmal teilweise, realisiert werden kann.
Die Frage nach einer Schwerbehinderteneigenschaft ist vom Bundesarbeitsgericht13
allgemein als zulässig bewertet worden, da der Arbeitgeber nur bei der Kenntnis dieses
Umstandes die dem schwerbehinderten Bewerber nach dem Schwerbehindertenrecht zu
gewährenden Rahmenarbeitsbedingungen schaffen könne. Ob diese Rechtsprechung auch
unter
der
Geltung
des
Sozialgesetzbuchs
IX
und
des
Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetzes weiterhin von Bestand sein wird, bleibt abzuwarten. Einerseits
sind durch § 81 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 – 5 SGB IX, §§ 15, 7 Abs. 1 Hs. 1, § 1 AGG gesetzliche
Bestimmungen geschaffen worden, deren inhaltliche Regelung dem § 611 a BGB aF
entsprechen. Aber gerade auf der Grundlage des Diskriminierungsverbots des § 611 a BGB
aF, § 7 Abs. 1 Hs. 1, § 1 AGG beurteilt das Bundesarbeitsgericht die Frage nach der
Schwangerschaft als unzulässig. Andererseits darf eine an ein Diskriminierungsmerkmal
anknüpfende Ungleichbehandlung nach § 5 AGG vorgenommen werden, wenn sie auf eine
positive Maßnahme zum Ausgleich der Benachteiligung gerichtet ist. Eine solche positive
Maßnahme könnte in einer Integrationsvereinbarung nach § 83 Abs. 2 a Nr. 1 SGB IX liegen,
deren Umsetzung die Kenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft erfordert.
Die Frage nach einer Mitgliedschaft in der Scientology-Organisation ist dem Arbeitgeber
erlaubt.
Die Frage nach den Vermögensverhältnissen des Bewerbers ist nur bei Arbeitsverhältnissen
zulässig, die eine Vertrauensstellung erfordern oder eine Repräsentation des Betriebes nach
außen umfassen.
Die Frage nach Vorstrafen ist nur zulässig, wenn diese für die zu besetzende Stelle von
Bedeutung
sind14.
Dabei
ist
zwischen
vermögensrechtlichen,
verkehrsrechtlichen,
körperlichen, sittlichen und politischen Delikten zu unterscheiden, sodass der Arbeitgeber
12
EuGH – Urteil vom 04.10.2001 – Rs C – 438/99; EuGH – Urteil vom 04.10.2001 – Rs C – 109/00
13
BAG – Urteil vom 05.10.1995 – 2 AZR 923/94
14
BAG – Urteil vom 21.02.1991 – 2 AZR 449/90
7
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sich nur nach solchen Vorstrafen erkundigen darf, deren Schutzgüter an dem zu
besetzenden Arbeitsplatz betroffen sein können. Der Bewerber, dessen Vorstrafen nicht
mehr in ein polizeiliches Führungszeugnis aufzunehmen oder zu löschen sind, darf sich nach
§ 53 Abs. 1 BZRG als unbestraft bezeichnen15.
Die Frage nach der Ableistung des Wehr- / Zivildienstes ist unzulässig, da sie in die
Gewissensfreiheit des Bewerbers nach Art. 4 Abs. 1 GG eingreift. Jedoch darf der
Arbeitgeber nach der zukünftigen Ableistung des Wehr- / Zivildienstes fragen, da er damit die
zukünftige Verfügbarkeit des Bewerbers klären möchte.
Die Frage des Arbeitgebers nach Wettbewerbsverboten des Bewerbers ist zulässig.
4
Vorstellungskosten
Der Arbeitgeber hat dem Bewerber die Vorstellungskosten nicht nur bei einer ausdrücklichen
Erstattungszusage zu ersetzen, vielmehr schuldet er deren Ersatz nach § 670 BGB immer
dann, wenn er den Bewerber zu einer persönlichen Vorstellung auffordert. Umgekehrt hat
der Arbeitgeber einen Vorstellungskostenersatz nicht zu erbringen, wenn er dies im
Zusammenhang mit der Aufforderung zur Vorstellung ausdrücklich und unzweideutig erklärt.
Ein derartiger Ausschluss ist jedoch nicht bereits darin zu sehen, dass dem Bewerber
anheim gestellt wird, sich vorzustellen, oder dass er zu einer unverbindlichen Rücksprache
mit
dem
Arbeitgeber
aufgefordert
wird.
Die
Verpflichtung
zur
Erstattung
der
Vorstellungskosten besteht auch dann, wenn später ein Arbeitsverhältnis mit dem Bewerber
begründet wird.
5
Diskriminierungsverbote
Der
Arbeitgeber
unterliegt
bei
dem
Abschluss
eines
Arbeitsvertrages
dem
Diskriminierungsverbot nach § 7 Abs. 1 Hs. 1, § 1 AGG. Dieses soll alle Benachteiligungen
auf Grund der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der
Weltanschauung, der Behinderung, des Alters und der sexuellen Identität verhindern. Eine
unterschiedliche Behandlung ist nach § 8 Abs. 1 AGG nur zulässig, wenn die
Unterscheidung wegen der Art der Tätigkeit oder wegen der Bedingungen der
Tätigkeitsausübung
15
eine
wesentliche
und
entscheidende
Anforderung
des
BAG – Urteil vom 21.02.1991 – 2 AZR 449/90
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Arbeitsverhältnisses darstellt, deren Zweck rechtmäßig und deren Anforderung angemessen
ist.
Das Diskriminierungsverbot nach § 7 Abs. 1 Hs. 1, § 1 AGG erfasst jedes Stadium der
Arbeitsplatzbesetzung, sodass der Arbeitgeber von Beginn an verpflichtet ist, das
Einstellungsverfahren in einer Art und Weise durchzuführen, die eine Benachteiligung
verhindert. Insbesondere hat der Arbeitgeber nach § 11 AGG bereits grundsätzlich eine
neutrale Ausschreibung des Arbeitsplatzes vorzunehmen. Nur soweit ein bestimmter
Umstand als unverzichtbare Voraussetzung der Tätigkeit erscheint, darf nach § 8 Abs. 1
AGG ein nicht neutrales Stellenangebot vorgenommen werden.
Eine
Diskriminierung
kann
in
der
Person
des
benachteiligten
Bewerbers
einen
Schadenersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 S. 1 AGG, § 280 Abs. 1 S. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1
BGB wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss und nach § 823 Abs. 2 S. 1 BGB
wegen einer unerlaubten Handlung entstehen lassen. Diese Haftung des Arbeitgebers nach
§ 15 Abs. 1 S. 1 AGG
tritt nach § 15 Abs. 1 S. 2 AGG jedoch nicht ein, wenn der
Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Das Verschulden des Arbeitgebers
kann dabei nicht nur in einem eigenen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegen,
vielmehr trifft den Arbeitgeber auch eine Haftung für Erfüllungsgehilfen nach § 278 S. 1 BGB
und aus einem Organisationsverschulden nach § 12 Abs. 1 – 4 AGG, sodass er auch für
fremde Benachteiligungen einzustehen haben kann.
Der Schadenersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 S. 1 AGG, § 280 Abs. 1 S. 1, § 311 Abs. 2 Nr.
1 BGB ist auf die Erstattung des dem Bewerber durch die Benachteiligung entstandenen
materiellen Schadens gerichtet. Da eine Naturalrestitution durch den Abschluss eines
Arbeitsvertrages nach § 15 Abs. 6 AGG ausgeschlossen ist, kann der Bewerber jedoch nur
eine Schadenkompensation geltend machen; dabei kommt als Schaden insbesondere ein
dem Bewerber entstandener Gewinnentgang nach § 252 S. 1 BGB in Betracht, der nach
seiner Höhe bis zum nächstzulässigen Kündigungstermin begrenzt ist.
Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Diskriminierungsverbot führt ferner zu seiner
Verpflichtung, dem Bewerber nach § 15 Abs. 2 S. 1 AGG eine Entschädigung zu zahlen.
Diese Haftung des Arbeitgebers ist von einem Verschulden unabhängig, sodass bereits eine
objektive Benachteiligung einen Entschädigungsanspruch des Bewerbers auslöst. Der
Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 S. 1 AGG ist auf die Erstattung des dem
Bewerber durch die Diskriminierung entstandenen immateriellen Schadens gerichtet. Für
9
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den bestqualifizierten Bewerber ist eine Entschädigungshöchstgrenze nicht vorgesehen,
denn lediglich für die weiteren Bewerber sieht § 15 Abs. 2 S. 2 AGG eine Entschädigung von
höchstens drei Monatsentgelten vor. Seine Grenze findet der Entschädigungsanspruch des §
15 Abs. 2 S. 1 AGG nach § 242 BGB im Missbrauch des Bewerbers, sodass einem
Bewerber, der sich auf nicht neutral ausgeschriebene Stellenanzeigen nur zur Erlangung der
Entschädigung bewirbt, eine Entschädigung zu versagen ist. Eine nicht missbräuchliche
Bewerbung
setzt
neben
der
objektiven
Qualifikation
des
Bewerbers
für
den
ausgeschriebenen Arbeitsplatz auch dessen subjektiven Willen zum Abschluss eines
Arbeitsvertrages voraus.
Der Schadenersatzanspruch und der Entschädigungsanspruch des Bewerbers müssen nach
§ 15 Abs. 4 S. 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht
werden, die nach § 15 Abs. 4 S. 2 AGG mit dem Zugang der Ablehnung zu laufen beginnt;
durch einen Tarifvertrag kann nach § 15 Abs. 4 S. 1 AGG eine andere Frist bestimmt
werden. Ferner ist eine Entschädigungsklage nach § 61 b Abs. 1 ArbGG nur innerhalb einer
Frist von drei Monaten seit der schriftlichen Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs
möglich.
Der
Arbeitgeber
unterliegt
bei
dem
Abschluss
eines
Arbeitsvertrages
dem
Diskriminierungsverbot nach § 81 Abs. 2 S. 1 SGB IX, auf das das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz zur Anwendung gelangt. Durch das Diskriminierungsverbot sollen
alle Benachteiligungen auf Grund einer Schwerbehinderung ausgeschlossen werden, soweit
nicht die körperliche Unversehrtheit nach § 8 Abs. 1 AGG die wesentliche und
entscheidende Anforderung der angedachten Tätigkeit ist.
6
Abschluss des Arbeitsvertrages
Der Abschluss eines Arbeitsvertrages bedarf grundsätzlich keiner Form. Nach § 14 Abs. 4
TzBfG
bedarf
allerdings
die
Befristungsabrede
beim
Abschluss
eines
befristeten
Arbeitsvertrages der Schriftform. Trotz der grundsätzlichen Formfreiheit des Arbeitsvertrages
muss der Arbeitgeber nach § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG, § 11 Abs. 1 S. 1, 2 AÜG
eine
Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbestandteile fertigen, die Niederschrift
unterzeichnen und dem Arbeitnehmer ein Exemplar der Dokumentation aushändigen. Von
der Schriftform des § 126 Abs. 2 S. 1, 2 BGB unterscheidet sich die Dokumentationspflicht
dadurch, dass die Niederschrift von dem Arbeitnehmer nicht zu unterzeichnen ist. Die von
dem Arbeitgeber in der Niederschrift zu erfassenden Angaben ergeben sich aus § 2 Abs. 1
10
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S. 2 NachwG, § 11 Abs. 1 S. 2 AÜG und sind nach § 2 Abs. 4 NachwG nicht erforderlich,
soweit sie sich aus einem schriftlichen Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem
Arbeitnehmer ergeben.
Ein Arbeitsvertrag unterliegt nach seinem Abschluss den Anfechtungsmöglichkeiten der §§
119 - 124 BGB. Arbeitsrechtlich von Bedeutung ist insbesondere die Anfechtung wegen
einer arglistigen Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB. Sie setzt eine Täuschung des
Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer voraus, die vor dem Abschluss des Arbeitsvertrages
erfolgt sein muss. Als Täuschungshandlung eines Bewerbers kommt zunächst die unwahre
Beantwortung der in einem Einstellungsgespräch gestellten Fragen in Betracht, da diese für
den Arbeitgeber die Grundlage der Einstellung darstellen. Allein die unwahre Beantwortung
einer Einstellungsfrage berechtigt den Arbeitgeber aber noch nicht zur Irrtumsanfechtung,
denn der Bewerber muss die Täuschung widerrechtlich begangen haben. Dies ist nur dann
der Fall, wenn die Frage des Arbeitgebers zulässig war; soweit der Arbeitgeber eine
unzulässige Einstellungsfrage stellt, ist der Bewerber zur Lüge berechtigt, ohne dass der
Arbeitgeber dies sanktionieren könnte.
7
Befristung des Arbeitsvertrages
Mit der Befristung eines Arbeitsvertrages wird der Arbeitgeber in die Lage versetzt, eine
Arbeitsvertragsbeendigung
Kündigungsschutz
des
herbeizuführen,
Arbeitnehmers,
ohne
der
den
nur
allgemeinen
bei
der
und
besonderen
Beendigung
eines
Arbeitsverhältnisses durch Kündigung zur Anwendung gelangt, beachten zu müssen. Das
befristete Arbeitsverhältnis gerät damit in das Spannungsfeld des allgemeinen und
besonderen Kündigungsschutzes, das eine Beschränkung der Zulässigkeit von befristeten
Arbeitsverträgen verursacht. Die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen der
Befristung
eines
Arbeitsvertrages
sowie
dem
allgemeinen
und
besonderen
Kündigungsschutz ist anhand des § 14 TzBfG vorzunehmen, dessen Anwendbarkeit über die
rechtlichen Befristungsvoraussetzungen entscheidet.
Ein befristetes Arbeitsverhältnis ist nach § 3 Abs. 1 S. 1 TzBfG gegeben, wenn ein
Arbeitnehmer auf Grund eines auf bestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrages
beschäftigt wird. Nach § 3 Abs. 1 S. 2 TzBfG wird dabei zwischen dem kalendermäßig
befristeten Arbeitsvertrag und dem zweckbefristeten Arbeitsvertrag unterschieden. Während
ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag vorliegt, wenn seine Dauer kalendermäßig
bestimmt oder kalendermäßig bestimmbar ist, ist ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag
11
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gegeben, wenn sich seine Dauer aus der Art, dem Zweck oder der Beschaffenheit der
Arbeitsleistung ergibt.
Die kalendermäßige Befristung eines neu abgeschlossenen Arbeitsvertrages ohne einen
sachlichen Rechtfertigungsgrund ist nach § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 TzBfG bis zur Höchstdauer
von zwei Jahren zulässig. Innerhalb dieses Höchstzeitrahmens ist nach § 14 Abs. 2 S. 1 Hs.
2 TzBfG eine 3-malige Verlängerung der kalendermäßigen Befristung ohne sachlichen
Grund
möglich,
sodass
der
2-Jahres-Zeitraum
maximal
in
vier
beliebige
Befristungsabschnitte eingeteilt werden kann. Allerdings ist eine Verlängerung des
Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 TzBfG nur gegeben, wenn sie
während dessen Bestand vorgenommen wird. Erfolgt die Verlängerung erst nach der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ist der Neuabschluss eines Arbeitsvertrages gegeben,
der die kalendermäßige Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unwirksam macht16. Auch ist
eine Verlängerung des Arbeitsvertrages im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 TzBfG nur
anzunehmen, wenn sie lediglich den Endtermin des Arbeitsverhältnisses bei im Übrigen
unveränderten Vertragsbedingungen (Vergütung, Arbeitszeit usw.) verschiebt. Einer
Veränderung der Vertragsbedingungen kommt damit in unterschiedlicher Hinsicht eine
Bedeutung in Bezug auf die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zu. Zum einen führt eine
Veränderung
der
Vertragsbedingungen
anlässlich
der
Verlängerung
eines
Arbeitsverhältnisses grundsätzlich zu einem Neuabschluss des Arbeitsvertrages, der einer
wirksamen kalendermäßigen Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG entgegen steht. Eine
Veränderung anlässlich der Verlängerung eines Arbeitsverhältnisses begründet einen
Neuabschluss jedoch nicht, wenn die Veränderung auch bei dem Bestand eines
unbefristeten Arbeitsverhältnisses von den Arbeitsvertragsparteien vereinbart worden wäre17;
diese Einschränkung erfordert das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG. Zum
anderen macht eine Veränderung der Vertragsbedingungen während der Befristung eines
Arbeitsverhältnisses eine spätere Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht zu einem
Neuabschluss des Arbeitsvertrages18. Der Abschluss eines kalendermäßig befristeten
Arbeitsvertrages ohne sachliche Rechtfertigung ist stets nur bei dem Abschluss eines neuen
Arbeitsvertrages zulässig. Nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist eine kalendermäßige
Erstbefristung
16
unwirksam,
sofern
mit
demselben
Arbeitgeber
zuvor
ein
anderes
BAG - Urteil vom 16.03.2005 – 7 AZR 289/04; BAG – Urteil vom 01.12.2004 – 7 AZR 198/04; BAG – Urteil vom
15.01.2003 – 7 AZR 535/02; BAG – Urteil vom 26.07.2000 – 7 AZR 51/99
17
BAG – Urteil vom 23.08.2006 – 7 AZR 12/06
18
BAG – Urteil vom 18.01.2006 – 7 AZR 178/05; BAG – Urteil vom 19.10.2005 – 7 AZR 31/05
12
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Arbeitsverhältnis bestand. Mit demselben Arbeitgeber bestand ein Arbeitsverhältnis, wenn
der Arbeitsvertrag von dem Arbeitnehmer mit derselben natürlichen oder juristischen Person
abgeschlossen wurde. Der vormalige Einsatz des Arbeitnehmers als Leiharbeitnehmer im
Unternehmen des späteren Arbeitgebers steht der kalendermäßigen Befristung ohne
Sachgrund
nicht
Leiharbeitnehmer
entgegen;
im
auch
der
Unternehmen
des
spätere
Einsatz
späteren
des
Entleihers
Arbeitnehmers
als
widerspricht
der
19
kalendermäßigen Befristung ohne Sachgrund nicht . Der Abschluss eines neuen
Arbeitsvertrages setzt voraus, dass zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer
niemals zuvor, und sei es vor Jahrzehnten und nur für einen kürzesten Zeitraum, ein anderes
Arbeitsverhältnis bestand20.
Die
kalendermäßige
Befristung
eines
Arbeitsvertrages
ohne
einen
sachlichen
Rechtfertigungsgrund ist nach § 14 Abs. 2 a S. 1 Hs. 1 TzBfG bei der Neugründung eines
Unternehmens innerhalb der ersten vier Jahre bis zur Höchstdauer von vier Jahren zulässig.
Innerhalb dieses Zeitrahmens ist nach § 14 Abs. 2 a S. 1 Hs. 2 TzBfG auch die mehrfache
Befristung des Arbeitsvertrages möglich, ohne dass die Anzahl der Befristungen oder deren
jeweilige Dauer reglementiert ist. Das Befristungsprivileg des § 14 Abs. 2 a S. 1 TzBfG
bezieht sich ausschließlich auf die Neugründung eines Unternehmens. Demnach kommt
seine Anwendung bei der Eröffnung eines weiteren Betriebes durch ein bereits seit mehr als
vier Jahren bestehendes Unternehmen nicht in Betracht; allerdings können Unternehmen,
die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 14 Abs. 2 a TzBfG, mithin am 01.01.2004, noch
keine vier Jahre bestanden, für die Restdauer ihrer Neugründungseigenschaft eine
kalendermäßige Befristung von Arbeitsverträgen ohne sachliche Rechtfertigung vornehmen.
Nach § 14 Abs. 3 S. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages
außerhalb der Grenzen des § 14 Abs. 2 TzBfG und des § 14 Abs. 2 a TzBfG und des § 14
Abs. 1 TzBfG wirksam, sofern der Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 52.
Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses
mindestens für vier Monate beschäftigungslos war oder in einem vergleichbaren
Beschäftigungsverhältnis stand. Bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren ist nach § 14
Abs. 3 S. 2 TzBfG auch die mehrfache Befristung des Arbeitsvertrages möglich, ohne dass
die Anzahl der Befristungen oder deren jeweilige Dauer reglementiert ist.
19
BAG – Urteil vom 18.10.2006 – 7 AZR 145/06
20
BAG – Urteil vom 06.11.2003 – 2 AZR 690/02
13
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Die kalendermäßige und die zweckbegründete Befristung des Arbeitsverhältnisses
außerhalb des § 14 Abs. 2, 2 a, 3 TzBfG sind grundsätzlich unwirksam. Nur soweit dem
Arbeitgeber ein sachlicher Grund für die Befristung zur Seite steht, kommt nach § 14 Abs. 1
S. 1 TzBfG eine Befristung des Arbeitsvertrages in Betracht.
Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bedarf nach § 14 Abs. 4 TzBfG zu ihrer
Wirksamkeit der Schriftform. Dies bedeutet nicht, dass der gesamte befristete Arbeitsvertrag
schriftlich abzufassen ist, vielmehr muss allein die Befristungsabrede in einer der Form des §
126 Abs. 1, 2 BGB entsprechenden Art und Weise schriftlich fixiert werden21. Während im
Fall der kalendermäßigen Befristung entweder die Befristungsdauer oder das Enddatum der
Befristung angegeben werden müssen, ist im Fall der zweckbegründeten Befristung der
Befristungszweck festzuhalten. Um nach § 14 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 TzBfG wirksam ohne
sachlichen Grund kalendermäßig befristet zu sein, muss der Arbeitsvertrag nicht
ausdrücklich nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz abgeschlossen worden sein22.
Vielmehr ist nur erforderlich, dass nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die
tatsächlichen Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 TzBfG eingehalten sind. Um nach § 14 Abs.
1 S. 1 TzBfG wirksam mit sachlichem Grund kalendermäßig befristet zu sein, muss der
Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich den Sachgrund angeben23. Vielmehr ist es ausreichend,
wenn der Sachgrund nach § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG objektiv zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses gegeben ist.
Die wirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses bewirkt nach § 620 Abs. 1 BGB, § 15
Abs. 1, 2 TzBfG, dass der Arbeitsvertrag im Falle der Kalenderbefristung mit dem Ablauf des
Befristungszeitraumes und im Falle der Zweckbefristung frühestens zwei Wochen nach der
schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers über die Zweckerreichung endet. Ein
unbefristetes Arbeitsverhältnis wird nach § 625 BGB, § 15 Abs. 5 TzBfG nur begründet,
sofern der Arbeitnehmer seine Tätigkeit unwidersprochen und mit dem Wissen des
Arbeitgebers fortsetzt.
Die
unwirksame
Befristung
eines
Arbeitsvertrages
führt
demgegenüber
nicht
zur
Unwirksamkeit des befristeten Arbeitsverhältnisses, sondern nach § 16 S. 1 Hs. 1 TzBfG zu
21
BAG – Urteil vom 13.10.2004 – 7 AZR 218/04; BAG – Urteil vom 23.06.2004 – 7 AZR 636/03
22
zu § 1 BeschFG aF: BAG – Urteil vom 16.04.2003 – 7 AZR 187/02; BAG – Urteil vom 24.10.2001 – 7 AZR
686/00
23
BAG – Urteil vom 23.06.2004 – 7 AZR 636/03
14
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seiner Ersetzung durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Dieser kann nach § 16 S. 1 Hs. 2
TzBfG von dem Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende des beabsichtigten
befristeten Arbeitsverhältnisses ordentlich gekündigt werden, sofern der Arbeitgeber und der
Arbeitnehmer nicht nach § 15 Abs. 3 TzBfG die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung
auch während der beabsichtigten Befristung vereinbart haben.
Will der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit einer Befristungsabrede geltend machen,
muss er nach § 17 S. 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des
Arbeitsverhältnisses eine Entfristungsklage bei dem Arbeitsgericht erheben. Versäumt er
diese Frist, gilt die Befristung nach § 17 S. 1 TzBfG, § 7 Hs. 1 KSchG als von Anfang an
wirksam; dabei werden nicht nur ein etwa fehlender Sachgrund, sondern auch alle anderen
Wirksamkeitsmängel der Befristung, z. B. eine fehlende Schriftform, geheilt. Im Rahmen der
Entfristungsklage bewertet das Arbeitsgericht lediglich die Wirksamkeit der letzten
Befristungsabrede zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer24. Demgegenüber prüft
es nicht, ob bereits zuvor durch eine vorherige unzulässige Befristung zu einem früheren
Zeitpunkt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem
Arbeitnehmer begründet worden ist, denn in dem Abschluss des letzten befristeten
Arbeitsvertrages wird ein Verzicht des Arbeitnehmers auf eine Überprüfung der vorherigen
Befristungen gesehen. Um einem solchen Verzicht entgegen zu wirken, kann der
Arbeitnehmer die letzte Befristung jedoch unter dem Vorbehalt annehmen, dass noch kein
unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht, und die vorherige (un-)zulässige Befristung zugleich
mit der Entfristungsklage angreifen25.
8
Arbeitspflicht
Die Arbeitspflicht weist personale Elemente auf, die sich sowohl in Richtung auf die Person
des Arbeitnehmers als auch in Richtung auf die Person des Arbeitgebers ergeben. Einerseits
schuldet der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nach § 613 S. 1 BGB im Zweifel in eigener
Person. Er ist im Zweifel nicht berechtigt, die Arbeitsleistung durch eine andere Person
erbringen zu lassen, während das Arbeitsverhältnis im Zweifel mit dem Tod des
Arbeitnehmers beendet wird. Andererseits ist der Anspruch auf die Arbeitsleistung nach §
613 S. 2 BGB im Zweifel nicht übertragbar. Ein Arbeitnehmer ist daher im Zweifel nur
24
BAG – Urteil vom 13.10.2004 – 7 AZR 218/04; BAG – Urteil vom 25.08.2004 – 7 AZR 7/04
25
BAG – Urteil vom 13.10.2004 – 7 AZR 218/04; BAG – Urteil vom 25.08.2004 – 7 AZR 7/04
15
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gegenüber dem Arbeitgeber, mit dem er den Arbeitsvertrag geschlossen hat, zur
Arbeitsleistung verpflichtet.
Der Inhalt der Arbeitspflicht wird durch den Arbeitsvertrag, der unter Berücksichtigung einer
etwaigen Betriebsübung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auszulegen ist,
bestimmt. Danach hat ein Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung am festgelegten Ort
zu der richtigen Zeit zu erbringen. Diese Maßstäbe kann der Arbeitgeber nach § 106 S. 1
GewO in Bezug auf Art, Ort und Zeit durch sein Direktionsrecht näher konkretisieren. Das
Direktionsrecht nach § 106 S. 1 BGB ist das Recht des Arbeitgebers, innerhalb des durch
den Arbeitsvertrag vorgegebenen Rahmens die von dem Arbeitnehmer zu leistenden
Arbeiten nach Art, Ort und Zeit näher zu bestimmen. Die Form, in der der Arbeitgeber das
Direktionsrecht ausübt, ist allein ihm überlassen. Sowohl ein bestimmtes Kommando
(„Hauruck“) als auch eine freundliche Bitte des Arbeitgebers stellen eine Ausübung des
Direktionsrechtes dar. Es umfasst dabei nicht allein die Befugnis zur Konkretisierung der
Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, sondern nach § 106 S. 2 GewO auch die Berechtigung zur
Regelung der arbeitsbegleitenden Ordnung, so durch Rauchverbote, Kleiderordnungen und
Parkplatzbenutzungsregelungen.
Begrenzt wird das Direktionsrecht zunächst nach § 106 S. 1 GewO durch alle zwingenden
Bestimmungen der Normenhierarchie, die auf einer höheren Stufe als der Arbeitsvertrag
stehen. Daher kann es als Bestandteil des Arbeitsvertrages nur im Rahmen der zwingenden
Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ausgeübt werden. Nicht überschreiten
darf das Direktionsrecht sodann die Vorgaben des Arbeitsvertrages. Was bereits in dem
Arbeitsvertrag einer Regelung zugeführt worden ist, kann nicht über das Direktionsrecht
abgeändert werden, denn der Arbeitsvertrag und das Direktionsrecht stehen zueinander in
einer Wechselbeziehung. Je genauer der Arbeitsvertrag die Art, den Ort und die Zeit der
Arbeitsleistung
bestimmt,
desto
geringer
ist
die
Befugnis
des
Arbeitgebers
zu
konkretisierenden Weisungen; je weiter der durch den Arbeitsvertrag vorgegebene Rahmen
ausgestaltet ist, desto größer sind die Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers. Schließlich
unterliegt das Direktionsrecht den § 106 S. 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB, sodass sich seine
Ausübung stets im Rahmen des billigen Ermessens des Arbeitgebers bewegen muss. Dabei
hat der Arbeitgeber nicht nur alle Umstände des Einzelfalles und die Interessen des
Arbeitnehmers angemessen zu berücksichtigen, sondern nach § 106 S. 3 GewO, § 81 Abs.
2 SGB IX auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers zu achten.
16
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Obwohl ein Arbeitnehmer nach § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet ist, die geschuldete
Arbeitsleistung am festgelegten Ort zu der richtigen Zeit zu erbringen, treten in der
Arbeitspraxis immer wieder Situationen auf, in denen er dieser Pflicht nicht nachkommt.
Grundsätzlich sind die Tatbestände der Nichterfüllung der Arbeit und der Schlechtleistung
der Arbeit zu unterscheiden, deren Verletzungen aber durch die verschiedensten
Tatbestände bestimmt werden und sich in ihren Rechtsfolgen unterschiedlich auswirken.
8.1
Nichterfüllung der Arbeitspflicht
Manchmal tritt ein Arbeitnehmer trotz des Abschlusses eines Arbeitsvertrages seine
Arbeitsstelle nicht an. Umgekehrt sind auch Fallgestaltungen häufig, in denen ein
Arbeitnehmer ohne die Einhaltung der Kündigungsfrist seine Arbeitstätigkeit einstellt oder
verweigert. Ein solches Verhalten stellt sich nicht als Verzug, sondern als Unmöglichkeit dar,
da die Arbeitsleistung eine absolute Fixschuld ist, die der Arbeitnehmer nicht mehr
nachholen kann. Dies führt dazu, dass der Anspruch des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung
für die Vergangenheit nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist. Für die Zeit der
Nichterfüllung der Arbeitspflicht ist der Arbeitgeber jedoch nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB von
der Entgeltzahlung befreit; soweit er die Vergütung bereits erbracht hat, kann er diese von
dem Arbeitnehmer zurückfordern. Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer für die
Zukunft vor dem Arbeitsgericht auf die Erfüllung seiner Arbeitspflicht zu verklagen.
Gegenüber einem Arbeitnehmer, der zur Arbeit nicht erscheint, hat der Arbeitgeber einen
Schadenersatzanspruch. Dieser Schadenersatzanspruch gründet sich grundsätzlich auf die
§§ 280, 283 BGB, während nach einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers die
Sonderregelung des § 628 Abs. 2 BGB zur Anwendung kommt. Zeitlich begrenzt ist der
Schadenersatz jedoch bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis
frühestens hätte ordentlich kündigen können. Wegen einer beharrlichen Arbeitsverweigerung
kann die Erteilung einer Abmahnung oder der Ausspruch einer Kündigung des
Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen.
8.2
Schlechterfüllung der Arbeitspflicht
Manchmal erbringt ein Arbeitnehmer zwar eine Arbeitsleistung, diese ist aber mit Mängeln
behaftet. Insbesondere sind damit Fallkonstellationen betroffen, in denen der Arbeitnehmer
zu langsam arbeitet, das Arbeitsergebnis misslingt oder das Eigentum des Arbeitgebers
beschädigt wird. Nach § 611 Abs. 1 BGB ist ein Arbeitnehmer nur zur Leistung der
versprochenen Dienste verpflichtet, ohne dass er einen bestimmten Arbeitserfolg schuldet.
17
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Eine Minderung der Vergütung tritt weder durch eine unverschuldete noch durch eine
verschuldete Schlechtleistung des Arbeitnehmers ein, sodass diese ihm weiterhin in vollem
Umfang erhalten bleibt. Jedoch macht sich der Arbeitnehmer durch eine schuldhafte
Schlechterfüllung gegenüber dem Arbeitgeber schadenersatzpflichtig. Dies bedeutet, dass
zwar keine Minderung des Vergütungsanspruches eintritt, dass aber der Arbeitgeber
seinerseits gegen den Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 S. 1
BGB erwirbt, der die entstandenen Schäden umfasst. Mit diesem Schadenersatzanspruch
kann der Arbeitgeber sodann gegenüber dem Vergütungsanspruch aufrechnen, doch hat er
dabei die Pfändungsfreigrenzen der § 394 S. 1 BGB, §§ 850 ff. ZPO zu beachten. Entgegen
der grundsätzlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB,
nach dem ein Pflichtenverstoß auch das Verschulden indiziert, wird die Darlegungs- und
Beweislast für das Verschulden des Arbeitnehmers nach § 619 a BGB zwar auf den
Arbeitgeber verschoben. Doch würde der Arbeitnehmer im Rahmen der schuldhaften
Schlechterfüllung bei strenger Anwendung der gesetzlichen Haftungsbestimmungen nicht
nur für Vorsatz haften, vielmehr hätte er bereits für die durch leichteste Fahrlässigkeit
verursachten Schäden einzustehen. Angesichts der modernen Arbeitswelt müsste der
Arbeitnehmer folglich mit einem hohen Haftungspotenzial umgehen, dessen Realisierung ihn
im Falle einer vollen Haftung auf Dauer wirtschaftlich ruinieren würde. Diesem Risiko könnte
er sich praktisch nicht entziehen, denn aus wirtschaftlichen Gründen ist er regelmäßig auf
den Verkauf seiner Arbeitskraft angewiesen. Dies nahm das Bundesarbeitsgericht zum
Anlass, durch eine richterliche Rechtsfortbildung eine Haftungsbeschränkung zu Gunsten
des Arbeitnehmers zu entwickeln, die auf alle betrieblich veranlassten und auf Grund des
Arbeitsverhältnisses geleisteten Tätigkeiten des Arbeitnehmers anwendbar ist. Betrieblich
veranlasst sind solche Tätigkeiten, die dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich übertragen
worden sind oder die er im Interesse des Arbeitgebers für dessen Betrieb ausführt; die
Tätigkeit muss dabei in einem nahen Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem
betrieblichen Wirkungskreis stehen26. Danach muss sich der Arbeitgeber nach § 254 BGB
analog sein Betriebsrisiko und seine Organisationsverantwortung als Mitverschulden bei
einem Schadeneintritt anrechnen lassen, sodass sich die nachfolgende Haftungsverteilung
ergibt: 1. Der Arbeitnehmer haftet voll bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Sowohl der
Vorsatz als auch die grobe Fahrlässigkeit müssen sich nicht nur auf die Pflichtwidrigkeit,
sondern auch auf den Schaden27. 2. Der Arbeitnehmer haftet anteilig bei normaler
Fahrlässigkeit. Dabei bestimmt sich die Haftungsquote nach den Umständen des
26
BAG – Urteil vom 18.04.2002 – 8 AZR 348/01
27
BAG – Urteil vom 18.04.2002 – 8 AZR 348/01
18
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Einzelfalles, insbesondere nach der Schadenshöhe, der persönlichen Situation des
Arbeitnehmers (Einkommen, Vermögen, Familie) und dem Verschuldensgrad; das
Bundesarbeitsgericht hat eine Haftungsbeteiligung des Arbeitnehmers von mehr als fünf
Monatsbruttoeinkommen nicht beanstandet. 3. Der Arbeitnehmer haftet nicht bei leichtester
Fahrlässigkeit. Wegen einer schlechten Arbeitsleistung kann neben einer Abmahnung
gegebenenfalls eine Kündigung des Arbeitsvertrages gerechtfertigt sein.
9
Erholungsurlaub
Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten
Erholungsurlaub. Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach § 4 BUrlG erstmals, wenn das
Arbeitsverhältnis sechs Monate bestanden hat. Der volle Urlaubsanspruch entsteht nach § 1
BUrlG jeweils erneut, wenn das Kalenderjahr wechselt. Die volle Entstehung des
Urlaubsanspruchs tritt selbst dann ein, wenn der Arbeitnehmer nicht über das gesamte
Kalenderjahr bei dem Arbeitgeber beschäftigt war, da eine zeitanteilige Berechnung des
Urlaubs nur unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 BUrlG in Betracht kommt. Im
Rahmen des § 5 Abs. 1 BUrlG ist zwischen dem echten Teilurlaub des § 5 Abs. 1 Nr. 1 a, b
BUrlG und dem gekürzten Vollurlaub nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 c BUrlG zu unterscheiden. Der
echte Teilurlaub entsteht, wenn ein Arbeitnehmer den vollen Urlaubsanspruch mangels
Erfüllung der Wartezeit nicht mehr erlangen kann. Der gekürzte Vollurlaub nimmt eine
Verkürzung des bereits entstandenen vollen Urlaubsanspruchs vor, wenn ein Arbeitnehmer
in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Dabei stellt
sich die Beendigung des Arbeitsvertrages mit dem Ablauf des 30.06. als ein Ausscheiden
des Arbeitnehmers in der ersten Jahreshälfte dar. Sowohl für den echten Teilurlaub als auch
für den gekürzten Vollurlaub sieht § 5 Abs. 1 BUrlG den Ansatz von 1/12 des Jahresurlaubs,
nicht nur des gesetzlichen Mindesturlaubs, je vollem Monat des Bestehens des
Arbeitsverhältnisses vor. Maßgeblich für diese Berechnung ist nicht die Zahl der
Kalendermonate, in denen zumindest teilweise eine Arbeitsleistung erbracht wurde, sondern
die Zahl der vollen Beschäftigungsmonate von dem Beginn bis zu der Beendigung des
Arbeitsvertrages.
Der Urlaub ist durch den Arbeitgeber zu gewähren, sodass die konkrete zeitliche Festlegung
des Urlaubs einseitig durch den Arbeitgeber erfolgt. Ein Urlaub muss vor seinem Antritt
durch den Arbeitgeber gewährt worden sein, sodass eine nachträgliche Anrechnung von
Zeiten der Nichtbeschäftigung auf den Urlaub nicht möglich ist. Bei der Festlegung des
Urlaubs hat der Arbeitgeber zahlreiche Gesetzesschranken zu beachten, die bewirken, dass
19
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der Arbeitnehmer grundsätzlich die Berücksichtigung seiner Urlaubswünsche verlangen
kann. Der Arbeitgeber hat zunächst nach §§ 1, 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG zu berücksichtigen, dass
der Urlaub grundsätzlich im jeweiligen Kalenderjahr gewährt wird. Nur dringende betriebliche
oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe rechtfertigen nach § 7 Abs. 3 S. 2
BUrlG eine Übertragung des Urlaubs auf das nachfolgende Kalenderjahr, in dem der Urlaub
nach § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG sodann bis zum Ablauf des 31.03. genommen worden sein
muss. Gewährt der Arbeitgeber den Urlaub vor dem Ablauf des Kalenderjahres bzw. dem
Ablauf des Übertragungszeitraumes nicht, obwohl ihm dies möglich war, tritt mit dem
Zeitablauf an die Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruchs ein Schadenersatzanspruch in
der Form eines Urlaubsanspruchs in gleicher Höhe. Da der Arbeitgeber jedoch nicht
verpflichtet ist, den Urlaub von sich aus anzubieten, schuldet er keinen Schadensersatz in
der Form eines Urlaubsanspruchs, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht rechtzeitig
eingefordert hat. Ferner hat der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG die Urlaubswünsche
des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, die nur zurücktreten, soweit im Rahmen einer
umfassenden Interessenabwägung dringende betriebliche Interessen des Arbeitgebers oder
sozial vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer vorhanden sind. Dringende
betriebliche Belange können insbesondere bei Saisonarbeiten oder bei festen Betriebsferien,
während derer der gesamte Betrieb stillgelegt wird, gegeben sein. Bei entgegenstehenden
Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer, die aus dringenden betrieblichen Gründen nicht
gleichzeitig erfüllt werden können, ist insbesondere anhand des Alters, der Dauer der
Betriebszugehörigkeit, der Zahl der schulpflichtigen Kinder und der Berufstätigkeit des
Ehegatten eine Bewertung vorzunehmen. Der Arbeitgeber hat den Urlaub nach § 7 Abs. 2 S.
1 BUrlG schließlich zusammenhängend zu gewähren, sofern nicht dringende betriebliche
oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies ausschließen. In jedem Fall
muss einer der Urlaubsteile nach § 7 Abs. 2 S. 2 BUrlG mindestens zwölf aufeinander
folgende Werktage umfassen, um dem Erholungszweck des Urlaubs gerecht zu werden.
Eine Urlaubsgewährung entfaltet sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer
eine Bindungswirkung. Eine Änderung des einmal durch den Arbeitgeber festgelegten
Urlaubs ist nur noch durch eine einvernehmliche Regelung zwischen dem Arbeitgeber und
dem Arbeitnehmer möglich. Nur in zwingenden Notfällen ist der Arbeitgeber berechtigt, den
festgelegten Urlaubszeitraum einseitig zu verändern, insbesondere den Urlaubsabbruch
durch den Arbeitnehmer zu verlangen. Solche zwingenden Notfälle lassen sich jedoch nicht
bereits mit einem plötzlichen, unvorhergesehenen Arbeitsanfall rechtfertigen, vielmehr muss
für den Betrieb eine Gefahrensituation vorhanden sein, die einen anderen Ausweg nicht
20
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mehr zulässt. Die mit einem Nichtantritt oder einem Abbruch des Urlaubs verbundenen
Kosten fallen dem Arbeitgeber zur Last.
Die Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, die während des Urlaubs auftreten
und durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen werden, sind nach § 9
BUrlG nicht auf den Urlaub anzurechnen.
Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt nach § 3 Abs. 1 BUrlG mindestens 24 Werktage im
Kalenderjahr. Als Werktage sind nach § 3 Abs. 2 BUrlG alle Kalendertage zur
berücksichtigen, die keine Sonntage und keine gesetzlichen Feiertage sind, sodass der
gesetzliche Mindesturlaub von einer 6-Tage-Woche ausgeht. Das bedeutet, dass ohne eine
andersartige Regelung der Arbeitsvertragsparteien auch bei einer 5-Tage-Woche die
Samstage auf den Urlaubsanspruch anzurechnen sind. Liegt dem Arbeitsverhältnis keine 6Tage-Woche zu Grunde, ist der gesetzliche Mindesturlaub an die geringere Arbeitszeit
anzupassen, indem die Werktage und die Arbeitstage rechnerisch zueinander in Beziehung
gesetzt werden. Von diesem Urlaubsumfang kann nach § 13 Abs. 1 S. 1 BUrlG weder
einzelvertraglich noch kollektivvertraglich zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen
werden. Da eine Verlängerung des Urlaubsanspruch jedoch nicht ausgeschlossen ist, wird
dieser häufig durch den vertraglichen Mehrurlaub über das gesetzliche Mindestmaß hinaus
verlängert.
Der Urlaubsanspruch ist nach § 7 Abs. 3 S. 1, 3 BUrlG befristet. Danach ist der
Arbeitnehmer gehalten den Urlaub grundsätzlich bis zum Ablauf des 31.12. eines jeden
Kalenderjahres zu nehmen, um dessen Verfall zu vermeiden. Nur soweit dringende
betriebliche
oder
in
der
Person
des
Arbeitnehmers
liegende
Gründe
eine
Urlaubsübertragung nach § 3 Abs. 3 S. 2 BUrlG in das Folgejahr rechtfertigen, ist dieser bis
zum Ablauf des 31.03. des Folgejahres in Anspruch zu nehmen, um ein Erlöschen des
Urlaubsanspruchs zu vermeiden. Selbst bei einer Erkrankung des Arbeitnehmers, die eine
Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr begründen kann, tritt ein Urlaubsverfall jedoch
spätestens mit dem Ablauf des 31.03.des Folgejahres ein.
Das Arbeitsentgelt ist nach §§ 1, 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG während des Urlaubs fortzuzahlen.
Zur Berechnung des Urlaubsentgelts ist das Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, das der
Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, doch
können besondere Umstände nach § 11 Abs. 1 S. 2, 3 BUrlG berücksichtigungsfähig sein.
Das Urlaubsentgelt ist nach § 11 Abs. 2 BUrlG vor dem Antritt des Urlaubs auszuzahlen.
21
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Eine Abgeltung des Urlaubs ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG nur möglich, wenn der Urlaub wegen
einer Beendigung des Arbeitsvertrages nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. In
diesem Falle tritt an die Stelle des bereits entstandenen, aber nicht mehr erfüllbaren
Urlaubsanspruchs
als
Surrogat
der
Urlaubsabgeltungsanspruch,
der
nach
seiner
Rechtsnatur mit dem ursprünglichen Urlaubsanspruch identisch ist. Dies bedeutet, dass die
Urlaubsabgeltung nur verlangt werden kann, soweit der Urlaub bei einem unterstellten
Fortbestand des Arbeitsverhältnisses noch hätte geltend gemacht werden können. Ist der
Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und bis zum Ablauf des 31.12. bzw.
31.03. arbeitsunfähig erkrankt, so hat er keinen Urlaubsabgeltungsanspruch, denn wegen
des Verfalls des Urlaubs nach § 7 Abs. 3 S. 1, 3 BUrlG hätte er diesen auch bei einem
Fortbestand des Arbeitsvertrages nicht mehr einfordern können. Ist der Arbeitnehmer aus
dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und hat er den Urlaubsabgeltungsanspruch nicht bis
zum Ablauf des 31.12. bzw. 31.03 gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht, so tritt ein
Verfall ein, denn auch die Urlaubsgewährung hätte von dem Arbeitnehmer rechtzeitig
beantragt werden müssen.
10
Elternzeit
Die Elternzeit setzt nach § 15 Abs. 1 S. 1 BEEG voraus, dass der Arbeitnehmer mit einem
Kind in einem Haushalt lebt und dieses Kind selbst betreut und erzieht. Dabei kommen nicht
nur leibliche Kinder zur Begründung der Elternzeit in Betracht, vielmehr sieht § 15 Abs. 1 S.
1 Nr. 1 BEEG eine Erweiterung auch auf „angenommene“ Kinder vor. Begrenzt wird der
Anspruch auf eine Elternzeit nach § 15 Abs. 2 S. 1 BEEG grundsätzlich bis zur Vollendung
des dritten Lebensjahres des Kindes. Nach § 15 Abs. 2 S. 4 Hs. 1 BEEG kann nur mit
Zustimmung des Arbeitgebers oder nach § 15 Abs. 2 S. 5 Hs. 1 BEEG kann nur im Falle
einer Adoption ausnahmsweise eine Elternzeit bis zur Vollendung des achten Lebensjahres
geltend gemacht werden.
Eine Elternzeit hat der Arbeitnehmer nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG spätestens sieben
Wochen vor ihrem Antritt schriftlich von dem Arbeitgeber zu verlangen. Ohne dass die
Elternzeit noch von dem Arbeitgeber gewährt werden müsste, ist der Arbeitnehmer bei
Vorliegen der Voraussetzungen des Elternzeitanspruchs berechtigt, der Arbeit mit dem
Elternzeitbeginn
fortzubleiben.
Damit
unterscheidet
sich
die
Elternzeit
von
dem
Erholungsurlaub, der von dem Arbeitnehmer nicht einseitig genommen werden darf, sondern
stets der Gewährung durch den Arbeitgeber bedarf. Gleichzeitig mit der Geltendmachung
22
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eines Anspruchs auf Elternzeit hat der Arbeitnehmer nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG
mitzuteilen, für welche Zeiträume er die Elternzeit in Anspruch nehmen will. So mag es sein,
dass die Elternteile sich die Inanspruchnahme der Elternzeit teilen, indem sie sich innerhalb
der Grenzen des § 16 Abs. 1 S. 5 BEEG bei der Betreuung und Erziehung des Kindes
abwechseln. An eine Erklärung über die Dauer und Lage der Elternzeit ist der Arbeitnehmer
grundsätzlich gebunden, sodass nach § 16 Abs. 3 S. 1 BEEG nur durch eine Vereinbarung
mit dem Arbeitgeber eine Verkürzung oder Verlängerung der Elternzeit bewirkt werden kann.
Ferner kann nach § 16 Abs. 3 S. 4 BEEG durch den Arbeitnehmer einseitig eine
Verlängerung der Elternzeit verlangt werden, wenn ein geplanter Wechsel in der
Kindesversorgung durch die Elternteile aus wichtigem Grund nicht erfolgen kann.
Die Elternzeit beträgt maximal drei Jahre. Grundsätzlich endet die Elternzeit auf Grund ihrer
Begrenzung auf maximal drei Jahre damit spätestens einen Tag vor dem dritten Geburtstag
des Kindes.
Die Hauptleistungspflichten aus einem Arbeitsvertrag sind während einer Elternzeit
suspendiert. Der Arbeitnehmer schuldet keine Arbeitsleistung, während der Arbeitgeber nicht
zur Entgeltzahlung verpflichtet ist. Die Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis werden
durch die Elternzeit jedoch nicht berührt, sodass diese auch während der Elternzeit
fortwirken.
Eine Teilzeitbeschäftigung bei seinem Arbeitgeber darf der Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 4
S. 1 BEEG auch während der Elternzeit bis zur Dauer von 30 Wochenstunden ausüben.
Eine sonstige Erwerbstätigkeit ist ihm nach § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG jedoch nur mit einer
Zustimmung seines Arbeitgebers erlaubt, wobei der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG
die Versagung der Erlaubnis schriftlich innerhalb von vier Wochen mit entgegenstehenden
dringenden Betriebsinteressen zu begründen hat.
Eine Elternzeit kann nach § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG auf den Erholungsurlaub angerechnet
werden, indem der Erholungsurlaub für jeden vollen Monat der Elternzeit um 1/12 zu kürzen
ist. Den vor einer Elternzeit entstandenen, aber nicht gewährten Erholungsurlaub hat der
Arbeitgeber nach § 17 Abs. 2 BEEG im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr nach der
Beendigung der Elternzeit nachzugewähren. Den Erholungsurlaub, den der Arbeitnehmer
vor einer Elternzeit zu viel genommen hat, hat er sich nach § 17 Abs. 4 BEEG auf den
Erholungsurlaub nach der Beendigung der Elternzeit anrechnen zu lassen.
23
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11
Nebenpflichten des Arbeitnehmers
11.1
Anzeige / Nachweis der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit
Ein Arbeitnehmer ist nach § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG verpflichtet, dem Arbeitgeber die
krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich
mitzuteilen. Darüber hinaus ist er nach § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG gehalten, dem Arbeitgeber
unter bestimmten Voraussetzungen eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der
krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen.
Regelmäßig am ersten Arbeitsunfähigkeitstag in den ersten Betriebsstunden hat die Anzeige
der Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer oder einen Dritten, insbesondere einen
Familienangehörigen, zu erfolgen. Dabei kommt es für die Rechtzeitigkeit einer
Arbeitsunfähigkeitsmitteilung nicht auf die Abgabe durch den Arbeitnehmer, sondern auf den
Zugang bei dem Arbeitgeber an. Eine besondere Form ist bei der Mitteilung über die
Arbeitsunfähigkeit nicht einzuhalten, sodass diese insbesondere mündlich oder schriftlich,
per Telefon oder per Telefax gemacht werden kann. Unter dem zeitlichen Aspekt wird
regelmäßig jedoch nur eine mündliche oder telefonische Kontaktaufnahme mit dem
Arbeitgeber
den
unverzüglichen
Mitteilungspflichten
genügen.
Die
Anzeige
der
Arbeitsunfähigkeit muss gegenüber der bei dem Arbeitgeber zuständigen Stelle, nämlich
regelmäßig bei der Personalabteilung, vorgenommen werden, sodass die Mitteilung
gegenüber einem Vorarbeiter nicht ausreichend ist. Inhaltlich hat der Arbeitnehmer nur über
die Arbeitsunfähigkeit an sich und deren voraussichtliche Dauer zu informieren, nicht jedoch
über die Art der Erkrankung. Nur in besonderen Ausnahmefällen, etwa zum Schutz der
übrigen Arbeitnehmer vor ansteckenden Krankheiten, ist er verpflichtet, den Arbeitgeber
weitergehend
zu
unterrichten.
Die
Mitteilung
der
voraussichtlichen
Dauer
der
Arbeitsunfähigkeit erfordert von dem Arbeitnehmer eine Selbstdiagnose, die er zu äußern
hat. Er darf nicht zunächst die Diagnose eines Arztes abwarten, da der Arbeitgeber ein
Interesse an einer unverzüglichen Information hat. Dauert eine Arbeitsunfähigkeit länger als
drei Tage muss der Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen. Diese
muss spätestens am „darauf folgenden Arbeitstag“, nämlich am vierten Arbeitstag, vorgelegt
werden, sodass bei einer Arbeitsunfähigkeit, die weniger als vier Tage andauert, keine
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen ist. Allerdings ist der Arbeitgeber nach § 5 Abs.
1 S. 3 EFZG ohne jede Begründung berechtigt, bereits für den ersten Arbeitsunfähigkeitstag
eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen; ein solches Begehren kann der
Arbeitnehmer
auch
bereits
antizipiert
in
dem
Arbeitsvertrag
stellen.
Für
eine
Folgeerkrankung, durch die die ursprünglich prognostizierte Dauer der Arbeitsunfähigkeit
24
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verlängert wird, treffen den Arbeitnehmer wiederum die Verpflichtungen nach § 5 Abs. 1 S. 1,
2 EFZG. Zwar wird in § 5 Abs. 1 S. 4 EFZG nur die Pflicht zur erneuten Vorlage einer
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
statuiert,
doch
ergibt
sich
aus
dem
Zweck
der
Anzeigeverpflichtung auch deren nochmalige Erforderlichkeit.
11.2
Meldung von Betriebsstörungen
Ein Arbeitnehmer hat Störungen des Betriebsablaufes, insbesondere befürchtete oder
eingetretene Schäden, zu melden. Diese Verpflichtung findet ihre Grenze jedoch an einer
Eigen- und / oder Fremddenunziation. Zunächst ist ein Arbeitnehmer nicht gehalten, sich
selbst zu bezichtigen. Ferner hat er dem Arbeitgeber die Schädigung durch einen anderen
Arbeitnehmer nur mitzuteilen, wenn ihm entweder allgemein die Überwachung der anderen
Arbeitnehmer übertragen ist oder wenn sich die schädigende Handlung in dem
Aufgabenbereich
ereignet,
der
dem
Arbeitnehmer
anvertraut
ist,
sowie
eine
Wiederholungsgefahr besteht.
11.3
Nebentätigkeit
Die Ausübung einer Nebentätigkeit ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich erlaubt. Die
Ausübung einer Nebentätigkeit durch den Arbeitnehmer darf jedoch nicht die Belange des
Arbeitgebers beeinträchtigen. Eine Nebentätigkeit, die mit der dem Arbeitgeber geschuldeten
Arbeitsleistung zeitlich oder sachlich unvereinbar ist, ist dem Arbeitnehmer verwehrt. Eine
Nebentätigkeit darf nicht während der Arbeitszeit ausgeübt werden. Darüber hinaus darf sie
den Arbeitnehmer nicht so in Anspruch nehmen, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine
Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber ordnungsgemäß zu erfüllen; insbesondere hat der
Arbeitnehmer eine Überbeanspruchung seiner Körper- und Geisteskräfte zu vermeiden. Dies
gilt auch für eine Nebentätigkeit, die mit einem gesellschaftlichen oder politischen
Engagement im Zusammenhang steht und dem Arbeitgeber neue Geschäftskontakte
vermitteln
könnte.
Höchstarbeitszeit
Eine
des
Nebentätigkeit
darf
Arbeitszeitgesetzes
nicht
führen,
zu
da
einer
die
Überschreitung
der
Arbeitszeiten
aller
Arbeitsverhältnisse nach § 2 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ArbZG zusammenzurechnen sind. Eine
Nebentätigkeit darf keine Wettbewerbssituation und keinen Widerspruch zu dem Arbeitgeber
hervorrufen. Dem Arbeitnehmer ist eine Nebentätigkeit während des Erholungsurlaubs nach
§ 8 BUrlG untersagt. Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, in einem Arbeitsvertrag ein
allgemeines Nebentätigkeitsverbot mit dem Arbeitnehmer zu vereinbaren. Ein allgemeines
Nebentätigkeitsverbot beschränkt sich darauf, dass dem Arbeitnehmer nur eine solche
25
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Nebentätigkeit untersagt ist, an deren Unterlassung der Arbeitgeber ein berechtigtes
Interesse hat. Der Arbeitgeber ist jedoch befugt, die Aufnahme einer Nebentätigkeit in einem
Arbeitsvertrag von einer arbeitnehmerseitigen Anzeige oder einer arbeitgeberseitigen
Zustimmung abhängig zu machen. Die Anzeigepflicht ist von dem Arbeitnehmer auch dann
zu beachten, wenn er gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf die Zustimmung zu
der Nebentätigkeit hat. Die Zustimmung zu einer Nebentätigkeit hat der Arbeitgeber zu
erklären, wenn seine Interessen zeitlich und sachlich durch die Nebentätigkeit nicht
beeinträchtigt werden.
11.4
Verschwiegenheit
Die Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers umfasst zunächst nur solche Verhältnisse
des Arbeitgebers, an deren Geheimhaltung dieser ein berechtigtes Interesse hat. Dies
können insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sein, deren Verrat nach § 17
Abs. 1 S. 1 UWG mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann.
Weitergehend ist der Arbeitnehmer nicht zum Stillschweigen über die Verhältnisse des
Arbeitgebers verpflichtet.
11.5
Wettbewerbstätigkeit
Nach § 60 Abs. 1 HGB ist dem Arbeitnehmer verboten, ohne Einwilligung des Arbeitgebers
während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses eine Wettbewerbstätigkeit zu dem
Arbeitgeber zu betreiben. Der Arbeitgeber kann nach § 61 Abs. 1 Hs. 1 HGB Schadenersatz
verlangen, wenn der Arbeitnehmer das ihm obliegende Wettbewerbsverbot verletzt. Statt
dieses Schadenersatzes kann er nach § 61 Abs. 1 Hs. 2 HGB aber auch verlangen, in die
wettbewerbswidrig abgeschlossenen Geschäfte des Arbeitnehmers einzutreten. Dieses
Recht bedeutet jedoch nicht, dass der Vertragspartner eines Kunden in der Weise
ausgetauscht wird, dass nicht mehr der Arbeitnehmer, sondern nunmehr der Arbeitgeber der
Vertragspartner des Kunden ist. Vielmehr geht es allein um die Herausgabe des
Geschäftserlöses durch den Arbeitnehmer. Das Eintrittsrecht nach § 60 Abs. 1 Hs. 1 HGB
kann unabhängig von einem Schadenseintritt bei dem Arbeitgeber geltend gemacht werden,
sodass dieser von einem schwierigen Schadensnachweis befreit ist. Sowohl der
Schadenersatzanspruch als auch das Eintrittsrecht des Arbeitgebers verjähren nach § 61
Abs.
2
HGB
in
drei
Monaten
seit
der
Kenntnis
/
Kenntnismöglichkeit
des
Wettbewerbsgeschäftes, spätestens in fünf Jahren seit dem Abschluss des Geschäftes.
26
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12
Entgeltzahlungspflicht
Die Vergütung bestimmt sich nach § 611 Abs. 1 BGB nach den Vereinbarungen der
Arbeitsvertragsparteien in dem (mündlichen oder schriftlichen) Arbeitsvertrag. Häufig richtet
sich deren Höhe dabei jedoch nicht nach dem Arbeitsvertrag, sondern nach den
Bestimmungen der Entgelttarifverträge. Sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer nach § 3
Abs. 1 TVG tarifgebunden oder ist der Vergütungstarifvertrag nach § 5 Abs. 1 S. 1 TVG für
allgemeinverbindlich erklärt worden, so gelten die tariflichen Entgeltbestimmungen nach § 4
Abs. 1 TVG unmittelbar zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Sind der Arbeitgeber oder der
Arbeitnehmer demgegenüber nicht tarifgebunden und ist der Entgelttarifvertrag nicht
allgemeinverbindlich, so können die Arbeitsvertragsparteien in dem Arbeitsvertrag die
Anwendung eines Entgelttarifvertrages vereinbaren. Lässt sich eine arbeitsvertragliche
Vergütungsvereinbarung nicht feststellen, so ist der Arbeitnehmer nach § 612 Abs. 2 BGB
berechtigt, das übliche Entgelt zu verlangen. Üblich ist die in dem gleichen oder in einem
ähnlichen Gewerbe an dem betreffenden Ort für die entsprechende Arbeit normalerweise
gezahlte Vergütung.
12.1
Neben
Anwesenheitsprämie
der
Vergütung
verspricht
der
Arbeitgeber
zum
Teil
die
Zahlung
einer
Anwesenheitsprämie, die das Ausmaß der Fehlzeiten des Arbeitnehmers möglichst gering
halten soll. Die Berücksichtigung von krankheits- und mutterschutzbedingten Fehlzeiten im
Rahmen der Ermittlung einer Anwesenheitsprämie ist nicht unproblematisch. Zwar kann ein
Arbeitgeber, der dem Arbeitnehmer eine freiwillige Leistung neben dem Arbeitsentgelt
zukommen lässt, deren Inhalt grundsätzlich frei bestimmen, doch stößt er damit zugleich an
die den Arbeitnehmer schützenden Grenzen des Entgeltfortzahlungsgesetzes sowie des
Mutterschutzgesetzes.
Das
Bundesarbeitsgericht
lässt
auch
bei
krankheits-
und
mutterschutzbedingten Fehlzeiten ein Kürzung der Anwesenheitsprämie zu, soweit die
Kürzungsrate den Interessen sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers gerecht
wird; im Regelfall ist bei einer jährlich auszuzahlenden Anwesenheitsprämie eine
Kürzungsrate von 1/60 je Ausfalltag als die beiderseitigen Interessen ausreichend
berücksichtigend bewertet worden, während in einer Betriebsvereinbarung ohne einen
Verstoß gegen § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG auch eine Kürzungsrate von 1/30 je Fehltag als
zulässig angesehen wurde. Diese Rechtsprechung ist in §§ 4 b EFZG aF, 4 a EFZG zwar
nur zum Teil übernommen worden, jedoch ist damit eine vertraglich vereinbarte Kürzung der
Anwesenheitsprämie wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten anerkannt worden, indem das im
27
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Jahresdurchschnitt täglich erzielte Arbeitsentgelt je Arbeitsunfähigkeitstag um 1/4 gekürzt
werden darf.
12.2
Gratifikation
Ein Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber keinen allgemeinen Anspruch auf die
Gewährung einer Gratifikation. Neben dem Arbeitsvertrag, den Tarifverträgen und den
Betriebsvereinbarungen
kann
sich
ein
Anspruch
auf
eine
Gratifikation
aus
den
Rechtsinstituten der betrieblichen Übung und der allgemeinen Gleichbehandlung ergeben.
Grundsätzlich
zulässig
ist
eine
Verbindung
der
Gratifikationszusage
mit
einer
Rückzahlungsklausel, nach der der Arbeitnehmer die Gratifikation zurückzugewähren hat,
wenn er vor einem bestimmten Zeitpunkt aus dem mit dem Arbeitgeber bestehenden
Arbeitsverhältnis ausscheidet. Für einzelvertraglich vereinbarte Rückforderungsklauseln hat
das Bundesarbeitsgericht die nachfolgenden Grundsätze aufgestellt: 1. Eine Gratifikation, die
den Betrag von 200,00 DM (100,00 €) nicht übersteigt, rechtfertigt keine Bindung des
Arbeitnehmers. 2. Eine Gratifikation, die mehr als 200,00 DM (100,00 €) und weniger als
eine Monatsvergütung ausmacht, rechtfertigt eine Bindung des Arbeitnehmers bis zum
31.03. des Folgejahres. 3. Eine Gratifikation, die eine Monatsvergütung ausmacht, ist nach
der Anzahl der Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers bis zum 31.03. des darauf
folgenden Jahres zu beurteilen. Hat der Arbeitnehmer bis zu diesem Datum nur eine
Kündigungsmöglichkeit, so ist es ihm zuzumuten, diese auszulassen. Hat der Arbeitnehmer
bis zum 31.03. des Folgejahres mehrere Kündigungsmöglichkeiten, so ist es ihm zuzumuten,
den Betrieb erst nach diesem Datum zum nächstmöglichen Termin zu verlassen. 4. Eine
Gratifikation von mehr als einer Monatsvergütung und weniger als zwei Monatsvergütungen
rechtfertigt eine Bindung des Arbeitnehmers bis zum 30.06. des Folgejahres. Für
tarifvertragliche Rückzahlungsklauseln ist eine weitergehende Bindung des Arbeitnehmers
zulässig.
12.3
Aus- / Fortbildungsbeihilfe
Eine Aus- / Fortbildungsbeihilfe wird von dem Arbeitgeber gewährt, um qualifizierte
Arbeitskräfte zu erhalten. Dies geschieht regelmäßig in der Erwartung, dass er nach der
Beendigung der Aus- / Fortbildung die Arbeitskraft des Arbeitnehmers für einen gewissen
Zeitraum tatsächlich nutzen kann, sodass er mit dem Arbeitnehmer regelmäßig die
Rückzahlung der Aus- / Fortbildungsbeihilfe für den Fall vereinbart, dass der Arbeitnehmer
die Arbeitstätigkeit nicht aufnimmt oder vor dem Ablauf einer bestimmten Zeit aus dem
28
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Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber ausscheidet. Zwar ist die Vereinbarung einer solchen
Rückzahlungsklausel grundsätzlich möglich, doch ist eine Abwägung der Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerinteressen vorzunehmen28. Diese hat sich insbesondere an dem durch die Aus/
Fortbildung
begründeten
Vorteil
des
Arbeitnehmers,
der
Dauer
der
Aus-
/
Fortbildungsmaßnahme, der Dauer der Bindung des Arbeitnehmers sowie der Höhe des
Rückzahlungsbetrages zu orientieren. Entscheidend ist zunächst, ob sich die Berufs- /
Verdienstaussichten des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt verbessert haben. Eine
Kostenbeteiligung ist dem Arbeitnehmer umso eher zuzumuten, je größer der mit der Aus- /
Fortbildung verbundene berufliche Vorteil für ihn ist29. Andererseits scheidet eine Beteiligung
des Arbeitnehmers an den Aus- / Fortbildungskosten in der Regel aus, wenn die Interessen
des Arbeitnehmers an der Maßnahme im Vergleich zu denen des Arbeitgebers gering sind.
Dies kann der Fall sein, wenn die Aus- / Fortbildung im Wesentlichen auf die Bedürfnisse
des
Arbeitgebers,
insbesondere
dessen
Interessen
im
Rahmen
der
eigenen
30
Betriebsorganisation, ausgerichtet ist .
13
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG gegeben, wenn ein
Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert
ist, ohne dass ihn ein Verschulden trifft. Dies setzt nach § 3 Abs. 3 EFZG jedoch voraus,
dass das Arbeitsverhältnis bereits seit vier Wochen ununterbrochen besteht; auf diese
Wartezeit ist auch eine dem Arbeitsverhältnis vorausgegangene Berufsausbildungszeit
anzurechnen31.
Eine Krankheit ist gegeben, wenn ein regelwidriger körperlicher oder geistiger Zustand
vorliegt, der der Heilbehandlung bedarf. Zunächst ist die Arbeitsunfähigkeit durch eine
Krankheit bedingt, wenn es dem Arbeitnehmer auf Grund der Erkrankung nicht möglich ist,
die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Ferner bedingt eine
Krankheit die Arbeitsunfähigkeit, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nur mit der
Gefahr erbringen könnte, dass sich sein Zustand in absehbarer naher Zukunft verschlimmert.
Letzteres ist auch anzunehmen, wenn er zur Zeit zwar noch arbeitsfähig ist, ohne
28
BAG – Urteil vom 05.12.2002 – 6 AZR 539/01; BAG – Urteil vom 25.04.2001 – 5 AZR 509/99; BAG – Urteil
vom 06.05.1998 – 5 AZR 535/97
29
BAG – Urteil vom 05.12.2002 – 6 AZR 539/01
30
BAG – Urteil vom 05.12.2002 – 6 AZR 539/01
31
BAG – Urteil vom 20.08.2003 – 5 AZR 436/02
29
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vorbeugende Heilbehandlung aber in Kürze mit einer Erkrankung des Arbeitnehmers
gerechnet werden muss. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer auf Grund einer
Erkrankung
den
Arbeitsweg
nicht
zurücklegen
kann,
begründet
dagegen
keine
Arbeitsunfähigkeit. Eine durch Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit wird nicht dadurch
ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer trotz der Erkrankung noch in der Lage ist, seine
Arbeitspflicht teilweise zu erfüllen.
Den Nachweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer zu führen,
den er zunächst mit der Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung führt.
Diesen Nachweis kann der Arbeitgeber nur dadurch erschüttern, dass er Umstände darlegt
und beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Ernsthafte
Zweifel
können
sich
aus
der
Ausstellung
oder
dem
Inhalt
einer
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergeben. Sowohl die Ausstellung eines Attests aus
Gefälligkeit als auch die Erstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne eine
vorherige
Untersuchung
des
Arbeitnehmers
lassen
ernsthafte
Zweifel
an
der
Arbeitsunfähigkeit aufkommen. Eine Rückdatierung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
erscheint in diesem Zusammenhang ebenfalls als auffällig. Die Anordnung einer Therapie,
die für die gestellte Diagnose ungewöhnlich ist, lässt ernsthafte Zweifel an der
Arbeitsunfähigkeit
ebenso
entstehen
wie
die
Nichtberücksichtigung der von dem
Arbeitnehmer zu leistenden Arbeit bei der vorzunehmenden Bewertung. Ernsthafte Zweifel
an der Arbeitsunfähigkeit können sich aus den Erklärungen oder dem Verhalten des
Arbeitnehmers ergeben. Insoweit spielt insbesondere die Androhung der Erkrankung für den
Fall einer Urlaubsverweigerung eine besondere Rolle. Ernsthafte Zweifel an der
Arbeitsunfähigkeit können sich aus einem Bericht des Medizinischen Dienstes der
Krankenkassen ergeben, den der Arbeitgeber nach § 275 Abs. 1 a S. 3, Abs. 1 Nr. 3 b SGB
V bei Zweifeln an einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einschalten kann. Die Umstände,
die zur Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen führen können, sind
beispielhaft in § 275 Abs. 1 a S. 1 SGB V aufgeführt. Gelingt es einem Arbeitgeber den
Nachweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, so obliegt es nunmehr
erneut dem Arbeitnehmer den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit auf eine andere Art und
Weise zu führen. Hierzu kann er sich insbesondere auf das Zeugnis des ihn behandelnden
Arztes beziehen.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG entfällt die Entgeltfortzahlung, wenn den Arbeitnehmer ein
Verschulden an der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit trifft. Dies ist im Sinne eines
Verschuldens gegen sich selbst zu verstehen, sodass ein Verschulden gegeben ist, wenn
30
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die Erkrankung auf einem gröblichen Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen
im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten beruht. Ein Verkehrsunfall, der auf ein grob
fahrlässiges Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen ist, führt zum Ausschluss der
Entgeltfortzahlung.
Grobe
Fahrlässigkeit
ist
diesbezüglich
beim
Nichtanlegen
des
Sicherheitsgurtes und bei der Benutzung eines nicht verkehrstauglichen Fahrzeuges
angenommen worden. Ein Sportunfall führt zum Wegfall der Entgeltfortzahlung, wenn es sich
um eine besonders gefährliche Sportart handelt. Eine solche ist gegeben, wenn das
Verletzungsrisiko bei objektiver Betrachtung so groß ist, dass auch ein gut ausgebildeter
Sportler bei sorgfältiger Beachtung aller Regeln auftretende Risiken nicht vermeiden kann
und sich damit unbeherrschbaren Gefahren aussetzt. Während das Fußballspielen, das
Fallschirmspringen und das Drachenfliegen nicht als entgeltfortzahlungsschädlich bewertet
wurden, ist eine Verletzung des Arbeitnehmers, die dieser beim Amateurboxen oder beim
Kick-Boxen erlitt, als von dem Arbeitnehmer verschuldet beurteilt worden. Ein Sportunfall
führt ferner zum Wegfall der Entgeltfortzahlung, wenn die sportliche Betätigung in einer die
persönlichen Kräfte und Fähigkeiten deutlich übersteigenden Weise oder unter einem
besonders groben und leichtsinnigen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der jeweiligen
Sportart erfolgte.
Den Arbeitnehmer treffen die Anzeige- und Nachweispflichten des § 5 Abs. 1 S. 1, 2 EFZG,
nach denen er dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen und
gegebenenfalls durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachzuweisen hat.
Ein Verstoß des Arbeitnehmers gegen diese Verpflichtungen berechtigt den Arbeitgeber
nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG, die Fortzahlung des Entgeltes bis zur Erfüllung der Anzeigebzw. Nachweispflicht durch den Arbeitnehmer zu verweigern.
Die Entgeltfortzahlung hat der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG grundsätzlich für die
Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu erbringen. Diese Verpflichtung wird jedoch in mehrfacher
Hinsicht zeitlich beschränkt. Zunächst ordnet § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG an, dass die
Entgeltfortzahlung auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt ist. Ferner ergibt sich aus §
3 Abs. 1 S. 2 EFZG, dass die Dauer der erneuten Erkrankung wegen derselben Krankheit
mit der Dauer der ursprünglichen Krankheit zusammenzurechnen ist, soweit nicht die dort
genannten Fristen eingehalten sind. Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlungsfrist gilt das
Prinzip der Einheit des Verhinderungsfalles. Durch dieses soll sicher gestellt werden, dass
der Arbeitgeber an einem Stück maximal für die Dauer von sechs Wochen zur
Entgeltfortzahlung herangezogen wird. Tritt während einer ersten Erkrankung eine zweite
andere Krankheit auf, so werden die beiden Erkrankungen als ein Verhinderungsfall
31
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aufgefasst, sodass der Arbeitnehmer die Entgeltfortzahlung an einem Stück für die beiden
Krankheiten insgesamt nur für die Dauer von sechs Wochen geltend machen kann. Schließt
sich eine zweite andere Erkrankung an eine erste Krankheit an, so liegen nur dann zwei
Verhinderungsfälle vor, wenn eine Unterbrechung zwischen den beiden Erkrankungen
vorliegt, die voraussetzt, dass der Arbeitnehmer zwischenzeitlich wieder arbeitsfähig
gewesen ist, insbesondere seine Arbeitstätigkeit zwischenzeitlich wieder aufgenommen hat.
Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlungsfrist gilt nach § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG das Prinzip
der Fortsetzungserkrankung. Danach werden die Zeiten einer erneuten Erkrankung wegen
derselben Krankheit mit den Zeiten der ursprünglichen Erkrankung zusammengerechnet,
soweit nicht die Fristen des § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2 EFZG gewahrt sind. Ist der Arbeitnehmer
sechs Monate vor der Wiedererkrankung nicht an derselben Krankheit erkrankt, hat er nach
§ 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EFZG erneut den Entgeltfortzahlungsanspruch von sechs Wochen.
Wird der Arbeitnehmer wegen derselben Erkrankung erneut arbeitsunfähig, nachdem seit
der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Krankheit ein Zeitraum von zwölf Monaten
abgelaufen ist, ist der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EFZG zur Entgeltfortzahlung bis
zur Dauer von sechs Wochen verpflichtet; zur Berechnung dieser Frist ist auf den Beginn der
einzelnen Krankheitsperioden abzustellen.
Die Entgeltfortzahlung ist in ihrem Ausgangspunkt nach dem Lohnausfallprinzip zu ermitteln,
nach dem für den Entgeltfortzahlungszeitraum konkret das Entgelt zu bestimmen ist, das der
Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit erhalten hätte. Da eine genaue Ermittlung dieses
Entgeltes, gerade bei schwankenden Arbeitszeiten, jedoch nicht möglich ist, ist das
Lohnausfallprinzip durch § 4 Abs. 1 EFZG modifiziert worden. Danach ist einem
Arbeitnehmer das ihm bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende
Arbeitsentgelt fortzuzahlen, das üblicherweise nach den letzten 13 Wochen vor der
Erkrankung berechnet wird. Dabei sind Kurzarbeit und Überstunden zu berücksichtigen,
doch kann ihm Rahmen der vorzunehmenden Prognose für die Entgeltfortzahlung
berücksichtigt werden, dass diese Besonderheiten während der Dauer der Entgeltfortzahlung
wegfallen. So kann die Anordnung von Kurzarbeit nach § 4 Abs. 3 S. 1 EFZG oder die
Anordnung von Überstunden während der Erkrankung, falls allgemein erfolgt, auch dann zu
berücksichtigen sein, wenn die Arbeitszeit vor dem Krankheitsbeginn abweichend geregelt
war.
14
Annahmeverzug des Arbeitgebers
32
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Ein Arbeitnehmer kann nach § 615 S. 1 BGB das Entgelt auch für nicht erbrachte
Arbeitstätigkeiten verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung im
Verzug ist. Hierbei hat sich der Arbeitnehmer nach § 615 S. 2 BGB jedoch dasjenige
anrechnen zu lassen, was er infolge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erspart oder
durch die anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erlangt oder böswillig zu erlangen
unterlässt.
Durch § 615 S. 1 BGB werden nur die Rechtsfolgen des Annahmeverzuges geregelt.
Dessen Voraussetzungen bestimmen sich nach §§ 293 ff. BGB, sodass nach diesen zu
beurteilen ist, ob sich der Arbeitgeber im Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung
befindet. Ein Arbeitgeber gerät nach § 293 BGB in den Annahmeverzug, wenn er die ihm
angebotene Arbeitstätigkeit des Arbeitnehmers nicht annimmt. Dieses Angebot hat der
Arbeitnehmer nach § 294 BGB grundsätzlich in tatsächlicher Form vorzunehmen. Dazu
muss er sich an der Arbeitsstelle einfinden, um den Arbeitgeber um die Zuweisung eines
Arbeitsplatzes zu bitten. Nur ausnahmsweise ist das Erscheinen des Arbeitnehmers an der
Arbeitsstelle nach § 295 S. 1 BGB nicht erforderlich, um den Annahmeverzug zu begründen.
Soweit ein Arbeitgeber erklärt hat, die Arbeitstätigkeit nicht anzunehmen, oder seinen
Mitwirkungspflichten
nicht
nachgekommen
ist,
ist
eine
mündliche
Mitteilung
des
Arbeitnehmers, dass er seine Arbeitskraft anbiete, zur Begründung des Annahmeverzuges
ausreichend. Ohne jedes Angebot der Arbeitstätigkeit kommt ein Arbeitgeber nach § 296 S.
1 BGB in den Annahmeverzug, soweit er eine nach dem Kalender bestimmte
Mitwirkungshandlung nicht rechtzeitig vornimmt. Gerade für eine arbeitgeberseitige
Kündigung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich hieraus, dass der Arbeitgeber mit dem
Zeitpunkt, zu dem der Arbeitsvertrag nach der Kündigung enden soll, in den Annahmeverzug
gerät, ohne dass eine weitere Tätigkeit des Arbeitnehmers erforderlich ist32. Dies beruht
darauf, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen, dem Arbeitsvertrag
entsprechenden Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und zuzuweisen hat, sodass er ohne
diese Tätigkeit eine nach dem Kalender bestimmte Mitwirkungshandlung im Sinne des § 296
S. 1 BGB verabsäumt. Den nach einer Kündigung eingetretenen Annahmeverzug kann der
Arbeitgeber nur dadurch wieder beenden, dass er den Arbeitnehmer zur Arbeitsaufnahme
auffordert und diesem wieder einen funktionsfähigen, dem Arbeitsvertrag entsprechenden
Arbeitsplatz zuweist. Eine Aufforderung zur Arbeitsleistung muss der Arbeitgeber jedoch
nicht tätigen, wenn er sich mit dem Arbeitnehmer vergleichsweise über die Unwirksamkeit
32
BAG – Urteil vom 24.09.2003 – 5 AZR 500/02; BAG – Urteil vom 18.01.2000 – 9 AZR 932/98; BAG – Urteil
vom 09.08.1984 – 2 AZR 374/83
33
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der Kündigung geeinigt hat, denn in diesem Fall hat der Arbeitnehmer mit dem Zeitpunkt der
Rechtsverbindlichkeit des Vergleichs seine Arbeitskraft tatsächlich anzubieten. Zur
Beendigung des Annahmeverzuges genügt die bloße Aufforderung zur Arbeitsaufnahme
nicht, vielmehr muss der Arbeitgeber dabei unzweifelhaft deutlich machen, dass er die
Kündigung des Arbeitsvertrages als unwirksam erachtet. Dieses Erfordernis beruht darauf,
dass der Arbeitgeber nicht nur allgemein einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen hat,
sondern darüber hinaus dem Arbeitnehmer auch eine ungekündigte Arbeitsstelle zuweisen
muss. Dies bedeutet, dass der Annahmeverzug während eines Kündigungsschutzprozesses
selbst dann nicht endet, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Dauer des
Kündigungsschutzprozesses vorsorglich einen befristeten Arbeitsvertrag anbietet33. Durch
ein solches Angebot wird lediglich die Frage berührt, inwieweit der Arbeitnehmer verpflichtet
ist, sich ein entsprechendes Einkommen nach § 615 S. 2 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG anrechnen
zu lassen. Der Annahmeverzug tritt nach § 297 BGB nicht ein, wenn ein Arbeitnehmer außer
Stande ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Ein solches Leistungsunvermögen tritt nicht
nur bei einer objektiven Leistungsunfähigkeit, sondern auch bei einer subjektiven
Leistungsunwilligkeit34 ein, sodass die subjektive Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers
während des gesamten Annahmeverzuges gegeben sein muss.
Der Annahmeverzug bewirkt nach § 615 S. 1 BGB, dass der Arbeitgeber zur Entgeltzahlung
verpflichtet ist, ohne dass der Arbeitnehmer die ausgefallene Arbeitsleistung nachzuholen
hat. Ein Arbeitnehmer hat sich nach § 615 S. 2 BGB, § 11 KSchG35 auf das Verzugsentgelt
bestimmte Einsparungen sowie bestimmte reale oder fiktive Einkünfte anrechnen zu lassen.
Die durch den Arbeitsausfall verursachten Einsparungen nach § 615 S. 2 BGB werden
insbesondere durch nicht angefallene Fahrtkosten bestimmt. Die durch den Arbeitsausfall
entstandenen realen Einkünfte nach § 615 S. 2 BGB, § 11 Nr. 1, 3 KSchG werden
insbesondere durch die Arbeitsentgelte für andere Arbeitstätigkeiten und durch die
Leistungen
der
Arbeitslosenversicherung
bestimmt.
Die
durch
den
Arbeitsausfall
entstandenen fiktiven Einkünfte nach § 615 S. 2 BGB, § 11 Nr. 2 KSchG werden
insbesondere durch die böswillig unterlassenen Arbeitsentgelte aus einem anderweitigen
Erwerb bestimmt. Ein böswilliges Unterlassen des anderweitigen Erwerbs ist gegeben, wenn
der Arbeitnehmer ohne einen ausreichenden Grund das Angebot zumutbarer Arbeit
33
BAG – Urteil vom 24.09.2003 – 5 AZR 500/02; BAG – Urteil vom 14.11.1985 – 2 AZR 98/84
34
BAG – Urteil vom 13.07.2005 – 5 AZR 578/04
35
BAG – Urteil vom 16.06.2004 – 5 AZR 508/03
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verhindert oder ohne einen ausreichenden Grund zumutbare Arbeit ablehnt36; dabei muss
der Arbeitnehmer jeweils vorsätzlich handeln, sodass ein fahrlässiges oder ein grob
fahrlässiges Verhalten zur Annahme des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs
nicht ausreichen37. Die Zumutbarkeit der anderen Arbeitsmöglichkeit bestimmt sich nach den
Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses
sowie der Vorbildung des Arbeitnehmers. Es ist dem Arbeitnehmer zunächst unzumutbar,
ein anderweitiges Dauerarbeitsverhältnis einzugehen, da ihm dieses die Rückkehr an seinen
bisherigen Arbeitsplatz erschwert. Insbesondere ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, den
Vermittlungsdienst der Bundesagentur für Arbeit in Anspruch zu nehmen und sich dort
arbeitsuchend zu melden38. Demgegenüber ist es dem Arbeitnehmer nach einer
arbeitgeberseitigen Kündigung des Arbeitsvertrages nicht generell unzumutbar, eine weitere
Arbeitstätigkeit für den Arbeitgeber zu erbringen, wenn dieser ihm bis zum endgültigen
Abschluss eines Kündigungsschutzverfahrens eine Weiterbeschäftigung zu denselben
Arbeitsbedingungen anbietet. Die Zumutbarkeit hängt vielmehr von der Art der Kündigung
und
ihrer
Begründung
Kündigungsschutzprozess
sowie
ab39.
dem
Bei
Verhalten
einer
des
Arbeitgebers
betriebsbedingten40
oder
in
dem
bei
einer
personenbedingten Kündigung ist dem Arbeitnehmer die vorläufige Weiterarbeit bei seinem
Arbeitgeber zu den bisherigen Arbeitsbedingungen grundsätzlich zumutbar. Während dem
Arbeitgeber
eine
sein
Direktionsrecht
überschreitende
Zuweisung
einer
anderen
Arbeitstätigkeit in der Regel verwehrt ist41, kann dem Arbeitnehmer die vorläufige Ausübung
derselben Tätigkeit zu einer geringeren Vergütung nach den Umständen des Einzelfalles
zumutbar sein42. Eine vorläufige Weiterarbeit bei seinem Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer
bei einer verhaltensbedingten Kündigung, insbesondere bei einer außerordentlichen
Kündigung, in der Regel nicht zumutbar. Gerade die Art und die Schwere der gegen den
Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe können der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung
entgegenstehen, wenn sie den Arbeitnehmer bereits erheblich in seinem Ansehen
beeinträchtigt haben. Selbst bei einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung
macht der Arbeitnehmer durch die Stellung eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrages
jedoch deutlich, dass ihm eine weitere Tätigkeit bei dem Arbeitgeber bis zum Abschluss des
36
BAG – Urteil vom 16.06.2004 – 5 AZR 508/03
37
BAG – Urteil vom 16.06.2004 – 5 AZR 508/03
38
BAG – Urteil vom 16.05.2000 – 9 AZR 203/99
39
BAG – Urteil vom 16.06.2004 – 5 AZR 508/03
40
BAG – Urteil vom 13.07.2005 – 5 AZR 578/04; BAG – Urteil vom 16.06.2004 – 5 AZR 508/03
41
BAG – Urteil vom 16.06.2004 – 5 AZR 508/03
42
BAG – Urteil vom 16.06.2004 – 5 AZR 508/03
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Kündigungsrechtsstreits nicht unzumutbar ist43. Die Einsparungen und Einkünfte sind auf das
gesamte Verzugsentgelt anzurechnen und nicht lediglich auf den Zeitabschnitt, auf den sie
entfallen.
15
Nebenpflichten des Arbeitgebers
Ein Arbeitsvertrag ist ein Schuldverhältnis, aus dem sich für den Arbeitgeber neben der
Entgeltzahlungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB weitere Nebenpflichten ergeben.
15.1
Lebens- / Gesundheitsschutz
Ein Arbeitgeber ist nach § 618 Abs. 1 BGB verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der
Arbeitnehmer während der Arbeitsleistung vor Gefahren für Leben oder Gesundheit
geschützt wird. Diese Verpflichtung umfasst nicht nur die von einem Arbeitgeber zur
Verfügung gestellten Arbeitsräume und Arbeitsmaterialien, von denen keine Lebens- /
Gesundheitsgefahren ausgehen dürfen, sondern sie bezieht sich auch auf die von dem
Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsorganisation, die in einer Art und Weise auszurichten ist,
dass Arbeitnehmerschädigungen vermieden werden. Der Arbeitgeber hat alle wirtschaftlich
vertretbaren
und
ihm
im
Rahmen
des
Betriebes
und
der
Arbeit
möglichen
Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, die zum Teil durch die Arbeitsstättenverordnung, die
Arbeitsstoffverordnung, das Gerätesicherheitsgesetz, das Arbeitssicherheitsgesetz und die
Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften konkretisiert
sind. Die fehlende Beachtung der Schutzmaßnahmen für Leben und Gesundheit durch den
Arbeitgeber begründet zu Gunsten des Arbeitnehmers ein Leistungsverweigerungsrecht,
durch das er berechtigt ist, die Arbeitsleistung ohne finanzielle Nachteile zu verweigern.
Ferner begründet die Nichteinhaltung der erforderlichen Schutzvorschriften durch den
Arbeitgeber einen Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers, der auch in § 618 Abs. 3
BGB zum Ausdruck kommt.
Eine
zu
Gunsten
des
Arbeitnehmers
eintretende
Gefahrenverringerung
kann
die
Zurverfügungstellung von Schutzmitteln (Kleidung, Schuhe, Helm) erfordern. Diese sind dem
Arbeitnehmer kostenfrei zu überlassen und kostenfrei zu unterhalten, ohne dass der
Arbeitgeber
berechtigt
wäre,
von
dem
Arbeitnehmer
eine
teilweise
oder
volle
Kostenbeteiligung zu verlangen. Eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers ist als
43
BAG – Urteil vom 24.09.2003 – 5 AZR 500/02
36
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beschränkende Vereinbarung nach § 619 BGB wegen eines Verstoßes gegen § 618 Abs. 1
BGB unwirksam. Abzugrenzen sind die Schutzmittel, insbesondere die Schutzkleidung, von
der Arbeitskleidung. Grundsätzlich ist ein Arbeitgeber zur Gestellung der Arbeitskleidung
nicht verpflichtet, sodass er sich grundsätzlich auch nicht an deren Kosten zu beteiligen hat.
Sie ist als persönliche Aufwendung des Arbeitnehmers anzusehen, deren Verschleiß durch
das von dem Arbeitgeber erbrachte Entgelt abgegolten wird.
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Gefahren seiner ausgeübten Tätigkeit zu
informieren und ihn in den Gebrauch der vorhandenen Schutzmittel einzuweisen. Allein mit
einer Information und Einweisung genügt der Arbeitgeber seinen Nebenpflichten aus § 618
Abs.
1
BGB
jedoch
noch
nicht,
denn
er
hat
während
des
Bestandes
eines
Arbeitsverhältnisses fortlaufend darüber zu wachen, dass die Schutzmaßnahmen von den
Arbeitnehmern eingehalten und die Schutzmittel von den Arbeitnehmern verwandt werden.
15.2
Persönlichkeitsschutz
Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Arbeitnehmer während seiner Arbeitstätigkeit zu
überwachen. Begrenzt wird diese Berechtigung jedoch durch das Persönlichkeitsrecht des
Arbeitnehmers nach Art. 2 Abs. 1 GG, durch das eine über das normale Maß
hinausgehende, insbesondere lückenlose Kontrolle am Arbeitsplatz als unzulässig bewertet
wird44. Von dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers werden sowohl das Recht am
gesprochenen Wort als auch das Recht am eigenen Bild erfasst, die u. a. die eigene
Bestimmung der Aufzeichnung und der Veröffentlichung der Worte und der Bilder umfassen.
Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ist dem Arbeitgeber nur im
Rahmen der Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen erlaubt, die gegen die
im Rahmen einer umfassenden Güterabwägung zu bewertenden Interessen des
Arbeitnehmers abzugrenzen sind45.
15.3
Beschäftigungspflicht
Der Arbeitnehmer ist nicht allein verpflichtet, die Arbeitsleistung zu erbringen, vielmehr hat er
auch einen Anspruch auf eine dem Arbeitsvertrag entsprechende Beschäftigung durch den
Arbeitgeber. Die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers ist an den Bestand des
44
BAG – Urteil vom 27.03.2003 – 2 AZR 51/02
45
BAG – Urteil vom 27.03.2003 – 2 AZR 51/02
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Arbeitsverhältnisses
gebunden,
sodass
gerade
während
des
Laufes
eines
Kündigungsschutzprozesses eine nicht unerhebliche Unsicherheit in Bezug auf die
Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers besteht. Soweit die Kündigung eines Arbeitgebers
gerechtfertigt ist, ist kein Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers gegeben, während
dieser besteht, soweit die Kündigung unwirksam ist. Gerade diese Unsicherheit wird jedoch
erst während des Kündigungsschutzverfahrens geklärt, sodass eigentlich erst nach dessen
rechtskräftigen Abschluss über den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers entschieden
werden kann. Nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG hat ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach
einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, der der Betriebsrat fristgerecht und
ordnungsgemäß
widersprochen
hat,
bis
zum
rechtskräftigen
Abschluss
des
Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Eine Freistellung des Arbeitnehmers ist dabei nur unter den Voraussetzungen des § 102
Abs. 2 S. 2 Nr. 1 - 3 BetrVG möglich. Demgegenüber erkennt die Rechtsprechung für die
ordentliche Kündigung, der der Betriebsrat nicht fristgerecht und ordnungsgemäß
widersprochen hat, und für die außerordentliche Kündigung einen Beschäftigungsanspruch
des Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzverfahrens nur unter besonderen
Voraussetzungen an. Danach besteht ein solcher bis zu einem der Kündigungsschutzklage
stattgebenden Urteil nur, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist oder der
Arbeitnehmer ein außergewöhnliches Interesse an der Weiterbeschäftigung hat46. Erst mit
einem zu Gunsten des Arbeitnehmers entscheidenden Urteil, gleich in welcher Instanz,
entsteht für die Dauer des Bestandes des der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils
eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Beschäftigung des Arbeitnehmers47.
15.4
Störungen am Arbeitsplatz
Der Arbeitgeber hat die Verpflichtung, zu gewährleisten, dass ein Arbeitnehmer an seinem
Arbeitsplatz weder von Kollegen noch von Vorgesetzten beleidigt oder belästigt wird. Dabei
kann er verpflichtet sein, den Störer zu rügen, abzumahnen, zu versetzen oder zu kündigen.
Eine besondere Ausprägung hat die Schutzpflicht des Arbeitgebers vor Störungen am
Arbeitsplatz durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz erfahren. Dieses verfolgt nach
§ 1 AGG das Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des
Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der
sexuellen Identität zu verhindern. Nach § 3 Abs. 3 AGG stellt eine Belästigung eine
46
BAG – Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84
47
BAG – Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84
38
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Benachteiligung dar, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise im Zusammenhang mit
einem Diskriminierungstatbestand bezweckt oder bewirkt, dass die Würde des Belästigten
verletzt und ein belastenden Umfeld geschaffen wird. Gerade eine sexuelle Belästigung kann
dabei nach § 3 Abs. 4 AGG zu einer Benachteiligung führen. Nach § 12 Abs. 1 S. 1 AGG hat
der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor Benachteiligungen am Arbeitsplatz zu schützen.
Dieser Schutz ist nach § 12 Abs. 1 S. 2, § 12 Abs. 2 S. 1 AGG durch vorbeugende
Maßnahmen, insbesondere Informationen und Schulungen, sowie nach § 12 Abs. 3, 4 AGG
durch ahnende Maßnahmen, insbesondere Abmahnung, Umsetzung, Versetzung und
Kündigung, sicherzustellen. Einem benachteiligten Arbeitnehmer steht nicht nur nach § 13
Abs. 1 S. 1 AGG ein Beschwerderecht zu, vielmehr ist er nach § 14 S. 1 AGG bei (sexuellen)
Belästigungen, gegen die der Arbeitgeber nicht ausreichend einschreitet, zur Verweigerung
der Arbeitsleistung berechtigt.
16
Aufhebungsvertrag
Ein Arbeitsverhältnis kann durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages beendet
werden, der nach § 623 BGB der Schriftform bedarf. Ein Aufhebungsvertrag muss weder die
dem Arbeitsverhältnis zu Grunde liegenden Kündigungsfristen noch einen etwaigen
allgemeinen oder besonderen Kündigungsschutz beachten; auch der Betriebsrat muss vor
seinem Abschluss nicht angehört werden. Bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages
sind jedoch die sozialversicherungsrechtlichen Folgen zu bedenken.
Gegen einen Arbeitslosen, der an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mitwirkt, wird
nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 1 SGB III grundsätzlich eine Sperrzeit von zwölf
Wochen verhangen. Eine Sperrzeit tritt nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III jedoch nicht ein,
wenn der Arbeitslose für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte. Um die Anordnung
einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III zu vermeiden, wird in einen
Aufhebungsvertrag häufig eine Regelung aufgenommen, dass dieser auf Veranlassung des
Arbeitgebers zur Vermeidung einer ansonsten ohnehin ausgesprochenen Kündigung
abgeschlossen wird. Allein das Drohen einer Kündigung durch den Arbeitgeber begründet
jedoch noch keinen wichtigen Grund zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Nach dem
Bundessozialgericht hat ein Arbeitnehmer nur dann einen wichtigen Grund zur Beendigung
des Arbeitsverhältnisses, wenn eine im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages
ausgesprochene Kündigung objektiv rechtmäßig gewesen wäre; insoweit liegt die
Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen des wichtigen Grundes nach § 144 Abs. 1 S. 4
SGB III bei dem Arbeitnehmer. Nach der Einführung des § 1 a KSchG nimmt die von der
39
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Bundesagentur für Arbeit erlassenen Dienstanweisung zu § 144 SGB III (Rn. 144.101 –
144.103) jedoch ohne die objektive Rechtmäßigkeit der Kündigung einen wichtigen Grund
zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages an, wenn 1. eine Kündigung durch den
Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt wird, 2. die Kündigung auf betriebliche
Gründe gestützt wird, 3. die Kündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das
Beschäftigungsverhältnis beendet wird, oder früher wirksam werden würde, 4. die Kündigung
die Kündigungsfrist einhalten würde und 5. eine Abfindung von 0,5 Monatsgehältern,
mindestens aber 0,25 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr an den Arbeitnehmer gezahlt
wird. Die Verhängung einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III bewirkt eine
Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes. Die Dauer des Anspruchs auf
Arbeitslosengeld mindert sich nach § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III um die Dauer einer Sperrzeit
wegen Arbeitsaufgabe.
Der Arbeitslosengeldanspruch ruht nach § 143 a Abs. 1 S. 1 SGB III bis zu dem Ablauf der
ordentlichen Kündigungsfrist, soweit ein Arbeitsvertrag ohne die Einhaltung der ordentlichen
Kündigungsfrist beendet worden ist und der Arbeitslose eine Entlassungsentschädigung
erhalten hat.
17
Betriebsratsanhörung
Ein Arbeitgeber hat den Betriebsrat nach § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG vor jeder Kündigung
anzuhören, sodass ein entsprechender Verstoß nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG zur
Unwirksamkeit der Kündigung führt. Mit den Worten „vor jeder Kündigung“ stellt § 102 Abs. 1
S. 1 BetrVG auf die Abgabe der Kündigungserklärung durch den Arbeitgeber ab, während es
auf den Zugang der Kündigung bei dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht ankommt48. Die
Unwirksamkeitssanktion betrifft nicht nur solche Kündigungen, bei denen der Betriebsrat
überhaupt nicht angehört wurde. Sie erfasst vielmehr auch solche Kündigungen, bei denen
der Betriebsrat zwar angehört wurde, die Anhörung aber nicht ordnungsgemäß erfolgte.
Der Zeitpunkt der Unterrichtung des Betriebsrates über eine Kündigungsabsicht richtet sich
im Wesentlichen nach der Art der beabsichtigten Kündigung. Da einerseits der Betriebsrat
nach § 102 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 BetrVG im Falle einer ordentlichen Kündigung eine Woche
Zeit hat, um schriftliche Bedenken zu äußern oder der Kündigung zu widersprechen, und
andererseits der Arbeitgeber erst nach der Stellungnahme des Betriebsrates oder nach dem
48
BAG – Urteil vom 08.04.2003 – 2 AZR 515/02
40
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Ablauf der 1-wöchigen Frist zum Ausspruch der Kündigung berechtigt ist, muss die
Betriebsratsanhörung so frühzeitig erfolgen, dass ein Zugang der Kündigung bei dem
Arbeitnehmer unter Einschluss der vollen Erklärungsfrist des Betriebsrates und unter
Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zu dem vorgesehenen Kündigungstermin noch
rechtzeitig gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgen kann. Da zum einen der Betriebsrat nach
§ 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG im Falle einer außerordentlichen Kündigung seine Bedenken
innerhalb von drei Tagen schriftlich äußern muss und zum anderen der Arbeitgeber die 2wöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB zu wahren hat, muss die Anhörung des
Betriebsrates spätestens am zehnten Tag nach der Kenntnis der für die Kündigung
maßgeblichen Tatsachen erfolgen, um die Kündigung noch nach dem Ablauf der
Anhörungsfrist am letzten Tag der Ausschlussfrist aussprechen zu können.
Bei einer Betriebsratsanhörung ist der Betriebsrat anzuhören, sodass die Regelung des § 26
Abs. 3 S. 2 BetrVG zur Anwendung gelangt. Danach ist der Betriebsratsvorsitzende oder im
Falle seiner Verhinderung der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende zur Entgegennahme
der
Anhörungserklärungen
des
Arbeitgebers
berufen.
Erfolgt
eine
Mitteilung
der
Kündigungsabsicht gegenüber einem unzuständigen Betriebsratsmitglied, so ist sie
gegenüber dem Betriebsrat erst dann in wirksamer Weise abgegeben, wenn sie von dem
unzuständigen Betriebsratsmitglied an den Betriebsratsvorsitzenden oder im Falle seiner
Verhinderung an den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden weitergeleitet worden ist.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das Anhörungsverfahren grundsätzlich während der
Arbeitszeit des Betriebsratsvorsitzenden bzw. des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden
in den Betriebsräumen einzuleiten. Zwar sind diese berechtigt, auch außerhalb ihrer
Arbeitszeit eine Anhörungsmitteilung des Arbeitgebers anzunehmen, doch sind sie hierzu
grundsätzlich nicht verpflichtet. Nimmt der Betriebsratsvorsitzende bzw. der stellvertretende
Betriebsratsvorsitzende eine Anhörungsmitteilung widerspruchslos außerhalb der Arbeitszeit
an, setzt dies die Äußerungsfristen des § 102 Abs. 2 S. 1, 3 BetrVG in Lauf.
Der Arbeitgeber hat den betroffenen Arbeitnehmer nicht nur durch die Angabe seines
Namens konkret zu bezeichnen, sondern darüber hinaus die Sozial- und Betriebsdaten des
Arbeitnehmers mitzuteilen. Während die Sozialdaten im Wesentlichen durch das
Geburtsdatum, den Familienstand, die Kinderzahl und die persönlichen Umstände bestimmt
werden, bestimmen sich die Betriebsdaten hauptsächlich nach der Betriebszugehörigkeit
und der Arbeitstätigkeit.
41
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Die Informationspflicht des Arbeitgebers umfasst die Mitteilung, ob eine ordentliche oder eine
außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden soll. Will der Arbeitgeber, der eine
außerordentliche Kündigung erwägt, sicherstellen, dass im Falle der Unwirksamkeit der
außerordentlichen Kündigung die von ihm vorsorglich erklärte oder dahin umgedeutete
ordentliche Kündigung nicht an der fehlenden Betriebsratsanhörung scheitert, muss er den
Betriebsrat deutlich darauf hinweisen, dass die geplante außerordentliche Kündigung
hilfsweise als ordentliche Kündigung gelten soll. Der Arbeitgeber hat ferner zu erklären, ob
eine Änderungs- oder eine Beendigungskündigung geplant ist. Will er im Wege einer
Änderungskündigung die Arbeitsbedingungen einseitig ändern, so hat der Arbeitgeber dem
Betriebsrat das Änderungsangebot und die Gründe für die beabsichtigte Änderung der
Arbeitsbedingungen mitzuteilen sowie dann, wenn er sich eine Beendigungskündigung
vorbehalten und dazu eine erneute Anhörung des Betriebsrates ersparen will, zugleich zu
verdeutlichen, dass er im Falle der Ablehnung des Änderungsangebotes durch den
Arbeitnehmer die Beendigungskündigung beabsichtigt.
Der Arbeitgeber hat eine Aussage zu der Kündigungsfrist zu tätigen. Ob die Angabe des
Kündigungstermins im Anhörungsverfahren notwendig ist, ist nicht abschließend geklärt.
Nach dem 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts kann die Angabe des Endtermins einer
Kündigungsfrist regelmäßig nicht verlangt werden, da nicht sicher sei, zu welchem Zeitpunkt
die geplante Kündigung dem Arbeitnehmer zugehe und damit die Kündigungsfrist in Lauf
setze. Der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts hält die Angabe der Kündigungsfrist für
unverzichtbar, lässt aber nicht erkennen, ob er auch die Mitteilung des Kündigungstermins
für zwingend hält.
Die Kündigungsgründe hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitzuteilen, d.h. er muss ihm die
nach seiner Ansicht maßgeblichen Gründe für eine beabsichtigte Kündigung mitteilen. Der
Arbeitgeber muss diejenigen Gründe erläutern, die nach seiner subjektiven Sicht die
Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind. Diese
Gründe darf der Arbeitgeber aber nicht nur pauschal, schlagwortartig oder stichwortartig
bezeichnen, vielmehr hat er die einen Kündigungsentschluss tragenden Tatsachen so genau
zu umschreiben, dass der Betriebsrat ohne eigene, weitere Nachforschungen in die Lage
versetzt wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich über seine
mögliche Stellungnahme schlüssig zu werden. Teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat objektiv
kündigungsrechtlich erhebliche Tatsachen nicht mit, weil er darauf eine Kündigung
(zunächst) nicht stützen will oder weil er sie für seinen Kündigungsentschluss für unerheblich
oder entbehrlich hält, dann ist die Betriebsratsanhörung in Bezug auf die subjektiven
42
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Kündigungsgründe ordnungsgemäß. Eine in objektiver Hinsicht unvollständige Anhörung
verwehrt es dem Arbeitgeber aber, im Kündigungsschutzprozess solche Kündigungsgründe
nachzuschieben,
die
über
eine
Erläuterung
des
dem
Betriebsrat
mitgeteilten
Kündigungssachverhaltes hinausgehen.
Der Betriebsrat soll den Arbeitnehmer nach § 102 Abs. 2 S. 4 BetrVG vor der
Beschlussfassung über seine Stellungnahme hören. Diese Maßnahme soll der Betriebsrat
jedoch nur ergreifen, soweit dies erforderlich ist, sodass ihm bei der Beurteilung der
Erforderlichkeit ein pflichtgemäßer Ermessensspielraum eingeräumt ist. Damit hat der
Arbeitnehmer, mit Ausnahme einer Reduzierung des Betriebsratsermessens auf Null,
praktisch keine Möglichkeit seine Anhörung durch den Betriebsrat zu erzwingen. Selbst
soweit eine Entscheidung des Betriebsrates über die Anhörung des Arbeitnehmers fehlerhaft
gewesen sein sollte, berührt dies die Betriebsratsanhörung nicht, die weiterhin als
ordnungsgemäß zu bewerten ist.
Dem pflichtgemäßen Ermessen des Betriebsrates unterfällt die Entscheidung, ob und wie er
sich nach § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG zu einer ordentlichen Kündigung im Anhörungsverfahren
äußern möchte; hierzu steht dem Betriebsrat nach § 102 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 BetrVG eine
Äußerungsfrist von einer Woche zur Verfügung. Gibt der Betriebsrat eine Stellungnahme
innerhalb der Äußerungsfrist nicht ab, so gilt seine Zustimmung zu der Kündigung nach §
102 Abs. 2 S. 2 BetrVG als erteilt. Dabei ist zu beachten, dass die Erklärung des
Betriebsrates, keine Stellungnahme abzugeben oder auf eine solche zu verzichten, nicht
nach § 102 Abs. 2 S. 2 BetrVG zur Zustimmungsfiktion führt; die von dem Betriebsrat
getätigte Erklärung stellt nämlich gerade eine Stellungnahme dar, die im Gegensatz zu
einem bloßen Schweigen des Betriebsrates den Inhalt hat, dass in Bezug auf eine
Kündigung weder Bedenken angemeldet werden noch widersprochen wird noch zugestimmt
wird. Bedenken gegen eine Kündigung hat der Betriebsrat nach § 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG
schriftlich anzumelden, sodass nur mündlich geäußerte Bedenken keine rechtliche Relevanz
haben. Der Betriebsrat kann jedwede Art von Bedenken gegenüber dem Arbeitgeber äußern,
die insbesondere auch mit persönlichen oder sozialen Verhältnissen des Arbeitnehmers im
Zusammenhang stehen können. Auf einen Kündigungsschutzprozess sind die Bedenken des
Betriebsrates
jedoch
ohne
jeden
Einfluss,
sie
dienen
allein
dem
Versuch,
die
Kündigungsentscheidung des Arbeitgebers zu beeinflussen. Einen Widerspruch gegen die
Kündigung kann der Betriebsrat nach § 102 Abs. 3 BetrVG tätigen. Obwohl sich dies nicht
ausdrücklich aus § 102 Abs. 3 BetrVG ergibt, hat auch der Widerspruch schriftlich zu
erfolgen; dies wird in § 102 Abs. 4 BetrVG deutlich. Dass der Betriebsrat den Begriff
43
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„Widerspruch“ ausdrücklich verwendet, ist nicht erforderlich, vielmehr genügt es, dass er
Einwände gegen die Kündigung vorträgt, die er auf die Widerspruchsgründe des § 102 Abs.
3 Nr. 1 - 5 BetrVG stützt. Ein Widerspruch des Betriebsrates kann nur auf bestimmte Gründe
gestützt werden, die in § 102 Abs. 3 Nr. 1 - 5 BetrVG abschließend aufgeführt sind. Als
Rechtsfolge zieht ein Widerspruch des Betriebsrates die Verpflichtung des Arbeitgebers zur
Übermittlung einer Abschrift des Widerspruches nach § 102 Abs. 4 BetrVG und den
Anspruch des Arbeitnehmers auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss
des Kündigungsschutzprozesses nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG nach sich. Der Betriebsrat
kann einer Kündigung zustimmen.
Die Beschlussfassung des Betriebsrates im Falle einer außerordentlichen Kündigung
entspricht im Wesentlichen den Reaktionsmöglichkeiten im Falle einer ordentlichen
Kündigung. Zunächst ist allerdings die Äußerungsfrist nach § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG auf
drei Tage verkürzt. Ferner besteht der Weiterbeschäftigungsanspruch des § 102 Abs. 5 S. 1
BetrVG nach einem Widerspruch des Betriebsrates nicht.
Eine Betriebsratsanhörung vollzieht sich in zwei aufeinander folgenden Schritten, die nach
ihren Zuständigkeits- und Verantwortungsbereichen voneinander abzugrenzen sind.
Zunächst hat der Arbeitgeber die Anhörung ordnungsgemäß einzuleiten. Unterlaufen ihm
hierbei Fehler, dann führt die mangelhafte Betriebsratsanhörung zur Unwirksamkeit der
Kündigung nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG49, ohne dass es auf ein Verschulden des
Arbeitgebers ankommt. Sodann hat der Betriebsrat sich mit der beabsichtigten Kündigung zu
befassen und sich darüber schlüssig zu werden, ob und wie er auf diese reagiert. Die Fehler,
die der Betriebsrat während seines Verfahrens begeht, berühren die Ordnungsmäßigkeit der
Anhörung und damit die Wirksamkeit der Kündigung nicht50.
18
Kündigung
Eine Kündigung muss sowohl von dem Arbeitgeber als auch von dem Arbeitnehmer nach §
623 Hs. 1 BGB schriftlich ausgesprochen werden, da sie ansonsten unwirksam ist und nicht
zu einer Beendigung des Arbeitsvertrages führt. Wird die Kündigung von einer
Personenmehrheit, zum Beispiel einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ausgesprochen, so
muss die Kündigung entweder von allen Gesellschaftern unterschrieben sein oder durch
49
BAG – Urteil vom 16.01.2003 – 2 AZR 707/01
50
BAG – Urteil vom 16.01.2003 – 2 AZR 707/01
44
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einen Vertretungszusatz erkennen lassen, dass die unterzeichnenden Gesellschafter auch
für die nicht unterzeichnenden Gesellschafter unterschrieben haben51. Wird eine
Änderungskündigung ausgesprochen, so erstreckt sich das Formerfordernis sowohl auf die
Kündigung
als
auch
auf
das
als
Bestandteil
der
Kündigung
erscheinende
Änderungsangebot52; dabei muss das Änderungsangebot zwar ausreichend bestimmt sein,
doch müssen in der Änderungskündigung nur die Arbeitsvertragsbedingungen benannt
werden, die durch das Änderungsangebot verändert werden sollen53. In der elektronischen
Form des § 126 a BGB kann eine Kündigung nach § 623 Hs. 2 BGB nicht ausgesprochen
werden.
Eine Person, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis endet, ist nach § 37 b S. 1 SGB III
gehalten, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung bei der Agentur für Arbeit
arbeitsuchend zu melden. Dabei ergibt sich aus § 37 b S. 5 SGB III, dass nur
außerbetriebliche Ausbildungsverhältnisse von der Meldepflicht umfasst werden, da bei
betrieblichen
Ausbildungsverhältnissen
die
Möglichkeit
der
Begründung
eines
Arbeitsverhältnisses mit dem Ausbildungsbetrieb gegeben ist, über die in der Regel erst
nach dem Bestehen der Abschlussprüfung entschieden wird. Sofern der Zeitraum zwischen
der Kenntnis von der Beendigung des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses und der
Beendigung weniger als drei Monate beträgt, hat die Meldung nach § 37 b S. 2 SGB III
innerhalb einer Frist von drei Tagen seit der Kenntnis der Beendigung des Arbeits- oder
Ausbildungsverhältnisses zu erfolgen. Dabei ist zur Berechnung der 3-Tages-Frist nicht auf
die Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit, sondern nach § 26 Abs. 1 SGB X, § 188 Abs. 1
BGB auf den Kalender abzustellen; fällt der Fristablauf auf einen Samstag, einen Sonntag
oder auf einen gesetzlichen Feiertag, endet die 3-Tages-Frist mit dem Ablauf des nächsten
Werktages. Eine Verletzung der Meldeobliegenheit ohne einen wichtigen Grund führt nach §
144 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB III zu einer Sperrzeit, die nach § 144 Abs. 6 SGB III eine Dauer
von einer Woche hat.
Eine Kündigung soll von dem Arbeitgeber nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III mit einem
Hinweis auf das Erfordernis eigener Aktivitäten zur Arbeitsplatzsuche und auf das
Erfordernis zur unverzüglichen Meldung bei der Agentur für Arbeit verbunden werden.
Obwohl ein Verstoß des Arbeitslosen gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen nach § 37
51
BAG – Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 162/04
52
BAG – Urteil vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03
53
BAG – Urteil vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03
45
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b, § 140 SGB III zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führt, führt eine Verletzung der
Hinweispflichten durch den Arbeitgeber nicht zu einem Schadenersatzanspruch des
Arbeitnehmers54.
19
Ordentliche Kündigung
19.1
Kündigungsfrist, -termin
Die von den Arbeitsvertragsparteien einzuhaltenden Kündigungsfristen und -termine
bestimmen sich zunächst nach den von ihnen in dem Arbeitsvertrag oder in dem Tarifvertrag
getroffenen Vereinbarungen. Diese können von den gesetzlichen Bestimmungen des § 622
BGB zwar abweichende Bestimmungen enthalten, doch wird die Regelungsbefugnis der
Arbeitsvertragsparteien zum Teil eingeschränkt. Einerseits ist bei einer Veränderung der
Kündigungsfristen und -termine jedoch zu beachten, dass nach § 622 Abs. 6 BGB die von
dem Arbeitnehmer einzuhaltende Kündigungsfrist niemals länger vereinbart werden darf als
die von dem Arbeitgeber zu beachtende Kündigungsfrist, während umgekehrt die von dem
Arbeitnehmer zu wahrende Kündigungsfrist kürzer bemessen sein darf als die von dem
Arbeitgeber anzuwendende Kündigungsfrist. Ein Verstoß gegen diese Gesetzesbestimmung
führt nach § 89 Abs. 2 S. 2 HGB analog dazu, dass auch eine Kündigung durch den
Arbeitgeber nach der längeren Kündigungsfrist zu bemessen ist55. Andererseits sind die
Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers jedoch auch durch § 622
Abs. 4, 5 BGB begrenzt, der sowohl für eine arbeitsvertragliche als auch für eine
tarifvertragliche
Veränderung
der
Kündigungsfristen
und
Kündigungstermine
einige
Beschränkungen vorsieht.
Ein Arbeitsvertrag ist nach § 622 Abs. 1 BGB grundsätzlich mit einer Kündigungsfrist von vier
Wochen zu den Kündigungsterminen des 15. oder des Endes eines jeden Kalendermonats
kündbar. Durch einen Arbeitsvertrag kann die Grundkündigungsfrist, die auch durch die
Kündigungstermine bestimmt wird, nur unter den Voraussetzungen des § 622 Abs. 5 S. 1
BGB im Rahmen eines vorübergehenden Aushilfsarbeitsverhältnisses oder innerhalb eines
Kleinbetriebes verkürzt werden, während eine Verlängerung der Grundkündigungsfrist durch
den Arbeitsvertrag nach § 622 Abs. 5 S. 2 BGB zulässig ist. Sowohl eine Verkürzung als
54
BAG – Urteil vom 29.09.2005 – 8 AZR 571/04
55
BAG – Urteil vom 02.06.2005 – 2 AZR 296/04
46
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auch eine Verlängerung der Grundkündigungsfrist ist nach § 622 Abs. 4 S. 1 BGB durch
einen Tarifvertrag regelbar.
Die Grundkündigungsfrist und die Grundkündigungstermine für die arbeitgeberseitige
Kündigung des Arbeitsverhältnisses werden durch § 622 Abs. 2 S. 1 BGB von der Dauer der
Betriebs- und Unternehmenszugehörigkeit des Arbeitnehmers abhängig gemacht. Die
Beschäftigungskündigungsfrist kann durch einen Arbeitsvertrag, wie sich aus einem
Umkehrschluss aus § 622 Abs. 5 S. 2 BGB ergibt, zwar nicht verkürzt, aber verlängert
werden. Demgegenüber ist durch einen Tarifvertrag nach § 622 Abs. 4 S. 1 BGB jede
Änderung der Beschäftigungskündigungsfrist zulässig.
19.2
Soziale Rechtfertigung
Das Kündigungsschutzgesetz ist nach § 23 Abs. 1 S. 1 KSchG zwar grundsätzlich von allen
privaten
und
öffentlichen
Arbeitgebern
zu
beachten,
doch
tritt
der
allgemeine
Kündigungsschutz nach § 23 Abs. 1 S. 2, 3 KSchG nur ein, soweit der Betrieb oder die
Verwaltung eine bestimmte Mindestgröße aufweist. Dabei ist die dem Betrieb oder der
Verwaltung abverlangte Betriebsgröße von dem Zeitpunkt des Beginns des von der
Kündigung
betroffenen
Arbeitsverhältnisses
abhängig.
Für
Arbeitnehmer,
deren
Arbeitsverhältnis vor dem 01.01.2004 begonnen hat, eröffnet § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG die
Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes, wenn der Arbeitgeber in dem Betrieb oder der
Verwaltung
regelmäßig
Berufsausbildung
mehr
als
Beschäftigten
fünf
Arbeitnehmer
beschäftigt.
Dabei
ausschließlich
sind
die
der
zu
Arbeitnehmer,
ihrer
deren
Arbeitsverhältnis nach dem 31.12.2003 begonnen hat, nach § 23 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 KSchG
zur Feststellung der Arbeitnehmerzahl so lange nicht mitzuzählen, bis eine Beschäftigtenzahl
von zehn Arbeitnehmern erreicht wird. Insoweit soll erreicht werden, dass ursprünglich nicht
unter das Kündigungsschutzgesetz fallende Arbeitnehmer durch nach dem 31.12.2003
erfolgte
Einstellungen
des
Arbeitgebers
nicht
gegenüber
den
neu
eingestellten
Arbeitnehmern privilegiert werden; vielmehr soll der Kündigungsschutz für die ursprünglich
nicht geschützten Arbeitnehmer ebenfalls erst nach dem Überschreiten des Schwellenwertes
von zehn Arbeitnehmern begründet werden. Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach
dem 31.12.2003 begonnen hat, tritt der Schutz des Kündigungsschutzgesetzes nach § 23
Abs. 1 S. 3 Hs. 1 KSchG in Kraft, wenn der Arbeitgeber in dem Betrieb oder der Verwaltung
in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung
Beschäftigten
beschäftigt.
Bei
der
Ermittlung
der
Arbeitnehmerzahl
sind
Vollzeitarbeitsverhältnisse jeweils als ein Arbeitnehmer zu zählen. Demgegenüber werden
47
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Teilzeitarbeitsverhältnisse nach § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG entsprechend der regelmäßigen
wöchentlichen Arbeitszeit nur anteilig berücksichtigt.
Dem allgemeinen Kündigungsschutz unterfallen nach § 1 Abs. 1 KSchG nur solche
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne
Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Dabei versteht man unter einem
Betrieb die organisatorische Einheit von persönlichen, sachlichen und immateriellen Mitteln
zur Erreichung eines bestimmten arbeitstechnischen Zwecks, und unter einem Unternehmen
die organisatorische Einheit persönlicher, sachlicher und immaterieller Mittel zur Verfolgung
des Zieles, ein bestimmtes Bedürfnis über den Markt zu befriedigen. Die Erwähnung des
Betriebes in § 1 Abs. 1 KSchG ist eigentlich überflüssig, denn die Beschäftigung in
demselben Unternehmen und damit in jedem beliebigen Betrieb des Unternehmens genügt,
um die Wartefrist zu erfüllen. Nicht ausreichend ist allerdings die Beschäftigung in einem
Betrieb eines anderen Unternehmens, selbst wenn dieses demselben Konzern angehört.
Durch eine ausdrückliche Vereinbarung können der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber
allerdings bestimmen, dass auch Zeiten früherer Beschäftigungsverhältnisse in anderen
Unternehmen auf die Wartezeit angerechnet werden sollen. Eine solche Absprache ist
insbesondere anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer von vornherein für alle Betriebe und
Unternehmen des Konzerns eingestellt worden ist.
Die Kündigung eines Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG
sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem
Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die
einer
Weiterbeschäftigung
des
Arbeitnehmers
entgegenstehen,
bedingt
ist.
Die
arbeitgeberseitige Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 S. 2 KSchG ferner sozial ungerechtfertigt,
wenn der Betriebs- oder Personalrat aus einem der in § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 2 KSchG
aufgeführten Gründe schriftlich der Kündigung entgegentritt. Bei der Beurteilung der sozialen
Rechtfertigung hat eine umfassende Abwägung der Interessen des Arbeitnehmers an dem
Bestandsschutz seines Arbeitsverhältnisses und des Arbeitgebers an dessen Beendigung
stattzufinden. Eine Kündigung ist bereits dann gerechtfertigt, wenn Umstände vorliegen, die
diese bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Arbeitsvertragsparteien
und des Betriebes als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Dagegen ist es
nicht erforderlich, dass eine Kündigung des Arbeitgebers durch einen Grund verursacht ist,
der dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über das Ende der
Kündigungsfrist
hinaus
überhaupt
nicht
mehr
zumutbar
erscheinen
lässt.
Das
Kündigungsrecht des Arbeitgebers wird von dem ultima-ratio-Prinzip beherrscht, d. h. dass
48
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der Arbeitgeber in jedem Falle zu versuchen hat, eine Kündigung durch andere geeignete
Maßnahmen zu vermeiden. Vor jeder Kündigung durch den Arbeitgeber, insbesondere vor
jeder personen- und betriebsbedingten Kündigung, ist zu prüfen, ob sie dadurch vermieden
werden kann, dass der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz zu geänderten
Arbeitsbedingungen weiter beschäftigt wird. Jeder verhaltensbedingten Kündigung hat
grundsätzlich
eine
Abmahnung
des
Arbeitnehmers
wegen
eines
gleichartigen
Arbeitsvertragsverstoßes vorauszugehen. Für die Beurteilung der sozialen Rechtfertigung
einer arbeitgeberseitigen Kündigung ist auf den Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung bei
dem Arbeitnehmer abzustellen. Gerade für die personen- und betriebsbedingte Kündigung
ist eine auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs bezogene Prognosebeurteilung
vorzunehmen, die von Umständen, die nach dem Ausspruch der Kündigung eingetreten
sind, nicht mehr beeinflusst wird.
19.2.1
Personenbedingte Kündigung
Kündigungsgründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, sind solche, die auf den
persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers beruhen. Hierzu zählen vor
allem Erkrankungen eines Arbeitnehmers, die seine Einsatzfähigkeit herabsetzen oder
ausschließen. Soll eine Kündigung auf die persönlichen Verhältnisse eines Arbeitnehmers
gestützt
werden,
bedarf
es
einer
sorgfältigen
Abwägung
der
Interessen
der
Arbeitsvertragsparteien. Zu Gunsten des Arbeitnehmers ist zu berücksichtigen, ob und
inwieweit
dem
Arbeitgeber
die
Kündigungsgründe
bereits
vor
Eintritt
des
Kündigungsschutzes bekannt waren oder ob sie erst im Verlaufe einer langjährigen
Beschäftigung infolge des natürlichen Kräfteverschleißes eingetreten sind. In diesen Fällen
wird
der
Arbeitgeber
sie
in
der
Regel
nicht
als
wesentliche
Belastung
des
Arbeitsverhältnisses angesehen haben oder es entspricht der Billigkeit, wenn der
Arbeitgeber
auch
dem
arbeitsgeschädigten
Arbeitnehmer
noch
eine
Beschäftigungsmöglichkeit einräumt. Auch für eine personenbedingte Kündigung des
Arbeitgebers
gilt
das
Kündigungsausspruch
ultima-ratio-Prinzip,
auch
nach
sodass
der
Arbeitgeber
Versetzungsmöglichkeiten,
vor
gegebenenfalls
einem
nach
zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen, zu suchen hat.
19.2.2
Verhaltensbedingte Kündigung
Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund ist gegeben, wenn ein ruhig und verständig
denkender Arbeitgeber auf Grund einer von dem Arbeitnehmer willensgesteuerten Handlung,
49
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die rechtmäßig oder unrechtmäßig sein kann, zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses
veranlasst würde. Im Rahmen der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung sind zwar
nicht nur solche Umstände zu beachten, die dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des
Arbeitsvertrages unzumutbar machen, doch müssen diese ein solches Gewicht erreichen,
dass es angemessen erscheint, das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der ordentlichen
Kündigungsfrist nicht mehr fortzusetzen. Während auf der Seite des Arbeitgebers
insbesondere die Arbeits- und Betriebsdisziplin, die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit
des Betriebes, der Eintritt eines Vermögensschadens, die Wiederholungsgefahr, die
Schädigung des Unternehmensansehens und der Schutz der Belegschaft zu beachten sind,
sind in Bezug auf den Arbeitnehmer insbesondere Art, Schwere und Häufigkeit der
Pflichtverletzung,
das
Mitverschulden
des
Arbeitgebers
und
die
Dauer
der
Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen.
Aus dem ultima-ratio-Prinzip folgt, dass der verhaltensbedingten Kündigung eine
Abmahnung und eine Überprüfung der Versetzungsmöglichkeiten vorauszugehen haben. Da
eine Abmahnung darauf ausgerichtet ist, dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten vorzuhalten
und ihn zu einer Verhaltensänderung zu motivieren, kann zur sozialen Rechtfertigung einer
verhaltensbedingten Kündigung nur eine solche Abmahnung herangezogen werden, die auf
einem dem Kündigungssachverhalt vergleichbaren Geschehen beruht, sodass zwischen den
beiden Vorkommnissen ein gleichwertiger Unrechtsgehalt gegeben sein muss.
Eine Abmahnung ist der Ausdruck der Missbilligung eines Verhaltens unter Androhung von
Rechtsfolgen für die Zukunft, sofern das missbilligte Verhalten nicht geändert wird. Sie
enthält somit drei Elemente: 1. Umschreibung des zu missbilligenden Verhaltens,
2.Aufforderung, dieses Verhalten zu ändern und 3. Androhung von Kündigungsfolgen für den
Fall der Nichtänderung des Verhaltens. Aus der Funktion einer Abmahnung, dem
Arbeitnehmer deutlich zu machen, dass der Arbeitgeber nicht bereit ist, ein bestimmtes
Verhalten hinzunehmen, folgt, dass das Fehlverhalten des Arbeitnehmers in der Abmahnung
klar, deutlich und ausreichend konkretisiert dargestellt sein muss. Nur allgemeine Hinweise,
beispielsweise
„auf
Grund
der
Ihnen
bekannten
Vorkommnisse“,
genügen
der
Hinweisfunktion der Abmahnung nicht. Insgesamt ist es daher erforderlich, dass dem
Arbeitnehmer zunächst das missbilligte Verhalten im Verhältnis zu dem vertragsgerechten
Verhalten aufgezeigt wird, um ihn sodann aufzufordern, sich in der Zukunft vertragstreu zu
verhalten. Aus der Funktion der Abmahnung, das zu missbilligende Verhalten des
Arbeitnehmers abschließend zu ahnden, ergibt sich, dass der Arbeitgeber mit dem
Ausspruch einer Abmahnung des (außer)ordentlichen Kündigungsrechts verlustig geht,
50
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sofern die für die Kündigung maßgeblichen Umstände mit dem der Abmahnung zu Grunde
liegenden Sachverhalt identisch sind56. Mit einer Abmahnung gibt der Arbeitgeber seine
Bereitschaft zu erkennen, das mit dem Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis trotz des
Fehlverhaltens des Arbeitnehmers fortzusetzen, sodass in der Abmahnung ein konkludenter
Kündigungsverzicht zu sehen ist. Ein Verzicht auf die Kündigungsberechtigung ist jedoch
nicht
anzunehmen,
sofern
sich
der
Arbeitgeber
weitere
Konsequenzen
des
zu
57
missbilligenden Verhaltens in der Abmahnung vorbehält . Aus der Funktion einer
Abmahnung,
dem
Arbeitnehmer
deutlich
zu
machen,
dass
der
Bestand
seines
Arbeitsverhältnisses bei einer Wiederholung des missbilligten Verhaltens gefährdet ist, folgt,
dass sich gerade die Gefährdung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses für den
Arbeitnehmer aus dem Zusammenhang der Abmahnung ergeben muss. Zwar lässt das
Bundesarbeitsgericht die Androhung „arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ der Warnfunktion
der Abmahnung genügen, doch sehen einige Arbeitsgerichte einen bloßen Hinweis auf
„personelle Konsequenzen“ oder „geeignete arbeitsrechtliche Schritte“ als nicht ausreichend
an. Aus Vorsorge sollte in der Abmahnung daher regelmäßig auf die drohende Kündigung
des Arbeitsverhältnisses im Wiederholungsfalle hingewiesen werden.
19.2.3
Betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung wird nicht allein nach den dringenden betrieblichen
Erfordernissen des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG bestimmt, sondern darüber hinaus auch noch an
der Sozialauswahl des § 1 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 KSchG gemessen.
Eine
betriebsbedingte
Kündigung
ist
gerechtfertigt,
wenn
eine
unternehmerische
Entscheidung vorliegt, durch die auf Grund inner- oder außerbetrieblicher Ursachen eine
Veränderung der im Betrieb zu erledigenden Arbeitsmenge eintritt, der ein Arbeitgeber durch
andere Maßnahmen nicht gerecht werden kann. Während zu den innerbetrieblichen
Ursachen insbesondere die Rationalisierungsmaßnahmen und die Produktionsumstellung / einstellung gehören, zählen zu den außerbetrieblichen Geschehnissen insbesondere der
Auftragsmangel, der Umsatzrückgang, der Gewinnverfall und die Unrentabilität. Die
außerbetrieblichen Gründe können eine betriebsbedingte Kündigung nur dann rechtfertigen,
wenn sie der Arbeitgeber zum Anlass einer unternehmerischen Entscheidung nimmt, um
eine Betriebsänderung durchzuführen. Die inner- und außerbetrieblichen Gründe müssen
56
BAG – Urteil vom 06.03.2003 – 2 AZR 128/02; BAG – Urteil vom 10.11.1988 – 2 AZR 215/88
57
BAG – Urteil vom 06.03.2003 – 2 AZR 128/02
51
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zum Wegfall eines Arbeitsplatzes führen. Insoweit kommt es aber nicht darauf an, ob ein
bestimmter Arbeitsplatz weggefallen ist, sondern allein darauf, ob der Bedarf für einen
Arbeitnehmer nicht mehr besteht. Auch für eine betriebsbedingte Kündigung gilt das ultimaratio-Prinzip, sodass diese nur zulässig ist, wenn sie unvermeidbar ist. Die Unvermeidbarkeit
der Kündigung ist zunächst nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber
auf einen anderen, freien und gleichwertigen Arbeitsplatz versetzt werden kann. Bei der
Kontrolle der Versetzungsmöglichkeit sind alle vergleichbaren und freien Arbeitsplätze im
Betrieb des Arbeitgeber zu berücksichtigen, ohne dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, einen
neuen Arbeitsplatz zu schaffen, um die Kündigung abzuwenden. Allein durch das Erfordernis
der Einarbeitung oder Umschulung des Arbeitnehmers wird die Versetzungsmöglichkeit
innerhalb des Betriebs nicht ausgeschlossen, denn dem Arbeitgeber ist es zumutbar, solche
Maßnahmen in einer vertretbaren Zeit mit einem vertretbaren Aufwand vorzunehmen. Die
Unvermeidbarkeit der Kündigung ist des Weiteren nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer in
dem Betrieb des Arbeitgebers auf einem schlechteren Arbeitsplatz eingesetzt werden kann.
Aus dem Vorrang der Änderungskündigung gegenüber der Beendigungskündigung folgt,
dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer
Beendigungskündigung
eine
mögliche
Weiterbeschäftigung
zu
schlechteren
Arbeitsbedingungen anzubieten.
Trotz eines dringenden betrieblichen Erfordernisses ist eine betriebsbedingte Kündigung
nach § 1 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 KSchG sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der
Auswahl des konkret zu kündigenden Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit,
das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung nicht oder nicht
hinreichend beachtet hat. Damit ist zunächst nur zum Ausdruck gebracht, dass der
Arbeitgeber diese vier Grunddaten bei seiner Kündigungsentscheidung zu berücksichtigen
hat, während die Beachtung weiterer sozialer Gesichtspunkte damit nicht ausgeschlossen
ist. Allerdings müssen die weiteren sozialen Gesichtspunkte „in einem unmittelbaren
spezifischen Zusammenhang mit den Grunddaten stehen58“ oder „sich aus solchen
betrieblichen Gegebenheiten herleiten, die evident einsichtig sind59“. Die Vergleichbarkeit der
in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach
arbeitsplatzbezogenen Merkmalen. Bei ihrer Überprüfung auf horizontaler Ebene sind
zunächst alle Arbeitnehmer vergleichbar, die denselben Beruf erlernt haben und ausüben. Im
Rahmen der vertikalen Austauschbarkeit der Arbeitnehmer sind grundsätzlich nur die
58
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59
BT-Drucks 15/1204 S. 11
52
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Arbeitnehmer derselben hierarchischen Ebene zu vergleichen. Etwas anderes ergibt sich
jedoch dann, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer signalisiert hat, dass er auch mit einer
Arbeitstätigkeit auf einer geringeren Organisationsstufe einverstanden ist. In der räumlichen
Begrenzung erstreckt sich die soziale Auswahl auf sämtliche Arbeitnehmer des Betriebes,
sodass eine Betrachtung nur benachbarter Arbeitsplätze oder Betriebsabteilungen
unzulässig ist. Im Rahmen der Sozialauswahl ist unter mehreren vergleichbaren
Arbeitnehmern derjenige zu kündigen, der nach seinen Sozialdaten den geringsten Schutz
benötigt. Dabei sind nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das
Lebensalter, die Zahl der Unterhaltsverpflichtungen und die Schwerbehinderung als die
Grunddaten des Arbeitnehmers zu bewerten, denen bei der Abwägung grundsätzlich ein
gleiches Gewicht zukommt60. Als weitere Auswahlgesichtspunkte kommen die sozialen
Gesichtspunkte, die „in einem unmittelbaren spezifischen Zusammenhang mit den
Grunddaten stehen61“ oder „sich aus solchen betrieblichen Gegebenheiten herleiten, die
evident einsichtig sind62“, in Betracht. Aus allen Wertungskriterien ist eine Abwägung nach
den
Umständen
des
Einzelfalles
vorzunehmen,
sodass
gelegentlich
entwickelte
Punktetabellen nicht geeignet sind, einen sicheren Beurteilungsmaßstab abzugeben.
Vernachlässigt werden kann die soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 S. 2 KSchG, wenn
berechtigte
betriebliche
Bedürfnisse
die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer
Arbeitnehmer erfordern. Der Arbeitgeber muss einen Arbeitnehmer, der sich als
Leistungsträger für den Betrieb unentbehrlich gemacht hat, auch dann nicht kündigen, wenn
er gegenüber anderen Arbeitnehmern sozial weniger schutzbedürftig ist. Berechtigte
betriebliche Bedürfnisse zur Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers sind gegeben, wenn
auf ihn im Interesse eines geordneten Betriebsablaufs nicht verzichtet werden kann.
19.2.4
Dem
Abfindungsanspruch
von
einer
betriebsbedingten
Kündigung
betroffenen
Arbeitnehmer
kann
ein
Abfindungsanspruch entstehen, dessen Höhe nach § 1 a Abs. 2 S. 1 KSchG mit einem
halben Monatsverdienst für jedes Jahr des Bestandes des Arbeitsverhältnisses zu bemessen
ist. Dieser setzt nach § 1 a Abs. 1 S. 1 KSchG zunächst voraus, dass der Arbeitgeber eine
betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen hat, gegen die der Arbeitnehmer eine
Kündigungsschutzklage nicht erhebt. Des Weiteren setzt der Abfindungsanspruch nach § 1 a
60
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61
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62
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Abs. 1 S. 2 KSchG voraus, dass der Arbeitgeber die Kündigung mit einem Hinweis auf die
betriebsbedingten Kündigungsgründe und auf das Entstehen des Abfindungsanspruchs bei
dem Verstreichenlassen der Klagefrist für die Kündigungsschutzklage verbunden hat. Zur
Entstehung gelangt der Abfindungsanspruch des § 1 a Abs. 1 KSchG sodann mit dem Ablauf
der Kündigungsfrist der von dem Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung.
20
Außerordentliche Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung ist nach § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, wenn zu
Gunsten
des
Kündigenden
ein
wichtiger
Grund
gegeben
ist.
Dabei
prüft
das
Bundesarbeitsgericht die Kündigungsberechtigung stets in zwei Stufen, indem es zunächst
klärt, ob der Kündigungssachverhalt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung
zu
rechtfertigen,
um
sodann
abzuwägen,
ob
auch
unter
Berücksichtigung
der
Einzelfallumstände eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist. Gerade im Rahmen
der vorzunehmenden Einzelfallabwägung kommt dem ultima-ratio-Prinzip eine besondere
Bedeutung zu, denn grundsätzlich kommt eine außerordentliche Kündigung wegen eines
Verhaltens des anderen Vertragspartners nur nach einer vorherigen, gleichartigen
Abmahnung in Betracht; zu dieser gelten dieselben Grundsätze, die auch bei einer
ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen zu berücksichtigen sind.
Eine außerordentliche Kündigung kann nach § 626 Abs. 2 S. 1 BGB nur innerhalb von zwei
Wochen ausgesprochen werden. Diese Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 S. 2 BGB zu dem
Zeitpunkt, zu dem der Kündigende von den Kündigungstatsachen Kenntnis erlangt. Für den
Beginn der Ausschlussfrist ist erforderlich, dass der Kündigende eine sichere Kenntnis von
den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, sodass bloße Vermutungen nicht
ausreichen, um die Ausschlussfrist in Gang zu setzen. Liegt der Kündigungssachverhalt
nicht offen zu Tage, beginnt die Ausschlussfrist, wenn die gebotene Aufklärung mit der
gebotenen Beschleunigung beendet und eine Anhörung des zu kündigenden Arbeitnehmers
stattgefunden hat; im Allgemeinen wird die Anhörung innerhalb einer Woche stattzufinden
haben. Da die Ausschlussfrist eine positive Kenntnis des Kündigenden über die der
Kündigung zu Grunde zu legenden Tatsachen erfordert, wird sie selbst bei einer grob
fahrlässigen Unkenntnis des Kündigenden nicht ausgelöst. Wird die Kündigung auf einen
dauernden Zustand gestützt, so beginnt die Ausschlussfrist nicht bereits mit dem Beginn des
Dauerzustandes zu laufen, vielmehr setzt sie erst mit dessen Beendigung ein.
54
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21
Kündigungsschutzklage
Der Arbeitnehmer kann die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung innerhalb einer Frist von
drei
Wochen
nach
dem
Zugang
der
schriftlichen
Kündigung
mit
einer
Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht geltend machen. Für eine ordentliche
Kündigung sieht § 4 S. 1 KSchG vor, dass sowohl die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung
wegen Sozialwidrigkeit als auch die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung wegen anderer
Gründe in einer Kündigungsschutzklage gerügt werden müssen. Für eine außerordentliche
Kündigung bestimmen die § 13 Abs. 1 S. 2, § 4 S. 1 KSchG, dass deren
Rechtsunwirksamkeit mit einer Kündigungsschutzklage anzugreifen ist. Von dem Erfordernis
der Einleitung eines Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht werden alle
Gründe erfasst, die zu einer Unwirksamkeit der von dem Arbeitgeber ausgesprochenen
Kündigung führen können. Neben der Sozialwidrigkeit bei einer ordentlichen Kündigung
sowie neben dem mangelnden wichtigen Grund oder dem Ablauf der Ausschlussfrist bei
einer
außerordentlichen
Kündigung
werden
insbesondere
die
nachfolgenden
Unwirksamkeitsrügen umfasst: § 18 BErzGG, § 102 BetrVG, §§ 138, 613 a Abs. 4 BGB, § 9
MuSchG, § 85 SGB IX. Außerhalb einer Kündigungsschutzklage kann jedoch die mangelnde
Schriftform einer Kündigung nach § 623 BGB geltend gemacht werden, da der Beginn der
Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG gerade an den Zugang der schriftlichen Kündigung geknüpft
ist. Versäumt ein Arbeitnehmer die 3-wöchige Klagefrist, so wird eine arbeitgeberseitige
Kündigung nach § 7 Hs. 1 KSchG trotz des Umstandes, dass sie gegebenenfalls
rechtsunwirksam ist, von Anfang an wirksam. Diese Wirksamkeitsfiktion betrifft alle Gründe,
die zu einer Unwirksamkeit der von dem Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung führen
können.
22
Arbeitszeugnis
Ein Arbeitszeugnis ist auf dem von dem Arbeitgeber im Geschäftsverkehr verwandten
aktuellen
Geschäftspapier
Verbesserungen,
zu
Streichungen
erstellen63.
oder
Es
Ähnliches
darf
keine
64
enthalten .
Flecken,
Ein
Radierungen,
Arbeitszeugnis
ist
grundsätzlich unter dem Datum des letzten Tages des Arbeitsverhältnisses zu erteilen, da
ansonsten aus dem Datum auf eine mögliche Streitigkeit zwischen dem Arbeitgeber und
dem Arbeitnehmer über den Inhalt des Arbeitszeugnisses geschlossen werden kann; dies
63
BAG – Urteil vom 03.03.1993 – 5 AZR 182/92
64
BAG – Urteil vom 03.03.1993 – 5 AZR 182/92
55
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gilt auch für geänderte / ergänzte Arbeitszeugnisse, zu denen ein Arbeitgeber erst durch
einen gerichtlichen Vergleich oder ein gerichtliches Urteil angehalten wurde.
Neben den Angaben zur Person eines Arbeitnehmers (Vorname, Nachname, Geburtsdatum)
enthält das einfache Zeugnis nach § 109 Abs. 1 S. 2 GewO eine Beschreibung der Art und
der Dauer der Tätigkeit. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers ist vollständig und zutreffend zu
beschreiben, sodass sich aus dem Arbeitszeugnis ein eindeutiges Bild über den dem
Arbeitnehmer übertragenen Aufgabenbereich ergibt; dazu genügt eine bloße Wiedergabe
der Berufsbezeichnung nicht, vielmehr sind auch Qualifikationen und Spezialisierungen des
Arbeitnehmers in das Arbeitszeugnis aufzunehmen. Die Tätigkeitsdauer muss durch die
Angabe
des
Anfangs-
und
des
Enddatums
beschrieben
werden;
dabei
dürfen
Unterbrechungen der Tätigkeit, selbst bei einer längeren Dauer, in das Zeugnis nicht
aufgenommen werden.
Neben den Angaben eines einfachen Zeugnisses muss sich ein qualifiziertes Arbeitszeugnis
nach § 109 Abs. 1 S. 3 GewO auch zu der Leistung und dem Verhalten eines Arbeitnehmers
während des Arbeitsverhältnisses erklären. Während der Begriff der Leistung die
Leistungsfähigkeit (Können, Wissen, Fertigkeiten usw.), die Leistungsbereitschaft und die
Leistungserfolge (Arbeitsgüte, Arbeitstempo, Arbeitsökonomie usw.) eines Arbeitnehmers
umfasst, bezieht sich der Begriff des Verhaltens auf das Sozialverhalten eines
Arbeitnehmers gegenüber Geschäftspartnern, Vorgesetzten und Kollegen. Der Inhalt eines
qualifizierten Arbeitszeugnisses steht dabei grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des
Arbeitgebers, der bei der Abfassung eines Zeugnisses einen Beurteilungsspielraum hat und
der in der Wortwahl für ein Arbeitszeugnis frei ist65. Jedoch hat der Arbeitgeber bei der
Erstellung eines Zeugnisses die Grundsätze der Zeugniswahrheit und der wohlwollenden
Beurteilung des Arbeitnehmers zu beachten, die sein(en) Ermessen / Beurteilungsspielraum
einschränken66. Die Formulierungen eines Arbeitszeugnisses müssen nicht nur nach § 109
Abs. 2 S. 1 GewO klar und verständlich sein, vielmehr dürfen sie nach § 109 Abs. 2 S. 2
GewO
auch
keine
versteckten
Hinweise
enthalten.
Zur
Gesamtbewertung
eines
Arbeitnehmers haben sich in der Praxis der Arbeitgeber bestimmte Redewendungen
65
BAG – Urteil vom 21.06.2005 – 9 AZR 352/04
66
BAG – Urteil vom 21.06.2005 – 9 AZR 352/04; BAG – Urteil vom 10.05.2005 – 9 AZR 261/04; BAG – Urteil
vom 14.10.2003 – 9 AZR 12/03; BAG – Urteil vom 03.03.1993 – 5 AZR 182/92
56
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entwickelt, deren wertender Gehalt sich an den üblichen Schulnoten orientiert67. Die
Grundlage eines Arbeitszeugnisses bilden die Leistungen und die Verhaltensweisen, die
während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer kennzeichnend
waren68; daher sind einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer nicht
typisch waren, in ein Zeugnis nicht aufzunehmen.
Das Arbeitszeugnis ist von dem Arbeitgeber zu erstellen und zu unterzeichnen. Dieser darf
die Erstellung und Unterzeichnung zwar auf einen Mitarbeiter übertragen, doch muss das
Zeugnis stets von einem gegenüber dem Arbeitnehmer ranghöheren Mitarbeiter, der
gegenüber dem Arbeitnehmer zu Weisungen berechtigt ist, unterzeichnet werden69. Dabei
müssen sich im Falle einer Übertragung sowohl die funktionelle Vertretungsberechtigung als
auch die Weisungsberechtigung des Mitarbeiters aus dem Zeugnis selbst ergeben70.
Das Zeugnis hat der Arbeitnehmer in den Geschäftsräumen des Arbeitgeber, der das
Zeugnis bereitzuhalten hat, abzuholen71. Nur unter dem Gesichtspunkt von Treu und
Glauben nach § 242 BGB, zum Beispiel aus Entfernungsgründen, kann eine Verpflichtung
des Arbeitgebers zur Übersendung eines Arbeitszeugnisses bestehen. Dem Arbeitgeber
steht ein Zurückbehaltungsrecht an einem Zeugnis nicht zu. Selbst ein Verstoß des
Arbeitnehmers gegen den mit dem Arbeitgeber geschlossenen Arbeitsvertrag rechtfertigt
eine Verzögerung der Erteilung des Arbeitszeugnisses nicht.
67
sehr gut = stets zu unserer vollsten Zufriedenheit; gut = stets zu unserer vollen Zufriedenheit; befriedigend = zu
unserer vollen Zufriedenheit; ausreichend = zu unserer Zufriedenheit; mangelhaft = im Großen und Ganzen zu
unserer Zufriedenheit
68
BAG – Urteil vom 21.06.2005 – 9 AZR 352/04
69
BAG – Urteil vom 04.10.2005 – 9 AZR 507/04; BAG – Urteil vom 26.06.2001 – 9 AZR 392/00, 34; BAG – Urteil
vom 21.09.1999 – 9 AZR 893/98
70
BAG – Urteil vom 04.10.2005 – 9 AZR 507/04
71
BAG – Urteil vom 08.03.1995 – 5 AZR 848/93
57
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