I. Die Restrukturierungsempfeh- lung der EU

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Oxford. Die neue EuinsVO und die Empfehlung der EU-Kommission vom 12.03.2014- diese beiden Reformansätze würdigte
am 08.05. 2015 die Europeon Corporate Insolvency Conference am St Hughs College an der University of Oxford kritisch, zu
der Horst Eidenmüller, der seit Januar 2015 den Lehrstuhlfür Handelsrecht an der Universität Oxford innehat, und seine
Kollegin Kristin van Zwieten Praktiker und Wissenschaftler aus Europa eingeladen hatten. Die Referenten und das zur regen
Diskussion aufgeforderte Auditorium stellten das Insolvenz- und Restrukturierungsrecht in England, Frankreich, Italien und
Deutschland den beiden Reformansätzen auf europäischer Ebene gegenüber.
Text: Rechtsanwalt Dr. Josef Parzinger, Kirkland & Ellis International LLP, München
Die aktuellen Baustellen des deutschen Insolvenzrechts sind das
Konzerninsolvenzrecht und das Anfechtungsrecht. Doch auch die
europäischen Rahmenbedingungen sind in Veränderung begriffen. Die neue Fassung der EulnsVO ist am 20.05.2015 durch das
Europäische Parla ment beschlossen worden. Am 05.06.2015 wurde die neue EulnsVO im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie tritt 20 Tage später in Kraft und gilt, mit wenigen
Ausnahmen, für Insolvenzverfahren, die nach dem 26.06.2017
eröffnet werden. Neben dieser grundlegenden Überarbeitung der
Verfahrensregelungen hat die EU-Kommission mit der Restrukturierungsempfehlung am 12.03.2014 ei nen Vorschlag für eine
partielle materielle Harmonisierung des Restrukturierungsrechts
vorgelegt (SWD(2014) 61 final).
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I.
Die Restrukturierung sempfehlung der EU-Kommission
Der Vormittag stand im Zeichen der Restrukturierungsempfe hlung der EU- Kommission. Professor Eidenmüller zeigte die
Rahmenbedingungen der Restrukturierungsempfehlung auf. Die
Restrukturieru ng von Unternehmen gewinne weltweit an Bedeutung. Der Zugang zu Restru kturierun gsverfahren sei in den EUMitgliedsstaaten jedoch unterschiedlich gut ausgestaltet und
der Weg in andere Jurisdiktionen nicht einfach. Forum Shopping
lohne sich für kleine und mittelständische Unternehmen häufig
ni cht. Obwohl das Europäische Parlament im Jahr 2012 eine
umfassende Harmonisierung vorgeschlagen hatte, beschränke
sich die Empfehlung der Kommission auf Standards für finanzielle Restrukturierungen. Das Anliegen der Konferenz sei es, die
Vorschläge der Kommission zu evaluieren und die voraussichtlichen Reaktionen der Mitgliedsstaaten zu diskutieren.
Kristi n va n Zwieten gab einen Überblick über den Ansatz de r
Kommission. Zum einen sollten die Restrukturierungsverfahren
folgenden Grundsätzen entsprechen: (i) Restrukturierung in
einer frü hen Phase, vorausgesetzt die Insolvenz ist bereits absehbar (ii) minimale Ei nbindung des Gerichts, (iii) Kontrolle des
Schuldners über das Verfahren, (iv) Vollstreckungsschutz, (v)
Vorkehrungen gegen Hold-outs und (vi) (Anfechtungs)schutz
neuer Finanzierungen. Zu m anderen solle die Effizienz dieser
Verfahren gesteigert werden, indem sie unter di e neue EulnsVO
gefasst werden. Die Kriterien für die Einleitung des Verfa hrens
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möglich. Ein Monitor sei nicht unabkömmlich. Auch wenn die
letzte umfassende Auswertung des Restrukturierungsrechts
durch den Cork Report mehr als 30 Jahre zurückliege, bestehe
kein Bedarf für größere Änderungen.
2. Deutschland
und die Rolle des Gerichts blieben ungeklärt. Die Empfehlung
würde sich zudem ni cht zu wichtigen Fragen der Erstellung und
der Abstimmung über den Restrukturierungsplan und seine Bestätigung durch das Gericht äußern. Auch die Thematik nicht
erfüllter Verträge bliebe offen.
1. England
Mit Blick auf die Situation in England beschrieb Professorin
Jennifer Payne den vertraglichen Workout, das CVA, das Scheme
of Arrangement und die Administration als Instrumente einer fi nanziellen Restrukturierung. Diese Verfahren würden die Kriterien
der Kommission weitgehend umsetzen. So behalte mit Ausnah me
der Administration der Schuldner die Kontrolle. Bei Workouts und
CVAs sei das Gericht nur minimal beteiligt. Die Aussetzung der
Zwangsvollstreckung sei allerdings nur in der Administration
möglich. Zudem gebe es keine gesetzliche Regelung zum Schutz
neuer Finanzierung. Dissentierende Gläubiger könnten nur innerhalb einer Klasse gebunden werden. Gehe man über die Empfehlung hinaus, so fehle es a n der Möglichkeit, während der Verhandlungen über ein Scheme einen Monitor zu bestellen und mit dem
Scheme in Rechte der Gesellschafter einzugreifen.
Nach RA Nick Segal seien diese Aspekte in der Praxis jedoch
vernachlässigbar. Das Gericht könne ein begrenztes Moratorium
einführen (so in Vietnam Shipbuilding, 2013), und der Cramdown einer ganzen Klasse spiele kaum eine Rolle, da die nach~
.8 rangigen Gläubiger ohn ehin nichts erhielten oder teilweise aus<2
';:- gezahlt würden. Anreize für ei ne neue Finanzierung würden
~ durch Sicherheiten an unbelasteten Verm ögensgegenständen
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oder einem Supervorrang geschaffen. Der Eingriff in GesellB
schafterrechte
sei in Kombination mit einem Prepackaged Plan
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Hinsichtlich der Rezeption der Empfehlung in Deutschland
betonte Professor Stephan Madaus, dass die Kommission einen
schlechten Zeitpunkt gewählt habe. Mit dem ESUG seien erst
2012 umfassende Reformen des Restrukturierungsrechts vorgenommen worden. Von den sechs von Professorin van Zwieten genannten Prinzipien, seien - bei wohlwollender Betrachtung - bis
auf eine minimale Gerichtsbeteiligung und den Schutz neuer Finanzierung alle erfüllt. So sei die Restrukturierung in einer frühen
Phase mit dem Schutzschirmverfahren möglich. Dissentierende
Gläubiger könnten über den Insolvenzplan gebunden werden und
Eigenverwaltung gebe es ebenso wie ein Moratorium.
3. Diskussion
An die ersten beiden Länderberichte schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Professorin Payne betonte, man komme mit
den bestehenden Unzulänglichkeiten zurecht. Das Moratorium
brauche es nicht zwingend, da die Anzahl der Gläubiger meist
überschaubar sei und man sich vertraglich darüber einige. Professor Christoph Thole sprach sich dafür aus, ein Moratorium
nicht zu früh anzusetzen, um die Gläubiger nicht zu einer präventiven Kündigung zu zwingen.
Professor Madaus sa h den Anstoß für Reformen weniger in
einem möglichen Misserfolg des ESUG als darin, dass bedeutende
Schuldner ein anderes Forum wählten. TeleColumbus und Rodenstock hätten das ESUG angestoßen, Apcoa oder verg leichbare
Verfahren könnten den Gesetzgeber erneut zum Handeln bewegen .
Stephen Taylor, der als CEO und CRO zahlreiche große Restrukturierungen begleitet hatte, lenkte die Diskussion auf zwei neue
Aspekte: Während einige Mitgliedsstaaten ein solides Restrukturierungsrecht vorweisen könnten, gelte dies bei Weitem nicht für
die Mehrheit der Mitgliedsstaaten. Daneben bestehe Handlungsbedarf mit Blick auf das Management, das des Schutzes bedürfe.
Professor Wolf-Georg Ringe stellte die Empfehlung grundlegend infrage. Er plädierte dafür, die Harmonisierung des mate-
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riellen Rechts dem Markt zu überlassen. RA Dr. Reinhard Dammann und Professor Mactaus hielten dagegen, Forum Shopping
sei nur für große Unternehmen möglich. Kleine Unternehmen
seien darauf angewiesen, in ihrer Jurisdiktion ein Sanierungsrecht vorzufinden. Ein Mitarbeiter des Insolvency Services erläuterte den Hintergrund der Empfehlung. So sei beabsichtigt,
im Wege der Harmonisierung 320 Mrd. Euro an Investitionen in
die EU zu locken.
4. Frankreich
Nach RA Dr. Dammann sei ein Moratorium in Frankreich im
Rahmen der Conciliation möglich gewesen, jedoch 2005 abgeschafft worden. Es war in 20 Jahren nur einmal genutzt worden.
In Kombination mit der Sauvegarde ließe sich jedoch ein Moratorium erreichen. Dammann betonte auch die Möglichkeit des
neuen Art. 38 EuinsVO, der eine Aussetzung der Eröffnung des
Sekundärverfahrens für drei Monate ermöglicht.
Nach Ansicht von RAin Sophie VermeHle ist die Empfehlung
Patchwork und insbesondere in zweierlei Hinsicht unzulänglich.
Erstens fehle es an Regelungen zur einheitlichen gerichtlichen
Bewertung von Unternehmen, die das Ergebnis der Restrukturierung leichter vorhersehbar machen würden. Gläubiger würden
vor die Wahl gestellt, entweder eine bestimmte Bewertung zu
akzeptieren, oder in ein formelles Insolvenzverfahren einzutreten. Zweitens werde der Debt-Equity-Swap nicht angesprochen.
RAin VermeHle zitierte auch eine Statistik, wonach 70% der
Unternehmen die eine Sauvegarde durchliefen, in den nächsten
fünf Jahren durch eine Insolvenz gingen.
5. Italien
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In Italien sind die Empfehlungen der Kommission in Italien
augenscheinlich erfüllt. Wie Professor Lorenzo StranghelUni ausführte, gibt es neben dem Liquidationsverfahren (fallimento) drei
Instrumente für die Restrukturierung: erstens den Restrukturierungsplan (piano di risanamento ), dessen Durchführbarkeit von
einem unabhängigen Experten bescheinigt werden müsse, zweitens die Restrukturierungsvereinbarung (accordo di ristrutturazione dei debiti), die trotz gerichtlicher Bestätigung für dissentierende Gläubiger nicht bindend sei, und drittens das gerichtliche
Restrukturierungsverfahren (concordato preventivo), welches
nahezu alle Kriterien der Empfehlung erfülle. Neue Finanzierungen genießen Privilegien, die von Anfechtungsschutz beim Restrukturierungsplan über einen Supervorrang in einer späteren
Insolvenz bis zum Supervorrang im Verfahren selbst reichen. Lediglich ein weitgehend außergerichtliches Verfahren, das den
Umgang mit Hold-out-Gläubigern erlaube, sowie ein Mediator
würden fehlen. Die Statistik zeige eine wachsende Bedeutung der
Restrukturierungsverfahren: Während 2001 auf ein Restrukturierungsverfahren 100 Liquidationsverfahren kamen, sei das Verhältnis inzwischen eins zu zehn.
Die Wirklichkeit sehe jedoch anders aus. Über 90% der gerichtliehen Verfahren würden mit einer Liquidation enden, auch wenn
einige Verkäufe als Going Cancern erfolgten. Restrukturierungen
würden mehrheitlich außerhalb der Gerichte verhandelt und blieben häufig ohne Erfolg. Die Restrukturierung setze zu spät ein und
die Unternehmen würden nicht umfassend genug entschuldet.
Nach der Analyse von Professor StranghelUni seien die Banken Teil des Problems. So gebe es praktisch keinen Markt für
italienische NPLs. Die Banken und potenzielle Käufer würden die
NPLs unterschiedlich bewerten. Zudem setzten die Banken ihr
Kapital für NPLs ein und würden nur zöger!ich Abschreibungen
vornehmen (und nach RA Dr. Dammann keinem freiwilligen Haireut zustimmen). Eine Änderung könnte sich durch eine im Mai
2015 angekündigte Reform ergeben, welche die Einführung eines dem Scheme ähnlichen Verfahrens vorsehe. Auch hätten
sich UniCredit und Intesa Sanpaolo Investmentbanken ins Boot
geholt, um Schulden finanziell notleidender, wirtschaftlich rentabler Unternehmen zu managen.
II. Die neue EuinsVO
Am Nachmittag widmeten sich die etwa 40 Teilnehmer der
Konferenz der neuen EulnsVO. Professorin Sarah Patersan gab
einen Gesamtüberblick zu dem neuen Entwurf der Verordnung,
der von dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission vom
12.12.2012 erheblich abweicht. Patersan betrachtete das Zusammenspiel mit der Brüssel1 a Verordnung. Sie äußerte Zweifel
an der Nützlichkeit des neuen Art. 6 EulnsVO, der die Deko
Marty-Entscheidung inkorporiert und auf den engen Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren abstellt. Es sei bedauerlich,
dass an den zentralen Regelungen der Art. 5 bis 15 EulnsVO
keinerlei Veränderungen vorgenommen wo rden seien. Mit Blick
auf die Sekundärverfahren sei fraglich, ob die verfahrensmäßigen Hürden zu bewältigen wären. Die für Sekundär- und Konzerninsolvenzverfahren vorgesehenen Kooperationspflichten
sah sie kritisch und zitierte einen Verwalter der Lehman-lnsolvenz, der geäußert hatte, seine begrenzten Ressourcen nicht fü r
Auskunftsansprüche der anderen Verwalter einsetzen zu wollen.
1. Anwendungsbereich
der neuen EuinsVO
Das erste Panel bestand aus RA Gabriet Moss, Professor Bob
Wessets und RA Dr. Leo Plank und hatte den Anwendungsbereich
der neuen Verordnung zum Gegenstand. Das Panel war sich darin einig, dass es weiterhin nur von Anhang A der Verordnung
abhänge, ob ein mitg liedsstaatliches Verfahren in den Anwendungsbereich der Verord nung falle. Dies sei nun auch explizit in
Art. 1 Abs. 1 und in Erwägungsgrund 9 festgeschrieben. Die
umfassend erweiterte Definition in Art. 1 habe Bedeutung für
die Entscheidung, welche Verfahren in den Anhang aufgenommen würden. Dabei sei jedoch die Auslegung der Begriffe in
Art. 1 Abs. 1 unklar. RA Dr. Plank zeigte am Beispiel Parmalat,
wie selbst weitgehende Änderungen eines nationalen Verfahrens keine Konsequenzen zeigen, solange nur der in Anhang A
gelistete Name gleich bleibe. Dieser Punkt wurde in der Diskussion aufgegriffen und die Frage gestellt, ob man die Anerkennung verweigern könne, wenn ein Mitgliedsstaat eines seiner in
Anhang A erwähnten Verfahren grundlegend umgestalte, um
sich als Forum attraktiv zu machen. Professor Wessets sah eine
mögliche Schranke im Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in
Art. 4 Abs. 3 EUV. Das Panel bedauerte die ersatzlose Streichung
des erleichterten Änderungsverfahrens der Anhänge, wie es im
Kommissionsentwurf von 2012 anvisiert worden war.
Begrüßt wurde, dass das Scheme of Arrangement nicht von
der neuen Verordnung erfasst wird. Die Verordnung selbst äußere sich zwar widersprüchlich. So würden Art. 2 Abs. 1, der einen
wesentlichen Teil der Gläubiger genügen lässt und Erwägungsgrund 14, der Verfahren einbezieht, die nur die finanziellen
Gläubiger des Schuldners betreffen, eine Aufnahme des Schemes
erlauben. Art. 1 Abs. 1 und Erwägungsgrund 14, die auf gesetzliche Regelungen zur Insolvenz abste llen, sprächen jedoch dagegen. Letztlich komme es aber auch hier auf den Anhang Aan,
der das Scheme nicht erwäh nt. Damit bleibe dem Scheme zwar
eine klare Regelung der Anerkennung versagt, das Scheme aber
auch von den Anforderungen der Verordnung, insbesondere der
Anknüpfung an den COMI, verschont. Nach RA Dr. Plank würde
eine Aufnahme des Schemes in den Anhang A zudem den Begründungsaufwand erhöhen, dass die Gesellschaft nicht nach
deutschem Recht insolvent ist.
2. Internationale Zuständigkeit
Das nächste Panel, bestehend aus Professor David Burdette
und Professor Ringe, diskutierte die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit. Beide sahen die auf Drängen des Europäischen Parlaments in die Verordnung aufgenommene 3-MonatsSperrfrist der Anknüpfung an den satzungsmäßigen Sitz als
willkürlich an. Ungeklärt bleibe auch, ob die Sitzverlegung an
die Eintragung oder den Beschluss anknüpfe.
Professor Ringe kritisierte die Ungleichbehandlung von Unternehmen und natürlichen Personen. Während für Unternehmen die Anknüpfung an den Sitz bei einer Sitzverlegung nur für
drei Monate gesperrt wäre, werde die Sperrfrist für natürliche
Personen bei einer Änderung des gewöhnlichen Aufenthalts auf
sechs Monate angesetzt. Forum Shopping natürlicher Personen
würde pauschal als verwerflich angesehen. Die Unterscheidung
zwischen »gutem« und »schlechtem« Forum Shopping sollte
stattdessen von dem Umfang externer Effekte und der Zustimmung der Gläubiger abhängen. Zudem sei fraglich, warum trotz
Niederlassungsfreiheit die Wahl des Restrukturierungsforums
nicht frei sei. Ringe schlug alternativ vor, den COMI generell
nach dem satzungsmäßige n Sitz zu bestimmen.
Auch die Teilnehmer der Diskussion waren sich einig, dass die
3-Monats-Sperrfrist symbolischen Charakter trage und die Än-
derungen zur internationalen Zuständigkeit insgesamt gering
ausfielen. Eine Verlegung des COMI bleibe weiterhin ohne Sperrfrist möglich. Missbräuchliche Verlegungen des COMI seien selten. So stimmten in der Regel die wesentlichen Stakeholder der
Verlegung zu. Die Sperrfrist lasse sich außerdem umgehen. RA
Dr. Plank erwähnte das Beispiel der Umwandlung in eine Limited
Partnership bei anschließendem Austritt der Limited Partner. Es
werde mehr Verlegungen des COMI geben, sollte es tatsächlich
gelingen, Sekundärverfahren zurückzudrängen. Die derzeit in
der EuinsVO zum Sekundärverfah ren vorgesehenen Regelungen
seien allerdings zu umständlich.
Die Diskussion drehte sich weiter darum, ob nun, nachdem
die EU nur die Sitzverlegung in den drei Monaten vor dem Insolvenzantrag als missbräuchlich qualifiziert habe, alle anderen
Maßnahmen erlaubt seien. Dem widersprach RA Segal klar.
3. l<onzerninsolvenzen
Die neue EulnsVO dehnt die Kooperationsprinzipien der Sekundärverfahren auf Unternehmensgruppen aus. Zudem fügte
das EU-Parlament dem Reformvorschlag der Kommission aus
2012 das Gruppenkoordinationsverfahren hinzu. Professor
Gerard McCormack beschrieb das Gruppenkoordinationsverfahren als Einführung eines Super-Mediators. Er stellte die Schwächen des neuen Verfahrens heraus, beispielsweise das Opt-out
Recht der Insolvenzverwalter der Gruppengesellschaften und
die fehlende Durchsetzbarkei t des Plans. Dr. Felix Steffek wies
daraufhin, dass die normative Fu ndierung des Konzerninsolvenzrechts die Erleichterung von Verträgen und die Reduzierung der
Kosten für Kapital sei. Das neue Konzernrecht würde Transaktionskosten senken. Zweifelhaft sei jedoch, ob tatsächlich ein
Gruppenkoordinationsverfahren nötig sei. Die Zusammenarbeit
der Insolvenzverwalter in den Grenzen der nationalen Insolvenzrechte sei bereits über Art. 56 möglich, der Kooperations- und
Kommunikationspflichten vorsehe, größere Flexibilität erlaube
und keine so hohen Kosten verursache, wie das Gruppenkoordinationsverfahren. Zu diesem Schluss kam auch Professor Christoph Thole. Demnach könne die deutsche Erfind ung des Gruppenkoordinationsverfahrens auf nationaler Ebene fun ktionieren,
nichtjedoch auf europäischer Ebene. So feh le das Konzept eines
Gruppen-COMI. Die Mög lichkeit, sich zunächst gegen und anschließend wieder für das Verfah ren zu entscheiden, verleite
dazu, eine abwartende Haltung einzunehmen. Die Zuständigkeit
des zuerst angerufenen Gerichts könnte zu einem Wettlauf zu
den Gerichten führen . Der Gruppenverwalter habe keine Autorität, und seine Vergütung sei im Einzelnen ungeklärt.
Stephen Taylor hingegen brach eine Lanze für das Gruppenkoordinationsverfahren. Es mögen wenige Verfah ren sein, in denen es zum Tragen komme. In diesen großen Verfahren werde es
jedoch eine zentrale Rolle spielen. Die Kosten des Verfahrens
seien demgegenüber vernachlässig bar. Das Fehlen eines bindenden Elements schade nicht, da der Grundsatz »comply or explain« durchaus ein Druckmittel darstelle. «
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