Fakultät für Mathematik Heinrich Heine-Universität Düsseldorf PD Dr. Markus Perling Sommersemester 2014 Lineare Algebra 1 Dreizehnte Woche, 2.7.2014 §9 Der Gauß-Algorithmus (Ende) Bestimmung des Inversen einer Matrix Ist A ∈ GLn (K), dann gilt insbesondere Rang(A) = n und die reduzierte ZNF von A ist gleich der Einheitsmatrix 1n . Dies bedeutet insbesondere, daß es Zeilentransformationen S1 , . . . , Sp ∈ Z gibt, so daß Sp Sp−1 · · · S1 A = 1n . Insbesondere gilt also: Sp Sp−1 · · · S1 = A−1 . Daraus ergibt sich somit ein einfaches Verfahren, um A−1 zu bestimmen: Überführe A durch Zeilentransformationen nach 1n und wende simultan genau die gleichen Zeilentransformationen auf 1n an: A S1 A Sp · · · S1 A | | .. . | 1n S1 1n Sp · · · S1 1n Am Ende steht auf der linken Seite 1n und auf der rechten A−1 . Auf ähnliche Weise lassen sich zu einer Matix A ∈ Matm×n (K) Matrizen S, T bestimmen, so daß SAT −1 in Normalform sind. Hierbei starten wir mit dem Schema 1m A 1n . Wir führen dann auf der linken Seite parallel die Zeilentransformationen von A mit durch und auf der rechten Seite die Spaltentransformationen. Am Ende bekommen wir somit: Sp · · · S1 1m Sp · · · S1 AT1 · · · Tq 1n T1 · · · Tq wobei links die Matrix S, rechts T −1 und in der Mitte die Normalform von A stehen. Bei Bedarf kann man T selber durch Invertieren mittels des weiter oben beschriebenen Verfahrens bekommen. Bemerkung: Man beachte, daß die Matrizen S und T im allgemeinen nicht eindeutig bestimmt sind und von der Wahl der Zeilen- und Spaltentransformationen abhängen. Für den Fall, daß A invertierbar ist, gilt jedoch immer, daß die Matrix A−1 eindeutig bestimmt ist. Lösen linearer Gleichungssysteme Wir wollen folgendes Problem betrachten: es sei f : V −→ W eine lineare Abbildung von endlich-dimensionalen Vektorräumen. Wie können wir Bild und Kern von f bestimmen? Was ist das Urbild f −1 (w) eines gegebenen Elementes w ∈ W ? Mit Hilfe des Homomorphiesatzes für Vektorräume können wir das Problem in zwei Teile zerlegen. Mit Hilfe des kanonischen Isomorphismus V / Kern(f ) −→ Bild(f ) können wir jedes Element w ∈ Bild(f ) mit mit einer Nebenklasse [v] ∈ V / Kern(f ) identifizieren, wobei v ∈ V , so daß f (v) = w. Dann gilt für jedes weitere v 0 ∈ V , daß f (v 0 ) = f (v) = w ⇔ v − v 0 ∈ Kern(f ), also f (v 0 ) = w ⇔ v 0 ∈ v + Kern(f ). Unser Problem läßt sich somit in zwei Teile aufteilen: 1) Stelle fest, ob ein gegebenes w ∈ W im Bild von f liegt und, falls ja, bestimme ein spezielles Element v ∈ f −1 (w) (einen Repräsentanten des Urbilds f −1 (w)). 2) Bestimme den Kern von f . Mit Hilfe von Basen B = b1 , . . . , bn und C = c1 , . . . , cm von V und W mit den zugehörigen Isomorphismen ψB : V −→ K n und ψC : W −→ K m können wir diese Fragestellung in eine Fragestellung über Matrizen und somit in ein rein rechnerisches Problem umwandeln. Dazu betrachten wir v ∈ V und w ∈ W . Da ψC ein Isomorphismus ist, ist die Gleichung f (v) = w äquivalent zur Gleichung (ψC ◦ f )(v) = ψC (w). Schreiben wir nun trivialerweise (man bedenke ψB−1 ◦ψB = idV ) v = (ψB−1 ◦ψB )(v), dann ist f (v) = w äquivalent zu: (ψC ◦ f )((ψB−1 ◦ ψB )(v)) = (ψC ◦ f ◦ ψB−1 )(ψB (v)) = MCB (f )(ψB (v)) = ψC (w). Setzen wir nun x = (x1 , . . . , xn ) := ψB (v), b = (b1 , . . . , bn ) := ψC (w), A = (αij ) 1≤i≤m := 1≤j≤n MCB (f ) (wobei wir x und b als Spaltenvektoren auffassen), dann vereinfacht sich die letzte Gleichung zu: Ax = b. Auf beiden Seiten steht jeweils ein Spaltenvektor der Länge m, wobei die Gleichung komponentenweise wie folgt aussieht: α11 x1 + · · · + α1n xn = b1 .. .. . . αm1 x1 + · · · + αmn xn = bn . Definition: Es seien A = (αij ) ∈ Matm×n (K) und b ∈ K m . Dann bezeichen wir als erweiterte Matrix A|b ∈ Matm×n+1 (K) die Matrix, zu der b als n+1-ste Spalte hinzugefügt wird: α11 · · · α1n b1 .. .. .. . . . . αm1 · · · αmn bm Satz: Ein lineares Gleichungssystem Ax = b ist genau dann lösbar, wenn Rang(A|b) = Rang(A). Bemerkung: Es folgt unmittelbar, daß ein homogenes Gleichungssystem der Form Ax = 0 immer lösbar ist. Wir beobachten nun, daß für alle S ∈ GLm (K) gilt: Ax = b ⇔ (SA)x = Sb. Insbesondere können wir also auf beiden Seiten Zeilentransformationen anwenden, ohne die Lösungsmenge zu verändern. Der Gauß-Algorithmus besteht somit aus folgenden Schritten: 1. Überführe die erweiterte Matrix A|b durch Zeilentransformationen in ZSF. 2. Überprüfe, ob Rang(A|b) = Rang(A). Ist A|b in ZSF, bedeutet dies: haben die ZSF von A|b und A die gleiche Anzahl von Stufen? Falls ja, dann ist das Gleichungssystem lösbar. 3. Bestimme eine spezielle Lösung des Gleichungssytem. 4. Bestimme die Lösungen des homogenen Gleichungssystems Ax = 0. Dies ist äquivalent zur Bestimmung einer Basis von Kern(φA ). Zur Bestimmung einer speziellen Lösung setzen wir induktiv: yr := br /arjr und yr−i := 1 ar−i,jr −i (br−i − Dann ist eine Spezielle Lösung gegeben durch: ( yk x = (x1 , . . . , xn ) wobei xj = 0 i−1 X ar−i,jr −k yr−k ) für 1 ≤ i < r. k=0 falls j = jk ∈ {j1 , . . . , jr } sonst. Dieses Verfahren heißt auch Rückwärtssubstitution. Um eine Basis von Kern(φA ) zu bestimmen, ist die reduzierte ZSF am geeignetsten. Ist A in reduzierter ZFS, dann verifiziert man leicht, daß Vektoren von folgender Form Lösungen von Ax = b. Für 1 ≤ k < r und jk < j < jk+1 und jr < j ≤ n setzen wir: −αlj für l ≤ k und i = jl Bj = (β1 , . . . , βn ), wobei βi = 1 für i = j 0 sonst. Weiterhin setzen wir für 1 ≤ j < j1 : Bj = ej , wobei ej den j-ten Standardbasisvektor von K n bezeichnet. Offenbar haben wir somit n − r = dim Kern(φA ) Lösungen des homogenen Gleichungssystems Ax = 0 gefunden. Da für jedes j ∈ / {j1 , . . . , jr } gilt, daß der j-te Eintrag von Bj gleich 1 ist, aber der j-te Eintrag für alle anderen Bk gleich 0 ist, sieht man leicht ein, daß diese Lösungen linear unabhängig sind und somit eine Basis des Lösungsraums bilden. Man beachte, daß in der reduzierten ZSF die spezielle Lösung direkt abzulesen ist. Die Rückwärtssubstitution vereinfacht sich zu: yi := bi für 1 ≤ i ≤ r, also ist x = (x1 , . . . , xn ) mit ( yk xj = 0 falls j = jk ∈ {j1 , . . . , jr } sonst. §10 Determinanten Wir werfen zunächste noch einmal einen Blick auf die symmetrische Gruppe Symn . Für jedes σ ∈ Symn schreiben wir: 1 2 3 ··· σ= σ(1) σ(2) σ(3) · · · n σ(n) Ein Element σ ∈ Symn heißt Transposition, wenn es 1 ≤ i 6= j ≤ n gibt, so daß σ(i) = j, σ(j) = i und σ(k) = k für all k 6= i, j. Wir schreiben eine Transposition von i und j auch als (i, j). Satz: Für n ≥ 2 ist jedes σ ∈ Symn ein Produkt von Transpositionen der Form (i, i + 1) mit 1 ≤ i < n. Definition: Es sei σ ∈ Symn . Dann definieren wir das Signum von σ als sgn(σ) := Y σ(j) − σ(i) i<j j−i . Man sieht leicht ein, daß sgn(σ) ∈ {−1, 1}. Satz: Die Abbildung sgn : Symn −→ {−1, 1}, σ 7→ sgn(σ) ist ein Gruppenhomomorphismus. Insbesondere gilt also für alle σ, τ ∈ Symn , daß sgn(σ ◦ τ ) = sgn(σ) · sgn(τ ). Korollar: Es gilt sgn((i, i + 1)) = −1. Korollar: Ist σ ∈ Symn das Produkt von N Transpositionen, dann gilt sgn(σ) = (−1)N . Definition: Die Untergruppe An := Kern(sgn) ⊂ Symn heißt alternierende Gruppe. Es sei von nun an K ein beliebiger Körper. Definition: Eine Abbildung det : Matn×n (K), A 7→ det A heißt Determinante, wenn gilt: (i) det ist linear in jeder Spalte, d.h. wenn wir schreiben A = (a1 , . . . , an ), wobei die ai Spaltenvektoren sind, dann gilt für alle 1 ≤ i ≤ n und alle Linearkombinationen ai = λa0i + µa00i mit λ, µ ∈ K, daß det A = λ det(a1 , . . . , ai−1 , a0i , ai+1 , . . . , an ) + µ det(a1 , . . . , ai−1 , a00i , ai+1 , . . . , an ). (ii) Sind zwei Spalten von A identisch, dann ist det A = 0. (iii) det 1n = 1. Wir beobachten: 1. Für λ ∈ K gilt: det λ · A = λn · det A. 2. Ist ai = 0 für ein i, dann gilt det A = 0. Satz: (i) Für σ ∈ Symn gilt det(aσ(1) , . . . , aσ(n) ) = sgn(σ) det(a1 , . . . , an ). (ii) Für 1 ≤ i 6= j ≤ n und λ ∈ K gilt: det Qij (λ) = 1. (iii) Für 1 ≤ i ≤ n und λ ∈ K gilt det Sk (λ) = λ. Insbesondere gilt für die Permutationsmatrizen aus §7: det Pσ = det Qσ = sgn(σ). Literatur-/Lesevorschläge Jedes beliebige Buch oder sonstige Quelle zur Linearen Algebra.