Stellungnahme zum Wahlprogramm der AfD Sachsen

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AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.
Stellungnahme zum Wahlprogramm der
AfD Sachsen-Anhalt anlässlich der
Landtagswahlen am 13. März 2016
04.03.2016
Stellungnahme
Wenn du mehr hast als du brauchst, dann baue dir längere Tische und keine höheren
Zäune!
Bis zu 1.000.000 Menschen erreichten uns im letzten Jahr, weil sie aufgrund von politischer
Verfolgung oder Kriegen ihre Heimat verlassen mussten. Wir erleben die Auswirkungen dieser
Ereignisse und humanitären Katastrophen unmittelbar. Die Arbeiterwohlfahrt ist ein Verband
mit fast 100-jähriger Geschichte und fühlt sich dem Schicksal aller Menschen, die Opfer von
Flucht und Vertreibung sind, zu tiefst verbunden!
Das Grundrecht auf Asyl ist für uns von elementarer Bedeutung. Mitarbeitende und Mitglieder
der Arbeiterwohlfahrt sind zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgt worden. Einige von ihnen
fanden Asyl im Ausland, während andere inhaftiert und in Konzentrationslagern wie
Sachsenhausen dem Massenmord der Nazis zum Opfer fielen.
Die Arbeiterwohlfahrt steht für die demokratischen Werte Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit,
Solidarität und Toleranz. Vor dem Hintergrund der kommenden Landtagswahlen sehen wir
diese Werte durch eine Partei bedroht, die sich als „Alternative“ zu den demokratischen
Parteien versteht.
Im Rahmen einer Stellungnahme möchten wir diese Feststellung anhand des Wahlprogramms
der AfD verdeutlichen.
Die „Volksgemeinschaft“ der AfD kennt keine Wohlfahrt
Die AfD hat ein gravierendes Identitätsproblem, das sich durch all ihre Politikbereiche im
Wahlprogramm zieht. Das verwundert nicht, denn sie versucht in Sachsen-Anhalt
überkommene Begriffe wie die „Volksgemeinschaft“ wieder salonfähig zu machen. Die
„Volksgemeinschaft“ war ein entsetzlicher Irrweg der Geschichte, der mit den
Nationalsozialisten zur Abschaffung des damals bekannten Wohlfahrtsstaates führte. Soziale
Randgruppen wurden zu „Ballastexistenzen“ erklärt, mit denen keine Gemeinschaft mehr zu
machen war. Wir sind als Arbeiterwohlfahrt zu tiefst alarmiert, wenn eine Partei die Spaltung
der Gesellschaft einfordert!
Soziale Härte per Gesetz – AfD erklärt das „Gesetz der Straße“ zur Institution
Offenkundig ist, dass die AfD als alleiniger „Volksversteher“ auftrumpft und zugleich vorgibt,
im Besitz der einzigen Wahrheit zu sein. Ein Selbstbild, das an einem überzeugenden
Demokratieverständnis erheblich zweifeln lässt! Sie spricht allen anderen Parteien die
Fähigkeit ab sich nicht für die „Interessen unseres eigenen Landes einzusetzen“. Für eine
Partei, die erst seit drei Jahren besteht, ist diese Äußerung an Großspurigkeit nicht zu
überbieten.
Zugleich pochen ihre Vertreter auf direkte Demokratie und fordern in einem Atemzug die
Einführung von Bürgerwehren. Damit fordert sie nicht nur die Abschaffung des staatlichen
Gewaltmonopols, sondern erklärt das „Gesetz der Straße“ zur Institution. Beispiele aus
anderen Ländern zeigen uns, dass die Bedrohung, Verleumdung und Einschüchterung von
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Stellungnahme
Nachbarn und Andersdenkenden bei einer solchen Forderung vorprogrammiert ist. Der
soziale Frieden in unseren Nachbarschaften wird damit aufs Spiel gesetzt!
Die gesellschaftliche Uhr soll um mehr als 70 Jahre zurück gestellt werden
Unsere heutige Gesellschaft überholt die AfD in vielen Punkten, was das Familien- und
Erziehungsbild betrifft. Unklar ist, warum gewachsenen sozialen Strukturen ein überholtes
Weltbild aufgezwungen werden muss, dass uns als sogenannte deutsche „Identität“ verkauft
wird. Die Neuauflage der „Volksgemeinschaft“, für die eine AfD in Sachsen-Anhalt wirbt,
stand zur Zeit des Nationalsozialismus für Entmenschlichung, Entrechtung und Ausgrenzung.
Unzählige Bürgerinnen und Bürger wurden zum vermeintlichen „Vorteil“ der
„Volksgemeinschaft“ ermordet.
Des Weiteren erklärt uns die AfD, was zu einer „gefestigten Landesidentität“ gehört –
„Opferbereitschaft“. Wozu braucht die AfD in Zukunft das „Opfer“ anderer Mitmenschen in
einer Demokratie? Das Einfordern von „Opfern“ ist das typische Credo von Diktaturen oder
totalitären Regimen. Zugleich offenbart die AfD mit dieser Haltung ihre unmenschliche
Grundhaltung.
Integrationspolitik der AfD von neuen Mitbürger*innen ist eine Einbahnstraße
Eine eindeutige Absage erteilt die AfD einer multikulturellen Gesellschaft, in der verschiedene
Kulturen friedlich und im Einvernehmen nebeneinander leben. Statt Zusammenhalt und
Solidarität fordert diese Partei Ausgrenzung und Schikane!
Die AfD spricht in ihrem Papier von einer sogenannten „aktivierenden Integrationspolitik“. Sie
fordert von neuen Mitbürger*innen die vollständige Selbstaufgabe ihrer kulturellen Herkunft
und Prägung ein. Wer sich nicht in die „Identitätsvorstellungen“ der AfD eingliedert, wird
Integrationsunwilligkeit unterstellt. Gemeint ist damit z. B., dass „[u]nentschuldigtes Fehlen,
Stören oder verweigerte Mitarbeit […] durch entsprechende Kürzungen der Sozialleistungen
sanktioniert werden [müssen]“. Gefordert wird somit die absolute Willkür im Umgang mit
zukünftigen Zuwanderern oder Flüchtlingen bei der Integration in unseren Alltag. „Aktivierend“
ist vielmehr durch Gängelei oder Schikane zu übersetzen.
Die „Asylpolitik“ der AfD steht dem Grundgedanken des Asyls völlig entgegen
Die AfD fordert, dass Asylanträge grundsätzlich außerhalb der EU gestellt und dort bearbeitet
und entschieden werden sollen. Wie diese Forderung mit dem vermeintlichen „Ja“ der AfD
zum Asylrecht in Einklang zu bringen ist, erklärt uns diese Partei nicht. Eher wird dem
Grundrecht auf Asyl eine eindeutige Absage erteilt, wenn man diese „Forderung“ in ihrer
Konsequenz zu Ende denkt.
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