Strafrecht AT II Frühjahrssemester 2015 Gruppe 3

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Rechtswissenschaftliches Institut
Strafrecht AT II
Frühjahrssemester 2016
Gruppe 2
PD Dr. iur. Stefan Heimgartner
Dr. iur. Omar Abo Youssef
Rechtswissenschaftliches Institut
Vorlesungsübersicht (1)
Vorlesung
Datum
Thema
Dozent
Vorlesung 1
22.02.2016
Einführung & Strafzwecke
Dr. iur. Omar Abo Youssef
Vorlesung 2
29.02.2016
Übersicht über Strafen und
Massnahmen
PD Dr. iur. Stefan Heimgartner
Vorlesung 3
07.03.2016
Strafbefreiungsgründe &
Strafrahmen
Dr. iur. Omar Abo Youssef
Vorlesung 4
14.03.2016
Strafzumessung
PD Dr. iur. Stefan Heimgartner
Vorlesung 5
21.03.2016
Bedingte und teilbedingte
Strafen
Dr. iur. Omar Abo Youssef
Vorlesung 6
04.04.2016
Massnahmen, Teil 1
PD Dr. iur. Stefan Heimgartner
Vorlesung 7
11.04.2016
Massnahmen, Teil 2
Dr. iur. Omar Abo Youssef
Vorlesung 8
25.04.2016
Massnahmen, Teil 3;
Änderung und Beendigung
der Sanktion
PD Dr. iur. Stefan Heimgartner
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Vorlesungsübersicht (2)
Vorlesung
Datum
Thema
Dozent
Vortrag 1
09.05.2016
Grundlagen der Verwahrung
Dr. iur. Marianne Heer/
Dr. h.c. Hans Wiprächtiger
Vortrag 2
23.05.2016
Stationäre therapeutische
Massnahmen
Prof. Dr. med. Elmar Habermeyer/Dr. med. Steffen Lau
Vortrag 3
30.05.2016
Forensische Psychiatrie und
sichernde Massnahmen
PD Dr. med. Jérôme Endrass
Achtung: Die Vorträge finden jeweils am Montag zusammen mit Gruppe 1
statt!
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Literaturhinweise
• CHRISTIAN SCHWARZENEGGER/MARKUS HUG/DANIEL JOSITSCH,
Strafrecht II, Strafen und Massnahmen, 8. Aufl., Zürich 2007
(Neuauflage im Erscheinen)
• GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht,
Allgemeiner Teil II: Strafen und Massnahmen, 2. Aufl., Bern 2006
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Vorlesung 1: Einführung & Strafzwecke
Dr. iur. Omar Abo Youssef
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Überblick (1)
–
Art. 34-73 StGB:
Regelung der Sanktionen (Strafen und
Massnahmen)
–
Art. 74-92 StGB:
Regelung des Vollzugs von Freiheitsstrafen und
freiheitsentziehenden Massnahmen
–
Art. 93-96 StGB:
Bewährungshilfe, Weisungen und freiwillige soziale
Betreuung
–
Art. 102 III StGB:
Sonderregelung für Sanktionierung von
Unternehmen
–
Art. 105-107 StGB: Sonderregelungen für Übertretungen
–
Art. 372-380 StGB: Rechte und Pflichten der Kantone und des
Bundes im Bereich des Straf- und
Massnahmenvollzugs
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Überblick (2)
Das Gesetz regelt:

die möglichen Sanktionen (Strafen und Massnahmen)

die Strafrahmenbestimmung

die Strafzumessung

das Verhältnis der Sanktionen untereinander

die Abänderung von Sanktionen

die Beendigung von Sanktionen

Leitlinien des Vollzugs von Sanktionen (konkrete Ausgestaltung fällt in
die Kompetenz der Kantone)
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Strafen & Massnahmen (Definition)
•
Strafen sind Einschränkungen von Freiheitsrechten, die gestützt auf
strafrechtliche Bestimmungen durch staatliche Organe
(Gericht/Untersuchungsbehörde) im Wege eines Strafverfahrens
bestimmt und ausgesprochen werden (SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, S. 2)
 schuldausgleichende Funktion
•
Massnahmen sind Einschränkungen von Freiheitsrechten, die angeordnet werden, um der Gefährlichkeit eines Täters oder einem
gefährlichen Zustand, welche die Begehung weiterer Delikte als
wahrscheinlich erscheinen lassen, entgegenzuwirken
(SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, S. 4)
 keine schuldausgleichende Funktion
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Straftheorien
Unterscheidung zwischen:
•
Absoluten Straftheorien: Orientierung am vergangenen Geschehen
•
Relativen Straftheorien: Orientierung am zukünftigen Geschehen
•
Vereinigungstheorien: Verknüpfung der absoluten und relativen
Straftheorien
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Vertreter der Vergeltungstheorie (absolute Straftheorie)
Immanuel Kant (1724-1804)
Prinzip der Gleichheit (Waage der Gerechtigkeit):
«Was für unverschuldetes Übel du einem anderen im Volk zufügst, das
tust du dir selbst an. Beschimpfst du ihn, so beschimpfst du dich selbst;
bestiehlst du ihn, so bestiehlst du dich selbst; schlägst du ihn, so schlägst
du dich selbst; tötest du ihn, so tötest du dich selbst. Nur das Wiedervergeltungsrecht (ius talionis), […], kann die Qualität und Quantität der Strafe
bestimmt angeben.» (Metaphysik der Sitten  Teil 1, 1797)
Zusammenfassend hat die Strafe das Verbrechen wie bei einer
Waage «aufzuwiegen», was einzig mit dem Vergeltungsprinzip
erreicht werden kann.
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Vertreter der relativen Straftheorie (1)
Jeremy Bentham (1748-1832)

Gesetzesentwurf, 1778

Draught of a Bill, to Punish by Imprisonment and Hard-Labour, Certain
Offenders’and to Establish Proper Places for their Reception

An Introduction to the Principles of Morals and Legislation, 1789 (rev.
1823): Strafe ist in erster Linie durch den Nutzen der Abschreckung
(negative Generalprävention) legitimiert

Alle Menschen verhalten sich berechnend, d.h. jeder stellt die positiven
und negativen Konsequenzen (pain and pleasures) seines Handelns
einander gegenüber und wiegt diese gegeneinander ab
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Vertreter der relativen Straftheorie (2)
Franz v. Liszt (1851-1919)

Die Strafe hat verschiedene Zwecke zu erfüllen (Zweckgedanke im
Strafrecht, 1882)

3 spezialpräventive Strafzwecke (je nach Tätertyp):

Gelegenheitstäter sollen durch einen Denkzettel vor weiteren
Straftaten abgeschreckt werden (negative Spezialprävention)

Besserungsfähige Straftäter sollen durch Besserung,
Behandlung und Erziehung im Strafvollzug resozialisiert werden
(positive Spezialprävention)

Unverbesserliche Gewohnheitstäter sollen durch lebenslängliche
Freiheitsstrafe unschädlich gemacht werden (negative
Spezialprävention)
Ansatz zur spezialpräventiven Vereinigungstheorie
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Strafzwecke
Zwei unterschiedliche Arten von Strafzwecken:
1. absolute Strafzwecke  Vergeltung/Sühne
2. Relative Strafzwecke  Vorbeugung/Prävention
Absolute Strafzwecke:
«Strafen, weil gefehlt wurde.»
Relative Strafzwecke:
«Strafen, damit nicht gefehlt werde.»
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Absolute Strafzwecke
Vergeltung, Sühne, ausgleichende Gerechtigkeit
 Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um
Hand usw.
 In-sich-Gehen, Selbstbesinnung, Wandlung, Versöhnung mit der
Gesellschaft
 Strafe soll das schuldhaft begangene Unrecht ausgleichen
(vgl. Art. 47 StGB)
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Relative Strafzwecke (1)
Es gilt folgende relative Strafzwecke zu unterscheiden:
1.
Spezialprävention:

Positive

Negative
zielt auf Wirkung beim Täter ab
2. Generalprävention:

Positive

Negative
zielt auf Wirkung in der Gesellschaft ab
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Relative Strafzwecke (2)
Spezialprävention
 Täter soll erzogen/gebessert werden, d.h. es wird auf die
Resozialisierung des Täters abgezielt  positive Spezialprävention
 Täter soll zumindest von der Begehung weiterer Straftaten abgeschreckt
werden, d.h. ihm soll ein «Denkzettel» verpasst werden
 negative Spezialprävention
 Täter soll bei Sozialgefährlichkeit unschädlich gemacht werden
 negative Spezialprävention
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Relative Strafzwecke (3)
Generalprävention
 Rechtstreue Menschen sollen durch die Bestrafung eines Täters in ihren
Normvorstellungen und in ihrem freiwilligen Rechtsgehorsam bestärkt
werden  positive Generalprävention
 Potentielle Täter sollen durch die Bestrafung eines anderen Täters
abgeschreckt werden [psychologischer Zwang]
 negative Generalprävention
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Vereinigungstheorien
«Vergeltung und Vorbeugung sind keine unversöhnlichen Gegensätze»,
denn eine Verbindung beider Ansätze ist möglich, soweit die Strafe zum
Zweck des Schutzes der Gesellschaft vor zukünftigen Verbrechen so angedroht und ausgesprochen wird, dass sie auch dem Schuldausgleich des
begangenen Verbrechens dient. (BSK StGB I-WIPRÄCHTIGER/KELLER, Art. 47 N 66)
Es gilt zwei Formen zu unterscheiden:

Vergeltende Vereinigungstheorie  der Vergeltungszweck dominiert,
präventive Zwecke werden jedoch toleriert

Präventive Vereinigungstheorie  der Strafzweck hat präventiver Art zu
sein, wobei Spezial- und Generalprävention gleichermassen taugliche
Mittel darstellen, je nach den konkreten Verhältnissen im Einzelfall jedoch
unterschiedlich zu gewichten sind
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Übersicht Straftheorien
Absolute Strafzwecke
Relative Strafzwecke
Ursachen-, Vergangenheitsorientierung
Ziel-, Zukunftsorientierung
Spezialprävention
Generalprävention
NEGATIVE
POSITIVE
NEGATIVE
POSITIVE
(Denkzettel,
Unschädlichmachung)
(Resozialisierung)
(Abschreckung)
(Normbekräftigung)
Wirkung
auf Täter
Wirkung
auf Gesellschaft
Vergeltung
Sühne
Ausgleichende
Gerechtigkeit
Restaurative Strafrechtspflege
Wiedergutmachung,
Täter-Opfer-Ausgleich
Vereinigungstheorien
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Strafzwecke im StGB
Art.
Beschreibung
Strafzweck
Art. 19
Schuldprinzip
Absoluter Strafzweck (wenn Schuld,
dann Strafe)
Art. 47 Abs. 1
Strafzumessung nach dem
Verschulden
Absoluter Strafzweck
Art. 34, 37, 41 I,
42 f.
Strafarten
Spezialprävention
Art. 56 ff.
Massnahmen
Spezialprävention
Art. 75
Vollzug der Freiheitsstrafe
(Förderung der Fähigkeit
straffrei zu leben)
Positive Spezialprävention
Art. 111 ff.
Strafdrohungen
Abschreckende Wirkung?
 grundsätzlich retributivistische Ausgestaltung des StGB; aber Durchbrechung
aufgrund des Dualismus von Strafen und Massnahmen
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