Fragen und Antworten zu „HIV/AIDS – eine kritische

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Autonomes Schwulenreferat
c/o AStA TU Dortmund
Emil-Figge-Str. 50
44221 Dortmund
15. April 2013
Fragen und Antworten zu „HIV/AIDS – eine kritische Auseinandersetzung“
Veranstaltungsreihe des Autonomen Schwulenreferats der Technischen Universität Dortmund im
Sommersemester 2013 unter dem Motto „Leugnung bekämpfen, kritisches Hinterfragen fördern!“
Nach Bekanntgabe der Absicht, eine Veranstaltungsreihe mit kritischer Ausrichtung zum Thema
HIV/AIDS auszurichten, wurden den Referenten des Schwulenreferats viele Fragen gestellt, in denen
sich vielfältige Bedenken widerspiegelten. Die Fragen wurden zwar individuell beantwortet, die
Tatsache, dass sie gestellt wurden, ließ jedoch die Befürchtung aufkommen, dass – trotz der auf der
Homepage bereits veröffentlichten Dokumente – Teile der Veranstaltungsreihe möglicherweise
falsch verstanden werden. Um dies zu vermeiden und zudem weiterführende Informationen für alle
Interessierten bereitzustellen, sollen an dieser Stelle auf einige besonders wichtige Fragen Antworten
gegeben werden. Der Fragenkatalog wurde mittlerweile noch erweitert, um auch auf weitere
vorgebrachten Einwände und Fragen einzugehen.
Insbesondere möchten wir, die Referenten, in diesem Dokument darauf hinweisen, dass es – egal wie
man persönlich zu dem Thema steht – wichtige Argumente gibt, sich mit dem Thema der
Veranstaltungsreihe auseinanderzusetzen sowie diese zu besuchen und zu unterstützen. Dies ist vor
allem an diejenigen gerichtet, die uns aufgrund der Ausrichtung der Veranstaltungsreihe kritisieren.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass diese Übersicht dazu beitragen soll, die Arbeit des Referats
transparent und nachvollziehbar zu gestalten.
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Folgende Fragen werden in diesem Dokument beantwortet:
1. Warum veranstaltet das Schwulenreferat die Veranstaltungsreihe obwohl es Widerstand
gibt?
2. Was sind die Ziele der Veranstaltungsreihe?
3. Wer ist die Zielgruppe?
4. Warum hat die Veranstaltungsreihe einen so großen Umfang?
5. Warum sollte man die Veranstaltungsreihe besuchen und unterstützen, wenn man der
Auffassung ist, dass die offizielle Lehrmeinung richtig und die HIV/AIDS-Kritik hochgefährlich
ist?
6. Warum sollte man die Veranstaltungsreihe besuchen und unterstützen, wenn man der
Auffassung ist, dass an der offiziellen Lehrmeinung zu HIV/AIDS etwas nicht stimmen könnte?
7. Warum bietet das Schwulenreferat „abstrusen Theorien von AIDS-Kritikern“ ein Forum?
8. Warum treten überwiegend HIV/AIDS-Kritiker bei der Veranstaltungsreihe auf und warum
vertritt ein Heilpraktiker die offizielle Sichtweise? Sollte man die Reihe unter dieser
Konstellation nicht besser absagen?
9. Glauben die Referenten des Schwulenreferats denn ernsthaft, dass etwas mit der offiziellen
Lehrmeinung zu HIV/AIDS nicht stimmt?
10. Untergräbt die kritische Ausrichtung der Veranstaltungsreihe nicht die
Präventionsbemühungen?
11. Könnte die Veranstaltungsreihe nicht HIV-positiv-Getestete dahingehend beeinflussen, eine
lebensverlängernde antiretrovirale Therapie abzulehnen und damit lebensgefährlich sein?
12. Könnte die Vernetzungsarbeit mit anderen Vereinen nicht durch die kritische Ausrichtung der
Veranstaltungsreihe leiden?
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1. Warum veranstaltet das Schwulenreferat die Veranstaltungsreihe obwohl es Widerstand gibt?
Dass sich diese Veranstaltungsreihe in Richtung einer Auseinandersetzung mit kritischen Fragen
entwickelt hat, hat vielfältige Gründe. Die Referenten wurden darauf aufmerksam gemacht, dass
nach wie vor kritische Fragen zu HIV/AIDS gestellt werden, diese jedoch in den Medien oder von
anderen Akteuren nicht aufgegriffen werden. Daher wollten wir uns diesem Thema annehmen auf
sachliche Art und Weise. Dabei haben wir jedoch schnell gemerkt, dass es anscheinend als politisch
nicht korrekt gilt, kritische Fragen zum Bereich HIV/AIDS zu stellen, worin wir auch den Hauptgrund
im Widerstand gegen die Veranstaltungsreihe sehen. Deswegen soll dieser Punkt an dieser Stelle
sehr ausführlich behandelt werden. Die Hauptgründe dafür, dass sich das Schwulenreferat diesem
Thema annimmt sind folgende:
1. Es nimmt sich sonst keiner diesem Thema an, obwohl es aus vielfältigen Gründen wichtig
wäre, wie im Folgenden deutlich werden wird.
2. Kritisches Hinterfragen ist ein extrem wichtiger Wert, der gerade an Universitäten
hochgehalten werden sollte. Es darf nicht sein, dass sämtliche Kritik an einer
Mehrheitsmeinung (darunter auch berechtigte Fragen) als „Leugnung“ abgestempelt und
nicht ernst genommen wird. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe soll daher versucht werden,
Leugnung und kritisches Hinterfragen zu unterscheiden nach dem Motto: „Leugnung
bekämpfen, kritisches Hinterfragen fördern!“
Zu Punkt 1:
Die Nicht-Thematisierung wird von offizieller Seite aus so begründet, dass es nichts zu diskutieren
gibt, weil es sich bei der sogenannten AIDS-Kritik, deren Vertreter häufig diffamierend als AIDSLeugner bezeichnet werden, lediglich um Minderheitsmeinungen handelt, die aufgrund eines
wissenschaftlichen Konsens als widerlegt gelten. Eine Stellungnahme von BZgA und AIDS-Hilfe aus
dem Jahr 2006 geht sogar so weit, sich über dieses Dokument hinaus, welches lediglich oberflächlich
auf einige wenige Äußerungen der Kritiker eingeht, gar nicht mehr mit dem Thema beschäftigen zu
wollen. Bei allem Verständnis für die begrenzten Ressourcen sehen wir in einer solchen Haltung
einige Probleme:
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Anhänger der HIV/AIDS-Kritik behaupten, dass ihre Einwände von offizieller Seite aus
unterdrückt werden. Wenn man sich die Stellungnahmen offizieller Akteure und die
negativen Reaktionen auf unsere Veranstaltungsreihe anschaut, muss man leider zu dem
Schluss kommen, dass dies tatsächlich der Fall ist! Diese Diskussionsverweigerung bestärkt
aber Kritiker darin, dass die offizielle Seite etwas zu verbergen hat. Mit einer solchen
Blockadehaltung wird aktiv der Bildung von Verschwörungstheorien Vorschub geleistet!
Als Rechtfertigung für die Diskussionsverweigerung wird angeführt, dass die Thesen der
Kritiker schon lange widerlegt worden sind und man keine Notwendigkeit für die Diskussion
sieht. Wenn dies der Fall ist, sollte es aber dennoch möglich sein, verständlich und mit dem
Verweis auf die entsprechenden Dokumente den Prozess der Auseinandersetzung mit der
HIV/AIDS-Kritik darzustellen. Wenn darüber hinaus noch Fragen fortbestehen, sollten diese
als Anlass genommen werden, die Darstellung zu verbessern oder bei berechtigten Zweifeln
diese durch neue wissenschaftliche Experimente auszuräumen.
Alleine die Tatsache, dass sich nach wie vor Menschen an der HIV/AIDS-Kritik orientieren
(was für die Betroffenen möglicherweise fatale Folgen hat, wie Wilfried Bales uns deutlich
machte), sollte Grund genug sein, diese ernst zu nehmen und so deutlich und so verständlich
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wie möglich darzulegen, warum diese Ansichten falsch sind. Dies zu verweigern, führt zu
einer Verfestigung der Zweifel an der offiziellen Sichtweise und begünstigt es, dass
Falschinformationen nicht als solche erkannt werden.
Jeder, der sich mit den Einwänden detailliert auseinandersetzt, merkt schnell, dass es nicht
einfach ist, die Fragen der Kritiker angemessen zu beantworten. Dieses Problem kann man
aber nicht dadurch lösen, dass offene oder schwierig zu beantwortende Fragen ignoriert
werden. Hier muss eine ehrliche Auseinandersetzung erfolgen, die die Grenzen
wissenschaftlicher Forschung mit einbezieht. Nur das kann auch kritisch denkende Menschen
überzeugen.
Das folgende Zitat von Wilfried Bales bringt es auf den Punkt: „Menschen erreicht man aber nicht und
kann sie auch nicht überzeugen, wenn man nicht mit ihnen spricht, die Argumente beider Seiten
beleuchtet und ihnen eine eigene Entscheidungskompetenz zugesteht. Umso erfreulicher ist es, das
jetzt aktive junge Studenten der Uni Dortmund mutig diese kontroversen Themen aufgreifen und statt
Ablehnung eher Anerkennung und Unterstützung verdienen würden.“
Zu Punkt 2:
Um unsere Haltung bezüglich der Veranstaltungsreihe verstehen zu können, muss man folgende
Begriffe definieren und strikt voneinander trennen. Es handelt sich dabei um Leugnung auf der einen
Seite und kritisches Hinterfragen auf der anderen Seite. Leugnung bezeichnet das Abstreiten oder
das Nicht-Anerkennen von etwas Allgemeingültigem. Der Begriff der AIDS-Leugnung leitet sich daher
daraus ab, dass der aufgrund des wissenschaftlichen Konsenses der Mehrheit als allgemeingültig
bezeichnete Zusammenhang zwischen HIV und AIDS oder die Existenz von einem oder beidem
abgestritten wird, obwohl die wissenschaftlichen Fakten laut der Verwender dieses Begriffs keine
anderen Schlüsse zulassen. Jemand, der leugnet, hat also eine bestimmte Meinung oder
Weltanschauung und lässt nur diejenigen Beweismittel zu, die diese stützen. Alle anderen werden
abgestritten oder erst gar nicht erhoben, um so die Illusion aufrecht erhalten zu können, dass seine
oder ihre Ansicht die richtige ist.
Kritisches Hinterfragen unterscheidet sich von Leugnung in der Hinsicht, dass alle Fakten
berücksichtigt werden, unabhängig von den persönlichen Werten und Einstellungen. Das
Hinterfragen findet nicht statt, um seine eigene Meinung unabhängig der Fakten zu propagieren,
sondern um die Fakten und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu überprüfen. Dadurch
können neue Erkenntnisse gewonnen und ein besseres Verständnis erreicht werden. Auch
Mehrheitsmeinungen sollten selbstverständlich kritisch hinterfragt werden, auch wenn dies leider
häufig nicht für notwendig erachtet wird. Man sollte sich aber mal klar machen, dass – wenn dies
nicht passieren würde – die Erde heute immer noch eine Scheibe wäre.
Zu diesem Thema schreiben Astleitner, Brünken & Zander: „Schüler heranzubilden, die "kritisch
denken" können, ist ein zentrales schulisches Lehrziel. "Kritisches Denken" heißt für Schüler, dass sie
a) zwischen Fakten und Werten unterscheiden,
b) die Zuverlässigkeit und Genauigkeit einer Aussage abschätzen,
c) zwischen relevanten und nicht relevanten Informationen unterscheiden,
d) implizite oder versteckte Annahmen in Aussagen entdecken und
e) Fehler bei Argumenten aufzeigen können.“
Hieraus wird deutlich, wie wichtig das kritische Denken für die gesellschaftliche und auch die
wissenschaftliche Entwicklung ist. Nur wenn wir die oben genannten Grundsätze beherzigen, können
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wir zu einer Position finden, die durch Fakten gestützt ist und nicht von Werten. Im Bezug auf
HIV/AIDS heißt das, dass wir nur durch ein kritisches Hinterfragen der geltenden Mehrheitsmeinung
und der Thesen der HIV/AIDS-Kritik zu einem umfassenden und auf Fakten beruhenden Verständnis
gelangen können.
Wir bringen durchaus Verständnis auf für die Argumente von Personen, die eine Diskussion mit
HIV/AIDS-Kritikern ablehnen, weil sie deren Thesen als hochgefährlich ansehen und deren Ansichten
mit ihren persönlichen Werten und Überzeugungen nicht vereinbar sind. Wir halten aber eine
Diskussionsverweigerung mit dem Lernziel „Kritisches Denken“ für nicht vereinbar und fürchten die
unter Punkt 1 beschriebenen negativen Konsequenzen dieser Haltung. Eine Bekämpfung von
Leugnung kann in einer Demokratie nur funktionieren, wenn dabei die Grundsätze des kritischen
Denkens Berücksichtigung finden. Das heißt konkret, dass man falschen und möglicherweise
gefährlichen Sichtweisen dadurch gegenübertreten sollte, dass man aufzeigt, dass deren Argumente
einer kritischen Überprüfung durch die Fakten nicht standhalten können.
Aus den oben genannten Gründen halten wir daher eine Absage der Veranstaltungsreihe trotz der
geäußerten Kritik für ethisch nicht vertretbar, da dies mit dem Ziel der Förderung kritischen Denkens
nicht vereinbar ist und zudem zu einer Verfestigung von möglicherweise gesundheitsgefährdenden
Ansichten beitragen könnte. Diesem zuletzt genannten Ziel fühlt sich das Schwulenreferat entgegen
anderslautender Befürchtungen sehr verbunden, es verfolgt im Hinblick auf dessen Erreichung
jedoch eine andere – aus unserer Sicht zielführendere und mit dem Lernziel des kritischen Denkens
besser zu vereinbarende – Strategie.
2. Was sind die Ziele der Veranstaltungsreihe?
Die Ziele der Veranstaltungsreihe lassen sich aus den oben beschriebenen Gründen für die
Durchführung ableiten. Hauptziele sind:
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Erkenntnisgewinn im Bereich HIV/AIDS, wobei die Beschäftigung mit kritischen Aspekten und
den entsprechenden Gegenargumenten einen tieferen Einblick in die Zusammenhänge
ermöglichen soll.
Die Hervorhebung der Bedeutung des Themas HIV/AIDS, welche für Schwule nach wie vor
besonders stark ist.
Eine realistische Überprüfung der offiziellen Mehrheitsmeinung und der Einwände und
Thesen der HIV/AIDS-Kritik ermöglichen.
Eine sachliche Auseinandersetzung mit der HIV/AIDS-Kritik, die mit den Grundsätzen des
kritischen Denkens vereinbar ist.
Anhand der Unterscheidung zwischen Leugnung und kritischem Hinterfragen die Bereiche
ausmachen, in denen Kritik gerechtfertigt ist und produktiv genutzt werden könnte. Zudem
die Bereiche der Kritik aufzeigen, die eindeutig widerlegt sind und die entsprechenden
Fakten deutlich herausstellen.
Folgende konkrete Fragen sollen im Rahmen der Veranstaltungsreihe beantwortet werden:
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Wie funktionieren die HIV-Tests und worin besteht der Zusammenhang zu AIDS? Wie
zuverlässig sind die Tests und gibt es berechtigte Argumente dafür, das Ergebnis
anzuzweifeln? Was sind die Folgen, wenn das Testergebnis nicht ernst genommen wird?
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Wie wurde HIV entdeckt und wissenschaftlich nachgewiesen? Warum gibt es Kontroversen
um den Nachweis?
Wie wurde HIV als (einzige) Ursache von AIDS identifiziert? Was sind die Alternativtheorien
und wie werden diese begründet? Wie ist der Erklärungsgehalt der Theorien zu bewerten?
Welche Therapieoptionen gibt es? Wie funktionieren sie? Was sind die Vor- und Nachteile?
Neben der Zusammenfassung der Antworten auf diese Fragen sollen in einem im Anschluss zu
verfassenden Bericht vor allem die offenen Fragen zusammengetragen werden, die nicht im Rahmen
der Veranstaltungsreihe geklärt werden konnten. Anhand der Erfahrungen soll versucht werden
Anregungen zur Beantwortung folgender Fragen zu sammeln:
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Wie kann ein sachlicher Umgang mit der HIV/AIDS-Kritik aussehen? Konnte der Anspruch
einer sachlichen Auseinandersetzung erfüllt werden? Welche Schlussfolgerungen zieht man
aus den Erfahrungen?
Welche Argumente sind eindeutig widerlegt worden und wo gibt es noch berechtigte offene
Fragen? Wie kann man die Fakten so aufbereiten, dass sie von Menschen, die sich kritisch
mit dem Thema befassen, gefunden und verstanden werden? Wie geht man mit den noch
offenen Fragen um?
Können sich aus den noch offenen Fragen Forschungen ergeben, die neue Erkenntnisse für
eine bessere Prävention oder Behandlung liefern können?
3. Wer ist die Zielgruppe?
Zielgruppe sind wie bei allen anderen unserer inhaltlichen Veranstaltungen auch sowohl die
schwulen Studenten als auch die schwule Community sowie darüber hinaus alle am Thema
Interessierten. Dass das Thema HIV/AIDS für Schwule, ob Studenten oder nicht, besonders relevant
ist, versteht sich von selbst aufgrund der Zugehörigkeit zur „Risikogruppe“.
Es gibt immer Personen aus der Reihe der studentischen Besucher, die sich nicht für ein Thema
interessieren und daher die Veranstaltungen nicht besuchen. Bei inhaltlichen Veranstaltungen
kommen dafür in der Regel zusätzlich Personen von außen hinzu. Bei der Veranstaltungsreihe zum
Thema „(Homo-)Sexualität und Behinderung“ waren dies zum Beispiel Studenten der Fakultät
Rehabilitationswissenschaften, bei der Veranstaltungsreihe zur Dortmunder Szene Vertreter anderer
Vereine und Szenegänger.
Aufgrund der Erfahrungen von Wilfried Bales mit HIV/AIDS-kritisch orientierten Patienten kommt
eine weitere wichtige Zielgruppe hinzu. Es gilt angesichts der von ihm beschriebenen mitunter
lebensgefährlichen Folgen der HIV/AIDS-Kritik, gerade die Personen zu erreichen, die sich an diesen
kritischen Positionen orientieren, um ihnen im Rahmen der Veranstaltungsreihe eine kritische
Überprüfung auch der Thesen der HIV/AIDS-Kritik zu ermöglichen – gleichzeitig aber auch die Chance
zu bieten, die offenen Fragen bezüglich der offiziellen Darstellung zu thematisieren, die zur
Orientierung an der Kritik geführt haben.
Mit dieser offenen Ausrichtung der Veranstaltungsreihe hoffen wir viele Personen, die sich mit der
HIV/AIDS-Kritik auseinandergesetzt haben und sich möglicherweise an ihr orientieren, zu erreichen,
um ihnen eine realistische Überprüfung der Thesen zu ermöglichen. Gleichzeitig hoffen wir auch
darauf, alle mit dem Thema beruflich oder privat verbundenen Leute zu erreichen, um auf die
abweichenden Meinungen hinzuweisen und einen sachlichen und vor allem zielführenden Umgang
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damit anzumahnen, da durch den aktuell stattfindenden Umgang mit den kritischen Stimmen wie
oben beschrieben möglicherweise eher das Gegenteil des eigentlich Gewünschten erreicht wird.
4. Warum hat die Veranstaltungsreihe einen so großen Umfang?
Das Thema HIV/AIDS ist sehr komplex. Bisher haben wir immer nur ausschnittsweise bestimmte
Aspekte behandelt, z.B. die Bewertung von Übertragungsrisiken im Kontext eines Präventionsabends
oder die historische Betrachtung des „AIDS-Schocks“ in den 1980er Jahren.
Diesmal wollen wir viel tiefer in das Thema einsteigen, detaillierter hinschauen und Verknüpfungen
sichtbar machen, wobei die kritischen Fragen wie oben beschrieben dazu den Anlass liefern. Dies ist
im Rahmen eines Einzeltermins nicht zu leisten. Nach Absteckung der groben Inhalte wurde deutlich,
dass dieser Umfang notwendig ist, um eine angemessene Abbildung des Themenkomplexes zu
erreichen.
Was Kritik an Umfang und Terminen angeht, so wurden bereits Kompromisse eingegangen, die an
dieser Stelle deutlich gemacht werden sollen:
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Das Zeigen des einführenden Films wurde aus der Reihe herausgenommen und in die
vorlesungsfreie Zeit verschoben und somit der Umfang reduziert.
Zunächst sollten eine und mittlerweile sollen sogar zwei Veranstaltungen an einem Freitag
stattfinden, sodass mehr Donnerstagstermine anderweitig genutzt werden können. Dies hat
zudem den Vorteil, dass angereiste Referenten und Gäste direkt an zwei Veranstaltungen an
aufeinanderfolgenden Tagen teilnehmen können, was Fahrtkosten einspart.
5. Warum sollte man die Veranstaltungsreihe besuchen und unterstützen, wenn man der
Auffassung ist, dass die offizielle Lehrmeinung richtig und die HIV/AIDS-Kritik hochgefährlich
ist?
Gerade wenn man davon ausgeht, dass die HIV/AIDS-Kritik hochgefährlich ist, sollte man sich mit
deren Einwänden und Alternativtheorien beschäftigen. Nur wer die Argumente der „Kontrahenten“
detailliert kennt, kann schlagfertig darauf eingehen. Die Veranstaltungsreihe kann dabei helfen, die
noch nicht ausreichend beantworteten Fragen, die die offizielle Theorie in Frage stellen, zu
identifizieren. Darauf können dann die passenden Antworten gegeben werden, die zumindest
diejenigen, die beide Seiten der Debatte vergleichen und sich ihre eigene Meinung bilden wollen,
überzeugen können. Sicherlich wird man Kritiker, die von ihrer Position zutiefst überzeugt sind,
vermutlich nicht überzeugen können. Dies darf jedoch nicht als Vorwand benutzt werden, um sich
der Diskussion zu entziehen. Denn im Grunde geht es darum legitime Fragen von Menschen zu
beantworten, die sich selbst ein Bild machen wollen. Sich der Debatte zu entziehen, kann ebenfalls
aus dieser Sicht hochgefährlich sein, wenn dadurch der Eindruck entsteht, die „offizielle Seite“ hätte
etwas zu verbergen und deshalb unglaubwürdig wirkt. Mehr dazu unter Frage 1.
6. Warum sollte man die Veranstaltungsreihe besuchen und unterstützen, wenn man der
Auffassung ist, dass an der offiziellen Lehrmeinung zu HIV/AIDS etwas nicht stimmen könnte?
Die Veranstaltungsreihe bietet für alle, die kritische Fragen bezüglich HIV/AIDS stellen, die
Möglichkeit gehört zu werden und die Chance eine Antwort zu erhalten. Sicherlich kann nicht auf alle
Details eingegangen werden. Wenn jemandem etwas ganz besonders unter den Nägeln brennt, sollte
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man uns diese Fragen daher vorab zukommen lassen, sodass wir die Möglichkeit haben, diese
unseren Fachreferenten vorab zukommen zu lassen, damit diese sich darauf vorbereiten können.
Gerade als Organisation an einer Universität empfinden wir es als extrem wichtig, Fragen zu stellen
und Antworten einzufordern und somit das kritische Denken zu fördern. Wir ermuntern daher jeden
dazu, die Chance zu nutzen gemäß dem Motto: „Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme
Antworten.“
7. Warum bietet das Schwulenreferat „abstrusen Theorien von AIDS-Kritikern“ ein Forum?
Als Angehörige einer Universität wissen wir, dass Wissenschaft in der Interpretation
wissenschaftlicher Daten besteht, die durch wissenschaftliche Forschung gewonnen werden. Daraus
lassen sich Theorien ableiten. Eine davon ist die etablierte HIV-Theorie von AIDS. Auch wenn eine
überwältigende Mehrheit der Wissenschaftler diese im Rahmen eines wissenschaftlichen Konsenses
akzeptiert, gibt es offensichtlich Wissenschaftler, die dies nicht tun und ihre Gründe dafür publiziert
haben und zum Teil sogar Alternativtheorien aufgestellt haben.
Inwiefern diese Theorien abstrus sind (womit vermutlich gemeint ist, dass sie nicht mit den
wissenschaftlichen Daten vereinbar sind), soll unter anderem im Rahmen der Veranstaltungsreihe
untersucht werden. Dazu ist es notwendig, Personen, die diese Alternativtheorien vertreten
möchten, in diesem Rahmen ein Forum zu bieten und ebenfalls Personen, die diesen widersprechen,
sodass es zu einer Diskussion kommen kann. Aus Sicht von Personen, die die Theorien der Kritiker für
abstrus halten, ist das übrigens eine gute Gelegenheit zu zeigen, dass sie mit dieser Einschätzung
richtig liegen.
Es ist wichtig, an dieser Stelle nochmal deutlich zu betonen, dass den Kritikern nicht einfach das Feld
überlassen wird, sondern dass ihnen direkt auf der Veranstaltungsreihe die Gegenargumente
vorgehalten werden.
8. Warum treten überwiegend HIV/AIDS-Kritiker bei der Veranstaltungsreihe auf und warum
vertritt ein Heilpraktiker die offizielle Sichtweise? Sollte man die Reihe unter dieser
Konstellation nicht besser absagen?
Warum auch bekennende HIV/AIDS-Kritiker beteiligt sind, wurde bereits in der vorigen Frage
beantwortet. Dass wir (bisher) keinen rein schulmedizinischen Vertreter der offiziellen Lehrmeinung
gewinnen konnten, ist in der Tat bedauerlich. Dies ist jedoch nicht so, weil das Schwulenreferat sich
nicht um deren Beteiligung bemüht hat. Das Gegenteil ist der Fall. Schon zu Beginn der
Planungsphase wendeten wir uns an den schwulen Gesundheitsladen in Dortmund, wo wir mit der in
Frage 1 diskutierten Begründung abgewiesen worden sind und uns auch mitgeteilt wurde, dass diese
Begründung auch von anderen für das Thema zuständigen Vereinen (Dortmunder AIDS-Hilfe und
Gesundheitsamt) geteilt wird. Ebenfalls haben wir bei mehreren HIV-Schwerpunktärzten und Forschern sowie bei Virologen und anderen offiziellen Vertretern angefragt. Leider ohne Erfolg.
Lediglich ein Schwerpunktarzt hat Interesse bekundet, wir haben aber noch keine offizielle Zusage,
hoffen aber weiterhin darauf.
Daher sind wir sehr froh darüber, dass der Heilpraktiker Wilfried Bales sich dazu bereit erklärt hat,
sich der Diskussion mit den HIV/AIDS-Kritikern zu stellen. Wir empfehlen jedem, der seine
Qualifikation in Frage stellt, weil er „nur“ Heilpraktiker ist, mal selbst zu recherchieren, was eine
derartige Ausbildung an schulmedizinischen Inhalten umfasst. Abgesehen davon hat er langjährige
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Erfahrungen in der Behandlung von HIV/AIDS-Patienten, darunter viele kritisch orientierte. Durch
diese Erfahrungen ist er zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die offizielle Sichtweise zum Thema
HIV/AIDS grundsätzlich richtig ist, obwohl er eine Zeit lang selbst sehr kritisch eingestellt war. Wer
könnte die Argumente für die offizielle Sichtweise also besser und glaubhafter vermitteln als er?
Da wir ihn als Vertreter der offiziellen Sichtweise und Juliane Sacher als Vertreterin der HIV/AIDSKritik für alle Veranstaltungen gewinnen konnten, haben wir uns dazu entschieden die Reihe auf
dieser Grundlage durchzuführen. Sicherlich würde es die Diskussion bereichern, wenn auch ein rein
schulmedizinisch orientierter Vertreter der offiziellen Sicht auftreten würde (wie Dr. Claus Köhnlein
diese Richtung auf der letzten Veranstaltung für die Seite der HIV/AIDS-Kritik repräsentiert), doch wir
haben uns aus folgenden Gründen dafür entschieden, die Reihe zur Not auch in dieser Konstellation
durchzuführen:
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Es gibt mit Wilfried Bales einen Vertreter der offiziellen Sichtweise, der bestens mit den
Argumenten der Kritiker vertraut ist und fundiert und glaubhaft die Gegenargumente
aufzeigen kann. Somit wird den Kritikern eben nicht widerspruchslos das Feld überlassen.
Eine Absage der Reihe aus dem Grund, dass kein rein schulmedizinischer Vertreter der
offiziellen Sicht gefunden werden konnte, würde die von uns aus den oben genannten
Gründen kritisierte Diskussionsverweigerung weiter bestätigen, da es dann damit sogar
geschafft worden wäre, die Reihe zu kippen.
Eine Absage der Reihe zum jetzigen Zeitpunkt würde alle HIV/AIDS-kritisch orientierten
Personen, die sich die Reihe bereits vorgemerkt haben, darin bestätigen, dass es eine
Verschwörung gibt, die ihre Sichtweisen bekämpft. Damit würde man also genau das
Gegenteil erreichen und die Thesen der Kritiker bestärken.
Die Reihe trotzdem durchzuführen würde auch ein politisches Zeichen setzen für einen
sachlichen Umgang mit Kritik, der mit den Zielen des kritischen Denkens vereinbar ist.
Außerdem würde er die offiziellen Vertreter wachrütteln, sich mit den oben genannten
Argumenten für eine sachliche Auseinandersetzung und gegen eine Blockadehaltung
auseinanderzusetzen.
9. Glauben die Referenten des Schwulenreferats denn ernsthaft, dass etwas mit der offiziellen
Lehrmeinung zu HIV/AIDS nicht stimmt?
Es geht hier nicht um Glauben. Wie jeder von uns persönlich inhaltlich dazu steht und auf welcher
Wissensgrundlage er sich seine eigene Meinung gebildet hat (oder plant dies im Rahmen der
Veranstaltungsreihe zu tun) ist nicht relevant. Fakt ist, dass an uns herangetragen worden ist, dass es
von Wissenschaftlern vertretene Kritik an der HIV-Theorie von AIDS sowie Alternativtheorien gibt, die
wir gerne im Rahmen der Veranstaltungsreihe untersuchen möchten. Das können wir mit Verweis
auf die oben beantworteten Fragen auch gut begründen. Wir haben zum Glück als Studenten (noch)
keine Interessenskonflikte oder finanziellen Abhängigkeiten, die es verhindern, dass wir öffentlich
eine so offene Debatte führen können. Daher sollten wir diese Chance nutzen.
10. Untergräbt die kritische Ausrichtung der Veranstaltungsreihe nicht die
Präventionsbemühungen?
Dies wäre der Fall, wenn wir im Rahmen der Veranstaltungsreihe die Empfehlung herausgeben
würden, keine Kondome mehr zu verwenden. Dies wird aber zumindest von unserer Seite aus nicht
passieren und unseres Wissens nach auch von niemandem der bisher geladenen Referenten. Selbst
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wenn jemand sich diesbezüglich äußern würde, gehen wir davon aus, dass alle Anwesenden
intelligent genug sind, dies mit anderen Aussagen abzuwägen, bevor sie daraus persönliche
Konsequenzen in ihrem Schutzverhalten ziehen.
Auf der anderen Seite bietet die Veranstaltungsreihe für HIV/AIDS-kritisch orientierte Personen die
Möglichkeit, eventuell vorhandene kritische Einstellungen zur Prävention durch eine Beschäftigung
mit den Argumenten anzupassen. Dies würde in der Summe sogar zu einer verbesserten Prävention
führen, was genau das Gegenteil der Befürchtungen darstellt.
Besonders hervorgehoben werden sollte zudem, dass bestimmte aus Alternativtheorien hergeleitete
Präventionsmaßnahmen, die wir im Rahmen der Veranstaltung untersuchen werden, sogar über die
offiziellen Empfehlungen hinausgehen. Diese Ankündigung sollte eigentlich eher Interesse
hervorrufen statt Befürchtungen.
11. Könnte die Veranstaltungsreihe nicht HIV-positiv-Getestete dahingehend beeinflussen, eine
lebensverlängernde antiretrovirale Therapie abzulehnen und damit lebensgefährlich sein?
Dies wäre der Fall, wenn die antiretrovirale Therapie im Rahmen der Veranstaltungsreihe einseitig
negativ darstellt werden würde. Dies wird jedoch nicht geschehen, weil wir durch eine
entsprechende Fachreferentenwahl dafür Sorge tragen, dass Pro- und Contra-Argumente zur Sprache
kommen. Die Einnahme dieser Medikamente per se als lebensverlängernd zu betrachten, wäre
übrigens genauso einseitig und könnte auch unter Umständen lebensgefährlich sein aufgrund der
Nebenwirkungen. Dies spiegelt sich beispielsweise in der anhaltenden Diskussion darüber wieder,
wie früh oder spät mit der Therapie begonnen werden soll. Wir plädieren dafür, die Abwägung
zwischen Nutzen und Giftigkeit, wie sie bei jedem Medikament getroffen werden muss, differenziert
zu betrachten. Auch bei schweren Erkrankungen wir AIDS oder Krebs sollte es im Interesse der
Patienten keine Denkverbote geben.
12. Könnte die Vernetzungsarbeit mit anderen Vereinen nicht durch die kritische Ausrichtung der
Veranstaltungsreihe leiden?
Wenn unsere Ziele im Bezug auf die Veranstaltungsreihe von anderen Vereinen falsch verstanden
werden würden, könnte dies in der Tat eine mögliche Konsequenz darstellen. Um dies zu vermeiden,
formulieren wir unter anderem diesen Text, der ausführlich die Ziele und Argumente für die
Durchführung der Veranstaltungsreihe erläutert. Wir haben uns sogar die Mühe gemacht, speziell für
die Personen, die eigentlich keinen Diskussionsbedarf zu diesem Thema sehen, Argumente
zusammenzutragen, die zeigen, dass eine Beteiligung an der Veranstaltungsreihe auch für sie Vorteile
bietet und eigentlich ihren Zielen mehr entsprechen würde als eine Diskussionsverweigerung.
Wenn jemand der Ansicht ist, dass wir falsch handeln, kann er oder sie uns dies jederzeit unter
Angabe der Gründe mitteilen und mit uns darüber diskutieren. Wir für unseren Teil haben unsere
wichtigsten Argumente hier so nachvollziehbar wie möglich zusammengetragen und diese mehrfach
um an uns herangetragene Fragen ergänzt. Wir hoffen daher auf Verständnis und besser noch
Unterstützung von Seiten anderer Vereine und Personen.
Mehr Informationen zur Veranstaltungsreihe und weitere Dokumente lassen sich auf unserer
Homepage www.schwulenreferat-dortmund.de finden.
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