Gleichgewichte in Netzen KW Axhausen IVT ETH Zürich Frühlingssemester 2017 Literaturhinweise Schnabel / Lohse: Kapitel 10.14.7 Ortúzar / Willumsen: Kapitel 10.1 – 10.5, 11 Vrtic, M. (2005) Verkehrsverteilungsmodelle, Materialien zur Vorlesung Verkehrsplanung, IVT, ETH, Zürich Vrtic, M. (2005) Best-Wege-Suche, Materialien zur Vorlesung Verkehrsplanung, IVT, ETH, Zürich 2 Heute • Umlegung und Routenwahl • Kürzeste Wege in Netzen • Gleichgewichte in Netzen • Umlegungsverfahren • Unterrichtsbeispiel «Gotthard»: Ist-Situation 3 Umlegung und Routenwahl Die Umlegung ist der letzte Schritt des „Vier-Stufen-Ansatzes“ Umlegung ist die Verteilung der Nachfrage zwischen zwei Orten auf die möglichen Routen zwischen diesen Orten unter Einhaltung bestimmter Randbedingungen Routenwahl ist die Modellierung der Wahl der Reisenden zwischen den möglichen Routen zwischen zwei Orten Ziel der Umlegung: Gleichgewicht in der Routenwahl 4 Beispiel: Zwei Strecken zwischen A und B Annahme: • Nachfrage ist bekannt und fest Folgerung: • Gleichgewicht heisst, dass der Nutzen beider Alternativen gleich ist 5 Beispiel: Strecke 1 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 200 400 600 800 1000 Belastung auf Strecke 1 6 Beispiel: Strecke 1 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 200 400 600 800 1000 Belastung auf Strecke 1 7 Beispiel: Strecke 1 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 200 400 600 800 1000 Belastung auf Strecke 1 8 Beispiel: Strecke 1 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 200 400 600 800 1000 Belastung auf Strecke 1 9 Beispiel: Strecke 2 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 1000 800 600 400 200 0 Belastung auf Strecke 2 10 Beispiel: Strecke 2 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 1000 800 600 400 200 0 Belastung auf Strecke 2 11 Beispiel: Strecke 2 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 1000 800 600 400 200 0 Belastung auf Strecke 2 12 Beispiel: Strecke 2 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 1000 800 600 400 200 0 Belastung auf Strecke 2 13 Mittlere Fahrzeit 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 800 200 1000 0 Belastung auf den Strecken 14 Mittlere Fahrzeit 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 800 200 1000 0 Belastung auf den Strecken 15 Mittlere Fahrzeit 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 800 200 1000 0 Belastung auf den Strecken 16 Mittlere Fahrzeit 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 800 200 1000 0 Belastung auf den Strecken 17 Systemoptimum 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 800 200 1000 0 Belastung auf den Strecken 18 Zum Nutzergleichgewicht 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 800 200 1000 0 Belastung auf den Strecken 19 Nutzergleichgewicht > Systemoptimum 60 Fahrtzeit 45 30 15 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 800 200 1000 0 Belastung auf den Strecken 20 Umlegung: Aufgaben Verteilung der Nachfrage zwischen zwei Orten auf mögliche und sinnvolle Routen: • Identifikation der sinnvollen Routen, die die Orte verbinden. • Festlegung des Verteilungsgrundsatzes für die Nachfrageverteilung. 21 Kürzeste Wege in Netzen 22 Verkehrsnetze Strecken – Beispiele: • Wege • Strassen • Eisenbahnen • Seilbahnen • Wasserstrassen und Kanäle • Luftstrassen Knoten – Beispiele: • Kreuzungen • Parkierungsanlagen • Bahnhöfe und Haltestellen • Häfen • Flughäfen 23 Logische Netze Beschreibung von Netzen als N(k, s) • Knoten (geographische Orte), i = 1, ... , k • Strecken, j = 1, ...., s • Anfangs- und Endknoten • Richtung • Länge • Leistungsfähigkeit • Zulässige Geschwindigkeit • Technologie; v = fs(Verkehrsstärke) 24 Logische Netze: Beispiel 1 2 3 4 5 25 Logische Netze: Nachbarschaftsmatrix Beschreibung der Verknüpfungen durch eine quadratische Nachbarschaftsmatrix N[k, k], die angibt, ob es eine Verbindung zwischen zwei Knoten gibt. N[i,j] = 1, falls Verbindung vorhanden; sonst null Beispiel: 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 0 0 1 0 1 1 0 1 0 1 1 1 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 1 0 26 Logische Netze: Bewertete Nachbarschaftsmatrix Die bewertete Nachbarschaftsmatrix gibt an, wie gross die Kosten auf den vorhandenen Strecken (für eine gegebene Belastung) sind Nb[i,j] = k‘s = fs(q‘s), sonst Beispiel k‘s = fs(0): 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 2 4 1 1 2 4 3 3 4 1 5 3 27 Berechnung «kürzester Wege» Vielzahl von Algorithmen; Annahme k‘s = konstant Drei Grundklassen: • Matrixverfahren (Beispiel Floyd) • Verfahren mit eingeschränkten Kandidatenlisten (Beispiel Dijkstra) • Verfahren mit offenen Kandidatenlisten (Beispiel Moore) Unterschiede in Speicherplatz, Rechenzeit, Komplexität des Kodes 28 Algorithmus von Dijkstra (1) Grundidee: Schrittweiser Aufbau des Baums der kürzesten Wege vom Startknoten aus zu allen anderen Knoten Initialisierung: 1) Setze Startknoten a fest 2) Konstruiere Streckenliste S[s,3] mit S[i,1] = Startknoten, S[i,2] = Endknoten, S[i, 3] = k‘S[i,1],S[i,2] 3) Initialisiere Matrix mit Wegekosten W[k,2] mit W[k,1] = (Kosten) und W[k,2] = 0 (Status: 0 = unbekannt, 1 = auf kürzestem Weg erreicht) 4) Setze W[a,1] = 0 und W[a,2] = 1 (da Startknoten) 5) Setze i = 0 6) wi = a (Basisknoten) 29 Algorithmus von Dijkstra (2) Berechnung: Bis alle W[n,2] = 1 1) Für alle Knoten j, die von wi aus direkt erreichbar sind, und für die W[j,2] = 0: W[j,1] = min(W[j,1],W[wi,1] + k‘wi,j) 2) Unter allen Knoten n, für die gilt W[n,2] = 0, suche den Knoten m mit dem minimalen W[m,1] 3) Setze W[m,2] = 1 (auf kürzestem Weg erreicht) 4) wi = m 5) Gehe zu Schritt 1) 30 Beispiel Dijkstra (Initialisierung) 1 w0 = W[] 1 2 3 4 5 2 1 1 0 2 1 0 0 0 0 3 4 5 31 Beispiel Dijkstra (Schritt 1.1) 1 w0 = 1 5 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 5 2 1 0 0 0 0 2 1 3 4 5 32 Beispiel Dijkstra (Schritt 1.2) 1 w0 = 1 4 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 4 2 1 1 0 0 0 2 1 3 4 5 w1 = 2 33 Beispiel Dijkstra (Schritt 2.1) 1 w1 = 2 5 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 4 5 2 1 1 0 0 0 2 1 3 3 4 4 5 34 Beispiel Dijkstra (Schritt 2.2) 1 w1 = 2 5 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 4 5 2 1 1 1 0 0 2 1 3 3 4 4 5 w3 = 3 35 Beispiel Dijkstra (Schritt 3.1) 1 w2 = 3 5 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 4 5 9 2 1 1 1 0 0 2 1 3 3 4 4 5 5 36 Beispiel Dijkstra (Schritt 3.2) 1 w2 = 3 5 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 4 5 9 2 1 1 1 1 0 2 1 3 3 4 4 5 5 w3 = 4 37 Beispiel Dijkstra (Schritt 4.1) 1 w3 = 4 5 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 4 5 8 2 1 1 1 1 0 2 1 3 3 4 4 5 3 5 38 Beispiel Dijkstra (Schritt 4.2) 1 w3 = 4 5 W[] 1 2 3 4 5 1 0 1 4 5 8 2 1 1 1 1 1 2 1 3 3 4 4 5 3 5 39 Vor- und Nachteile Dijkstra Vorteile: • Geringer Speicherplatzbedarf ( s) • Kürzere Rechenzeiten ( k²) Nachteil: • Komplexer Kode 40 Kürzeste Wege im öffentlichen Verkehr (Hypernetze) Die Suche nach kürzesten Wege muss berücksichtigen: • Haltestellen ersetzen Knoten • Unterschied zwischen Bedienung, Linie und Fahrplan • Unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen Elemente der Kosten, zum Beispiel: • Umsteigen • Umsteigezeit • Wartezeit • Preise • Komfort Mehrere „kürzeste“ Wege je nach Kriterium 41 Kürzeste Wege im öffentlichen Verkehr Ebene Bedienung: • • • • Abbildung der Bedienung einer Strecke mit dem ÖV Durchschnittliche und konstante Fahrtzeit für alle Angebote Wartezeit ist gleich für alle Angebote Keine weiteren Differenzierungen Hilfsstrecken zur Abbildung der durchschnittlichen Wartezeit 42 Kürzeste Wege im öffentlichen Verkehr Ebene Linie: • Trennung der Linien • Mittlere Wartezeiten und Umsteigezeiten können dargestellt werden Umsteigezeiten als Strecken 43 Kürzeste Wege im öffentlichen Verkehr Ebene Fahrplan: • Verknüpfung mit zeitscheibenfeinen Nachfragematrizen • Genauere Abbildung der Wartezeiten • Genaue Abbildung der Umsteigezeiten • Wiederholte Abbildung „Linie“ für jeden Kurs 44 Bemerkung: Lokalisierung der Nachfrage Um die Nachfrage in Zonen zu lokalisieren, werden oft zusätzliche Strecken- und Knotentypen eingeführt: • Zonenschwerpunkte als geographischer Ort der Nachfrageentstehung oder Anziehung • Zonenanbindung als Verknüpfung zwischen Schwerpunkt und Netz: • Fixe oder variable Anteile und konstante Kosten auf der Anbindung • Variable Anteile und belastungsabhängige Kosten 45 Gleichgewichte in Netzen 46 Wahl Verteilungsgrundsatz Systemoptimum: • Minimale Gesamtnutzerkosten Nutzergleichgewicht: • Alle verwendeten Alternativen eines Quell-Ziel-Paars haben die selben generalisieren Kosten (negativer Nutzen), die nicht genutzten Alternativen haben höhere. • (In der mathematischen Umsetzung gilt das im Rahmen der numerischen Genauigkeit der Berechnungen, respektive der gewählten Toleranzen.) 47 Verteilungsgrundsatz: Systemoptimum (SO) Die Gesamtreisezeit (Summe der generalisierten Kosten) ist minimal. das heisst: k‘rm = k‘rijm(q‘rijm) + q‘rijm * [k‘rijm(q‘rijm) q‘rijm], für alle r zwischen allen i,j mit q‘rijm > 0 48 Systemoptimum: zum Beispiel zwei Strecken 40 Fahrtzeit [min] 30 20 Systemoptimum (SO) 10 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 Belastung auf den Strecken 800 200 1000 0 49 Verteilungsgrundsatz: Wardrop’s Nutzergleichgewicht Alle Wege, die zwischen einem Quell-Ziel-Paar benutzt werden, haben dieselbe Reisezeit (generalisierten Kosten). Alle nicht benutzten Wege haben eine höhere Reisezeit (generalisierte Kosten). k‘ijm = k‘rijm(q‘rijm), für alle Routen r zwischen i und j mit q‘rijm > 0; für alle i, j Wardrop (1952) Das heisst: • Routen sind „kürzeste“ (kosten-minimale) Routen 50 Wardrop’s Nutzergleichgewicht: z.B. Zwei Strecken 40 Fahrtzeit [min] 30 20 SO Nutzergleichgewicht (UE) 10 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 Belastung auf den Strecken 800 200 1000 0 51 Verteilungsgrundsatz: Stochastisches Nutzergleichgewicht Der Anteil jeder Route zwischen Zonen i und j entspricht der Wahrscheinlichkeit mit der diese von den Nutzern als die beste betrachtet wird, d.h. unter Berücksichtigung der nicht direkt messbaren Nutzenkomponenten. q‘rijm = q‘ijm * P(r) , für alle r, i und j P(r) = f(k‘rijm(q rijm)) wird mit einem geeigneten Modell berechnet. Maher (2001) Die Reisezeiten auf den Routen müssen nicht gleich sein. 52 Stochastisches Nutzergleichgewicht: z.B. Zwei Strecken 40 Fahrtzeit [min] 30 20 Stochastisches Nutzergleichgewicht (SUE) SO 10 UE 0 0 1000 200 800 400 600 600 400 Belastung auf den Strecken 800 200 1000 0 53 Beispiel: Nutzergleichgewicht (DUE) 54 Beispiel: DUE [ nach Distanzklassen] rot = < 50 km blau=50-100 km grün= >100 km 55 Beispiel: Differenz SUE-DUE grün= mehr; rot= weniger 56 Beispiel: Differenz SO-DUE grün= mehr; rot= weniger 57 «The Price of Anarchy» «The Price of Anarchy» (PoA) ist die systemweite zusätzliche Reisezeit, die im schlechtesten Nutzergleichgewicht im Vergleich zum Systemoptimum anfällt. Roughgarden (2003) PoA = UE-SO UE SO Es kann gezeigt werden (Roughgarden, 2003), dass das PoAVerhältnis von UE zu SO von den Verhältnissen zwischen Fluss und Reisezeit auf den einzelnen Strecken (Widerstandsfunktionen) abhängt. Bsp.: Lineare Verhältnisse -> PoA = 4/3 Quadratische Verhältnisse -> PoA = 1.626 58 Zusammenfassung Verteilungsgrundsätze Routenwahrnehmung Kriterium Konsistente Lösung Ohne Fehler (objektiv) Nutzerkosten Nutzergleichgewicht (DUE) Soziale Kosten Systemoptimum (SO) Mit Fehler (subjektiv) Nutzerkosten Stochastisches Nutzergleichgewicht (SUE) (für gegebenen Satz an Routen und das verwendete Entscheidungsmodell) 59 Umlegungsverfahren 60 Verteilung der Nachfrage Alle Verfahren sollten auf einem Modell des Routenwahlverhaltens der Reisenden aufbauen • Explizit durch Verwendung eines Entscheidungsmodells • Implizit durch eine Zielfunktion, die eine Verhaltensregel abbildet, zum Beispiel Wardrop‘s Gleichgewicht als Ausdruck der Nutzenmaximierung 61 Verfahren: „Alles oder Nichts“ - Umlegung Berechnung: 1) 2) Berechne die kürzesten Wege zwischen allen i und j Ermittle die Streckenbelastung als: q'sm = q ' rijm rs i, j rs = 0, falls s nicht Teil von r 1, sonst 62 Verfahren: UE mit Method of Successive Averages (MSA) Initialisierung: Zuordnen der Verkehrsströme auf kürzeste Wege bei unbelastetem Netz («alles oder nichts») und neue Fahrtzeiten bestimmen. Iteration bis Abbruchkriterium erfüllt ist: • Berechnung der kürzesten Wege • Hilfsflüsse = alle Verkehrsströme auf kürzeste Wegen • Zuordnung der Verkehrsströme mit: • Fneu = (1-Φ) * Falt + Φ * Hilfsflüsse • Berechnen der neuen Reisezeiten auf Grund Belastung Φ: F: nach Bedarf gewählter Parameter: 0 < Φ < 1 zu berechnender Verkehrsstrom auf Strecke 63 Verfahren: Nutzergleichgewicht mit Frank-Wolfe Vorteil: Legt Umverteilungsfaktor (hier ) optimal fest. Berechnung nach Initialisierung: 1) Erhöhe Iterationszähler: n = n + 1 2) «alles oder nichts»-Umlegung mit k‘sn ergibt Hilfsflüsse ysn 3) Löse für : n n n min Beckmann et al. (1956) 0 1 s q 's + ( y s - q 's ) k 's ( ) d 0 4) Neue Belastungen: q‘sn+1 = q‘sn + (y‘sn - q‘sn) 5) Neue Reisezeiten: k‘sn = k‘sn (q‘sn-1) 6) Zurück zu 1), falls nicht: s | q‘sn+1 - q‘sn | 64 Reisezeitenberechnung: Widerstandsfunktionen Widerstandsfunktionen: • Dienen der Abbildung der Technologie der Strecke • Repräsentieren Zusammenhang zwischen Belastung und generalisierten Kosten (Fahrtzeit) auf einer Strecke • Bei statischen Modellen ist es notwendig, die stochastischen Schwankungen der Nachfrage innerhalb der Umlegungsperiode zu berücksichtigen 65 Harte Widerstandsfunktionen Widerstandsfunktionen mit harter Abbildung der Leistungsfähigkeitsgrenze, z.B. Davidson: qi ) t i = t 0i (1 + J Li - q i t0i: Fahrtzeit bei unbelasteter Strecke Li: Leistungsfähigkeit J: Parameter q: Verkehrsfluss, Belastung 66 Weiche Widerstandsfunktionen Widerstandsfunktionen mit weicher Abbildung der Leistungsfähigkeitsgrenze, z.B. Bureau of Public Roads (BPR-Funktion): qi t i = t 0i (1 + ) Li t0i: Fahrtzeit bei unbelasteter Strecke Li: Leistungsfähigkeit ,: Parameter q: Verkehrsfluss, Belastung 67 Vergleich harte und weiche Widerstandsfunktion 100 BPR; alpha=0.7, beta=5 Davidson; J=0.07 Leistungsfähigkeit Fahrtzeit [min] 75 50 25 0 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1'000 Verkehrsfluss [Fz/h] 68 Umlegung des ÖVs Grundsätzlich: Obige Verfahren angewandt auf Hypernetze Hauptproblematik: «Common Lines Problem» Für die gleiche Strecke bestehen mehrere ÖVAlternativen (inkl. Umsteigen), welche nehmen? Ortuzar-Willumsen, S.373ff - Fahrplanbasiertes Angebot mit pünktlichem Dienst => Eine klare, beste Route im Hypernetz, d.h. analog MIV-Umlegung - Frequenzbasiertes Angebot und/oder unpünktliche Dienste (weltweit Regelfall) => Keine klare, beste Route mehr, sondern Verhaltensstrategien Beispiel für Verhaltensstrategie: Wenn Linie A zuerst kommt, dann in XY Umsteigen auf Linie Z; wenn Linie B zuerst, dann … 69 Umlegung des ÖVs – Vorgehen Ortuzar-Willumsen, S.373ff, Spiess und Florian (1989) Umlegung der Nachfrage von Zone A nach Zone B: 1. Identifikation verschiedener, möglicher Verhaltensstrategien 2. Verteilung der Nachfrage auf Verhaltensstrategien nach Abfahrtsfrequenzen Strategien (Spiess und Florian (1989)) • Annahme: Strategien, die alle x Minuten funktionieren, werden öfter gewählt als Strategien, die nur alle y > x Minuten funktionieren. Hinweise: • Abbildung der zum Teil sehr komplexen Bezahlsysteme (Zonen, Zeitkarten etc.) schwierig • Berücksichtigung von Überlastungen in ÖV-Fahrzeugen komplex, da nur sehr beschränkte Auswirkungen auf Reisezeiten 70 Schwächen der obigen Umlegungsverfahren • Abstraktion der Verkehrsinfrastruktur in Strecken und Knoten • Kostenberechnung kann nicht alle Aspekte abdecken • Kostenwahrnehmung nicht uniform in der Bevölkerung (teilweise abgedeckt durch SUE) Ortuzar-Willumsen, S.381ff • Annahme perfekter Information über Verkehrssituation • Vernachlässigung von Tag-zu-Tag Variationen im Verkehrsaufkommen • Widerstandsfunktionen bilden Fluss-Reisezeit-Verhältnis abstrahiert ab • Dynamik des Verkehrs wird nicht abgebildet • Fehlerhafter Input 71 Dynamische Umlegung Statische Umlegung (obige, klassische Umlegungsverfahren): • Modellierung der durchschnittlichen Belastung über längere Zeiträume: • Spitzenstunden (1h, 2h oder 4h) • Tag Dynamische Umlegung: • Modellierung der Belastungen in kurzen Intervallen (Sekunden bis Minuten) mit Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den Intervallen (Warteschlangen) 72 Verfahren Dynamische Umlegung Detaillierte Abbildung von räumlich-zeitlichen Wechselwirkungen für grössere Netze ist ein extrem komplexes Problem: • Fluss auf Strecke hängt nicht nur von Verkehrsaufkommen auf Strecke ab (Annahme bei Widerstandsfunktionen), sondern auch von Verkehrsaufkommen auf Strecken flussabwärts und von Kreuzungsdynamiken vor und nach Strecke • Verkehrsaufkommen auf Strecke hängt über Routenwahlen von Verkehrssituation in gesamtem Netzwerk ab • Lichtsignale und Fahrverhalten führen zu Wellenmustern im Verkehr Analytische Lösung nicht möglich. => Approximation der Lösung mit iterativen Simulationen 73 Dynamische Umlegung mit Simulationen Beispiel Verkehrssimulation MATSim Zeitliche Auflösung 1 Sekunde => Zeitliche Dynamik des Verkehrs erfasst Strecken als Warteschlangen von Autos simuliert Wenn Warteschlange voll, keine neuen Autos mehr auf Strecke => Rückstau auf Strecken flussaufwärts => Räumliche Dynamik und Wechselwirkungen 74 Unterrichtsbeispiel Gotthard 75 Nationales Verkehrsmodell Schweiz Modell nach Umlegung und Kalibrierung 76 Verkehrsspinne Gotthard Basel Zürich Luzern Altdorf Bellinzona Quelle: Nationales Personenverkehrsmodell 2010 (UVEK) Chiasso 77 Wer nutzt den Gotthard? • täglich 8’750 Fahrzeuge pro Richtung Basel • davon 2’400 Last- und Lieferwagen • überregionale Verbindungsfunktion (66% Durchgangsverkehr Korridor Altdorf-Bellinzona) Zürich Luzern Altdorf • 40% der Last- und Lieferwagen mit Fahrtziel in Italien Quellen: Nationales Personenverkehrsmodell 2010 (UVEK), Schweizerische automatische Strassenverkehrszählung 2013 (ASTRA) Bellinzona Chiasso 78 Verkehrsstärken nicht uniform verteilt: Jahresganglinie 2013 Quelle: Schweizerische automatische Strassenverkehrszählung 2013 (ASTRA) 79 Verkehrsstärken nicht uniform verteilt: Tagesganglinie 2013 Quelle: Schweizerische automatische Strassenverkehrszählung 2013 (ASTRA) 80 Zusammenfassung • Kürzeste Wege: Dijkstra-Algorithmus • Gleichgewichte: Nutzergleichgewicht vs. Systemoptimum • Umlegungsverfahren: • «alles oder nichts»-Umlegung • Method of Successive Averages • Umlegung von ÖV, Hypernetze • Widerstandsfunktionen: BPR vs. Davidson 81 Literaturhinweise Vorlesung 3 (nächste Vorlesung) Schnabel / Lohse: Kapitel 9 Ortúzar / Willumsen: Kapitel 3.5 82 Quellen • • • • • • • Beckmann, M.J., C.B. McGuire und C.B. Winsten (1956) Studies in the Economics of Transportation, Yale University Press, New Haven. Maher M. (2001) Stochastic user equilibrium assignment with elastic demand, Traffic Engineering & Control, 42 (5), 163-167. Ortuzar, J. de D. und L.G. Willumsen (2011) Modelling Transport, 4th edition, Wiley, Chichester Roughgarden, T. (2003) The price of anarchy is independent of the network topology, Journal of Computer and System Sciences, 67 (2), 341-364. Sheffi, Y. (1985) Urban Transportation Networks, Prentice-Hall, Inglewood. Spiess, H. und M. Florian (1989) Optimal strategies: a new assignment model for transit networks, Transportation Research, 23B, 82-102. Wardrop, J.G. (1952) Some theoretical aspects of road traffic research, Proceedings of the Institution of Civil Engineers, 2 (1), 325-378. 83