Vergütung an Feiertagen, Gratifikationen an Weihnachten und

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Vergütung an Feiertagen, Arbeitszeitregelung und Gewährung von Gratifikationen an Weihnachten und Neujahr 2013/2014
1. Vergütung an Feiertagen
Gesetzliche Feiertage im Dezember 2013 und an Neujahr 2014 sind:
Mittwoch,
Donnerstag,
Mittwoch,
Montag,
25.12.2013
26.12.2013
01.01.2014
06.01.2014
-
1. Weihnachtsfeiertag
2. Weihnachtsfeiertag
Neujahrstag
Heilige Drei Könige (nur in Bayern, BadenWürttemberg und Sachsen-Anhalt)
Der Arbeitnehmer erhält an gesetzlichen Feiertagen für die Arbeitszeit, die infolge des Feiertages
ausfällt, das Arbeitsentgelt, das er ohne den Arbeitsausfall erzielt hätte (Entgeltausfallprinzip gem.
§ 2 Abs. 1 EFZG). Der Anspruch auf Feiertagsbezahlung besteht nur, wenn der Feiertag die alleinige
Ursache für den Arbeitsausfall ist.
Entsprechendes gilt für Teilzeitarbeitskräfte, die an weniger als fünf Tagen in der Woche beschäftigt
werden. Der Anspruch auf Feiertagsbezahlung ist gegeben, wenn der Feiertag auf einen Wochentag
fällt, an dem der jeweilige Teilzeitbeschäftigte regelmäßig arbeitet. Fällt der Feiertag auf einen freien
Tag, so besteht kein Anspruch des Teilzeitarbeitnehmers auf die Feiertagsvergütung, da der Entgeltausfall nicht (allein) auf dem Feiertag beruht, sondern auf der vereinbarten Arbeitszeitregelung.
Der Anspruch auf die Feiertagsvergütung entfällt, wenn der Arbeitnehmer am letzten Arbeitstag vor
oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleibt.
Ist der Betrieb zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen, weil die ausfallende Arbeitszeit voroder nachgearbeitet wird, und fehlt der Arbeitnehmer unentschuldigt entweder am letzten Arbeitstag
vor dem Weihnachtsfest oder am ersten Arbeitstag nach dem Neujahrstag, so verliert er den Entgeltfortzahlungsanspruch für sämtliche Feiertage, also Weihnachtsfeiertage und Neujahrstag (BAG vom
16.06.1965 - 1 AZR 56/65, DB 1965, S. 1217).
Heiligabend und Silvester sind keine gesetzlichen Feiertage. Es kann jedoch tarifvertraglich eine völlige oder teilweise Arbeitsfreistellung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts festgelegt werden. Dies ist
auch einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich.
2. Arbeitszeitregelung
Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen Jugendliche unter 18 Jahren am 24. und 31.12. nicht
mehr nach 14 Uhr beschäftigt werden.
Erfolgt in Verbindung mit Feiertagen eine Betriebsschließung, so gilt, wenn eine abweichende tarifliche Regelung nicht besteht, § 3 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Danach kann die in Verbindung mit
Feiertagen ausfallende Arbeitszeit durch Verlängerung der täglichen Arbeitszeit bis zu zehn Stunden
vor- oder nachgearbeitet werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder von 24 Wochen
im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Nach § 87 Abs. 1 Ziff. 2 und 3
Betriebsverfassungsgesetz unterliegt die Arbeitszeitregelung der zwingenden Mitbestimmung durch
den Betriebsrat, soweit tarifliche Regelungen nicht bestehen.
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Bei Jugendlichen ist zu beachten, dass die durch einen gesetzlichen Feiertag ausfallende Arbeitszeit
auf die höchstzulässige Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich anzurechnen ist.
Für Jugendliche unter 18 Jahren gilt weiter § 8 Abs. 2 JArbSchG. Danach darf, wenn in Verbindung
mit Feiertagen an Werktagen nicht gearbeitet wird, damit die Beschäftigten eine längere zusammenhängende Freizeit haben, die ausfallende Arbeitszeit auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen nur dergestalt verteilt werden, dass die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt dieser fünf Wochen 40 Stunden nicht überschreitet. Die tägliche Arbeitszeit darf
dabei 8 ½ Stunden nicht überschreiten.
Für werdende und stillende Mütter gilt das Verbot der Mehrarbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit nach § 8
Mutterschutzgesetz.
3. Gewährung von Gratifikationen
3.1 Abgrenzung Weihnachtsgeld/13. Monatsentgelt/tarifliche Sonderzahlung
Die Begriffe „Weihnachtsgratifikation“ (auch „Weihnachtsgeld“), „Jahressonderzahlung“ und „13. Monatsgehalt“ werden nicht einheitlich verwandt und verschiedentlich pauschal „Weihnachtsgratifikation“
genannt, weil sie am Jahresende ausbezahlt werden. Rechtlich handelt es sich dabei um unterschiedliche Zahlungen, wobei nach dem verfolgten Zweck zu differenzieren ist. Entscheidend ist, ob der
Arbeitgeber mit der Zahlung die vergangene Tätigkeit des Arbeitnehmers - zusätzlich - vergüten
möchte („13. Monatsentgelt“, „reiner Entgeltcharakter“), ausschließlich seine Betriebstreue belohnen
will („Gratifikation“) oder beide Ziele verfolgt („Gratifikation mit Mischcharakter“). Dies ist im Wege der
Auslegung der Zusage zu entscheiden. Die Unterscheidung ist vor allem bezüglich Freiwilligkeitsvorbehalten, Stichtagsregelungen und Ruhen des Arbeitsverhältnisses von Bedeutung.
Nach der Rechtsprechung bedeutet die Zusage einer Sonderzahlung ohne jegliche weitere Voraussetzung regelmäßig eine zusätzliche Vergütung für die Arbeitsleistung im Bezugszeitraum, z.B. im
Kalenderjahr („klassisches 13. Monatsentgelt“). Scheidet der Arbeitnehmer in diesem Fall im Laufe
des Kalenderjahres aus, so besteht ein anteiliger Anspruch entsprechend der zurückgelegten Zeit im
Jahr, vgl. Urteil des BAG vom 08.11.1978 - 5 AZR 358/77, AP 100 zu § 611 BGB Gratifikation. Nach
der BAG-Rechtsprechung sind „arbeitsleistungsbezogene“ Sonderzahlungen mit reinem Entgeltcharakter auch in den Fällen zu gewähren, in denen dem Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher, tariflicher
oder sonstiger Regelungen das Entgelt auch ohne tatsächliche Arbeitsleistung fortzuzahlen ist, z.B. im
Falle des Urlaubs, der unverschuldeten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit für den Entgeltfortzahlungszeitraum oder des Mutterschutzes.
Bei tariflichen Sonderzahlungen richtet sich die Gewährung, Rückzahlung, Kürzung etc. nach den
tariflichen Vorschriften im jeweiligen Handwerkszweig. Tarifverträge sind bei beiderseitiger Organisation (Arbeitgeber ist Innungsmitglied und Arbeitnehmer gehört gleichzeitig der Gewerkschaft an), Allgemeinverbindlichkeit oder vertraglicher Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.
Nachfolgend werden in erster Linie die Grundsätze zur Weihnachtsgratifikation behandelt.
3.2.
Grundsatz der Freiwilligkeit
Auf einzelvertraglicher Ebene ist der Arbeitgeber in seinem Entschluss, ob und in welcher Höhe er
eine Gratifikation gewähren will oder nicht, grundsätzlich frei, da es keine gesetzliche Verpflichtung zur
Zahlung eines Weihnachtsgeldes gibt.
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Jedoch sind Tarifverträge zu beachten, sofern diese auf das konkrete Arbeitsverhältnis Anwendung
finden, vgl. oben. Ist dies der Fall, so ist nur derjenige Teil der Gratifikation freiwillig, der den tariflichen
Anspruch übersteigt. Entsprechendes gilt für Betriebsvereinbarungen mit einem Betriebsrat. Die nachfolgenden Ausführungen betreffen nicht die tariflichen Leistungen.
3.3.
Entstehung eines Rechtsanspruchs aus betrieblicher Übung
Ein Rechtsanspruch auf eine Gratifikation kann sich aus sog. betrieblicher Übung ergeben. Unter einer
betrieblichen Übung wird die regelmäßige gleichförmige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen
des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Eine allgemeinverbindliche Regel, ab welcher
Zahl von Leistungen Arbeitnehmer erwarten dürfen, dass sie die Leistung künftig erhalten, gibt es
nicht. Es ist aber anerkannt, dass bei vorbehaltloser Gewährung einer jährlich, in drei aufeinander
folgenden Jahren gezahlten Gratifikation ein Rechtsanspruch auf die Gratifikation entsteht.
Das BAG hat seine Rechtsprechung zur betrieblichen Übung mit einem Urteil vom 28.02.1996 - 10
AZR 516/95 - relativiert und entschieden, dass ein Anspruch aufgrund „betrieblicher Übung“ nicht besteht, wenn der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld zwar in drei aufeinander folgenden Jahren, jedoch in
unterschiedlicher Höhe geleistet hat. Die unterschiedliche Höhe des Weihnachtsgeldes zeigte im konkreten Fall für den Arbeitnehmer erkennbar, dass der Arbeitgeber sich nur für das jeweilige Jahr, nicht
aber für die Zukunft binden wollte.
In diesem Fall zahlte der Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld in drei aufeinanderfolgenden Jahren in unterschiedlicher Höhe (DM 1000, DM 1100 und DM 1400). Damit fehlt es, so das BAG, an einer „regelmäßigen gleichförmigen Wiederholung“ der Zahlung. Eine Gleichförmigkeit des Verhaltens der
Arbeitgebers kann sich nach Ansicht des LAG Hamm - 15 Sa 1038/11 – aber auch darin zeigen, dass
der tarifliche Mindestbetrag (hier 13. Monatseinkommen im Baugewerbe von 780,-- EUR) in keinem
Jahr unterschritten wird. Im Fall des LAG wurde in 2005, 2006, 2008 und 2009 ein Weihnachtsgeld
von je 780,-- EUR brutto, in 2007 aber von 1.165,-- EUR brutto gezahlt und eine betriebliche Übung
anerkannt.
Exkurs: Jahresbonus
Mit seinem Urteil vom 21.04.2010 – 10 AZR 163/09 – stellt das BAG klar, dass sich ein Anspruch auf
einen Jahresbonus auf Grund einer individuellen arbeitsvertraglichen konkludenten Abrede (Annahme
gemäß § 151 BGB) aus den jährlichen Zahlungen eines Bonus in Verbindung mit dem tatsächlichen
Verhalten des Arbeitgebers ergeben kann. Eine konkludente Zusage künftiger Bonuszahlungen ist, so
das BAG, nicht bereits deshalb zu verneinen, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden ist. Ein Jahresbonus ist in seiner Höhe typischerweise von variablen Komponenten (Betriebsergebnis/persönliche Leistung) abhängig. Insoweit ist zwischen Grund und Höhe des Anspruchs
zu differenzieren. Dies unterscheidet diesen Fall vom Urteil vom 28.02.1996, wo der Arbeitgeber das
Weihnachtsgeld „erkennbar“ nach Gutdünken zahlte und eine Bindung für die Zukunft ausschloss.
Sollen also Bindungen für die Zukunft ausgeschlossen werden, ist bei der Leistung, insbesondere bei
einem Jahresbonus, darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine einmalige Zuwendung handelt,
aus der Ansprüche für die Zukunft nicht entstehen können.
3.4
3.4.1.
Vermeidung eines Rechtsanspruchs
Schriftformklausel
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Einfache Schriftformklauseln können das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht verhindern. Zweifelhaft ist, ob doppelte Schriftformklauseln (bei denen auch die Änderung bzw. Aufhebung der Schriftform schriftlich erfolgen muss) dem Entstehen einer betrieblichen Übung entgegenstehen. Aus einer
solchen doppelten Schriftformklausel muss hervorgehen, dass individuelle Vertragsabreden nach
§ 305 b BGB Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben. Andernfalls ist sie unwirksam,
BAG-Urteil vom 20.05.2008 - 9 AZR382/07. Insoweit wäre etwa nachfolgende Klausel denkbar:
Ergänzungen und Änderungen dieses Arbeitsvertrages bedürfen der Schriftform, sofern sie nicht auf
einer ausdrücklichen oder individuell ausgehandelten Abrede beruhen. Auch die Aufhebung dieses
Schriftformerfordernisses bedarf der Schriftform.
(Formulierung nach Schramm/Kröpelin DB 2008, 2365, Maschmann/Sieg/Göpfert, Vertragsgestaltung
im Arbeitsrecht 2012 Schriftformklauseln RN 22)
Zweifelhaft ist, ob nach der aktuellen BAG-Rechtsprechung eine derartige Schriftformklausel dem
Entstehen einer betrieblichen Übung entgegensteht. Für die Änderung arbeitsvertraglicher Bedingungen bedarf es keines „kollektiven“ Tatbestandes, um eine betriebliche Übung anzunehmen. So setzt
der 9. BAG-Senat (Urteil vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07) - anders als der 10. BAG-Senat (BAGUrteil vom 21.04.2010 – 10 AZR 163/09) - nicht voraus, dass sich eine betriebliche Übung auf eine
Vielzahl von Arbeitnehmern oder zumindest auf eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern bezieht.
Eine betriebliche Übung kann sich danach auch hinsichtlich eines einzelnen Arbeitnehmers ergeben.
In der Regel dürfte dies einer Individualabrede entsprechen, welche nach der zwingenden Regelung
des § 305 b BGB regelmäßig vorgeht. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des 10. BAG-Senats
(Urteil vom 21.04.2010), der das Entstehen einer individuellen Bonuszusage durch konkludentes Verhalten für möglich erachtet, obwohl er den Anspruch auf einen Jahresbonus unter dem Gesichtspunkt
der betrieblichen Übung ablehnt. Damit wäre für die obige Klausel kein Raum, da sie von „ausdrücklichen oder individuell ausgehandelten“ Abreden ausgeht und den Vorrang einer stillschweigend vereinbarten Individualabrede unberücksichtigt lässt.
3.4.2 Freiwilligkeitsvorbehalt
Der Arbeitgeber kann die Entstehung einer betrieblichen Übung und damit einen Anspruch des Arbeitnehmers verhindern, wenn er sich die Freiwilligkeit der Gratifikationszahlung ausdrücklich vorbehält und einen Rechtsanspruch ausschließt. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt hindert das Entstehen eines
vertraglichen Anspruchs und lässt dem Arbeitgeber die Freiheit, jedes Jahr neu zu entscheiden, ob
und in welcher Höhe sowie unter welchen Voraussetzungen eine Gratifikation gezahlt werden soll.
Demgegenüber kann ein Widerruf einen entstandenen Anspruch beseitigen. Jedoch knüpft das BAG
auch die Zulässigkeit von formularmäßigen Widerspruchsvorbehalten an strenge Anforderungen. In
jedem Fall muss in der Widerrufsklausel festgelegt sein, aus welchen Gründen der Widerruf erfolgen
kann, z. B. aus Gründen im Verhalten, in der Person oder aus wirtschaftlichen Gründen, BAG-Urteil
vom 12.11.2005 – 5 AZR 364/04. Aus diesen Gründen ist ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der Ansprüche
ausschließt, einem Widerrufsvorbehalt vorzuziehen.
Der Freiwilligkeitsvorbehalt kann grundsätzlich im Arbeitsvertrag oder z. B. auch in einem Begleitschreiben erklärt werden. Die neuere BAG-Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an die
Wirksamkeit eines Freiwilligkeitsvorbehalts.
Grundlegend gilt, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt nur bei Sonderzahlungen, dagegen nicht für laufendes Arbeitsentgelt zulässig ist. Insoweit kommt ein Widerrufsvorbehalt in Betracht, BAG-Urteil vom
25.04.2007 – 5 AZR 627/06. Der Freiwilligkeitsvorbehalt muss klar und verständlich als solcher formuSeite 4 von 10
liert werden. Widersprüchliche Formulierungen sind zu vermeiden. Insbesondere ist das Recht der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) zu beachten, §§ 305 ff. BGB. Sagt z. B. der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einerseits im Formulararbeitsvertrag eine Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe ausdrücklich zu und ist in diesem Vertrag gleichzeitig geregelt, dass der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung hat, so verstößt dies gegen das Transparenzgebot. Das
BAG hat mit Urteil vom 30.07.2008 - 10 AZR 606/07 - eine solche Vertragsgestaltung als widersprüchlich bewertet und einen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt verneint. Zu vermeiden sind deshalb Formulierungen wie: „Der Arbeitnehmer erhält ...“ oder eine Sonderzahlung „wird gewährt“ usw. Als widersprüchlich wird vom BAG auch eine Formulierung angesehen, wonach die Zahlung „freiwillig und
jederzeit widerruflich“ erfolgt, da Freiwilligkeitsvorbehalte und Widerrufsvorbehalte unterschiedlichen
Wirksamkeitsvoraussetzungen unterliegen und deshalb nicht kombiniert werden können.
Der Freiwilligkeitsvorbehalt darf sich nicht nur in dem Hinweis erschöpfen, dass der Arbeitgeber sich
„freiwillig“ zur Erbringung der Leistung verpflichtet, ohne dazu durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Ähnliches gezwungen zu sein, vgl. BAG-Urteil vom 23.10.2002 – 10 AZR 48/02.
Ein wirksamer Freiwilligkeitsvorbehalt muss klar zum Ausdruck bringen, dass sich der Arbeitgeber
vorbehält, jedes Jahr neu und frei darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine freiwillige
Weihnachtsgratifikation gewährt wird und dass kein Rechtsanspruch begründet werden soll.
Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der alle zukünftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst, stellt eine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer dar. Er ist unwirksam, BAG-Urteil vom 14.09.2011 - 10 AZR 526/10. Das heißt, der Vorbehalt muss die konkrete
Leistung bezeichnen, auf die zukünftig kein Rechtsanspruch entstehen soll.
Mögliche Formulierungen eines Freiwilligkeitsvorbehalts im Arbeitsvertrag könnten (in Anlehnung an
Schmitt-Rolfes AuA 2012, 199) wie folgt lauten:
Die Geschäftsleitung entscheidet für jedes Kalenderjahr (Geschäftsjahr) neu, ob ein Weihnachtsgeld
oder ein ... [Aufzählung möglicher weiterer Leistungen wie zusätzliches Urlaubsgeld] gezahlt wird.
Weder durch einmalige noch durch mehrmalige Zahlung entsteht ein Rechtsanspruch für die Zukunft.
Hat ein Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation, weil der Freiwilligkeitsvorbehalt beispielsweise unwirksam ist, können spätere einseitige Erklärungen des Arbeitgebers (Vorbehalt der Freiwilligkeit und fingiertes Einverständnis mit dem Vorbehalt durch Entgegennahme der Zuwendung) im Begleitschreiben zur Lohnabrechnung den Anspruch nicht beseitigen,
BAG-Urteil vom 20.02.2013 – 10 AZR 177/12.
Dennoch empfiehlt es sich, nicht nur im Arbeitsvertrag, sondern auch bei der einzelnen Leistung
nochmals schriftlich auf den Freiwilligkeitsvorbehalt hinzuweisen, sowie eine doppelte Schriftformklausel in den Vertrag aufzunehmen.
3.5 Beseitigung eines entstandenen Rechtsanspruchs
Besteht ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation, z. B. aufgrund einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung oder einer betrieblichen Übung, so kann dieser
Anspruch grundsätzlich nur durch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer oder
durch eine Änderungskündigung wieder beseitigt werden.
Das BAG hat mit Urteil vom 18.03.2009 - 10 AZR 281/08 entschieden, dass ein aufgrund betrieblicher
Übung entstandener Anspruch auf eine Sonderzahlung nicht dadurch beseitigt werden kann, dass der
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Arbeitgeber die Zahlung unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt stellt und der Mitarbeiter dies drei Jahre
hintereinander widerspruchslos hinnimmt. Eine solche „abändernde betriebliche Übung“/“gegenläufige
betriebliche Übung“ ist nach Auffassung des BAG nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht mehr
möglich.
3.6 Gleichbehandlung der Arbeitnehmer
Auch wenn der Arbeitgeber die Gratifikation freiwillig gewährt, muss er beachten, dass niemand benachteiligt wird. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist eine Benachteiligung aus
Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität unzulässig.
Unzulässig ist auch eine Schlechterstellung wegen Teilzeitarbeit (§ 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz).
Teilzeitbeschäftigt sind nach § 2 Abs.2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auch geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV (geringfügig entlohnte Beschäftigungen, sog. 450Euro-Kräfte). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes haben teilzeitbeschäftigte
Arbeitnehmer Anspruch auf die entsprechende Leistung (z.B. Weihnachtsgeld) in dem Umfang, der
dem Anteil ihrer Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Eine unterschiedliche Behandlung ist nur zulässig, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen, § 4 Abs. 1 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz.
An der Zulässigkeit der Staffelung der Gratifikation entsprechend der Dauer der Betriebszugehörigkeit
dürfte auch das AGG nichts geändert haben. Dafür spricht auch eine Entscheidung des EuGH vom
03.10.2006 – C-17/05 – Rs. Cadman. Der EuGH hat mit diesem Urteil eine Differenzierung bei der
Entlohnung nach dem Dienstalter als grundsätzlich gerechtfertigt bewertet. Sachlicher Grund dafür sei
die Honorierung der Berufserfahrung, die den Arbeitnehmer im Allgemeinen befähige, seine Arbeit
besser zu verrichten.
Grundsätzlich rechtfertigt es der Zweck einer Weihnachtsgratifikation nicht, hinsichtlich der Höhe zwischen Arbeitern und Angestellten zu differenzieren. Mit Urteil vom 12.10.2005 – 10 AZR 640/04 – hat
das BAG entschieden, dass eine Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten mit dem unterschiedlichen Ausbildungs- und Qualifikationsniveau nicht begründet werden kann (im Streitfall erhielten die Angestellten einen vollen Monatslohn, die Arbeiter aber nur 55% ihres Monatsverdienstes als
Weihnachtsgratifikation). Eine Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Arbeitnehmergruppen
kann nach diesem Urteil zulässig sein, wenn etwa die Firmenbindung von bestimmten Mitarbeitern
gefördert werden soll, deren Fähigkeiten und Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt nicht oder nur schwer
zu finden sind und die in der Regel eine längere interne Ausbildung durchlaufen müssen, vgl. auch
BAG-Urteil vom 19.03.2003 – 10 AZR 365/02. Sind die Differenzierungsgesichtspunkte und der mit
der Zahlung des höheren Weihnachtsgeldes verfolgte Zweck nicht ohne weiteres erkennbar, hat der
Arbeitgeber allerdings darzulegen, warum für die stärkere Bindung der Angestellten ein objektives
Bedürfnis besteht.
3.7 Mitbestimmung des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat bei der Entscheidung darüber, ob eine Weihnachtsgratifikation, auf die kein
Rechtsanspruch besteht, gewährt wird, kein Mitbestimmungsrecht. Mitbestimmungsfrei ist dabei auch
der Dotierungsrahmen. Im Übrigen gelten die Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 Ziff. 4 und 10
Betriebsverfassungsgesetz. Mitbestimmungspflichtig sind die Aufstellung von Grundsätzen und Methoden der Verteilung der bereit gestellten Mittel auf den begünstigten Personenkreis.
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3.8 Anteilige Kürzung bzw. Wegfall der Gratifikation bei Fehlzeiten
Grundsätzlich tendiert die BAG-Rechtsprechung dazu, insbesondere hinsichtlich tariflicher Gratifikationsregelungen ausdrückliche Ausschluss- und Kürzungstatbestände zu fordern, andernfalls in der
Regel Gratifikationsansprüche (ungekürzt) bejaht werden, vgl. BAG vom 10.12.2008 – 10 AZR 35/08.
Fehlt eine ausdrückliche Kürzungsregelung, so kommt es entscheidend darauf an, ob die Einmalzahlung reinen Entgeltcharakter hat. Ist dies der Fall, so ist in der Regel für Fehlzeiten, für die keine Entgeltfortzahlungspflicht besteht, so z.B. bei unbezahltem Urlaub oder einer Arbeitsunfähigkeitsdauer
von mehr als sechs Wochen, die anteilige Kürzung möglich. Das BAG hat mit Urteil vom 21.03.2001,
10 AZR 28/00, entschieden:
„Wird ein 13. Monatsgehalt als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung vereinbart, so entsteht für
Zeiten, in denen bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kein Entgeltfortzahlungsanspruch mehr besteht, auch kein anteiliger Anspruch auf das 13. Monatsgehalt. Einer gesonderten arbeitsvertraglichen
Kürzungsvereinbarung bedarf es in diesem Falle nicht.“
3.8.1
Wehrdienst und Elternzeit
In vielen Tarif- und Arbeitsverträgen ist eine Kürzung der Gratifikation vorgesehen, wenn „das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht“. In diesem Fall ist nach der BAG-Rechtsprechung
eine Kürzung im Fall des freiwilligen Wehrdienstes (siehe §§ 1, 16 Abs. 7 ArbPlSchG) und der Elternzeit möglich. Anders als beim früheren Zivildienst (siehe § 78 ZDG, § 1 ArbPlSchG) gibt es beim Bundesfreiwilligendienst kein automatisches Ruhen. Es müsste erst vereinbart werden. Eine Kürzungsmöglichkeit sollte dabei ausdrücklich vorgesehen werden.
Die nach der bisherigen BAG-Rechtsprechung bestehende Kürzungsmöglichkeit für Zeiträume des
Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen Elternzeit wird neuerdings aufgrund des EuGH-Urteils vom
22.10.2009 – C-116/08 - zum Teil angezweifelt. In dieser Entscheidung, die zur Bemessung einer
Abfindung bei einer Kündigung während der Elternzeit nach belgischem Recht erging, äußert der
EuGH Bedenken gegen nationale Regelungen, die dazu führen können, den Arbeitnehmer von der
Inanspruchnahme des Elternurlaubs abzuhalten, vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Auflage,
2013, § 78 RN 45 a. Eine eindeutige, geänderte EuGH- bzw. BAG-Rechtsprechung für den Fall der
Gewährung einer Weihnachtsgratifikation liegt jedoch bisher nicht vor.
Ist im betreffenden Tarif- oder Arbeitsvertrag eine Kürzungsmöglichkeit nicht ausdrücklich vorgesehen,
so ist die Kürzung in der Regel nicht möglich, BAG-Urteil vom 08.12.1993 – 10 AZR 66/93.
3.9.2
Arbeitsunfähigkeit und Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz
Nach § 4 a des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) kann eine Kürzung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vereinbart werden. Die Kürzung darf für
jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit ein Viertel des Arbeitsentgelts, das im Jahresdurchschnitt auf einen
Arbeitstag entfällt, nicht überschreiten.
Das BAG hat mit Urteil vom 07.08.2002 – 10 AZR 709/01 – entschieden:
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„Gewährt ein Arbeitgeber ohne Rechtspflicht und ohne Rechtsbindung für die Zukunft eine Weihnachtszuwendung als freiwillige Leistung, so kann er in den Grenzen des § 4a S. 2 EFZG solche Arbeitnehmer ausnehmen, die im Bezugszeitraum Fehlzeiten aufweisen.“
Einer vorherigen Vereinbarung bedarf es in diesem Fall nicht, da die Sonderzuwendung freiwillig und
ohne Rechtspflicht erfolgte und daher ein Anspruch der Mitarbeiter bis zur Zahlung nicht besteht.
(Anmerkung: Die Entscheidung erging zu einem Sachverhalt des Jahres 1999, also vor Inkrafttreten
der Schuldrechtsreform).
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es nicht zulässig, dass ein Arbeitgeber bei der Gewährung
einer Weihnachtsgratifikation Mutterschutzzeiten (Beschäftigungsverbote) anteilig leistungsmindernd
berücksichtigt, vgl. Urteil vom 21.10.1999, Rs. C – 333/97, NZA 1999, S. 1325.
3.9 Stichtagsregelung
Der Arbeitgeber kann sich mit einer Sonderzuwendung an den zum Weihnachtsfest typischerweise
erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer beteiligen (was nach BAG - 10 AZR 667 - das Wort
Weihnachtsgratifikation nahe legt) oder auch deren Betriebstreue belohnen. Da das Weihnachtsgeld
in der Regel nicht nur eine Belohnung für die geleisteten Dienste in der Vergangenheit beinhaltet
(„Treueprämie“), sondern auch einen Anreiz für zukünftige Betriebstreue („Halteprämie“) schaffen soll,
ist es zulässig, Arbeitnehmer, die an einem bestimmten Stichtag in einem gekündigten Arbeitsverhältnis stehen, von der Zahlung auszuschließen sowie die Rückzahlung vorzusehen, falls das Arbeitsverhältnis bald nach der Auszahlung gelöst wird. Umgekehrt gilt: Eine Stichtags- oder Rückzahlungsklausel spricht für den Zweck der Belohnung der bisherigen oder künftigen Betriebstreue. Eine zeitanteilige Zahlung im Eintrittsjahr steht der Bewertung einer Zuwendung als Weihnachtsgeld nicht entgegen,
BAG vom 18.01.2012 – 10 AZR 667/10.
Steht eine Sonderzuwendung im Gegenseitigkeitsverhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung und ist sie
vom Arbeitnehmer durch Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verdient worden, kann ihre
Zahlung nicht vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängig gemacht werden, BAG-Urteile vom
18.01.2012 – 10 AZR 612/10 und 10 AZR 667/10. Nach dem Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB
darf dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteter Lohn nicht mehr entzogen werden. Daraus folgt: Nicht nur
Stichtags- bzw. Bestandsklauseln, sondern auch Rückzahlungsklauseln, die den Arbeitnehmer zur
Rückzahlung der Zuwendung vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen verpflichten, sind unwirksam,
wenn die Sonderzuwendung die Arbeitsleistung vergüten soll. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob
die Sonderzuwendung nur der Vergütung der Arbeitsleistung (Beispiel: Verknüpfung mit dem Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele) dienen soll oder ob mit ihr als sog. Sonderzahlung mit
Mischcharakter auch der Zweck der Belohnung der bisherigen und/oder künftigen Betriebstreue verfolgt wird (Aufgabe entgegenstehender Rechtsprechung). Das BAG deutet überdies an, Stichtagsregelungen nur anzuerkennen, wenn sich Weihnachtsgratifikationen im üblichen Rahmen halten und
keinen wesentlichen Anteil an der Gesamtvergütung ausmachen. Das wird im Normalarbeitsverhältnis
im Jahr etwa eine Monatsvergütung sein.
Das BAG hat einerseits mit Urteil vom 30.03.1994 – 10 AZR 134/93 – entschieden, dass die Zusage
der Zahlung eines „Weihnachtsgeldes“ unter Berücksichtigung der jeweils individuellen vertraglichen
Absprachen dahin verstanden werden kann, dass ein Anspruch auf dieses Weihnachtsgeld nur gegeben sein soll, wenn das Arbeitsverhältnis zu Weihnachten noch besteht, so durch das LAG Köln mit
Urteil vom 21.01.2005 – 4 Sa 1436/04 – bestätigt.
Andererseits hat das BAG hat mit Urteil vom 21.05.2003 – 10 AZR 408/02 – festgestellt, dass die Zusage der Zahlung eines „Weihnachtsgeldes“ ohne konkretisierende Vertragsbestimmungen nicht
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zwingend dahingehend auszulegen ist, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt notwendige Voraussetzung für einen Anspruch sein soll. Im zu entscheidenden Fall sprach
das BAG mangels abweichender vertraglicher Vereinbarungen dem Arbeitnehmer auch bei vorzeitiger
Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Lauf eines Kalenderjahres die anteilige Leistung zu. Zahlt der
Arbeitgeber den Beschäftigten betriebsüblich ein "Weihnachtsgeld", ohne besondere Leistungsvoraussetzungen oder -einschränkungen zu benennen, handelt es sich nach dem Urteil des LAG Hamm
vom 19.01.2012 - 8 Sa 1205/11 - im Zweifel um zusätzliches Arbeitsentgelt im engen Sinn, weswegen
im Fall der Langzeiterkrankung kein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht (Revision anhängig, Az. 10
AZR 257/12).
Deswegen dürften Auslegungsprobleme vorprogrammiert sein, wenn eine Stichtagsregelung fehlt.
3.10 Rückzahlungsvorbehalt muss eindeutig sein
Entsprechend strenge Anforderungen gelten nach der BAG-Rechtsprechung für Klauseln zur Rückzahlung einer bereits ausgezahlten Gratifikation.
Eine Rückzahlungspflicht setzt die Vereinbarung eines entsprechenden Vorbehalts voraus (ggf. Zusatz auf einer Quittung). Alternativ muss sie sich aus dem anzuwendenden Tarifvertrag ergeben. Das
BAG hat mit Urteil vom 14.06.1995 – 10 AZR 25/94 – entschieden, dass eine Rückzahlungsklausel, in
der weder die Voraussetzungen noch der Bindungszeitraum angegeben sind, unwirksam ist; sie kann
nicht dahingehend ausgelegt werden, dass stillschweigend die Rechtsprechungsgrundsätze, vgl. unten 3.11, vereinbart sein sollen.
Im Übrigen greifen Stichtags- und Rückzahlungsregelungen bei Weihnachtsgratifikationen, die nur an
den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, grundsätzlich gleichermaßen bei personen-, verhaltens- und betriebsbedingter Arbeitgeberkündigungen. Das BAG hat seine anderslautende frühere
Rechtsprechung aufgegeben, vgl. z.B. BAG-Urteil vom 25.04.1991 - 6 AZR 183/90. Einzelvertragliche
Rückzahlungsklauseln sind grundsätzlich auch dann zulässig, wenn der Grund für die Beendigung
des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der Bindungsfrist nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegt,
BAG-Urteile vom 28.03.2007 – 10 AZR 261/06 - und vom 18.01.2012 - 10 AZR 667. Ein durch Aufhebungsvertrag beendetes Arbeitsverhältnis steht allerdings einem gekündigten Arbeitsverhältnis insoweit nicht gleich, so das BAG mit Urteil vom 07.10.1992 - 10 AZR 186/91. Der entsprechende Arbeitsoder Tarifvertrag sollte deshalb entsprechend weit gefasst sein, also auch für sonstige Beendigungstatbestände gelten.
3.11 Zulässige Dauer von Bindungsfristen bei Rückzahlungsklauseln
Zur zulässigen Dauer einzelvertraglicher Rückzahlungsfristen hat das BAG insbesondere mit Urteilen
vom 09.06.1993 - 10 AZR 529/92 – und vom 21.05.2003 – 10 AZR 390/02 - grundsätzlich Stellung
genommen. Die Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln bestimmt sich danach im Einzelnen nach der
Dauer der Betriebsbindung und der Höhe der Zahlung, gemessen an dem Entgelt im Zeitpunkt der
Auszahlung, wie folgt:
aa) Erhält der Arbeitnehmer einen Betrag, der € 100,-- (DM 200,--) nicht übersteigt, so ist eine
Rückforderungsklausel unzulässig. Obwohl das BAG in den vorgenannten Urteilen diese
Grenzwerte genannt hat, ist nicht auszuschließen, dass Arbeitsgerichte ihren künftigen Entscheidungen einen angemessen erhöhten Wert zugrunde legen.
bb) Bei Gratifikationen von weniger als einem Monatsentgelt kann dem Arbeitnehmer zugemutet
werden, eine Rückzahlungsklausel einzuhalten, die bis zum 31.3. des darauffolgenden JahSeite 9 von 10
res reicht. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer, der in diesem Fall mit Ablauf des 31.3. des
Folgejahres ausscheidet, den Anspruch auf die Gratifikation nicht verliert. Wird das Arbeitsverhältnis früher beendet, ist die Gratifikation zurückzugewähren.
cc) Nur wenn als Weihnachtsgratifikation ein volles Monatsentgelt bezahlt wird, ist eine Bindung
des Arbeitnehmers über den 31. März hinaus zulässig. Dem Arbeitnehmer ist es in diesem
Fall wegen der Höhe der Gratifikation zuzumuten, den Betrieb erst nach dem 31.3. zum
nächstzulässigen Kündigungstermin zu verlassen, wenn er die Gratifikation behalten will.
dd) Übersteigt die Gratifikation ein Monatsentgelt, so kommt es auf die jeweiligen Umstände des
Einzelfalles an, für welche Zeiträume über den 31.3. hinaus eine Rückzahlungspflicht vereinbart werden kann.
Für tarifvertragliche Rückzahlungsklauseln hat die Rechtsprechung aufgrund der Tarifautonomie eine
weitergehende Bindung zugelassen.
3.12 Pfändung, Abtretung und Aufrechnung
Nach § 850 a Ziff. 4 der Zivilprozessordnung sind Weihnachtsgratifikationen bis zum Betrag der Hälfte
des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500,-- Euro unpfändbar. Bei
Vollstreckung gesetzlicher Unterhaltsansprüche gilt eine weitergehende Pfändbarkeit (§ 850 d ZPO).
In Höhe des unpfändbaren Betrages kann die Weihnachtsgratifikation auch nicht abgetreten werden,
da nach § 400 BGB Forderungen grundsätzlich nicht auf dritte Personen übertragen werden können,
soweit sie der Pfändung nicht unterworfen sind. Außerdem ist gegenüber einem Anspruch auf Weihnachtsgratifikation, soweit er unpfändbar ist, eine Aufrechnung mit Gegenforderungen nicht möglich
(§ 394 BGB), es sei denn, dass die Gegenforderung auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung
oder einer vorsätzlichen Vertragsverletzung des Arbeitnehmers beruht. In diesen Fällen kann die Berufung des Arbeitnehmers auf das Aufrechnungsverbot gegen Treu und Glauben verstoßen.
3.13 Sozialversicherungsrechtliche Behandlung der Weihnachtsgratifikation
Weihnachtsgratifikationen sind einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von § 23 a SGB IV. Sie sind
insoweit sozialversicherungspflichtig, als sie zusammen mit dem bis zum Lohnabrechnungszeitraum
der Auszahlung erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die bis dahin maßgebende anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Weihnachtszuwendungen ohne Rücksicht darauf, ob sie freiwillig oder aufgrund besonderer Vereinbarungen oder Bestimmungen gewährt werden, Entgelte und daher in voller Höhe sowohl bei der Berechnung der Beiträge als auch der Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes zu berücksichtigen.
Für die Beitragspflicht in der Sozialversicherung gilt grundsätzlich das Entstehungsprinzip und nicht
das Zuflussprinzip. Für Einmalzahlungen (z. B Weihnachtsgeld) gilt seit dem 01.01.2003 jedoch, dass
der Beitragsanspruch erst mit der Auszahlung entsteht, § 22 Abs. 1 2. Satz SGB IV.
Bei der Prüfung der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze)
wird eine Weihnachtsgratifikation nicht nur dann berücksichtigt, wenn der Anspruch nach Grund und
Höhe in einem schriftlichen Vertrag oder in einer Tarif-, Betriebs- oder Dienstordnung festgelegt ist,
sondern auch, wenn ihre Zahlung mit hinreichender Sicherheit erwartet werden kann und die Höhe
der Zuwendung bestimmbar ist. Kann die Weihnachtszuwendung lediglich dem Grunde nach erwartet
werden und ist ihre Höhe völlig ungewiss, so ist eine Anrechnung auf das Jahresarbeitsentgelt ausgeschlossen.
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