Bekämpfung von Gewalt: Menschenrechtliche Grundlagen Mag. Walter Suntinger Menschenrechtskonsulent und Trainer Bekämpfung von Gewalt: Menschenrechtliche Grundlagen Walter Suntinger, 28. November 2014 Überblick n Grundlegendes zu den Menschenrechten Der internationale menschenrechtliche Rahmen betreffend die Bekämpfung von Gewalt an Frauen Dimensionen und Bereiche der Umsetzung n Eigene Perspektive n n q q q Menschenrechtspraktiker Juristische Ausbildung Interdisziplinär „suchend“ Grundidee der Menschenrechte n n n n Jeder Mensch hat gleiche Würde Daraus folgt: q Bestimmte Handlungen dürfen nicht gesetzt werden q Bestimmte Handlungen müssen gesetzt werden Abbildung in universellen ethischen Prinzipien, im besonderen in der Goldenen Regel Menschenrechte als Konkretisierung der Menschenwürde Entwicklung der Menschenrechte – Eine historische Perspektive n Antwortcharakter der Menschenrechte auf Repression/ Missstände n Politischer Kampf um die Menschenrechte – Relevanz von herrschenden Machtverhältnissen n „1. Generation": bürgerliche und politische Rechte n „2. Generation“: wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte n „3. Generation“: Kollektive Rechte: z.B. Recht der Völker auf Selbstbestimmung, Recht auf Entwicklung n Kampf um Frauenrechte als Menschenrechte - von Olympe de Gouges bis heute n Die Frauenbewegung als wesentliche Treibkraft Prinzipien und Grundkonzepte der Menschenrechte • Universalität der Menschenrechte • Unteilbarkeit und Interdependenz der Menschenrechte • Absolute Rechte (z.B. Folterschutz, Sklavereiverbot) • Beschränkbare Rechte – Gesetzesvorbehalt/ Verhältnismäßigkeit (z.B. Recht auf Privatleben, Meinungsfreiheit) • Staatliche Pflichten: Achtung - Gewährleistung • Pflicht zum Schutz vor „privaten“ Verletzungen Menschenrechtliche Pflichten Staat hat Pflicht, die Menschenrechte zu achten gewährleisten schützen n Privatperson Privatperson Verhältnismäßigkeitsgrundsatz n Angemessene Verhältnis: Ziel – Mittel n Geeignetheit (Tauglichkeit) des Mittels n Erforderlichkeit (Notwendigkeit) des Mittels n Interessensabwägung (Schaden des Nichthandelns gegen Schaden durch Handeln) Funktionen der Menschenrechte n Materielle Funktionen: q q q q q n Schutz der Menschenwürde Schutz vor staatlichem und privatem Machtmissbrauch Schutz vor Exklusion Ausgleich unterschiedlicher Interessen Empowerment Prozedurale Funktionen: q q q Analyse konkreter Situationen Moralische und rechtliche Bewertung Orientierungslinien für Prozesse, Maßnahmen, Strategien zur Verwirklichung Schutz der Grundrechte und der Menschenrechte n n n n n n n n Grundrechte – Menschenrechte Grundrechte auf innerstaatlicher Ebene, insbesondere: q Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger 1867 q Grundrechte im B-VG 1920 q BVG persönliche Freiheit (1988) Völkerrechtlich gesicherte Minderheitenrechte; z.b. im Staatsvertrag von St.Germain 1920 EMRK als Teil der Verfassung (1958/1964) EU Grundrechte-Charta: in Unionsrechtsanwendung gleichsam als Teil der Verfassung (VfGH 2012) Gerichtliche Kontrolle: Verwaltungsgerichte, VfGH Internationaler Menschenrechtsschutz nach 1945/48 Spannungsverhältnis: Souveränität - Menschenrechte Menschenrechtsinstrumente relevant für Bekämpfung von Gewalt an Frauen - UNO n Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (1966) – MR-Ausschuss q q n Allgemeiner Kommentar Nr. 28 Mehrere Rechte durch Gewalt gegen Frauen verletzt UN Konvention gegen Diskriminierung der Frau (CEDAW 1979) – CEDAW Ausschuss q Allgemeine Empfehlung Nr. 19 (1992) „Gewalt gegen Frauen“ – Meilenstein n n n q „Geschlechtsspezifische Gewalt ist eine Form der Diskriminierung, die die Möglichkeit der Frau, dieselben Rechte und Freiheiten gleichberechtigt mit dem Mann zu genießen, wesentlich beeinträchtigt“ Betonung der strukturellen Faktoren von Machtungleichheit, Rollenbildern, und sozialer Situation Umfassende Pflichten der Staaten Mehrere Individualbeschwerden (davon 2 gegen Österreich) Menschenrechtsinstrumente relevant für Bekämpfung von Gewalt an Frauen - UNO n n n n n n n Wiener Weltmenschenrechtskonferenz (1993 q „Women‘s rights are human rights“ UN Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (1993) UN Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen Weltfrauenkonferenz in Peking (2005) Straftatbestände im Statut der Internationalen Strafgerichtshofes (1998) UN Protokoll gegen Menschenhandel (2000) Prozess des Mainstreamings Menschenrechtsinstrumente relevant für Bekämpfung von Gewalt an Frauen - Europa n Europäische Menschenrechtskonvention (1950) Zunehmend umfangreiche Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte n Relevante Menschenrechte n q q q q q Art 2 Recht auf Leben Art 3 Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe Art 8 Recht auf Privatleben Art 14 Nichtdiskriminierung Art 13 Recht auf wirksame Beschwerde Relevanz der MR-Verträge in Österreich n Stellung im innerstaatlichen Recht q Verfassungsrang q Einfachgesetzliche Stufe mit direkter Anwendbarkeit q Erfüllungsvorbehalt n Völkerrechtskonforme Interpretation n Internationale Durchsetzungsmechanismen q q Berichtsverfahren Beschwerdeverfahren Menschenrechtsinstrumente relevant für Bekämpfung von Gewalt an Frauen - Europa n Europäische Konvention gegen Menschenhandel (2006) q n Monitoring durch Expertengruppe (Greta) Istanbul Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (2011) q q q q q Prevention Protection Prosecution Integrated Policy Monitoring durch Expertengruppe (Grevio) Die Menschenrechtsbrille Die Menschenrechtsbrille - konkret n Normative Konzepte q q q n Menschenrechtliche Normen und Standards Menschenrechtliche Grundprinzipien und Konzepte Analytische Instrumente für die Anwendung von Normen auf konkrete Sachverhalte Empirische Konzepte q q q q q Untersuchung der Realität der Menschenrechte und ihrer Umsetzung Verständnis der Ursachen von Menschenrechtsverletzungen Verständnis der Konsequenzen von Menschenrechtsverletzungen Verstehen von Faktoren/strukturellen Voraussetzungen für Veränderung Erarbeitung von Instrumenten zur Veränderung/Reform Menschenrechtsdreieck Haltung/Bewusstsein Fertigkeiten Wissen Perspektiven und Aktivitäten der Umsetzung I n n Auf der Basis eines Menschenrechtsansatzes Eine systemische und interdisziplinäre Perspektive q n n n n n n Erst in Ansätzen vorhanden Nationale Aktionspläne (in Österreich: 2014 - 2016) Politische Prozesse – Rechts- und Institutionenreform Bewusstseinsbildende Maßnahmen auf vielen Ebenen Trainings von relevanten Pflichtenträgern Unterstützung von Opfern von Gewalt – rechtlich, therapeutisch, sozial Täterbezogene Präventions-und Interventionsarbeit Einige Bereiche/Aktivitäten der Umsetzung II n Systematische Einbeziehung in bestehende Monitoringinstitutionen aufgrund von q q n n Zusatzprotokoll zur UN Konvention gegen Folter UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Rechtsdurchsetzung – national und international Erhebung von Daten – Forschung