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- DA S J AG D E S S E N -
«Ein Motiv der Totentanzliteratur ist der Geniesser, der mitten beim
fröhlichen Mahl vom Tod überrascht wird. Die gedeckte Tafel ist Symbol für die
Hinfälligkeit des Lebens. In der Kunst ist die Speise, die in ihrer vollendeten
Zubereitung einem baldigen Ende zugedacht und im Grunde genommen ein
kunstvoll erzeugter Zustand zwischen Leben und Verwesen ist, ein Motiv für die
Gratwanderung zwischen Leben und Tod.»
(Ursula Peters, «Vom Essen und Trinken», Kat. Wuppertal 1987, S. 33)
- DA S J AG D E S S E N - Projektidee und Leitung: Natalie Luder, Zürich - Praktikantin: Stephanie Hensle, FH Pforzheim, Deutschland - Schmuck: Natalie Luder, Zürich - Film “Das Jagdessen”: Nora De Baan, Zürich - Kochkoordination: Cyril Vandenbeusch, Genf - Performance - Jäger: Michael Rath, Jonathan Loosli, Bern - und viele weitere Köche, Gastgeberinnen, Helfer und Helferinnen! -
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«Die Idee der Verwandlung von Fremdem in Eigenes als Teil der Jagd,
als Unterwerfung und Aneignung von (animalischer) Natur verlängert sich
in die Trophäe. Normalerweise sind das die nicht essbaren Teile der Beute.»
(Jürgen Raap in Kunstforum International, Bd. 160, S. 174)
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Das Kaninchen oder der Hase ist das klassische Beutetier schlechthin. Das Spiel zwischen Jäger und Hase erzählt im übertragenen Sinne
die ambivalente Geschichte der Verführung. Wegen seiner grossen Nachkommenschaft wurde das Kaninchen auch zum Sinnbild der Fruchtbarkeit. Als Aufforderung zu zügellosem Genuss verstanden haftet dem Hasen auch immer etwas Verbotenes an.
Ausgangspunkt zu diesem Projekt war eine Serie von Schmuckarbeiten aus den letzten drei Jahren. Aus den Zähnen von 125 Kaninchen
sind Schmuckstücke entstanden, die einen Trophäencharakter haben. Die
Inszenierung dieser Objekte im Rahmen eines barocken Festessens, das
die tatsächliche Einverleibung der 125 Kaninchen vorsah, sollte verschiedene Kunstformen zusammenführen und sich zu einem Gesamtkunstwerk verdichten.
Über die Website www.jagdessen.ch konnte man sich anmelden, indem man virtuell ein Kaninchen erschoss. Es gab insgesamt 125 Plätze.
Ausgehend von den 125 Kaninchen, die ihre Zähne für meine Arbeit hergeben mussten, suchte ich nach 125 verschiedenen Kaninchenrezepten,
die von gut 15 Köchen zubereitet wurden. Es wurde ein Buffet von unzähligen Pasteten und Terrinen, Schmorgerichten, aber es gab auch Bratund geräucherten Würsten sowie süsse Häschen. Hatten Sie schon mal
die Gelegenheit Kaninchenzünglein zu kosten?
Das Jagdhorn hat zum Sturm auf das Buffet geblasen, das in einem
gewissen Sinne zum Jagdrevier wurde. Wer holte sich das beste Stück?
Wie viele verschiedene Gerichte wirkten berauschend, wann wurde es
betäubend?
Zwei Schauspieler führten als Jäger durch den Abend. Die übrigen
Gastgeber sorgten sich einerseits um das leibliche Wohl der Gäste, andererseits trugen sie als Ausstellungsträger den Schmuck aus Kaninchenzähnen. So konnten die Gäste die Schmuckstücke aus nächster Nähe betrachten.
Die Filmschaffende Nora de Baan hat den Abend mit der Kamera
begleitet und der daraus entstandene Kurzfilm erzählt, fiktiv erweitert,
die Jagdgeschichte dieses Abends, während die Schmuckstücke aus Kaninchenzähnen als Trophäen von diesem einmaligen Ereignis zeugen.
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- Kette, «125 Lapins», 2005/6 Kaninchenzähne, Epoxy, Perlseide 30 x 35 cm -
Das Hauptstück bildet ein Halsschmuck aus ungefähr 2500 Stockzähnen von 125 Kaninchen.
Die mit Epoxy gefüllten Zähne sind mit Perlseide aneinandergeknüpft. Die Form des Kragens
verjüngt sich gegen die Enden. Auf der einen Seite ist eine Öffnung ausgespart, durch die
man das andere Ende durchzieht. So getragen erinnert dieser Schmuck von hinten gesehen
an eine um den Hals gebundene Serviette, während er von vorne betrachtet eine klassische
Kettenform annimmt.
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- Kette, «125 Lapins», 2005/6 Detail -
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- Kette, «ohne Titel», 2006 Kaninchenzähne, Epoxy, AG925, Textilband 25 x 15 cm -
Den natürlichen Rundungen der Zähne angepasste Stege aus Silber sind in ein textiles Band eingezogen, auf das später die Zähne genietet werden. Bei dieser Kette wurden ausschliesslich
die unteren Vorderzähne der Kaninchen verwendet.
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- Kette, «Dentelles de Lapin», 2005 Kaninchenzähne, Epoxy, AU750, Textilband 35 x 32 cm -
Die gebogenen Vorderzähne der Kaninchen sind aneinandergereiht auf Stegen aus Gold
genietet. Die Kette wird von einem textilen Band zusammengehalten, das zwischen den
Zähnen und der Goldunterlage eingeklemmt ist. So entstehen barockartige Ornamente, die
getragen an gehäkelte Spitzenbesätze erinnern. Der Titel der Kette «Dentelles de Lapin» spielt
mit den französischen Wörtern für Zahn «le dent» und für gehäkelte Spitzen «les dentelles».
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- Kette, «ohne Titel», 2006 Kaninchenzähne, Epoxy, AU750, AG925, Textilband 17 x 23 cm -
Den natürlichen Rundungen der Zähne angepasste Stege aus Silber werden in ein textiles
Band eingezogen, auf das später die Zähne mit goldenen Nieten befestigt werden. Bei dieser
Kette wurden ausschliesslich die oberen Vorderzähne der Kaninchen verwendet.
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- Brosche, «Brochette de Lapin» I, 2005 Kaninchenzähne, Epoxy, AU750 15 x 10 cm -
- Brosche, «Brochette de Lapin» II, 2005 Kaninchenzähne, Epoxy, AU750 12 x 6 cm -
Die ebenfalls an barocke Formen erinnernden Broschen tragen den Titel «Brochette de Lapin».
Brochette ist einerseits der französische Ausdruck für Fleisch-Spiesschen, kann aber auch
Bröschchen, kleine Brosche, bedeuten.
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Tausend Dank:
Kanton Bern, Migros Kulturprozent, Ernst Göhner Stiftung
Stephanie Hensle, Nora de Baan, Roni Ulmann, Didier Fromherz, Marie Zahir,
Nathalie Österreicher, Timo Müller, Graziella Ferrara, Michael Rath, Jonathan Loosli,
Cyril Vandenbeusch, Hanni Lee, Anna Bürkli, Christoph Hess, Hans Gloor, Christine
Berger, Hans Peter Soltermann, Florina Manz, Piär Amrein, Alex Keller, Daniela
Hoesli, Susanne Völlm, Michael Ziegert, Sascha und Scott Loren, Manfred Stevens,
Susanne Lehner, Restaurant Alpenrose, Albi Von Felten, Rudolf Locher, Isabelle
Meier, Simone Gugger, Michèle Froidevaux, Franziska Gnos, Tina Altweg, Damaris
Baumann, Laura de Baan, Laura Pregger, Beatrice Lang, Marc Luder, Anaïs Bucher,
Franziska König, Werner Siegenthaler, Serge Klammer
...und ganz besonders Herrn René Schneider von der Zunftstube zu Webern und
seinem Team.
und natürlich allen Gästen!
- Photographien -
Schmuck: Natalie Luder
- Filmstills -
Regie Nora De Baanr
- Grafik -
Natalie Luder, Franziska König
- Natalie Luder Ottenweg 17 CH-8008 Zürich +41 (0)43 268 50 94 +41 (0)77 410 61 15
- www.natalieluder.ch [email protected] -
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