Raumplastik »Hornisse - Museumsplattform NRW

Werbung
1|2
Norbert Kricke
Raumplastik »Hornisse«
1955/56
Skulptur
Stahl, vernickelt
mit Sockel 37 × 49,5 × 26 cm
—
Lehmbruck Museum
Die Raumplastik Hornisse von 1955/56 zeigt eine verschlungene Formation
mehrerer gewundener Drähte aus vernickeltem Stahl, denen ein kleiner
Sockel als Auflager dient. Wichtigstes Kennzeichen dieses dynamischkämpferischen Gebildes ist seine entmaterialisierte Form, die sich in
heftigen Lichtreflexen und stachligen Lineaturen äußert.
Dem Werk Norbert Krickes ist im Duisburger Museum ein eigener Raum
gewidmet, der wichtige Aspekte seiner plastischen Ideen zeigt. Die
Raumplastik »Hornisse«von 1955/56 zeigt eine verschlungene Formation
mehrerer gewundener Drähte aus vernickeltem Stahl, denen ein kleiner
Sockel als Auflager dient. Die ruhig stehende Windung der locker
gebündelten Stäbe verknotet und verdreht sich in heftigen enger werdenden
Schwüngen zu einem körperähnlichen Zentrum. Von dort stoßen die Enden
der Drähte wie Stacheln hervor, die simultan in verschiedene Richtungen im
Raum ausgreifen.
Wichtigstes Kennzeichen dieses dynamisch-kämpferischen Gebildes ist seine
entmaterialisierte Form, die sich in heftigen Lichtreflexen und stachligen
Lineaturen äußert. So verstärkt sich der Eindruck, die Plastik lasse
insektenähnlich die bindenden Faktoren der Schwerkraft und Materialität
hinter sich, da die Intensität des Gestaltungsmodus die Vorstellung vom
Gewicht des Materials überlagert. Diese Intensität erzeugt ein Gefühl für
Raum, Zeit und Bewegung, die Skulptur wird zu einer »Verlaufsfigur« (Imdahl
1984), die überdies auch durch ihre bezeichnende Helligkeit und
2|2
Reflexwirkung des verwendeten Stahls einem Lichtwirbel gleicht. Die
Skulptur vermittelt in konzentrierter Form eine imaginäre Wirklichkeit: »Weg
von der messbaren Realität… hin zur vorgestellten, zur verwandelten
Wirklichkeit. In einer Sekunde alle Zeiten fühlen, das ist die Ruhe der
Bewegung« (Kricke, 1961).
Anders als Antoine Pevsner und Naum Gabo, die die Kinetik für die Kunst
entdeckten und den Raum seit den zwanziger Jahren als ein »neues
plastisches Element«, als »Substanz« oder »Material« interpretieren,
verbindet sich für Kricke mit dem Begriff des Raumes die Vorstellung vom
Erlebnis des entmaterialisierten Unbegrenzten, des Unendlichen: »Mein
Problem ist nicht die Masse, ist nicht Figur, sondern es ist der Raum und es
ist die Bewegung – Raum und Zeit. Ich will keinen realen Raum und keine
reale Bewegung (Mobile), ich will Bewegung darstellen. Ich suche der Einheit
von Raum und Zeit eine Form zu geben« (Kricke, 1954).
Kricke gestaltet seine ersten »Raumplastiken«, wie er die Werke selbst seit
1950 benennt, aus der gebogenen Linie, die er zunächst stets mit der Hand
ausführt. Diese subjektive Gestik ist entscheidend für Krickes Früh- und
Spätwerk. Sie tritt jedoch gerade in der Hornisse zurück. Deren dynamische
Aggressivität entfaltet sich scheinbar autonom aus der Spannung zwischen
gestauter Verknotung und Lösung der linearen Stäbe und ihrer strahlenden
Lichtwirkung. Hier zeigt sich eine Begeisterung für das moderne
Industriematerial und dessen eigenwillige puristische Energetik, die Kricke
mit der zeitgleichen Düsseldorfer Künstlergruppe Zero teilt.
© museumsplattform nrw [email protected] nrw-museum.de nrw-kultur.de
N R W K U L T U R sekretariat Friedrich-Engels-Allee 85 42285 Wuppertal T +49 (0)202 698 27 00 F +49 (0)202 698 27 203
Herunterladen