Herakles | eLexikon | Mythologie - Griechische Mythologie

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Herakles 4'815 Wörter, 32'013 Zeichen
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die Gastfreundschaft des Keyx genoß. Unterwegs tötete er am Fluß Euenos den Kentauren Nessos, welcher der Deïaneira
Gewalt anthun wollte und sich sterbend rächte, indem er der Deïaneira von seinem geronnenen Blut gab, um daraus nach seiner
Angabe eine Zaubersalbe zu bereiten, welche ihr jederzeit die Liebe ihres Gatten sichern würde. Von Trachis aus bekämpfte
Herakles zuerst die Dryoper und stand dem dorischen König Ägimios gegen die Lapithen bei; dann hatte er seinen berühmten
Zweikampf mit Kyknos, einem Sohn des Ares, welcher in dem Hesiodischen Gedicht »Der Schild des Herakles« geschildert ist.
Endlich nahte das Ende des Helden, das gewöhnlich mit seinem Rachezug gegen den wortbrüchigen Eurytos (s. oben) in
Verbindung gebracht wird, und das wir am besten aus der meisterhaften Darstellung in Sophokles' »Trachinierinnen« kennen. Die
Stadt Öchalia wird erobert, Eurytos getötet; die schöne Iole aber führt Herakles gefangen mit sich fort. Auf dem Vorgebirge Euböas,
Kenäon, errichtete er dem Zeus einen Altar und sandte seinen Waffengefährten Lichas aus, ihm ein weißes Gewand zum Opfern zu
holen.
Deïaneira erfuhr zu ihrer Freude von Lichas, daß Herakles siegreich gewesen und auf der Heimkehr begriffen sei. Zugleich
brachte ihr dieser die schöne Iole mit. Eifersüchtig, wollte Deïaneira die Salbe des Nessos versuchen, um sich des Gatten Liebe zu
bewahren, bestrich mit jener das verlangte Opfergewand und schickte es ihm zu. Kaum war dasselbe auf dem Leib des Herakles
warm geworden, so drang das in der Salbe enthaltene Gift, das von des Helden vergiftetem Pfeil herrührte, zerstörend in den Körper
des Unglücklichen ein.
Wie von Wahnsinn erfaßt, schleudert er den Überbringer Lichas an einen Felsen des Meers und läßt sich dann nach Trachis
bringen, wo Deïaneira in der Verzweiflung sich inzwischen das Leben genommen hatte. aber, von seiner Rettungslosigkeit überzeugt,
baute sich auf dem nahe gelegenen Öta einen Scheiterhaufen, bestieg denselben und befahl jedem Vorübergehenden, Feuer
darunter zu werfen. Alle scheuten sich, dies zu thun; endlich erfüllt ein Hirt, Poias, der Vater des berühmten Bogenschützen Philoktet,
nach andrer Erzählung der letztere selbst, seinen Willen, wofür ihm Herakles Bogen und Pfeile schenkt.
Kaum aber lodert die Flamme empor, so senkt sich unter Blitz und Donner eine Wolke vom Himmel und führt den verklärten
Helden zum Olymp empor, wo er, unter die Unsterblichen aufgenommen und mit Hera ausgesöhnt, als Gatte der ewig jungen Hebe
fortan lebt. Zwei Söhne, Alexiares und Aniketos, werden die Frucht ihrer Verbindung. Homer erzählt über das Ende des Herakles nur,
daß auch ihn, den gewaltigen Sohn des Zeus, das Todeslos bändigte; von der Vergötterung des Helden weiß er noch nichts.
Gleich nach seinem Scheiden von der Erde wurde Herakles, wie die Sage berichtet, von seinen Freunden auf der Brandstätte
durch ein Opfer als Heros verehrt, worin ihnen alsbald die Nachbarn und allmählich das gesamte Hellenenvolk folgte. Als einem Gott
opferte ihm zuerst der Athener Diomos und später alle Griechen, so daß ihm an verschiedenen Orten zugleich Heroen- und
Götteropfer dargebracht wurden. In Athen war sein Heiligtum das sogen. Kynosarges; einen der ältesten und berühmtesten Tempel
hatte er zu Bura in Achaia.
Auch feierte man ihn durch Kampfspiele; die ihm gewidmeten Feste hießen Herakleen, und es gab solche zu Sikyon, Theben,
Lindos, auf Kos etc. Zu Athen wurden ihm zu Ehren unter Scherzen und Späßen die Diomeen gefeiert. Auch in Italien hatte Hercules
(Umformung des griech. Herakles) einen ausgebreiteten Kultus; dort knüpft die Sage an seinen Zug nach Westen gegen Geryon an.
Namentlich in Rom hatte er unter verschiedenen Beinamen zahlreiche Tempel und Heiligtümer. Wahrscheinlich war durch den
Einfluß Großgriechenlands der Kultus des griechischen Herakles mit dem eines altitalischen Heros ähnlichen Charakters (als dessen
Name Garanus angesehen worden ist) zusammengeschmolzen. Auch nach Sizilien, Corsica, Sardinien, Spanien (Gades) wurde der
Herakleskult (vielleicht schon durch die Phöniker) verpflanzt. Bei den Sabinern hieß er Semo oder Semo Sancus, und unter diesem
Namen war ihm zu Rom schon in uralter Zeit ein Tempel geweiht. Heilig waren ihm die Silberpappel, der Ölbaum, der Eppich und die
warmen Quellen.
Während der griechische Herakles sich durch die Mühseligkeiten des Menschenlebens zu göttlicher Würde emporarbeitet, tritt
der orientalische Herakles gleich von Anfang an als Gott auf und ist demnach auch ungleich älter als der Sohn der Alkmene. Der
ägyptische Name des Herakles war Som oder Dsom, sein Vater Ammon (Zeus). Er wird als stark und tapfer geschildert, soll die Erde
weit und breit durchwandert und sie von Ungeheuern gereinigt haben. Er galt den Ägyptern als Sinnbild der Sonne, der »stets
ringenden und endlich immer wieder siegenden Sonnenkraft«. (Vgl. Raoul Rochette in den »Mémoires de l'académie des
inscriptions«, XVII, 2, 303 ff.) Den Sonnengott Herakles feiert auch der orphische Herakleshymnus, nach welchem der unermüdliche
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Gott zwölf Kämpfe von Morgen nach Abend vollendet (symbolische Darstellung des Durchganges der Sonne durch die zwölf Zeichen
des Tierkreises).
Der tyrische oder phönikische Herakles heißt Melkart (»König der Stadt«),
sein Vater Demaroon, Halbbruder des Kronos, und seine Mutter Asteria (Astarte), seine Tochter Karthago (vgl. Movers, Die
Phönikier, Bd. 1, S. 431 ff., Bonn 1841). Er und Astarte waren die großen Nationalgottheiten der Phöniker, Herakles insbesondere
Schirmvogt des großen Tyros. Mit den Fahrten der Phöniker verbreitete sich sein Kult auch in die Ferne. Auch der phönikische
Herakles ist Sonnenkönig, Fürst des Weltalls, der die Pole umfährt und den Sohn der Zeit, das zwölfmonatliche Jahr, in steten
Kreisen mit sich führt, dann aber auch Handelsgott.
Sein Dienst dauerte auch unter der römischen Herrschaft bis gegen Konstantins d. Gr. Zeit hin fort. Verwandt mit diesem ist der
assyrische (als Gott Sandan oder Sandon genannt), dessen Verbrennung, um zu einem neuen Leben aufzuerstehen, sogar höchst
wahrscheinlich Veranlassung gab zu der Selbstverbrennung des griechischen Herakles auf dem Öta. (Vgl. O. Müller, Kleine Schriften,
Bd. 2, S., 100 ff.) Beiden ähnlich, vielleicht identisch mit ihnen, war der thasische, wie auch der idäische Daktyl Herakles mit beiden
vielfach verwandt erscheint. Er stammte aus Kreta, war Zauberer, aber auch Feldherr, galt bei den Kretern als Sohn des Zeus von
einer unbekannten Mutter und war ebenfalls viel älter als der Sohn der Alkmene.
Unüberwindliche Körperstärke, Wanderungen über die ganze Erde, Vertilgung der Ungeheuer werden auch ihm zugeschrieben.
Die Sagen von einem indischen Herakles, d. h. von einem Herakles, der bis nach Indien vorgedrungen sei, tragen das Gepräge des
später dorthin gedrungenen griechischen Mythus. Ferner wird ein persischer Herakles, Namens Sam Dew (»Dämon Sam«),
? genannt, der in den Zendbüchern eine große Ähnlichkeit mit dem griechischen Herakles zeigt. Er ist Kämpfer im Reich des
Lichts und der Gerechtigkeit. Der von Tacitus erwähnte germanische Herakles ist ein
germanischer Nationalheld, den die Römer durch Erteilung des Namens Hercules romanisierten, ohne daß sich eine
Verwandtschaft mit dem griechisch-römischen Heros nachweisen ließe.
Die Sage vom Herakles ist aus sehr verschiedenartigen Elementen erwachsen. Es sind nicht nur viele landschaftliche Sagen
zusammengeflossen, sondern, wie aus dem oben Gesagten ersichtlich ist, auch ausländische, namentlich asiatische und ägyptische,
Elemente reichlich hereingezogen. Herakles ist allerdings ein hellenischer Heros, aber zuletzt war er doch »zu einer zentralierenden
Macht der alten Mythologie und Religion geworden, zu welcher alle Völker und alle Bildungsepochen des vorchristlichen Altertums
ihre Beiträge geliefert haben«.
Sein ursprünglicher Begriff ist der eines solarischen Gottes; in ihm personifiziert sich die Sonnenkraft mit ihren bald sieg- und
segensreichen, bald auch unterdrückten und oft verderblichen Wirkungen; ihre Strahlen sind seine nie fehlenden Pfeile. In dieser
Eigenschaft ist er ein Sohn des Himmelsgottes (wie Apollon) und befreundet mit der Lichtgöttin Athene und vielfach sich berührend
mit Apollon und mit Dionysos (dem Gotte des Naturlebens). Daß er nicht, gleich Apollon, ein Gott blieb, was er ursprünglich war,
sondern zum Halbgott erniedrigt wurde, hat er mit manchen andern Sonnenhelden gemein.
Dieser Lichtgeist wurde in alter Zeit zu Argos und Mykenä verehrt. Mit ihm verschmilzt dann frühzeitig auch der phönikische
wieder kleinasiatische kämpfende Sonnengott. Alt war die Verehrung phönikischer Gottheiten in Theben. Deshalb wurde Herakles
von Argos nach Theben versetzt, und die thebanische Sage bringt ihn in Verbindung mit dem phönikischen Melkart (s. oben), mit
dessen Tod und Auferstehung sich griechische Anschauungen von der Unterwelt und griechische Vorstellungen von den Lichtgöttern,
welche die Geister der Finsternis besiegen, verschmolzen.
Bloß auf Phönikien und Vorderasien weisen die Sagen von dem Kampf mit der Amazonenkönigin und von seiner Dienstbarkeit
bei der Omphale, die Errichtung der Säulen des Melkart, die Selbstverbrennung des Helden hin. Von großer Bedeutung für die
Hellenen ist als Ideal geworden. Er ist im allgemeinen »das Abbild seines Vaters Zeus auf Erden, stark vor allen, immer siegreich
(Kallinikos), wohlwollend, eine sichere Hilfe in aller Gefahr, dem heitern Lebensgenuß gern ergeben«. Wegen seiner vielen Kämpfe
war er der Vorsteher der griechischen Gymnasien und Palästren (Herakles Enagonios), das Vorbild eines gymnastisch gebildeten
Jünglings und Mannes. Eine zweite Grundform des Herakleskultus ist die des unheilabwehrenden, helfenden Herakles (Alexikakos).
Als solcher erscheint er zunächst als Lichtgott, der alles Finstere und Böse vernichtet, Götter und Menschen von Not und Unheil
befreit und überhaupt für das Wohl der Menschheit thätig ist.
Noch größern Einfluß aber gewann er auf die Hellenen als sittliches Ideal. Er ist ihnen das Vorbild unverwüstlicher Körperkraft
und unerschütterlichen Mutes, ein Muster alles Heldentums, aber nicht bloß des kämpfenden, sondern auch des sich demütigenden,
entsagenden, gehorsamen Helden, der sich den göttlichen Geboten unterwirft, für seine Schuld büßt und dadurch dieselbe sühnt.
Besonders hatte der spartanische Adel in seiner besten Zeit dieses Ideal vor Augen.
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Abgebildet wird als das Ideal der Manneskraft, mit gedrungener, muskulöser Gliederfülle, krausem Haupt- und Barthaar,
kurznackigem Hals, verhältnismäßig kleinem Kopf mit niedriger Stirn und ruhigen, oft Ermüdung zeigenden Mienen und Gebärden.
Durch Anstrengung gestählte Kraft ist der Hauptzug seiner Erscheinung. Selten fehlen dem übrigens Nackten die Löwenhaut und die
Keule, oft ist ihm auch Köcher und Bogen beigegeben. Dieser Typus ist vornehmlich durch Myron und Lysippos entwickelt worden.
Von letzterm war am berühmtesten der Erzkoloß des »trauernden Herakles« in Tarent, der durch die Römer auf das Kapitol, von
da durch Kaiser Konstantin nach Konstantinopel kam, wo er im sogen. lateinischen Kreuzzug 1202 eingeschmolzen wurde. Unter den
erhaltenen Statuen nimmt der trefflich erhaltene sogen. Farnesische Herakles im Museum zu Neapel (1590 in den Thermen des
Caracalla gefunden), eine kolossale Statue des nach einer vollbrachten That sich auf die Keule stützenden Helden (nur die Hand ist
modern), die erste Stelle ein; es ist die Arbeit des Atheners Glykon, wie die Inschrift am Felsen meldet, aber wahrscheinlich Kopie
eines Werkes von Lysippos (vgl. Abbildung).
Künstlerisch noch bedeutender, aber sehr verstümmelt (ohne Kopf, Arm und Bein) ist der berühmte Torso des im Sitzen
ausruhenden Herakles im Belvedere des Vatikans (unter Papst Julius II. in Rom gefunden). Am liebsten aber stellte man den Heros
thätig dar, indem man die eine oder andre Szene aus seinem Leben zur Anschauung brachte. Zahlreiche Darstellungen dieser Art
haben sich in Statuen wie in Reliefs, besonders aber auf zahllosen Vasengemälden erhalten. Wir erwähnen davon die Darstellung
des Dreifußraubes, der Entführung des Kerberos (s. d., mit Ab? ^[Abb.: Farnesischer Herakles (Neapel).]
bildung), des Schlangenkampfes (in einer Statue zu Florenz und auf verschiedenen Wandgemälden), Herakles im Kampf mit der
Hydra (Statue des Museums auf dem Kapitol), die Metopenreliefs am Theseion zu Athen und am Zeustempel zu Olympia, von denen
diejenige mit dem kretischen Stier sich jetzt im Louvre zu Paris befindet, die Farnesische Marmorgruppe, und Omphale darstellend,
im Museum zu Neapel, Herakles mit dem kleinen Telephos auf dem Arm (im vatikanischen Museum) u. a.
Vgl. Buttmann, Über den Mythus des Herakles (Berl. 1810);
O. Müller, Die Dorier, Bd. 2, S. 493 ff.; Vogel, Hercules descriptus et illustratus (Halle 1830);
Duncker, Geschichte des Altertums, Bd. 3; Rochette, Mémoires sur l'Hercule assyrien et phénicien (Par. 1848);
Bréal, Hercule et Cacus (das. 1861).
Ende Herakles
Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;8. Band, Seite 397 im Internet seit 2005; Text geprüft am 9.5.2007; publiziert von Peter Hug; Abruf am 3.6.2017
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