QM in mehreren Dimensionen, Symmetrien Vorlesungsunterlagen

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QM in mehreren Dimensionen, Symmetrien
Vorlesungsunterlagen
Armin Scrinzi
January 13, 2016
Contents
1 Der 2-dimensionale HO = 2 × 1-dimensionale HO
1.1 Hamiltonoperator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Kommutatorrelationen in mehreren Dimensionen
1.1.2 Interpretation als 2-Teilchen Hamiltonoperator . .
1.2 Hilbertraum (Ortsdarstellung) . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 2-Teilchen Interpretation . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2 Verschränkung (Entanglement) . . . . . . . . . .
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2 Tensorprodukt
2.1 Tensorprodukt von Operatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
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7
3 Symmetrie
3.1 Kartesische Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Rotation in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Rotation als unitärer Operator . . . . . . . .
3.3 Präzisierung des Begriffs “Symmetrie” . . . . . . .
3.4 Ebene Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.1 Skalarprodukt in ebenen Polarkoordinaten .
3.4.2 Alternative Faktorisierung des Hilbertraums
3.5 Symmetrie des Hamiltonoperators . . . . . . . . . .
3.6 Der Drehimpulsoperator Lz . . . . . . . . . . . . .
3.6.1 Projektoren auf Eigenfunktion von Lz . . . .
b in Blöcke mit festem m . . . . . .
3.7 Zerlegung von H
3.7.1 Matrixbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8 Anmerkungen zur Notation . . . . . . . . . . . . .
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4 Drei-dimensionale Systeme
13
4.1 Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
4.1.1 Laplaceoperator in 3-dimensionalen Polarkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . 14
4.2 Andere Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
5 Rotationssymmetrie in 3 Dimensionen
5.1 Drehimpulsoperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2 Drehimpulsalgebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3 Eigenwerte der Drehimpulsoperatoren . . . . . . . . . . . . . .
5.4 Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators in HΩ . . . . . . . .
b lm . . . .
5.5 Projektoren auf Eigenfunktionen des Drehimpulses Π
5.6 Anmerkung zu allgemeineren Symmetrien — Lie-Gruppen . .
(m)
5.7 Legendrepolynome Pl und assoziierte Legendrefunktionen Pl
5.7.1 Liste einiger Orthogonaler Polynome . . . . . . . . . .
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20
6 Das Wasserstoffatom
6.1 Hamiltonoperator, Einheiten . . . . . . . . . . . .
6.1.1 “Grösse” des Wasserstoffatoms . . . . . .
6.1.2 Sommerfeld’sche Feinstrukturkonstante . .
6.1.3 Atomare Einheiten (au) . . . . . . . . . .
6.1.4 Skalierung mit der Kernladungszahl . . . .
6.1.5 Skalierung mit der Masse . . . . . . . . . .
6.2 Eigenheiten des Coulomb-Potentials . . . . . . . .
6.2.1 Singularität . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.2 Unendliche Reichweite . . . . . . . . . . .
6.2.3 Unendlich viele gebundene Zustände . . .
6.3 Eigenfunktionen und -werte des Wasserstoffatoms
6.3.1 Verhalten bei r → ∞ . . . . . . . . . . . .
6.3.2 Verhalten bei r → 0 . . . . . . . . . . . . .
6.3.3 Drehimpulsbarriere . . . . . . . . . . . . .
6.3.4 Explizite Form der Eigenfunktionen . . . .
6.3.5 Quantenzahlen . . . . . . . . . . . . . . .
6.4 Energien der gebundenen Zustände . . . . . . . .
6.5 Entartung der Wasserstoffenergien . . . . . . . . .
6.5.1 Beziehung zwischen n und l . . . . . . . .
6.6 Grenzen des Coulombmodells . . . . . . . . . . .
6.6.1 Relativistische Korrekturen . . . . . . . .
6.6.2 Spin-Bahn Kopplung . . . . . . . . . . . .
6.6.3 Äussere Felder . . . . . . . . . . . . . . . .
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Höhere Dimensionen kommen auf mindestens 2 Wegen in die Quantenmechanik: Zunächst natürlich
dadurch, dass wir ein Teilchen vollständig im 3-dimensionalen Raum beschreiben wollen. Ebenso aber
dadurch, dass wir 2 oder mehr Teilchen gemeinsam quantenmechanisch beschreiben. Beide Aspekte
werden mit der gleichen Struktur dargestellt. Aus der Perspektive der QM ist das kein Zufall: was
wir ein “Teilchen” nennen ist vor allem unsere Wahl, um die Welt in handliche Stücke zu zerlegen.
Die QM separiert die Welt nicht fundamental in einzelne Teilchen, ja der Versuch, Systeme zu in
unabhängige Teilsysteme zu zerlegen ist die Grundlage der “Paradoxie” der QM. Wir werden hier
dem wichtigen Begriff “Verschränkung” (eine Wortschöpfung Schrödingers, englich: entanglement)
begegnen.
Im mehrdimensionalen Fall ist “Symmetrie” von grosser konzeptioneller und auch rechentechnischer Bedeutung. Wir werden uns dabei zuerst auf die räumliche Rotationssymmetrie von Systemen
konzentrieren.
Der 2-dimensionale HO = 2 × 1-dimensionale HO
1
Wir machen nun, anhand des einfachst möglichen Beispiels, einen 2-fachen Übergang.
1. Wir begeben uns in die 2-dimensionale Welt und sehen, wie diese quantenmechanisch beschrieben
wird. Insbesondre werden wir die Bedeutung von Roationssymmetrie schätzen lernen.
2. Wir betrachen ein System aus 2 ein-dimensionalen Teilchen.
Wir werden sehen, dass die beiden Fälle mathematisch eng verwand, im Fall des HO ident sind.
1.1
Hamiltonoperator
Naiv, nach dem Korrespondenzprinzip, lässt sich der Hamiltonoperator eines 2-dimensionalen HO
im Ortsraum sofort hinschreiben:
2
2
2
mωy2 2
b = − ~ ∂ 2 − ~ ∂ 2 + mωx x2 +
y
H
2m x 2m y
2
2
1.1.1
(1)
Kommutatorrelationen in mehreren Dimensionen
Beachten Sie, dass Orts- und Impulsoperatoren zu verschiedenen kartesischen Richtung kommutieren:
b = [Pbx , Pby ] = [X,
b Yb ] = 0.
[Pbx , Yb ] = [Pby , X]
(2)
Das ist eine empirische Beobachtung und gibt der Darstellung durch partielle Ableitungen im Ortsraum Pbx = −i~∂x und Pby = −i~∂y erst ihre Rechtfertigung. Wieder haben wir hier natürlich die
Analogie mit den Poissionklammern der Hamtilton’schen Mechanik, wo auch gilt:
{px , y} = {py , x} = {px , py } = {x, y} = 0.
3
(3)
1.1.2
Interpretation als 2-Teilchen Hamiltonoperator
Mathematisch ident können wir x =: x0 und y =: x1 als die beiden Koordinaten 2er (ungekoppelter)
1-dimensionaler HOs mit Frequenzen ωx = ω1 und ωy = ω2 verstehen. Den Hamiltonoperator des
Gesamtsystems kann man auch so schreiben:
b 1 , x2 ) = H
b (1) (x1 ) + H
b (2) (x2 ),
H(x
1.2
2
2
b (i) (xi ) = − ~ ∂ 2 + mωi x2
H
2m xi
2 i
(4)
Hilbertraum (Ortsdarstellung)
Z
H = {Ψ|
Z
dx
R
dy|Ψ(x, y)|2 < ∞} =: L2 (dxdy, R2 ).
(5)
R
Die Basis ist natürlich nicht eindeutig. Wichtig ist nur, dass es jedenfalls eine gibt, sagen wir {ψi },
wo in Orstdarstellung die ψi (x, y) komplexwertige Funktionen auf R2 sind. Jede unitäre Transformab gibt eine neue Basis ψ (Ub ) = U
b ψi . Nehmen wir an, wir kennen eine Basis für die x-Koordinate
tion U
i
(x)
(y)
{φm } im L2 (dx, R) und eine Basis für y: {φn } im L2 (dy, R). Die beiden Basen müssen nicht
notwendigerweise identisch sein. Dann erhält man daraus sofort eine Basis in L2 (dxdy, R2 )
(y)
ψi (x, y) = φ(x)
mi (x)φni (y),
(mi , ni ) = (0, 0), (1, 0), (0, 1), (2, 0), (1, 1), (0, 2), (3, 0), . . . .
(6)
Diese ψi bilden tatsächlich eine Basis, was wir hier ohne Beweis feststellen.
1.2.1
2-Teilchen Interpretation
Wenn wir, anstatt in 2-Dimensionen, an 2 1-dimensionale Teilchen denken, können wir die Basisfunktionen auch anders auffassen:
(1)
(2)
(1)
(2)
(1)
(2)
(1)
(2)
(1)
(2)
(1)
(2)
ψ00 = φ0 (x1 )φ0 (x2 ) . . . Teilchen 1 ist im Zustand φ0 (x1 ) und Teilchen 2 in φ0 (x2 )
ψ10 = φ1 (x1 )φ0 (x2 ) . . . Teilchen 1 ist im Zustand φ1 (x1 ) und Teilchen 2 in φ0 (x2 )
ψ01 = φ0 (x1 )φ1 (x2 ) . . . Teilchen 1 ist im Zustand φ0 (x1 ) und Teilchen 2 in φ1 (x2 )
..
.
Nach unseren bisherigen Regeln muss es erlaubt sein, die ψmn linear zu kombinieren, also einen
beliebigen Vektor im Hilbertraum zu schreiben als
X
Ψ=
ψmn cmn .
(7)
mn
Problem 1.1: Normierung.
4
1.2.2
Verschränkung (Entanglement)
Durch das Addieren der Basiszustände geschieht etwas Neues: man kann Ψ konstruieren, in denen
die beiden Teilchen nicht mehr ganz unabhängig von einander sind. Schreiben wir z.B. den Zustand
(1)
(2)
(1)
(2)
Ψ = φ1 (x1 )φ0 (x2 ) + φ0 (x1 )φ1 (x2 )
(8)
Dieser Zustand lässt sich nicht wieder interpretieren als “Teilchen 1 ist im Zustand Φ und Teilchen
2 ist im Zustand Ξ”: das ist grundsätzlich unmöglich, wie Sie in den Übungen überprüfen werden.
Die einzig sinnvolle Interpretation ist als eine Superposition von Zuständen
(1)
(2)
Teilchen 1 ist im Zustand φ1 (x1 ) und Teilchen 2 in φ0 (x2 )
ODER
Teilchen 1 ist im Zustand
(1)
φ0 (x1 )
und Teilchen 2 in
(9)
(2)
φ1 (x2 )
(10)
Diese Verstrickung des Daseins zweier Teilchen nennt man auf Deutsch “Verschränkung” (English:
entanglement), und sie erlaubt die eigentliche Zuspitzung der Paradoxien der QM.
(2)
Problem 1.2: Zeige, dass Ψ sich nicht in der Form
Φ(1)
n
o(x1 )Ξ (x2 ) schreiben lässt. Hinweis:
(1) (2)
Stelle ein allgemeines Φ(1) (x1 )Ξ(2) (x2 ) in der Basis φm φn
dar und vergleiche die Koeffizienten.
Erinnere Dich, dass 2 Vektoren genau dann gleich sind, wenn ihre Koeffizienten bezüglich einer
beliebigen Basis gleich sind.
2
Tensorprodukt
Mathematisch beruht Mehr-Teilchen Darstellung und mehrdimensionale Darstellung auf der gleichen
Konstruktion: aus 2 Hilberträumen konstruiert man einen Produktraum, das Tensorpordukt.
Problem 2.3: Motivation: beim Übergang von einer Dimension zu 2 oder 3 und zur Beschreibung
mehrerer Teilchen benötigen wir den Begriff des Tensorprodukts von Hilberträumen. Im einfachtsten
Fall hat man ein Teilchen im Zustand Ψ(a) und ein zweites im Zustand Ψ(b) . Das Gesamtsystem aus
den beiden Teilchen ist dann beschrieben durch das Symbol Ψ(a) ⊗ Ψ(b) . Dies ist auch ein QM Sytem,
die Zustände müssen daher einen Hilbertraum bilden und den nennt man das “Tensorprodukt” der
Hilberträume des ersten und des zweiten Teilchens.
(a)
(b)
Seien Ha und Hb zwei Hilberräume mit den Basen {φn } und {φn }. Wir konstruieren das
Tensorprodukt der beiden Räume H = Ha ⊗ Hb wie folgt:
(a)
(b)
• Wir definieren eine Basis φmn aus Paaren φm , φn . Man schreibt das als φmn := φm ⊗ φn .
• Das Skalarprodukt ist für die Basispaare definiert als
(a)
(b)
(b)
hφmn |φm0 n0 i = hφ(a)
m |φm0 ihφn |φn0 i
5
(11)
• Das Tensorprodukt ⊗ ist linear bezüglich der beiden Faktoren, d.h.
(αΦ1 + βΦ2 ) ⊗ Ψ = α(Φ1 ⊗ Ψ) + β(Φ2 ⊗ Ψ)
(12)
Φ ⊗ (αΨ1 + βΨ2 ) = α(Ψ ⊗ Ψ1 ) + β(Φ ⊗ Ψ2 )
(13)
und
1. Zeige, dass H ein Hilbertraum ist.
2. Es seinen H(a) ,H(b) endlich mit dimensionen M und N . Was ist die Dimension von H?
P (a)
P (b)
(a)
(b)
3. Es seine Φ(a) =
φn bn und Φ(b) =
φn cn . Schreibe Ψ = Φ(a) ⊗ Ψ(b) in der Basis φm ⊗ φn .
Drücke die Koeffienten dmn durch dm und cn aus.
(a)
(b)
4. Schreibe die Koeffizienten cmn von Ψ bezüglich der Basis φm ⊗ φn in Matrixform.
5. Nutze die Linearität des Tensorprudukts und die Bilinearität des Skalarprodukts, um zu zeigen
hΨ|Ψi = hΦ(a) |Φ(a) ihΦ(b) |Φ(b) i
(a)
(b)
(a)
(14)
(b)
6. Es seine nun Ψ1 = Φ1 ⊗Ψ1 und Ψ2 = Φ2 ⊗Ψ2 Vektoren in H mit unterschiedlichen Faktoren
(γ)
(γ)
(b)
(a)
6
Φi ∈ H(a) bzw. Φi ∈ H(b) . Die Faktoren seine nicht notwendig orthogonal hΦi |Φj i =
(a)
(a)
2
0, γ = a, b. Drücke das Quadrat der Norm ||Ψ1 + Ψ1 || durch Skalarprodukte der hΦi |Φj i
(b)
(b)
und hΦi |Φj i aus.
2.1
Tensorprodukt von Operatoren
b : H(1) → H(1) und B
b : H(2) → H(2) Operatoren in den Faktorräumen H(1) und H(2) . Das
Es seien A
Tensorprodukt
b⊗B
b := C
b : H(1) ⊗ H(2) = H → H
A
(15)
ist ein Operator im Tensorproduktraum H, der durch seine Wirkung auf alle Funktione der Produktbasis vollständig definiert ist:
b mn = (A
b ⊗ B)(φ
b (1) ⊗ φ(2) ) := (Aφ
b (1) ) ⊗ (Bφ
b (2) )
Cφ
m
n
m
n
(16)
Das Tensorprodukt ist nicht kommutativ Im Allgemeinen ist klarerweise
Ψ ⊗ Φ 6= Φ ⊗ Ψ,
b⊗B
b 6= B
b ⊗ A,
b
A
(17)
bB
b gehören ja zu unterschiedlichen Hilberträumen! Die Position im Tensorprodukt
Die Ψ, Φ bzw. A,
zeigt an, zu welchem Hilbertraum ein Wellenfunktion bzw. ein Operator gehört.
6
2.1.1
Beispiel
Wir sehen jetzt auch, dass der Hamiltonoperator für unseren 2-dimensionalen harmonischen Operator
eine Summe von 2 Tensorprodukten ist:
b =H
b (1) (x1 ) + H
b (2) (x2 ) = H
b (1) ⊗ 1 + 1 ⊗ H
b (2) .
H
(18)
Die Position im Tensorprodukt bestimmt, auf welchen Faktor, x1 oder x2 , der Hamiltonoperator
wirkt.
3
3.1
Symmetrie
Kartesische Koordinaten
Die Lösung des allgemeinen 2-Dimensionalen HO in kartesischen Koordinaten bleibt als Übungsaufgabe.
Im Falle ωx = ωy =: ω wählen wir auf beiden Koordinaten wieder unsere vereinfachenden Einheiten
~ω = 1. Die Basis konstruieren wir als |mni : |mi ⊗ |ni. Wir sehen sofort
b
H|mni
= (1 + m + n)|mni.
(19)
Der Eigenwert Emn = 1 + m + n ist m + n + 1-fach entartet (Graphik: 2d Gitter): alle Paare
(0, m + n), (1, m + n − 1), . . . , (m + n, 0) geben ja die gleiche Energie.
3.2
Rotation in der Ebene
Entartung ist fast immer ein Hinweis auf Symmetrie. Tatsächlich hat der Operator im Fall ωx = ωy
reichlich Symmetrie: wir können die Achsen spiegeln: x → −x, y → −y. Wir können aber auch das
Koordinatensystem rotieren:
(x, y) → (x0 , y 0 ).
(20)
Rotation ist eine orthogonale Transformation, daher gilt:
1 2
1
(−∂x2 − ∂y2 + x2 + y 2 ) =
−∂x0 − ∂y20 + (x0 )2 + (y 0 )2
2
2
(21)
Beim Potential ist das offensichtlich. Falls Sie bei der kinetischen Energie Zweifel haben, bemühen
Sie Ihre Kenntnis in Koordinatentransformationen für partielle Ableitungen. Noch viel einfacher ist
es, die kinetischen Energie in Impulsdarstellung zu schreiben und den Effekt einer Koordinatentransformation dort zu betrachten.
Tatsächlich ist die beobachtete Entartung vollständig auf die Rotationssymmetrie des Systems
zurückzuführen.
7
3.2.1
Rotation als unitärer Operator
Klarerweise ist Rotation eine umkehrbare lineare Transformation, die die Norm nicht ändert, daher
wird die Rotation durch eine unitäre Transformation dargestellt. Eine allgemeine Rotation in der
Ebene hat die Form
0 x
x
cos
α
−
y
sin
α
0
b : ~r → ~r = R~
br =
R
=
(22)
y0
x sin α + y cos α
und
b b : (U
b Ψ)(~r) := Ψ(R~
br )
U
R
(23)
ist unitär.
3.3
Präzisierung des Begriffs “Symmetrie”
Was meinen wir nun mit “Symmetrie” in dem obigen Beispiel? In Worten: unabhängig davon,
wie wir das Koordinatensystem rotieren ~r → ~r0 hat der Hamiltonoperator immer die gleiche Form
als Funktion von Ort und Impuls. D.h. ob wir erst den Operator anwenden und dann unsere
Wellenfunktion rotieren hat den gleichen Effekt, wie wenn wir erst unsere Wellenfunktion rotieren
und dann unseren Operator anwenden. In Formeln ausgedrueckt:
b =H
bU
b b Ψ ∀Ψ
b b HΨ
U
R
R
(24)
b =0
b b , H]
[U
R
(25)
das bedeutet aber
Dies ist, was wir mit Symmetrie eines Hamiltonoperators meinen, in mathematischer Formulierung:
b , die mit H
b kommutiert. Ein früheres Beispiel war die
Wir haben eine unitäre Transformation U
b
Parität S.
3.4
Ebene Polarkoordinaten
Ein Blick in Wikipedia (oder in Ihre Unterlagen zur Differntialrechnung) hilft uns, unsren Hamltionoperator in ebenen Polarkoordinaten darzustellen
1
1
∂x2 + ∂y2 =: ∆ = ∂ρ ρ∂ρ + 2 ∂φ2
ρ
ρ
(der 2-dimensionale Laplaceoperator ∆) und wir erhalten
1
1
1
2
2
b=
H
− ∂ρ ρ∂ρ − 2 ∂φ + ρ
2
ρ
ρ
(26)
(27)
Hier kommt nur die Ableitung ∂φ , aber nicht φ selbst vor. Aus der klassischen Mechanik haben wir
die Erwartung, dass dann Pbφ = −i∂φ eine Erhaltungsgrösse ist. Das ist in der Tat der Fall: wir
werden −i∂φ durch eine Konstante m ersetzen können.
Wir beobachten hier gleich, dass trivialerweise ∂φ mit dem Hamiltonoperator kommutiert:
b = 0.
[∂φ , H]
8
(28)
3.4.1
Skalarprodukt in ebenen Polarkoordinaten
Wir vergegenwärtigen uns auch den Hilbertraum und das Skalarprodukt:
Z
Z 2π Z ∞
∗
hΨ|Φi =
dx dyΨ (x, y)Φ(x, y) =
dφ
ρdρ dφΨ∗ (ρ, φ)Φ(ρ, φ)
R2
0
(29)
0
Beachten Sie die Änderung der Integrationsgrenzen und des Integrationsgewichts, insbesondre ρdρ
(nicht etwa nur dρ).
3.4.2
Alternative Faktorisierung des Hilbertraums
Wir haben also in diesem Fall
L2 (dxdy, R2 ) = L2 (ρdρ dφ, [0, 2π] × [0, ∞))
(30)
H = L2 (dx, R) ⊗ L2 (dy, R) = Hφ ⊗ Hρ ,
Hφ := L2 (dφ, [0, 2π])
Hρ := L2 (ρdρ, [0, ∞))
(31)
(32)
(33)
bzw.
3.5
Symmetrie des Hamiltonoperators
Symmetrien, oder äquivalent Erhaltungsgrössen (Noether!), erlauben es uns im Allgemeinen, ein
System in mehrere unabhängige kleinere, oft nieder-dimensionalere Teilsysteme zu zerlegen. Deren
Lösungen sind oft leichter zu finden.
Die Zerlegung nach positiver und negativer Parität haben wir schon diskutiert: man konstruiert
b ± = (1 ± S)/2.
b
b H]
b = 0, kommutieren auch die Projektionsoperdie Projektionsoperatoren Π
Da [S,
b ± , H]
b = 0. Im Fall der ebenen Rotationssymmetrie ist die Konstruktion der Projektionatoren: [Π
soperatoren nur unwesentlich schwieriger, doch der Gewinn an Vereinfachung ist dramatisch grösser:
man reduziert ein zwei-dimensionales System auf abzählbar viele unabhängige ein-dimensionale Systeme, die man eines nach dem anderen lösen kann.
3.6
Der Drehimpulsoperator Lz
Tatsächlich ist −i∂φ der erzeugende Operator von Rotationen in der Ebene:
eα∂φ Ψ(ρ, φ) = Ψ(ρ, φ + α)
(34)
Wir erkennen wieder einen “Verschiebung” des Winkels um den Wert α.
Die Überprüfung erfolgt, wie im Fall des Impulses, am einfachsten durch Fouriertransformation.
Hier müssen wir aber darauf achten, dass φ ein Winkel ist, also jede Abhängigkeit davon periodisch
mit Periode 2π sein muss. Topologisch gesehen befinden wir uns auf einen Kreis, nicht auf der rellen
Achse.
Wir haben die Koordinaten unserer Ebene mit x, y bezeichnet. Wenn wir den Drehimpuls als
die zur Rotation um eine bestimmte Achse gehörende Erhaltungsgrösse auffassen (ganz analog zum
Impuls), dann
9
Drehimpulsoperator bezüglich der z-Achse
bz = −i~∂φ
L
(35)
Problem 3.4: Zeige, dass man diesen Operator auch nach dem Korrespondenzprinzip aus den
der klassischen z-Komponente des Drehimpulses erhält.
Spektraldarstellung von −i∂φ : die allgemeinen Eigenfunktionen sind
− i∂φ eimφ = meimφ .
(36)
Mit der Bedingung der Periodizität erhält man
eim(φ+2π) = eimφ
(37)
m∈Z.
(38)
oder
3.6.1
Projektoren auf Eigenfunktion von Lz
Die Eigenfunktionen bilden eine Basis am Kreis (Vollständigkeit der diskreten Fouriertransformation), d.h. wir haben die Spektraldarstellung von −i∂φ . Nun können wir auch den Projektor auf den
Eigenvektor mit Eigenwert m bilden (wir schreiben hφ|mi = (2π)−1/2 exp(imφ)):
X
b m = χm (−i∂φ ) =
|m0 iδmm0 hm0 | = |mihm|.
(39)
Π
m0
Man sieht auch gleich
b mΠ
b n = δmn Π
bn
Π
(40)
die Projektoren auf verschieden Spektralwerte sind orthogonal. Weiters gilt klarerweise (Spektralsatz)
X
b m = 1.
Π
(41)
m
Problem 3.5: Verifiziere das obige.
3.7
b in Blöcke mit festem m
Zerlegung von H
Bezüglich H = Hφ ⊗ Hρ kann man den Hamiltonoperator nun auch in der folgenden Form schreiben
b = 1⊗H
bρ + L
b2z ⊗ 1 1 ,
H
2 ρ2
1
1
2
b ρ :=
H
− ∂ρ ρ∂ρ + ρ
2
ρ
10
(42)
(43)
Diese spezielle Form erlaubt es ganz allgemein, den Operator in Teile mit festem Eigenwert von Lz
zu zerlegen.
Man sieht sofort
b = 0.
[−i∂φ , H]
(44)
b m “zerschneiden” wir unseren Hamiltonoperator in handliche Stücke. Es gilt
Mit Hilfe der Π
b m , H]
b = 0, ∀m,
[Π
(45)
nach dem folgenden
b B]
b = 0, dann kommutieren auch alle ihre Funktionen
Satz Falls 2 Operatoren kommutieren [A,
b B]
b = 0 und daher [f (A),
b g(B)]
b = 0.
[f (A),
b als auch B
b diagonal sind, also die Form
Für den Beweis gehen Sie in die Darstellung wo sowohl A
b
b
von Multiplikationsoperatoren DAb und DBb annehmen (siehe Übung 5.5). Diese Darstellung kann so
b die Spektraldarstellung ist, also D
b b = dbb. In der Darstellung ist aber
gewählt werden, dass sie für A
A
A
b b ] = 0. Kommutativität
auch f (dbAb) diagonal, daher kommutieren die beiden Operatoren: [f (dbAb), D
B
b B]
b =0
ist aber von der konkreten Dartstellung unabhängig, d.h. es gilt [f (A),
Man überprüft leicht
b mH
bΠ
b n = 0 für m 6= n.
Π
(46)
und
b m |Ψi = E|Ψi, E 6= 0
H
⇒
b n |Ψi = 0 für m 6= n.
H
(47)
Nun können wir schreiben
!
!
b=
H
X
bm
Π
m
b
H
X
bn
Π
=
X
m
n
b m H =:
Π
X
bm
H
(48)
m
bz -Drehimpuls m
mit dem radialen Hamiltonoperator zum L
1 1
m2
2b
b
b
b
b
b
Hm = Πm ⊗ Hρ + m Πm ⊗
= Πm ⊗ Hρ + 2
2 ρ2
2ρ
(49)
Explizit haben wir in Polarkoordinaten
bm
H
1
= |mihm| ⊗
2
1
m2
2
− ∂ρ ρ∂ρ + 2 + ρ
ρ
ρ
(50)
Wie versprochen, verschwindet die Ableitung −i∂φ und wird durch eine Konstante, den Eigenwert
des Drehimpulses ersetzt.
11
3.7.1
Matrixbild
b m |Ψi =: |mi|Ψm i ≡ |mi ⊗ |Ψm i schreiben
In einem Matrixbild könnte man mit Π
.

..
.. 
..
.

 . 
b −2
· · · H
 Ψ−2 
0
0
0 ···


b

 Ψ−1 
0 H−1 0




b


b
Ψ0 
HΨ = 
0
0 H0 0




b1 0
Ψ1 
0
0 H




  Ψ2 
b2

0
0 H


.
..
..
..
.
.
(51)
Die Lösung der Eigenwertgleichungen für die Ψm sind wieder, wenig überraschend, Gauss-Funktionen
mal Polynome. Sie können in den Übungen einen Blick auf die Lösungen werfen.
Problem 3.6: (Tun Sie das).
Die allgemeine Form der Lösungen in Polarkoordinaten ist
|α, mi = |mi ⊗ |αi,
|mi ∈ Hφ ,
|αi ∈ Hρ ,
(52)
also |αi ist eine Funktion der Radialkoordinate ρ, |mi = (2π)−1/2 exp(imφ) die Eigenfunktion des
Drehimpulsoperators ist.
3.8
Anmerkungen zur Notation
Die Physiker lassen gerne das Tensorproduktsymbol ⊗ weg, was zumeist auch keinerlei Verwirrung
stiftet. Insbesondere in der Bra-Ket Notation funktionert das gut, so gilt
|mi|αi ≡ |mi ⊗ |αi.
(53)
b m wirkt. Natürlich zuerst auf die WinkelkoWir müssen auch überlegen, in welchem Raum unser Π
ordinaten, d.h.
b m : Hφ → Hφ .
Π
(54)
b m in H = Hρ ⊗ Hφ
Den Radialkoordinaten tut es “nichts”, d.h. lässt sie unverändert. Wenn wir Π
anwenden wollen, dann können wir das ausdrücklich klar machen, in dem wir den Operator
bm ⊗ 1 : H → H
Π
(55)
definieren. Wieder lassen die Physiker (aus gut verständlichen Gründen) das ⊗1 meistens weg. In
dem Sinn sind auch Ausdrücke wie
b m , H]
b ≡ [Π
b m ⊗ 1, H],
b
[Π
b m Ψ ≡ (Π
b m ⊗ 1)Ψ für Ψ ∈ H = Hφ ⊗ Hρ
Π
zu verstehen.
12
(56)
(57)
4
Drei-dimensionale Systeme
Ebenso wie in 2 Dimensionen können wir die QM in drei Dimensionen formulieren. Wir haben den
Hamiltonoperator für den HO
b =H
b (x) ⊗ 1 ⊗ 1 + 1 ⊗ H
b (y) ⊗ 1 + 1 ⊗ 1 ⊗ H
b (z)
H
(58)
mit (~ = 1)
mωq2 2
b (q) = − 1 ∂q2 +
H
q .
2m
2
Ohne ausdrückliche Nutzung der Tensornotation
2
mωy2 2 mωz2 2
b =H
b (x) + H
b (y) + H
b (z) = − 1 ∆ + mωx x2 +
y +
z
H
2m
2
2
2
(59)
(60)
Im Grunde gibt es hier keine neuen Fragen: Eigenvektoren und Eigenwerte ergeben sich aus den
jeweiligen 1-dimensionalen Lösungen:
|k, m, ni = |kix ⊗ |miy ⊗ |niz , Ekmn = ωx k + ωy m + ωz n.
(61)
Problem 4.7: Entartung im 3-dimensionalen Isotropen Fall.
Wir interessieren uns für den Spezialfall ωx = ωy = ωz =: ω, wobei wir Einheiten so wählen
können, dass ω = 1. Wir finden Entartung der Energieeigenwerte für den Fall EN , N = k + m + n.
Wir finden wieder Rotationssymmetrie
b = 1 −∆ + ~r2 .
H
2
(62)
Klarerweise sind sowohl das Potential r2 als auch die kinetische Energie −∆ = −(Pbx2 + Pby2 + Pbz2 )
richtungsunabhängig und wir haben
b = 0,
b b , H]
(63)
[U
R
b für eine beiliebige Rotation des Koordinatensystems um den Ursprung ~r = 0 steht. Was die
wobei R
Symmetrien anlangt ist dieses System schon ganz ähnlich dem Wasserstoffatom, das in Ortsdarstellung und in geeigneten Einheiten den Hamiltonoperator
bW = − 1 ∆ − 1
H
2
|~r|
(64)
b b, H
b W ] = 0,
[U
R
(65)
hat. Auch hier gilt
In beiden Fällen kann man hoffen, das dreidimensionale System mittels der Symmetrie in handliche Stücke zu schneiden. Wir werden dabei so vorgehen wie im 2-dimensionalen Fall:
~b
1. Wir finden die erzeugenden Operatoren L
der Rotation in 3 Dimensionen, der natürlich die
~b b
Eigenschaft [L, H] = 0 hat.
13
2. Wir finden die Spektraldarstellung der Drehimpulsoperatoren.
b lm auf Eigenzustände des 3-dimensionalen Drehimpulsopera3. Wir konstruieren Projektoren Π
~b
b kommutieren: [Π
b lm , H]
b =0
tors, die als Funktionen von L
auch mit H
b lm := Π
b lm H
b nur noch 1-dimensionale Differentialgleichungen sind, die sowohl
4. Wir finden, dass H
für den HO als auch für das Wasserstoffatom verhältnismässig leicht zu lösen sind.
4.1
Polarkoordinaten
Z
2
Z
Z
1
−1
0
Z
d cos θ
dφ
dx dy dz|Ψ(x, y, z)| =
R3
2π
∞
r2 dr|Ψ(r, cos θ, φ)|2
(66)
0
Wir sehen, dass wir den L2 (d3 r, R3 ) auch als Tensorprodukt eines radialen Raums Hr mit einem
Raum auf der Kugeloberfläche HΩ auffassen können:
L2 (d3 r, R3 ) = HΩ ⊗ Hr ,
4.1.1
HΩ = L2 (dφd cos θ, [0, 2π] × [−1, 1]),
, Hr := L2 (r2 dr, [0, ∞))
(67)
Laplaceoperator in 3-dimensionalen Polarkoordinaten
Wir definieren die Polarkoordinaten durch r, θ, φ, und schreiben
 


p

2
x
sin θ cos φ
p1 − η cos φ
y  = r  sin θ sin φ  = r  1 − η 2 sin φ  ,
z
cos θ
η
wo wir gleich die im weiteren nützliche Notation cos θ = η eingeführt haben.
Man findet (auf Wikipedia, in Notizen, oder durch Nachrechnen)
1
1
1
2
2
2
2
2
2
∂ , η := cos θ
∆ = ∂x + ∂y + ∂z = 2 ∂r r ∂r + 2 ∂η (1 − η )∂η +
r
r
1 − η2 φ
(68)
(69)
Wir können hier auch bemerken, dass der Laplaceoperator die Summe aus Tensorprodukten ist,
wo der 1te gar nicht von den Winkeln abhängt.
1
1
1
2
2
2
2
bΩ := − ∂η (1 − η )∂η +
bΩ ⊗ ,
L
∂
∂r r 2 ∂r
(70)
,
∆
:=
∆ = 1Ω ⊗ ∆r − L
r
φ
r2
1 − η2
r2
b2 in Spektraldarstellung mit Eigenwerten Fn zu bringen, dann nimmt der
Wenn es uns gelingt, L
Ω
Hamiltonoperator analog zum 2d-Fall bezüglich dieser Basis die folgende Form an


..
..
.
.



· · · ∆r − Fr2n
0
0
0
···


F
n+1


0
∆r − r 2
0


Fn+2

.
0
0
∆r − r 2
0
(71)
∆=

F
n+3


0
0
∆r − r2
0


Fn+4


0
0
∆r − r 2


..
..
.
.
14
Dies ist genau die Konstruktion, die wir im 2-d Fall schon verwendet haben, und die wir jetzt in 3
Dimensionen anwenden werden.
4.2
Andere Anwendungen
Die hier eingeführte Methode, Eigenwertgleichungen in handliche Stücke zu zerlegen, ist weit über
die QM hinaus stark verbreitet. In der Physik findet man sie z.B. in der Elektrodynamik und Optik,
wo die “Moden” eines elektromagnetischen Feldes nichts anderes sind, als die zu einer Symmetrie
passenden Eigenfunktionen. Das ist auch nützlich, wenn die Symmetrie nicht exakt ist, sonder etwas
gestört: in dem Fall konvergiert eine Entwicklung nach Eigenfunktionen des ungestörten Systems oft
sehr rasch und erlaubt sehr gute Approximation und qualitatives Verständnis der Lösung.
5
Rotationssymmetrie in 3 Dimensionen
In 2 Dimensionen hat es uns die Rotationssymmetrie in der Ebene erlaubt die Winkelabhängigkeit zu
eliminieren und das 2-dimensionale System auf ein Serie von 1-dimensionalen Systemen zu reduzieren.
In 3 Dimensionen können wir nach dem ganz analogen Verfahren 2 Winkel eliminieren und ein
rotationssymmetrisches 3-d Problem auf eine Serie von 1-d Systemen reduzieren. Dies erweist sich
als essentiell, um 3-d Systeme noch analytisch lösen zu können, allen voran das Wasserstoffatom.
5.1
Drehimpulsoperatoren
Wir haben den Rotationen um die z-Achse schon kennen gelernt: in Polarkoordinaten oder (Übungen)
alternativ auch in kartesischen Koordinaten:
bz = −i∂φ = X
b Pby − Yb Pbx
L
(72)
Da die Kennzeichnung der Achsen als x, y, z natürlich willkürlich ist, kennen wir gleich auch die
anderen Komponenten:
  

bx
L
Yb Pbz − ZbPby
b   b b
~b
bb
L
:= L
(73)
y  =  Z Px − X P z 
b
b
b
b
b
Lz
X Py − Y P x
Mit der Nummerierung x, y, z = 1, 2, 3 kann man auch schreiben
X
bi =
bj Pbk .
L
ijk X
(74)
jk
Wir können auch das Quadrat des Gesamtdrehimpulses berechnen
~b ~b
b2 = L
b2 + L
b2 + L
b2
L
· L =: L
1
2
3
(75)
Eine beliebige Rotation um den Winkel α = |~
α| bezüglich der Achse α
~ lässt sich wieder durch die
exponentiation der Drehimpulsoperatoren schreiben
~b
bα~ = exp(~
bx + αy L
by + αz L
bz )
U
α · L)
= exp(αx L
15
(76)
bi nicht kommutieren, daher
Vorsicht wir werden gleich sehen, dass die L
bx + αy L
by + αz L
bz ) 6= exp(αx L
bx ) exp(αy L
by ) exp(αz L
bz )
exp(αx L
(77)
(Die Nicht-Vertauschbarkeit von Rotationen gilt im übrigen ganz allgemein, nicht nur in der QM)
5.2
Drehimpulsalgebra
Rotationsoperationen kommutieren im allgemeinen nicht: ein einfaches Beispiel ist die Rotation um
90◦ bez. 2er orthogonaler Achsen. Die einzelnen Komponenten des QM Drehimpulses kommutieren
nicht. Man findet:
bj , L
bl ] = i~jlk L
bk .
[L
(78)
(Im weiteren rechnen wir wieder in Einheiten ~ = 1.) Das bedeutet insbesondre, das die Komponen~b
ten von L
nicht alle gleichzeitig gemessen werden können. Zumindest gilt
b2 , L
bi ] = 0.
[L
(79)
Problem 5.8: Nachrechen der Drehimpulsalgebra unter Verwendung der Kommutatoren (nicht
partielle Ableitung verwenden).
5.3
Eigenwerte der Drehimpulsoperatoren
bz schon aus dem 2d-Fall: σ(L
bz ) = Z. Wie im Fall des HO können wir
Wir kennen die Eigenwert von L
bi und L
b2 allein aus den Eigenschaften der Algebra konstruieren. Diese Konaber die Eigenwert von L
struktion hat Verallgemeinerung weit über die Rotationssymmetrie hinaus auf Symmetrien, die der
Ordnung der Elementarteilchen zugrunde liegen. Die Herleitung ist daher von besonderem Interesse.
Leiteroperatoren Man kann “Leiteroperatoren” (ganz ähnlich den Erzeugungs/Vernichtungsoperatoren
a† , a) aus je 2 nicht-kommutierenden Komponenten des Drehimpulses bauen, man wählt konventionell
bx = L
b1 und L
by = L
b2
die L
b± = L
b x ± iL
by , L
b†± = L
b∓
L
(80)
und findet (~ = 1)
bz , L
b ± ] = ±L
b± .
[L
(81)
b a] = −a, [H,
b a† ] = a† , die es uns
Wir erinnern uns die a, a† und ihre Vertauschungsrelation [H,
bz .
erlaubt haben, das Spektrum von H volständig zu bestimmen. Ganz ähnlich funktioniert das für L
b+ einen gegebenen Eigenvektor zum Eigenwert m in einen
Daraus folgt sogleich wie beim HO, dass L
b− :
zum Eigenwert m + 1 abbildet, und analog für L
n
o
b
b
b
b
b
b
bz |mi.
Lz L± |mi = [Lz , L± ] + L± Lz |mi = (m ± 1)L
(82)
16
bz Damit wissen wir, dass das Spektrum aus einer “Leiter” von Werten im Abstand
Spektrum von L
1 (= ~) besteht. Mit einem 2ten Stück Information können wir das mögliche Spektrum fixieren:
bz ) = σ(−L
bz ). Wir erwarten,
klarerweise ist die Orientierung der z-Achse willkürlich, d.h. dass σ(L
dass, wenn m ein Eigenwert ist, auch −m einer sein muss, die m müssen symmetrisch auf der postiven
und negativen Halbachse verteilt liegen. Das lässt nur noch die folgende Wahl
bz ) = {. . . , −m, . . . , −1, 0, 1, . . . , m, . . .}
σ(L
ODER
(83)
(84)
bz ) = {. . . , −m, . . . , −3/2, −1/2, 1/2, 3/2, . . . , m, . . .}
σ(L
(85)
1/2-zahlige “Drehimpulse” — Spin Was ist nun mit den 1/2-zahligen Werten? Wie können wir
sie ausschliessen? Wir hatten ja schon das Spektrum σ(−i∂φ ) als ganzzahlig bestimmt. Tatsächlich
erlaubt die Algebra 1/2-zahlige Werte! Dies ist der Spin. Der 1/2-zahlige Spin tritt allerdings nicht
als Eigenwert von −i∂φ auf.
Bosonen und Fermionen Tatsächlich haben alle Teilchen der Physik noch eine solche abstraktere interne Symmetrie, die aber im Zusammenhang mit (infinitesimalen) Drehungen steht, den
sogenannten “Spin”. Spinoperatoren bezeichnet man gerne auch mit dem Symbol Sbi an Stelle von
bi , aber sie erfüllen die gleichen Vertauschungsrelation wie die L
bi . Wir hatten schon reichlich von
L
den Pauli-Matrizzen σi Gebrauch gemacht, für 2-dimensionale Darstellungen gilt Sbi = 12 σi . So haben
Elektronen den Spin Sb2 mit dem Wert s(s + 1) = 1/2(1/2 + 1), man spricht von “Spin 1/2”. Photonen haben Spin 1, Atomkerne kommen sowohl mit ganz- als auch mit 1/2-zahligen Spins vor.
Teilchen mit 1/2-zahligem Spin nennt man Fermionen (nach dem italo-amerikanischen Physiker
Enrico Fermi), Teilchen mit ganzzahligem Spin heissen Bosonen (nach dem indischen Physiker
Satyendranath Bose). Die Unterscheidung ist deshalb wesentlich, weil sich die beiden Klassen von
Teilchen darin unterscheiden, wie sich Ensembles mehrere solcher Teilchen verhalten. Vgl. BoseEinstein Kondensate: Nobelpreise von Cohen Tanoudji, W. Ketterle, MIT (Ausbildung am MPQ
Garching). Wir hören später noch mehr davon.
b2 Es sei |l, mi ein gemeinsamer Eigenvektor von L
b2 und L
bz mit den Eigenwerten
Spektrum von L
Fl und m. Wir erwarten natürlich, dass der Wert m2 durch den Wert Fl des Quadrat des Gesamtb2 = L
b2x + L
b2x + L
b2x beschränkt ist: m2 ≤ Fl . Im Grunde können wir schon sehen, dass
drehimpulses L
b2x |l, mi = hl, m|L
b2y |l, mi
m2 strikt kleiner als Fl ist: Wenn sie gleich wären, müssten ja gelten hl, m|L
=0. Das ist aber durch die Unschärferelation für nicht-kommutierende Operatoren ausgeschlossen:
bz , L
bx ] 6= 0.
[L
Eine einfache Rechung liefert die konkreten Zahlen für alle diese Beobachtungen:
b2 , L
b± ] = 0 ist auch L
b± |l, mi ein Eigenvektor L
b2 zum selben Eigenwert Fl .
1. Da [L
b+ L
b− |l, mi ≥ 0
2. Wir beobachten dass hl, m|L
b+ L
b− = L
b2 − L
b2 + L
bz
3. Wir berechnen mit Hilfe der Kommutatorrelationen L
z
17
b+ L
b− |l, mi = hl, m|Fl − m2 + m|l, mi > 0
4. Daher 0 ≤ hl, m|L
5. Wir folgern, dass |m| für festes Fl beschränkt sein muss und bezeichnen das Maximum mit
mmax =: l.
6. Wir finden mittels Anwendung der Leiteroperatoren Fl = l(l + 1).
bi
Wir haben schliesslich rein aus den Vertauschungsrelationen der L
b2 ) = {l(l + 1), l = 0, 1, 2, . . . oder l = 1/2, 3/2, 5/2, . . .}
σ(L
(86)
b2
und bei gegebenem Eigenwert l(l + 1) von L
bi ) = {−l, −l + 1, . . . , l − 1, l}
σ(L
5.4
(87)
Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators in HΩ
bz = −i∂φ und daher kommen nur die ganzzahligen EigenHier ist die Erzeugende der Rotation der L
werte vor: σ(−i∂φ ) = Z. Die Drehimpulsoperatoren wirken selbstverständlich nur auf die Winkel,
d.h.
bi : HΩ → HΩ .
L
(88)
bz im 2-dimensionalen Fall Funktionen auf dem Kreis waren, sind
So wie die Eigenfunktionen von L
die Eigenfunktionen der 3-dimensionalen Drehimpulsoperatoren Funktionen auf der Kugeloberfläche.
bi 6= L
bj keinen gemeinsamen Eigenfuktionen
Allerdings müssen wir bedenken, dass verschiedene L
b2 und eine Kompenente L
bi
haben können, da sie ja nicht kommutieren. Allerdings kommutieren L
bz .
und haben gemeinsame Eigenfunktionen. Man wählt konventionell i = 3, also L
In der Darstellung auf HΩ haben die Operatoren die Form (hier nicht vorgerechnet, siehe gegebenenfalls Wikipedia)
1
2
2
2
b
b
∂ , η := cos θ.
(89)
Lz = −i∂φ , L = − ∂η (1 − η )∂η +
1 − η2 φ
b2 = L
b2 , dem wir gerade beim Laplaceoperator in Polarkoordinaten
Im 2-ten Term identifizieren wir L
Ω
begegnet waren. Wir erkennen auch, dass
Hη = L2 (dη, [−1, 1])
HΩ = Hφ ⊗ Hη ,
(90)
b2 hat wieder die Form
und Hφ hatten wir schon im 2-dimensionalen Fall definiert. Der Operator L
Ω
b2 = L
b2 = 1φ ⊗ L
b2 + (−∂ 2 ) ⊗
L
Ω
η
φ
1
,
1 − η2
b2 := −∂η (1 − η 2 )∂η
L
η
(91)
Eigenfunktionen von −∂φ2 zum Eigenwert m2 kennnen wir bereits als |mi = (2π)−1/2 exp(imφ). Wir
erwarten eine Lösung der Eigenwertgleichung in der Form
Ylm (φ, η) ∝ exp(imφ) ⊗ Plm (η),
18
(92)
wo die Plm (η) der Eigenwertgleichung
m2
2
b
Lη +
P m (η) = l(l + 1)]Plm (η)
1 − η2 l
(93)
genügen. Die Plm (η) sind die “assoziierten Legendrfunktionen”, auf die wir im Anschluss an die der
Diskussion der orthogonalen Polynome unten kurz eingehen.
Die Eigenfunktionen haben in der Tat die Form
(m)
Ylm (φ, η) = eimφ Pl
(η)Nlm
(94)
mit der Normierung
s
Nlm = (−1)m
2l + 1 (l − m)!
4π (l + m)!
(95)
Die Ylm nennt man “Kugelflächenfunktionen” (Englisch: spherical harmonics), und sie haben die
(definierenden) Eigenschaften
b2 Ylm = Ylm l(l + 1),
L
5.5
bz Ylm = Ylm m,
L
0
hYlm |Ylm
0 i = δmm0 δll0 .
(96)
b lm
Projektoren auf Eigenfunktionen des Drehimpulses Π
Wie zuvor kommutieren die Projektoren wegen der Rotationssymmetrie mit dem Hamiltonoperator
bi , H]
b = 0, [L
b2 , H]
b = 0 =⇒ [Π
b lm , H]
b = 0.
[L
(97)
Wie zuvor Erhalten wir die Projektoren auf spezifische Drehimpulse als
b lm = |Y m ihY m |.
Π
l
(98)
l
Problem 5.9: Herleiten/Zeigen
5.6
Anmerkung zu allgemeineren Symmetrien — Lie-Gruppen
5.7
Legendrepolynome Pl und assoziierte Legendrefunktionen Pl
(m)
(m)
Den φ-Teil der Ylm (η, φ) kennen wir schon aus dem 2-dimensionalen Fall. Neu sind die Pl (η) mit
dem Sonderfall Pl0 (η) =: Pl (η). Den Sonderfall kennen wir bereits aus den Übungen, 3.4. Auch die
(m)
Pl (η) können mittels “Orthogonaler Polynome” verstanden werden.
Orthogonale Polynome sind allgemeinen Polynome Qn (q) vom Grad n auf einen gewissen Intervall [a, b] und für eine gegebene Gewichtsfunktion w(q) ≥ 0 die Relationen
Z b
2
(99)
dqw(q)Qm (q)Qn (q) = δmn /Nm
a
erfüllen. Bis auf die Normierung Nm und das Vorzeichen sind die Polynome durch a, b und w(q)
eindeutig bestimmt.
19
5.7.1
Liste einiger Orthogonaler Polynome
• Hermite: a = −∞, b = ∞, w(q) = exp(−q 2 ): Harmonischer Oszillator
• Laguerre: a = 0, b = ∞, w(q) = exp(−x): Wasserstoffatom
• Legendre: a = −1, b = 1, w(q) ≡ 1: Drehimpulse, m = 0
• Legendre (verallgemeinert): a = −1, b = 1, wm (q) = (1 − q 2 )m , Qm
l−m (q): Drehimpuls,
allgemeine m ≥ 0.
Die “assoziierten Legendrefunktionen” packen einfach die Wurzel aus der Gewichtsfunktion mit in
die Definition
p
|m|
|m|
Pl (η) := wm (η)Ql (η), wm (η) = (1 − η 2 )|m|
(100)
und wir haben damit natürlich die Orthogonalitätsrelationen
Z 1
Z 1
(|m|)
|m|
|m|
|m|
2
dη(1 − η 2 )|m| Ql−|m| (η)Ql0 −|m| (η) = δll0 /Nml
dηPl (η)Pl0 (η) =
−1
(101)
−1
Beachten Sie, dass der untere Index der Ql−|m| bei l − |m| = 0 beginnt, da wir ja hergeleitet haben
|m| ≤ l, d.h. die Polynome beginnen, wie es sein soll, bei Grad 0.
Problem
p 5.10: Diese Funktionen bestimmen die Winkelabhängigkeit unserer Eigenfunktionen,
η = cos θ,
(1 − η 2 ) = sin θ. Studiere dies an konkreten Beispielen.
Problem 5.11: (Z) Zerlegung nach Symmetrien
Motivation: in der folgenden Aufgabe wiederholen Sie einen ziemlich universellen “Trick”, der
mehrmals in der Vorlesung verwendet wurde, und er von Nutzen weit über die QM hinaus ist,
z.B. auch die hinter der Zerlegung eines elektrischen Felds nach “Moden” steckt.
Diese etwas längere Aufgabe ist vor allem für die stärker theoretisch Interessierten unter Ihnen
gedacht.
b : H → H (= H
b 2d, 3d, und =
Wir haben drei Mal in ähnlicher Weise einen Operator A
b mit
L ) nach Eigenfunktionen einer “Symmetrie”, d.h. nach Eigenfunktionen eines Operators B
b B]
b = 0 zerlegt. In allen 3 Fällen konnten wir schreiben H = H1 ⊗ H2 und
der Eigenschaft [A,
b
b
b
b2 . Hier sollen Sie diese Konstruktion nochmal “mit eigenen Händen” in
A = 1 ⊗ A2 + B1 ⊗ C
b2
einer abstrakteren Formulierung nachvollziehen und dann auf den Fall des Drehimpulseoperators L
anwenden.
Es sei auf H = H1 ⊗ H2
b=1⊗A
b2 + B
b1 ⊗ C
b2 .
A
(102)
b2
b1 sei bekannt. Der Einfachheit halber nehmen wir rein diskretes,
und die Spektraldarstellung von B
b an:
nicht-entartetes Spektrum von B
X
b1 =
B
|bibhb|
(103)
b
20
b B]
b = 0 mit B
b=B
b1 ⊗ 1.
• Zeige, dass [A,
b (1) auf Eigenvektoren zum Eigenwert b in H1 von B
b1
• Konstruiere die Projektionsoperatoren Π
b
b b auf Eigenvektoren ∈ H von B.
b
und Π
• Benütze den Spektralsatz, um zu zeigen, dass
X
b (1) = 1 auf H1
Π
b
(104)
b (1) )
b∈σ(B
und
X
b b = 1 auf H.
Π
(105)
b
b∈σ(B)
b bΠ
b b0 = Π
b b δbb0 .
• Zeige dass Π
• Zeige, dass für beliebiges Ψ ∈ H gilt
X
X
b b Ψ =:
Ψ=
Π
Ψb ,
b
hΨb |Ψb0 i = 0 für b 6= b0 .
(106)
b
b = Ψa ein Eigenvektor zu einem nicht entarteten Eigenwert a. Schreibe die Eigen• Es sei AΨ
wertgleichung mittels der Zerlegung (106) uns zeige, dass sie für jede komponente Ψb separat
gilt:
b b=A
bΠ
b b Ψ = Ψb a.
AΨ
(107)
Für wie viele b ist diese Gleichung nicht-trivial?
bb explizit mit Hilfe der obigen Tensorprodukte und zeige, dass man de
• Schreibe den Operator A
facto nur eine Eigenwertgleichung in H2 loesen muss:
b(2) |Ψ(2) i = |Ψ(2) ia,
A
b
|Ψ(2) i ∈ H2 .
(108)
∂φ2
1 − η2
(109)
Drücke den Eigenvektor |Ψi durch |Ψ(2) i und |bi aus.
• Was ändert sich, wenn a entartet ist?
• Übertrage die Argumentation auf den Operator.
b = ∂η (1 − η 2 )∂η +
L
Anmerkung: die Form des Operators (102) muss nicht angenommen werden, sie folgt aus der Verb B]
b = 0.
tauschbarkeit [A,
21
6
Das Wasserstoffatom
Wir haben nun die Instrumente, um ein allgemeines rotationssymmetrischen Problem für ein Teilchen
auf die Lösung von 1-dimensionalen Problemen zu reduzieren. Wir werden uns aber nicht mit dem 3dimensionalen isotropen HO aufhalten, sodern gleich zum ersten “wirklichen” quantenmechanischen
Problem fortschreiten, den gebundenen Zuständen des Wasserstoffatoms. Die Rotationssymmetrie
wird uns reichlich Entartung bescheren, auch Parität kann nochmal studiert werden, wir finden
die Balmer-Formel, einer der Ausgangspunkte der Quantenmechanik, wir beginnen, die Struktur
tatsächlich beobachteter Spektrallinien zu verstehen.
6.1
Hamiltonoperator, Einheiten
Ein Wasserstoffatom ist ein gebundenes System aus einem Proton (oder Deuteron - schwerer Wassertoff,
oder Tritiumkern - dreifach schwer) und einem Elektron. Die Elektronladung qe = −e ist gerade das
Negative des Kernladung qp = e, die Massenverhältnisse sind mp /me ≈ 2000. Die beiden Teilchen
ziehen sich über die Coulombkraft an, die einem Potential
Vcoulomb (~r) =
qp qe 1
4π0 ~r
(110)
Hier eine kleine Tabelle der genauen Zahlen
Elektronmasse me
Protonmasse mp
Protonladung e
Vakuumsuzeptibilität 0
Vakuumpermeabilität µ0
Lichtgeschwindigkeit c
Planck Konstante h
SI
alternative Einheiten
9.10938215e-31
≈ 500 keV /c2
1.602176487e-19
≈ 2 GeV /c2
1.602176487e-19
1
µ0 c2
4π × 1.e − 7
299792458.0
6.62606896e-34
Die Protonmasse ist sehr viel grösser als die Elektronmasse. So wie wir beim Sonnensystem davon
sprechen, dass die Erde um die Sonne kreist, können wir hier davon sprechen, dass das Elektron um
das Proton kreist, allerdings mit etwas weniger Berechtigung, da die Massenverhältnisse Sonne/Erde
viel grösser, ca 3 × 106 sind.
Wir müssen also die Schwerpunktsbewegung abspalten, was zu einer um ca 1/2000 verkleinerten
reduzierten Masse führt.
Nach dem Korrespondenzprinzip ergibt sich
2
2
b =− ~ ∆− e 1
H
2me
4π0 r
(111)
Wir werden gleich wieder alle Konstanten eliminieren. Dies gelingt, indem wir als Längeneinheit
wählen
4π0 ~2
a0 =
: r → a0 r
(112)
me e2
22
womit der Hamiltonoperator die Form
~2
e2 1
−1
b = −a−2
×
×
H
∆
−
a
0
0
2me
4π0 r
2 2 2
2
(me e ) ~
e me e2 1
= −
∆
−
2(4π0 ~2 )2 me
4π0 ~2 4π0 r
me e4
1
1
=
−
∆
−
(4π0 ~)2
2
r
(113)
(114)
(115)
(116)
Wir können erwarten, dass Eigenwerte −∆/2 − 1/r in der Grössenordnung ∼ 1 liegen werden und
dass typische Längen ebenfalls ∼ 1 sind. Damit wird es interessant, die Grösse unserer Einheiten zu
studieren.
Bohr’scher Radius
4π0 ~2
a0 =
≈ 0.529 × 10−10 m = 0.529Å (Ångström)
2
me e
(117)
me e 4
2Ry =
≈ 27.211eV
(4π0 ~)2
(118)
Rydberg Energie
Es ist auch interessant, die typischen Geschwindigkeiten des Elektrons im Wasserstoffatom abzuschätzen. Wir können aus der typischen Energie einen typischen Impuls abschätzen, da ja jedenfalls ein bestimmter Anteil der Energie in der Form von kinetischer Energie vorliegt. Wir wissen
schon, dass sich aus dem Virialtheorem (Übungen) eine Beziehung zwischen der potentiellen und der
Gesamtenergie, d.h. auch zwischen der kinetischen und der potentiellen Energie, für ein Potential
der Form V (r) = −r−1 :
2hT i = −hV i
(119)
Wir werden bald sehen, dass die tatsächliche Grundzustandsenergy in den “atomaren Einheiten”
E1 = −1/2 ist, daher erhalten wir für die “mittlere Geschwindigkeit”
s
s
1 me e4
e4
e2
1 p
2me Ekin = 2me
=
=
(120)
v0 = hvi =
me
2 (4π0 ~)2
(4π0 ~)2
4π0 ~
6.1.1
“Grösse” des Wasserstoffatoms
Wenn wir den Wert der Grundzustandsenergie mit E1 = −1/2 au schon vorwegnehmen, sehen
übrigens aus dem Virialtheorem auch, dass für den Grundzustand
h1/ri = 1.
23
(121)
Der Erwartungswert hat die Dimension [Länge]−1 , in beliebigen Einheiten also h1/ri = 1/a0 . In dem
Sinn hat das Atom die Grösse a0 . Wir können aber daraus auch gleich schliessen, dass
hri > a0 :
(122)
wäherend bei 1/r die innenliegenden Teile der Wahrscheinlichkeitsverteilung grosses Gewicht haben
und damit den Erwartungswert zu kleinen Werten hin ziehen, hebt r die aussenliegenden Teile hervor. Die genauen Zahlen sind leicht auszurechnen, was Gegenstand einer Uebungsaufgabe sein wird.
Problem 6.12: Berechne verschiedene Aspekte der Wahrscheinlichkeitsdichte beim Wasserstoffatom.
6.1.2
Sommerfeld’sche Feinstrukturkonstante
Wie schnell ist das aber? Die einzige andere feste Geschwindigkeit der Natur, die wir sinnvollerweise
vergleichen können ist die Lichtgeschwindigkeit, klarerweise sollte v0 < c gelten.
v0
e2
1
=: α ≈
=
c
4π0 ~c
137
(123)
Wenn Sie mal am Hörsaal B52 vorbeigegangen sind, ist Ihnen vielleicht die Büste von Herrn Sommerfeld aufgefallen. Dort steht drunter grade dieses α (die Konstituenten sind nicht in SI sondern
in cgs-Eingheiten angegeben, daher fehlt das 4π0 . Diese sogenannte Sommerfeld’sche Feinstrukturkonstante sagt uns, wie “relativistisch”, wie nahe die Geschwindigkeit des Elektrons an der Lichtgeschwindigkeit ist. c/137 ist schnell, aber in erster Näherung ohne Effekte der Relativitätstheorie
zu behandeln. Doch schon beim genaueren Hinsehen bemerkt man eine “Feinstruktur” der Spektrallinien des Wasserstoffs, die genau dem Beginn der relativistischen Effekte zuzuschreiben ist. Wie
gehen später, im Rahmen der Störimgstheorie kurz drauf ein.
6.1.3
Atomare Einheiten (au)
me = ~ = e2 = 4π0 = 1
6.1.4
⇒
a0 = v0 = αc = 2Ry = 1
Skalierung mit der Kernladungszahl
Man kann heutzutage leicht hochgeladende Ionen erzeugen, wo man einem Atom alle Elektronen bis
auf ein einziges wegnimmt. Dann hat man wieder ein wasserstoffartiges Atom mit dem Hamiltonoperator in atomaren Einheiten
bZ = − 1 ∆ − Z
(124)
H
2
r
Welche typische Grösse, Energie, Geschwindigkeit hat nun das Elektron in einem solches Atom? Wir
wenden wieder unseren Skalierungstrick an r → s = Zr, r = s/Z:
1
1
1
1
2
2
2
b Z = −Z ∆s − Z = Z − ∆s −
b1.
H
= Z 2H
(125)
2
s
2
s
24
Die Abmessungen schrumpfen also, da ja das die Grösse s ≈ 1 einer Gröss r ≈ 1/Z in unsern
Wasserstoff-atomaren entspricht. Energien wachsen ∝ Z 2 . Daher und auch wegen p ∼ ~/r wächst
auch die Geschwindigkeit ∝ Z. Das Neon-atom hat Z = 10, und nun ist unsere Geschwindigkeit
schon ≈ 1/13.7c: relativistische Effekte bestimmen die Energien schon wesentlich.
6.1.5
Skalierung mit der Masse
Zur Teilchengruppe der Leptonen gehören ausser dem Elektron e noch das Myon µ und das τ -Lepton.
Alle haben die Ladung −e, doch ihre Massen unterscheiden sich deutlich:
mµ ≈ 200me ,
mτ = 3500me ,
(126)
beide sind also viel schwerer als das Elektron. In einem Übungsbeispiel überlegen Sie sich, was das
für die Grösse der entsprechenden myonischen- und tauonischen Wasserstoffatome bedeutet. Solche
Systeme sind nicht fiktiv, ganz im Gegenteil, sie werden erzeugt und unter anderem zum Studium
der Kerneigenschaften und auch des sogenannten schwachen Zerfalls benützt.
Problem 6.13: Leptonische Atome
6.2
Eigenheiten des Coulomb-Potentials
Das Coulombpotential hat 2 Eigenheiten, von denen eine auffällig aber, jedenfalls im Rahmen der
QM, harmlos ist, und eine 2te unauffällig, aber bösartig ist.
6.2.1
Singularität
Die auffällige Eigenschaft ist die Singularität des Potentials bei r = 0. Dies war es, was den Physikern
vor Entwicklung der QM Sorgen gemacht hat, warum stürzt das Elektron nicht einfach, unter Abgabe
riesiger Energiemengen, in den fast punktförmigen Atomkern? Die Antwort auf diese Frage kommt
von der Unschärferelation: ein Elektron in einer Umgebung ∼ ∆r des Kerns wäre auf sehr kleines Volumen ∼ 4π/3(∆r)3 konzentriert. Die “Kosten” an kinetischer Energie für eine solche Kontraktion
wachsen schnelle als die Ernte an potentieller Energie. Wieder können wir hier Skalierungsargumente verwenden, um das Wesentliche zu sehen: Es sei Ψ(r) eine beliebige Wellenfunktion, die wir
mittels eines Parameters λ “einschrumpfen” können: Ψ(r) → Ψλ (r) = Ψ(λr), dann gilt fuer die
Erwartungswerte von kinetischer und potentieller Energie
hΨλ | − ∆/2|Ψλ i = λ2 hΨ| − ∆/2|Ψi,
−hΨλ |1/r|Ψλ i = −λhΨ|1/r|Ψi.
(127)
Wir sehen, dass die kinetische Energie beim Einschrumpfen durch λ quadratisch wächst, während die
potentielle Energie nur linear negativer wird: an irgendeinem Punkt wird der Zuwachs an kinetischer
Energie die Ernte an Potential überwiegen.
Die obige Argumentation ist zwar der Kern der Sache, aber kein mathematischer Beweis. Der
mathematische Beweis ist keine Hexerei, aber an dieser Stelle auch nicht notwendig zu führen. Er
läuft darauf hinaus zu zeigen, dass das Potential nicht nur für ein gewähltes und dann skaliertes
Ψ, sondern für beliebig “verformte” Ψ von der kinetischen Energie dominiert wird. Man sagt: das
Potential ist durch die kinetische Energie “relativ beschränkt”.
25
6.2.2
Unendliche Reichweite
Sie wissen aus der klassischen Mechanik, dass ein Coulompotential einen “unendlichen Wirkungsquerschnitt” für die Streuung hat. Sie müssen sich vorstellen, in mathemtischer Idealisierung: ein
beliebiges Coulomb-Zentrum streut jedes geladene Teilchen im Universum. Zugegebenermassen nicht
viel, aber “a bissl wos geht immer”.
Mathematisch äussert sich das in einer
Logarithmische Divergenz
Z
R
drr−1 = ln R − ln r0 → ∞ für R → ∞
(128)
r0
im Vergleich zu einem Potential das nur ein wenig stärker abfällt
Z R
drr−1− = R− − r0− → 0 für R → ∞, > 0.
(129)
r0
Diese Divergenz macht den Umgang mit ungebundenen Zuständen (“Streutheorie”) des Coulombpotentials so mühsam, dass die Theorie dazu sehr selten in Vorlesungen auftaucht, auch in dieser nicht.
6.2.3
Unendlich viele gebundene Zustände
Wir können unser Skalierungsargument auch umdrehen: wenn wir eine Funktion, nur genügend
strecken durch Verwendung beliebig kleiner λ, dann gilt immer
hΨλ | − ∆/2 − 1/r|Ψλ i = λ2 hΨ| − ∆/2|Ψi −λ hΨ|1/r|Ψi < 0 für λ ausreichend klein.
|
| {z }
{z
}
>0
(130)
>0
Wir müssen nur voraussetzen, dass die Erwartungswerte der kinetischen und potentiellen Energie für
Ψ berechnet werden können. Wir können also beliebig viele, linear unabängige Funktionen finden,
die Energien unter 0 haben, also gebunden bleiben. Tatsächlich hat das Wasserstoffatom unendlich
viele gebundene Zustände. Dies “wissen” wir schon von der Rydbergformel En = −Ry/n2 . Wieder
trifft das Skalierungsargument den Kern der Sache und lässt sich auch mathematisch rigoros machen.
Die Instrumente dazu heissen “Variationsprinzip” oder auch “Minimax-Prinzip”.
6.3
Eigenfunktionen und -werte des Wasserstoffatoms
Bevor wir die Eigenfunktionen ausdrücklich hinschreiben, studieren wir ihr Verhalten an r = 0 und
r → ∞.
6.3.1
Verhalten bei r → ∞
Da sich das Coulombpotential langsam aber doch 0 nähert, könnnen wir für das Verhalten der
Eigenfunktionen bei negativer Energie En < 0, wie beim Potentialtopf, erwarten, das
p
Ψ(r) ≈ be−κr für r → ∞, κ = −2me En
(131)
Dies wird sich bestätigen.
26
6.3.2
Verhalten bei r → 0
Tasächlich kann ein QM Elektron eine nicht-verschwindende Wahrscheinlichkeitsdichte für den Aufenthalt an der Singularität r = 0 haben: für jeden endlichen Wert bleibt der Beitrag zum Erwartungswert der potentiellen Energie aus der Umgebung der Singularität verschwindend klein:
Z
Z
Z Z
Z |Ψ(~r)|2
r)|2
δr2
2 |Ψ(~
= dΩ
drr
≈ dΩ
drr|Ψ(0)|2 = |Ψ(0)|2
.
(132)
r
r
2
|~
r|<δr
0
0
Mathematisch “rettet” uns der r2 -Faktor der 3-dimensionalen Integration. Nebenbei bemerkt: für
ein fiktives 1-dimensionales System mit dem Potential 1/|x| gibt es keinen solchen Faktor — daher
auch keine Rettung: der Hamiltonoperator ist nicht selbstadjungiert, die Zeitentwicklung ist nicht
unitär, das System verletzt die Wahrscheinlichkeitserhaltung.
Vom unendlichen Potentialtopf wissen wir, dass bei Singularitäten des Potentials die Eigenfunktion nicht-differenzierbar werden kann. Dies geschieht auch beim Wassertoffatom in ähnlichem Sinn:
die Ableitung bei r = 0 kann ungleich null sein ∂r Ψ 6= 0. Natürlich ist Ψ(r) für r < 0 gar nicht
sinnvoll definiert.
6.3.3
Drehimpulsbarriere
Ein klassisches Teilchen mit festem, endlichen Drehimpuls kann den Punkt r = 0 nie erreichen. Die
nächstmögliche Annäherung ist durch die “Drehimpulsbarriere” gegeben [Skizze]. Ein QM-Teilchen
kann in den klassisch verbotenen Bereich vordringen. Hier erwarten wir keinen exponentiellen Abfall,
da ja der gesamte Bereich endlich ist und ausserdem das “repulsive Potential” l(l + 1)/r2 bei r = 0
singuär wird, die Funktion dort =0 sein könnte. Man findet für gegebenen Gesamtdrehimpuls l den
Abfall
(133)
Ψl (r) ≈ crl für r → 0 .
Problem 6.14: Drehimpulsbarriere
6.3.4
Explizite Form der Eigenfunktionen
l
2r
m
Ψnlm (r, φ, η) = Yl (φ, η)
| {z }
n
| {z }
Winkelabh.
L2l+1
n−l−1
|
{z
2r
n
Drehimpulsbarriere radial.Polynom
e|−r/n
{z } /N orm
} Asymptotik
mit den
6.3.5
Quantenzahlen
n = 1,2,. . .
l = 0,1,. . . ,n-1
m = -l,-l+1,. . . ,l-1,l
Hauptquantenzahl
Drehimpulsquantenzahl
magentische Quantenzahl
Hier begegnen wir schliesslich den
27
(134)
(α)
Laguerrpolynomen Ln (r), die die orthogonalen Polynome auf r ∈ [0, ∞) zur Gewichtsfunktion
w(r) = rα exp(−r) sind
Z ∞
(α)
drrα e−r L(α)
(135)
n (r)Ln0 (r) = δnn0 Nn .
0
Beachten Sie, dass das Argument der Laguerrpolynome in den Wasserstoffunktionen von n abhängt:
zwar wissen wir, dass die Ψnlm als Eigenvektoren eines hermitischen Operators orthogonal sind. Dies
ist aber eine zusätzliche Eigenschaft, die nicht direkt der Orthogonalität der Polynome mit dem
Argument r folgt.
6.4
Energien der gebundenen Zustände
Kann man natürlich durch Einsetzen der Eigenfunktionen in die Schrödingergleichung nachrechnen.
Wir können die Energie aber auch aus dem asymptotischen Verhalten
der Lösung ∼ exp(−r/n) =
p
exp(−κr) mit κ = 1/n(au) ablesen. Energie unter null κ =
( − 2me En ), daher in atomaren
Einheiten
Ry
13.6
1
(136)
En = − 2 (au) = − 2 ≈ − 2 eV.
2n
n
n
6.5
Entartung der Wasserstoffenergien
Wir sehen, dass die Energien nur von n, aber nicht von l und m abhängen. gibt es zu jedem n eine
Menge orthogonaler Eigenfunktionen. Dabei hängen die radialen Eigenfunktionen überhaupt nicht
von m ab, die Unterschiede liegen einzig in den Ylm . Dass die Energien entartet sind, überrascht
insoferne nicht, als im radialen Hamiltonoperator m gar nicht auftaucht. Wegen der Drehimpulsbarriere hängen die radialen Funktionen jedoch sehr wohl von l ab. Dass bei all dem die Energien entartet
bleiben, ist nicht offensichtlich. Tatsächlich ist dies wiederum eine Eigenheit des Coulombpotentials.
Das Coulombpotential ist gewissermassen ein “magisches” Potential. Seine Form folgt, wie Sie in
der Elektrodynamik lernen werden, aus der Idee, dass Kräfte immer aus Quellen kommen müssen,
nicht aus dem “Nichts” kommen können. Im Gegensatz zu den meisten anderen Potentialen, die
einen im Raum verteilt gedachten Träger haben, besteht das Coulombpotential in diesem Sinn im
“leeren” Raum.
Tatsächlich weist die Dynamik des Coulombpotentials klassisch wie quantenmechanisch eine
Besonderheit auf, die es vor allen anderen Potentialen auszeichnet. QM: die Entartung bezüglich l,
KM: die Konstanz des Periheliums. Es gibt also eine weitere Erhaltungsgrösse, den Vektor zum Perihelium, was die Tatsache beschreibt, dass die Keplerbahnen nicht nur in der Ebene liegen (Drehimpuls), sondern dass sie in sich geschlossene Ellipsen bilden. Sie werden in einem Übungsbeispiel
verifizieren, dass dieser Lenz-Runge Vektor mit dem Hamiltonoperator kommutiert.
Es sei angemerkt, dass diese zusätzliche Symmetrie der Grund ist, warum sowohl das klassischen
als auch das QM Coulombproblem mit einfachen Mitteln lösbar sind. Tatsächlich kann mit den
gleichen Techniken wie beim harmonischen Oszillator das gebundene Spektrum mit rein algebraischen
Methoden bestimmen. Es sei auch angemerkt, dass für nur geringfügig kompliziertere Potentiale
analytische Methoden keine exakte Bestimmung der Eigenfunktionen erlauben, ausser in vereinzelten
Sonderfällen.
28
6.5.1
Beziehung zwischen n und l
Mir ist kein zwingendes und intuitives Argument bekannt, weshalb n > l gelten muss. Letztlich
findet man das anhand der exakten Lösung, welche für jedes n einen gewissen Grad der Entartung
zulässt, z.B. auch im Rahmen der oben erwähnten algebraischen Methode. In dem Fall verlaufen
die Argument ganz ähnlich wie bei der Bestimmung des Spektrum des Drehimpulsoperators mit
algebraischen Methoden.
Auf Umwegen kann man aber doch zeigen, dass bei festem n nur eine endliche Anzahl von l
erlaubt ist. Dies gilt immer, wenn die Anzahl der unterschiedlichen Energien En0 < En endlich ist.
Wir zeigen zuerst, dass der Zustand mit niedrigster Energie bei vorgegebenem l tiefer liegt als
bei l + 1. Es sei |g 0 i der (Grund-)Zustand bei vorgegebenem l und festem |m| ≤ l. Damit meinen
wir, dass die radiale Wellenfunktion die folgende Eigenwertgleichung erfüllt:
1
1 l(l + 1)
2
b (l) Ψg0 = Eg0 Ψg0 .
Ψg0 (r) =: H
(137)
− 2 ∂r r ∂r − +
r
2r
r
2r2
Erhöhen wir nun l auf l + 1 und suchen den dortigen niedrigsten Zustand Ψg :
(l
+
1)(l
+
2)
−
l(l
+
1)
(l)
(l+1)
b +
b
H
Ψg (r) H
Ψg (r) = Eg Ψg .
r
r
2r2
(138)
Wir können nun zeigen, dass Eg0 < Eg . Es gilt
b (l) +
Eg = hg|H
r
2l + 1
b (l) |gi + hg| 2l + 1 |gi < hg|H
b (l) |gi.
|gi
=
hg|
H
r
r
2
2r2
2r
|
{z
}
(139)
>0
Dass der 1/r2 -Beitrag für beliebige Vektoren > 0 ist, sieht sofort da 1/r2 = (1/r)† 1/2. Wenn nun
b r(l) |gi < Eg ≤ Eg0 , der
gälte Eg0 ≥ Eg , dann hätte die Funktion |gi einen Erwartungswert hg|H
b r(l) liegt. Dies kann aber nicht sein, wie man leicht mittels der
tiefer als der tiefste Eigenwert von H
Spektraldarstellung eines beliebigen Zustands sieht.
Wir sehen also, dass mit steigendem l die tiefstmögliche Energie ansteigen muss. Daraus folgt
umgekehrt, das bei festem n, also einer endlichen Anzahl von Energien En0 < En , die l beschränkt
bleiben müssen.
6.6
6.6.1
Grenzen des Coulombmodells
Relativistische Korrekturen
Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass selbst bei Z = 1 das Elektron mit erstaunlich grosser
Geschwindigkeit assoziert ist, nähmlich αc. Strenggenommen erreicht die nicht-relativistischen Beschreibun hier ihre Grenzen und Korrekturterme zum Hamiltonoperator sind erforderlich. In niedrigster
Näherung kann man einen solchen Term schreiben als
b4
α2 b 4
br = − P
H
=
−
P (au).
8m3e c2
8
29
(140)
Im 2ten Ausdruck haben wir verwendet, dass c = α−1 au. Man kann sich kurz überlegen, dass dieser
Term “klein” ist. Etwas Vorsicht ist geboten, weil die 4te Ableitung gross weden kann, bzw. im Fall
des Grundzustands gar auf eine δ-Funktion führt. Wir werden uns um diese Komplikationen etwas
später kümmern. Jedenfalls muss man erwarten, dass die tatsächlichen Energien von den idealen
Rydbergenergien abweichen.
6.6.2
Spin-Bahn Kopplung
Wir haben auch schon erwähnt, dass Elektronen einen Spin s = 1/2 haben. Der Spin ist auch mit
einem magnetischen Moment assoziert. Gleichzeitig bewegt sich, klassisch gesehen, die Ladung auf
einer beschleunigten Bahn und erzeugt ein Magnetfeld, dessen Richtung von der Umlaufrichtung der
Ladung, also von der m-Quantenzahl abhängt. Überraschender Weise ist diese Kopplung relativ
stark. Sie führ zu einem weiteren Korrekturterm
2
1
1
b ls = e
cls = α2 cls 3
H
2
2
3
4π0 m c r
r
(141)
Werden später die cls ausdrücklich berechnen.
6.6.3
Äussere Felder
Lo Surdo-Stark Effekt Starke äussere Felder, z.B. ein elektrisches Feld, werden natürlich die
Ladungen des Kerns und des Elektrons in entgegengesetzt Richtungen drängen und das Atom polarisieren. Dabei geht auch die Rotationsymmetrie verloren und nur die Symmetrie um die Feldachse
bleibt erhalten. Wie zu erwarten führt dies zum Verlust der Entartung, zu einer “Aufspaltung” der
entarteten Enerigeniveaus in “Multiplets”, Gruppen von Energien in einem engen Bereich in der
Umgebung des ursprünglichen entarteten Niveaus. Dies ist der sogenannte LoSurdo-Stark Effekt.
Das elektrische Feld ist von aussen kontrollierbar und kann natürlich auch recht klein sein. Wieder
brauchen wir einen Korrekturterm
b E = −eE~ · ~r
H
(142)
Zemann-Effekt Ganz ähnlich findet man einen Korrketurterm im magnetischen Feld: ZemannEffekt.
Hyperfeinstruktur Überdies koppelt ein magnetisches Feld auch noch direkt an das magnettische Moment des Elektrons und führt einer weiteren Aufspaltung, je nach dem ob das Magnetfeld
parallel oder anti-parellel zur Spin-Achse ist: dies ist die sogenannte Hyperfeinstruktur. Hier ist
bemerkenswert, dass der Effekt nur 2 verschiedene diskrete Möglihkeiten zulässt: parallel oder antiparallel. Wir können das Beispiel am Beginn dieser Vorlesungs wieder erkennen: auch dort hatten
die Elektronen, unerklärter Weise, genau 2 mögliche “Farben” bzw. Härtegrade. In der Tat handelt
es sich bei beiden um eine verklausulierte Darstellung von Spin-Freiheitsgraden.
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