Erfahrungsbericht von Pauline Knoblauch Auslandssemester mit dem Free Mover Stipendien Programm in London Rose Bruford College, Stage Design Vorbereitung Ich wollte auf jeden Fall mein Auslandssemester in England machen. Da es keine Partnerhochschule in England gibt, an der man Bühnenbild bzw. Stage Design studieren kann, habe ich mich ins Internet begeben und Universitäten ausgesucht. Im Endeffekt habe ich dann fünf Universitäten angeschrieben, zwei haben sich nicht zurückgemeldet, zwei haben abgesagt, eine war nicht abgeneigt. An dieses College habe ich mich dann geheftet, ich habe viele Emails mit unterschiedlichen Menschen ausgetauscht. Ich habe versucht, dass das Rose Bruford College eine Partnerhochschule wird und dann ging alles ganz schnell und unkompliziert. Kurz vor Weihnachten habe ich vom Rose Bruford College die Zusage bekommen, dass ich als "Exchange-Student" willkommen bin, dass sie aber keine Partnerhochschule werden wollen oder können und dass die Studiengebühren für ein Semester etwa 1645 Pfund sind (etwa 1800€). Ich sollte dann nur noch einen Lebenslauf und ein paar Fotos von Projekten, die ich in Hannover gemacht hatte per Email schicken. Im Januar bin ich dann ein paar Tage hingeflogen, weil es einige Workshops gab, die für die kommenden Projekte wichtig waren. College Rose Bruford College liegt nicht direkt in London sondern in Sidcup, einem der äußeren Stadtbezirke, mit der Bahn ist man ungefähr in 20 Minuten in Central London. Das College ist ein Drama College, das heißt, außer Stage Designer gibt es verschiedene SchauspielStudiengänge, Licht Designer, Stage Manager, Sound Designer, Regiestudenten (der Regiestudiengang läuft aber aus) und noch jeden Menge andere Studiengänge, die mit Theater und Performance zu tun haben. Rose Bruford liegt ziemlich idyllisch in einem Park mit See und Enten. Das College hat eine Bücherei, in der es PC-Arbeitsplätze für die Studenten gibt, man kann Geld auf seinen Studentenausweis laden, mit dem man dann drucken und kopieren kann. In der Bücherei gibt es außerdem ein oder zwei Mitarbeiter, die "Internationale" mit Hausarbeiten und Präsentationen helfen, wenn man will. Alle sind super hilfsbereit und freundlich und erklären einem auch zehnmal, wenn man immer noch nicht verstanden hat, wie das mit dem Drucken funktioniert. Generell gibt es in Rose Bruford sehr viele internationale Studenten, aber nur sehr wenige, die für ein oder zwei Semester kommen, die meisten absolvieren das ganze Studium dort. Das College hat eine Rezeption, das ist der einzige Eingang zum College Gelände. Alles drumherum ist eingezäunt und mit CCTV gesichert, man kommt auch nur mit gültigem Studenten-ID durch die Tür. Die Rezeption hat eine Art Laden, man muss aber genau wissen, was man will. Es wird alles mögliche verkauft, Notizbücher, Bleistifte, Kleber, Batterien aber auch Papier für Technische Zeichnungen und Modellbaumaterial, das ist sehr gut, weil es in Sidcup kein Geschäft für so etwas gibt und man so nicht immer nach London reinfahren muss, wenn man etwas braucht. Außerdem gibt es ein Café, das den ganzen Vormittag Essen verkauft und um fünf Uhr macht die Bar auf, die von Studenten geführt wird, die ab und zu Partys organisieren. Studium Ich habe in Rose Bruford das zweite Jahr besucht. Dort wird nicht in Semestern sondern in Jahren gezählt, es gibt nur 3 Jahre und man kann nicht mal eben so ein Semester länger studieren, wenn man durchfällt oder trödelt, muss man das ganze Jahr noch mal machen. Ich habe an allen Projekten teilgenommen, die die anderen auch gemacht haben. In viele Projekte konnte ich einfach einsteigen, obwohl sie schon bevor ich gekommen bin angefangen hatten. In meinem Jahr waren sechs Stage Designer, die mich alle sehr schnell integriert haben, wir hatten einen Raum, wo jeder seinen eigenen Arbeitsplatz hatte. In meinem Hauptprojekt, welches über das ganze Semester ging, habe ich mit einer Regiestudentin und einem Lichtstudenten zusammengearbeitet, wir haben eine Produktion zu einem Stück gemacht, ich habe Bühnen- und Kostümbild durchgeführt, alles war total professionell aufgezogen, da es für alle Jobs, die man für eine Produktion braucht, Studenten gibt. Sprachkenntnisse In der Schule war ich nie besonders gut in Sprachen, auch nicht in Englisch. Ich habe dann an der FH in Hannover Englisch 3 und Englisch 5 besucht, um noch mal ein bisschen in die Sprache reinzukommen, außerdem hab ich einige Bücher auf englisch gelesen und Filme und Serien im englischen Original gesehen. Als ich in London war, wollte ich eigentlich einen weiten Sprachkurs machen, am College gab es aber keinen und da mir alle gesagt haben, dass ich das nicht nötig hätte, hab ich es dann auch gelassen. Die ersten Wochen waren ziemlich anstrengend. aber da ich so gut wie alles verstanden habe, gab es keine Probleme, außerdem sind die Engländer sehr geduldig. Ich habe so gut wie kein Deutsch gesprochen, in dem ganzen halben Jahr hab ich nur eine andere Deutsche und eine Österreicherin kennengelernt, mit denen ich aber auch englisch gesprochen habe. Reisevorbereitungen, Unterlagen Vor meinem Reiseantritt nach GB habe ich nur eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen und ein Sparkonto eröffnet, mit dem ich im Ausland kostenfrei abheben kann. Es ist auf jeden Fall sehr sinnvoll eine Kreditkarte mitzunehmen, weil man in England so gut wie alles und überall mit Kreditkarte bezahlt, Supermarkt, Pub, Internet, Fahrkarten, Studiengebühren. Als ich in England war, habe ich mir auch noch eine englische Sim Karte für mein Handy besorgt. Wohnen Das Haus in dem ich gewohnt habe, war 10 Minuten zu Fuß (durch den Park) zum College und etwa genauso weit zum Bahnhof. Ich hab in eine WG gewohnt mit vier Jungens und zwei Mädels, die auch alle in Rose Bruford studiert haben. Mein Zimmer war kleiner als das in Hannover und teurer (335 Pfund) aber das Haus hatte ein großes Wohnzimmer, eine Küche, Wintergarten und Garten. Bevor ich das erste mal nach England gefahren bin hatte ich Kontakt mit einer Regiestudentin und die hat netterweise über das College-Mail-Programm an alle Studenten eine Email geschickt und gefragt ob irgendwo ein Zimmer für mich frei sei. Nach einem Tag hat sie mir dann etwa zehn Emails weitergeleitet. Es gibt aber auch vom College eine Art Vermittlungsservice für Wohnungen und Zimmer zur Untermiete. Ich wollte aber auf jeden Fall in eine WG, um schneller Anschluss zu finden, was auch sehr gut geklappt hat. Es gibt ein Studentenwohnheim „The Halls“, das teilen sich die Brufordianer mit Studenten aus Greenwich, da darf man aber nur wohnen, wenn man im ersten Jahr studiert. Leben in England Das Leben in England ist teuer, viel teurer als in Deutschland. Auch wenn das Pfund sehr günstig stand als ich da war. Schon alleine weil man trotz der hohen Studiengebühren keine Fahrkarte hat, ich hab mir, wie fast alle dort eine Railcard 16-25 gekauft die kostet nur 26 Pfund und man spart bei jeder Fahrt ein Drittel den Fahrpreises, diese Karte ist ein Jahr gültig. Im Supermarkt musste ich mich zunächst einmal an das große Angebot von Fertiggerichten gewöhnen und an das kleine Angebot von Obst, Gemüse und „normalen“ Lebensmitteln. In den größeren Supermärkten ist es einfacher einzukaufen, wenn man sich nicht die ganze Zeit von Pommes frites, Weißbrot, Chicken-Nuggets und Fertiglasagne ernähren will. Wenn man feiern geht, fängt man viel früher an als in Deutschland, es ist nichts ungewöhnliches sich um 18h im Pub zu treffen. In fast jedem Pub gibt es „Pint and Burger“ für ca. 5 Pfund, das kann ich sehr empfehlen! Aber um 2h ist spätestens Schluss. Auch wenn man zum Feiern nach London fährt, meistens wird um Viertel vor Zwei das Licht angemacht und alle müssen raus. Die Nachtbusse sind nervig! Nach Sidcup fährt die letzte Bahn gegen Mitternacht, egal ob Wochenende ist oder nicht, der Nachtbus fährt jede halbe Stunde und braucht statt 20 Minuten gut eineinhalb Stunden. Bewertung des Auslandsaufenthalts Das halbe Jahr war toll. Abgesehen davon, dass ich mich in meiner WG und im College richtig wohl gefühlt habe, habe ich auch viel gelernt. Es war sehr interessant das gleiche Fach in England zu studieren, wie hier in Deutschland. Trotz vieler Parallelen gibt es auch enorme Unterschieden, ich fand es total spannend zu sehen wie an einem anderen College in einem anderen Land gearbeitet wir. Es ist gut einen weiteren Blickwinkel auf den ganzen Theaterablauf zu bekommen und zu sehen wie andere damit umgehen und anders ihre Ideen entwickeln. Einige Dinge kamen mir viel unkomplizierter und einleuchtender vor als hier und bei anderen war es genau das Gegenteil. Für mein weiteres Studium werde ich das Beste aus allem ziehen, was mit glaube ich sehr weiter hilft. Mein Englisch ist zwar nicht perfekt aber gut genug um das ein oder andere Essay zu schreiben, mich sicher zu fühlen und regelmäßig mit meinen Mitbewohnern zu skypen. Ich kann jedem einen Auslandsaufenthalt empfehlen, auch wenn es vor allem am Anfang wirklich anstrengend ist und man manchmal denkt, wie doof konnte ich sein mich auf fünf Monate englisches Essen, englisch Reden und Denken einzulassen, es ist großartig! Vielleicht hatte ich besonderes Glück mit meiner WG, die so chaotisch war, dass man sich es kaum vorstellen kann, aber die mich so toll aufgenommen hat und bei denen ich mich ganz schnell zu Hause gefühlt habe.