Stationäres Verhalten von Asynchronmaschinen

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TU Bergakademie Freiberg
Institut für Elektrotechnik
Asynchronmotor
Stationäres Betriebsverhalten
Skriptum für Nichtelektrotechniker
Verfasser:
Prof. Dr.-Ing. habil. U. Beckert
Datum:
August 2005
Umfang:
29 Seiten
TU Bergakademie Freiberg
TUElektrotechnik
BAF, Inst. f. Elektrotechnik
Institut für
Prof. Beckert
Prof. Dr.-Ing. habil. U. Beckert
g\bt\vorl\el_masch\ASM_I bis VII 2005-08
1. Aufbau und Eigenschaften
Der Asynchronmotor ist der am häufigsten eingesetzte Elektromotor (etwa 85% der industriellen
Antriebe). Sein wichtigster Vorteil besteht im Wegfall aller Schleifkontakte. Er ist dadurch
außerordentlich robust, nahezu wartungsfrei und betriebssicher. Asynchronmotoren werden für
Leistungen von weniger Watt bis zu mehreren 10 MW gebaut.
Zur Verminderung der Wirbelströme und der Wirbelstromverluste durch das magnetische
Drehfeld sind beide Hauptteile, der stillstehende Ständer und der rotierende Läufer, geblecht
ausgeführt. Ständer und Läufer sind durch einen kleinen Luftspalt getrennt. Die Ständer- und
Läuferwicklungen sind in gleichmäßig am Umfang verteilten Nuten untergebracht. Bild 1 zeigt
den Blechschnitt eines kleinen Asynchronmotors.
Bild 1:
Blechschnitt eines ASM
Die Ständerwicklung wird meist als symmetrische Drehstromwicklung ausgeführt. Diese besteht
aus drei einzelnen Wicklungssträngen, die bei einem Motor mit einem Polpaar (p = 1) um 120°
räumlich gegeneinander versetzt angeordnet sind. Bei Motoren mit p Polpaaren beträgt der
Versatz 120°/p. In Bild 2 ist die räumliche Verteilung der drei Wicklungsstränge für p = 1
dargestellt. Die drei Stränge werden in Stern- oder Dreieckschaltung an das Drehstromnetz oder
einen Frequenzumrichter angeschlossen. Die drei Stränge werden mit den Buchstaben a, b, c
oder u, v, w bezeichnet.
Bild 2:
Räumliche Verteilung der
Drehstromwicklung im Ständer
2
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Bezüglich der Ausführung des Läufers unterscheidet man zwischen dem Asynchronmotor mit
Schleifringläufer und dem mit Kurzschlussläufer: Beim Schleifringläufermotor besitzt der Läufer
ebenfalls eine in Stern oder Dreieck geschaltete Drehstromwicklung, deren Enden über drei
isoliert auf der Welle sitzende Schleifringe zugänglich sind. Beim Kurzschlussläufer- oder
Käfigläufermotor besteht die Läuferwicklung aus einem Aluminium- oder Kupferkäfig. Bei
kleinen bis mittleren Leistungen werden die Läufernuten mit Aluminium ausgegossen. Die
entstehenden Stäbe sind an beiden Enden durch sog. Kurzschlussringe verbunden. Bei großen
Leistungen werden in die Läufernuten rechteckförmige Kupferstäbe eingeschoben.
Im Asynchronmotor werden die Wirkungen des magnetischen Drehfeldes ausgenutzt: Die
Spannungen und Ströme im Läufer werden durch das Drehfeld induziert. Der Asynchronmotor
wird deshalb auch als Induktionsmotor bezeichnet.
Das magnetische Drehfeld induziert in den Läufersträngen nur dann Spannungen und Ströme,
wenn der Läufer asynchron zum magnetischen Drehfeld umläuft. Die Differenzdrehzahl
zwischen Drehfeld und Läufer bezogen auf die Drehfelddrehzahl, die sog. synchrone Drehzahl
n s = f N / p , bezeichnet man als Schlupf
s =
ns − n
ns
(1)
Der Schlupf ist die wichtigste Systemgröße des Asynchronmotors.
Im Leerlauf (M = 0) nimmt der Asynchronmotor den Magnetisierungsstrom I µ aus dem
speisenden Netz auf. Dieser beträgt etwa 30% des Nennstromes und dient zum Aufbau des
magnetischen Drehfeldes
Φ =
w1 I µ
Rm
(2)
( R m = magnetischer Widerstand). Da die Amplitude des magnetischen Drehfeldes wegen
U 1 ≈ E1 = c1 Φ n s
(3)
praktisch durch die angelegte Ständerspannung bestimmt wird, hängt die Größe des
erforderlichen Magnetisierungsstromes über den magnetischen Widerstand stark von der Größe
des Luftspaltes zwischen Ständer und Läufer ab. Man ist deshalb bestrebt, den Luftspalt bei
Asynchronmotoren möglichst klein zu halten.
Bild 3 zeigt die typische Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie eines netzgespeisten Asynchronmotors im motorischen Betriebsbereich ( M > 0, n > 0) . Nach dem elektro-dynamischen
Kraftgesetz hängt das Drehmoment des Motors vom Betrag des magnetischen Flusses sowie
vom Betrag und der Phasenlage des Läuferstromes ab. Bei konstanter Netzspannung ist der
Betrag des magnetischen Flusses praktisch konstant. Mit wachsendem Schlupf wird der Betrag
des Läuferstromes, ausgehend von Null im Leerlauf mit s = 0, immer größer. Gleichzeitig
wachsen proportional mit dem Schlupf die Frequenz des Läuferstromes und der
Streublindwiderstand des Läufers. Dadurch wird die Phasenlage des Läuferstromes immer
schlechter. Daher ergibt sich bei einem bestimmten Schlupfwert, dem Kippschlupf s k , ein
3
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Optimum der Drehmomentbildung. Hier entwickelt der Asynchronmotor das Kippmoment M k .
Das Kippmoment beträgt etwa das 2- bis 3fache des Nennmomentes.
Bild 3:
Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie bei
Netzspeisung f 1 = f Netz
Im Stillstand (n = 0) entwickelt der Asynchronmotor das Anlaufmoment M A . Es ist relativ
gering trotz eines hohen Anlaufstromes, der etwa das 6fache des Nennstromes erreicht. Beim
Schleifringläufermotor lässt sich das Anlaufmoment durch Einschalten von zusätzlichen
ohmschen Widerständen in den Läuferkreis bis zum Kippmoment vergrößern. Bei
Käfigläufermotoren wird gezielt die einseitige Stromverdrängung in den Läuferstäben zur
Vergrößerung des Anlaufmomentes bei gleichzeitiger Herabsetzung des Anlaufstromes
ausgenutzt. Die Läuferstäbe werden dann entweder als Doppelstäbe oder als Hochstäbe
ausgebildet.
Der wichtigste Nachteil des Asynchronmotors ist, dass seine Drehzahl stark an die durch die
Speisefrequenz festgelegte synchrone Drehzahl gebunden ist, er arbeitet nur bei kleinem Schlupf
mit hohem Wirkungsgrad. Seit der Erfindung des Asynchronmotors durch Dolivo-Dobrowolski
im Jahre 1889 haben ganze Generationen von Elektroingenieuren nach einer wirtschaftlichen
Drehzahlsteuerung des Asynchronmotors gesucht. Erst seit es durch die Fortschritte der
Halbleitertechnik in den letzten 30 Jahren möglich geworden ist, verlustarme elektronische
Frequenzumrichter zu bauen, wird der Asynchronmotor zunehmend in drehzahlvariablen
Antrieben eingesetzt.
Mit Hilfe einer variablen Speisefrequenz f 1 lässt sich eine weitgehend verlustlose
Drehzahlsteuerung (Bild 4) erreichen. Man erhält ein dem Gleichstrommotor gleichwertiges
Verhalten. Allerdings ist dazu ein relativ aufwändiger Frequenzumrichter, bestehend aus einem
netzseitigen steuerbaren Gleichrichter, einem Gleichspannungs- oder Gleichstromzwischenkreis
und einem motorseitigen Wechselrichter (Bild 5), erforderlich.
Damit bei unterschiedlichen Drehzahlen stets das volle Drehmoment verfügbar ist, d.h. die
Amplitude des magnetischen Flusses konstant bleibt, ist es notwendig, die Amplitude der
Speisespannung proportional mit der Frequenz zu ändern. Genau genommen sind die
Verhältnisse noch etwas komplizierter: Zum Einen muss bei sehr niedrigen
4
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Bild 4:
Drehmoment-Drehzahl-Kennlinien
bei Frequenzsteuerung
Ständerfrequenzen (Drehzahlen) der Einfluss des Ständerwiderstandes berücksichtigt werden.
Hat zum Anderen die Amplitude der Speisespannung ihren Maximalwert erreicht, so nimmt
bei einer weiteren Erhöhung der Speisefrequenz der magnetische Fluss im Verhältnis zur
Frequenzerhöhung ab. Das verfügbare Drehmoment geht mit dem Quadrat dieses Verhältnisses
zurück: In Analogie zum Gleichstrommotor wird dieser Drehzahlbereich als Feldschwächbereich
bezeichnet.
Bild 5: Blockschaltbild der Frequenzumrichterspeisung
_____________
Industrieanlagen sind durch eine große Anzahl von Asynchronmotoren geprägt. Als markantes Beispiel sei das BASF Werk
Ludwigshafen mit rund 125.000 Asynchronmotoren genannt. Davon sind ca. 70.000 Kleinmotoren mit einer Nennleistung
Pn < 1 kW, ca. 60.000 Normmotoren im Leistungsbereich von 1 kW ... 100 kW, ca. 1500 Niederspannungsmotoren mit
Pn > 100 kW und ca. 1000 Hochspannungsmotoren (Un > 1000 V) mit einer Nennleistung Pn > 1000 kW.
Auf die 1000 Hochspannungsmotoren entfallen jedoch 65% der Antriebsleistung.
5
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2. Entstehung eines Drehfeldes
Das Betriebsverhalten von Asynchronmaschinen und Synchronmaschinen wird durch ein
besonderes magnetisches Luftspaltfeld, das sogenannte Drehfeld, maßgeblich bestimmt. Ein
Drehfeld liegt vor, wenn die Flussdichteverteilung B(x) im Luftspalt eine fortschreitende
sinusförmige Welle darstellt (Bild 6). Ihre Wellenlänge ist gleich der doppelten Polteilung τp.
Bild 6:
Flussdichteverteilung im Luftspalt
x Koordinate in Umfangsrichtung
Am übersichtlichsten sind die Verhältnisse bei idealem Leerlauf. In diesem Fall fließt in der
Läuferwicklung kein Strom. Das Drehfeld wird dadurch aufgebaut, dass die dreisträngige
Ständerwicklung, deren drei Wicklungsstränge a, b, c räumlich um 120° gegeneinander versetzt
angeordnet sind, durch ihren Anschluss an das Drehstromnetz (Bild 7) mit drei Wechselströmen
gespeist werden, die zeitlich um 120° gegeneinander phasenverschoben sind, (Bild 9).
Bild 7:
Anschluss der Ständerwicklung
Im Folgenden wird die Entstehung des Drehfeldes an einer Drehstrommaschine mit der
Polpaarzahl p = 1 gezeigt. Der Übersichtlichkeit wegen ist dabei angenommen, dass jeder Strang
nur aus einer Spule besteht. Bild 8 zeigt zunächst die Anordnung mit den positiven
Zählrichtungen der Ströme.
Für drei um TN/12 bzw. ω TN / 12 = 30° aufeinanderfolgende Zeitpunkte (Bild 9) ist in Bild 10
der Verlauf des magnetischen Feldes qualitativ dargestellt, wie er aufgrund der Stromverteilung
zu erwarten ist. Man erkennt, dass sich das Feld um jeweils 2π/12 = 30° gedreht hat. Nach einer
vollen Netzperiode TN wird das Feld eine volle Umdrehung ausgeführt haben.
6
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Bild 8:
Anordnung mit positiven Zählrichtungen
der Ströme
Bild 9:
Zeitlicher Verlauf
der Strangströme
Bild 10: Feldverläufe
Bei einem zweipoligen Asynchronmotor (p = 1) gilt also für die Drehfelddrehzahl:
1
ns =
= fN
TN
Bei einem Motor mit der Polpaarzahl p erhält man für die Drehfelddrehzahl:
f
ns = N
p
Für fN = 50 Hz ergeben sich die folgenden Drehfelddrehzahlen:
p
ns /min-1
1
2
3
4
...
10
...
40
3000
1500
1000
750
...
300
...
75
7
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3. Systemgleichungen
Den folgenden Betrachtungen liegt eine Asynchronmaschine zugrunde, die sowohl im Ständer
(Index 1) als auch im Läufer (Index 2) eine symmetrische Drehstromwicklung besitzt. Die
Ständerwicklung wird in Stern- oder Dreieckschaltung an das Drehstromnetz oder an einen
Frequenzumrichter angeschlossen. Die Läuferwicklung ist kurzgeschlossen. Bild 11 zeigt eine
schematische Darstellung der Anordnung. Die einzelnen Wicklungsstränge sind dabei als
konzentrierte Wicklungen in den jeweiligen Wicklungsachsen dargestellt.
u
ϑ
i u1
u
u u1
w
i w2
i u2
u v1
v
i w1
i v2
i v1
u w1
w
Bild 11:
Asynchronmotor mit schematischer
Darstellung der Wicklungen
v
Ohne Beweis sei noch erwähnt, dass die Käfigwicklung eines Asynchronmotors mit
Kurzschlussläufer in eine dreisträngige Ersatzwicklung umgerechnet werden kann. Besitzt der
Kurzschlussläufermotor N 2 Läufernuten und damit N 2 Läuferstäbe, so gilt für die
Windungszahl der dreisträngigen Ersatzwicklung:
w 2 ers =
N2
6
(4)
3.1 Entstehung des Drehmomentes
Das Drehfeld läuft über den zunächst stillstehenden Läufer hinweg und induziert in dessen
Wicklung die Spannung E 2 , die in der Läuferwicklung den Strom I 2 erzeugt. Auf die
stromdurchflossenen Leiter der Läuferwicklung wird im magnetischen Feld gemäß dem
elektrodynamischen Kraftgesetz eine Kraft ausgeübt. Da diese Kraft tangential gerichtet ist,
entsteht ein Drehmoment. Die Summe der an den Leitern des Läufers angreifenden
Drehmomente ergibt das Drehmoment des Asynchronmotors. Von diesem Drehmoment wird der
Läufer in Richtung des Drehfeldes angetrieben. Dadurch vermindern sich die
Relativgeschwindigkeit zwischen Drehfeld und Läufer und die Induktionswirkung, bis sich
schließlich ein Gleichgewichtszustand zwischen Belastungsmoment und vom Asynchronmotor
entwickelten Drehmoment einstellt.
8
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Im Leerlauf (Index 0) erreicht der Läufer näherungsweise die sog. synchrone Drehzahl n s , die
Drehzahl des Drehfeldes:
n0 ≈ ns =
f1
p
(5)
Im Läufer wird dabei keine Spannung induziert. Es fließt kein Läuferstrom. Das entwickelte
Drehmoment ist Null. Bei Belastung des Motors sinkt die Drehzahl gegenüber der
Leerlaufdrehzahl ab. Dadurch vergrößert sich die Induktionswirkung, der Läuferstrom und das
entwickelte Drehmoment steigen an.
3.2 Schlupf
Da bei Asynchronmotoren die Drehzahl bei Belastung nur schwach abfällt, verwendet man zur
Charakterisierung des Betriebszustandes i.a. nicht die Drehzahl, sondern den Schlupf s, die auf
die synchrone Drehzahl n s bezogene Abweichung der Läuferdrehzahl n von der synchronen
Drehzahl:
s =
ns − n
ns
(6)
Wie man leicht ablesen kann, ergeben sich beim Stillstand des Läufers s = 1 bzw. 100 % und bei
Synchronlauf (≈ Leerlauf) s = 0. Bei Belastung des Motors mit seinem Nennmoment M n stellt
sich der Nennschlupf s n ein.
Der Drehzahlabfall bei Belastung ist bei großen Asynchronmotoren geringer als bei kleinen.
Deshalb haben Asynchronmotoren großer Leistung einen kleineren Nennschlupf s n als Motoren
kleiner Leistung. So haben z.B. ein 1 kW-, 100 kW- und 1000 kW-Asynchronmotor einen
Nennschlupf von s n ≈ 6 % , 2 % und 1,5 %.
3.3 Läuferspannung
Das Drehfeld induziert in jeder der drei Läuferwicklungen eine Wechselspannung. Diese drei
Läufer-Wechselspannungen sind wegen des räumlichen Versatzes der drei Läufer-Stränge um
120° gegeneinander phasenverschoben und haben die Frequenz
f 2 = s f1 .
(7)
Die Frequenz f 2 wird oftmals auch als Schlupffrequenz bezeichnet. Für den Betrag (z.B. den
Effektivwert) der im Läufer induzierten Spannung gilt:
E 2 = c 2 Φ (n s − n)
(8)
9
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Bei stillstehendem Läufer s = 1 erreichen die Läuferspannung und die Läuferfrequenz ihre
Höchstwerte (im Motorbetrieb):
E 20 = c 2 Φ n s
(9)
f 20 = f1
Durch Kombination der Gln. (8) und (9) erhält man den Zusammenhang:
n −n
E2
= s
= s
E 20
ns
E 2 = s E 20
(10)
Im Nennbetrieb sind
E 2 << E 20
f 2 << f1
Bei einem Nennschlupf von s n = 2 % beträgt z.B. f 2 = 1 Hz.
3.4 Läuferstrom und Läuferersatzschaltbild
Die durch das Drehfeld induzierte Spannung E 2 treibt durch die kurzgeschlossene
Läuferwicklung den Strom I 2 . Dieser Strom verursacht über dem ohmschen Widerstand R 2 und
dem Streublindwiderstand s X σ 2 der Läuferwicklung die Spannungsabfälle:
U R2 = R 2 I2
(11)
U X 2 = s X σ2 I 2
(12)
Beide Spannungsabfälle halten der induzierten Spannung das Gleichgewicht. Damit erhält man
für den Läufer das in Bild 12 dargestellte Ersatzschaltbild.
U R2
I2
R2
U X2
s X σ2
E2
Bild 12:
Ersatzschaltbild des Läufers
10
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Der Maschensatz liefert als Spannungsgleichung des Läufers:
E 2 = U R2 + U X2
(13)
Unter Berücksichtigung der Gln. (11) und (12) erhält man daraus für den Betrag des
Läuferstromes:
I2 =
E2
R +s X
2
2
2
2
σ2
=
E 20
(R 2 / s )
2
+X
2
σ2
(14)
Bild 13 zeigt das Zeigerbild zur Läuferspannungsgleichung:
ϕ2
_I 2
_
Φ
_I 2w
U
_ R2
U
_ X2
E
_2
Bild 13:
Zeigerbild der
Läuferspannungsgleichung
Konstruktion des Zeigerbildes: Der Flusszeiger Φ dient als Bezugszeiger. Gemäß dem
Induktionsgesetz eilt E 2 dem Fluss Φ um 90° nach. Der Spannungsabfall U R 2 liegt in Phase mit
I 2 ; der Spannungsabfall U X 2 eilt dem Strom I 2 um 90° voraus. Die vektorielle Summe beider
Spannungsabfälle ergibt E 2 . Zwischen E 2 und I 2 tritt der Phasenwinkel ϕ 2 auf. Außerdem ist
in das Zeigerbild noch der Läuferwirkstrom I 2 w eingetragen, die mit der induzierten Spannung
E 2 in Phase liegende Komponente des Stromes I 2 . Die Wirkkomponente des Läuferstromes ist
dem entwickelten Drehmoment proportional.
Ähnlich wie beim Transformator treten neben dem Hauptfluss Φ zwei Streuflüsse, der
Ständerstreufluss Φ σ1 und der Läuferstreufluss Φ σ 2 , auf. Der Hauptfluss Φ umfasst alle die
Feldlinien, die den Luftspalt durchsetzen und sowohl mit der Ständer- als auch mit der
Läuferwicklung verkettet sind. Dagegen sind die Streuflüsse Φ σ1 und Φ σ 2 jeweils nur mit der
Ständerwicklung bzw. nur mit der Läuferwicklung verkettet und werden jeweils durch deren
Ströme verursacht, vergl. auch Transformator II. Genauso wie beim Transformator wird beim
Asynchronmotor die Wirkung der Streuflüsse durch Streublindwiderstände X σ1 und X σ 2 in den
Ersatzschaltbildern des Ständers und des Läufers berücksichtigt. Dabei ist zu beachten, dass der
Streublindwiderstand des Läufers schlupfabhängig ist, denn es gilt allgemein
X σ = ω L σ = 2 π f L σ , wobei
L σ = Streuinduktivität ist.
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Speziell für den Läufer gilt wegen f 2 = s f1 :
ω2 L σ 2 = s ω1 L σ 2 = s ( ω1 L σ 2 ) = s X σ 2
(15)
3.5 Ständerspannung und Ständerersatzschaltbild
Das Drehfeld (Hauptfluss) induziert auch in jeder der drei Ständerwicklungen eine Wechselspannung. Wegen des räumlichen Versatzes der drei Ständer-Stränge sind die induzierten
Spannungen ebenfalls gegeneinander um 120° phasenverschoben. Sie haben die gleiche
Frequenz wie die angelegte Spannung u 1 , also f1 . Wird der Asynchronmotor direkt am
Drehstromnetz betrieben, so ist
f1 = f N = 50 Hz
(Index N = Netz-).
Für den Betrag (Effektivwert) der im Ständer induzierten Spannung gilt:
E 1 = c1 Φ n s
(16)
Der Ständerstrom I1 verursacht über dem ohmschen Widerstand R 1 und dem Streublindwiderstand X σ1 die Spannungsabfälle
U R1 = R 1 I1
(17)
U X1 = X σ1 I1
(18)
Damit erhält man für einen Strang der Ständerwicklung das in Bild 14 dargestellte
Ersatzschaltbild.
U
_ X1
U
_ R1
_I 1
R1
X σ1
E
_1
U
_1
Bild 14:
Ersatzschaltbild des Ständers
Der Maschensatz liefert als Spannungsgleichung des Ständers
E 1 = − U 1 + U R 1 + U X1
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bzw. umgestellt:
U 1 = − E 1 + U R 1 + U X1
(19)
Außer bei Asynchronmotoren sehr kleiner Leistung sind die Spannungsabfälle U R1 + U X1 sehr
klein gegenüber der induzierten Spannung E1
U R1 + U X1 << E1 ,
so dass sich Gleichung (19) auf
U 1 ≈ − E1
(20)
vereinfachen lässt.
In Bild 15 ist Gl. (20) im Zeigerbild dargestellt.
U
_ 1~
_1
~ -E
_
Φ
Bild 15:
Zeigerbild der vereinfachten
Ständerspannungsgleichung
E
_1
Unter Berücksichtigung von Gl. (16) gilt für die Beträge (Effektivwerte) von E1 und U 1 :
U 1 ≈ E 1 = c1 Φ n s = c1 Φ
f1
p
(21)
In den meisten Fällen wird der Asynchronmotor am Drehstromnetz konstanter Spannung
U1 = U N = 400 V und konstanter Frequenz f1 = f N = 50 Hz betrieben. In diesem Fall
kann man den Betrag des magnetischen Flusses Φ als konstant voraussetzen. Dies führt zu einer
erheblichen Vereinfachung der Betrachtungen.
Wird der Asynchronmotor zum Zwecke der Drehzahlsteuerung aus einem Frequenzumrichter
gespeist, so liefert Gl. (21) das Steuergesetz für die Frequenzsteuerung: Damit im
Grunddrehzahlbereich
0 ... f1 ... f1n ( = 50 Hz )
13
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der magnetische Fluss Φ = Φ n ( Φ n = Nennfluss) konstant bleibt und der Motor über das
gleiche Kippmoment wie bei Netzbetrieb verfügt, muss der Effektivwert der Ständerspannung
U1 proportional zur Ständerfrequenz f1 geführt werden:
U1
f
= 1
U 1n
f 1n
(22)
Diese Proportionalität lässt sich nur bis zur Nennspannung aufrecht erhalten. Im Bereich
f1 > f 1n ( = 50 Hz )
bleibt die Spannung konstant. Aus Gl. (21) folgt jetzt:
Φ
1
=
Φn
f 1 / f 1n
,
(23)
d.h. der Motor arbeitet im Feldschwächbereich und verfügt nicht mehr über das volle
Kippmoment.
3.6 Durchflutungen und magnetischer Fluss
Der magnetische Fluss Φ , der für die Induktion der Spannungen E1 und E 2 verantwortlich ist,
entsteht aus der resultierenden Durchflutung Θ res gemäß
Φ =
Θ res
Rm
,
(24)
wobei R m der magnetische Widerstand ist. Die resultierende Durchflutung ergibt sich durch
Überlagerung der Durchflutung der Ständerwicklung und der Durchflutung der Läuferwicklung.
Θ res = Θ1 + Θ 2 = w1 I1 + w 2 I 2
(25)
Der Mechanismus ist der gleiche wie beim Transformator: Als Folge der Läuferströme entsteht
ein Läuferdrehfeld. Dieses Läuferdrehfeld bewirkt das Fließen von Ständerströmen, deren
Durchflutung Θ1 mit der Durchflutung Θ 2 der Läuferströme überlagert gerade die für die
Bedingung
U 1 ≈ − E1
benötigte resultierende Durchflutung Θ res ergibt.
Im Leerlauf erreicht der Läufer nahezu die synchrone Drehzahl n = n s bzw. s = 0. Im Läufer
werden keine Spannungen induziert und damit keine Läuferströme I 2 angetrieben. In der
Ständerwicklung fließt nur der Magnetisierungsstrom (Index µ), der das Feld aufbaut. Im
Leerlauf gilt also:
Θ res = w1 I µ
(26)
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und
Φ =
w1 I µ
(27)
Rm
Im Vergleich zum Transformator ist beim Asynchronmotor der Magnetisierungsstrom I µ
erheblich größer, da der Asynchronmotor wegen des Luftspaltes einen viel größeren
magnetischen Widerstand besitzt.
Bild 16 zeigt das Zeigerbild der Ströme und Durchflutungen.
U
_1
Θ
_1
_I 1
ϕ1
_I 2
_I µ
_I 2
Θ
_2
Θ
_ res
_
Φ
Bild 16:
Zeigerbild der Ströme und Durchflutungen
ϕ2
Θ
_2
E
_2
Konstruktion des Zeigerbildes: Θ res und Φ liegen in Phase, E 2 eilt Φ um 90° nach (lt.
Induktionsgesetz), I 2 eilt E 2 wegen X σ 2 um ϕ 2 nach, Θ 2 liegt in Phase mit I 2 , Θ1 und Θ 2
müssen addiert Θ res liefern, I1 liegt in Phase mit Θ1 .
Der Leerlaufstrom von Asynchronmotoren liegt bei 30% (Motoren großer Leistung) bis 50%
(Motoren kleiner Leistung) des Nennstromes I n .
3.7 Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie
Aus dem elektrodynamischen Kraftgesetz erhält man für das Drehmoment des Asynchronmotors
folgende Beziehung:
M = k Φ I 2 cos ϕ 2 = k Φ I 2 w
(28)
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Trotzdem der magnetische Fluss ein Wechselfluss ist und in den drei Läufersträngen
Wechselströme fließen, ist das vom Asynchronmotor entwickelte Drehmoment zeitlich konstant,
d.h. ein Gleichmoment. Dies ist ein weiterer wichtiger Vorteil von Drehstrom.
Für den Läuferstrom gilt nach Gl. (14):
I2 =
s E 20
R + s 2 X 2σ 2
2
2
,
wobei nach Gl. (9)
E 20 = c 2 Φ n s
die Läuferstillstandsspannung war.
Aus dem Zeigerbild des Läufers Bild 13 liest man ab:
cos ϕ 2 =
UR2
=
E2
R2
(29)
R 22 + s 2 X 2σ 2
Berücksichtigt man noch, dass der magnetische Fluss gemäß Gl. (21) durch die Ständerspannung
U 1 bestimmt wurde, so erhält man schließlich für das Drehmoment:
M = k U 12
s R2
= f (s )
R + s 2 X 2σ 2
(30)
2
2
Bei konstanter Spannung U 1 ergibt sich der in Bild 17 dargestellte Verlauf.
0
1,0
Kloss
s
2 s_
k
n/n S
sk
2_
s
0,5
0,5
s
1,0
0
0,5
1,0
M /M k
1,5
2,0
0
Bild 17: Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie des Asynchronmotors
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Zwischen dem Leerlaufpunkt mit s = 0 und dem Betriebspunkt Stillstand mit s = 1 durchläuft die
Funktion M = f (s) ein Maximum. Diesen Maximalwert des Drehmomentes bezeichnet man als
Kippmoment M k , den Schlupfwert, bei dem das Kippmoment auftritt als Kippschlupf s k .
Ursache für das Auftreten eines Maximums ist der gegenläufige Einfluss, den der Anstieg des
Läuferstromes I 2 einerseits und das Abnehmen des cosϕ 2 andererseits mit zunehmendem
Schlupf auf das Drehmoment ausüben.
Um das maximale Moment, das Kippmoment und den Kippschlupf zu bestimmen, wird in
bekannter Weise
dM
= 0
ds
gebildet.
Man erhält für den Kippschlupf:
sk =
R2
X σ2
(31)
Für den Maximalwert des Drehmomentes, das Kippmoment, gilt:
Mk =
U 12
1
k
2
X σ2
(32)
Bemerkenswert ist, dass das Kippmoment M k
und
1. unabhängig vom Läuferwiderstand R 2 ist
2. quadratisch vom Effektivwert der Ständerspannung U 1 abhängt.
Führt man die Gln. (31) und (32) in Gl. (30) ein, so erhält man die sog. KLOSSsche Formel:
M
2
=
s sk
Mk
+
sk
s
(33)
Im Bereich kleinen Schlupfes s << s k kann M (s) durch eine Gerade angenähert werden:
M
2
=
s
Mk
sk
(34)
Im Bereich großen Schlupfes s >> s k erhält man dagegen einen hyperbolischen Zusammenhang:
M
1
= 2 sk
Mk
s
(35)
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Speziell für das im Stillstand bei n = 0 bzw. s = 1 entwickelte Anlaufmoment M A erhält man:
MA
= 2 sk
Mk
(36)
Da mit wachsender Nennleistung der Asynchronmotoren die Neigung der DrehmomentDrehzahl-Kennlinie, d.h. der Kippschlupf, immer kleiner wird, verschlechtert sich mit
wachsender Leistung das Anlaufmoment. Die bisher abgeleiteten Drehmomentbeziehungen
gelten, streng genommen, für Asynchronmotoren, bei denen im Läufer keine
Stromverdrängungserscheinungen auftreten, d.h. für Asynchronmotoren mit Schleifringläufer
und für Asynchronmotoren mit Einfachkäfigläufer, bei denen der Käfig aus runden oder ovalen
Stäben besteht.
-0,5
1,5
Generator
n/n S
1
0
Motor
0,5
0,5
1,0
-1
-0,5
0
0,5
1
0
M /M k
1,5
-0,5
Bild 18:
Vollständige Drehmoment-DrehzahlKennlinie
Gegenstrombremsen
s
-1
2
2,0
I1/I1n
1,5
1,0
Bild 19:
Strom-Drehmoment-Kennlinie
0,5
0
0
0,5
1,0
1,5
M /M n
2,0
18
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Bild 18 zeigt die vollständige Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie der Asynchronmaschine. Im
Bereich
0 ≤ n ≤ ns
(1 ... s ... 0)
arbeitet die Asynchronmaschine als Motor, im Bereich
n > ns
(s < 0)
arbeitet sie als Generator, d.h. sie nimmt an der Welle mechanische Leistung auf und speist
elektrische Leistung ins Netz. Der Bereich
n < 0
(1 ... s ... 2)
wird beim Gegenstrombremsen durchlaufen. Hierbei nimmt die Maschine sowohl an der Welle
mechanische Leistung als auch elektrische Leistung aus dem Netz auf. Das Kippmoment beträgt
bei Asynchronmaschinen
mit Schleifringläufer
M k ≈ (1,6 ... 2,5) M n ,
mit Kurzschlussläufer
M k ≈ ( 2,2 ... 3) M n .
Bild 19 zeigt, dass die Stromaufnahme etwa proportional mit der Belastung zunimmt. Die
Abweichung von der Proportionalität wird durch den Magnetisierungsstrom ≈ Leerlaufstrom
verursacht. Dieser beträgt etwa
I 0 ≈ (0,2 ... 0,4) I n
bei einem Leerlauf-Leistungsfaktor
(cos ϕ) 0 ≈ 0,05 ... 0,1 .
19
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4. Leistungsbilanz
Der Asynchronmotor nimmt aus dem Netz die Wirkleistung
P1 =
3 U I cos ϕ1 = 3 U1 I1 cos ϕ1
(37)
auf. Darin sind U 1 die Ständerstrangspannung und I1 der Ständerstrangstrom. Ein kleiner Teil
der vom Netz aufgenommenen Leistung wird in der Ständerwicklung in Stromwärmeverluste
Pν1 = 3 I 12 R 1
(38)
umgesetzt. Der andere Leistungsteil wird über den Luftspalt auf den Läufer übertragen. Man
bezeichnet diese Leistung meist als Luftspaltleistung Pδ . Von den Eisenverlusten kann man
absehen, da sie nur einen geringen Einfluss auf das Betriebsverhalten haben.
Die Luftspaltleistung Pδ teilt sich im Läufer wiederum in zwei Komponenten auf, in die
mechanische Leistung Pm und in einen Anteil zur Deckung der Stromwärmeverluste in der
Läuferwicklung Pv 2 :
Pδ = Pm + Pv 2
(39)
Für die mechanische Leistung gilt bekanntlich:
Pm = M Ω m = M 2 π n
(40)
Darin ist Ω m = 2 π n die mechanische Winkelgeschwindigkeit.
Berücksichtigt man den Schlupf
s =
ns − n
Ω − Ωm
= s
ns
Ωs
,
so lässt sich für die mechanische Leistung des Asynchronmotors schreiben:
Pm = M Ω s ( 1 − s )
(41)
Analog zu den Ständerstromwärmeverlusten gilt für die Stromwärmeverluste im Läufer
Pv 2 = 3 I 22 R 2 .
(42)
Berücksichtigt man noch die Beziehungen für I 2 , E 2 und M (Gln. 14, 8 und 28), so lässt sich
für die Stromwärmeverluste im Läufer auch schreiben:
Pv 2 = M Ω s s
(43)
20
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Damit gilt für die Luftspaltleistung
Pδ = Pm + Pv 2 = M Ω s ( 1 − s ) + M Ω s s )
(44)
Pδ = M Ω s
Darin ist Ω s = 2 π n s die synchrone Winkelgeschwindigkeit.
Drückt man die mechanische Leistung und die Läuferstromwärmeverluste durch die
Luftspaltleistung aus, so erhält man:
Pm = Pδ ( 1 − s )
(45)
Pv 2 = Pδ s
(46)
Die Gln. (44) bis (46) lassen erkennen, dass
1. die Luftspaltleistung direkt dem Drehmoment proportional ist und
2. allein der Schlupf für die Aufteilung der Luftspaltleistung in mechanische Leistung und
Läuferverlustleistung maßgebend ist!
Bei Asynchronmotoren großer Leistung können die Ständerstromwärmeverluste meist
vernachlässigt werden. Dann entspricht die Luftspaltleistung der aufgenommenen Wirkleistung
Pδ ≈ P1
(47)
Bild 20 zeigt das Leistungsflussdiagramm des Asynchronmotors im Motorbetrieb.
P1
Pv1
Pδ
Pv2
Pm
Bild 20: Leistungsfluss bei Motorbetrieb
21
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5. Drehzahlsteuerung
Es wird zwischen verlustarmen und verlustbehafteten Verfahren unterschieden. Die verlustarmen
Verfahren beruhen auf einer Änderung der Drehzahl des Drehfeldes, der sog. synchronen
Drehzahl
ns =
f1
p
(48)
durch Änderung der Frequenz f1 der Ständerspannung oder durch Änderung der Polpaarzahl p.
Bei den verlustbehafteten Verfahren wird ein Teil der elektrischen Energie in zusätzlichen
Widerständen in Stromwärme umgesetzt.
5.1 Polumschaltung
Gemäß Gl. (48) wird die Drehzahl des Drehfeldes durch die Polpaarzahl bestimmt. Führt man
die Ständerwicklung so aus, dass sich zwei oder mehrere (maximal 4) Polpaarzahlen durch
Umschaltung von Spulengruppen mit Hilfe eines speziellen Schalters, eines sog. Polumschalters,
realisieren lassen, so kann die Drehzahl des Motors verlustlos in Stufen verstellt werden. Bild 21
zeigt die stationären Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien eines polumschaltbaren Asynchronmotors mit p1 : p 2 = 1 : 2. Beim Übergang auf die höhere Polpaarzahl p 2 wird der Motor
übersynchron gebremst.
A1’
1
A1
n/n S1
0,8
MW
p1
0,6
A2
A2’
p2
0,4
Bild 21:
Drehmoment-Drehzahl-Kennlinien eines
polumschaltbaren Asynchronmotors
0,2
-1,2
1,0
0
M /M k1
22
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Anwendungsgebiete von polumschaltbaren Motoren sind Werkzeugmaschinen und Hebezeuge
(Aufzüge), bei denen neben der Betriebsdrehzahl eine Langsamdrehzahl zum Positionieren
benötigt wird. Bei Pumpen- und Lüfterantrieben lässt sich mit polumschaltbaren
Asynchronmotoren eine grobstufige Änderung der Förderleistung realisieren. Polumschaltbare
Motoren sind insgesamt etwas größer und teurer als nichtpolumschaltbare Motoren gleicher
Leistung.
5.2 Frequenzsteuerung
Die zeitgemäße Methode der Drehzahlsteuerung ist die Frequenzsteuerung. Der Asynchronmotor
mit Kurzschlussläufer wird nicht direkt aus dem Drehstromnetz, sondern aus einem
Frequenzumrichter gespeist. Durch Steuerung der Frequenz f1 der (dreiphasigen) Ständerspannung wird gemäß Gl. (48) die synchrone Drehzahl direkt beeinflusst.
Damit der Asynchronmotor im gesamten Drehzahlstellbereich voll belastet werden kann, müssen
bei der Frequenzsteuerung das Kippmoment M k und damit der Motorfluss Φ = Φ n
( Φ n = Nennfluss) konstant bleiben. Gemäß
U 1 ≈ E 1 = c1 Φ n s = c1 Φ
f1
p
(49)
(vergl. Gl. 21) muss dabei der Effektivwert der Ständerspannung U 1 proportional zur Ständerfrequenz f1 geführt werden:
U1
f
= 1
U 1n
f 1n
(50)
Auf diese Weise erhält man das in Bild 22 dargestellte Kennlinienfeld.
1,0
f 1 = f 1n
n/n S
0,8
f 1 = 0,8 f 1n
0,6
f 1 = 0,6 f 1n
0,4
f 1 = 0,4 f 1n
Bild 22:
Stationäre Drehmoment-Drehzahl-Kennlinien
bei der Frequenzsteuerung
0,2
f 1 = 0,2 f 1n
0
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
M /M k
23
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Moderne Umrichter gestatten es, die Frequenz und den Effektivwert der Ständerspannung
unabhängig voneinander und nahezu verlustlos zu steuern.
Wie Bild 23 zeigt, besteht ein Frequenzumrichter aus drei Komponenten, einem Netzgleichrichter, einem Gleichspannungszwischenkreis und einem Wechselrichter:
=
uN
=
ud
3~
3~
α
u1
f1
ud
uN
M
3~
ωt
α
ωt
u1
ωt
Bild 23: Frequenzsteuerung eines Asynchronmotors mit Kurzschlussläufer
Der Gleichrichter erzeugt aus der dreiphasigen Netzwechselspannung u N die Gleichspannung
u d . Der Wechselrichter zerlegt die Gleichspannung in die dreiphasige Wechselspannung u 1 ,
deren Frequenz f1 über den Steuereingang f1 und deren Effektivwert U 1 über dem Steuerwinkel
α des Netzgleichrichters unabhängig voneinander verändert werden können. Mit dem
Kondensator des Zwischenkreises wird die Gleichspannung u d stabilisiert und damit eine
weitgehende Entkopplung von Wechselrichter und Netz-Gleichrichter erreicht.
In Verbindung mit einer geeigneten Regelung lassen sich Drehzahl-Stellbereiche von 1 : 103 ...
106 erreichen. Das dynamische Verhalten von umrichtergespeisten Asynchronmaschinen
übertrifft teilweise das von stromrichtergespeisten Gleichstromantrieben. Der elektronische
Aufwand für einen Frequenzumrichter ist etwa doppelt so hoch wie für den Stromrichter eines
Gleichstrommotors.
5.3 Änderung des Läuferwiderstandes
Zur Drehzahlsteuerung werden beim Asynchronmotor mit Schleifringläufer zusätzliche ohmsche
Widerstände R 2 z gemäß Bild 24 in den Läuferkreis eingeschaltet. Dadurch wird der
Läuferwiderstand vergrößert
R 2 : = R 2 + R 2z
(51)
24
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L1
L2
L3
M
3~
Bild 24:
Prinzipschaltbild zur Änderung
Läuferzusatzwiderstandes
R 2z
des
Durch diese Maßnahme wird der Kippschlupf
sk =
R2
X σ2
(52)
vergrößert, während das Kippmoment davon nicht beeinflusst wird. Man erhält die im Bild 25
dargestellten Drehzahl-Drehmoment-Kennlinien. Auf diese Weise kann die Drehzahl leicht
zwischen Null und der Nenndrehzahl verändert werden. Da bei konstanter Belastung
( M = M w = konst.) auch der Läuferstrom konstant bleibt, wachsen die zusätzlichen
Stromwärmeverluste mit dem Läuferzusatzwiderstand. Sie erreichen u.U. ein Vielfaches der
Nennverluste. Deshalb ist dieses Verfahren nicht für Dauerbetrieb geeignet. Es besitzt jedoch
große Bedeutung für den Anlauf von Schleifringläufermotoren: Wie Bild 25 zeigt, wächst das
Anlaufmoment M A des Motors (Schnittpunkt mit der Abszisse) mit dem
Läuferzusatzwiderstand. Bei geeigneter Wahl von R 2 z erreicht es den Wert des Kippmomentes.
1,0
M W (n)
R 2z = 0
n/n S
0,5
0
-0,5
R 2z
0,5
M /M k
1,0
Bild 25:
Drehmoment-Drehzahl-Kennlinien
bei der Änderung des
Läuferzusatzwiderstandes
25
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6. Betriebszustand Kurzschluss
In Analogie zum Transformator bezeichnet man beim Asynchronmotor den Betriebszustand mit
stillstehendem Läufer (s = 1) als Kurzschluss. Dabei fließen in der Ständer- und Läuferwicklung
die Kurzschlussströme I 1k bzw. I 2 k , der Motor entwickelt das Anlaufmoment (oft auch
Anzugsmoment genannt) M A . Der Betriebszustand Kurzschluss tritt kurzzeitig bei jedem
Einschalten eines Asynchronmotors auf.
Der Kurzschlussstrom wird meist auf den Nennstrom bezogen. Bei ausgeführten
Asynchronmotoren mit Kurzschlussläufer erreicht dieser relative Kurzschlussstrom Werte von
Ik
≈ 5...6
In
(53)
Ursache für die großen Kurzschlussströme ist die hohe Läuferstillstandsspannung, s. Gl. (9).
7. Anlauf und Anlassverfahren
Für die Projektierung von Antrieben ist der Anlaufvorgang von besonderem Interesse. Der
Anlaufvorgang vollzieht sich nach dem dynamischen Grundgesetz der Mechanik:
M = Mw + J
d ωm
dt
(54)
bzw.
J
d ωm
= Mb = M − Mw
dt
wobei M w das Widerstandsmoment der Arbeitsmaschine, ωm = 2πn die mechanische
Winkelgeschwindigkeit und J ges das Gesamtträgheitsmoment des Antriebes sind.
Dabei müssen vor allem zwei Forderungen erfüllt sein:
1. Der Motor muss in der Lage sein, das Widerstandsmoment M w der Arbeitsmaschine zu
überwinden und darüber hinaus noch ein Beschleunigungsmoment M b entwickeln, das
die Schwungmasse des gesamten Antriebes in angemessener Zeit auf die Drehzahl des
stationären Betriebspunktes (≈ n n ) beschleunigt.
2. Die beim Anlauf im Läufer entstehende Wärme muss vom Motor ohne Schaden
aufgenommen werden können. Es lässt sich zeigen, dass die bei einem Leeranlauf
M w = 0) im Läufer entstehende Wärmemenge genau der in den Schwungmassen des
Antriebes steckenden kinetischen Energie entspricht:
Q 2A
1
= J ges
2
⎛ ω1 ⎞
⎜⎜ ⎟⎟
⎝ p ⎠
2
Besonders bei großen Schwungmassen kann diese Anlaufwärme kritische Werte annehmen.
26
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Als Anlassen bezeichnet man die Maßnahmen, die den Übergang vom Stillstand des stromlosen
Motors zum stationären Betrieb am Netz bewirken. Bezüglich der Anlassverfahren unterscheiden
sich Asynchronmotoren mit Schleifring- und mit Kurzschlussläufer ganz wesentlich.
Beim Schleifringläufermotor bietet sich als Anlassverfahren das Einschalten von zusätzlichen
Widerständen im Läuferkreis an. Dadurch lässt sich nicht nur der Anlaufstrom gemäß
I 2k =
E 20
( R 2 + R 2 z ) 2 + X 2σ 2
(56)
verkleinern, sondern gleichzeitig das Anzugsmoment M A bis zum Kippmoment (Bild 25)
vergrößern, weil sich mit wachsendem Läuferzusatzwiderstand R 2 z der
cos ϕ 2 =
R 2 + R 2z
( R 2 + R 2 z ) 2 + X 2σ 2
(57)
und damit die Wirkkomponente des Läuferstromes
I 2 w = I 2 cos ϕ 2
vergrößern.
Außerdem lässt sich damit die thermische Belastung des Läufers verringern: Die Anlaufwärme
teilt sich im Verhältnis der ohmschen Widerstände zwischen Läuferwicklung und Anlasser auf.
Da die Anlasswiderstände R 2 z ein Mehrfaches der Wicklungswiderstände R 2 betragen, entsteht
die Anlaufwärme zum überwiegenden Teil in den Anlasswiderständen außerhalb des Motors.
Diese Vorteile sind es, die besonders bei schweren Anlaufbedingungen zum Einsatz des
Schleifringläufermotors führen.
Beim netzgespeisten Kurzschlussläufermotor dagegen liegt die Drehmoment-DrehzahlKennlinie fest und die gesamte Anlaufwärme muss vom Motorläufer aufgenommen werden. Das
einfachste Anlassverfahren für Kurzschlussläufermotoren ist die direkte Einschaltung. Wegen
der starken Netzbelastung ist die direkte Einschaltung jedoch oftmals nicht zulässig.
In relativ schwachen Netzen würden die hohen Anlaufströme von Kurzschlussläufermotoren
unzulässige Spannungsabsenkungen hervorrufen. Zur Herabsetzung der Anlaufströme sind
verschiedene Maßnahmen im Ständerkreis gebräuchlich. Bei Motoren kleiner und mittlerer
Leistung (5 kW...250 kW) ist das Stern-Dreieck-Anlassen das am häufigsten benutzte
Anlassverfahren.
Beim Stern-Dreieck-Anlassen wird die Ständerwicklung, die spannungsmäßig für die
Leiterspannung des Netzes ausgelegt sein muss, zunächst in Sternschaltung an das Netz gelegt.
Nachdem der Motor hochgelaufen ist, wird die Ständerwicklung in Dreieck geschaltet. In Bild
26 sind beide Schaltungen der Ständerwicklung dargestellt.
27
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Bild 26: Zum Stern-Dreieck-Anlassen
Bei Dreieckschaltung liegt an einem Strang die volle Leiterspannung U N des Netzes.
U 1∆ = U N
(58)
Dadurch haben der magnetische Fluss Φ, die im Läufer induzierte Spannung E2, der Läuferstrom
I2 und der Ständerstrangstrom I1 jeweils ihren vollen Wert. Da die drei Strangströme um jeweils
120° gegeneinander phasenverschoben sind, führt die Zuleitung den Strom
I N∆ =
(59)
3 I 1∆
Bei Sternschaltung geht die Strangspannung um den Faktor
U 1Υ =
1
UN
3
3 zurück:
(60)
Dadurch verringern sich auch der magnetische Fluss Φ, die im Läufer induzierte Spannung E2,
der Läuferstrom I2 und der Ständerstrangstrom I1 jeweils um den Faktor 3 gegenüber ihrem
Wert in Dreieckschaltung:
ΦY =
1
Φ∆
3
I 1Y =
1
I 1∆ ,
3
(61)
außerdem gilt:
I1Y = I NY
(62)
Damit erhält man für die Leiterströme:
I NY
1
=
I N∆
3
(63)
d.h., bei der Sternschaltung verringert sich der Strom in der Zuleitung um den Faktor 3
gegenüber der Dreieckschaltung. Allerdings ist damit auch ein Absinken der Drehmomente (bei
gleichem Schlupf) auf 1/3 des Wertes bei Dreieckschaltung verbunden, weil das Drehmoment
28
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des Asynchronmotors quadratisch vom magnetischen Fluss Φ und damit von der Ständerstrangspannung U1 abhängt, vergl. Gl. (21).
⎛Φ ⎞
MY
= ⎜⎜ Y ⎟⎟
M∆
⎝ Φ∆ ⎠
2
⎛U
= ⎜⎜ 1Y
⎝ U 1∆
⎞
⎟⎟
⎠
2
=
1
3
(64)
Muss der Motor gegen ein Widerstandsmoment hochlaufen, so ist die Drehzahlabhängigkeit des
Lastmomentes zu beachten. Ein Hochlauf, d.h. eine Beschleunigung, des Antriebes erfolgt nur
solange, wie
M Y (n) > M w (n)
ist. Der Hochlauf in Sternschaltung muss bis über das Kippmoment erfolgen, damit beim
Umschalten auf Dreieck kein großer Stromstoß auftritt.
8. Leistungsschild
Jede elektrische Maschine besitzt ein Leistungsschild, auf dem die wichtigsten Betriebsdaten
(Nenndaten) angegeben sind. Auf dem Leistungsschild eines Asynchronmotors stehen
-
die Nennleistung Pn ,
die Nennspannung U n ,
der Nennstrom I n ,
die Netzfrequenz f n ,
der Nennleistungsfaktor cos ϕ n ,
die Nenndrehzahl n n ,
außerdem die Schaltung der Ständerwicklung, die Isolationsklasse, der Typ, die Herstellerfirma
und die Fabrikationsnummer.
Der Index n bezieht sich auf Nenndaten. Unter Pn ist bei einem Motor die an der Welle
abgegebene mechanische Leistung zu verstehen. U n ist die Leiterspannung des Netzes. Der
Wirkungsgrad bei Nennbetrieb steht nicht auf dem Leistungsschild. Er kann aus der
abgegebenen und aufgenommenen Leistung berechnet werden.
29
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