Kalkulation von (optometrischen) Dienstleistungen Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen Themen Ist-Situation Augenoptik Ermittlung der Kalkulationsgrundlagen in 4 Schritten 1. Ermittlung der Kosten 2. Ermittlung der Stunden 3. Ermittlung Stundenverrechnungssatz Verfeinerte Ergebnisse durch den BAB Kombi-Modelle 4. Ermittlung der Dauer der Arbeitsschritte Kalkulation der Selbstkosten und Listenverkaufspreise Komplettpreis oder separater Ausweis der Dienstleistung? Vorbemerkung Bei den zur Erklärung verwendeten Stundensätzen handelt es sich um historische Preisbeispiele Bei den zur Erklärung verwendeten Arbeitszeiten, die von beispielsweise 5 bis 10 Minuten reichen können, wurde ein beliebiger Wert aus dieser Spanne für die weitere Berechnung verwendet Der betriebsindividuell zu ermittelnde Stundensatz wird von vielen Faktoren wie Standort, eingesetztes Personal, eingesetzte Geräte etc. beeinflusst Die betriebsindividuell zu ermittelnde Dauer der Arbeitszeit wird von vielen Faktoren wie eingesetztes Personal, eingesetzte Geräte, Arbeitsorganisation etc. beeinflusst Fakten Stückzahlen stagnieren Branchenumsatz wächst seit Jahren nur geringfügig die Zahl der Betriebsstätten ist leicht rückläufig Der Umsatz pro Betriebsstätte sinkt Zunehmende Bedeutung des Onlinehandels Hersteller dringen in den Markt, um an Endverbraucher zu verkaufen Die Internetnutzung verändert sich, jüngere und zunehmend ältere Zielgruppen nutzen das Internet zur Informationsbeschaffung und teilweise auch zum Kauf Verlagerung von Werkstattarbeiten Zunehmende Filialisierung – auch regionaler Ketten Fakten Verhältnis der Refraktion durch Augenoptiker und Augenärzte hat sich umgekehrt, 1993: 25% Augenoptiker: 75% Augenärzte Demographischer Wandel bewirkt verstärkte Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen Logische Fortentwicklung der Berufsrechte nach dem Screeningurteil Der augenoptische Markt 2016 (rot gekennzeichnet) 2015 (schwarz gekennzeichnet) Stationär Online-Markt Inklusive Online Branchenumsatz 5,707 (5,606) 0,247 (0,225) 5,954 (5,831) Umsatz mit Brillen 4,703 (4,588) 0,063 (0,055) 4,766 (4,643) Umsatz mit Kontaktlinsen/ 0,424 (0,438) Pflegemitteln 0,140 (0,126) 0,564 (0,564) Umsatz mit Hörgeräten/ Handelsware 0,580 (0,580) 0,044 (0,044) 0,624 (0,624) Anzahl verkaufter Brillen 11,85 (11,73) 0,77 (0,7) 12,62 (12,43) Erstmalig wurde der augenoptische Gesamtmarkt 2011 inkl. der OnlineUmsätze dargestellt. Dies entspricht für das Jahr 2016 einem Volumen von ca. 247 Mio. Euro, das sich auf Brillenoptik, Kontaktlinsenoptik und Handelsware verteilt. 6,1 % aller Korrektionsbrillen werden online verkauft. Gutachten des Wissenschaftsrates Steigender Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen Empfiehlt Fachhochschulausbildung für Gesundheitsberufe in einem „Gesundheitscampus“ Ziel: Verlagerung von ärztlichen Tätigkeiten auf Gesundheitsberufe Weißbuch zur ophthalmologischen Versorgung Der Bedarf an augenärztlichen Gesundheitsdienstleistungen wird bis zum Jahr 2030 um 30 % (!) ansteigen. Gleichzeitig verringert sich die Anzahl der tätigen Augenärzte Der Bundesverband der Augenärzte sieht eine flächendeckende Versorgung gefährdet. Verlagerung des Handwerks Die Auslagerung von Werkstattarbeiten ist u. a. auch mit der Reduzierung des eingesetzten Personals verbunden. Trotzdem bleibt eine Lücke, die mit einem erhöhten Dienstleistungsanteil gefüllt werden könnte. Augenoptik - heute 25 % der abgegebenen Gläser werden endgerandet bezogen 10 % der Betriebsinhaber geben an 100 % ihrer Gläser endgerandet zu beziehen (Quelle: ZVA Branchenstrukturerhebung 2014) Das Dienstleistungsangebot lohnt sich! Was spricht für Dienstleistungen? Laut Weißbuch zur ophthalmologischen Versorgung in Deutschland besteht eine eher niedrige Bereitschaft, für Kontrolluntersuchungen den Augenarzt aufzusuchen. Nur 21% der Befragten waren in den letzten 5 Jahren in einer Augenarztpraxis Die Hemmschwelle, zum Augenoptiker zu gehen, ist wesentlich kleiner Bei dem Kontakt mit dem Augenoptiker/Optometristen kann dem Kunden die Sicherheit vermittelt werden, ob er einen Augenarzt aufsuchen muss oder nicht Was spricht für Dienstleistungen? • von 2000 bis 2010 hat sich die Anzahl der augenärztlichen Praxen um 18% verringert. • 2010 waren 65% der niedergelassenen Augenärzte älter als 50 Jahre. • 2010 lag die Anzahl der Patienten pro Augenarzt um 60% über den Durchschnitt der anderen ärztlichen Fachbereiche. • 2010: 65% der Bevölkerung gehen nur zum Augenarzt, wenn sie Beschwerden haben • bis 2030 werden die Augenerkrankungen Glaukom um 13,1% und AMD um 13,9% zunehmen. (Quelle: DOG Weißbuch zur Situation der ophthalmologischen Versorgung in Deutschland, September 2012) Was spricht für Dienstleistungen? Nur durch gute qualifizierte Ausbildung ist kompetente Dienstleistung möglich Gefahr des „Verramschens“ von augenoptischen Produkten verringert sich Dienstleistungskompetenz beeinflusst Einkaufswert Optometrist kann werbetechnisch und öffentlichkeitswirksam als Anlaufstelle für das gute Sehen verankert werden Mögliche Dienstleistungen Screening für Farbsehstörungen Screening für Glaukom Screening für Katarakt Screening für Auffälligkeiten der Macula Potential 2012 2030 Veränderung in % 1.608.000 2.131.000 32,52 Glaukom 972.000 1.176.000 20,99 Katarakt 9.853.000 12.305.000 24,89 AMD Zunahme wichtiger Augenerkrankungen bis 2030 (Quelle: Weißbuch zur ophthalmologischen Versorgung) …nur einige Beispiele… Ist-Situation Die Industrie gibt unverbindliche Preisempfehlungen ab Es existieren unverbindliche Preisempfehlungen für Gläser, Fassungen, vergrößernde Sehhilfen etc. Teilweise verlassen sich Betriebsinhaber auf die UVP´s der Hersteller Ist-Situation Laut Bundeskartellamt enthalten die Preisempfehlungen der Industrie keine Dienstleistungsanteile Die Industrie gibt keine Preisempfehlungen für reine Dienstleistungen wie Screening ab (oder doch?) Generell sollte der Betriebsinhaber seine Preise kalkulieren – Dienstleistungen müssen kalkuliert werden Ist-Situation Die regelmäßige Auseinandersetzung mit betriebswirtschaftlichen Inhalten ist für viele Betriebsinhaber nicht selbstverständlich Bei einem Abweichen von den unverbindlichen Preisempfehlungen der Industrie werden aus dem Bauch heraus Kalkulationsfaktoren verwendet, z. B. EK für die Fassung x 3 Ist-Situation Brillenkomplettpreis Refraktion wird nicht ausgewiesen/berechnet Refraktion wird geringfügig berechnet, aber beim Brillenkauf gutgeschrieben Reparaturen und Servicearbeiten an Fremdbrillen werden ohne Berechnung angeboten Soll das auch für optometrische Dienstleistungen gelten? Was spricht dagegen? Laut Datev-Betriebsvergleich erzielt ein Großteil der mittelständischen Betriebe im Durchschnitt einen Verlust bzw. nur einen minimalen Gewinn Die betriebsindividuelle Situation (Kosten, Wettbewerber, Standort….) bestimmt die Abgabepreise – nicht die Kostenrechnung der Industrie Warum soll ich eine Kalkulation in meinem Betrieb einführen ? Der Augenoptiker ist Unternehmer Mit einem Kalkulationsmodell können alle im Augenoptikbetrieb angebotenen Produkte kalkuliert werden. Die Grundlagen für die Kalkulation können - vom Steuerberater bereitgestellt werden - selbst erarbeitet werden. Die kalkulierten Preise sind ständig zu beobachten und der Marktsituation anzupassen. Kosten - Controlling Die ständige Überwachung der eigenen Kostensituation und konsequente Ausnutzung von Kostensenkungspotentialen bei den Positionen: Wareneinsatz – günstiger Lieferant, gute Konditionen Personalkosten – Zeitarbeitskonto statt Auszahlung von Überstunden Sachkosten – Nachverhandlung der Mietaufwendungen bieten ebenfalls Handlungsspielräume in der Preisgestaltung! Erkenntnisgewinn Wer den Stundensatz für seinen Betrieb kennt, kann verschiedene Aspekte in seinem Betrieb betriebswirtschaftlich durchleuchten! Kalkulation von Dienstleistungen und allen angebotenen Produkten Entscheidung Eigenfertigung oder Fremdbezug Gewinn/Verlust bei Komplettpreisangeboten Nachkalkulation usw. Wie kann ich eine Kalkulation in meinem Betrieb einführen ? 1. Schritt = „Ermittlung der Kosten“ Unter der Berücksichtigung von betriebsfremden und außergewöhnlichen Aufwendungen und der kalkulatorischen Kosten ist eine betriebswirtschaftlich korrekte Aufstellung der Kostensituation des Betriebes vorzunehmen. 2. Schritt = „Ermittlung der Stunden“ Unter Berücksichtigung von Urlaubs-, Krankheits-, Feier- und sonstigen Fehltagen sind für alle „produktiv“ tätigen Mitarbeiter unter Berücksichtigung des individuellen Leistungsgrades, die in dem jeweiligen Betrieb erwirtschafteten verrechenbaren produktiven Stunden zu ermitteln. Verwaltungstätigkeiten schmälern die produktive Zeit! 2. Schritt = „Ermittlung der Stunden“ Tage im Jahr 365 - freie Tage bzw. Wochenenden 104 - Feiertage 12 = Arbeitstage pro Jahr brutto 249 - Urlaub in Tagen 28 - Sonstige Fehlzeiten (Fortbildung, Krankheit) 7 = Nettoarbeitstage 214 x Arbeitsstunden pro Tag 8 = Stunden netto 1.712 2. Schritt = „Ermittlung der Stunden“ Stunden netto (Übertrag) Leistungsgrad in % / hier 85% = - Verwaltungstätigkeit* z. B. 12% = Stunden zur Verrechnung 1.712 1.455 175 1.280 * Der Anteil der Verwaltungstätigkeit eines Mitarbeiters ist von der Größe des Betriebes, der Arbeitsorganisation etc. abhängig und muss individuell ermittelt werden 3. Schritt = „Stundenverrechnungssatz“ Der Stundenverrechnungssatz des Gesamtbetriebes ergibt sich: = Gesamtkosten (ohne Material!) Stunden zur Verrechnung geeignet für die Kalkulation von Dienstleistungen Anhaltspunkt, Nachteil: kein prozentualer Gemeinkostenzuschlag Genaue Methode Mit einem größeren Aufwand kann über den Betriebsabrechnungsbogen der Stundenverrechnungssatz differenziert nach Abteilungen ermittelt werden = Genaue Kalkulationsgrundlage für alle augenoptischen Produkte und Dienstleistungen Kosten Alle betriebswirtschaftlich relevanten Kosten werden auf die Kostenstellen verteilt Materialgemeinkosten zuschlag in Prozent Material Glas Fassung Abteilungen KL Die Gemeinkosten werden zum Einzelmaterial ins Verhältnis gesetzt, um den Materialgemeinkostenzuschlag in Prozent zu ermitteln % % Refra Verkauf Werkstatt Nach Aufteilung der Gemeinkosten auf die Abteilungen wird der Stunden- bzw. Minutensatz pro Minute ermittelt % Stundensatz Kosten pro Minute Euro Euro Euro Kombimodell Kompromiss! Einfache Methode, um einen Stundenverrechnungssatz und einen Materialgemeinkostenzuschlagssatz zu erhalten Wichtigste Kosten ergeben den Stundensatz Übrige Kosten ergeben den Materialgemeinkostenzuschlag Kombimodell (Historisches Preisbeispiel) Beispiel Unter Personalkosten 160.000 Euro Berücksichtigung Raumkosten 38.000 Euro der kalkulaAbschreibungen 3.000 Euro torischen Kosten Summe 201.000 Euro prod. Stunden 2.750 Stunden Stundensatz 201.000 = 73,09 Euro 2.750 Übrige Kosten laut BWA (Steuern, Versicherungen, Reparatur…) 51.000 Euro Wareneinkauf 130.000 Euro Materialgemeinkostenzuschlag 39,23% 4. Schritt = Ermittlung der Dauer der Arbeitsschritte Für die angebotenen Dienstleistungen ist die Zeitdauer zu ermitteln Für die angebotenen augenoptischen Produkte ist entsprechend der Zeitaufwand für handwerkliche Tätigkeiten und Dienstleistungen zu ermitteln, z. B. Schleifen 20 Minuten*, Glasberatung 20 Minuten** usw. *Dauer von 10 bis 30 Minuten **Dauer von 10 bis 60 Minuten Ablaufschema für eine systematische optometrische Untersuchung Anamnese Screening (*) Visusbestimmung Funktionsprüfungen Bestimmung der Fernkorrektion Bestimmung der Nahkorrektion Beurteilung vorderer Augenabschnitt (*) Beurteilung hinterer Augenabschnitt (*) erweiterte Prüfung des Binokularsehens (*) erweiterte (Funktions-) Prüfungen (*) Abschlussbeurteilung und Versorgung Verweisung an den (Fach-)Arzt regelmäßige Funktionskontrolle Ablaufschema für eine systematische optometrische Untersuchung von der Anamnese zur optometrischen Beurteilung und Versorgung bzw. regelmäßigen Funktionskontrolle: Pflichtprüfungen in schwarz. Die mit (*) gekennzeichnete Teste können optional durchgeführt werden. 4. Schritt = Ermittlung der Dauer der Arbeitsschritte Refraktion einfach kompliziert Dauer in Minuten 10-15-25 20-30-60 Anpassung von Kontaktlinsen 60-90 Screening-Teste „kurz“ 20-30-45 „lang“ 45-60-90 Minutensatz = Stundensatz 60 Selbstkosten = aufgewendete Zeit x Minutensatz Kalkulation der Dienstleistung Verkaufspreis brutto = Selbstkosten + Gewinnzuschlag in % = Barverkaufspreis + 19 % Mehrwertsteuer = Listenverkaufspreis brutto Kalkulation der Dienstleistung Verkaufspreis brutto = Selbstkosten + Gewinnzuschlag in % = Barverkaufspreis +eingeräumter Skontoabzug = Zielverkaufspreis + gewährter Rabatt = Listenverkaufspreis netto + 19 % Mehrwertsteuer = Listenverkaufspreis brutto Kontaktlinsen-Erstanpassung (Historisches Preisbeispiel) 126,00 Wert der Dienstleistung Erstanpassung (90 Min.) 6-Monatslinsen 14,80 Materialgemeinkosten (44%) 6,51 Material21,31 x 2 = 42,62 wert Selbstkosten 168,62 5 – 8 – 10 % Gewinn 13,49 Komplettpreis Nettoverkaufspreis 182,11 19% MwSt. 34,60 216,71 : 2 = 108,36 Für ein Paket Monatslinsen!!! Preisfindung in der Augenoptik Mischkalkulation Der kalkulierte Preis ist nicht der Marktpreis Der kalkulierte Preis zeigt, welcher Preis im Sinne der Kostendeckung und Gewinnerzielung erwirtschaftet werden müsste Entscheidung Komplettpreisangebot Keine Transparenz für den Kunden Wirkt teuer gegenüber Online-Angeboten Warenwert + separater Ausweis der Preise für die Dienstleistung Transparenz für den Kunden Augenoptiker kann mit Internetpreisen konkurrieren Grundlage, Dienstleistungsklau zu berechnen Ideen Dienstleistungen an Fremdbrillen werden berechnet (Markierung eigener Brillen) Preistafel zeigt den Wert von Dienstleistungen, die ggf. nicht berechnet werden Stammkunden erhalten Dienstleistungen all inclusive Optometrische Dienstleistungen werden als Abo (zusätzlich zur Brille, Sonnenbrille, KL) verkauft Neue optometrische Dienstleistungen erfinden: Kundenworkshop trockenes Auge Grundsätze Es handelt sich um Vorschläge, die selbstverständlich keine Allgemeingültigkeit haben Jeder Betriebsinhaber ermittelt seinen Stundensatz aufgrund spezifischer Gegebenheiten (Standort, Ausstattung, Miete..) Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit