Die andere Frida Kahlo

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Marta Herford
Die andere Frida Kahlo
Als Malerin war die Mexikanerin schon zu Lebzeiten eine Legende. In Herford kann man
die Künstlerin jetzt auch vor und hinter der Fotokamera kennenlernen. Die Bilder aus
D
as Schwarz-Weiß-Foto zeigt einen Mann mit groben Gesichtszügen und einer randlosen Brille, den
rechten Arm ausgestreckt mit einem
Pinsel in der Hand. Mitten auf der Aufnahme prangt ein roter Kussmund. Der
Mann auf dem Foto ist der Maler Diego Riviera, der Lippenabdruck stammt
von seiner Ehefrau, der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo (1907–
1954). »Viele Fotos aus dem Besitz
Frida Kahlos tragen Spuren ihres sehr
persönlichen Umgangs damit. Sie hat
sie beschriftet, Personen herausgeschnitten oder dazugeklebt«, sagt Ro-
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land Nachtigäller, künstlerischer Direktor des Museums Marta Herford.
Mehr als 6000 Fotografien umfasst
der Nachlass von Frida Kahlo, rund
260 davon präsentiert das Marta vom
1. Februar bis zum 10. Mai erstmals in
Deutschland.
Eine enge Verbindung zur Fotografie
hatte Frida Kahlo bereits seit ihrer
Kindheit. Ihr Vater Carl Wilhelm, der in
Pforzheim geboren wurde und sich
nach seiner Auswanderung nach Mexiko Guillermo nannte, war Fotograf und
führte seine Lieblingstochter schon
früh an die Kunst des Fotografierens
heran. Von ihm lernte Frida Kahlo das
genaue Beobachten der Natur, das
Aufnehmen und Entwickeln von Fotos
sowie Techniken des Retouchierens.
Die Fotos aus ihrem Nachlass, die im
Jahr 2010 zum ersten Mal in Mexico
City gezeigt worden sind, weisen eine
große Bandbreite auf und dokumentieren alle Lebensphasen der Künstlerin.
Zu den frühesten Aufnahmen gehören
die Porträts des kleinen Mädchens: So
richtet die fünfjährige Frida im festlichen weißen Kleidchen und mit einer
Schleife im Haar einen nachdenklichen,
dunklen Blick auf den Betrachter.
Westfalenspiegel 1-2015
ihrem Nachlass sind erstmals in Deutschland zu sehen.
Gisèle Freund: Frida Kahlo mit Doktor Juan
Farill, 1951
Diego Rivera (in seinem Atelier in San Ángel), ca. 1940
Immer wieder ist Frida Kahlo von
weltberühmten Fotografen wie Man
Ray, Gisèle Freund, Edward Weston
und Tina Modotti porträtiert worden,
mit denen sie befreundet war. Zahlreiche Aufnahmen zeigen die Künstlerin,
wie sie sich auch in ihren Selbstpor­
träts darstellte: frontal, ernst, folkloristisch gekleidet, prächtig geschmückt
und in jener beherrschten Körperhaltung, die im Kontrast zu ihren jahrzehntelangen Schmerzen steht.
Und ebenso wie in ihren Bildern präsentiert sie sich den Fotografen schonungslos in ihrer Verletzlichkeit: gebeugt und das Gesicht hinter den
langen schwarzen Haaren verborgen
im Krankenhaus, in ihrem Bett malend,
den Kopf mit einem Gurt fixiert. »Die
Fotos offenbaren aber auch eine andere Facette Frida Kahlos. In ihnen steckt
viel Lebensfreude, und wir begegnen
einer Frau, die nicht nur Leid ertragen
musste, sondern ein intensives soziales
Leben mit Freunden und Verwandten
führte«, betont Roland Nachtigäller.
Frida Kahlo umgab sich mit den Aufnahmen aus dem Familien- und Freundeskreis, um die Menschen, die sie
liebte, in ihrer Nähe zu haben, wie sie
einmal sagte. Die Fotos dienten ihr
aber nicht nur als Erinnerung, sondern
auch als Inspirationsquelle und Arbeitsmaterial. In ihnen fand sie Motive
für ihre zwischen Surrealismus und
Neuer Sachlichkeit angesiedelten Bil-
der. »Wenn du dort drüben eine hübsche Fotographie anfertigen lassen
kannst, dann schick sie mir; wenn ich
ein bisschen mehr Übung habe, male
ich ein Porträt von dir«, schrieb sie
1927 an ihre Jugendliebe Alejandro
Gómez Arias, der ihr Begleiter bei dem
tragischen Busunglück im September
1925 war, bei dem sie von einer Stahl-
stange durchbohrt wurde. Ein Unfall,
der Auslöser ihres künstlerischen
Schaffens war und über den Frida Kahlo selbst gesagt hat: »Ich habe zwei
große Unfälle in meinem Leben gehabt.
Den einen mit 18, und der zweite ist
meine Verbindung mit Diego Rivera geRegina Doblies
wesen.«
Vorschau
Museum feiert 10. Geburtstag
Das Museum Marta in Herford ist von
deutschen Kunstkritikern zum Museum
des Jahres 2014 gekürt worden. Das
Marta zeige auf beeindruckende Weise,
wie die Vermittlung zeitgenössischer
Kunst mit einer außergewöhnlichen
Architektur in Einklang zu bringen sei,
begründet die deutsche Sektion des
Internationalen Kunstkritikerverbandes
(AICA) die Entscheidung. In diesem Jahr
feiert der Museumsbau des amerikanischen Stararchitekten Frank O. Gehry sein
zehnjähriges Bestehen.
Zum Auftakt des Jubiläumsjahres werden am 1. Februar nach der Eröffnung der
Ausstellung »Frida Kahlo – Ihre Fotos« in einem Festakt die AICA-Kritikerpreise an
das Marta, das Museum Ludwig Köln und an den Künstler Gregor Schneider verliehen. Der eigentliche Geburtstag wird am 7. Mai mit einer Festveranstaltung begangen, zu der prominente Redner eingeladen sind. Auf die Öffentlichkeit wartet am
22. und 23. August ein großes Museumsfest. Anlässlich des Jubiläums zeigt das
Marta vom 7. Mai bis zum 23. August Werke, die 41 Künstler für den 2014 verstorbenen Gründungsdirektor Jan Hoet gestaltet Text
haben.
Unter dem
Titel
»Harmonie
Infokasten,
Text
Infokasten,
Text
und Umbruch« geht es vom 20. Juni bis zum 4.Infokasten
Oktober um chinesische Landschaften in der aktuellen Kunst. Eine umfangreiche Retrospektive des amerikanischen
Künstlers Mark Dion, dessen Installationen häufig wie naturkundliche Labore anmuten, präsentiert das Marta vom 24. Oktober bis zum 24. Januar 2016. rd
Weitere Informationen unter www.marta-herford.de
Foto: Museum Marta
Fotos: ©Frida Kahlo Museum
Gisèle Freund: Frida
malt das Porträt ihres
Vaters, 1951
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